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Das Pfennig-Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 14. Leipzig, 8. April 1843.

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[Beginn Spaltensatz] daya, die sich die Edeln des Landes halten; sie tanzen
immer zu 8 zusammen und begleiten ihre Tänze mit
Gesang. Endlich kommt auf Java auch eine Art Ba-
jaderen vor, die hier Ronggeng heißen, in Gesellschaften
das Land durchziehen und sich zu Darstellungen vermie-
then. Auch Männer nähren sich vom Tanzen. Es gibt
Waffentänzer, die man sehr gern sieht, und Schlangen-
tänzer, welche mit Schlangen in den Händen tanzen.
Andere Tänzer werfen und fangen im Tanzen Speere
und dergl.

Jn den javanischen Schauspielen werden die Aben-
teuer des Helden Pandschi unter Musik pantomimisch
dargestellt, während der Dalang ( Schauspieldirector ) die
Worte dazu recitirt. Sie bilden eine Art pantomimischer
Ballets, in denen die ganze Pracht des altjavanischen
Anzugs zur Anschauung gebracht wird und in denen der
Polichinell immer eine bedeutende Rolle spielt. Thier-
schauspiele, Puppenspiele, mythologische Schattenspiele mit
grotesken Figuren wechseln mit den genannten Schau-
spielen ab. Die Fürsten und Großen halten oft Wett-
rennen und Turniere und lieben die Jagd zu Pferde mit
Speer und Pallasch. Eine sehr beliebte Belustigung sind
die Kämpfe zwischen Büffeln und Tigern, in welchen
man sich unter den erstern die Javaner, unter den letz-
tern die Europäer zu denken pflegt, eine Symbolik, welche
um so bezeichnender ist, als die hier einheimischen schwar-
zen Tiger die gefürchtetsten und gefährlichsten Raubthiere
der Jnsel sind, zwischen den Büffeln und den Javanern
aber die innigste gegenseitige Zuneigung und Freundschaft
stattfindet.

Der Büffel ist das nützlichste Hausthier des Java-
nesen, dem Europäer, den es nicht kennt, gefährlich, aber,
von den Eingeborenen geleitet, zahm wie ein Lamm, da-
bei stark und muthig, sodaß es größtentheils über den
Tiger den Sieg davonträgt, und von rührender Treue
und Anhänglichkeit. Ein kleiner javanischer Knabe, erzählt
ein Reisender, trieb dieser Tage seines Vaters Büffel
aufs Feld und lief spielend umher, während der Büffel
auf dem Felde graste. Auf einmal springt ein ungeheu-
rer schwarzer Tiger aus dem benachbarten Gebüsch und
packt den armen Jungen mit seinem Rachen. Kaum
hört der Büffel das ängstliche Gewimmer des Kindes, so
schießt er mit gefällten Hörnern auf den Tiger los, durch-
bohrt ihm die Rippen und schleudert ihn mit solcher Ge-
walt in die Luft, daß er todt zur Erde niederfällt. Hier-
auf legt er sich auf die Knie, ladet den geretteten Kna-
ben ein, seinen Rücken zu besteigen und kehrt, als die-
ser es thut, triumphirend nach Hause zurück.

Die Sprache der Javaner hat zur Grundlage die
Sanskritsprache, die aus dem Westen der vordern Halb-
insel ( aus Kalinga im Norden von Madras ) nebst Re-
ligion, Kunst und Gesittung eingewandert ist. Sie theilt
sich in vier Dialekte, die durch Vermischung mit andern
Sprachen entstanden sind. Außer diesen gibt es noch
eine Dichtersprache, in welcher alle Denkmäler und
alte Bücher geschrieben sind, und die Hofsprache oder
Basa Krama, in welcher der Geringe den Vornehmen
anredet.

