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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 8. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] hinter einander, damit die Bewegung gleichförmiger
bleibt. Sie fassen den Palankin vermittelst eines
Bambusrohres an, das in einer besondern Schlinge
an der zeltähnlichen Decke befestigt wird, beobachten
bei dem Tragen einen gewissen Taktschritt, den sie
von Zeit zu Zeit mit der Stimme angeben, und lösen
sich zu den gehörigen Stunden mit solcher Behendig-
keit ab, daß der Palankin keinen Augenblick still zu
stehen braucht. Die Bewegung in einem solchen
[unleserliches Material - 8 Zeichen fehlen]Palankin ist daher äußerst sanft und angenehm. Man
kann dabei lesen, schreiben, schlafen, kurz alles vor-
nehmen, was einem belieben mag. Gleichwohl reist
man im Verhältniß ziemlich schnell, und hat die
Freiheit anzuhalten, wo es einem nur passend scheint.
Jm Allgemeinen brechen die Träger immer des Mor-
gens noch in der Dämmerung auf, und machen un-
gefähr um 9 Uhr auf eine halbe Stunde zum Früh-
stücken Halt. Hierauf traben sie wieder bis 12 oder
1 Uhr fort, je nachdem das Dorf oder die Chauderie
( öffentliche Herberge ) näher oder entfernter ist. Nach
einer zwei = bis dreistündigen Ruhe wird die Reise dann
noch bis Sonnenuntergang fortgesetzt, worauf man nach
Befinden entweder in der Chauderie, oder in dem
Palankin schläft. Diese Träger oder Kulies bilden
eine besondere Klasse unter den Suders, der letzten
indischen Kaste, und werden daher von Jugend an zu
einem Gewerbe aufgezogen, das keineswegs unter die
leichtesten gehört. Sie haben in jeder Stadt und in
jedem Dorfe ihren eigenen Vorsteher, der mit den
Reisenden den Akkord abschließt, und für die Treue seiner
Untergebenen verantwortlich ist. Es sind indessen die
ehrlichsten und gutmüthigsten Menschen von der Welt.
Sie rühren auch von den größten Kostbarkeiten nicht
das mindeste an, leisten den Reisenden tausend kleine
Nebendienste, und lassen immer einen aus ihrer Mitte
als Wächter bei dem Palankin.



Das Tabakrauchen in den vereinigten Staaten
von Nordamerika.

Was dem Fremden in diesem Lande zuerst auf-
fällt, ist die beinahe überall herrschende Sitte des
Tabakrauchens. Ein amerikanischer Stutzer gibt einer
Dame den Arm, ohne seine Pfeife oder Cigarre weg-
zulegen; während er sie begleitet und unterhält, setzt
er sein Rauchen ungestört fort. Der Theaterdirektor
zu New=York sah sich einmal sogar genöthigt, seine
gewöhnlichen Zuschauer im Parterre, in den Logen und
auf der Gallerie zu ersuchen, während des Schau-
spiels sich des Rauchens zu enthalten, indem die dich-
ten Tabakwolken die europäischen Besucher verdräng-
ten. Jeder Raucher führt eine kleine, mit Cigarren
und einigen Stückchen Vanille gefüllte cylindrische
Büchse mit sich. Jn Häusern, die auf einen sehr
guten Ton eingerichtet sind, wird am Schlusse der
Mahlzeit ein Teller mit spanischen Cigarren eben so
regelmäßig aufgetragen, wie die Bordeaux = und Ma-
dera = Weine; die Damen entfernen sich, und die Gäste
trinken und rauchen nach Herzenslust. Man bringt
diese allgemeine Sitte auf Rechnung einer, ich weiß
nicht wodurch, verbreiteten Meinung, als wäre der
Tabakrauch luftreinigend, und ein Vorbauungsmittel
gegen das gelbe Fieber und andere ansteckende Krank-
heiten. Es gehört dieser Glaube unter jene Beschö-
nigungsgründe, die man für angenehme Gewohnheiten
aufzufinden nie verlegen ist. Der Doktor Rush in
Philadelphia hat eine heftige Strafrede gegen
[Spaltenumbruch] die häßliche Sitte geschrieben; er beklagte den ver-
derblichen Einfluß, den jene Pflanze auf die Gesund-
heit und den geselligen Anstand seiner Mitbürger aus-
übt. Allein die Beweise des Arztes haben wenige
Bekehrungen bewirkt.



