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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 8. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] lichen Angriffen glaubten die Janitscharen, daß sie
gegen die Vorsehung kämpften, und das Gesetz erlaubte
nicht, sie zu einem vierten Angriffe zu zwingen.



Die Brieftaubenpost im Morgenlande.

Aus einer Abhandlung eines gelehrten Morgen-
länders " Sabbay " ersieht man, daß Sultan Mu-
reddin Mahmud
die erste Post dieser Art anlegte,
deren er sich bis zu seinem Tode bediente ( 1174 ) .
Der Chalife Ahmed Alnaserlidin=Allah ( 1179 )
hielt viele Tauben dieser Art, und legte jeder einen
Vor = und Zunamen bei. -- Ein abgerichtetes Paar
kostete damals 1000 Dinare ( arabische Dukaten ) .

Diese Post erhielt sich bis zum Absterben des
letzten abbasidischen Chalifen. Als dessen Hauptstadt
Bagdad von den Mongolen erobert und zerstört,
er selbst aber hingerichtet worden, nahm sie ihr Ende.
-- Heutzutage gibt es aber im Oriente noch Leute,
welche sich der Tauben zu Briefbothen bedienen. --
Sie werden sehr jung abgerichtet. -- Sobald sie Fe-
dern bekommen, werden sie gewöhnt, aus der Hand
zu fressen, und aus dem Munde zu trinken. Man
zieht gewöhnlich Weibchen und Männchen zusammen
auf. Können sie fliegen, so gibt man sie in einen
unbedeckten Käfig, und trägt sie an den Ort hin, an
welchen sie dereinst hin zu fliegen haben.

Dort sperrt man sie nach öfter wiederholter
Reise 1 bis 2 Monate ein, dann trennt man sie, und
nimmt eine an den Ort, von welchem aus man sie
hingetragen hat, und läßt sie mit einem angehefteten
Brieflein, auf feinstem Seidenpapier, abfliegen; sie
sucht gewiß immer sobald als möglich zu der andern
zu gelangen.

Dieser Brief wird unter einem Flügel mittelst
einer mit den Spitzen auswärts gekehrten Doppel-
nadel an eine Feder angeheftet.

Die Nadeln werden mit Zwirn öfter umwunden,
um fest zu bleiben. -- Jm Freien wird sie erst los-
gelassen, und es wird anfangs genau Acht gegeben,
daß sie sich nicht niederlasse. Jn Arabien wurden
solche Tauben in Thürmen verwahrt, und die dem
Sultan zugesandten waren so abgerichtet, daß sie auf
die Wachen zuflogen, welche sie ins Gemach des
Sultans trugen, der ihnen eigenhändig das Briefchen
ablöste.



Der Reise = Elephant in Ostindien.

Das größte der Landthiere, mit kurzem Hals,
kleinen Augen, lang herabhängenden Ohren und un-
förmlichen Beinen, welches eine Höhe von 12 bis 16
Fuß erreicht, und bei einer so ungeheuren Masse doch
eine große Schnelligkeit besitzt, zeichnet sich vor allen
andern vierfüßigen Thieren durch ein Organ *) aus,
dessen Bau und Verwendbarkeit an das Wunderbare
grenzt. Dieses ist sein beweglicher Rüssel, der ganz
aus Häuten, Nerven und Muskeln besteht. Er ist
dem Elephanten das Werkzeug des feinsten Gefühls,
und zugleich ein Glied seines schwerfälligen Körpers,
mit dem er alle Bewegungen machen kann, zu wel-
chen der Mensch Arme und Hände erhalten hat.
Er ist so stark, daß er das kräftigste Thier der
Wüste damit niederschlägt, und doch kann er mit
demselben die kleinsten Geldstücke von der Erde auf-
[Spaltenumbruch] heben, Thüren durch Umdrehen des Schlüssels öffnen,
Korkpfropfe aus verstopften Flaschen ziehen, Blu-
men pflücken u. s. w. Zugleich kann er diesen Rüssel,
von 3 Ellen Länge ( der an der Wurzel einen Durch-
schnitt von 3 bis 4 Fuß, an der Spitze nur 1 / 2 F.
hat ) bis auf 2 Fuß einziehen. Seine beiden langen,
dicken und gebogenen Zähne liefern dem Drechsler
das Elfenbein, als Stoff zu vielen zierlichen Arbei-
ten, und aus dem Abfall wird durch starkes Glühen
das sogenannte Köllner Schwarz, eine vortreffliche
Malerfarbe bereitet, dagegen liefert das in offenen
Gefäßen verkalkte Elfenbein die schönste weiße Farbe.
Die Zähne der Weibchen sind sehr kurz und klein.
Seine Nahrung besteht nur aus Pflanzenstoffen, deren
er aber des Tages bis 150 Pfund zu sich nimmt.
Die Farbe des Elephanten ist gewöhnlich grau oder
bräunlich, doch gibt es auch gefleckte Thiere dieser
Gattung. Der ganz weiße Elephant ( eine Spielart
des gewöhnlichen ) wird in Siam und andern Ländern
vorzüglich verehrt. Man glaubt, daß er ein Alter
von 200 Jahren erreicht.

