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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 22. Prag, 1836.

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Das wohlfeilste
Panorama des Universums

zur
erheiternden Belehrung für Jedermann und alle Länder.


N ro. 22.    Erscheint jeden Sonnabend.1836.


[Beginn Spaltensatz]


Bilder aus Japan.
Spiele in Japan.

Das Kartenspiel lieben die Japaner leidenschaft-
lich und verlieren dabei oft große Summen Geld.
Sie haben diesen edlen Zeitvertreib dem Umgange
mit den holländischen Matrosen zu danken, als diese
noch die Schenken und Freudenhäuser zu Nanga-
saki
mit obrigkeitlicher Erlaubniß besuchen durften.

Die Figuren auf den Karten führen dieselben
Namen, wie bei uns in Europa. Das Spiel be-
stand früher aus zwei und fünfzig Blättern, wor-
unter sich vier mit Abbildungen des Todes befan-
den, was gegen die Vorurtheile des Landes verstieß;
man hat daher dieselben herausgeworfen und spielt
gegenwärtig nur mit acht und vierzig Blättern, die
von unsern großen Tarotkarten beinahe nur den
vierten Theil der Größe haben.

Jhr Bretspiel ist ausnehmend verwickelt, und
für die Ungeduld des Europäers beinahe unmöglich
zu erlernen. Das Damenbrett von außerordentli-
licher Größe, wird mit vierhundert Figuren besetzt,
deren Werth und Gang, so wie die Art sie zu
schlagen, äußerst abwechselnd ist. Die gefangenen
Russen zu Matsmai machten sich ihre Damen-
breter aus Bögen Papier und nahmen statt der
Steine kleine Stückchen Holz, womit sie das Spiel
nach europäischer Art spielten. Die Japaner sahen
es ihnen bald ab, und es verbreitete sich mit allen Be-
nennungen, deren sich die Russen dabei bedienten,
durch die ganze Stadt.

Golownin äußert sich in Bezug darauf scher-
zend: "Wie leicht kann es geschehen, daß einmal
dieser oder jener Gelehrte sich durch die Ueberein-
stimmung dieser Benennungen täuschen läßt, und,
unbekannt mit der Veranlassung, daraus eine ge-
nauere Verwandtschaft der russischen und japanischen
Sprache abzuleiten versucht!"

Förmliche Hazardspiele sind nicht nur durch die
Landesgesetze verboten, sondern auch ganz gegen den
Geschmack der Nation.



Sprache und Schrift in Japan

Die erste und nützlichste Wissenschaft ist unstrei-
tig die Kunde der Muttersprache. Bei guter Zeit
[Spaltenumbruch] lehren die Japaner ihre Kinder die Landessprache
correct sprechen und schreiben, und die Japanerin-
nen beschäftigen sich sehr fleißig mit Lectüre.

Jhre Sprache ist eine Ursprache, aber mit vie-
len Wörtern europäischer Sprachen bereichert; Aus-
drücke, die ans Holländische oder Portugiesische
mahnen, sind nicht ganz ungewöhnlich, je nachdem
nämlich der Handelsverkehr mit dieser oder jener
Nation die Gegenstände und ihre Benennungen nach
Japan brachte. Jhre Schriftsprache bedient sich der
chinesischen Schriftzeichen, verbindet dieselben aber
durch eigene Zwischenzeichen, die in China nicht ge-
bräuchlich sind, ohne welche der Japaner diese Schrift
nicht lesen und verstehen könnte. Die japanische
Religion und ältern Gesetze sind in einer heiligen
Sprache abgefaßt, welche dem ungelehrten Volke
ganz unverständlich ist, und wohl selbst von vielen
Priestern nicht verstanden werden mag. Von der
chinesischen Hieroglyphenschrift unterscheidet sich die
gemeine Alphabetschrift, welche acht und vierzig Zei-
chen zählt, und zwar auch zuweilen ganze Sylben
mit Einem Zeichen schreibt, aber doch, bis auf die
äußerst schwierige Aussprache, sehr leicht zu lernen
ist, und von dem gemeinen Manne fast durchaus
gelesen, und selbst so häufig geschrieben wird, daß
man in Japan über die Unwissenheit von Golow-
nins
Matrosen, welche nicht schreiben konnten, er-
staunte.

Der Japaner schreibt bald in verticalen Linien
von oben nach unten, bald in horizontalen, allein
wie alle Morgenländer von der rechten zur linken
Hand.

Golownin gibt uns einen Begriff von dem
Geschmacke der Japaner für schöne Handschriften
und Zeichnungen. Als die Russen in die Gefangen-
schaft nach Matsmai geführt wurden, erfuhr un-
ter Weges einer ihrer Wächter, daß Herr Moor
ein geschickter Zeichner sey. Alsbald wurde er von
den Japanern mit Bitten bestürmt, ihnen ein russi-
sches Schiff zu zeichnen. Herr Moor glaubte mit
diesem einzigen Bilde ihrer los zu werden, und be-
nutzte die Gelegenheit, sich zu seiner Arbeit die
Armsesseln lösen zu lassen. Kaum war die erste
Zeichnung fertig, so verlangte jeder Soldat ein sol-
ches Bild, so daß Herr Chebnikoff seinem Ge-
fährten helfen mußte. Da der Capitain aus Un-
kenntniß keine hülfreiche Hand beim Zeichnen leisten
konnte, beschäftigten sie ihn damit, daß sie sich von
ihm ihre Fächer mit russischen Buchstaben beschrei-
ben ließen. Nun mehrten sich die Forderungen von
allen Seiten, denn jeder, der für sich befriedigt
war, wollte auch für seine Bekannten einen solchen
[Ende Spaltensatz]

Das wohlfeilste
Panorama des Universums

zur
erheiternden Belehrung für Jedermann und alle Länder.


