Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Pfennig-Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 84. Leipzig (Sachsen), 3. August 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] hen und sich zu geißeln, wobei sie zwar ihr Gesicht
verhüllten, die Brust und den untern Theil des Kör-
pers vom Gürtel an mit Leinwand bedeckten, den
Rücken indeß ganz bloßließen; da die Flagellanten auf
diese Art überhaupt der öffentlichen Ruhe und Sittlich-
keit immer gefährlicher zu wrrden anfingen, so muß-
ten sie zuletzt überall auf Widerstand stoßen, auch da,
wo sie zuerst die günstigste Aufnahme gefunden hat-
ten. So verbot z. B. Kaiser Karl IV. den Bettel-
mönchen und Geistlichen, sich unter die Geißelbrüder
zu mischen; Bischof Friedrich von Regensburg ver-
dammte die Buße der Flagellanten nach reiflicher Über-
legung und auf den Rath gelehrter und rechtskundiger
Männer. Erzbischof Otto von Magdeburg verbot die
Geißelfahrt in seinem Gebiete bei Strafe an Leib und
Gut und ebenso untersagte auch Bischof Johann IV.
in Lübeck die Geißelaufzüge.

Zuletzt vernichtete Papst Clemens VI. ihre Ver-
bindungen oder Brüderschaften, verbot ihr weiteres Um-
herziehen und befahl, sie überall in den Bann zu thun
und gefangen zu nehmen, wo sie sich blicken ließen.
Nun verloren sie sich bald von selbst und das Unwe-
sen hatte damit ein Ende.



Speisezettel von einem Festmahle des 15. Jahr-
hunderts.

Als Bischof Ruprecht aus Baiern, ein Sohn des
Herzogs Steffens und Kaiser Ruprecht's Enkel, Bi-
schof worden, trug man Dinstags vor St. Velten Tag
im Jahr 1499 folgend Essen und frembde Tracht uff.

"Dem Bischoff bracht man ein Gebachnes; das was
ein Schloß oder Burg, so groß als ein Sester. *) Da
that der Bischoff am gebachen Schloß ein Fensterlein
uff; da flogen Vögelein herus; dornach thet er ein
Thürlein uff, do was ein Weyherlein darin gemacht,
das lief voll lebendiger Fischlein.

Dornach bracht man jm ein ander Tracht, das
was ein Spinnfärlein gebraten, halber vergült und
halber versilbert. Zum dritten Eßen einen gebratenen
Pfawen mit sinen Federn.

Es aßen auch in dem einen Saal mehr dann 300
Priester, und man gab jnen drey Geng und jedesmal
fünf Trachte, und was jedes Eßen anders, dann das
ander.

Der erste Gang:
1. Ein Kraut.
2. Rindfleisch.
3. Wüß Mandeln und Hüner darin.
4. Schwarz Gallery Fisch.
5. Pastet von Fladen.
Der ander Gang:
1. Schwarz Pfeffer, darin Schweinen-
Wildpret.
2. Gebratenes von einem Hirs.
3. Ein grünes Muoß mit braunem Zucker.
4. Ein gefärbt Gebachenes.
5. Ein Eßen was weiß und gel und lind
zu eßen.
Der dritte Gang:
1. Reiß mit Zucker besäet.
2. Kappen, Hüner, Spinnfärlein gebraten.
[Spaltenumbruch]
3. Galry, darin Hüner und Kalbfleisch, und
Soß dabey.
4. Gebachenes wie Regelsbieren.
5. Quetzgen und Pflaumen.

Es gingen auch vor dem Tisch acht Propheten,
die hetten ire Reimen und Sprüche, waren auch be-
kleidet wie die Propheten, hetten auch in iren Henden
allerley Saitenspiel und spielten vor dem Tisch.

Die von Straßburg schenkten dem Bischoff 700
Goldgulden, 8 Fuder Wein, 100 Viertel Haber, auch
8 Ochsen und wurde sunst zu diese Panket 40 Kälber
gemetzigt."