Das Alphabet der Javaner hat 26 Mitlauter, 20
Hülfsconsonanten und 5 Vocale. Man schreibt von
links nach rechts in Zeichen, die im Allgemeinen einen
runden, geschwungenen Charakter haben. Zwischen den
Worten wird nicht abgetheilt. Die Construction ist ein-
fach und wenig gegliedert. Die Literatur zerfällt in eine
alte und neue; jene ist die mythologische und trägt ganz
das indische Gepräge. Die Poesie athmet einen tiefroman-
tischen Geist und ist reich an glänzenden Gemälden und
lieblichen Bildern. Die Musik ist sehr gebildet; man
[Spaltenumbruch] spielt eine große Menge Jnstrumente; die Nationallieder
sind voll tiefen Gefühls.

Vom Zeichnen und Malen wissen die Javaner nichts,
dagegen wurde die Sculptur im Dienste der Religion
mit großer Vollendung geübt, am höchsten aber stand
die Baukunst, wie die Prachtdenkmäler ungeheurer Tem-
pel noch zeigen, die durch ihre Größe und Einfachheit
an die schönsten Werke der griechischen Kunst, durch
ihre Erhabenheit und Ausschmückung mit bedeutungslos
scheinendem Bildwerk an die gothischen Werke, und durch
die Hauptform der Gebäude an das Jndische erinnern.

Von Seiten der Religion war Java bestimmt ab-
hängig von Jndien, der großen Wiege ostasiatischen
Glaubens. Seit dem 15. Jahrhunderte ist zwar der
Jslam eingeführt, aber noch hängen die Einwohner sehr
an dem alten Glauben, wenigstens in Gebräuchen und
Denkart. Die Verbindung, welche durch Missionare,
durch Handel und Wallfahrten nach Mekka mit dem
Sitze des Jslam unterhalten wurde, wußten die Hol-
länder zu unterdrücken. Die moslemischen Priester wa-
ren stets die Aufreizer zur Empörung.

Jn den Tenggerbergen gibt es noch 40 Dörfer mit
brahmanischen Bewohnern, die sich durch viele Eigen-
thümlichkeiten auszeichnen; sie wissen nichts von Spiel
und Opium; gegen Mord, Ehebruch, Diebstahl haben
sie keine Gesetze, weil solche Verbrechen nicht vorkom-
men. Der Tadel des Häuptlings ist die gewöhnlichste
Strafe. Sie wohnen auf den Alpen, etwa 1200 See-
len stark. Stolz auf ihre Freiheit halten sie sich ganz
isolirt. Jhre Sprache ist javanisch, nur hat sie mehr
Kehllaute. Jhre Dörfer stehen in den romantischen
Hochthälern auf freien Terrassen und sind ganz eigen-
thümlich gebaut.

Jm Jnnern von Bantam finden sich noch javanische
Heiden, welche in Kampongs wohnen und von selbst
gewählten, mild regierenden und Handel und Ackerbau
leitenden Häuptlingen beherrscht werden.

Von Chinesen kommen auf der Jnsel etwa 100,000
vor; sie bilden eigene Niederlassungen und leben nach
ihren Gesetzen und Sitten als Handwerker, Künstler,
Steuerpächter, Handelsleute. Jhr Geiz, ihre Betrüge-
rei, ihre Hinterlist mit den übrigen Nationalfehlern ma-
chen sie leicht kenntlich. Die Kinder aus Ehen, welche
Chinesen mit Javanerinnen schließen, heißen Pernakan's.

