Neue Rheinische Zeitung. Nr. 301. Köln, 19. Mai 1849.wer es auch sei, widersetze, ergriffen und dem Kriegsgericht überliefert werde. Vor und nach der Verlesung natürlich obligater Trommelwirbel. Auch an allen Ecken ist die Proklamation, das offenbarste Zeugniß der Schande Preußens, angeheftet und zahlreiche Gruppen lesen es. Eine erfreuliche Aufregung hat sich durch diesen neuesten Schritt des Ministeriums im Volk verbreitet. Wahrscheinlich wird man nicht säumen, sobald als möglich mit den Kriegsgerichten praktische Experimente anzustellen und einige Aufrührer zu erschießen. Berlin scheint solcher Reizmittel zu bedürfen und wir haben das Standrecht nie gefürchtet, sondern stets auf seine Proklamation gehofft. Während unsere Belagerungszustands-Verhältnisse endlich anfangen wollen, aus dem heitern Lustspiel in eine tragischere Phase überzugehen, hält der Kongreß von Abgeordneten deutscher Staaten, welche zusammengekommen sind, Deutschland eine Verfassung zu oktroyiren, seine regelmäßigen Sitzungen unter dem Vorsitz des Hrn. v. Radowitz ([unleserliches Material]). Es ist ein engerer Ausschuß für die Vorarbeiten gebildet worden und läßt sich schon jetzt voraussehen, daß die oktroyirte Verfassung zu der von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen in demselben Verhältniß stehen wird, wie die Verfassung vom 5. Dez. zu den Arbeiten der Verfassungskommission der preußischen Nationalversammlung. Der Kongreß erfreut sich indeß nicht der gewünschten Einigkeit. Die Gesandten Hannovers stehen im ziemlichen Gegensatz den Bevollmächtigten Preußens, Sachsens, (welches jenem unbedingt folgt) und Baierns gegenüber. Der Differenzpunkt liegt besonders im Wahlrecht. Herr v. Radowitz besteht im Namen Preußens auf die drei Steuerklassen, während der hannoversche und in diesem Falle auch der baierische Bevollmächtigte nur eine engere Definition der Selbstständigkeit wünschen. Preußen wird nach diesem Reichswahlgesetz die Wahlen für die nächste 2. Kammer vornehmen lassen, da man sich immer noch nicht entschließen kann, vom Scheine des Rechts abzusehen. Die Gesandten der Monarchen von Würtemberg und Braunschweig verhalten sich nur konsultativ. Einem Briefe aus Wien vom 14. d. M., entnehmen wir folgende, eben so erfreuliche Nachricht: Ofen war vor allen Dingen in den Händen der Ungarn; die ganze Besatzung wurde bis auf zehn Mann niedergemacht, weil man nicht aufhörte, Pesth zu bombardiren. -- Görgey hatte Preßburg umgangen und stand bei Göding, in der Nähe von Wien mit 85,000-90,000 Mann. Jeden Augenblick erwartete man sein Vorrücken gegen die Hauptstadt Oestreich's. Die Russen hatten bei Jablunka schon eine ziemlich bedeutende Schlappe bekommen. Ein Ereigniß, daß besonders seiner moralischen Wirkung wegen, von unberechenbarer Wichtigkeit ist. Dembinski war nach Norden gerückt, um sie nachdrücklich zu empfangen. -- Außerdem erzählt dieser, seiner Gesinnung nach Konservative, und deßhalb in solchen Angelegenheiten um so glaubwürdigere Korrespondent, daß sich das östreichische Heer in der traurigsten Lage befinde. Der junge Kaiser soll über den Zustand einiger Truppentheile in Thränen ausgebrochen sein und man spricht davon, daß mehrere der unfähigen Generale vor ein Kriegsgericht gestellt würden. Der Kaiser beabsichtigt, eine Proklamation an seine Völker zu erlassen, in der er besonders verspricht, festzuhalten an dem Versprechen der Gleichberechtigung aller Nationalitäten. In Burg, bei