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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung, Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 15. Leipzig (Sachsen), 15. April 1843

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Das Pfennig=Magazin
für
Belehrung und Unterhaltung.


Nr. 15. ] Neue Folge. Erster Jahrgang. [ 15. April 1843.


Königin Anna Zingha.
[Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]

Die Schilderung dieser Frau, die wir dem Capuciner
Anton von Gaeta verdanken, versetzt uns auf einen
Schauplatz, auf dem seit Jahrhunderten der Aberglaube
des Fetischismus vergeblich bekämpft wird, auf einen
Schauplatz, auf welchem die äußere Natur den höchsten
Grad der Vollkommenheit, der Geist aber noch nicht die
niedrigste Stufe der Gesittung einnimmt, kurz nach An-
gola in Niederguinea, einem Negerreiche von 1500 #M.,
in welchem sich die Portugiesen seit 1488 festsetzten, bald
zu hohem Ansehen gelangten, aber in den neuesten Zei-
ten durch die Verworrenheit ihrer heimischen Verhältnisse
fast alle Macht verloren.

Die Küste ist überall mit dem ewigen Grün tropi-
scher Urwälder bedeckt. Terrassenförmig erhebt sich das
Land von der Küste bis zum Hochlande. So weit die
Ebene reicht bis zum Fuße der Mittelterrasse, zeigt sich
die volle Pracht der colossalen Tropenvegetation. Gesel-
lig zieren die Hügel 100 Fuß hohe Palmen, mit andern
wunderschönen Formen der Pflanzenwelt des Hochwaldes
gemischt, und nichts kann herrlicher gedacht werden als
die immerblühenden Lianen, welche mit ihrer Farben-
pracht die Gipfel der Wälder bis zur höchsten Luftregion
umspinnen, wirklich sind. Die Baumwollenstaude wächst
hier mit dem Zuckerrohr und mancherlei Pfeffer= und
Gewürzpflanzen wild; die Wiesen oder vielmehr Savan-
nen prangen hier mit mannshohem Grase, mit den schön-
sten Liliengewächsen untermischt. Wenn nach der Reife
desselben der Neger das Gras anzündet, stürzt das plumpe
Flußpferd hundertweise in den nächsten Fluß, und wü-
[Spaltenumbruch] thend rennen Löwen und Leoparden, Hyänen und Scha-
kale, der Elefant und das Nashorn, das Zebra und das
Mohrenschwein auf die grasleeren Stellen.

Jm Jnnern wohnt ein tapferer kriegerischer Neger-
stamm, der, durch die Fruchtbarkeit des Landes in seiner
Vermehrung auf alle Weise unterstützt, seit vielen Jahr-
hunderten neue Völkerschaften auf die Mittelstraße zwi-
schen O. und W. absetzt und die vorgefundenen theils
vertilgt, theils in sich aufnimmt. Von diesem Volke
stammen die Schaggas, welche im J. 1542 unter ih-
rem Anführer Zimbo oder Zingho, nach welchem sie
auch Zimbos oder Zinghis heißen, in Kongo einfielen
und, wie die Tataren des Mittelalters in Europa, Alles
verheerten und plünderten, nachdem sie früher schon Mo-
nomotapa ein gleiches Schicksal bereitet hatten.

Zu diesem Volke, das mit portugiesischer Hülfe wie-
der ins Jnnere zurückgedrängt worden war, gehörte auch
Bandi Angola, König von Mazamba. Die Favoritin
dieses Königs gebar 1582 eine Tochter, von welcher die
bei dieser Gelegenheit zusammenberufenen Zauberer des
Landes aussagten, daß sie ein Ungeheuer von Grausam-
keit sein würde. Das lasen sie aus den Linien ihres
Gesichts, doch daneben gab es auch andere Zeichen,
welche verkündigten, daß sie ein Weib sein würde weit
über alle ihres Gleichen. Dem Vater gefiel das Eine wie
das Andere, denn Grausamkeit ist bei den Negerfürsten
eine Tugend, die ihm Unterwürfigkeit verschafft. Bandi
Angola richtete danach die Erziehung dieser Tochter ein,
die er, um mit dem Namen anzudeuten, was sie wer-
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin
für
Belehrung und Unterhaltung.