Das größte Buch der Welt.

Jn Calcutta ist ein ganz außerordentliches
Buch gesehen worden, dessen Größe wohl von keinem
andern erreicht werden dürfte. Es ist eine Abschrift
des Koran, *) von einem sehr frommen Muselmann
Gholam Moghudin, und seinen zwei Söhnen
geschrieben, welche von Peschaur durch Murhe-
dabad
nach Mekka gezogen sind, um ihr Werk in
frommer Ehrfurcht dort niederzulegen. Die Buchsta-
ben dieser Schrift haben eine Höhe von ungefähr
3 Zoll; der Band ist 1 Fuß dick, 4 Fuß 8 Zoll hoch
und 2 Fuß 8 Zoll breit. Der Text des Korans ist
ganz von dem Vater geschrieben, welcher dieser Arbeit
6 Jahre geweiht hat, und die Söhne fügten demsel-
ben eine persische Uebersetzung bei. Aus 2 starken
Bretern besteht der Einband. Dieses Buch wurde
auf dem Rücken eines Kameels getragen, und lag
auf einem Kissen unter einem Baldachin von karma-
sinrother Leinwand, und wenn es abgeladen wird,
legt man es auf ein eigens dazu verfertigtes Gestelle.
Das Vorlegeschloß, welches die hölzernen Deckel
schließt, wird geöffnet, und das Buch an jedem Orte
bis zur Weiterreise der Verehrung der Gläubigen
ausgestellt.



Ungewöhnliche Arten Fische zu fangen.

An Fischen aller Art, sowohl an Seefischen wie
andern hat der Senegal den größten Ueberfluß. Jhre
Anzahl ist so groß, daß bei Tag und Nacht ein un-
aufhörliches Plätschern, welches sie durch Aufspringen
aus dem Wasser verursachen, den Reisenden in seiner
Ruhe stört. Der französische Naturforscher Per-
rottet,
dem wir diese Angabe verdanken, erwähnt
eines merkwürdigen Fisches, den die Neger " "
nennen, und welcher viel Aehnlichkeit mit dem Aal
hat. Wenn derselbe, was häufig geschieht, in den
tief gelegenen Stellen zurück bleibt, wohin er dem
übergetretenen Senegal folgt, und er sieht sich nach
dem Rücktritt des Flusses mit der Gefahr bedroht,
aufs Trockene gelegt zu werden, so windet er sich
tief in den Schlamm hinein, wo er bis zur Rückkehr
der nächsten Ueberschwemmung aushält, und in großen
Quantitäten von den Negern durch Nachgraben ge-
funden wird. Desselben Rettungsmittels, zu welchem
die Noth diesen Fisch zwingt, erwähnt auch Hum-
bold,
der in Amerika in den Ebenen des Orinoko
Gelegenheit hatte, es zu beobachten. Cuvier, der
berühmte Naturforscher, führt von dem Fische Ana-
bas
in Jndien einen noch merkwürdigeren Umstand
an. Dieser Fisch hält sich gewöhnlich in dem Schlamm
der Weiher auf, geht aber mehrere Stunden lang
auf das Trockene, wohin er durch die Biegsamkeit
seines Körpers gelangt; mit Hilfe seiner ausgezähn-
ten Schilde und den Stacheln an seinen Flossen klet-
tert er auf die in der Nähe der Weiher stehenden
Palmen. Die Landleute, welche ihn daselbst antref-
fen, und in Netze fangen, glauben, er sey vom Himmel
[Ende Spaltensatz]

*) Das von Mahommed geschriebene Glaubensbuch der
Mahommedaner.