Magdeburg, ist unter dem einen Bataillon des 20. (Berliner) Landwehrregiments der Unwille der Wehrmänner in offene Empörung ausgebrochen. Der Major desselben wurde schwer verwundet und General Wrangel hat heute den Befehl nach Burg geschickt, die aufrührische Landwehr, welche die sogenannten Rädelsführer nicht nennen wollte, zu decimiren. Die Nachrichten aus Baden, welche heute Vormittag durch Privatmittheilungen hier schon eingetroffen waren, haben ungeheures Aufsehen erregt. Am Sonntag wird der bekannte demokratische Edelmann, Herr von Holzendorf-Vietmansdorf, bei Vietmansdorf eine große Bauernversammlung abhalten, welche von großer Wichtigkeit ist, da die Uckermark bekanntlich bis jetzt immer für den allertreuesten Landestheil galt, aber in der letzten Zeit schon nicht undeutliche Zeichen von freierer Gesinnung darlegte. A. Fould hat, wie wir hören, an einem hiesigen bedeutenden Bankier geschrieben, daß Frankreich allerdings an seiner östlichen Gränze, ein Observationskorps von 150,000 Mann zusammenziehen müsse, weil die russische Intervention in Ungarn in allen Klassen und Ständen des französischen Volks einen gleichen Unwillen hervorgerufen habe. Die Nachrichten vom Rhein werden hier mit gespannter Aufmerksamkeit erwartet. Daß sich das treue Wupperthal empört hat, wurde am wenigsten vorausgesehen, und deßhalb ist der Schrecken des Ministeriums über die Katastrophe in Elberfeld, ein wahrhaft panischer gewesen. Auf diese Nachrichten hin, wurde in einem Ministerrath die Proklamation des Königs "An mein Volk" beschlossen. Manteuffel und Rabe waren ganz entschieden gegen einen solchen Schritt, wurden aber durch die Partei Ladenberg überstimmt. Der Entwurf der Ansprache ist durch den König selbst verfaßt, wie dies auch aus jedem Worte hervorgeht. Die liberale Partei des Kabinets wollte wiederum die allzustarken Ausdrücke gemildert haben, drangen aber natürlich nicht durch. Die Börse war heute, wie nach der Proklamirung des Standrechts nicht anders zu erwarten war, sehr gut gestimmt. Die Nachrichten aus Baden konnten diesen guten Eindruck nicht schwächen, da die Börsenlöwen eine baldige Unterdrückung der Erhebung in Baden und der Pfalz voraussagen. * Berlin, 16. Mai. Die Segnungen der "Neuen preußisch-russischen Constitution" werden durch folgende Bekanntmachung auch über "Meine lieben Berliner" ausgeschüttet: "In Erwägung, daß die Gründe, welche die durch Beschluß des Staats-Ministeriums vom 12. November v. J. ausgesprochene Verhängung des Belagerungszustandes über die Hauptstadt bedingten, noch nicht beseitigt sind, in Erwägung ferner, daß noch in neuester Zeit in hiesiger Stadt Versuche und Bestrebungen, Aufruhr zu erregen, hervorgetreten sind, in Erwägung endlich, daß ein Zustand, welcher die Aufhebung der für Berlin angeordneten Ausnahme-Maßregeln gestattet, nur durch kräftige und vollständige Anwendung aller gesetzlichen Mittel herbeigeführt werden kann, beschließt das Staats-Ministerium: 1) Der über Berlin und seinen zweimeiligen Umkreis verhängte Belagerungszustand bleibt einstweilen nach den Bestimmungen und unter der Form des Gesetzes vom 10. Mai c. fortbestehen; Nach vorstehendem Beschlusse des Königlichen Staats-Ministeriums verbleibt es bei den zur Aufrechthaltung der Ordnung während des Belagerungszustandes von mir erlassenen Bestimmungen, und wird das Kriegsgericht angeordnet, welches die in §§ 8, 9 und 10 des Gesetzes vom 10. d. Mts. vorgesehenen Verbrechen und Vergehen zu untersuchen und darüber abzuurtheilen hat. Berlin, 15. Mai 1849. Der Oberbefehlshaber in den Marken: von Wrangel." 