Die Condorjagd in Chile.

Man macht von Strauchwerk einen Zaun von eini-
gen Fuß Höhe nach Art eines Pferchs, in welchen
Schafe eingeschlossen werden und legt in dessen Mitte
ein todtes Pferd oder Maulthier. Es dauert gar nicht
lange, so wittern die Raubvögel das Aas; denn sie
haben einen so feinen Geruch, daß sie es auf einige
Meilen weit spüren. Der ganze umzäunte Raum füllt
sich allmälig mit Condors; sie halten tüchtig Mahlzeit
und stopfen sich so voll, daß sie sich nicht gut erheben
können. Nun springen die versteckt gewesenen Leute
herzu, schließen die Pforte und fangen an, den Feind
mit tüchtigen Keulen zu bearbeiten. Die Condors ha-
ben nicht den nöthigen Platz, um ihre Flügel zu ent-
falten und sich emporzuschwingen; sie fliehen aus einer
Ecke in die andere, werfen sich auch wol auf ihre Ver-
folger, denen sie manche Schramme beibringen, müssen
aber zuletzt doch ihre Zeche mit dem Leben bezahlen.




[Abbildung] Zweig vom Orangebaum.

Vergleiche Pfennig=Magazin, Jahrgang 1835, Nr. 43,
Jahrgang 1836, Nr. 150.



[Ende Spaltensatz]
*) Sester, ein großes Weingefäß, wie es namentlich in
der Schweiz gebraucht wird.

[Beginn Spaltensatz] hen und sich zu geißeln, wobei sie zwar ihr Gesicht
verhüllten, die Brust und den untern Theil des Kör-
pers vom Gürtel an mit Leinwand bedeckten, den
Rücken indeß ganz bloßließen; da die Flagellanten auf
diese Art überhaupt der öffentlichen Ruhe und Sittlich-
keit immer gefährlicher zu wrrden anfingen, so muß-
ten sie zuletzt überall auf Widerstand stoßen, auch da,
wo sie zuerst die günstigste Aufnahme gefunden hat-
ten. So verbot z. B. Kaiser Karl IV. den Bettel-
mönchen und Geistlichen, sich unter die Geißelbrüder
zu mischen; Bischof Friedrich von Regensburg ver-
dammte die Buße der Flagellanten nach reiflicher Über-
legung und auf den Rath gelehrter und rechtskundiger
Männer. Erzbischof Otto von Magdeburg verbot die
Geißelfahrt in seinem Gebiete bei Strafe an Leib und
Gut und ebenso untersagte auch Bischof Johann IV.
in Lübeck die Geißelaufzüge.

Zuletzt vernichtete Papst Clemens VI. ihre Ver-
bindungen oder Brüderschaften, verbot ihr weiteres Um-
herziehen und befahl, sie überall in den Bann zu thun
und gefangen zu nehmen, wo sie sich blicken ließen.
Nun verloren sie sich bald von selbst und das Unwe-
sen hatte damit ein Ende.



Speisezettel von einem Festmahle des 15. Jahr-
hunderts.

Als Bischof Ruprecht aus Baiern, ein Sohn des
Herzogs Steffens und Kaiser Ruprecht's Enkel, Bi-
schof worden, trug man Dinstags vor St. Velten Tag
im Jahr 1499 folgend Essen und frembde Tracht uff.

„Dem Bischoff bracht man ein Gebachnes; das was
ein Schloß oder Burg, so groß als ein Sester. *) Da
that der Bischoff am gebachen Schloß ein Fensterlein
uff; da flogen Vögelein herus; dornach thet er ein
Thürlein uff, do was ein Weyherlein darin gemacht,
das lief voll lebendiger Fischlein.

Dornach bracht man jm ein ander Tracht, das
was ein Spinnfärlein gebraten, halber vergült und
halber versilbert. Zum dritten Eßen einen gebratenen
Pfawen mit sinen Federn.

