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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 9. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] Ernst gegen sich selbst, daß seine Eltern keinen An-
stand nahmen, ihn dem geistlichen Stande zu weihen.
Karl hatte erst das 12te Jahr erreicht, als sein
Oheim, Julius Cesar Graf von Borromäo ihn
zum Vorsteher der Abtei St. Gratian und Felix
ernannte, welche, auf dem Gebiet von Arona gele-
gen, eine der reichsten Jtaliens war, während jener
zu Pavia Theologie und die Rechte studirte. Wenige
Jahre nachher verlor Karl seinen Vater und fast
zu gleicher Zeit wurde sein Oheim, der Kardinal von
Medicis zur päpstlichen Würde erhoben.

[Abbildung] ( Die Bildsäule des Heiligen KarlBorro-mäus. )

Karl zählte erst 21 Jahre, doch hatte er schon
so viele Zeugnisse von Weisheit und hohem Geiste
abgelegt, daß der neue Papst nicht zögerte, ihn an
seine Seite zu berufen, und nacheinander zum Pro-
notar, Referendar, Kardinal und Erzbischof von Mai-
land zu ernennen. So schon beim Eintritt in die
Welt zum geistlichen Fürsten erhoben, sah er in allen
diesen Ehren und Würden nur neue Pflichten, die er
zu erfüllen hatte, und nichts gleicht dem Eifer, den
er in den ihm vertrauten Angelegenheiten des Staates
entfaltete. Mit der Kraft des vollendeten Mannes
beherrschte der Jüngling Karl die christliche Kirche
im Namen Pius des IV., dem er zugleich Minister,
treuergebener Verwandter und die rechte Hand des
Papstes war.

Obschon Karl in Rom leben mußte, verlor er
doch die Sorgfalt nie aus den Augen, die er seinem
Kirchengebiete, Mailand, zuwenden sollte, und die
wichtigen Angelegenheiten, mit denen er belastet war,
hinderten ihn nicht, sich von allen jenen einer Stadt
Bericht erstatten zu lassen, welcher er durch die ganze
Zeit seines Lebens die größten Opfer brachte. Um
einen Begriff von den Arbeiten zu geben, womit dieser
außerordentliche Mann überhäuft war, dürfen wir
nur erinnern, daß in jener Zeit die Wiedereröffnung
der Kirchenversammlung von Trient eintrat, und
keiner der geistlichen Fürsten so viel als er dazu bei-
[Spaltenumbruch] trug, die Schwierigkeiten zu heben, die um so mehr
als unübersteigbar erschienen, als sie von mächtigen
Herrschern ausgesprochen wurden. Als im J. 1562
Karls älterer Bruder starb, wünschten die Angehö-
rigen seinen Rücktritt in den weltlichen Stand, damit
er durch Erben die Größe seines Hauses befestige,
aber Karl ließ sich im Stillen die Priesterwürde
ertheilen, und verdoppelte die Strenge seiner Lebens-
art, indem er sogar dem Vergnügen der Beschäftigung
mit den weltlichen Wissenschaften entsagte.