Nr. 15. ] Neue Folge. Erster Jahrgang. [ 15. April 1843.


Königin Anna Zingha.
[Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]

Die Schilderung dieser Frau, die wir dem Capuciner
Anton von Gaeta verdanken, versetzt uns auf einen
Schauplatz, auf dem seit Jahrhunderten der Aberglaube
des Fetischismus vergeblich bekämpft wird, auf einen
Schauplatz, auf welchem die äußere Natur den höchsten
Grad der Vollkommenheit, der Geist aber noch nicht die
niedrigste Stufe der Gesittung einnimmt, kurz nach An-
gola in Niederguinea, einem Negerreiche von 1500 □M.,
in welchem sich die Portugiesen seit 1488 festsetzten, bald
zu hohem Ansehen gelangten, aber in den neuesten Zei-
ten durch die Verworrenheit ihrer heimischen Verhältnisse
fast alle Macht verloren.

Die Küste ist überall mit dem ewigen Grün tropi-
scher Urwälder bedeckt. Terrassenförmig erhebt sich das
Land von der Küste bis zum Hochlande. So weit die
Ebene reicht bis zum Fuße der Mittelterrasse, zeigt sich
die volle Pracht der colossalen Tropenvegetation. Gesel-
lig zieren die Hügel 100 Fuß hohe Palmen, mit andern
wunderschönen Formen der Pflanzenwelt des Hochwaldes
gemischt, und nichts kann herrlicher gedacht werden als
die immerblühenden Lianen, welche mit ihrer Farben-
pracht die Gipfel der Wälder bis zur höchsten Luftregion
umspinnen, wirklich sind. Die Baumwollenstaude wächst
hier mit dem Zuckerrohr und mancherlei Pfeffer= und
Gewürzpflanzen wild; die Wiesen oder vielmehr Savan-
nen prangen hier mit mannshohem Grase, mit den schön-
sten Liliengewächsen untermischt. Wenn nach der Reife
desselben der Neger das Gras anzündet, stürzt das plumpe
Flußpferd hundertweise in den nächsten Fluß, und wü-
[Spaltenumbruch] thend rennen Löwen und Leoparden, Hyänen und Scha-
kale, der Elefant und das Nashorn, das Zebra und das
Mohrenschwein auf die grasleeren Stellen.

Jm Jnnern wohnt ein tapferer kriegerischer Neger-
stamm, der, durch die Fruchtbarkeit des Landes in seiner
Vermehrung auf alle Weise unterstützt, seit vielen Jahr-
hunderten neue Völkerschaften auf die Mittelstraße zwi-
schen O. und W. absetzt und die vorgefundenen theils
vertilgt, theils in sich aufnimmt. Von diesem Volke
stammen die Schaggas, welche im J. 1542 unter ih-
rem Anführer Zimbo oder Zingho, nach welchem sie
auch Zimbos oder Zinghis heißen, in Kongo einfielen
und, wie die Tataren des Mittelalters in Europa, Alles
verheerten und plünderten, nachdem sie früher schon Mo-
nomotapa ein gleiches Schicksal bereitet hatten.

Zu diesem Volke, das mit portugiesischer Hülfe wie-
der ins Jnnere zurückgedrängt worden war, gehörte auch
Bandi Angola, König von Mazamba. Die Favoritin
dieses Königs gebar 1582 eine Tochter, von welcher die
bei dieser Gelegenheit zusammenberufenen Zauberer des
Landes aussagten, daß sie ein Ungeheuer von Grausam-
keit sein würde. Das lasen sie aus den Linien ihres
Gesichts, doch daneben gab es auch andere Zeichen,
welche verkündigten, daß sie ein Weib sein würde weit
über alle ihres Gleichen. Dem Vater gefiel das Eine wie
das Andere, denn Grausamkeit ist bei den Negerfürsten
eine Tugend, die ihm Unterwürfigkeit verschafft. Bandi
Angola richtete danach die Erziehung dieser Tochter ein,
die er, um mit dem Namen anzudeuten, was sie wer-
[Ende Spaltensatz]

