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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] tasten. Rafael war nicht gleichgültig gegen das
weibliche Geschlecht, doch hat er sich nie vermählt,
und lebte nur seiner Kunst und seinen Freunden.
Ein bösartiges Fieber ergriff ihn 1520 und, durch
eine unzweckmäßige ärztliche Behandlung geschwächt,
erlag er dem wachsenden Uebel in der Blüthe seiner
Jahre. Seinen Nachlaß bestimmte sein letzter Wille
seinen beiden Lieblingsschülern: Giulio Romano
und Francesco Penni. Unbeschreiblich war die
Trauer, welche Rom bei der Kunde von seinem
Tode erfüllte, grenzenlos der Schmerz seiner Schüler,
die einen Vater in ihm verloren hatten, welcher durch
sein hohes Beispiel sie für die Kunst begeisterte, durch
Liebe und Freundlichkeit ihr Streben erleichterte.
Sein Leichnam wurde in seinem Studiensaale
im Angesichte seiner Verklärung auf einem pracht-
vollen Trauergerüste ausgestellt, und dann mit der
größten Feierlichkeit in der Kirche St. Maria de
Rotonda ( sonst Pantheon ) zur Ruhe gebracht.
Dort liegen seine Gebeine noch, ( mit Ausnahme des
Schädels, der späterhin in die Akademie St. Luca
übertragen wurde ) und sein Brustbild von Naldini
verfertigt, von Carlo Maratti aufgestellt, be-
zeichnet seine Grabstätte.

Das Gemälde, von Rafael, welches wir un-
sern Lesern heute vorlegen, zeigt die heilige Jungfrau
in einer freien anmuthigen Gegend sitzend, Jesus
stützt sich auf ihr Knie und blickt in frommer Unschuld
zur Mutter hinauf, während der kleine Johannes
mit dem Kreuzstabe zu den Füssen der Madonna
kniet. Dieses Bild theilt die Eigenschaften, welche
man an allen seinen Werken der spätern Zeit bemerkt:
eine höchst einfache und durch ihre Wahrheit und
Natürlichkeit anziehende Gruppirung und vor Allem
das Gemüth und die Seele, die kein anderer Künstler
gleich ihm aufzufassen und wieder zu geben vermochte.




[Abbildung] Die Ruinen von Pompeji.
[Spaltenumbruch]
Die Ruinen von Pompeji.

Es ist in der That kaum begreiflich, daß so
viele Jahrhunderte vorüber gehen konnten, ohne daß
dieses merkwürdige Denkmal des Alterthums aus
seinem Schutte wieder hervorgerufen wurde. Die
Geschichte hatte uns kund gethan, daß Pompeji
im Jahre 63 n. Chr. durch ein Erdbeben großentheils
zerstört, 16 Jahre später aber bei einem Ausbruche
des Vesuvs mit der größeren Stadt Herculanum,
mit Stabiä, Oplontia und Teglanum zu-
gleich von der glühenden Lava übergossen, von der
Welt verschwunden waren, und dennoch dauerte es
vom 1ten bis ins 18te Jahrhundert, ehe diese Aus-
sagen geprüft, und beide Städte in ihrem unterirdi-
schen Zustande wieder aufgefunden wurden, und die
Alterthumsforscher und Gelehrten waren sogar wegen
der Lage von Pompeji in Zweifel. An mehreren
Stellen lagen große Haufen Ruinen von zum Theil
zusammengestürzten Theatern, Tempeln und Häusern
nicht zwei Fuß tief unter der Oberfläche des Erd-
bodens. Die Landleute gruben unaufhörlich Stücke
von bearbeitetem Marmor so wie andere antike Ge-
genstände aus; auf verschiedenen Seiten hatten sie
selbst schon die Außenwälle der Stadt zu Tage ge-
fördert, und doch konnte Niemand darauf kommen,
was jene entdeckten sonderbaren Haufen von Asche,
Kohlen, Erde und Bimsstein eigentlich waren. Noch
unbegreiflicher wird es, wie es möglich war, daß die
Wunder Pompeji's so lange verborgen blieben:
Ein unterirdischer Kanal, vom Fluß Sarno abge-
leitet, durchkreuzt die Stadt, und fließt trüb und
ruhig unter dem Tempel der Jsis hin. Es wird
erzählt, daß derselbe um die Mitte des fünfzehnten
Jahrhunderts gebaut wurde, um die angrenzende Stadt
Torre dell Annunziata mit frischem Wasser zu
versehen; welches vormals vermuthlich in demselben
Kanal hergeleitet wurde. Aber indem derselbe umge-
graben oder gereinigt wurde, mußten die Arbeiter
doch unter Pompeji von einer Seite zur andern
kommen.