Unter den Ansiedlern verdienen erwähnt zu werden:
1 ) die Mohren, Eingeborene von der Küste Malabar
und Coromandel, welche lange aufgehört haben, einzu-
wandern; 2 ) die Bugis und Malaien, welche in al-
len Seestädten Javas unter eigenen Häuptern in beson-
dern Quartieren leben; 3 ) die Araber, welche meist in
Gresik wohnen und entweder Handelsleute oder Priester
sind; 4 ) die Sklaven, die vorzüglich von Bali und Ce-
lebes eingeführt und wie etwa in Europa die Bedienten
behandelt werden; 5 ) die Neger, Macassaren, die blos
des Handels wegen nach Java kommen; 6 ) die Euro-
päer, die auch Altgäste heißen und ein träges, orienta-
lisch=üppiges Leben führen, welches in Essen, Trinken,
Rauchen, Schlafen, Spazierfahrten in prächtigen Wa-
gen, Umgang mit Sklavinnen und einigen Comptoir-
oder Bureaugeschäften besteht. Die Kinder von Euro-
päern und eingeborenen Frauen heißen Blandlinge und
Lipplappen und werden in der Erziehung sehr vernachläs-
sigt, daher taugen sie erwachsen nicht viel und begehen
tausend schlechte Streiche.

Das Christenthum will keinen rechten Eingang fin-
den, obgleich es an christlichen Kirchen und Missionen
nicht fehlt.

Java war vor der Ankunft der Europäer einem ein-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] daya, die sich die Edeln des Landes halten; sie tanzen
immer zu 8 zusammen und begleiten ihre Tänze mit
Gesang. Endlich kommt auf Java auch eine Art Ba-
jaderen vor, die hier Ronggeng heißen, in Gesellschaften
das Land durchziehen und sich zu Darstellungen vermie-
then. Auch Männer nähren sich vom Tanzen. Es gibt
Waffentänzer, die man sehr gern sieht, und Schlangen-
tänzer, welche mit Schlangen in den Händen tanzen.
Andere Tänzer werfen und fangen im Tanzen Speere
und dergl.

Jn den javanischen Schauspielen werden die Aben-
teuer des Helden Pandschi unter Musik pantomimisch
dargestellt, während der Dalang ( Schauspieldirector ) die
Worte dazu recitirt. Sie bilden eine Art pantomimischer
Ballets, in denen die ganze Pracht des altjavanischen
Anzugs zur Anschauung gebracht wird und in denen der
Polichinell immer eine bedeutende Rolle spielt. Thier-
schauspiele, Puppenspiele, mythologische Schattenspiele mit
grotesken Figuren wechseln mit den genannten Schau-
spielen ab. Die Fürsten und Großen halten oft Wett-
rennen und Turniere und lieben die Jagd zu Pferde mit
Speer und Pallasch. Eine sehr beliebte Belustigung sind
die Kämpfe zwischen Büffeln und Tigern, in welchen
man sich unter den erstern die Javaner, unter den letz-
tern die Europäer zu denken pflegt, eine Symbolik, welche
um so bezeichnender ist, als die hier einheimischen schwar-
zen Tiger die gefürchtetsten und gefährlichsten Raubthiere
der Jnsel sind, zwischen den Büffeln und den Javanern
aber die innigste gegenseitige Zuneigung und Freundschaft
stattfindet.

Der Büffel ist das nützlichste Hausthier des Java-
nesen, dem Europäer, den es nicht kennt, gefährlich, aber,
von den Eingeborenen geleitet, zahm wie ein Lamm, da-
bei stark und muthig, sodaß es größtentheils über den
Tiger den Sieg davonträgt, und von rührender Treue
und Anhänglichkeit. Ein kleiner javanischer Knabe, erzählt
ein Reisender, trieb dieser Tage seines Vaters Büffel
aufs Feld und lief spielend umher, während der Büffel
auf dem Felde graste. Auf einmal springt ein ungeheu-
rer schwarzer Tiger aus dem benachbarten Gebüsch und
packt den armen Jungen mit seinem Rachen. Kaum
hört der Büffel das ängstliche Gewimmer des Kindes, so
schießt er mit gefällten Hörnern auf den Tiger los, durch-
bohrt ihm die Rippen und schleudert ihn mit solcher Ge-
walt in die Luft, daß er todt zur Erde niederfällt. Hier-
auf legt er sich auf die Knie, ladet den geretteten Kna-
ben ein, seinen Rücken zu besteigen und kehrt, als die-
ser es thut, triumphirend nach Hause zurück.

