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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] Alles von Tuch, und stark mit einer Auflösung von
Alaun und schwefelsaurem Kalk getränkt, dann aber
in ein Bad von Seifenwasser eingetaucht. Mehrere
kühne Feuerlöscher zögerten nicht sich in dieser Klei-
dung mitten in einen angezündeten Holzstoß zu begeben,
brennende Balken wegzuräumen, rothglühende Eisen-
stangen zu ergreifen, und zu den Füssen der verwun-
derten Zuschauer niederzulegen. Sie blieben 14 Minuten
der Gewalt des Feuers ausgesetzt, ohne daß man eine
andere Veränderung an ihnen gewahr wurde, als daß
ihr Puls etwas schneller schlug.

Englische Zeitungen verkünden eine noch wunder-
barere Entdeckung, indem man zu Glasgow sogar
den Dampf als Löschmittel angewandt hat. Man
füllte ein altes, unbrauchbares Gebäude mit leicht
entzündlichen Stoffen, legte Feuer in demselben an,
und als das Haus bereits in vollen Flammen stand,
leitete man den Dampf in dasselbe, welcher die
Feuersbrunst in weniger als 10 Minuten ganz ver-
löschte. Es wäre zu wünschen, daß ein englischer
Gelehrter auch die Vorrichtung genau angäbe, mit-
telst welcher der Dampf als Löschmittel in das Ge-
bäude geleitet wurde.



Aufbewahrung der Erdäpfel durch
Kohlenstaub
.

Der Eigenthümer einer ländlichen Besitzung hatte
eben einen Theil seiner Erdäpfel = Ernte in einen
Keller aufbewahren lassen, als ihn ein unvorherge-
sehenes Geschäft zu einer Reise zwang, von welcher
er erst im Frühling des folgenden Jahres zurück
kam, ohne bis dahin seiner Erdäpfel gedacht zu haben.
Jn der festen Voraussetzung, daß jene ausgewachsen
oder verfault seyen, gab er Befehl, den Keller zu
leeren, und die Erdäpfel wegzuwerfen; aber zu sei-
nem großen Erstaunen wurden sie so frisch und wohl-
schmeckend gefunden, als ob sie eben aus der Erde
genommen wären. Man untersuchte nunmehr den
Keller aufmerksam, welcher früher zu einer Kohlen-
Niederlage gedient hatte, und bemerkte, daß der Boden
noch mit einer dicken Lage Kohlenstaub bedeckt war,
auf welche man die Erdäpfel geschüttet hatte. Man
beschloß daher einen Versuch im Großen zu machen,
und gelingt dieser, so verdankt die Landwirthschaft
dem Zufalle eine erfreuliche Entdeckung, diese viel-
seitig verwendbare Frucht mit geringen Kosten frisch
und genießbar zu erhalten.



Spinnenseide.

Schon vor hundert Jahren brachte ein Hr. Bon
aus Montpellier der Pariser Akademie der Wissen-
schaften Handschuhe, Strümpfe und einige andere
Kleinigkeiten, die aus dem Faden verfertigt waren,
woraus die Spinnen jenen Sack bereiten, in welchen sie
ihre Eier legen. Gegenwärtig ist ein Engländer Hr.
Rolt durch einen Zufall ermuntert worden, diese Ver-
suche zu erneuern. Als sich eines Tages eine Gartenspinne
auf seine Hand setzte, bemerkte er, daß sie einen Faden
nachschleppe, der sich so sehr verlängerte, daß er ihn
selbst ergriff, und um seine Hand wickelte. Diesem
ersten Versuche folgte bald ein zweiter. Hr. Rolt
brachte eine Haspel mit einer Dampfmaschine in Ver-
[Spaltenumbruch] bindung, setzte sie dann in Bewegung und erhielt auf
diese Weise in zwei Stunden von 24 Spinnen, von wel-
chen er jede 3 bis 5 Minuten lang auf die Haspel setzte,
einen Faden von 900 Ellen und von blendender Weiße.
Dieser Faden ist 5mal so fein, als jener der Seiden-
würmer. Als die Erzeugnisse des Hrn. Bon dem ge-
lehrten Reaumur zur Untersuchung vorgelegt wurden,
erklärte er, daß selbe kein anderes Jnteresse hätten, als
jenes der Seltenheit, der Gewerbsfleiß würde aber
keinen Vortheil daraus ziehen. Dasselbe Urtheil kann
man, ohne Gefahr, ungerecht zu erscheinen, über die neue-
sten englischen Versuche aussprechen. Denn, wenn wir
annehmen, daß eine Spinne zweimal im Jahre einen
Faden von 375 Ellen gebe, so liefert ein Seidenwurm
dagegen 950 Ellen seines fünfmal so starken Fadens,
und wenn man schon 3500 Seidenwürmer aufziehen
muß, um 1 Pfund Seide zu gewinnen, so bedürfte es
zu gleichem Zwecke einer Anzahl von 22,000 Spinnen.
Noch mehr tritt die Unmöglichkeit in die Augen, wenn
man bedenkt, daß sich zwei Spinnen nicht begegnen kön-
nen, ohne in einen tödtlichen Kampf einzugehen; welch
ein Local müßte, man also haben, um 22,000 Spinnen
von einander entfernt zu halten!



