Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 23. Prag, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] nate, wobei eine furchtbare Pest beide Theile heim-
suchte, doch wüthete sie heftiger unter den Puniern,
als unter den Römern. Als daher Hippocrates
an der Pest gestorben war, und Epicides auf ei-
nem punischen Schiffe sich entfernt und die Belager-
ten ihrem Schicksale überlassen hatte, so würden sich
die Syrakusier sogleich ergeben haben, wenn nicht
die römischen Ueberläufer und die Miethsoldaten
in Achradina auf fernere Vertheidigung bestanden
hätten. Allein durch Verrath kamen Nasos und
Achradina bald in die Gewalt des Marcellus.
Die Stadt wurde den Soldaten zur Plünderung
preisgegeben. Während des Getümmels hatte sich
Archimedes ganz in seine geometrischen Figuren
vertieft. Einem römischen Soldaten, der auf ihn
eindrang, rief er zu: "Bringe mir meine Kreise
nicht in Unordnung!" Allein der rohe Krieger, der
ihn nicht kannte, stieß ihn nieder. Dieß soll den
Marcellus sehr betrübt und er selbst für die Be-
stattung der Leiche gesorgt haben.



Die Gefängnisse von London.

Der Zustand der Gefängnisse ist durch den
menschenfreundlichen Eifer einiger wohlgesinnter Män-
ner, die standhaft die alten Vorurtheile bekämpften,
bedeutend verbessert worden. Jn Newgate, dem
Aufenthalte der größten Verbrecher, sind diese we-
nigstens nach dem Grade ihrer Vergehen von ein-
ander abgesondert. Sowohl die Tröstungen des
Glaubens, als die Mittel zur Verbesserung ihres
Herzens werden ihnen regelmäßig dargeboten, und
eine barmherzige Frau, Madame Fry, hat einen
Ausschuß von Damen gestiftet, welche es sich ange-
legen seyn lassen, die gefangenen Weiber nützlich zu
beschäftigen, und ihnen den nöthigen Unterricht in
der Sittenlehre zu verschaffen, dessen Mangel die
meisten zu den Vergehungen brachte, die sie in die-
sen Ort geführt haben.

Das Penitentiary, nach den Ansichten ei-
nes erleuchteten Menschenfreundes errichtet, hat das
edle Ziel, verführte Jndividuen von ihren Jrrthü-
mern zurück zu führen und der Welt wieder zu ge-
ben. Diese Anstalt bestehet aus sieben abgesonder-
ten Gebäuden, obschon mit einander in Verbindung,
und auf einem weiten Raume rundum ein achtes
Gebäude angelegt, in welchem der Aufseher woh-
net, der von hier aus die Gefangenen in den sieben
Abtheilungen beobachten kann. Diese Leute werden
hier zu Handarbeiten verwendet, und erhalten einen
Theil von dem Verkaufspreise der erzeugten Ge-
genstände. Eine bemerkenswerthe Eigenheit dieses
Gefängnisses ist die Einrichtung, daß die Abtheilung
der Weiber unter der Leitung von Personen ihres
Geschlechtes stehet, und der Kerkermeister selbst solche
nur in Gegenwart der obersten Aufseherin besuchen
darf. Ein Ausschuß, welchen der geheime Rath
ernennet, wacht über dies Gefängniß, worin der
Eintritt nur gegen besondere Erlaubniß gestattet
wird.

