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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 27. Leipzig (Sachsen), 8. Juli 1843.

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[Beginn Spaltensatz] in der Dunkelheit mit der Schnelligkeit von 20 engli-
schen Meilen in der Stunde heraneilenden Locomotive, ohne
daß die Personen, welche sich in den Eisenbahnwagen
befanden, die mindeste Ahnung von ihrer Gefahr hatten.
Da machten die Ochsentreiber einen letzten entscheidenden
Versuch, die Zugthiere anzutreiben. Die Steinmasse be-
wegte sich und die Locomotive mit ihrem Wagenzuge
brauste mit Windesschnelle gerade vorbei, als das letzte
Ende des Steins über die Bahn kam. Da fiel dem
Baumeister, der den Transport leitete, eine ungeheure
Last vom Herzen, und die Ochsentreiber, den Schweiß
von der Stirn sich wischend, athmeten wieder frei, als
wären sie selbst einer großen Gefahr entgangen.



Alchemie.

Unter Alchemie, dem Steine der Weisen, versteht man
die angebliche Kunst, unedle oder rohe Metalle zu reini-
gen und in edle, namentlich in Gold und Silber, um-
zuschaffen, nebenbei auch noch eine Panacee, d. h. eine
Universalmedicin nicht nur gegen alle Krankheiten, son-
dern selbst gegen den Tod zu bereiten.

Die Geschichte dieser Kunst ist sehr dunkel, weil sich
die Alchemisten von jeher der Untersuchung zu entziehen
wußten. Sie stammt aus Ägypten, war jedoch den al-
ten Priestern dieses Landes nicht bekannt, wie man lange
geglaubt hat, sondern erhielt ihr Dasein durch die alexan-
drinischen Gelehrten, die sich durch träges Grübeln und
müßiges Brüten über dunkeln Worten den Anstrich gro-
ßer Kenntnisse zu geben suchten und den Wahn verbrei-
teten, nur durch ein beschauliches Leben und geheime
Kenntnisse könne man in das unbekannte Land über-
menschlicher Weisheit gelangen, im Besitze dieser Weis-
heit erlange man den Umgang mit Geistern und ver-
stünde außer tausend andern Künsten auch die Kunst,
edle Metalle hervorzubringen. Die ersten Schriften über
Alchemie stammen aus dem 3. Jahrhundert der christli-
chen Zeitrechnung und waren in den Zeiten des Kai-
sers Diocletian so verbreitet, daß der Kaiser den großen
Reichthum der Ägypter von diesen Büchern ableitete
und aus Furcht, sie möchten mit Hülfe des gemachten
Goldes einen Aufstand erregen, im J. 296 den Befehl
ertheilte, alle alchemistischen Schriften zu verbrennen.

Das Wort ist entweder griechischen Ursprungs und
heißt dann ungefähr so viel als Schmelzkunst, oder ist aus
einem ägyptischen Worte von unbekannter Bedeutung
entstanden. Die ältesten Schriftsteller leiten es von einem
Propheten Chimes her, worauf der das menschliche Wissen
übersteigende Jnhalt hinwies. Weil mit der alchemisti-
schen Herstellung des Goldes etwas hergestellt wurde,
was früher nicht dagewesen war, so hieß diese Kunst
vorzugsweise Poesie und die Alchemisten hießen Poeten.
Die Lehrer dieser Poesie schrieben nie unter ihrem Na-
men, sondern wählten immer Namen, die durch Alter
und Ruhm ehrwürdig waren, ein Umstand, der beweist,
wie wenig Vertrauen sie zu dem Jnhalte selbst hatten,
den sie ihren Schriften gaben. Gebete, beschauliches Le-
ben, Ertödtung aller Sinnenlust, Umgang mit Dämo-
nen und Engeln sind die Stufen zur dämonischen Na-
tur und der Kunst der Verwandlung der Metalle.

So angenehm dem Despotismus diese Kunst war,
so groß war das Mistrauen desselben gegen die Besitzer
derselben, die Theosophen, die dadurch aber immer mehr
Ansehen erlangten. Die Menschen hängen zu sehr am
Wunderbaren, als daß sie sich nicht, zumal in finstern
Zeitaltern, trotz aller Verbote solchen Künsten hingeben
[Spaltenumbruch] sollten, die sie lehren, in träger Ruhe und bequemem
Müßiggange zu unerschöpflichen Schätzen zu gelangen.