Geht man rund um die Stadt und sieht, wie
die vulkanische Masse in einem Haufen auf dieselbe
aufgeschichtet ist, so scheint es, als sey sie vorsetzlich
von Menschenhänden verschüttet worden, indem sie
Vulkan = Erde darauf gefahren und geworfen hätten.
Auf der schönen Ebene, welche sich von der Landseite
her um die Stadt zieht, und in sanften Abfällen nach
der Bay von Neapel hinläuft, findet man nichts
von dieser Masse. Der vulkanische Ausbruch war in
seinem Laufe oder Fall von solcher Beschaffenheit,
als solle er Pompeji begraben und nur Pompeji;
denn der Fluß der Asche und des Bimssteins, wel-
cher sich auf die unmittelbare Umgebung ergoß, machte
sicherlich nur einen unbedeutenden Unterschied in der
Erhöhung der Ebene.

Wo eine Stadt, wie Herculanum, durch
Lava verschüttet wurde, ist die Spur davon und der
Hergang der Sache leicht aufzufinden. Der Lauf der
schwarzen, verhärteten Lava fängt vom Gipfel des
Berges an, und erstreckt sich bis mehrere Klaftern
weit in das Meer hinein, und jene, welche Lava
fließen sahen, wie sie sich gleich einem Strome ge-
schmolzenen Eisens ergießt, finden es sehr begreiflich,
daß sie jeden Gegenstand, den sie im Laufe erfaßt,
begraben muß.

Unter denjenigen, welche nicht Gelegenheit hat-
ten, diese merkwürdigen Orte zu besuchen, herrschen
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] tasten. Rafael war nicht gleichgültig gegen das
weibliche Geschlecht, doch hat er sich nie vermählt,
und lebte nur seiner Kunst und seinen Freunden.
Ein bösartiges Fieber ergriff ihn 1520 und, durch
eine unzweckmäßige ärztliche Behandlung geschwächt,
erlag er dem wachsenden Uebel in der Blüthe seiner
Jahre. Seinen Nachlaß bestimmte sein letzter Wille
seinen beiden Lieblingsschülern: Giulio Romano
und Francesco Penni. Unbeschreiblich war die
Trauer, welche Rom bei der Kunde von seinem
Tode erfüllte, grenzenlos der Schmerz seiner Schüler,
die einen Vater in ihm verloren hatten, welcher durch
sein hohes Beispiel sie für die Kunst begeisterte, durch
Liebe und Freundlichkeit ihr Streben erleichterte.
Sein Leichnam wurde in seinem Studiensaale
im Angesichte seiner Verklärung auf einem pracht-
vollen Trauergerüste ausgestellt, und dann mit der
größten Feierlichkeit in der Kirche St. Maria de
Rotonda ( sonst Pantheon ) zur Ruhe gebracht.
Dort liegen seine Gebeine noch, ( mit Ausnahme des
Schädels, der späterhin in die Akademie St. Luca
übertragen wurde ) und sein Brustbild von Naldini
verfertigt, von Carlo Maratti aufgestellt, be-
zeichnet seine Grabstätte.

Das Gemälde, von Rafael, welches wir un-
sern Lesern heute vorlegen, zeigt die heilige Jungfrau
in einer freien anmuthigen Gegend sitzend, Jesus
stützt sich auf ihr Knie und blickt in frommer Unschuld
zur Mutter hinauf, während der kleine Johannes
mit dem Kreuzstabe zu den Füssen der Madonna
kniet. Dieses Bild theilt die Eigenschaften, welche
man an allen seinen Werken der spätern Zeit bemerkt:
eine höchst einfache und durch ihre Wahrheit und
Natürlichkeit anziehende Gruppirung und vor Allem
das Gemüth und die Seele, die kein anderer Künstler
gleich ihm aufzufassen und wieder zu geben vermochte.