Jn einer Hauptstadt, wo so viele Speculatio-
nen gemacht werden, und die wechselnden Geschicke
des Handels so viele Bankerotte mit sich führen,
muß natürlich die Zahl der Gefangenen wegen
Schulden sehr beträchtlich seyn, und mehrere Gefäng-
nisse sind zu ihrer Aufnahme bestimmt. Jn dem Ker-
[Spaltenumbruch] ker von Kingsbench, welcher zugleich ein Gefäng-
niß für die vom königlichen Gerichte, vorzüglich we-
gen Druckvergehen, verurtheilten Personen ist, zählet
man gegen 220 Zellen. Aber die Gefangenen we-
gen Schulden können gegen eine Zahlung in beson-
deren Häusern wohnen, die in demselben Mauergür-
tel erbaut sind. Sie dürfen hier ihr Gewerbe oder
ihren Handel treiben, wie zu Hause, offene Ge-
wölbe haben, und einige erhalten sogar die Freiheit,
des Tages über in die benachbarten Straßen zu ge-
hen, wenn sie nur die ihnen bestimmten Gränzen
nicht überschreiten. Da die Constitution dem Hause
der Gemeinen das Recht zugestehet, Untersuchungen
anzustellen, können die Mißbräuche in den Kerkern
von London und ganz England nicht in dem Grade
Wurzel fassen, wie solches in andern Ländern der
Fall ist. Die Gefangenen, so groß ihre Schuld
sey, finden immer großmüthige Herzen bereit, ihren
Zustand so sehr zu erleichtern, als es die Gerechtig-
keit und Sorge für die öffentliche Sicherheit erlaubt.
Einem sonderbaren Gebrauche zu Folge sind die
Facaden mehrerer Gefängnisse in London mit Sta-
tuen geziert, obschon es fast scheint, als wären diese
Orte nicht sehr dazu geeignet, der bildenden Kunst
einen günstigen Raum zu gewähren.



Die Schotten.

Man hat die Schotten manchmal die Schwei-
zer Großbritaniens genannt; die Hochländer sind in
der That tapfer, unternehmend, arm, Freunde der
Freiheit und National=Unabhängigkeit, und ein we-
nig Abentheurer; sie liefern dem englischen Heere
vortreffliche Soldaten und in den Kriegen dieses
Jahrhunderts haben die schottischen Regimenter die
Vergleichung mit den besten Truppen Europens aus-
gehalten. Man bedauert, daß sie ihre Beharrlich-
keit nicht immer anwenden, um die Schwierigkeiten
des Climas und des Bodens ihrer Heimath zu be-
siegen, statt nach Amerika zu gehen, und in einem
andern Welttheile das Glück zu suchen, zumal da
sie bei ihrer Mäßigkeit und haushälterischen Gewohn-
heiten sich leicht das Auskommen verschaffen könn-
ten, das sie in so weiter Ferne suchen, und nicht
immer finden. Der Wohlstand, zu welchem Edin-
burgh, Glasgow, Greenock
und andere Städte
Schottlands gelangt sind, beweist, was dieses Volk
vermag, wenn es mit seinen Nachbaren wetteifern
will. Leider gab es in Schottland zu lange Zeit
nur Lehnherren, welche Alles hatten, und Bauern,
die Nichts besaßen.

Einige gute Einrichtungen vermindern jedoch
die schlimmen Wirkungen dieses Standes der Sa-
chen. Nach einem Gesetz, welches unter Wilhelm
III. gegeben wurde, muß jedes Kirchspiel einen
Schullehrer haben, der gegen eine mäßige Beloh-
nung die Kinder unterrichtet. Jn den Kirchspielen,
deren Bevölkerung auf einem großen Raume ver-
streut ist, gibt es wandernde Schullehrer. Seit ei-
nem Jahrhunderte hat die öffentliche Belehrung die
glücklichsten Resultate dargeboten; das Volk hat sich
aus der Unwissenheit erhoben, und wie die Aufklä-
rung den Gewerbfleiß erwecket, hat auch die Ge-
wöhnung an Arbeitsamkeit den Zustand des Volkes
verbessert und den Nationalgeist aufgerichtet.     D.