Die Sprache der Javaner hat zur Grundlage die
Sanskritsprache, die aus dem Westen der vordern Halb-
insel ( aus Kalinga im Norden von Madras ) nebst Re-
ligion, Kunst und Gesittung eingewandert ist. Sie theilt
sich in vier Dialekte, die durch Vermischung mit andern
Sprachen entstanden sind. Außer diesen gibt es noch
eine Dichtersprache, in welcher alle Denkmäler und
alte Bücher geschrieben sind, und die Hofsprache oder
Basa Krama, in welcher der Geringe den Vornehmen
anredet.

Das Alphabet der Javaner hat 26 Mitlauter, 20
Hülfsconsonanten und 5 Vocale. Man schreibt von
links nach rechts in Zeichen, die im Allgemeinen einen
runden, geschwungenen Charakter haben. Zwischen den
Worten wird nicht abgetheilt. Die Construction ist ein-
fach und wenig gegliedert. Die Literatur zerfällt in eine
alte und neue; jene ist die mythologische und trägt ganz
das indische Gepräge. Die Poesie athmet einen tiefroman-
tischen Geist und ist reich an glänzenden Gemälden und
lieblichen Bildern. Die Musik ist sehr gebildet; man
[Spaltenumbruch] spielt eine große Menge Jnstrumente; die Nationallieder
sind voll tiefen Gefühls.

Vom Zeichnen und Malen wissen die Javaner nichts,
dagegen wurde die Sculptur im Dienste der Religion
mit großer Vollendung geübt, am höchsten aber stand
die Baukunst, wie die Prachtdenkmäler ungeheurer Tem-
pel noch zeigen, die durch ihre Größe und Einfachheit
an die schönsten Werke der griechischen Kunst, durch
ihre Erhabenheit und Ausschmückung mit bedeutungslos
scheinendem Bildwerk an die gothischen Werke, und durch
die Hauptform der Gebäude an das Jndische erinnern.

Von Seiten der Religion war Java bestimmt ab-
hängig von Jndien, der großen Wiege ostasiatischen
Glaubens. Seit dem 15. Jahrhunderte ist zwar der
Jslam eingeführt, aber noch hängen die Einwohner sehr
an dem alten Glauben, wenigstens in Gebräuchen und
Denkart. Die Verbindung, welche durch Missionare,
durch Handel und Wallfahrten nach Mekka mit dem
Sitze des Jslam unterhalten wurde, wußten die Hol-
länder zu unterdrücken. Die moslemischen Priester wa-
ren stets die Aufreizer zur Empörung.

Jn den Tenggerbergen gibt es noch 40 Dörfer mit
brahmanischen Bewohnern, die sich durch viele Eigen-
thümlichkeiten auszeichnen; sie wissen nichts von Spiel
und Opium; gegen Mord, Ehebruch, Diebstahl haben
sie keine Gesetze, weil solche Verbrechen nicht vorkom-
men. Der Tadel des Häuptlings ist die gewöhnlichste
Strafe. Sie wohnen auf den Alpen, etwa 1200 See-
len stark. Stolz auf ihre Freiheit halten sie sich ganz
isolirt. Jhre Sprache ist javanisch, nur hat sie mehr
Kehllaute. Jhre Dörfer stehen in den romantischen
Hochthälern auf freien Terrassen und sind ganz eigen-
thümlich gebaut.

Jm Jnnern von Bantam finden sich noch javanische
Heiden, welche in Kampongs wohnen und von selbst
gewählten, mild regierenden und Handel und Ackerbau
leitenden Häuptlingen beherrscht werden.

Von Chinesen kommen auf der Jnsel etwa 100,000
vor; sie bilden eigene Niederlassungen und leben nach
ihren Gesetzen und Sitten als Handwerker, Künstler,
Steuerpächter, Handelsleute. Jhr Geiz, ihre Betrüge-
rei, ihre Hinterlist mit den übrigen Nationalfehlern ma-
chen sie leicht kenntlich. Die Kinder aus Ehen, welche
Chinesen mit Javanerinnen schließen, heißen Pernakan's.