61 Breslau, 14. Mai. Die Transporte der Kosakenhorden nach Deutschland dauern fort und verhindern das regelmäßige Eintreffen von Nachrichten aus Oestreich. Zudem hat der Belagerungszustand unsere beiden sogenannten Volksorgane so feig gemacht, daß sie selbst die wenigen Nachrichten vom Kriegsschauplatze, die sie noch erhalten, nicht zu veröffentlichen wagen, wenn dieselben zu Gunsten der Magyaren sprechen. Insbesondere zeichnet sich hierin widerum die als radikal-demokratisch verschrieene Oderzeitung aus und unterdrückte unter anderen z. B. die ihr vor einigen Tagen zugekommene Mittheilung, daß die Magyaren aus England 10,000 Brandraketen erhalten. Die demokratische Oderzeitung läßt sich von der Brüderschaft -- nicht der Völker -- der Russen und des Herrn von Hohenzollern, sie läßt sich von des letztern Staatsverfassung vom 10. Mai und vom § 8 der Breslauer Verfassung des Herrn Moets imponiren, und weiß sich danach recht jüdisch-kalkulirend russenfreundlich zu benehmen. Ein anderer Grund, weßhalb uns Nachrichten fehlen, ist der, daß die Russen, wo sie in Oestreich eingerückt sind, das Seif-Governement in die Hand genommen haben und die östreichische Nordbahn samm. der Post a la russe beherrschen, -- d. h. den Grenzverkehr z. B. hermetisch versperren, die Briefe öffnen und vernichten u. s. w. Der Olmützer Unterknäs hat das Handwerk noch nicht vollständig verstanden, darum ist der Petersburger Oberknäs ihm auf den Leib gerückt. Man sieht die preußischen Soldaten jetzt ziemlich vereinzelt gehen, die frühere Volksfreundschaft scheint ganz aufgehört zu haben. Es sieht im Vergleich mit dem Sonst komisch aus, mit welcher Salonsdelikatesse die preußischen Lieutenants gegenwärtig die Soldaten behandeln, welche sie in der Nacht vom 7. und 8. mit Schnaps und Fleischschnitten so trefflich zum Todschießen des Volks zu fanatisiren gewußt haben. Am 7. und 8. hat sich hier kein einziger Student weiter gerührt, als bis zum Bierkneippen. Als das französische Volk den mit dem Namen Napoleon gezeichneten Stier von Uri zu seinem Präsidenten wählte, schrieb ich Ihnen aus Wien, daß der Absolutismus diese Wahl als einen Sieg seiner Sache betrachte. Aber die Demokratie meinte damals, die Wahl des Stier's von Uri sei blos eine Negation des Schlächters Cavaignac. Sie bedeutete indessen mehr, denn sie bedeutete das, was der Absolutismus wollte. Ich erfahre nämlich aus zuverlässiger Quelle, daß der Stier von Uri in die Verschwörung der europäischen Contrerevolution ganz entschieden und direkt verwickelt ist und seine obersten Verhaltungsbefehle unmittelbar aus dem Hauptquartier zu Petersburg erhält. Die Sache wurde durch den moskowitisch begnadeten Napoleoniden Leuchtenberg mit dem Stier von Uri eingeleitet. Eine Cäsarewna und ein Kaiserthron wurden in Aussicht gestellt, wenn der Stier den Ordres des Oberknäs getreulich parire. Wie er Wort gehalten, zeigt die Schandgeschichte, welche das französische Volk seit seiner Wahl durchgemacht. Auch der Stier hat den Befehl, wie Brandenburg, vor keiner Kammermajorität zu weichen und nur solche Kreaturen im Ministerium zu dulden, welche ihm von Petersburg aus bezeichnet werden. Der dortige Oberknäs verwaltet also jetzt schon ganz Europa. Ich habe diese Mittheilungen von französischen Kuriren, die Breslau passirt haben und versichern, daß der