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[[113]/0001] Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Nr. 15. ] Neue Folge. Erster Jahrgang. [ 15. April 1843. Königin Anna Zingha. [Abbildung] Die Schilderung dieser Frau, die wir dem Capuciner Anton von Gaeta verdanken, versetzt uns auf einen Schauplatz, auf dem seit Jahrhunderten der Aberglaube des Fetischismus vergeblich bekämpft wird, auf einen Schauplatz, auf welchem die äußere Natur den höchsten Grad der Vollkommenheit, der Geist aber noch nicht die niedrigste Stufe der Gesittung einnimmt, kurz nach An- gola in Niederguinea, einem Negerreiche von 1500 □M., in welchem sich die Portugiesen seit 1488 festsetzten, bald zu hohem Ansehen gelangten, aber in den neuesten Zei- ten durch die Verworrenheit ihrer heimischen Verhältnisse fast alle Macht verloren. Die Küste ist überall mit dem ewigen Grün tropi- scher Urwälder bedeckt. Terrassenförmig erhebt sich das Land von der Küste bis zum Hochlande. So weit die Ebene reicht bis zum Fuße der Mittelterrasse, zeigt sich die volle Pracht der colossalen Tropenvegetation. Gesel- lig zieren die Hügel 100 Fuß hohe Palmen, mit andern wunderschönen Formen der Pflanzenwelt des Hochwaldes gemischt, und nichts kann herrlicher gedacht werden als die immerblühenden Lianen, welche mit ihrer Farben- pracht die Gipfel der Wälder bis zur höchsten Luftregion umspinnen, wirklich sind. Die Baumwollenstaude wächst hier mit dem Zuckerrohr und mancherlei Pfeffer= und Gewürzpflanzen wild; die Wiesen oder vielmehr Savan- nen prangen hier mit mannshohem Grase, mit den schön- sten Liliengewächsen untermischt. Wenn nach der Reife desselben der Neger das Gras anzündet, stürzt das plumpe Flußpferd hundertweise in den nächsten Fluß, und wü- thend rennen Löwen und Leoparden, Hyänen und Scha- kale, der Elefant und das Nashorn, das Zebra und das Mohrenschwein auf die grasleeren Stellen. Jm Jnnern wohnt ein tapferer kriegerischer Neger- stamm, der, durch die Fruchtbarkeit des Landes in seiner Vermehrung auf alle Weise unterstützt, seit vielen Jahr- hunderten neue Völkerschaften auf die Mittelstraße zwi- schen O. und W. absetzt und die vorgefundenen theils vertilgt, theils in sich aufnimmt. Von diesem Volke stammen die Schaggas, welche im J. 1542 unter ih- rem Anführer Zimbo oder Zingho, nach welchem sie auch Zimbos oder Zinghis heißen, in Kongo einfielen und, wie die Tataren des Mittelalters in Europa, Alles verheerten und plünderten, nachdem sie früher schon Mo- nomotapa ein gleiches Schicksal bereitet hatten. Zu diesem Volke, das mit portugiesischer Hülfe wie- der ins Jnnere zurückgedrängt worden war, gehörte auch Bandi Angola, König von Mazamba. Die Favoritin dieses Königs gebar 1582 eine Tochter, von welcher die bei dieser Gelegenheit zusammenberufenen Zauberer des Landes aussagten, daß sie ein Ungeheuer von Grausam- keit sein würde. Das lasen sie aus den Linien ihres Gesichts, doch daneben gab es auch andere Zeichen, welche verkündigten, daß sie ein Weib sein würde weit über alle ihres Gleichen. Dem Vater gefiel das Eine wie das Andere, denn Grausamkeit ist bei den Negerfürsten eine Tugend, die ihm Unterwürfigkeit verschafft. Bandi Angola richtete danach die Erziehung dieser Tochter ein, die er, um mit dem Namen anzudeuten, was sie wer-

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung, Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 15. Leipzig (Sachsen), 15. April 1843, S. [113]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig015_1843/1>, abgerufen am 23.11.2024.