Es aßen auch in dem einen Saal mehr dann 300
Priester, und man gab jnen drey Geng und jedesmal
fünf Trachte, und was jedes Eßen anders, dann das
ander.

Der erste Gang:
1. Ein Kraut.
2. Rindfleisch.
3. Wüß Mandeln und Hüner darin.
4. Schwarz Gallery Fisch.
5. Pastet von Fladen.
Der ander Gang:
1. Schwarz Pfeffer, darin Schweinen-
Wildpret.
2. Gebratenes von einem Hirs.
3. Ein grünes Muoß mit braunem Zucker.
4. Ein gefärbt Gebachenes.
5. Ein Eßen was weiß und gel und lind
zu eßen.
Der dritte Gang:
1. Reiß mit Zucker besäet.
2. Kappen, Hüner, Spinnfärlein gebraten.
[Spaltenumbruch]
3. Galry, darin Hüner und Kalbfleisch, und
Soß dabey.
4. Gebachenes wie Regelsbieren.
5. Quetzgen und Pflaumen.

Es gingen auch vor dem Tisch acht Propheten,
die hetten ire Reimen und Sprüche, waren auch be-
kleidet wie die Propheten, hetten auch in iren Henden
allerley Saitenspiel und spielten vor dem Tisch.

Die von Straßburg schenkten dem Bischoff 700
Goldgulden, 8 Fuder Wein, 100 Viertel Haber, auch
8 Ochsen und wurde sunst zu diese Panket 40 Kälber
gemetzigt.“



Die Condorjagd in Chile.

Man macht von Strauchwerk einen Zaun von eini-
gen Fuß Höhe nach Art eines Pferchs, in welchen
Schafe eingeschlossen werden und legt in dessen Mitte
ein todtes Pferd oder Maulthier. Es dauert gar nicht
lange, so wittern die Raubvögel das Aas; denn sie
haben einen so feinen Geruch, daß sie es auf einige
Meilen weit spüren. Der ganze umzäunte Raum füllt
sich allmälig mit Condors; sie halten tüchtig Mahlzeit
und stopfen sich so voll, daß sie sich nicht gut erheben
können. Nun springen die versteckt gewesenen Leute
herzu, schließen die Pforte und fangen an, den Feind
mit tüchtigen Keulen zu bearbeiten. Die Condors ha-
ben nicht den nöthigen Platz, um ihre Flügel zu ent-
falten und sich emporzuschwingen; sie fliehen aus einer
Ecke in die andere, werfen sich auch wol auf ihre Ver-
folger, denen sie manche Schramme beibringen, müssen
aber zuletzt doch ihre Zeche mit dem Leben bezahlen.




[Abbildung] Zweig vom Orangebaum.

Vergleiche Pfennig=Magazin, Jahrgang 1835, Nr. 43,
Jahrgang 1836, Nr. 150.