Reichsverweser Johann zwischen Paris und Petersburg der thätigste Zwischenhändler des allgemeinen Knäsenkomplots zur Ermordung der Völker sei. Daß der illegitime Stier von Uri am Ende überall der Erwischte sein würde, brauche ich kaum zu bemerken. In unserem Belagerungszustande ist keine Veränderung eingetreten; die Ausweisung der sogenannten Fremden wird unnachsichtlich gehandhabt, die Lieutenants genießen fleißig Morgenschnäpse. Die Lieutenantsweiber schimpfen auf den demokratischen Pöbel und streicheln auf der Straße Rekruten- und Landwehrmänner, die Bourgeois reden von Anarchie und die jüdischen Spekulanten a la Friedmann bekehrer je nach den Umständen. * Bunzlau (Schlesien), 2. Mai. Wie weit die gepriesene Disciplin in "Meinem herrlichen Kriegsheer" schon gediehen ist, davon gibt das hier erscheinende Blatt "Fortschritt" in nachstehender verbürgten Mittheilung eine eklatante Probe. "Am Abende des Bußtages", meldet genanntes Blatt, "wurde von einigen Soldaten des 8. Landwehr-Regiments hierorts, (unter Commando des Major Grafen Lüttichau), eine Frevelthat verübt, welche nicht nur die Grenzen der größten Sittenlosigkeit, als auch der Bosheit fast überstieg. Diese Leute hatten ein Mädchen aufgegriffen, demselben sämmtliche Kleider über dem Kopfe zusammengebunden, und auf diese Weise mit ihr auf offener Straße sich herumgebalgt, das Mädchen bei den Beinen gefaßt und mit dem nackten Körper auf dem Pflaster geschleift. Einem hinzutretenden Manne, (Eisenbahnbeamten Walter), welchen diese Burschen wegen ihres schändlichen Treibens anging, widerfuhr die Ehre, von der Patrouille, welche inzwischen hinzugekommen war, in Arrest geschleppt zu werden. Der Tumult dauerte fast zwei Stunden!" Solches geschieht von den Stützen der christlich-germanisch-hohenzollern'schen "Ruhe und Ordnung!" * Dresden, 13. Mai. Zu den Nichtswürdigkeiten deren sich die reactionäre Partei bedient hat, verdient namentlich die Giftmischerei des Hoflieferanten H--. gezählt zu werden. Es hat dieser Schuft Liqueur und bairisch Bier mit Opium versetzt, unter der Maske der Freundschaft an die Barrikadenhelden verabreicht, und somit viele untauglich gemacht. Und ebenderselbe hat auch geheime Durchgänge durch Häuser den Soldaten angewiesen. Karlsruhe, 15. Mai. Der seitherige Großherzog von Baden floh in die rheinbaierische Festung Germersheim, Markgraf Wilhelm nach Stuttgart, Markgraf Max nach Frankfurt. In welchen Winkel die volksverrätherischen Minister sich begeben haben, ist nicht bekannt; man erwartet stündlich Steckbriefe. Als Mitglieder des Landesausschusses sind noch zugezogen worden: Struve, Damm und Ziegler. * Karlsruhe, 14. Mai. Die "Karlsruher Zeitung," bisher das Organ der unverschämtesten Reaktion, jetzt in ein Organ des "Landesausschusses" umgewandelt, enthält Folgendes: Dreizehn Monate harten Kampfes, dreizehn Monate schwerer Opfer sind voruber. In solcher Zeit hat uns nur die Hoffnung aufrecht erhalten, daß unser schönes Vaterland die Freiheit erringen, und daß ein Bruderband alle Deutschen umschlingen werde Doch kaum ist die deutsche Verfassung endgültig von den Vertretern der Nation festgestellt, so tritt die Verschwörung der Könige, ihre landesverrätherische Verbindung mit dem Czaren von Rußland zue Knechtung des deutschen Volkes, welches im vorigen März seine Großmuth bethätigt hat -- es tritt die Contrerevolution keck und unverschleiert hervor. Nochmals soll die absolute Fürstenherrschaft gegründet, nochmals