[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] nate, wobei eine furchtbare Pest beide Theile heim-
suchte, doch wüthete sie heftiger unter den Puniern,
als unter den Römern. Als daher Hippocrates
an der Pest gestorben war, und Epicides auf ei-
nem punischen Schiffe sich entfernt und die Belager-
ten ihrem Schicksale überlassen hatte, so würden sich
die Syrakusier sogleich ergeben haben, wenn nicht
die römischen Ueberläufer und die Miethsoldaten
in Achradina auf fernere Vertheidigung bestanden
hätten. Allein durch Verrath kamen Nasos und
Achradina bald in die Gewalt des Marcellus.
Die Stadt wurde den Soldaten zur Plünderung
preisgegeben. Während des Getümmels hatte sich
Archimedes ganz in seine geometrischen Figuren
vertieft. Einem römischen Soldaten, der auf ihn
eindrang, rief er zu: „Bringe mir meine Kreise
nicht in Unordnung!“ Allein der rohe Krieger, der
ihn nicht kannte, stieß ihn nieder. Dieß soll den
Marcellus sehr betrübt und er selbst für die Be-
stattung der Leiche gesorgt haben.



Die Gefängnisse von London.

Der Zustand der Gefängnisse ist durch den
menschenfreundlichen Eifer einiger wohlgesinnter Män-
ner, die standhaft die alten Vorurtheile bekämpften,
bedeutend verbessert worden. Jn Newgate, dem
Aufenthalte der größten Verbrecher, sind diese we-
nigstens nach dem Grade ihrer Vergehen von ein-
ander abgesondert. Sowohl die Tröstungen des
Glaubens, als die Mittel zur Verbesserung ihres
Herzens werden ihnen regelmäßig dargeboten, und
eine barmherzige Frau, Madame Fry, hat einen
Ausschuß von Damen gestiftet, welche es sich ange-
legen seyn lassen, die gefangenen Weiber nützlich zu
beschäftigen, und ihnen den nöthigen Unterricht in
der Sittenlehre zu verschaffen, dessen Mangel die
meisten zu den Vergehungen brachte, die sie in die-
sen Ort geführt haben.

Das Penitentiary, nach den Ansichten ei-
nes erleuchteten Menschenfreundes errichtet, hat das
edle Ziel, verführte Jndividuen von ihren Jrrthü-
mern zurück zu führen und der Welt wieder zu ge-
ben. Diese Anstalt bestehet aus sieben abgesonder-
ten Gebäuden, obschon mit einander in Verbindung,
und auf einem weiten Raume rundum ein achtes
Gebäude angelegt, in welchem der Aufseher woh-
net, der von hier aus die Gefangenen in den sieben
Abtheilungen beobachten kann. Diese Leute werden
hier zu Handarbeiten verwendet, und erhalten einen
Theil von dem Verkaufspreise der erzeugten Ge-
genstände. Eine bemerkenswerthe Eigenheit dieses
Gefängnisses ist die Einrichtung, daß die Abtheilung
der Weiber unter der Leitung von Personen ihres
Geschlechtes stehet, und der Kerkermeister selbst solche
nur in Gegenwart der obersten Aufseherin besuchen
darf. Ein Ausschuß, welchen der geheime Rath
ernennet, wacht über dies Gefängniß, worin der
Eintritt nur gegen besondere Erlaubniß gestattet
wird.

Jn einer Hauptstadt, wo so viele Speculatio-
nen gemacht werden, und die wechselnden Geschicke
des Handels so viele Bankerotte mit sich führen,
muß natürlich die Zahl der Gefangenen wegen
Schulden sehr beträchtlich seyn, und mehrere Gefäng-
nisse sind zu ihrer Aufnahme bestimmt. Jn dem Ker-
[Spaltenumbruch] ker von Kingsbench, welcher zugleich ein Gefäng-
niß für die vom königlichen Gerichte, vorzüglich we-
gen Druckvergehen, verurtheilten Personen ist, zählet
man gegen 220 Zellen. Aber die Gefangenen we-
gen Schulden können gegen eine Zahlung in beson-
deren Häusern wohnen, die in demselben Mauergür-
tel erbaut sind. Sie dürfen hier ihr Gewerbe oder
ihren Handel treiben, wie zu Hause, offene Ge-
wölbe haben, und einige erhalten sogar die Freiheit,
des Tages über in die benachbarten Straßen zu ge-
hen, wenn sie nur die ihnen bestimmten Gränzen
nicht überschreiten. Da die Constitution dem Hause
der Gemeinen das Recht zugestehet, Untersuchungen
anzustellen, können die Mißbräuche in den Kerkern
von London und ganz England nicht in dem Grade
Wurzel fassen, wie solches in andern Ländern der
Fall ist. Die Gefangenen, so groß ihre Schuld
sey, finden immer großmüthige Herzen bereit, ihren
Zustand so sehr zu erleichtern, als es die Gerechtig-
keit und Sorge für die öffentliche Sicherheit erlaubt.
Einem sonderbaren Gebrauche zu Folge sind die
Façaden mehrerer Gefängnisse in London mit Sta-
tuen geziert, obschon es fast scheint, als wären diese
Orte nicht sehr dazu geeignet, der bildenden Kunst
einen günstigen Raum zu gewähren.