Das Nashorn ( Rhinoceros ) .

Es ist sonderbar, daß bis zum Anfang des 18ten
Jahrhunderts das Rhinoceros, welches nach dem
Elephanten das stärkste Thier ist, in ganz Europa
unbekannt geblieben war. Einige Naturforscher aus-
genommen, welche den Strabo und Plinius
fleißig studirten, wußte man nichts von seinem Da-
seyn, oder zählte es wohl gar unter die fabelhaften
Thiere der alten Zeit, in welcher erfindungsreiche
Schriftsteller die Centauren und das Einhorn ersonnen
hatten. Niemand glaubte an die Wirklichkeit eines
Thieres von unbesiegbarer Stärke, mit einer undurch-
dringlichen Haut bedeckt, und bewaffnet mit einer
Lanze, die härter als Eisen ist. Und dennoch gab es
ein solches Thier, und Alles, was man davon gesagt
hatte, war frei von jener Uebertreibung, die man
Natur= und Reisebeschreibern oft nachsehen muß.

Wenn das Rhinoceros vollkommen ausgewachsen
ist, hat es eine Länge von 12 bis 13 Fuß, eine Höhe
von 6 bis 7 Fuß, und sein Umfang ist ungefähr der
Länge gleich. Seine Beine sind kurz und der Bauch
gewöhnlich nur 18 Zoll bis höchstens 2 Fuß von der
Erde entfernt. Sein Kopf ähnelt in einzelnen Theilen
dem Schwein, dem Pferd und der Kuh; denn es
hat das Auge des ersten, das Nasenloch des zweiten
und die Unterlippe der letzteren; aber das Rhinoceros
zeichnet sich durch ein Werkzeug aus, welches nur
ihm eigenthümlich ist. Seine Oberlippe, die sich in
eine Spitze verlängert, und auf ganz besondere Weise
bewegt werden kann, dient ihm nämlich dazu Kräuter
und Wurzeln aus der Erde zu ziehen, und ist für
dieses Thier dasselbe, was dem Elephanten sein
Rüssel ist, denn ohne jene wäre es des Tastsinnes
beraubt.

Die Haut des Rhinoceros ist ohne Haare und
so hart und dick, daß es sie nicht zu runzeln vermag,
und sich kaum würde bewegen können, wenn ihm die
Natur nicht an manchen Orten große Falten gegeben
hätte, wie man in der Vorzeit Zwischenräume in den
Eisenrüstungen unserer Vorfahren ließ.

[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] Alles von Tuch, und stark mit einer Auflösung von
Alaun und schwefelsaurem Kalk getränkt, dann aber
in ein Bad von Seifenwasser eingetaucht. Mehrere
kühne Feuerlöscher zögerten nicht sich in dieser Klei-
dung mitten in einen angezündeten Holzstoß zu begeben,
brennende Balken wegzuräumen, rothglühende Eisen-
stangen zu ergreifen, und zu den Füssen der verwun-
derten Zuschauer niederzulegen. Sie blieben 14 Minuten
der Gewalt des Feuers ausgesetzt, ohne daß man eine
andere Veränderung an ihnen gewahr wurde, als daß
ihr Puls etwas schneller schlug.