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] hinter einander, damit die Bewegung gleichförmiger
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Bambusrohres an, das in einer besondern Schlinge
an der zeltähnlichen Decke befestigt wird, beobachten
bei dem Tragen einen gewissen Taktschritt, den sie
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sich zu den gehörigen Stunden mit solcher Behendig-
keit ab, daß der Palankin keinen Augenblick still zu
stehen braucht. Die Bewegung in einem solchen
[unleserliches Material – 8 Zeichen fehlen]Palankin ist daher äußerst sanft und angenehm. Man
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nehmen, was einem belieben mag. Gleichwohl reist
man im Verhältniß ziemlich schnell, und hat die
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Jm Allgemeinen brechen die Träger immer des Mor-
gens noch in der Dämmerung auf, und machen un-
gefähr um 9 Uhr auf eine halbe Stunde zum Früh-
stücken Halt. Hierauf traben sie wieder bis 12 oder
1 Uhr fort, je nachdem das Dorf oder die Chauderie
( öffentliche Herberge ) näher oder entfernter ist. Nach
einer zwei = bis dreistündigen Ruhe wird die Reise dann
noch bis Sonnenuntergang fortgesetzt, worauf man nach
Befinden entweder in der Chauderie, oder in dem
Palankin schläft. Diese Träger oder Kulies bilden
eine besondere Klasse unter den Suders, der letzten
indischen Kaste, und werden daher von Jugend an zu
einem Gewerbe aufgezogen, das keineswegs unter die
leichtesten gehört. Sie haben in jeder Stadt und in
jedem Dorfe ihren eigenen Vorsteher, der mit den
Reisenden den Akkord abschließt, und für die Treue seiner
Untergebenen verantwortlich ist. Es sind indessen die
ehrlichsten und gutmüthigsten Menschen von der Welt.
Sie rühren auch von den größten Kostbarkeiten nicht
das mindeste an, leisten den Reisenden tausend kleine
Nebendienste, und lassen immer einen aus ihrer Mitte
als Wächter bei dem Palankin.



Das Tabakrauchen in den vereinigten Staaten
von Nordamerika.

Was dem Fremden in diesem Lande zuerst auf-
fällt, ist die beinahe überall herrschende Sitte des
Tabakrauchens. Ein amerikanischer Stutzer gibt einer
Dame den Arm, ohne seine Pfeife oder Cigarre weg-
zulegen; während er sie begleitet und unterhält, setzt
er sein Rauchen ungestört fort. Der Theaterdirektor
zu New=York sah sich einmal sogar genöthigt, seine
gewöhnlichen Zuschauer im Parterre, in den Logen und
auf der Gallerie zu ersuchen, während des Schau-
spiels sich des Rauchens zu enthalten, indem die dich-
ten Tabakwolken die europäischen Besucher verdräng-
ten. Jeder Raucher führt eine kleine, mit Cigarren
und einigen Stückchen Vanille gefüllte cylindrische
Büchse mit sich. Jn Häusern, die auf einen sehr
guten Ton eingerichtet sind, wird am Schlusse der
Mahlzeit ein Teller mit spanischen Cigarren eben so
regelmäßig aufgetragen, wie die Bordeaux = und Ma-
dera = Weine; die Damen entfernen sich, und die Gäste
trinken und rauchen nach Herzenslust. Man bringt
diese allgemeine Sitte auf Rechnung einer, ich weiß
nicht wodurch, verbreiteten Meinung, als wäre der
Tabakrauch luftreinigend, und ein Vorbauungsmittel
gegen das gelbe Fieber und andere ansteckende Krank-
heiten. Es gehört dieser Glaube unter jene Beschö-
nigungsgründe, die man für angenehme Gewohnheiten
aufzufinden nie verlegen ist. Der Doktor Rush in
Philadelphia hat eine heftige Strafrede gegen
[Spaltenumbruch] die häßliche Sitte geschrieben; er beklagte den ver-
derblichen Einfluß, den jene Pflanze auf die Gesund-
heit und den geselligen Anstand seiner Mitbürger aus-
übt. Allein die Beweise des Arztes haben wenige
Bekehrungen bewirkt.



Das größte Buch der Welt.