Die Schotten.

Man hat die Schotten manchmal die Schwei-
zer Großbritaniens genannt; die Hochländer sind in
der That tapfer, unternehmend, arm, Freunde der
Freiheit und National=Unabhängigkeit, und ein we-
nig Abentheurer; sie liefern dem englischen Heere
vortreffliche Soldaten und in den Kriegen dieses
Jahrhunderts haben die schottischen Regimenter die
Vergleichung mit den besten Truppen Europens aus-
gehalten. Man bedauert, daß sie ihre Beharrlich-
keit nicht immer anwenden, um die Schwierigkeiten
des Climas und des Bodens ihrer Heimath zu be-
siegen, statt nach Amerika zu gehen, und in einem
andern Welttheile das Glück zu suchen, zumal da
sie bei ihrer Mäßigkeit und haushälterischen Gewohn-
heiten sich leicht das Auskommen verschaffen könn-
ten, das sie in so weiter Ferne suchen, und nicht
immer finden. Der Wohlstand, zu welchem Edin-
burgh, Glasgow, Greenock
und andere Städte
Schottlands gelangt sind, beweist, was dieses Volk
vermag, wenn es mit seinen Nachbaren wetteifern
will. Leider gab es in Schottland zu lange Zeit
nur Lehnherren, welche Alles hatten, und Bauern,
die Nichts besaßen.

Einige gute Einrichtungen vermindern jedoch
die schlimmen Wirkungen dieses Standes der Sa-
chen. Nach einem Gesetz, welches unter Wilhelm
III. gegeben wurde, muß jedes Kirchspiel einen
Schullehrer haben, der gegen eine mäßige Beloh-
nung die Kinder unterrichtet. Jn den Kirchspielen,
deren Bevölkerung auf einem großen Raume ver-
streut ist, gibt es wandernde Schullehrer. Seit ei-
nem Jahrhunderte hat die öffentliche Belehrung die
glücklichsten Resultate dargeboten; das Volk hat sich
aus der Unwissenheit erhoben, und wie die Aufklä-
rung den Gewerbfleiß erwecket, hat auch die Ge-
wöhnung an Arbeitsamkeit den Zustand des Volkes
verbessert und den Nationalgeist aufgerichtet.     D.