Der Elephant schwimmt trotz seines plumpen
Körpers sehr gut, und streckt beim Schwimmen seinen
Rüssel in die Höhe, um Luft zu schöpfen. Man
kann ihm schwere Lasten auflegen, und er bringt sie
glücklich über einen Strom; doch geht er schwer über
eine Brücke, und man muß die Geländer mit Zwei-
gen bedecken, um ihn zu täuschen. Aus diesem Grunde
ist er auch schwer zu Schiffe zu transportiren.

Nach den beiden Erdtheilen, in welchen der Ele-
phant heimisch ist, wird er in die asiatische und
afrikanische Gattung eingetheilt, und nachdem alle
früheren Naturforscher einverstanden waren, der asia-
tische erreiche eine größere Höhe und Stärke, be-
haupten in der neuesten Zeit die Engländer das Ge-
gentheil. Auf jeden Fall sind diese beiden Gattungen
vorzüglich im Bau des Schädels verschieden.

Die große Gelehrigkeit, welche der Elephant
besitzt, wird von den Bewohnern der Länder, in wel-
chen er lebt, vielseitig benutzt. Schon bei den Per-
sern kommt er als Kriegs = Elephant vor. Heutzutage
werden die Elephanten, besonders in Ostindien, gro-
ßentheils als Packthiere oder als Reit=Elephanten zu
Reisen gebraucht. Sonderbar genug herrscht unter
diesen beiden Klassen eine große Abneigung. Es
scheint, als ob der zum Reiten benutzte Elephant sich
gleichsam seines Vorrangs über den Lasttragenden be-
wußt wäre, und wenn er in seine Nähe kommt, so
blickt er mit unverkennbarer Verachtung auf ihn, als
auf ein tief unter ihm stehendes Geschöpf. Er läßt
sich nie in Vertraulichkeiten mit ihm ein, es entsteht
vielmehr gewöhnlich Uneinigkeit zwischen ihnen, wenn
sie zufällig zusammen kommen.

Das Bild, welches wir unsern Lesern heute nach
einem englischen Original vorlegen, ist die Abbildung
eines der schönsten Thiere, welches je in Jndien ge-
sehen wurde. Es war im Besitze eines englischen
Offiziers und hatte 4000 Rupien ( ungefähr 4800 fl. )
gekostet.

Der Reit = Elephant bietet einen wahrhaft impo-
santen Anblick dar, wenn er mit den oft sehr pracht-
vollen Satteldecken behangen ist, und auf seinem brei-
ten Rücken der äußerst glänzend geschmückte Sitz an-
gebracht worden, in welchem der Reiter mit gemäch-
licher Ruhe unter einem Traghimmel sitzt, den ein
Diener über ihn hält, welcher einen Sitz hinter ihm
hat; der Mahut oder Führer reitet auf dem Nacken
des Thieres, und ist mit einem Jnstrumente versehen,
[Ende Spaltensatz]

*) Werkzeug, vorzüglich bei den Verrichtungen der thierischen
und Pflanzen = Körper.

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] lichen Angriffen glaubten die Janitscharen, daß sie
gegen die Vorsehung kämpften, und das Gesetz erlaubte
nicht, sie zu einem vierten Angriffe zu zwingen.