Jm morgenländischen Reiche gewann die Alchemie
um so größern Beifall, je üppiger der Hof, je versun-
kener die Nation war. Am Hofe Zeno's ( 474 ) betrog
ein Goldkünstler unzählige Leute. Unter der Regierung
des Anastasius ( 500 ) bot ein gewisser Johann v. An-
tiochien den Silberarbeitern von Konstantinopel goldene
Bildsäulen an, die er selbst gemacht haben wollte, der
Kaiser verwies ihn aber nach Pera, weil er fürchtete,
Johann möchte die leicht erworbenen Reichthümer zum
Umsturz seiner Macht anwenden.

Von den Alexandrinern ging die Alchemie zu den
Arabern über und wurde von ihnen besonders in Spa-
nien geübt, wo sie Raimund Lull im 13. Jahrhundert
kennen lernte. Man erzählt von ihm, daß er 50,000
Pfund Quecksilber in Gold verwandelt und daß Eduard I.
Guineen oder Rosenobel daraus geschlagen habe. Lull
gab als Bestandtheile der Metalle den Merkur und den
Schwefel an und erklärte so ihre Schwere und ihre Ver-
brennlichkeit; auch sah er im aufgelösten Golde eine Pa-
nacee und ein sicheres Mittel der Lebensverlängerung.

Nach Raimund Lull vermehrte sich die Zahl der
Alchemisten dergestalt, daß die Obrigkeiten Verbote gegen
diese Kunst ergehen lassen mußten, worauf sie desto ge-
fährlicher im Geheimen getrieben wurde. Jm 16. Jahr-
hundert hielt sich fast jeder deutsche Fürst seinen Alche-
misten, um durch ihn aus den Verlegenheiten zu kom-
men, in die ihn der Mangel an festen, geregelten Staats-
einkünften und eine Reihe verderblicher Kriege gestürzt
hatte. Heinrich VI. gab sogar drei Männern ein Privi-
legium auf die Kunst, Gold zu machen und das Lebens-
elixir zu bereiten. Kaiser Rudolf II. brachte den größten
Theil seiner Zeit im Laboratorium zu. Man will nach
seinem Tode zehn Tonnen Goldes in seinem chemischen
Cabinet gefunden haben. Auch im 17. Jahrhunderte
war man der Alchemie noch sehr gewogen, besonders
wurde sie jetzt durch die Gesellschaft der Rosenkreuzer
begünstigt, welche unter den Namen der Unsichtbaren,
Unsterblichen, Jlluminaten im Besitze der wichtigsten Na-
turgeheimnisse sein sollten. Man gab ihnen einen adeli-
gen Mönch, Christian Rosenkreuz, zum Stifter und
glaubte von demselben, daß er im Morgenlande in gehei-
mer Kunst und Weisheit unterrichtet und dann zurück-
gesandt worden sei, seine Landsleute zu unterrichten.
Zu Anfange des 17. Jahrhunderts erschienen Schriften,
welche die weisesten unter den Deutschen auffoderten,
sich zu verbinden und gegenseitig in der Weisheit der
Rosenkreuzer zu unterrichten, durch welche jedem Verder-
ben unter den Menschen abgeholfen, der Himmel an die
Erde gekettet, der Weg zum Paradiese wieder geöffnet
werden könne Da Viele nach solcher Weisheit begierig
waren, fanden sich bald eine Menge Lehrer derselben,
die für schweres Gold noch eine Menge anderer Geheim-
nisse, z. B. die Goldmacherkunst, die Lebenselixirberei-
tung in den Kauf gaben. Da sie indessen nichts lehrten,
was die Schüler nicht entweder schon selbst wußten oder
bald als nichtigen Wahn erkannten, so kümmerte sich
bald Niemand mehr um die Weisheit der Rosenkreuzer
und die Gesellschaft gerieth in Vergessenheit, bis sie in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch Cag-
liostro, Schrepfer und andere Betrüger vorübergehend
wieder auftauchte. Übrigens verwarfen die Rosenkreuzer
die Zauberei und schwarze Kunst als Teufelswerke und
gaben dafür ihren Geweihten ( Adepten ) die sogenannte
weiße Magie, welche durch Gebet und innige Verbindung
mit Gott dieselbe Herrschaft über die Natur und das
Geisterreich sollte bewirken können.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] in der Dunkelheit mit der Schnelligkeit von 20 engli-
schen Meilen in der Stunde heraneilenden Locomotive, ohne
daß die Personen, welche sich in den Eisenbahnwagen
befanden, die mindeste Ahnung von ihrer Gefahr hatten.
Da machten die Ochsentreiber einen letzten entscheidenden
Versuch, die Zugthiere anzutreiben. Die Steinmasse be-
wegte sich und die Locomotive mit ihrem Wagenzuge
brauste mit Windesschnelle gerade vorbei, als das letzte
Ende des Steins über die Bahn kam. Da fiel dem
Baumeister, der den Transport leitete, eine ungeheure
Last vom Herzen, und die Ochsentreiber, den Schweiß
von der Stirn sich wischend, athmeten wieder frei, als
wären sie selbst einer großen Gefahr entgangen.