Jn Calcutta ist ein ganz außerordentliches
Buch gesehen worden, dessen Größe wohl von keinem
andern erreicht werden dürfte. Es ist eine Abschrift
des Koran, *) von einem sehr frommen Muselmann
Gholam Moghudin, und seinen zwei Söhnen
geschrieben, welche von Peschaur durch Murhe-
dabad
nach Mekka gezogen sind, um ihr Werk in
frommer Ehrfurcht dort niederzulegen. Die Buchsta-
ben dieser Schrift haben eine Höhe von ungefähr
3 Zoll; der Band ist 1 Fuß dick, 4 Fuß 8 Zoll hoch
und 2 Fuß 8 Zoll breit. Der Text des Korans ist
ganz von dem Vater geschrieben, welcher dieser Arbeit
6 Jahre geweiht hat, und die Söhne fügten demsel-
ben eine persische Uebersetzung bei. Aus 2 starken
Bretern besteht der Einband. Dieses Buch wurde
auf dem Rücken eines Kameels getragen, und lag
auf einem Kissen unter einem Baldachin von karma-
sinrother Leinwand, und wenn es abgeladen wird,
legt man es auf ein eigens dazu verfertigtes Gestelle.
Das Vorlegeschloß, welches die hölzernen Deckel
schließt, wird geöffnet, und das Buch an jedem Orte
bis zur Weiterreise der Verehrung der Gläubigen
ausgestellt.



Ungewöhnliche Arten Fische zu fangen.

An Fischen aller Art, sowohl an Seefischen wie
andern hat der Senegal den größten Ueberfluß. Jhre
Anzahl ist so groß, daß bei Tag und Nacht ein un-
aufhörliches Plätschern, welches sie durch Aufspringen
aus dem Wasser verursachen, den Reisenden in seiner
Ruhe stört. Der französische Naturforscher Per-
rottet,
dem wir diese Angabe verdanken, erwähnt
eines merkwürdigen Fisches, den die Neger „
nennen, und welcher viel Aehnlichkeit mit dem Aal
hat. Wenn derselbe, was häufig geschieht, in den
tief gelegenen Stellen zurück bleibt, wohin er dem
übergetretenen Senegal folgt, und er sieht sich nach
dem Rücktritt des Flusses mit der Gefahr bedroht,
aufs Trockene gelegt zu werden, so windet er sich
tief in den Schlamm hinein, wo er bis zur Rückkehr
der nächsten Ueberschwemmung aushält, und in großen
Quantitäten von den Negern durch Nachgraben ge-
funden wird. Desselben Rettungsmittels, zu welchem
die Noth diesen Fisch zwingt, erwähnt auch Hum-
bold,
der in Amerika in den Ebenen des Orinoko
Gelegenheit hatte, es zu beobachten. Cuvier, der
berühmte Naturforscher, führt von dem Fische Ana-
bas
in Jndien einen noch merkwürdigeren Umstand
an. Dieser Fisch hält sich gewöhnlich in dem Schlamm
der Weiher auf, geht aber mehrere Stunden lang
auf das Trockene, wohin er durch die Biegsamkeit
seines Körpers gelangt; mit Hilfe seiner ausgezähn-
ten Schilde und den Stacheln an seinen Flossen klet-
tert er auf die in der Nähe der Weiher stehenden
Palmen. Die Landleute, welche ihn daselbst antref-
fen, und in Netze fangen, glauben, er sey vom Himmel
[Ende Spaltensatz]