Die Brieftaubenpost im Morgenlande.

Aus einer Abhandlung eines gelehrten Morgen-
länders „ Sabbay “ ersieht man, daß Sultan Mu-
reddin Mahmud
die erste Post dieser Art anlegte,
deren er sich bis zu seinem Tode bediente ( 1174 ) .
Der Chalife Ahmed Alnaserlidin=Allah ( 1179 )
hielt viele Tauben dieser Art, und legte jeder einen
Vor = und Zunamen bei. — Ein abgerichtetes Paar
kostete damals 1000 Dinare ( arabische Dukaten ) .

Diese Post erhielt sich bis zum Absterben des
letzten abbasidischen Chalifen. Als dessen Hauptstadt
Bagdad von den Mongolen erobert und zerstört,
er selbst aber hingerichtet worden, nahm sie ihr Ende.
— Heutzutage gibt es aber im Oriente noch Leute,
welche sich der Tauben zu Briefbothen bedienen. —
Sie werden sehr jung abgerichtet. — Sobald sie Fe-
dern bekommen, werden sie gewöhnt, aus der Hand
zu fressen, und aus dem Munde zu trinken. Man
zieht gewöhnlich Weibchen und Männchen zusammen
auf. Können sie fliegen, so gibt man sie in einen
unbedeckten Käfig, und trägt sie an den Ort hin, an
welchen sie dereinst hin zu fliegen haben.

Dort sperrt man sie nach öfter wiederholter
Reise 1 bis 2 Monate ein, dann trennt man sie, und
nimmt eine an den Ort, von welchem aus man sie
hingetragen hat, und läßt sie mit einem angehefteten
Brieflein, auf feinstem Seidenpapier, abfliegen; sie
sucht gewiß immer sobald als möglich zu der andern
zu gelangen.

Dieser Brief wird unter einem Flügel mittelst
einer mit den Spitzen auswärts gekehrten Doppel-
nadel an eine Feder angeheftet.

Die Nadeln werden mit Zwirn öfter umwunden,
um fest zu bleiben. — Jm Freien wird sie erst los-
gelassen, und es wird anfangs genau Acht gegeben,
daß sie sich nicht niederlasse. Jn Arabien wurden
solche Tauben in Thürmen verwahrt, und die dem
Sultan zugesandten waren so abgerichtet, daß sie auf
die Wachen zuflogen, welche sie ins Gemach des
Sultans trugen, der ihnen eigenhändig das Briefchen
ablöste.



Der Reise = Elephant in Ostindien.

Das größte der Landthiere, mit kurzem Hals,
kleinen Augen, lang herabhängenden Ohren und un-
förmlichen Beinen, welches eine Höhe von 12 bis 16
Fuß erreicht, und bei einer so ungeheuren Masse doch
eine große Schnelligkeit besitzt, zeichnet sich vor allen
andern vierfüßigen Thieren durch ein Organ *) aus,
dessen Bau und Verwendbarkeit an das Wunderbare
grenzt. Dieses ist sein beweglicher Rüssel, der ganz
aus Häuten, Nerven und Muskeln besteht. Er ist
dem Elephanten das Werkzeug des feinsten Gefühls,
und zugleich ein Glied seines schwerfälligen Körpers,
mit dem er alle Bewegungen machen kann, zu wel-
chen der Mensch Arme und Hände erhalten hat.
Er ist so stark, daß er das kräftigste Thier der
Wüste damit niederschlägt, und doch kann er mit
demselben die kleinsten Geldstücke von der Erde auf-
[Spaltenumbruch] heben, Thüren durch Umdrehen des Schlüssels öffnen,
Korkpfropfe aus verstopften Flaschen ziehen, Blu-
men pflücken u. s. w. Zugleich kann er diesen Rüssel,
von 3 Ellen Länge ( der an der Wurzel einen Durch-
schnitt von 3 bis 4 Fuß, an der Spitze nur 1 / 2 F.
hat ) bis auf 2 Fuß einziehen. Seine beiden langen,
dicken und gebogenen Zähne liefern dem Drechsler
das Elfenbein, als Stoff zu vielen zierlichen Arbei-
ten, und aus dem Abfall wird durch starkes Glühen
das sogenannte Köllner Schwarz, eine vortreffliche
Malerfarbe bereitet, dagegen liefert das in offenen
Gefäßen verkalkte Elfenbein die schönste weiße Farbe.
Die Zähne der Weibchen sind sehr kurz und klein.
Seine Nahrung besteht nur aus Pflanzenstoffen, deren
er aber des Tages bis 150 Pfund zu sich nimmt.
Die Farbe des Elephanten ist gewöhnlich grau oder
bräunlich, doch gibt es auch gefleckte Thiere dieser
Gattung. Der ganz weiße Elephant ( eine Spielart
des gewöhnlichen ) wird in Siam und andern Ländern
vorzüglich verehrt. Man glaubt, daß er ein Alter
von 200 Jahren erreicht.

