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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 8. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]
Das Grab des Feldmarschall Grafen
von Schwerin.

Ungefähr1 1 / 2 Stunde von Prag entfernt er-
hebt sich nächst dem Dorfe Sterbohol auf dem
Schlachtfelde des 6. Mai 1757 zwischen weiten Saat-
feldern und von wenigen jungen Bäumen umgeben,
in einer ziemlich reizlosen Gegend, das einfache Grab-
denkmahl, welches dem preußischen Feldmarschall,
Grafen Kurt Christoph von Schwerin errichtet
wurde. Dieser ausgezeichnete Mann verband mit
unerschütterlichem Muth des Kriegshelden, dem schar-
fen richtigen Blick des Heerführers eine Milde und
Freundlichkeit, die ihm nebst der Verehrung und dem
unverbrüchlichsten Gehorsam seiner Untergebenen zu-
gleich ihre Liebe erwarb. Mit einem echt religiösen
Sinn, der ihn zum Vorbild und Vater seiner Solda-
ten machte, besaß er umfassende und gründliche Kennt-
nisse, hat selbst eine Abhandlung über die Kriegskunst
geschrieben, und mehrere religiöse Lieder gedichtet.
Seine Talente als Staatsmann bezeugen die öfteren
Gesandtschaften, zu denen er verwendet wurde, seinen
Beruf zum Feldherrn, seine ganze kriegerische Laufbahn.

Jn Schwedisch = Pommern im Jahre 1684 gebo-
ren, erhielt Kurt Christoph von Schwerin eine
sorgfältige wissenschaftliche Erziehung, studirte zu
Leyden, Greifswalde und Rostok, und trat
schon im 16ten Jahre in holländische Kriegsdienste,
gegen den Willen seines ältern Bruders, der als sein
Obristlieutenant Alles anwendete, ihn zu einer andern
Standeswahl zu bewegen; aber jeder Widerstand
diente, statt seinen Entschluß wankend zu machen,
noch mehr, seine Kräfte tüchtiger und vollkommener zu
entfalten. Er zeichnete sich in mehreren Schlachten
aus, wurde Hauptmann und trat 1706 in meklenbur-
gische Dienste, von wo er in geheimer Sendung zu
Karl XII. nach Bender ging, und ein Jahr da-
selbst blieb. Er war bereits Generalmajor, als der
Herzog sein Heer bedeutend vermindern mußte, und
da zu derselben Zeit Vorpommern, in welchem seine
Güter lagen, an Preußen fiel, trat er in die Dienste
des Königs von Preußen, Friedrich Wilhelm I.,
der ihn zuerst zum Gesandten in Warschau, dann
zum Gouverneur von Peiz ernannte, ihm den schwar-
zen Adlerorden ertheilte, und zum Generallieutenant
erhob. Der König schenkte ihm sein ganzes Vertrauen,
zog ihn nicht nur in den geheimen Kriegsrath, son-
dern machte ihn oft zum Theilnehmer seiner Vergnü-
gungsreisen. Die letzte Gunst, welche ihm Fried-
rich Wilhelm
erzeigte, war die Ernennung zum
General en Chef der preußischen Jnfanterie; aber
als Friedrich der Große zur Regierung kam, gönnte
ihm dieser ein noch erhöhtes königliches Vertrauen,
und schätzte ihn vor allen als einen Feldherrn voll
Erfahrung, die ihm selbst noch mangelte. Er ertheilte
Schwerin und seinem Bruder die Grafenwürde,
ernannte jenen zum Feldmarschall, und bediente sich
insbesondere seines Rathes vor Eröffnung des ersten
schlesischen Krieges, der 1741 ausbrach. Schwerin
erhöhte in diesem und den beiden darauf folgenden
Kriegen seinen Ruhm immer mehr, bis er im Früh-
ling 1757 ein zahlreiches preußisches Heer nach Böh-
men führte, welches der feurige Geist des ungeschwäch-
ten Greises mit erhöhtem Muth belebte; er über-
schritt die Elbe bei Brandeis, und vereinigte sich
unweit Prag mit zwei preußischen Korps unter den
Befehlen des Königs und des Fürsten Moritz von
[Spaltenumbruch] Anhalt. Nun beschloß Friedrich den Angriff der
Hauptstadt; aber obschon das preußische Heer dem
österreichischen an Zahl weit überlegen, so war doch
seine Lage sehr ungünstig, da die österreichische Armee
eine feste Stellung auf den Bergen inne hatte. Schwe-
rin
erkannte alle Schwierigkeiten, und stellte dem
König dieselben vor, besonders that er die Frage,
wohin er sich zurückziehen sollte, wenn der Schlag
mißlänge? "Nach Spandau! " war die lakonische
Antwort Friedrichs, und Schwerin ordnete den
Angriff, der nur auf dem linken Flügel möglich, doch
auch hier mit der größten Gefahr verbunden war.
General Brown hatte seine Reiterei so sehr ver-
stärkt, daß sie die preußische zu überflügeln drohte;
das Fußvolk mußte aber auf schmalen Fußpfaden,
fast Mann für Mann die Berge erklimmen, und wur-
de, wenn es die Anhöhe erreicht, und aufmarschiren
wollte, von einem mörderischen Kartätschenfeuer em-
pfangen. Schwerin hielt vor dem engen Wege,
die Gefahr verachtend, ordnete und befeuerte die
Truppen, und als die Unordnung um sich zu greifen
drohte, ergriff er selbst die Fahne, und stürzte mit
dem Ausruf: "Folgt mir Kameraden!" vorwärts in
das Gewühl der Schlacht. Die Krieger drangen
vor, aber kaum zwölf Schritte war der Heldengreis
vorgerückt, als er, von 4 Kartätschenkugeln zugleich
getroffen, entseelt zu Boden sank. Mit seinem Blute
hatte er den Sieg erkauft, eine Thräne Friedrichs
ehrte den gefallenen Helden, und später ließ der Mo-
narch sein Marmorbild auf dem Wilhelmsplatze zu
Berlin aufrichten. Volkslieder trugen seinen Namen
in das folgende Jahrhundert, und gewiß ist kein Held
des 7jährigen Krieges so allgemein, wahr und herz-
lich bedauert worden, wie der gleich tapfere und
menschenfreundliche Schwerin.