*) Das von Mahommed geschriebene Glaubensbuch der
Mahommedaner.
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Hierauf traben sie wieder bis 12 oder 1 Uhr fort, je nachdem das Dorf oder die Chauderie ( öffentliche Herberge ) näher oder entfernter ist. Nach einer zwei = bis dreistündigen Ruhe wird die Reise dann noch bis Sonnenuntergang fortgesetzt, worauf man nach Befinden entweder in der Chauderie, oder in dem Palankin schläft. Diese Träger oder Kulies bilden eine besondere Klasse unter den Suders, der letzten indischen Kaste, und werden daher von Jugend an zu einem Gewerbe aufgezogen, das keineswegs unter die leichtesten gehört. Sie haben in jeder Stadt und in jedem Dorfe ihren eigenen Vorsteher, der mit den Reisenden den Akkord abschließt, und für die Treue seiner Untergebenen verantwortlich ist. Es sind indessen die ehrlichsten und gutmüthigsten Menschen von der Welt. Sie rühren auch von den größten Kostbarkeiten nicht das mindeste an, leisten den Reisenden tausend kleine Nebendienste, und lassen immer einen aus ihrer Mitte als Wächter bei dem Palankin. Das Tabakrauchen in den vereinigten Staaten von Nordamerika. Was dem Fremden in diesem Lande zuerst auf- fällt, ist die beinahe überall herrschende Sitte des Tabakrauchens. Ein amerikanischer Stutzer gibt einer Dame den Arm, ohne seine Pfeife oder Cigarre weg- zulegen; während er sie begleitet und unterhält, setzt er sein Rauchen ungestört fort. Der Theaterdirektor zu New=York sah sich einmal sogar genöthigt, seine gewöhnlichen Zuschauer im Parterre, in den Logen und auf der Gallerie zu ersuchen, während des Schau- spiels sich des Rauchens zu enthalten, indem die dich- ten Tabakwolken die europäischen Besucher verdräng- ten. Jeder Raucher führt eine kleine, mit Cigarren und einigen Stückchen Vanille gefüllte cylindrische Büchse mit sich. Jn Häusern, die auf einen sehr guten Ton eingerichtet sind, wird am Schlusse der Mahlzeit ein Teller mit spanischen Cigarren eben so regelmäßig aufgetragen, wie die Bordeaux = und Ma- dera = Weine; die Damen entfernen sich, und die Gäste trinken und rauchen nach Herzenslust. Man bringt diese allgemeine Sitte auf Rechnung einer, ich weiß nicht wodurch, verbreiteten Meinung, als wäre der Tabakrauch luftreinigend, und ein Vorbauungsmittel gegen das gelbe Fieber und andere ansteckende Krank- heiten. Es gehört dieser Glaube unter jene Beschö- nigungsgründe, die man für angenehme Gewohnheiten aufzufinden nie verlegen ist. Der Doktor Rush in Philadelphia hat eine heftige Strafrede gegen die häßliche Sitte geschrieben; er beklagte den ver- derblichen Einfluß, den jene Pflanze auf die Gesund- heit und den geselligen Anstand seiner Mitbürger aus- übt. Allein die Beweise des Arztes haben wenige Bekehrungen bewirkt. Das größte Buch der Welt. Jn Calcutta ist ein ganz außerordentliches Buch gesehen worden, dessen Größe wohl von keinem andern erreicht werden dürfte. Es ist eine Abschrift des Koran, *) von einem sehr frommen Muselmann Gholam Moghudin, und seinen zwei Söhnen geschrieben, welche von Peschaur durch Murhe- dabad nach Mekka gezogen sind, um ihr Werk in frommer Ehrfurcht dort niederzulegen. Die Buchsta- ben dieser Schrift haben eine Höhe von ungefähr 3 Zoll; der Band ist 1 Fuß dick, 4 Fuß 8 Zoll hoch und 2 Fuß 8 Zoll breit. Der Text des Korans ist ganz von dem Vater geschrieben, welcher dieser Arbeit 6 Jahre geweiht hat, und die Söhne fügten demsel- ben eine persische Uebersetzung bei. Aus 2 starken Bretern besteht der Einband. Dieses Buch wurde auf dem Rücken eines Kameels getragen, und lag auf einem Kissen unter einem Baldachin von karma- sinrother Leinwand, und wenn es abgeladen wird, legt man es auf ein eigens dazu verfertigtes Gestelle. 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Dieser Fisch hält sich gewöhnlich in dem Schlamm der Weiher auf, geht aber mehrere Stunden lang auf das Trockene, wohin er durch die Biegsamkeit seines Körpers gelangt; mit Hilfe seiner ausgezähn- ten Schilde und den Stacheln an seinen Flossen klet- tert er auf die in der Nähe der Weiher stehenden Palmen. Die Landleute, welche ihn daselbst antref- fen, und in Netze fangen, glauben, er sey vom Himmel *) Das von Mahommed geschriebene Glaubensbuch der Mahommedaner.

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 8. Prag, 1834, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama08_1834/7>, abgerufen am 21.11.2024.