Alchemie.

Unter Alchemie, dem Steine der Weisen, versteht man
die angebliche Kunst, unedle oder rohe Metalle zu reini-
gen und in edle, namentlich in Gold und Silber, um-
zuschaffen, nebenbei auch noch eine Panacee, d. h. eine
Universalmedicin nicht nur gegen alle Krankheiten, son-
dern selbst gegen den Tod zu bereiten.

Die Geschichte dieser Kunst ist sehr dunkel, weil sich
die Alchemisten von jeher der Untersuchung zu entziehen
wußten. Sie stammt aus Ägypten, war jedoch den al-
ten Priestern dieses Landes nicht bekannt, wie man lange
geglaubt hat, sondern erhielt ihr Dasein durch die alexan-
drinischen Gelehrten, die sich durch träges Grübeln und
müßiges Brüten über dunkeln Worten den Anstrich gro-
ßer Kenntnisse zu geben suchten und den Wahn verbrei-
teten, nur durch ein beschauliches Leben und geheime
Kenntnisse könne man in das unbekannte Land über-
menschlicher Weisheit gelangen, im Besitze dieser Weis-
heit erlange man den Umgang mit Geistern und ver-
stünde außer tausend andern Künsten auch die Kunst,
edle Metalle hervorzubringen. Die ersten Schriften über
Alchemie stammen aus dem 3. Jahrhundert der christli-
chen Zeitrechnung und waren in den Zeiten des Kai-
sers Diocletian so verbreitet, daß der Kaiser den großen
Reichthum der Ägypter von diesen Büchern ableitete
und aus Furcht, sie möchten mit Hülfe des gemachten
Goldes einen Aufstand erregen, im J. 296 den Befehl
ertheilte, alle alchemistischen Schriften zu verbrennen.

Das Wort ist entweder griechischen Ursprungs und
heißt dann ungefähr so viel als Schmelzkunst, oder ist aus
einem ägyptischen Worte von unbekannter Bedeutung
entstanden. Die ältesten Schriftsteller leiten es von einem
Propheten Chimes her, worauf der das menschliche Wissen
übersteigende Jnhalt hinwies. Weil mit der alchemisti-
schen Herstellung des Goldes etwas hergestellt wurde,
was früher nicht dagewesen war, so hieß diese Kunst
vorzugsweise Poesie und die Alchemisten hießen Poeten.
Die Lehrer dieser Poesie schrieben nie unter ihrem Na-
men, sondern wählten immer Namen, die durch Alter
und Ruhm ehrwürdig waren, ein Umstand, der beweist,
wie wenig Vertrauen sie zu dem Jnhalte selbst hatten,
den sie ihren Schriften gaben. Gebete, beschauliches Le-
ben, Ertödtung aller Sinnenlust, Umgang mit Dämo-
nen und Engeln sind die Stufen zur dämonischen Na-
tur und der Kunst der Verwandlung der Metalle.

So angenehm dem Despotismus diese Kunst war,
so groß war das Mistrauen desselben gegen die Besitzer
derselben, die Theosophen, die dadurch aber immer mehr
Ansehen erlangten. Die Menschen hängen zu sehr am
Wunderbaren, als daß sie sich nicht, zumal in finstern
Zeitaltern, trotz aller Verbote solchen Künsten hingeben
[Spaltenumbruch] sollten, die sie lehren, in träger Ruhe und bequemem
Müßiggange zu unerschöpflichen Schätzen zu gelangen.