Von Philipp II. König von Spanien in den
Fürstenstand erhoben, mit Ehren und Würden über-
häuft und Erbe der unermeßlichen Reichthümer seines
Hauses, verwandte der junge Kardinal seinen Ein-
fluß und seine Schätze zur Gründung nützlicher An-
stalten, vorzüglich als nach dem Tode seines Oheims
dessen Nachfolger ihm erlaubte, seine Residenz in
Mailand zu nehmen, wo ihn die öffentliche Dank-
barkeit gleichsam im Triumphe empfing. Hier, wo
seit 80 Jahren kein Erzbischof residirt hatte, fand er
hinlängliche Gelegenheit, als Reformator ( Verbesse-
rer ) aufzutreten, und vollendete dieß Werk durch Lehre
und Beispiel wie durch die zweckmäßigsten Anstalten,
so daß am Ende seiner 18jährigen Amtsführung der
Mailänder Kirchensprengel ein Muster für alle übri-
gen war. Er eröffnete neue Lehrsäle und Pflanz-
schulen der Geistlichkeit, ließ öffentliche Denkmahle
auf seine Kosten errichten, die noch jetzt den Ruhm
seiner Großmuth verkünden. Er baute zu Rom die
Kirche St. Praxedius, und ließ jene von Sta
Maria=Maggiore im Jnnern ausschmücken. Jn
Bologna ließ er Schulen und einen Springbrunnen
errichten. Zu Mailand verdankte ihm die Dom-
kirche einen Theil ihres Ausbaues, er baute Häuser
für die Domherren, erneuerte den erzbischöflichen Pal-
last und eröffnete Krankenhäuser. Er hatte seine un-
geheuern Einkünfte in 3 Theile getheilt, den einen
für seinen Haushalt, den zweiten für die Armen und
Kranken, den dritten für die Erhaltung geistlicher
Gebäude. Eine vorzügliche Aufmerksamkeit schenkte
er der Erziehung der Jugend, und unterstützte deren
Bildung durch Eröffnungen von Schulen auf allen
Punkten seines Sprengels. Aber trotz der Heiligkeit
seines Wandels und der unermüdeten geistlichen Be-
rufstreue wurde der Erzbischof von Mailand von
Haß und Neid verfolgt, fälschlich angeklagt, und ein
Unwürdiger aus dem Orden der Humiliaten, dessen
Reform er betrieb, schoß nach ihm, und verwundete
ihn zwar, doch siegte er über alle seine Feinde, deren
Umtriebe nur dazu dienten, seinen Ruhm zu erhöhen.
Eine Hungersnoth und einige Jahre später die Pest
nahte Mailand mit ihren Verheerungen, und diese
Zeit des Jammers wurde eine neue Epoche des
Glanzes für Karl Borromäus, den man unauf-
hörlich in der Mitte der furchtbaren Ansteckung sah,
um den Kranken Hilfe, den Sterbenden Trost zu
bringen. Der Tod, dessen Macht seine fromme Zu-
versicht nicht zu erschüttern vermochte, verschonte ihn,
doch hatten diese großen Anstrengungen, mit lebhaf-
ten Gemüthsbewegungen vereinigt, seine Gesundheit
uutergraben, und die Kirche verlor diesen großen
Mann 1584 in seinem 46ten Lebensjahre. Die Rein-
heit seines Lebens, die Kraft und Größe seines Cha-
rakters, und die Wohlthaten, die ihm Jtalien ver-
dankte, verschafften ihm den Nachruhm eines wahr-
haft christlichen Wirkens und die im Jahre 1616
erfolgte Heiligsprechung.



[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] Ernst gegen sich selbst, daß seine Eltern keinen An-
stand nahmen, ihn dem geistlichen Stande zu weihen.
Karl hatte erst das 12te Jahr erreicht, als sein
Oheim, Julius Cesar Graf von Borromäo ihn
zum Vorsteher der Abtei St. Gratian und Felix
ernannte, welche, auf dem Gebiet von Arona gele-
gen, eine der reichsten Jtaliens war, während jener
zu Pavia Theologie und die Rechte studirte. Wenige
Jahre nachher verlor Karl seinen Vater und fast
zu gleicher Zeit wurde sein Oheim, der Kardinal von
Medicis zur päpstlichen Würde erhoben.

[Abbildung] ( Die Bildsäule des Heiligen KarlBorro-mäus. )

Karl zählte erst 21 Jahre, doch hatte er schon
so viele Zeugnisse von Weisheit und hohem Geiste
abgelegt, daß der neue Papst nicht zögerte, ihn an
seine Seite zu berufen, und nacheinander zum Pro-
notar, Referendar, Kardinal und Erzbischof von Mai-
land zu ernennen. So schon beim Eintritt in die
Welt zum geistlichen Fürsten erhoben, sah er in allen
diesen Ehren und Würden nur neue Pflichten, die er
zu erfüllen hatte, und nichts gleicht dem Eifer, den
er in den ihm vertrauten Angelegenheiten des Staates
entfaltete. Mit der Kraft des vollendeten Mannes
beherrschte der Jüngling Karl die christliche Kirche
im Namen Pius des IV., dem er zugleich Minister,
treuergebener Verwandter und die rechte Hand des
Papstes war.