[Ende Spaltensatz]
*) Sester, ein großes Weingefäß, wie es namentlich in
der Schweiz gebraucht wird.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0007" n="255"/><fw type="pageNum" place="top">255</fw><cb type="start"/>
hen und sich zu geißeln, wobei sie zwar ihr Gesicht<lb/>
verhüllten, die Brust und den untern Theil des Kör-<lb/>
pers vom Gürtel an mit Leinwand bedeckten, den<lb/>
Rücken indeß ganz bloßließen; da die Flagellanten auf<lb/>
diese Art überhaupt der öffentlichen Ruhe und Sittlich-<lb/>
keit immer gefährlicher zu wrrden anfingen, so muß-<lb/>
ten sie zuletzt überall auf Widerstand stoßen, auch da,<lb/>
wo sie zuerst die günstigste Aufnahme gefunden hat-<lb/>
ten. So verbot z. B. Kaiser Karl <hi rendition="#aq">IV</hi>. den Bettel-<lb/>
mönchen und Geistlichen, sich unter die Geißelbrüder<lb/>
zu mischen; Bischof Friedrich von Regensburg ver-<lb/>
dammte die Buße der Flagellanten nach reiflicher Über-<lb/>
legung und auf den Rath gelehrter und rechtskundiger<lb/>
Männer. Erzbischof Otto von Magdeburg verbot die<lb/>
Geißelfahrt in seinem Gebiete bei Strafe an Leib und<lb/>
Gut und ebenso untersagte auch Bischof Johann <hi rendition="#aq">IV.</hi><lb/>
in Lübeck die Geißelaufzüge.</p><lb/>
        <p>Zuletzt vernichtete Papst Clemens <hi rendition="#aq">VI</hi>. ihre Ver-<lb/>
bindungen oder Brüderschaften, verbot ihr weiteres Um-<lb/>
herziehen und befahl, sie überall in den Bann zu thun<lb/>
und gefangen zu nehmen, wo sie sich blicken ließen.<lb/>
Nun verloren sie sich bald von selbst und das Unwe-<lb/>
sen hatte damit ein Ende.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Speisezettel von einem Festmahle des 15. Jahr-<lb/>
hunderts.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>ls Bischof Ruprecht aus Baiern, ein Sohn des<lb/>
Herzogs Steffens und Kaiser Ruprecht's Enkel, Bi-<lb/>
schof worden, trug man Dinstags vor St. Velten Tag<lb/>
im Jahr 1499 folgend Essen und frembde Tracht uff.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dem Bischoff bracht man ein Gebachnes; das was<lb/>
ein Schloß oder Burg, so groß als ein Sester. <note place="foot" n="*)">Sester, ein großes Weingefäß, wie es namentlich in<lb/>
der Schweiz gebraucht wird.</note> Da<lb/>
that der Bischoff am gebachen Schloß ein Fensterlein<lb/>
uff; da flogen Vögelein herus; dornach thet er ein<lb/>
Thürlein uff, do was ein Weyherlein darin gemacht,<lb/>
das lief voll lebendiger Fischlein.</p><lb/>
        <p>Dornach bracht man jm ein ander Tracht, das<lb/>
was ein Spinnfärlein gebraten, halber vergült und<lb/>
halber versilbert. Zum dritten Eßen einen gebratenen<lb/>
Pfawen mit sinen Federn.</p><lb/>
        <p>Es aßen auch in dem einen Saal mehr dann 300<lb/>
Priester, und man gab jnen drey Geng und jedesmal<lb/>
fünf Trachte, und was jedes Eßen anders, dann das<lb/>
ander.</p><lb/>
        <list>
          <head>Der erste Gang:</head><lb/>
          <item>1. Ein Kraut.</item><lb/>
          <item>2. Rindfleisch.</item><lb/>
          <item>3. Wüß Mandeln und Hüner darin.</item><lb/>
          <item>4. Schwarz Gallery Fisch.</item><lb/>
          <item>5. Pastet von Fladen.</item>
        </list><lb/>
        <list>
          <head>Der ander Gang:</head><lb/>
          <item>1. Schwarz Pfeffer, darin Schweinen-<lb/>
Wildpret.</item><lb/>
          <item>2. Gebratenes von einem Hirs.</item><lb/>
          <item>3. Ein grünes Muoß mit braunem Zucker.</item><lb/>