Jm morgenländischen Reiche gewann die Alchemie
um so größern Beifall, je üppiger der Hof, je versun-
kener die Nation war. Am Hofe Zeno's ( 474 ) betrog
ein Goldkünstler unzählige Leute. Unter der Regierung
des Anastasius ( 500 ) bot ein gewisser Johann v. An-
tiochien den Silberarbeitern von Konstantinopel goldene
Bildsäulen an, die er selbst gemacht haben wollte, der
Kaiser verwies ihn aber nach Pera, weil er fürchtete,
Johann möchte die leicht erworbenen Reichthümer zum
Umsturz seiner Macht anwenden.

Von den Alexandrinern ging die Alchemie zu den
Arabern über und wurde von ihnen besonders in Spa-
nien geübt, wo sie Raimund Lull im 13. Jahrhundert
kennen lernte. Man erzählt von ihm, daß er 50,000
Pfund Quecksilber in Gold verwandelt und daß Eduard I.
Guineen oder Rosenobel daraus geschlagen habe. Lull
gab als Bestandtheile der Metalle den Merkur und den
Schwefel an und erklärte so ihre Schwere und ihre Ver-
brennlichkeit; auch sah er im aufgelösten Golde eine Pa-
nacee und ein sicheres Mittel der Lebensverlängerung.