Der Palankin.

Die gewohnliche Reiseart in Ostindien ist in
einem Palankin, und in der That, man reist durch-
aus nicht sicherer, nicht bequemer, nicht angenehmer,
als in einem Palankin. Ein Palankin ist nämlich
eine Art von Sopha = Gestell, das ungefähr sieben
Fuß lang und drei Fuß breit seyn mag. Er ist
ringsherum mit einem mäßig hohen Rande umgeben,
unten mit vier kleinen Füßen, oben mit einer gewölb-
ten Decke von Bambusstäben versehen. Der innere
Raum wird mit einer weichen Matratze und einigen
Kissen belegt, während die Decke, je nachdem es ein
Sommer= oder ein Winter = Palankin ist, entweder
mit Tuch oder mit Wachsleinwand überzogen zu
seyn pflegt. Jn der Mitte dieses zeltartigen Daches
ist außerdem noch ein großes Stück, meistens grüner
Kattun befestigt, das auf beiden Seiten nach der
Länge des ganzen Palankins, bis auf den Boden
hinunter reichen muß. Es wird bei Tage in eine
Wulst aufgerollt, und so an der Decke festgebunden,
bei Nacht hingegen heruntergelassen, vorausgesetzt,
daß man in dem Palankin schlafen will. Man pflegt
dieß nämlich dann und wann, theils aus Mangel an
Platz in den gewöhnlichen Herbergen, theils aus
andern beliebigen Gründen zu thun. Ueberhaupt
ergibt sich aus dem Gesagten, daß sich ein Palankin
wie der bequemste Sopha brauchen läßt. Ein solcher
Palankin wird von vier Männern getragen, denen
noch vier andere zum gegenseitigen Ablösen beigesellt
sind. Zwei dieser Träger tragen vorn, die beiden
andern hinten, doch überall nicht neben, sondern
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
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Das Grab des Feldmarschall Grafen
von Schwerin.

Ungefähr1 1 / 2 Stunde von Prag entfernt er-
hebt sich nächst dem Dorfe Sterbohol auf dem
Schlachtfelde des 6. Mai 1757 zwischen weiten Saat-
feldern und von wenigen jungen Bäumen umgeben,
in einer ziemlich reizlosen Gegend, das einfache Grab-
denkmahl, welches dem preußischen Feldmarschall,
Grafen Kurt Christoph von Schwerin errichtet
wurde. Dieser ausgezeichnete Mann verband mit
unerschütterlichem Muth des Kriegshelden, dem schar-
fen richtigen Blick des Heerführers eine Milde und
Freundlichkeit, die ihm nebst der Verehrung und dem
unverbrüchlichsten Gehorsam seiner Untergebenen zu-
gleich ihre Liebe erwarb. Mit einem echt religiösen
Sinn, der ihn zum Vorbild und Vater seiner Solda-
ten machte, besaß er umfassende und gründliche Kennt-
nisse, hat selbst eine Abhandlung über die Kriegskunst
geschrieben, und mehrere religiöse Lieder gedichtet.
Seine Talente als Staatsmann bezeugen die öfteren
Gesandtschaften, zu denen er verwendet wurde, seinen
Beruf zum Feldherrn, seine ganze kriegerische Laufbahn.