[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0002" n="178"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Panorama des Universums.</hi></fw><cb type="start"/>
nate, wobei eine furchtbare Pest beide Theile heim-<lb/>
suchte, doch wüthete sie heftiger unter den Puniern,<lb/>
als unter den Römern. Als daher <hi rendition="#g">Hippocrates</hi><lb/>
an der Pest gestorben war, und <hi rendition="#g">Epicides</hi> auf ei-<lb/>
nem punischen Schiffe sich entfernt und die Belager-<lb/>
ten ihrem Schicksale überlassen hatte, so würden sich<lb/>
die Syrakusier sogleich ergeben haben, wenn nicht<lb/>
die römischen Ueberläufer und die Miethsoldaten<lb/>
in <hi rendition="#g">Achradina</hi> auf fernere Vertheidigung bestanden<lb/>
hätten. Allein durch Verrath kamen <hi rendition="#g">Nasos</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Achradina</hi> bald in die Gewalt des <hi rendition="#g">Marcellus.</hi><lb/>
Die Stadt wurde den Soldaten zur Plünderung<lb/>
preisgegeben. Während des Getümmels hatte sich<lb/><hi rendition="#g">Archimedes</hi> ganz in seine geometrischen Figuren<lb/>
vertieft. Einem römischen Soldaten, der auf ihn<lb/>
eindrang, rief er zu: &#x201E;Bringe mir meine Kreise<lb/>
nicht in Unordnung!&#x201C; Allein der rohe Krieger, der<lb/>
ihn nicht kannte, stieß ihn nieder. Dieß soll den<lb/><hi rendition="#g">Marcellus</hi> sehr betrübt und er selbst für die Be-<lb/>
stattung der Leiche gesorgt haben.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Die Gefängnisse von London.</hi> </head><lb/>
        <p>Der Zustand der Gefängnisse ist durch den<lb/>
menschenfreundlichen Eifer einiger wohlgesinnter Män-<lb/>
ner, die standhaft die alten Vorurtheile bekämpften,<lb/>
bedeutend verbessert worden. Jn <hi rendition="#g">Newgate,</hi> dem<lb/>
Aufenthalte der größten Verbrecher, sind diese we-<lb/>
nigstens nach dem Grade ihrer Vergehen von ein-<lb/>
ander abgesondert. Sowohl die Tröstungen des<lb/>
Glaubens, als die Mittel zur Verbesserung ihres<lb/>
Herzens werden ihnen regelmäßig dargeboten, und<lb/>
eine barmherzige Frau, Madame <hi rendition="#g">Fry,</hi> hat einen<lb/>
Ausschuß von Damen gestiftet, welche es sich ange-<lb/>
legen seyn lassen, die gefangenen Weiber nützlich zu<lb/>
beschäftigen, und ihnen den nöthigen Unterricht in<lb/>
der Sittenlehre zu verschaffen, dessen Mangel die<lb/>
meisten zu den Vergehungen brachte, die sie in die-<lb/>
sen Ort geführt haben.</p><lb/>
        <p>Das <hi rendition="#g">Penitentiary,</hi> nach den Ansichten ei-<lb/>
nes erleuchteten Menschenfreundes errichtet, hat das<lb/>
edle Ziel, verführte Jndividuen von ihren Jrrthü-<lb/>
mern zurück zu führen und der Welt wieder zu ge-<lb/>
ben. Diese Anstalt bestehet aus sieben abgesonder-<lb/>
ten Gebäuden, obschon mit einander in Verbindung,<lb/>
und auf einem weiten Raume rundum ein achtes<lb/>
Gebäude angelegt, in welchem der Aufseher woh-<lb/>
net, der von hier aus die Gefangenen in den sieben<lb/>
Abtheilungen beobachten kann. Diese Leute werden<lb/>
hier zu Handarbeiten verwendet, und erhalten einen<lb/>
Theil von dem Verkaufspreise der erzeugten Ge-<lb/>
genstände. Eine bemerkenswerthe Eigenheit dieses<lb/>
Gefängnisses ist die Einrichtung, daß die Abtheilung<lb/>
der Weiber unter der Leitung von Personen ihres<lb/>
Geschlechtes stehet, und der Kerkermeister selbst solche<lb/>
nur in Gegenwart der obersten Aufseherin besuchen<lb/>
darf. Ein Ausschuß, welchen der geheime Rath<lb/>
ernennet, wacht über dies Gefängniß, worin der<lb/>