Der Elephant schwimmt trotz seines plumpen
Körpers sehr gut, und streckt beim Schwimmen seinen
Rüssel in die Höhe, um Luft zu schöpfen. Man
kann ihm schwere Lasten auflegen, und er bringt sie
glücklich über einen Strom; doch geht er schwer über
eine Brücke, und man muß die Geländer mit Zwei-
gen bedecken, um ihn zu täuschen. Aus diesem Grunde
ist er auch schwer zu Schiffe zu transportiren.

Nach den beiden Erdtheilen, in welchen der Ele-
phant heimisch ist, wird er in die asiatische und
afrikanische Gattung eingetheilt, und nachdem alle
früheren Naturforscher einverstanden waren, der asia-
tische erreiche eine größere Höhe und Stärke, be-
haupten in der neuesten Zeit die Engländer das Ge-
gentheil. Auf jeden Fall sind diese beiden Gattungen
vorzüglich im Bau des Schädels verschieden.

Die große Gelehrigkeit, welche der Elephant
besitzt, wird von den Bewohnern der Länder, in wel-
chen er lebt, vielseitig benutzt. Schon bei den Per-
sern kommt er als Kriegs = Elephant vor. Heutzutage
werden die Elephanten, besonders in Ostindien, gro-
ßentheils als Packthiere oder als Reit=Elephanten zu
Reisen gebraucht. Sonderbar genug herrscht unter
diesen beiden Klassen eine große Abneigung. Es
scheint, als ob der zum Reiten benutzte Elephant sich
gleichsam seines Vorrangs über den Lasttragenden be-
wußt wäre, und wenn er in seine Nähe kommt, so
blickt er mit unverkennbarer Verachtung auf ihn, als
auf ein tief unter ihm stehendes Geschöpf. Er läßt
sich nie in Vertraulichkeiten mit ihm ein, es entsteht
vielmehr gewöhnlich Uneinigkeit zwischen ihnen, wenn
sie zufällig zusammen kommen.

Das Bild, welches wir unsern Lesern heute nach
einem englischen Original vorlegen, ist die Abbildung
eines der schönsten Thiere, welches je in Jndien ge-
sehen wurde. Es war im Besitze eines englischen
Offiziers und hatte 4000 Rupien ( ungefähr 4800 fl. )
gekostet.

Der Reit = Elephant bietet einen wahrhaft impo-
santen Anblick dar, wenn er mit den oft sehr pracht-
vollen Satteldecken behangen ist, und auf seinem brei-
ten Rücken der äußerst glänzend geschmückte Sitz an-
gebracht worden, in welchem der Reiter mit gemäch-
licher Ruhe unter einem Traghimmel sitzt, den ein
Diener über ihn hält, welcher einen Sitz hinter ihm
hat; der Mahut oder Führer reitet auf dem Nacken
des Thieres, und ist mit einem Jnstrumente versehen,
[Ende Spaltensatz]