[Abbildung] Die Ruinen von Pompeji.
[Spaltenumbruch]
Die Ruinen von Pompeji.

Es ist in der That kaum begreiflich, daß so
viele Jahrhunderte vorüber gehen konnten, ohne daß
dieses merkwürdige Denkmal des Alterthums aus
seinem Schutte wieder hervorgerufen wurde. Die
Geschichte hatte uns kund gethan, daß Pompeji
im Jahre 63 n. Chr. durch ein Erdbeben großentheils
zerstört, 16 Jahre später aber bei einem Ausbruche
des Vesuvs mit der größeren Stadt Herculanum,
mit Stabiä, Oplontia und Teglanum zu-
gleich von der glühenden Lava übergossen, von der
Welt verschwunden waren, und dennoch dauerte es
vom 1ten bis ins 18te Jahrhundert, ehe diese Aus-
sagen geprüft, und beide Städte in ihrem unterirdi-
schen Zustande wieder aufgefunden wurden, und die
Alterthumsforscher und Gelehrten waren sogar wegen
der Lage von Pompeji in Zweifel. An mehreren
Stellen lagen große Haufen Ruinen von zum Theil
zusammengestürzten Theatern, Tempeln und Häusern
nicht zwei Fuß tief unter der Oberfläche des Erd-
bodens. Die Landleute gruben unaufhörlich Stücke
von bearbeitetem Marmor so wie andere antike Ge-
genstände aus; auf verschiedenen Seiten hatten sie
selbst schon die Außenwälle der Stadt zu Tage ge-
fördert, und doch konnte Niemand darauf kommen,
was jene entdeckten sonderbaren Haufen von Asche,
Kohlen, Erde und Bimsstein eigentlich waren. Noch
unbegreiflicher wird es, wie es möglich war, daß die
Wunder Pompeji's so lange verborgen blieben:
Ein unterirdischer Kanal, vom Fluß Sarno abge-
leitet, durchkreuzt die Stadt, und fließt trüb und
ruhig unter dem Tempel der Jsis hin. Es wird
erzählt, daß derselbe um die Mitte des fünfzehnten
Jahrhunderts gebaut wurde, um die angrenzende Stadt
Torre dell Annunziata mit frischem Wasser zu
versehen; welches vormals vermuthlich in demselben
Kanal hergeleitet wurde. Aber indem derselbe umge-
graben oder gereinigt wurde, mußten die Arbeiter
doch unter Pompeji von einer Seite zur andern
kommen.

Geht man rund um die Stadt und sieht, wie
die vulkanische Masse in einem Haufen auf dieselbe
aufgeschichtet ist, so scheint es, als sey sie vorsetzlich
von Menschenhänden verschüttet worden, indem sie
Vulkan = Erde darauf gefahren und geworfen hätten.
Auf der schönen Ebene, welche sich von der Landseite
her um die Stadt zieht, und in sanften Abfällen nach
der Bay von Neapel hinläuft, findet man nichts
von dieser Masse. Der vulkanische Ausbruch war in
seinem Laufe oder Fall von solcher Beschaffenheit,
als solle er Pompeji begraben und nur Pompeji;
denn der Fluß der Asche und des Bimssteins, wel-
cher sich auf die unmittelbare Umgebung ergoß, machte
sicherlich nur einen unbedeutenden Unterschied in der
Erhöhung der Ebene.

Wo eine Stadt, wie Herculanum, durch
Lava verschüttet wurde, ist die Spur davon und der
Hergang der Sache leicht aufzufinden. Der Lauf der
schwarzen, verhärteten Lava fängt vom Gipfel des
Berges an, und erstreckt sich bis mehrere Klaftern
weit in das Meer hinein, und jene, welche Lava
fließen sahen, wie sie sich gleich einem Strome ge-
schmolzenen Eisens ergießt, finden es sehr begreiflich,
daß sie jeden Gegenstand, den sie im Laufe erfaßt,
begraben muß.