Jn Schwedisch = Pommern im Jahre 1684 gebo-
ren, erhielt Kurt Christoph von Schwerin eine
sorgfältige wissenschaftliche Erziehung, studirte zu
Leyden, Greifswalde und Rostok, und trat
schon im 16ten Jahre in holländische Kriegsdienste,
gegen den Willen seines ältern Bruders, der als sein
Obristlieutenant Alles anwendete, ihn zu einer andern
Standeswahl zu bewegen; aber jeder Widerstand
diente, statt seinen Entschluß wankend zu machen,
noch mehr, seine Kräfte tüchtiger und vollkommener zu
entfalten. Er zeichnete sich in mehreren Schlachten
aus, wurde Hauptmann und trat 1706 in meklenbur-
gische Dienste, von wo er in geheimer Sendung zu
Karl XII. nach Bender ging, und ein Jahr da-
selbst blieb. Er war bereits Generalmajor, als der
Herzog sein Heer bedeutend vermindern mußte, und
da zu derselben Zeit Vorpommern, in welchem seine
Güter lagen, an Preußen fiel, trat er in die Dienste
des Königs von Preußen, Friedrich Wilhelm I.,
der ihn zuerst zum Gesandten in Warschau, dann
zum Gouverneur von Peiz ernannte, ihm den schwar-
zen Adlerorden ertheilte, und zum Generallieutenant
erhob. Der König schenkte ihm sein ganzes Vertrauen,
zog ihn nicht nur in den geheimen Kriegsrath, son-
dern machte ihn oft zum Theilnehmer seiner Vergnü-
gungsreisen. Die letzte Gunst, welche ihm Fried-
rich Wilhelm
erzeigte, war die Ernennung zum
General en Chef der preußischen Jnfanterie; aber
als Friedrich der Große zur Regierung kam, gönnte
ihm dieser ein noch erhöhtes königliches Vertrauen,
und schätzte ihn vor allen als einen Feldherrn voll
Erfahrung, die ihm selbst noch mangelte. Er ertheilte
Schwerin und seinem Bruder die Grafenwürde,
ernannte jenen zum Feldmarschall, und bediente sich
insbesondere seines Rathes vor Eröffnung des ersten
schlesischen Krieges, der 1741 ausbrach. Schwerin
erhöhte in diesem und den beiden darauf folgenden
Kriegen seinen Ruhm immer mehr, bis er im Früh-
ling 1757 ein zahlreiches preußisches Heer nach Böh-
men führte, welches der feurige Geist des ungeschwäch-
ten Greises mit erhöhtem Muth belebte; er über-
schritt die Elbe bei Brandeis, und vereinigte sich
unweit Prag mit zwei preußischen Korps unter den
Befehlen des Königs und des Fürsten Moritz von
[Spaltenumbruch] Anhalt. Nun beschloß Friedrich den Angriff der
Hauptstadt; aber obschon das preußische Heer dem
österreichischen an Zahl weit überlegen, so war doch
seine Lage sehr ungünstig, da die österreichische Armee
eine feste Stellung auf den Bergen inne hatte. Schwe-
rin
erkannte alle Schwierigkeiten, und stellte dem
König dieselben vor, besonders that er die Frage,
wohin er sich zurückziehen sollte, wenn der Schlag
mißlänge? „Nach Spandau! “ war die lakonische
Antwort Friedrichs, und Schwerin ordnete den
Angriff, der nur auf dem linken Flügel möglich, doch
auch hier mit der größten Gefahr verbunden war.
General Brown hatte seine Reiterei so sehr ver-
stärkt, daß sie die preußische zu überflügeln drohte;
das Fußvolk mußte aber auf schmalen Fußpfaden,
fast Mann für Mann die Berge erklimmen, und wur-
de, wenn es die Anhöhe erreicht, und aufmarschiren
wollte, von einem mörderischen Kartätschenfeuer em-
pfangen. Schwerin hielt vor dem engen Wege,
die Gefahr verachtend, ordnete und befeuerte die
Truppen, und als die Unordnung um sich zu greifen
drohte, ergriff er selbst die Fahne, und stürzte mit
dem Ausruf: „Folgt mir Kameraden!“ vorwärts in
das Gewühl der Schlacht. Die Krieger drangen
vor, aber kaum zwölf Schritte war der Heldengreis
vorgerückt, als er, von 4 Kartätschenkugeln zugleich
getroffen, entseelt zu Boden sank. Mit seinem Blute
hatte er den Sieg erkauft, eine Thräne Friedrichs
ehrte den gefallenen Helden, und später ließ der Mo-
narch sein Marmorbild auf dem Wilhelmsplatze zu
Berlin aufrichten. Volkslieder trugen seinen Namen
in das folgende Jahrhundert, und gewiß ist kein Held
des 7jährigen Krieges so allgemein, wahr und herz-
lich bedauert worden, wie der gleich tapfere und
menschenfreundliche Schwerin.