Eintritt nur gegen besondere Erlaubniß gestattet<lb/>
wird.</p><lb/>
        <p>Jn einer Hauptstadt, wo so viele Speculatio-<lb/>
nen gemacht werden, und die wechselnden Geschicke<lb/>
des Handels so viele Bankerotte mit sich führen,<lb/>
muß natürlich die Zahl der Gefangenen wegen<lb/>
Schulden sehr beträchtlich seyn, und mehrere Gefäng-<lb/>
nisse sind zu ihrer Aufnahme bestimmt. Jn dem Ker-<lb/><cb n="2"/>
ker von <hi rendition="#g">Kingsbench,</hi> welcher zugleich ein Gefäng-<lb/>
niß für die vom königlichen Gerichte, vorzüglich we-<lb/>
gen Druckvergehen, verurtheilten Personen ist, zählet<lb/>
man gegen 220 Zellen. Aber die Gefangenen we-<lb/>
gen Schulden können gegen eine Zahlung in beson-<lb/>
deren Häusern wohnen, die in demselben Mauergür-<lb/>
tel erbaut sind. Sie dürfen hier ihr Gewerbe oder<lb/>
ihren Handel treiben, wie zu Hause, offene Ge-<lb/>
wölbe haben, und einige erhalten sogar die Freiheit,<lb/>
des Tages über in die benachbarten Straßen zu ge-<lb/>
hen, wenn sie nur die ihnen bestimmten Gränzen<lb/>
nicht überschreiten. Da die Constitution dem Hause<lb/>
der Gemeinen das Recht zugestehet, Untersuchungen<lb/>
anzustellen, können die Mißbräuche in den Kerkern<lb/>
von <hi rendition="#g">London</hi> und ganz England nicht in dem Grade<lb/>
Wurzel fassen, wie solches in andern Ländern der<lb/>
Fall ist. Die Gefangenen, so groß ihre Schuld<lb/>
sey, finden immer großmüthige Herzen bereit, ihren<lb/>
Zustand so sehr zu erleichtern, als es die Gerechtig-<lb/>
keit und Sorge für die öffentliche Sicherheit erlaubt.<lb/>
Einem sonderbaren Gebrauche zu Folge sind die<lb/>
Fa<hi rendition="#aq">ç</hi>aden mehrerer Gefängnisse in <hi rendition="#g">London</hi> mit Sta-<lb/>
tuen geziert, obschon es fast scheint, als wären diese<lb/>
Orte nicht sehr dazu geeignet, der bildenden Kunst<lb/>
einen günstigen Raum zu gewähren.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Die Schotten</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Man hat die Schotten manchmal die Schwei-<lb/>
zer Großbritaniens genannt; die Hochländer sind in<lb/>
der That tapfer, unternehmend, arm, Freunde der<lb/>
Freiheit und National=Unabhängigkeit, und ein we-<lb/>
nig Abentheurer; sie liefern dem englischen Heere<lb/>
vortreffliche Soldaten und in den Kriegen dieses<lb/>
Jahrhunderts haben die schottischen Regimenter die<lb/>
Vergleichung mit den besten Truppen Europens aus-<lb/>
gehalten. Man bedauert, daß sie ihre Beharrlich-<lb/>
keit nicht immer anwenden, um die Schwierigkeiten<lb/>
des Climas und des Bodens ihrer Heimath zu be-<lb/>
siegen, statt nach Amerika zu gehen, und in einem<lb/>
andern Welttheile das Glück zu suchen, zumal da<lb/>
sie bei ihrer Mäßigkeit und haushälterischen Gewohn-<lb/>
heiten sich leicht das Auskommen verschaffen könn-<lb/>
ten, das sie in so weiter Ferne suchen, und nicht<lb/>
immer finden. Der Wohlstand, zu welchem <hi rendition="#g">Edin-<lb/>
burgh, Glasgow, Greenock</hi> und andere Städte<lb/>
Schottlands gelangt sind, beweist, was dieses Volk<lb/>
vermag, wenn es mit seinen Nachbaren wetteifern<lb/>
will. Leider gab es in Schottland zu lange Zeit<lb/>
nur Lehnherren, welche Alles hatten, und Bauern,<lb/>
die Nichts besaßen.</p><lb/>
        <p>Einige gute Einrichtungen vermindern jedoch<lb/>
die schlimmen Wirkungen dieses Standes der Sa-<lb/>
chen. Nach einem Gesetz, welches unter <hi rendition="#g">Wilhelm</hi><lb/><hi rendition="#aq">III</hi>. gegeben wurde, muß jedes Kirchspiel einen<lb/>
Schullehrer haben, der gegen eine mäßige Beloh-<lb/>