          <item>4. Ein gefärbt Gebachenes.</item><lb/>
          <item>5. Ein Eßen was weiß und gel und lind<lb/>
zu eßen.</item>
        </list><lb/>
        <list>
          <head>Der dritte Gang:</head><lb/>
          <item>1. Reiß mit Zucker besäet.</item><lb/>
          <item>2. Kappen, Hüner, Spinnfärlein gebraten.</item><lb/>
          <cb n="2"/>
          <item>3. Galry, darin Hüner und Kalbfleisch, und<lb/>
Soß dabey.</item><lb/>
          <item>4. Gebachenes wie Regelsbieren.</item><lb/>
          <item>5. Quetzgen und Pflaumen.</item>
        </list><lb/>
        <p>Es gingen auch vor dem Tisch acht Propheten,<lb/>
die hetten ire Reimen und Sprüche, waren auch be-<lb/>
kleidet wie die Propheten, hetten auch in iren Henden<lb/>
allerley Saitenspiel und spielten vor dem Tisch.</p><lb/>
        <p>Die von Straßburg schenkten dem Bischoff 700<lb/>
Goldgulden, 8 Fuder Wein, 100 Viertel Haber, auch<lb/>
8 Ochsen und wurde sunst zu diese Panket 40 Kälber<lb/>
gemetzigt.&#x201C;</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Die Condorjagd in Chile.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">M</hi>an macht von Strauchwerk einen Zaun von eini-<lb/>
gen Fuß Höhe nach Art eines Pferchs, in welchen<lb/>
Schafe eingeschlossen werden und legt in dessen Mitte<lb/>
ein todtes Pferd oder Maulthier. Es dauert gar nicht<lb/>
lange, so wittern die Raubvögel das Aas; denn sie<lb/>
haben einen so feinen Geruch, daß sie es auf einige<lb/>
Meilen weit spüren. Der ganze umzäunte Raum füllt<lb/>
sich allmälig mit Condors; sie halten tüchtig Mahlzeit<lb/>
und stopfen sich so voll, daß sie sich nicht gut erheben<lb/>
können. Nun springen die versteckt gewesenen Leute<lb/>
herzu, schließen die Pforte und fangen an, den Feind<lb/>
mit tüchtigen Keulen zu bearbeiten. Die Condors ha-<lb/>
ben nicht den nöthigen Platz, um ihre Flügel zu ent-<lb/>
falten und sich emporzuschwingen; sie fliehen aus einer<lb/>
Ecke in die andere, werfen sich auch wol auf ihre Ver-<lb/>
folger, denen sie manche Schramme beibringen, müssen<lb/>
aber zuletzt doch ihre Zeche mit dem Leben bezahlen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <figure>
          <head> <hi rendition="#fr">Zweig vom Orangebaum.</hi> </head><lb/>
          <p>Vergleiche Pfennig=Magazin, Jahrgang 1835, Nr. 43,<lb/>
Jahrgang 1836, Nr. 150.</p>
        </figure>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb type="end"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0007] 255 hen und sich zu geißeln, wobei sie zwar ihr Gesicht verhüllten, die Brust und den untern Theil des Kör- pers vom Gürtel an mit Leinwand bedeckten, den Rücken indeß ganz bloßließen; da die Flagellanten auf diese Art überhaupt der öffentlichen Ruhe und Sittlich- keit immer gefährlicher zu wrrden anfingen, so muß- ten sie zuletzt überall auf Widerstand stoßen, auch da, wo sie zuerst die günstigste Aufnahme gefunden hat- ten. So verbot z. B. Kaiser Karl IV. den Bettel- mönchen und Geistlichen, sich unter die Geißelbrüder zu mischen; Bischof Friedrich von Regensburg ver- dammte die Buße der Flagellanten nach reiflicher Über- legung und auf den Rath gelehrter und rechtskundiger Männer. Erzbischof Otto von Magdeburg verbot die Geißelfahrt in seinem Gebiete bei Strafe an Leib und Gut und ebenso untersagte auch Bischof Johann IV. in Lübeck die Geißelaufzüge. Zuletzt vernichtete Papst Clemens VI. ihre Ver- bindungen oder