Der Palankin.

Die gewohnliche Reiseart in Ostindien ist in
einem Palankin, und in der That, man reist durch-
aus nicht sicherer, nicht bequemer, nicht angenehmer,
als in einem Palankin. Ein Palankin ist nämlich
eine Art von Sopha = Gestell, das ungefähr sieben
Fuß lang und drei Fuß breit seyn mag. Er ist
ringsherum mit einem mäßig hohen Rande umgeben,
unten mit vier kleinen Füßen, oben mit einer gewölb-
ten Decke von Bambusstäben versehen. Der innere
Raum wird mit einer weichen Matratze und einigen
Kissen belegt, während die Decke, je nachdem es ein
Sommer= oder ein Winter = Palankin ist, entweder
mit Tuch oder mit Wachsleinwand überzogen zu
seyn pflegt. Jn der Mitte dieses zeltartigen Daches
ist außerdem noch ein großes Stück, meistens grüner
Kattun befestigt, das auf beiden Seiten nach der
Länge des ganzen Palankins, bis auf den Boden
hinunter reichen muß. Es wird bei Tage in eine
Wulst aufgerollt, und so an der Decke festgebunden,
bei Nacht hingegen heruntergelassen, vorausgesetzt,
daß man in dem Palankin schlafen will. Man pflegt
dieß nämlich dann und wann, theils aus Mangel an
Platz in den gewöhnlichen Herbergen, theils aus
andern beliebigen Gründen zu thun. Ueberhaupt
ergibt sich aus dem Gesagten, daß sich ein Palankin
wie der bequemste Sopha brauchen läßt. Ein solcher
Palankin wird von vier Männern getragen, denen
noch vier andere zum gegenseitigen Ablösen beigesellt
sind. Zwei dieser Träger tragen vorn, die beiden
andern hinten, doch überall nicht neben, sondern
[Ende Spaltensatz]

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Er ist ringsherum mit einem mäßig hohen Rande umgeben, unten mit vier kleinen Füßen, oben mit einer gewölb- ten Decke von Bambusstäben versehen. Der innere Raum wird mit einer weichen Matratze und einigen Kissen belegt, während die Decke, je nachdem es ein Sommer= oder ein Winter = Palankin ist, entweder mit Tuch oder mit Wachsleinwand überzogen zu seyn pflegt. Jn der Mitte dieses zeltartigen Daches ist außerdem noch ein großes Stück, meistens grüner Kattun befestigt, das auf beiden Seiten nach der Länge des ganzen Palankins, bis auf den Boden hinunter reichen muß. Es wird bei Tage in eine Wulst aufgerollt, und so an der Decke festgebunden, bei Nacht hingegen heruntergelassen, vorausgesetzt, daß man in dem Palankin schlafen will. Man pflegt dieß nämlich dann und wann, theils aus Mangel an Platz in den gewöhnlichen Herbergen, theils aus andern beliebigen Gründen zu thun. Ueberhaupt ergibt sich aus dem Gesagten, daß sich ein Palankin wie der bequemste Sopha brauchen läßt. Ein solcher Palankin wird von vier Männern getragen, denen noch vier andere zum gegenseitigen Ablösen beigesellt sind. Zwei dieser Träger tragen vorn, die beiden andern hinten, doch überall nicht neben, sondern

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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 8. Prag, 1834, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama08_1834/6>, abgerufen am 15.08.2024.