nung die Kinder unterrichtet. Jn den Kirchspielen,<lb/>
deren Bevölkerung auf einem großen Raume ver-<lb/>
streut ist, gibt es wandernde Schullehrer. Seit ei-<lb/>
nem Jahrhunderte hat die öffentliche Belehrung die<lb/>
glücklichsten Resultate dargeboten; das Volk hat sich<lb/>
aus der Unwissenheit erhoben, und wie die Aufklä-<lb/>
rung den Gewerbfleiß erwecket, hat auch die Ge-<lb/>
wöhnung an Arbeitsamkeit den Zustand des Volkes<lb/>
verbessert und den Nationalgeist aufgerichtet.  <space dim="horizontal"/>  D.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb type="end"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0002] Panorama des Universums. nate, wobei eine furchtbare Pest beide Theile heim- suchte, doch wüthete sie heftiger unter den Puniern, als unter den Römern. Als daher Hippocrates an der Pest gestorben war, und Epicides auf ei- nem punischen Schiffe sich entfernt und die Belager- ten ihrem Schicksale überlassen hatte, so würden sich die Syrakusier sogleich ergeben haben, wenn nicht die römischen Ueberläufer und die Miethsoldaten in Achradina auf fernere Vertheidigung bestanden hätten. Allein durch Verrath kamen Nasos und Achradina bald in die Gewalt des Marcellus. Die Stadt wurde den Soldaten zur Plünderung preisgegeben. Während des Getümmels hatte sich Archimedes ganz in seine geometrischen Figuren vertieft. Einem römischen Soldaten, der auf ihn eindrang, rief er zu: „Bringe mir meine Kreise nicht in Unordnung!“ Allein der rohe Krieger, der ihn nicht kannte, stieß ihn nieder. Dieß soll den Marcellus sehr betrübt und er selbst für die Be- stattung der Leiche gesorgt haben. Die Gefängnisse von London. Der Zustand der Gefängnisse ist durch den menschenfreundlichen Eifer einiger wohlgesinnter Män- ner, die standhaft die alten Vorurtheile bekämpften, bedeutend verbessert worden. Jn Newgate, dem Aufenthalte der größten Verbrecher, sind diese we- nigstens nach dem Grade ihrer Vergehen von ein- ander abgesondert. Sowohl die Tröstungen des Glaubens, als die Mittel zur Verbesserung ihres Herzens werden ihnen regelmäßig dargeboten, und eine barmherzige Frau, Madame Fry, hat einen Ausschuß von Damen gestiftet, welche es sich ange- legen seyn lassen, die gefangenen Weiber nützlich zu beschäftigen, und ihnen den nöthigen Unterricht in der Sittenlehre zu verschaffen, dessen Mangel die meisten zu den Vergehungen brachte, die sie in die- sen Ort geführt haben. Das Penitentiary, nach den Ansichten ei- nes erleuchteten Menschenfreundes errichtet, hat das edle Ziel, verführte Jndividuen von ihren Jrrthü- mern zurück zu führen und der Welt wieder zu ge- ben. Diese Anstalt bestehet aus sieben abgesonder- ten Gebäuden, obschon mit einander in Verbindung, und auf einem weiten Raume rundum ein achtes Gebäude angelegt, in welchem der Aufseher woh- net, der von hier aus die Gefangenen in den sieben Abtheilungen beobachten kann. Diese Leute werden hier zu Handarbeiten verwendet, und erhalten einen Theil von dem Verkaufspreise der erzeugten Ge- genstände. Eine bemerkenswerthe Eigenheit dieses Gefängnisses ist die Einrichtung, daß die Abtheilung der Weiber unter der Leitung von Personen ihres Geschlechtes stehet, und der Kerkermeister selbst solche nur in Gegenwart der obersten Aufseherin besuchen darf. Ein Ausschuß, welchen der geheime Rath ernennet, wacht über dies Gefängniß, worin der Eintritt nur gegen besondere Erlaubniß gestattet wird. Jn einer Hauptstadt, wo so viele Speculatio- nen gemacht werden, und die wechselnden