Brüderschaften, verbot ihr weiteres Um- herziehen und befahl, sie überall in den Bann zu thun und gefangen zu nehmen, wo sie sich blicken ließen. Nun verloren sie sich bald von selbst und das Unwe- sen hatte damit ein Ende. Speisezettel von einem Festmahle des 15. Jahr- hunderts. Als Bischof Ruprecht aus Baiern, ein Sohn des Herzogs Steffens und Kaiser Ruprecht's Enkel, Bi- schof worden, trug man Dinstags vor St. Velten Tag im Jahr 1499 folgend Essen und frembde Tracht uff. „Dem Bischoff bracht man ein Gebachnes; das was ein Schloß oder Burg, so groß als ein Sester. *) Da that der Bischoff am gebachen Schloß ein Fensterlein uff; da flogen Vögelein herus; dornach thet er ein Thürlein uff, do was ein Weyherlein darin gemacht, das lief voll lebendiger Fischlein. Dornach bracht man jm ein ander Tracht, das was ein Spinnfärlein gebraten, halber vergült und halber versilbert. Zum dritten Eßen einen gebratenen Pfawen mit sinen Federn. Es aßen auch in dem einen Saal mehr dann 300 Priester, und man gab jnen drey Geng und jedesmal fünf Trachte, und was jedes Eßen anders, dann das ander. Der erste Gang: 1. Ein Kraut. 2. Rindfleisch. 3. Wüß Mandeln und Hüner darin. 4. Schwarz Gallery Fisch. 5. Pastet von Fladen. Der ander Gang: 1. Schwarz Pfeffer, darin Schweinen- Wildpret. 2. Gebratenes von einem Hirs. 3. Ein grünes Muoß mit braunem Zucker. 4. Ein gefärbt Gebachenes. 5. Ein Eßen was weiß und gel und lind zu eßen. Der dritte Gang: 1. Reiß mit Zucker besäet. 2. Kappen, Hüner, Spinnfärlein gebraten. 3. Galry, darin Hüner und Kalbfleisch, und Soß dabey. 4. Gebachenes wie Regelsbieren. 5. Quetzgen und Pflaumen. Es gingen auch vor dem Tisch acht Propheten, die hetten ire Reimen und Sprüche, waren auch be- kleidet wie die Propheten, hetten auch in iren Henden allerley Saitenspiel und spielten vor dem Tisch. Die von Straßburg schenkten dem Bischoff 700 Goldgulden, 8 Fuder Wein, 100 Viertel Haber, auch 8 Ochsen und wurde sunst zu diese Panket 40 Kälber gemetzigt.“ Die Condorjagd in Chile. Man macht von Strauchwerk einen Zaun von eini- gen Fuß Höhe nach Art eines Pferchs, in welchen Schafe eingeschlossen werden und legt in dessen Mitte ein todtes Pferd oder Maulthier. Es dauert gar nicht lange, so wittern die Raubvögel das Aas; denn sie haben einen so feinen Geruch, daß sie es auf einige Meilen weit spüren. Der ganze umzäunte Raum füllt sich allmälig mit Condors; sie halten tüchtig Mahlzeit und stopfen sich so voll, daß sie sich nicht gut erheben können. Nun springen die versteckt gewesenen Leute herzu, schließen die Pforte und fangen an, den Feind mit tüchtigen Keulen zu bearbeiten. Die Condors ha- ben nicht den nöthigen Platz, um ihre Flügel zu ent- falten und sich emporzuschwingen; sie fliehen aus einer Ecke in die andere, werfen sich auch wol auf ihre Ver- folger, denen sie manche Schramme beibringen, müssen aber zuletzt doch ihre Zeche mit dem Leben bezahlen. [Abbildung Zweig vom Orangebaum. Vergleiche Pfennig=Magazin, Jahrgang 1835, Nr. 43, Jahrgang 1836, Nr. 150.] *) Sester, ein großes Weingefäß, wie es namentlich in der Schweiz gebraucht wird.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig084_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig084_1854/7
Zitationshilfe: Das Pfennig-Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 84. Leipzig (Sachsen), 3. August 1854, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig084_1854/7>, abgerufen am 07.07.2024.