Unter den Ansiedlern verdienen erwähnt zu werden:
1 ) die Mohren, Eingeborene von der Küste Malabar
und Coromandel, welche lange aufgehört haben, einzu-
wandern; 2 ) die Bugis und Malaien, welche in al-
len Seestädten Javas unter eigenen Häuptern in beson-
dern Quartieren leben; 3 ) die Araber, welche meist in
Gresik wohnen und entweder Handelsleute oder Priester
sind; 4 ) die Sklaven, die vorzüglich von Bali und Ce-
lebes eingeführt und wie etwa in Europa die Bedienten
behandelt werden; 5 ) die Neger, Macassaren, die blos
des Handels wegen nach Java kommen; 6 ) die Euro-
päer, die auch Altgäste heißen und ein träges, orienta-
lisch=üppiges Leben führen, welches in Essen, Trinken,
Rauchen, Schlafen, Spazierfahrten in prächtigen Wa-
gen, Umgang mit Sklavinnen und einigen Comptoir-
oder Bureaugeschäften besteht. Die Kinder von Euro-
päern und eingeborenen Frauen heißen Blandlinge und
Lipplappen und werden in der Erziehung sehr vernachläs-
sigt, daher taugen sie erwachsen nicht viel und begehen
tausend schlechte Streiche.

Das Christenthum will keinen rechten Eingang fin-
den, obgleich es an christlichen Kirchen und Missionen
nicht fehlt.