sollen die Ketten geschmiedet werden, die wir im März verflossenen Jahres zerrissen haben. Mitbürger! In einem solchen Kampfe konnte die tapfere Armee, konnten unsere und euere Brüder nicht zweifelhaft sein, daß ihre Pflicht sie auf die Seite des Volkes rief; sie haben es erkannt, daß sie, die Söhne des Vaterlandes, für die Freiheit des Volkes, für die Einheit der deutschen Lande, und für die Größe der Nation fechten sollen. Die Armee hat sich daher mit uns verbunden. Sie kämpft nicht gegen das Volk, sie kämpft nur gegen die Feinde der Freiheit und des Vaterlandes. Diese Verbindung des Heeres mit dem Volke war offenbar kein Grund, daß der Großherzog geflohen ist, wozu ihm verrätherische Minister den Rath gegeben, die dann die Regierung verließen und die Geschäfte des Landes dem Ungefähr anheimstellten. Mitbürger! Eingedenk der Verpflichtung, die wir gegenüber der großen Landesversammlung in Offenburg übernommen, und folgend dem Rufe der Gemeindebehörde hiesiger Stadt, sind wir heute Mittag an der Spitze unserer braven Soldaten hier eingezogen. Wir werden unsere Kräfte daran setzen, bei der Erringung eines volksmäßigen Staatszustandes die volle Freiheit der Person und den Schutz des Eigenthums zu wahren. Wir werden Alles aufbieten, um die Regierungsmaschine im Gang zu erhalten; wir werden auf dem Platze bleiben, den die Pflicht und der Ruf des Volkes uns angewiesen, bis das Volk selbst über die Regierung das Nöthige verfügt hat. Mitbürger! unsere Aufgabe ist eine schwierige. Aber wir fühlen in uns den kräftigen Willen, sie zu lösen. Unterstützt uns überall in unserem Beginnen, und wir zweifeln nicht, daß die Freiheit zum Siege gelangen wird. Der Landesausschuß. Namens desselben: Brentano. Heinrich Hoff. Richter. A. Soegg. Werner. R[unleserliches Material]hmann. Karlsruhe, 14. Mai 1848. An sämmtliche Gemeindebehörden des Landes. In Folge der letzten Ereignisse haben viele Soldaten des badischen Armeecorps ihre Garnisonsorte verlassen. Dieselben werden hiermit aufgefordert, so schnell als möglich zu ihren Heeresabtheilungen wieder zurückzukehren, um der Sache der Freiheit nützlich zu sein. Alle Gemeinden des Landes werden beauftragt, die Soldaten, welche ihre Garnisonsorte verlassen haben, mit allen ihnen zustehenden Mitteln in ihre Garnisonsorte zurückzubringen. Im Auftrag der Exekutivkommission: Eichfeld. Karlsruhe, 14. Mai 1849. Aufforderung an die Offiziere. Sämmtliche Offiziere, die in Folge der jüngsten Ereignisse nicht mehr bei ihren Fahnen stehen werden aufgefordert, sich dem Kriegsministerium zur Verfügung zu stellen, insofern ihnen die Freiheit des Volkes und das Wohl des großen deutschen Vaterlandes am Herzen liegt, und sie sich zu deren Vertheidigung verpflichtet fühlen Im Auftrag der Exekutivkommission: Eichfeld. * Ludwigshafen, 17. Mai. Fr. Anneke ist zum Commandeur der Artillerie hierselbst ernannt worden. * Offenburg. In der großen, von mindestens 25,000 Menschen besuchten Volksversammlung wurde, nachdem die Deputation aus Karlsruh mit einer ablehnenden Antwort zurückgekehrt war, folgende Erklärung erlassen: "Deutschland befindet sich fortwährend im Zustand voller Revolution, aufs neue hervorgerufen durch die Angriffe der größern deutschen Fürsten auf die von der deutschen Nationalversammlung endgültig beschlossene Reichsverfassung und die Freiheit überhaupt. -- Die deutschen Fürsten haben sich zur Unterdrückung der Freiheit verschworen und verbunden; der