*) Werkzeug, vorzüglich bei den Verrichtungen der thierischen
und Pflanzen = Körper.
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[59/0003] Panorama des Universums. lichen Angriffen glaubten die Janitscharen, daß sie gegen die Vorsehung kämpften, und das Gesetz erlaubte nicht, sie zu einem vierten Angriffe zu zwingen. Die Brieftaubenpost im Morgenlande. Aus einer Abhandlung eines gelehrten Morgen- länders „ Sabbay “ ersieht man, daß Sultan Mu- reddin Mahmud die erste Post dieser Art anlegte, deren er sich bis zu seinem Tode bediente ( 1174 ) . Der Chalife Ahmed Alnaserlidin=Allah ( 1179 ) hielt viele Tauben dieser Art, und legte jeder einen Vor = und Zunamen bei. — Ein abgerichtetes Paar kostete damals 1000 Dinare ( arabische Dukaten ) . Diese Post erhielt sich bis zum Absterben des letzten abbasidischen Chalifen. 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Die Zähne der Weibchen sind sehr kurz und klein. Seine Nahrung besteht nur aus Pflanzenstoffen, deren er aber des Tages bis 150 Pfund zu sich nimmt. Die Farbe des Elephanten ist gewöhnlich grau oder bräunlich, doch gibt es auch gefleckte Thiere dieser Gattung. Der ganz weiße Elephant ( eine Spielart des gewöhnlichen ) wird in Siam und andern Ländern vorzüglich verehrt. Man glaubt, daß er ein Alter von 200 Jahren erreicht. Der Elephant schwimmt trotz seines plumpen Körpers sehr gut, und streckt beim Schwimmen seinen Rüssel in die Höhe, um Luft zu schöpfen. Man kann ihm schwere Lasten auflegen, und er bringt sie glücklich über einen Strom; doch geht er schwer über eine Brücke, und man muß die Geländer mit Zwei- gen bedecken, um ihn zu täuschen. Aus diesem Grunde ist er auch schwer zu Schiffe zu transportiren. Nach den beiden Erdtheilen, in welchen der Ele- phant heimisch ist, wird er in die asiatische und afrikanische Gattung eingetheilt, und nachdem alle früheren Naturforscher einverstanden waren, der asia- tische erreiche eine größere Höhe und Stärke, be- haupten in der neuesten Zeit die Engländer das Ge- gentheil. Auf jeden Fall sind diese beiden Gattungen vorzüglich im Bau des Schädels verschieden. Die große Gelehrigkeit, welche der Elephant besitzt, wird von den Bewohnern der Länder, in wel- chen er lebt, vielseitig benutzt. Schon bei den Per- sern kommt er als Kriegs = Elephant vor. Heutzutage werden die Elephanten, besonders in Ostindien, gro- ßentheils als Packthiere oder als Reit=Elephanten zu Reisen gebraucht. Sonderbar genug herrscht unter diesen beiden Klassen eine große Abneigung. Es scheint, als ob der zum Reiten benutzte Elephant sich gleichsam seines Vorrangs über den Lasttragenden be- wußt wäre, und wenn er in seine Nähe kommt, so blickt er mit unverkennbarer Verachtung auf ihn, als auf ein tief unter ihm stehendes Geschöpf. Er läßt sich nie in Vertraulichkeiten mit ihm ein, es entsteht vielmehr gewöhnlich Uneinigkeit zwischen ihnen, wenn sie zufällig zusammen kommen. Das Bild, welches wir unsern Lesern heute nach einem englischen Original vorlegen, ist die Abbildung eines der schönsten Thiere, welches je in Jndien ge- sehen wurde. Es war im Besitze eines englischen Offiziers und hatte 4000 Rupien ( ungefähr 4800 fl. ) gekostet. Der Reit = Elephant bietet einen wahrhaft impo- santen Anblick dar, wenn er mit den oft sehr pracht- vollen Satteldecken behangen ist, und auf seinem brei- ten Rücken der äußerst glänzend geschmückte Sitz an- gebracht worden, in welchem der Reiter mit gemäch- licher Ruhe unter einem Traghimmel sitzt, den ein Diener über ihn hält, welcher einen Sitz hinter ihm hat; der Mahut oder Führer reitet auf dem Nacken des Thieres, und ist mit einem Jnstrumente versehen, *) Werkzeug, vorzüglich bei den Verrichtungen der thierischen und Pflanzen = Körper.

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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 8. Prag, 1834, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama08_1834/3>, abgerufen am 23.11.2024.