Obschon Karl in Rom leben mußte, verlor er
doch die Sorgfalt nie aus den Augen, die er seinem
Kirchengebiete, Mailand, zuwenden sollte, und die
wichtigen Angelegenheiten, mit denen er belastet war,
hinderten ihn nicht, sich von allen jenen einer Stadt
Bericht erstatten zu lassen, welcher er durch die ganze
Zeit seines Lebens die größten Opfer brachte. Um
einen Begriff von den Arbeiten zu geben, womit dieser
außerordentliche Mann überhäuft war, dürfen wir
nur erinnern, daß in jener Zeit die Wiedereröffnung
der Kirchenversammlung von Trient eintrat, und
keiner der geistlichen Fürsten so viel als er dazu bei-
[Spaltenumbruch] trug, die Schwierigkeiten zu heben, die um so mehr
als unübersteigbar erschienen, als sie von mächtigen
Herrschern ausgesprochen wurden. Als im J. 1562
Karls älterer Bruder starb, wünschten die Angehö-
rigen seinen Rücktritt in den weltlichen Stand, damit
er durch Erben die Größe seines Hauses befestige,
aber Karl ließ sich im Stillen die Priesterwürde
ertheilen, und verdoppelte die Strenge seiner Lebens-
art, indem er sogar dem Vergnügen der Beschäftigung
mit den weltlichen Wissenschaften entsagte.

Von Philipp II. König von Spanien in den
Fürstenstand erhoben, mit Ehren und Würden über-
häuft und Erbe der unermeßlichen Reichthümer seines
Hauses, verwandte der junge Kardinal seinen Ein-
fluß und seine Schätze zur Gründung nützlicher An-
stalten, vorzüglich als nach dem Tode seines Oheims
dessen Nachfolger ihm erlaubte, seine Residenz in
Mailand zu nehmen, wo ihn die öffentliche Dank-
barkeit gleichsam im Triumphe empfing. Hier, wo
seit 80 Jahren kein Erzbischof residirt hatte, fand er
hinlängliche Gelegenheit, als Reformator ( Verbesse-
rer ) aufzutreten, und vollendete dieß Werk durch Lehre
und Beispiel wie durch die zweckmäßigsten Anstalten,
so daß am Ende seiner 18jährigen Amtsführung der
Mailänder Kirchensprengel ein Muster für alle übri-
gen war. Er eröffnete neue Lehrsäle und Pflanz-
schulen der Geistlichkeit, ließ öffentliche Denkmahle
auf seine Kosten errichten, die noch jetzt den Ruhm
seiner Großmuth verkünden. Er baute zu Rom die
Kirche St. Praxedius, und ließ jene von Sta
Maria=Maggiore im Jnnern ausschmücken. Jn
Bologna ließ er Schulen und einen Springbrunnen
errichten. Zu Mailand verdankte ihm die Dom-
kirche einen Theil ihres Ausbaues, er baute Häuser
für die Domherren, erneuerte den erzbischöflichen Pal-
last und eröffnete Krankenhäuser. Er hatte seine un-
geheuern Einkünfte in 3 Theile getheilt, den einen
für seinen Haushalt, den zweiten für die Armen und
Kranken, den dritten für die Erhaltung geistlicher
Gebäude. Eine vorzügliche Aufmerksamkeit schenkte
er der Erziehung der Jugend, und unterstützte deren
Bildung durch Eröffnungen von Schulen auf allen
Punkten seines Sprengels. Aber trotz der Heiligkeit
seines Wandels und der unermüdeten geistlichen Be-
rufstreue wurde der Erzbischof von Mailand von
Haß und Neid verfolgt, fälschlich angeklagt, und ein
Unwürdiger aus dem Orden der Humiliaten, dessen
Reform er betrieb, schoß nach ihm, und verwundete
ihn zwar, doch siegte er über alle seine Feinde, deren
Umtriebe nur dazu dienten, seinen Ruhm zu erhöhen.
Eine Hungersnoth und einige Jahre später die Pest
nahte Mailand mit ihren Verheerungen, und diese
Zeit des Jammers wurde eine neue Epoche des
Glanzes für Karl Borromäus, den man unauf-
hörlich in der Mitte der furchtbaren Ansteckung sah,
um den Kranken Hilfe, den Sterbenden Trost zu
bringen. Der Tod, dessen Macht seine fromme Zu-
versicht nicht zu erschüttern vermochte, verschonte ihn,
doch hatten diese großen Anstrengungen, mit lebhaf-
ten Gemüthsbewegungen vereinigt, seine Gesundheit
uutergraben, und die Kirche verlor diesen großen
Mann 1584 in seinem 46ten Lebensjahre. Die Rein-
heit seines Lebens, die Kraft und Größe seines Cha-
rakters, und die Wohlthaten, die ihm Jtalien ver-
dankte, verschafften ihm den Nachruhm eines wahr-
haft christlichen Wirkens und die im Jahre 1616
erfolgte Heiligsprechung.