Englische Zeitungen verkünden eine noch wunder-
barere Entdeckung, indem man zu Glasgow sogar
den Dampf als Löschmittel angewandt hat. Man
füllte ein altes, unbrauchbares Gebäude mit leicht
entzündlichen Stoffen, legte Feuer in demselben an,
und als das Haus bereits in vollen Flammen stand,
leitete man den Dampf in dasselbe, welcher die
Feuersbrunst in weniger als 10 Minuten ganz ver-
löschte. Es wäre zu wünschen, daß ein englischer
Gelehrter auch die Vorrichtung genau angäbe, mit-
telst welcher der Dampf als Löschmittel in das Ge-
bäude geleitet wurde.



Aufbewahrung der Erdäpfel durch
Kohlenstaub
.

Der Eigenthümer einer ländlichen Besitzung hatte
eben einen Theil seiner Erdäpfel = Ernte in einen
Keller aufbewahren lassen, als ihn ein unvorherge-
sehenes Geschäft zu einer Reise zwang, von welcher
er erst im Frühling des folgenden Jahres zurück
kam, ohne bis dahin seiner Erdäpfel gedacht zu haben.
Jn der festen Voraussetzung, daß jene ausgewachsen
oder verfault seyen, gab er Befehl, den Keller zu
leeren, und die Erdäpfel wegzuwerfen; aber zu sei-
nem großen Erstaunen wurden sie so frisch und wohl-
schmeckend gefunden, als ob sie eben aus der Erde
genommen wären. Man untersuchte nunmehr den
Keller aufmerksam, welcher früher zu einer Kohlen-
Niederlage gedient hatte, und bemerkte, daß der Boden
noch mit einer dicken Lage Kohlenstaub bedeckt war,
auf welche man die Erdäpfel geschüttet hatte. Man
beschloß daher einen Versuch im Großen zu machen,
und gelingt dieser, so verdankt die Landwirthschaft
dem Zufalle eine erfreuliche Entdeckung, diese viel-
seitig verwendbare Frucht mit geringen Kosten frisch
und genießbar zu erhalten.



Spinnenseide.

Schon vor hundert Jahren brachte ein Hr. Bon
aus Montpellier der Pariser Akademie der Wissen-
schaften Handschuhe, Strümpfe und einige andere
Kleinigkeiten, die aus dem Faden verfertigt waren,
woraus die Spinnen jenen Sack bereiten, in welchen sie
ihre Eier legen. Gegenwärtig ist ein Engländer Hr.
Rolt durch einen Zufall ermuntert worden, diese Ver-
suche zu erneuern. Als sich eines Tages eine Gartenspinne
auf seine Hand setzte, bemerkte er, daß sie einen Faden
nachschleppe, der sich so sehr verlängerte, daß er ihn
selbst ergriff, und um seine Hand wickelte. Diesem
ersten Versuche folgte bald ein zweiter. Hr. Rolt
brachte eine Haspel mit einer Dampfmaschine in Ver-
[Spaltenumbruch] bindung, setzte sie dann in Bewegung und erhielt auf
diese Weise in zwei Stunden von 24 Spinnen, von wel-
chen er jede 3 bis 5 Minuten lang auf die Haspel setzte,
einen Faden von 900 Ellen und von blendender Weiße.
Dieser Faden ist 5mal so fein, als jener der Seiden-
würmer. Als die Erzeugnisse des Hrn. Bon dem ge-
lehrten Reaumur zur Untersuchung vorgelegt wurden,
erklärte er, daß selbe kein anderes Jnteresse hätten, als
jenes der Seltenheit, der Gewerbsfleiß würde aber
keinen Vortheil daraus ziehen. Dasselbe Urtheil kann
man, ohne Gefahr, ungerecht zu erscheinen, über die neue-
sten englischen Versuche aussprechen. Denn, wenn wir
annehmen, daß eine Spinne zweimal im Jahre einen
Faden von 375 Ellen gebe, so liefert ein Seidenwurm
dagegen 950 Ellen seines fünfmal so starken Fadens,
und wenn man schon 3500 Seidenwürmer aufziehen
muß, um 1 Pfund Seide zu gewinnen, so bedürfte es
zu gleichem Zwecke einer Anzahl von 22,000 Spinnen.
Noch mehr tritt die Unmöglichkeit in die Augen, wenn
man bedenkt, daß sich zwei Spinnen nicht begegnen kön-
nen, ohne in einen tödtlichen Kampf einzugehen; welch
ein Local müßte, man also haben, um 22,000 Spinnen
von einander entfernt zu halten!



Das Nashorn ( Rhinoceros ) .