Java war vor der Ankunft der Europäer einem ein-
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Ein kleiner javanischer Knabe, erzählt ein Reisender, trieb dieser Tage seines Vaters Büffel aufs Feld und lief spielend umher, während der Büffel auf dem Felde graste. Auf einmal springt ein ungeheu- rer schwarzer Tiger aus dem benachbarten Gebüsch und packt den armen Jungen mit seinem Rachen. Kaum hört der Büffel das ängstliche Gewimmer des Kindes, so schießt er mit gefällten Hörnern auf den Tiger los, durch- bohrt ihm die Rippen und schleudert ihn mit solcher Ge- walt in die Luft, daß er todt zur Erde niederfällt. Hier- auf legt er sich auf die Knie, ladet den geretteten Kna- ben ein, seinen Rücken zu besteigen und kehrt, als die- ser es thut, triumphirend nach Hause zurück. Die Sprache der Javaner hat zur Grundlage die Sanskritsprache, die aus dem Westen der vordern Halb- insel ( aus Kalinga im Norden von Madras ) nebst Re- ligion, Kunst und Gesittung eingewandert ist. Sie theilt sich in vier Dialekte, die durch Vermischung mit andern Sprachen entstanden sind. Außer diesen gibt es noch eine Dichtersprache, in welcher alle Denkmäler und alte Bücher geschrieben sind, und die Hofsprache oder Basa Krama, in welcher der Geringe den Vornehmen anredet. Das Alphabet der Javaner hat 26 Mitlauter, 20 Hülfsconsonanten und 5 Vocale. Man schreibt von links nach rechts in Zeichen, die im Allgemeinen einen runden, geschwungenen Charakter haben. Zwischen den Worten wird nicht abgetheilt. Die Construction ist ein- fach und wenig gegliedert. Die Literatur zerfällt in eine alte und neue; jene ist die mythologische und trägt ganz das indische Gepräge. Die Poesie athmet einen tiefroman- tischen Geist und ist reich an glänzenden Gemälden und lieblichen Bildern. Die Musik ist sehr gebildet; man spielt eine große Menge Jnstrumente; die Nationallieder sind voll tiefen Gefühls. Vom Zeichnen und Malen wissen die Javaner nichts, dagegen wurde die Sculptur im Dienste der Religion mit großer Vollendung geübt, am höchsten aber stand die Baukunst, wie die Prachtdenkmäler ungeheurer Tem- pel noch zeigen, die durch ihre Größe und Einfachheit an die schönsten Werke der griechischen Kunst, durch ihre Erhabenheit und Ausschmückung mit bedeutungslos scheinendem Bildwerk an die gothischen Werke, und durch die Hauptform der Gebäude an das Jndische erinnern. Von Seiten der Religion war Java bestimmt ab- hängig von Jndien, der großen Wiege ostasiatischen Glaubens. Seit dem 15. Jahrhunderte ist zwar der Jslam eingeführt, aber noch hängen die Einwohner sehr an dem alten Glauben, wenigstens in Gebräuchen und Denkart. Die Verbindung, welche durch Missionare, durch Handel und Wallfahrten nach Mekka mit dem Sitze des Jslam unterhalten wurde, wußten die Hol- länder zu unterdrücken. Die moslemischen Priester wa- ren stets die Aufreizer zur Empörung. Jn den Tenggerbergen gibt es noch 40 Dörfer mit brahmanischen Bewohnern, die sich durch viele Eigen- thümlichkeiten auszeichnen; sie wissen nichts von Spiel und Opium; gegen Mord, Ehebruch, Diebstahl haben sie keine Gesetze, weil solche Verbrechen nicht vorkom- men. Der Tadel des Häuptlings ist die gewöhnlichste Strafe. Sie wohnen auf den Alpen, etwa 1200 See- len stark. Stolz auf ihre Freiheit halten sie sich ganz isolirt. Jhre Sprache ist javanisch, nur hat sie mehr Kehllaute. Jhre Dörfer stehen in den romantischen Hochthälern auf freien Terrassen und sind ganz eigen- thümlich gebaut. Jm Jnnern von Bantam finden sich noch javanische Heiden, welche in Kampongs wohnen und von selbst gewählten, mild regierenden und Handel und Ackerbau leitenden Häuptlingen beherrscht werden. Von Chinesen kommen auf der Jnsel etwa 100,000 vor; sie bilden eigene Niederlassungen und leben nach ihren Gesetzen und Sitten als Handwerker, Künstler, Steuerpächter, Handelsleute. Jhr Geiz, ihre Betrüge- rei, ihre Hinterlist mit den übrigen Nationalfehlern ma- chen sie leicht kenntlich. Die Kinder aus Ehen, welche Chinesen mit Javanerinnen schließen, heißen Pernakan's. Unter den Ansiedlern verdienen erwähnt zu werden: 1 ) die Mohren, Eingeborene von der Küste Malabar und Coromandel, welche lange aufgehört haben, einzu- wandern; 2 ) die Bugis und Malaien, welche in al- len Seestädten Javas unter eigenen Häuptern in beson- dern Quartieren leben; 3 ) die Araber, welche meist in Gresik wohnen und entweder Handelsleute oder Priester sind; 4 ) die Sklaven, die vorzüglich von Bali und Ce- lebes eingeführt und wie etwa in Europa die Bedienten behandelt werden; 5 ) die Neger, Macassaren, die blos des Handels wegen nach Java kommen; 6 ) die Euro- päer, die auch Altgäste heißen und ein träges, orienta- lisch=üppiges Leben führen, welches in Essen, Trinken, Rauchen, Schlafen, Spazierfahrten in prächtigen Wa- gen, Umgang mit Sklavinnen und einigen Comptoir- oder Bureaugeschäften besteht. Die Kinder von Euro- päern und eingeborenen Frauen heißen Blandlinge und Lipplappen und werden in der Erziehung sehr vernachläs- sigt, daher taugen sie erwachsen nicht viel und begehen tausend schlechte Streiche. Das Christenthum will keinen rechten Eingang fin- den, obgleich es an christlichen Kirchen und Missionen nicht fehlt. Java war vor der Ankunft der Europäer einem ein-

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Zitationshilfe: Das Pfennig-Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 14. Leipzig, 8. April 1843, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig014_1843/7>, abgerufen am 21.11.2024.