[Ende Spaltensatz]
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Er baute zu Rom die Kirche St. Praxedius, und ließ jene von Sta Maria=Maggiore im Jnnern ausschmücken. Jn Bologna ließ er Schulen und einen Springbrunnen errichten. Zu Mailand verdankte ihm die Dom- kirche einen Theil ihres Ausbaues, er baute Häuser für die Domherren, erneuerte den erzbischöflichen Pal- last und eröffnete Krankenhäuser. Er hatte seine un- geheuern Einkünfte in 3 Theile getheilt, den einen für seinen Haushalt, den zweiten für die Armen und Kranken, den dritten für die Erhaltung geistlicher Gebäude. Eine vorzügliche Aufmerksamkeit schenkte er der Erziehung der Jugend, und unterstützte deren Bildung durch Eröffnungen von Schulen auf allen Punkten seines Sprengels. Aber trotz der Heiligkeit seines Wandels und der unermüdeten geistlichen Be- rufstreue wurde der Erzbischof von Mailand von Haß und Neid verfolgt, fälschlich angeklagt, und ein Unwürdiger aus dem Orden der Humiliaten, dessen Reform er betrieb, schoß nach ihm, und verwundete ihn zwar, doch siegte er über alle seine Feinde, deren Umtriebe nur dazu dienten, seinen Ruhm zu erhöhen. Eine Hungersnoth und einige Jahre später die Pest nahte Mailand mit ihren Verheerungen, und diese Zeit des Jammers wurde eine neue Epoche des Glanzes für Karl Borromäus, den man unauf- hörlich in der Mitte der furchtbaren Ansteckung sah, um den Kranken Hilfe, den Sterbenden Trost zu bringen. Der Tod, dessen Macht seine fromme Zu- versicht nicht zu erschüttern vermochte, verschonte ihn, doch hatten diese großen Anstrengungen, mit lebhaf- ten Gemüthsbewegungen vereinigt, seine Gesundheit uutergraben, und die Kirche verlor diesen großen Mann 1584 in seinem 46ten Lebensjahre. Die Rein- heit seines Lebens, die Kraft und Größe seines Cha- rakters, und die Wohlthaten, die ihm Jtalien ver- dankte, verschafften ihm den Nachruhm eines wahr- haft christlichen Wirkens und die im Jahre 1616 erfolgte Heiligsprechung.

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 9. Prag, 1834, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama09_1834/4>, abgerufen am 24.11.2024.