Unter denjenigen, welche nicht Gelegenheit hat-
ten, diese merkwürdigen Orte zu besuchen, herrschen
[Ende Spaltensatz]

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Dort liegen seine Gebeine noch, ( mit Ausnahme des Schädels, der späterhin in die Akademie St. Luca übertragen wurde ) und sein Brustbild von Naldini verfertigt, von Carlo Maratti aufgestellt, be- zeichnet seine Grabstätte. Das Gemälde, von Rafael, welches wir un- sern Lesern heute vorlegen, zeigt die heilige Jungfrau in einer freien anmuthigen Gegend sitzend, Jesus stützt sich auf ihr Knie und blickt in frommer Unschuld zur Mutter hinauf, während der kleine Johannes mit dem Kreuzstabe zu den Füssen der Madonna kniet. Dieses Bild theilt die Eigenschaften, welche man an allen seinen Werken der spätern Zeit bemerkt: eine höchst einfache und durch ihre Wahrheit und Natürlichkeit anziehende Gruppirung und vor Allem das Gemüth und die Seele, die kein anderer Künstler gleich ihm aufzufassen und wieder zu geben vermochte. [Abbildung Die Ruinen von Pompeji. ] Die Ruinen von Pompeji. Es ist in der That kaum begreiflich, daß so viele Jahrhunderte vorüber gehen konnten, ohne daß dieses merkwürdige Denkmal des Alterthums aus seinem Schutte wieder hervorgerufen wurde. Die Geschichte hatte uns kund gethan, daß Pompeji im Jahre 63 n. Chr. durch ein Erdbeben großentheils zerstört, 16 Jahre später aber bei einem Ausbruche des Vesuvs mit der größeren Stadt Herculanum, mit Stabiä, Oplontia und Teglanum zu- gleich von der glühenden Lava übergossen, von der Welt verschwunden waren, und dennoch dauerte es vom 1ten bis ins 18te Jahrhundert, ehe diese Aus- sagen geprüft, und beide Städte in ihrem unterirdi- schen Zustande wieder aufgefunden wurden, und die Alterthumsforscher und Gelehrten waren sogar wegen der Lage von Pompeji in Zweifel. An mehreren Stellen lagen große Haufen Ruinen von zum Theil zusammengestürzten Theatern, Tempeln und Häusern nicht zwei Fuß tief unter der Oberfläche des Erd- bodens. Die Landleute gruben unaufhörlich Stücke von bearbeitetem Marmor so wie andere antike Ge- genstände aus; auf verschiedenen Seiten hatten sie selbst schon die Außenwälle der Stadt zu Tage ge- fördert, und doch konnte Niemand darauf kommen, was jene entdeckten sonderbaren Haufen von Asche, Kohlen, Erde und Bimsstein eigentlich waren. Noch unbegreiflicher wird es, wie es möglich war, daß die Wunder Pompeji's so lange verborgen blieben: Ein unterirdischer Kanal, vom Fluß Sarno abge- leitet, durchkreuzt die Stadt, und fließt trüb und ruhig unter dem Tempel der Jsis hin. Es wird erzählt, daß derselbe um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts gebaut wurde, um die angrenzende Stadt Torre dell Annunziata mit frischem Wasser zu versehen; welches vormals vermuthlich in demselben Kanal hergeleitet wurde. Aber indem derselbe umge- graben oder gereinigt wurde, mußten die Arbeiter doch unter Pompeji von einer Seite zur andern kommen. Geht man rund um die Stadt und sieht, wie die vulkanische Masse in einem Haufen auf dieselbe aufgeschichtet ist, so scheint es, als sey sie vorsetzlich von Menschenhänden verschüttet worden, indem sie Vulkan = Erde darauf gefahren und geworfen hätten. Auf der schönen Ebene, welche sich von der Landseite her um die Stadt zieht, und in sanften Abfällen nach der Bay von Neapel hinläuft, findet man nichts von dieser Masse. Der vulkanische Ausbruch war in seinem Laufe oder Fall von solcher Beschaffenheit, als solle er Pompeji begraben und nur Pompeji; denn der Fluß der Asche und des Bimssteins, wel- cher sich auf die unmittelbare Umgebung ergoß, machte sicherlich nur einen unbedeutenden Unterschied in der Erhöhung der Ebene. Wo eine Stadt, wie Herculanum, durch Lava verschüttet wurde, ist die Spur davon und der Hergang der Sache leicht aufzufinden. 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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama03_1834/5>, abgerufen am 24.11.2024.