Es ist sonderbar, daß bis zum Anfang des 18ten
Jahrhunderts das Rhinoceros, welches nach dem
Elephanten das stärkste Thier ist, in ganz Europa
unbekannt geblieben war. Einige Naturforscher aus-
genommen, welche den Strabo und Plinius
fleißig studirten, wußte man nichts von seinem Da-
seyn, oder zählte es wohl gar unter die fabelhaften
Thiere der alten Zeit, in welcher erfindungsreiche
Schriftsteller die Centauren und das Einhorn ersonnen
hatten. Niemand glaubte an die Wirklichkeit eines
Thieres von unbesiegbarer Stärke, mit einer undurch-
dringlichen Haut bedeckt, und bewaffnet mit einer
Lanze, die härter als Eisen ist. Und dennoch gab es
ein solches Thier, und Alles, was man davon gesagt
hatte, war frei von jener Uebertreibung, die man
Natur= und Reisebeschreibern oft nachsehen muß.

Wenn das Rhinoceros vollkommen ausgewachsen
ist, hat es eine Länge von 12 bis 13 Fuß, eine Höhe
von 6 bis 7 Fuß, und sein Umfang ist ungefähr der
Länge gleich. Seine Beine sind kurz und der Bauch
gewöhnlich nur 18 Zoll bis höchstens 2 Fuß von der
Erde entfernt. Sein Kopf ähnelt in einzelnen Theilen
dem Schwein, dem Pferd und der Kuh; denn es
hat das Auge des ersten, das Nasenloch des zweiten
und die Unterlippe der letzteren; aber das Rhinoceros
zeichnet sich durch ein Werkzeug aus, welches nur
ihm eigenthümlich ist. Seine Oberlippe, die sich in
eine Spitze verlängert, und auf ganz besondere Weise
bewegt werden kann, dient ihm nämlich dazu Kräuter
und Wurzeln aus der Erde zu ziehen, und ist für
dieses Thier dasselbe, was dem Elephanten sein
Rüssel ist, denn ohne jene wäre es des Tastsinnes
beraubt.

Die Haut des Rhinoceros ist ohne Haare und
so hart und dick, daß es sie nicht zu runzeln vermag,
und sich kaum würde bewegen können, wenn ihm die
Natur nicht an manchen Orten große Falten gegeben
hätte, wie man in der Vorzeit Zwischenräume in den
Eisenrüstungen unserer Vorfahren ließ.

[Ende Spaltensatz]
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Es wäre zu wünschen, daß ein englischer Gelehrter auch die Vorrichtung genau angäbe, mit- telst welcher der Dampf als Löschmittel in das Ge- bäude geleitet wurde. Aufbewahrung der Erdäpfel durch Kohlenstaub. Der Eigenthümer einer ländlichen Besitzung hatte eben einen Theil seiner Erdäpfel = Ernte in einen Keller aufbewahren lassen, als ihn ein unvorherge- sehenes Geschäft zu einer Reise zwang, von welcher er erst im Frühling des folgenden Jahres zurück kam, ohne bis dahin seiner Erdäpfel gedacht zu haben. Jn der festen Voraussetzung, daß jene ausgewachsen oder verfault seyen, gab er Befehl, den Keller zu leeren, und die Erdäpfel wegzuwerfen; aber zu sei- nem großen Erstaunen wurden sie so frisch und wohl- schmeckend gefunden, als ob sie eben aus der Erde genommen wären. 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Sein Kopf ähnelt in einzelnen Theilen dem Schwein, dem Pferd und der Kuh; denn es hat das Auge des ersten, das Nasenloch des zweiten und die Unterlippe der letzteren; aber das Rhinoceros zeichnet sich durch ein Werkzeug aus, welches nur ihm eigenthümlich ist. Seine Oberlippe, die sich in eine Spitze verlängert, und auf ganz besondere Weise bewegt werden kann, dient ihm nämlich dazu Kräuter und Wurzeln aus der Erde zu ziehen, und ist für dieses Thier dasselbe, was dem Elephanten sein Rüssel ist, denn ohne jene wäre es des Tastsinnes beraubt. Die Haut des Rhinoceros ist ohne Haare und so hart und dick, daß es sie nicht zu runzeln vermag, und sich kaum würde bewegen können, wenn ihm die Natur nicht an manchen Orten große Falten gegeben hätte, wie man in der Vorzeit Zwischenräume in den Eisenrüstungen unserer Vorfahren ließ.

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama03_1834/7>, abgerufen am 24.12.2024.