N ro. 22.    Erscheint jeden Sonnabend.1836.


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Bilder aus Japan.
Spiele in Japan.

Das Kartenspiel lieben die Japaner leidenschaft-
lich und verlieren dabei oft große Summen Geld.
Sie haben diesen edlen Zeitvertreib dem Umgange
mit den holländischen Matrosen zu danken, als diese
noch die Schenken und Freudenhäuser zu Nanga-
saki
mit obrigkeitlicher Erlaubniß besuchen durften.

Die Figuren auf den Karten führen dieselben
Namen, wie bei uns in Europa. Das Spiel be-
stand früher aus zwei und fünfzig Blättern, wor-
unter sich vier mit Abbildungen des Todes befan-
den, was gegen die Vorurtheile des Landes verstieß;
man hat daher dieselben herausgeworfen und spielt
gegenwärtig nur mit acht und vierzig Blättern, die
von unsern großen Tarotkarten beinahe nur den
vierten Theil der Größe haben.

Jhr Bretspiel ist ausnehmend verwickelt, und
für die Ungeduld des Europäers beinahe unmöglich
zu erlernen. Das Damenbrett von außerordentli-
licher Größe, wird mit vierhundert Figuren besetzt,
deren Werth und Gang, so wie die Art sie zu
schlagen, äußerst abwechselnd ist. Die gefangenen
Russen zu Matsmai machten sich ihre Damen-
breter aus Bögen Papier und nahmen statt der
Steine kleine Stückchen Holz, womit sie das Spiel
nach europäischer Art spielten. Die Japaner sahen
es ihnen bald ab, und es verbreitete sich mit allen Be-
nennungen, deren sich die Russen dabei bedienten,
durch die ganze Stadt.

Golownin äußert sich in Bezug darauf scher-
zend: „Wie leicht kann es geschehen, daß einmal
dieser oder jener Gelehrte sich durch die Ueberein-
stimmung dieser Benennungen täuschen läßt, und,
unbekannt mit der Veranlassung, daraus eine ge-
nauere Verwandtschaft der russischen und japanischen
Sprache abzuleiten versucht!“

Förmliche Hazardspiele sind nicht nur durch die
Landesgesetze verboten, sondern auch ganz gegen den
Geschmack der Nation.



Sprache und Schrift in Japan

Die erste und nützlichste Wissenschaft ist unstrei-
tig die Kunde der Muttersprache. Bei guter Zeit
[Spaltenumbruch] lehren die Japaner ihre Kinder die Landessprache
correct sprechen und schreiben, und die Japanerin-
nen beschäftigen sich sehr fleißig mit Lectüre.

Jhre Sprache ist eine Ursprache, aber mit vie-
len Wörtern europäischer Sprachen bereichert; Aus-
drücke, die ans Holländische oder Portugiesische
mahnen, sind nicht ganz ungewöhnlich, je nachdem
nämlich der Handelsverkehr mit dieser oder jener
Nation die Gegenstände und ihre Benennungen nach
Japan brachte. Jhre Schriftsprache bedient sich der
chinesischen Schriftzeichen, verbindet dieselben aber
durch eigene Zwischenzeichen, die in China nicht ge-
bräuchlich sind, ohne welche der Japaner diese Schrift
nicht lesen und verstehen könnte. Die japanische
Religion und ältern Gesetze sind in einer heiligen
Sprache abgefaßt, welche dem ungelehrten Volke
ganz unverständlich ist, und wohl selbst von vielen
Priestern nicht verstanden werden mag. Von der
chinesischen Hieroglyphenschrift unterscheidet sich die
gemeine Alphabetschrift, welche acht und vierzig Zei-
chen zählt, und zwar auch zuweilen ganze Sylben
mit Einem Zeichen schreibt, aber doch, bis auf die
äußerst schwierige Aussprache, sehr leicht zu lernen
ist, und von dem gemeinen Manne fast durchaus
gelesen, und selbst so häufig geschrieben wird, daß
man in Japan über die Unwissenheit von Golow-
nins
Matrosen, welche nicht schreiben konnten, er-
staunte.

Der Japaner schreibt bald in verticalen Linien
von oben nach unten, bald in horizontalen, allein
wie alle Morgenländer von der rechten zur linken
Hand.

Golownin gibt uns einen Begriff von dem
Geschmacke der Japaner für schöne Handschriften
und Zeichnungen. Als die Russen in die Gefangen-
schaft nach Matsmai geführt wurden, erfuhr un-
ter Weges einer ihrer Wächter, daß Herr Moor
ein geschickter Zeichner sey. Alsbald wurde er von
den Japanern mit Bitten bestürmt, ihnen ein russi-
sches Schiff zu zeichnen. Herr Moor glaubte mit
diesem einzigen Bilde ihrer los zu werden, und be-
nutzte die Gelegenheit, sich zu seiner Arbeit die
Armsesseln lösen zu lassen. Kaum war die erste
Zeichnung fertig, so verlangte jeder Soldat ein sol-
ches Bild, so daß Herr Chebnikoff seinem Ge-
fährten helfen mußte. Da der Capitain aus Un-
kenntniß keine hülfreiche Hand beim Zeichnen leisten
konnte, beschäftigten sie ihn damit, daß sie sich von
ihm ihre Fächer mit russischen Buchstaben beschrei-
ben ließen. Nun mehrten sich die Forderungen von
allen Seiten, denn jeder, der für sich befriedigt
war, wollte auch für seine Bekannten einen solchen
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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 22. Prag, 1836, S. [169]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama22_1836/2>, abgerufen am 27.11.2024.