Hochverrath an Volk und Vaterland liegt offen zu Tage; es ist klar, daß sie sogar Rußlands sämmtliche Armeen zur Unterdrückung der Freiheit zur Hülfe rufen. -- Die Deutschen befinden sich also im Stande der Nothwehr, sie müssen sich verbinden, um die Freiheit zu retten; sie müssen dem Angriff der fürstlichen Rebellen den bewaffneten Widerstand entgegensetzen. Die deutschen Stämme haben die Verpflichtung, sich gegenseitig die Freiheit zu gewährleisten, um den Grundsatz der Volkssouveränität vollkommen durchzuführen; sie müssen sich daher unterstützen überall, wo sie angegriffen werden. Das badische Volk wird daher die Volksbewegung in der Pfalz mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln unterstützen." 103 Kaiserslautern, 16 Mai. Die Bewegung, welche vor 10 Tagen in der Pfalz begonnen, hat während dieser Zeit alle Klassen der Bevölkerung ergriffen, so daß jetzt alt und jung, reich und arm, wie ein Mann für die Reichsverfassung steht. Seit dem 13. Mai sind zwei Drittel vom 6. baierischen Regiment hier angelangt, und gestern trafen wieder 100 Mann Jäger nebst vielen Rekruten ein, deßgleichen Cheveauxlegers aus Zweibrücken, Kannoniere aus Landau u. s. w., die sich sämmtlich für die Volkssache erklärt haben. Auch ein Jäger-Offizier, Lieutenant Stöse, kam an. Er wurde von den Soldaten, bei denen er sehr beliebt ist, mit lautem Jubel begrüßt, leistete den Schwur auf die Reichsverfassung, und empfing darauf von dem Landesausschusse die Bestallung als Hauptmann. -- Ebenso hat die kleine Besatzung von 33 Mann, welche von dem Militär zum Schutze des hiesigen Centralgefängnisses zurückgelassen und im Vertrauen auf ihre volksfreundlichen Gesinnungen von dem Landesausschusse geduldet worden war, gestern den Schwur auf die Reichsverfassung abgelegt. -- Die Nachrichten aus Baden erregen Jubel und Begeisterung. In Rheinhessen hat der ehemals Reichstagsabgeordnete Zitz ein wohlbewaffnetes Korps von 1800 Mann zusammen gebracht und sich zur Verfügung des Landesausschusses der Pfalz gestellt. Er ist gegenwärtig im Alsenzthale postirt, wo man den ersten Angriff der Preußen von dem benachbarten Kreuznach aus erwartet. Gestern sind 200 Mann vom 9. und 6. Regiment in dieses Thal dirigirt worden, um jenes Korps zu verstärken. -- Gleichzeitig brach Anneke an der Spitze einer aus Soldaten und Studenten gebildeten Kerntruppe von 1200 Mann nach Ludwigshafen auf, um die badische Bewegung zu unterstützen. -- Nachdem Sachsen gefallen, sind große Hoffnungen auf die Pfalz und Baden gerichtet. Die Bevölkerung dieser Länder wird diese Hoffnungen nicht zu Schanden werden lassen. Schon stehen 10,000 Freiheitsstreiter unter den Waffen, und eben werden Anstalten getroffen, noch 12,000 Mann dazu auszuheben. Steht auch Würtemberg, so dürfte über den Ausgang des bevorstehenden Kampfes kaum ein Zweifel obwalten. Was die Stellung der Pfalz zur baierischen Regierung anlangt, so sind bereits in allen Kantonen der Pfalz Abgeordnete gewählt, um Morgen hier zusammenzutreten und definitive Entscheidung über die nächste Zukunft des Landes zu fassen. Französische Republik. 