Nach Raimund Lull vermehrte sich die Zahl der
Alchemisten dergestalt, daß die Obrigkeiten Verbote gegen
diese Kunst ergehen lassen mußten, worauf sie desto ge-
fährlicher im Geheimen getrieben wurde. Jm 16. Jahr-
hundert hielt sich fast jeder deutsche Fürst seinen Alche-
misten, um durch ihn aus den Verlegenheiten zu kom-
men, in die ihn der Mangel an festen, geregelten Staats-
einkünften und eine Reihe verderblicher Kriege gestürzt
hatte. Heinrich VI. gab sogar drei Männern ein Privi-
legium auf die Kunst, Gold zu machen und das Lebens-
elixir zu bereiten. Kaiser Rudolf II. brachte den größten
Theil seiner Zeit im Laboratorium zu. Man will nach
seinem Tode zehn Tonnen Goldes in seinem chemischen
Cabinet gefunden haben. Auch im 17. Jahrhunderte
war man der Alchemie noch sehr gewogen, besonders
wurde sie jetzt durch die Gesellschaft der Rosenkreuzer
begünstigt, welche unter den Namen der Unsichtbaren,
Unsterblichen, Jlluminaten im Besitze der wichtigsten Na-
turgeheimnisse sein sollten. Man gab ihnen einen adeli-
gen Mönch, Christian Rosenkreuz, zum Stifter und
glaubte von demselben, daß er im Morgenlande in gehei-
mer Kunst und Weisheit unterrichtet und dann zurück-
gesandt worden sei, seine Landsleute zu unterrichten.
Zu Anfange des 17. Jahrhunderts erschienen Schriften,
welche die weisesten unter den Deutschen auffoderten,
sich zu verbinden und gegenseitig in der Weisheit der
Rosenkreuzer zu unterrichten, durch welche jedem Verder-
ben unter den Menschen abgeholfen, der Himmel an die
Erde gekettet, der Weg zum Paradiese wieder geöffnet
werden könne Da Viele nach solcher Weisheit begierig
waren, fanden sich bald eine Menge Lehrer derselben,
die für schweres Gold noch eine Menge anderer Geheim-
nisse, z. B. die Goldmacherkunst, die Lebenselixirberei-
tung in den Kauf gaben. Da sie indessen nichts lehrten,
was die Schüler nicht entweder schon selbst wußten oder
bald als nichtigen Wahn erkannten, so kümmerte sich
bald Niemand mehr um die Weisheit der Rosenkreuzer
und die Gesellschaft gerieth in Vergessenheit, bis sie in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch Cag-
liostro, Schrepfer und andere Betrüger vorübergehend
wieder auftauchte. Übrigens verwarfen die Rosenkreuzer
die Zauberei und schwarze Kunst als Teufelswerke und
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[214/0006] 214 in der Dunkelheit mit der Schnelligkeit von 20 engli- schen Meilen in der Stunde heraneilenden Locomotive, ohne daß die Personen, welche sich in den Eisenbahnwagen befanden, die mindeste Ahnung von ihrer Gefahr hatten. Da machten die Ochsentreiber einen letzten entscheidenden Versuch, die Zugthiere anzutreiben. Die Steinmasse be- wegte sich und die Locomotive mit ihrem Wagenzuge brauste mit Windesschnelle gerade vorbei, als das letzte Ende des Steins über die Bahn kam. Da fiel dem Baumeister, der den Transport leitete, eine ungeheure Last vom Herzen, und die Ochsentreiber, den Schweiß von der Stirn sich wischend, athmeten wieder frei, als wären sie selbst einer großen Gefahr entgangen. Alchemie. Unter Alchemie, dem Steine der Weisen, versteht man die angebliche Kunst, unedle oder rohe Metalle zu reini- gen und in edle, namentlich in Gold und Silber, um- zuschaffen, nebenbei auch noch eine Panacee, d. h. eine Universalmedicin nicht nur gegen alle Krankheiten, son- dern selbst gegen den Tod zu bereiten. Die Geschichte dieser Kunst ist sehr dunkel, weil sich die Alchemisten von jeher der Untersuchung zu entziehen wußten. 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Nach Raimund Lull vermehrte sich die Zahl der Alchemisten dergestalt, daß die Obrigkeiten Verbote gegen diese Kunst ergehen lassen mußten, worauf sie desto ge- fährlicher im Geheimen getrieben wurde. Jm 16. Jahr- hundert hielt sich fast jeder deutsche Fürst seinen Alche- misten, um durch ihn aus den Verlegenheiten zu kom- men, in die ihn der Mangel an festen, geregelten Staats- einkünften und eine Reihe verderblicher Kriege gestürzt hatte. Heinrich VI. gab sogar drei Männern ein Privi- legium auf die Kunst, Gold zu machen und das Lebens- elixir zu bereiten. Kaiser Rudolf II. brachte den größten Theil seiner Zeit im Laboratorium zu. Man will nach seinem Tode zehn Tonnen Goldes in seinem chemischen Cabinet gefunden haben. Auch im 17. Jahrhunderte war man der Alchemie noch sehr gewogen, besonders wurde sie jetzt durch die Gesellschaft der Rosenkreuzer begünstigt, welche unter den Namen der Unsichtbaren, Unsterblichen, Jlluminaten im Besitze der wichtigsten Na- turgeheimnisse sein sollten. Man gab ihnen einen adeli- gen Mönch, Christian Rosenkreuz, zum Stifter und glaubte von demselben, daß er im Morgenlande in gehei- mer Kunst und Weisheit unterrichtet und dann zurück- gesandt worden sei, seine Landsleute zu unterrichten. Zu Anfange des 17. Jahrhunderts erschienen Schriften, welche die weisesten unter den Deutschen auffoderten, sich zu verbinden und gegenseitig in der Weisheit der Rosenkreuzer zu unterrichten, durch welche jedem Verder- ben unter den Menschen abgeholfen, der Himmel an die Erde gekettet, der Weg zum Paradiese wieder geöffnet werden könne Da Viele nach solcher Weisheit begierig waren, fanden sich bald eine Menge Lehrer derselben, die für schweres Gold noch eine Menge anderer Geheim- nisse, z. B. die Goldmacherkunst, die Lebenselixirberei- tung in den Kauf gaben. Da sie indessen nichts lehrten, was die Schüler nicht entweder schon selbst wußten oder bald als nichtigen Wahn erkannten, so kümmerte sich bald Niemand mehr um die Weisheit der Rosenkreuzer und die Gesellschaft gerieth in Vergessenheit, bis sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch Cag- liostro, Schrepfer und andere Betrüger vorübergehend wieder auftauchte. Übrigens verwarfen die Rosenkreuzer die Zauberei und schwarze Kunst als Teufelswerke und gaben dafür ihren Geweihten ( Adepten ) die sogenannte weiße Magie, welche durch Gebet und innige Verbindung mit Gott dieselbe Herrschaft über die Natur und das Geisterreich sollte bewirken können.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 27. Leipzig (Sachsen), 8. Juli 1843, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig027_1843/6>, abgerufen am 24.11.2024.