Geschicke des Handels so viele Bankerotte mit sich führen, muß natürlich die Zahl der Gefangenen wegen Schulden sehr beträchtlich seyn, und mehrere Gefäng- nisse sind zu ihrer Aufnahme bestimmt. Jn dem Ker- ker von Kingsbench, welcher zugleich ein Gefäng- niß für die vom königlichen Gerichte, vorzüglich we- gen Druckvergehen, verurtheilten Personen ist, zählet man gegen 220 Zellen. Aber die Gefangenen we- gen Schulden können gegen eine Zahlung in beson- deren Häusern wohnen, die in demselben Mauergür- tel erbaut sind. Sie dürfen hier ihr Gewerbe oder ihren Handel treiben, wie zu Hause, offene Ge- wölbe haben, und einige erhalten sogar die Freiheit, des Tages über in die benachbarten Straßen zu ge- hen, wenn sie nur die ihnen bestimmten Gränzen nicht überschreiten. Da die Constitution dem Hause der Gemeinen das Recht zugestehet, Untersuchungen anzustellen, können die Mißbräuche in den Kerkern von London und ganz England nicht in dem Grade Wurzel fassen, wie solches in andern Ländern der Fall ist. Die Gefangenen, so groß ihre Schuld sey, finden immer großmüthige Herzen bereit, ihren Zustand so sehr zu erleichtern, als es die Gerechtig- keit und Sorge für die öffentliche Sicherheit erlaubt. Einem sonderbaren Gebrauche zu Folge sind die Façaden mehrerer Gefängnisse in London mit Sta- tuen geziert, obschon es fast scheint, als wären diese Orte nicht sehr dazu geeignet, der bildenden Kunst einen günstigen Raum zu gewähren. Die Schotten. Man hat die Schotten manchmal die Schwei- zer Großbritaniens genannt; die Hochländer sind in der That tapfer, unternehmend, arm, Freunde der Freiheit und National=Unabhängigkeit, und ein we- nig Abentheurer; sie liefern dem englischen Heere vortreffliche Soldaten und in den Kriegen dieses Jahrhunderts haben die schottischen Regimenter die Vergleichung mit den besten Truppen Europens aus- gehalten. Man bedauert, daß sie ihre Beharrlich- keit nicht immer anwenden, um die Schwierigkeiten des Climas und des Bodens ihrer Heimath zu be- siegen, statt nach Amerika zu gehen, und in einem andern Welttheile das Glück zu suchen, zumal da sie bei ihrer Mäßigkeit und haushälterischen Gewohn- heiten sich leicht das Auskommen verschaffen könn- ten, das sie in so weiter Ferne suchen, und nicht immer finden. Der Wohlstand, zu welchem Edin- burgh, Glasgow, Greenock und andere Städte Schottlands gelangt sind, beweist, was dieses Volk vermag, wenn es mit seinen Nachbaren wetteifern will. Leider gab es in Schottland zu lange Zeit nur Lehnherren, welche Alles hatten, und Bauern, die Nichts besaßen. Einige gute Einrichtungen vermindern jedoch die schlimmen Wirkungen dieses Standes der Sa- chen. Nach einem Gesetz, welches unter Wilhelm III. gegeben wurde, muß jedes Kirchspiel einen Schullehrer haben, der gegen eine mäßige Beloh- nung die Kinder unterrichtet. Jn den Kirchspielen, deren Bevölkerung auf einem großen Raume ver- streut ist, gibt es wandernde Schullehrer. Seit ei- nem Jahrhunderte hat die öffentliche Belehrung die glücklichsten Resultate dargeboten; das Volk hat sich aus der Unwissenheit erhoben, und wie die Aufklä- rung den Gewerbfleiß erwecket, hat auch die Ge- wöhnung an Arbeitsamkeit den Zustand des Volkes verbessert und den Nationalgeist aufgerichtet. D.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama23_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama23_1836/2
Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 23. Prag, 1836, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama23_1836/2>, abgerufen am 21.11.2024.