12 Paris, 16. Mai. Rouge! rouge! rouge! Roth gewinnt; die rothe Republik ist am Vorabende ihres Sieges: die Niederlage der Reaktionäre, der Triumph der Demokraten, mit dieser Genugthuung beschließe ich freudig meine Artikel über Frankreich. Die Demokraten! Als wenn es noch Demokraten gäbe! Nein, die Sprache ist frei geworden, es heißt nicht mehr Demokraten, es heißt die Rothen. Wie viel Stimmen haben die Rothen in dieser oder jener Sektion? Wie viel Stimmen haben die Rothen in diesem oder jenem Departement? So begrüßt man sich auf der Straße, in den Cafe's, allenthalben. Das Wort, das in den Junitagen so ungeheures Entsetzen erregte, das lebt jetzt in aller Munde. Die Sache, welche die Rheinische Zeitung während des Junikampfes vertrat, die Sache, für welche die Rheinische Zeitung nach der Juniniederlage auftrat, als kein einziges französisches Journal sie offen in Schutz zu nehmen wagte, das ist die siegreiche Sache geworden. Demokraten! Sozialisten! Wer spricht jetzt noch von Sozialisten? Der Telegraph kennt nur die rothe Sprache; der Telegraph berichtet nur von der rothen Liste, und die rothe Liste hat bereits gesiegt in Paris und in der Armee. Mit Schrecken gestehen die reaktionären Journale ein, daß man jetzt nicht mehr auf die Garnison zählen dürfe; denn die Garrnison hat für die Rothen gestimmt. Die Armee hat den Unteroffizier Boichot über den General Changarnier gesetzt; und nach allen Berichten, die bis jetzt eingelaufen, verhalten sich die Stimmen, die Boichot erhalten, zu denen, die dem Changarnier zugefallen, wie hundert zu zwei. Der Sieg von mehr als 22 rothen Kandidaten in dem Seinedepartement ist bereits zugesichert, und mit jedem neuen Siege der Rothen werden die Bleichen noch bleicher und fallen die Kurse! Das Seinedepartement, d. h. Paris und die Armee roth! Was bedarf es da noch des weitern Sieges? Vergebens haben die Bourgeois die Rothen zuerst ausgehungert, dann niederkartätscht und dann zu Tausenden in den Pontons verschmachten lassen; vergebens hat ein Ministerium Barrot-Faucher die Associationsfreiheit unterdrückt, die Klubs untersagt, die Presse verfolgt und die Militärs, welche die rothen Journale lasen, eingesteckt. Die Rothen siegen und die Blassen erblassen täglich, stündlich mehr. Sonderbar! Selbst in dem ersten Arrondissement, d. h. in demjenigen Quartier, das hauptsächlich von der Geldaristokratie bewohnt wird, haben die Rothen 25 Stimmen auf 100 erhalten. Es sind dies die Stimmen aller jener Industriellen und Boutiquiers, jener kleinen Bourgeoisie, die nach der Junischlacht durch die gerichtliche Liquidation rücksichtslos aufgeopfert wurde von der gro- [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage. wer es auch sei, widersetze, ergriffen und dem Kriegsgericht überliefert werde. Vor und nach der Verlesung natürlich obligater Trommelwirbel. Auch an allen Ecken ist die Proklamation, das offenbarste Zeugniß der Schande Preußens, angeheftet und zahlreiche Gruppen lesen es. Eine erfreuliche Aufregung hat sich durch diesen neuesten Schritt des Ministeriums im Volk verbreitet. Wahrscheinlich wird man nicht säumen, sobald als möglich mit den Kriegsgerichten praktische Experimente anzustellen und einige Aufrührer zu erschießen. Berlin scheint solcher Reizmittel zu bedürfen und wir haben das Standrecht nie gefürchtet, sondern stets auf seine Proklamation gehofft. Während unsere Belagerungszustands-Verhältnisse endlich anfangen wollen, aus dem heitern Lustspiel in eine tragischere Phase überzugehen, hält der Kongreß von Abgeordneten deutscher Staaten, welche zusammengekommen sind, Deutschland eine Verfassung zu oktroyiren, seine regelmäßigen Sitzungen unter dem Vorsitz des Hrn. v. Radowitz ([unleserliches Material]). Es ist ein engerer Ausschuß für die Vorarbeiten gebildet worden und läßt sich schon jetzt voraussehen, daß die oktroyirte Verfassung zu der von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen in demselben Verhältniß stehen wird, wie die Verfassung vom 5. Dez. zu den Arbeiten der Verfassungskommission der preußischen Nationalversammlung. Der Kongreß erfreut sich indeß nicht der gewünschten Einigkeit. Die Gesandten Hannovers stehen im ziemlichen Gegensatz den Bevollmächtigten Preußens, Sachsens, (welches jenem unbedingt folgt) und Baierns gegenüber. Der Differenzpunkt liegt besonders im Wahlrecht. Herr v. Radowitz besteht im Namen Preußens auf die drei Steuerklassen, während der hannoversche und in diesem Falle auch der baierische Bevollmächtigte nur eine engere Definition der Selbstständigkeit wünschen. Preußen wird nach diesem Reichswahlgesetz die Wahlen für die nächste 2. Kammer vornehmen lassen, da man sich immer noch nicht entschließen kann, vom Scheine des Rechts abzusehen. Die Gesandten der Monarchen von Würtemberg und Braunschweig verhalten sich nur konsultativ. Einem Briefe aus Wien vom 14. d. M., entnehmen wir folgende, eben so erfreuliche Nachricht: Ofen war vor allen Dingen in den Händen der Ungarn; die ganze Besatzung wurde bis auf zehn Mann niedergemacht, weil man nicht aufhörte, Pesth zu bombardiren. — Görgey hatte Preßburg umgangen und stand bei Göding, in der Nähe von Wien mit 85,000-90,000 Mann. Jeden Augenblick erwartete man sein Vorrücken gegen die Hauptstadt Oestreich's. Die Russen hatten bei Jablunka schon eine ziemlich bedeutende Schlappe bekommen. Ein Ereigniß, daß besonders seiner moralischen Wirkung wegen, von unberechenbarer Wichtigkeit ist. Dembinski war nach Norden gerückt, um sie nachdrücklich zu empfangen. — Außerdem erzählt dieser, seiner Gesinnung nach Konservative, und deßhalb in solchen Angelegenheiten um so glaubwürdigere Korrespondent, daß sich das östreichische Heer in der traurigsten Lage befinde. Der junge Kaiser soll über den Zustand einiger Truppentheile in Thränen ausgebrochen sein und man spricht davon, daß mehrere der unfähigen Generale vor ein Kriegsgericht gestellt würden. Der Kaiser beabsichtigt, eine Proklamation an seine Völker zu erlassen, in der er besonders verspricht, festzuhalten an dem Versprechen der Gleichberechtigung aller Nationalitäten. In Burg, bei Magdeburg, ist unter dem einen Bataillon des 20. (Berliner) Landwehrregiments der Unwille der Wehrmänner in offene Empörung ausgebrochen. Der Major desselben wurde schwer verwundet und General Wrangel hat heute den Befehl nach Burg geschickt, die aufrührische Landwehr, welche die sogenannten Rädelsführer nicht nennen wollte, zu decimiren. Die Nachrichten aus Baden, welche heute Vormittag durch Privatmittheilungen hier schon eingetroffen waren, haben ungeheures Aufsehen erregt. Am Sonntag wird der bekannte demokratische Edelmann, Herr von Holzendorf-Vietmansdorf, bei Vietmansdorf eine große Bauernversammlung abhalten, welche von großer Wichtigkeit ist, da die Uckermark bekanntlich bis jetzt immer für den allertreuesten Landestheil galt, aber in der letzten Zeit schon nicht undeutliche Zeichen von freierer Gesinnung darlegte. A. Fould hat, wie wir hören, an einem hiesigen bedeutenden Bankier geschrieben, daß Frankreich allerdings an seiner östlichen Gränze, ein Observationskorps von 150,000 Mann zusammenziehen müsse, weil die russische Intervention in Ungarn in allen Klassen und Ständen des französischen Volks einen gleichen Unwillen hervorgerufen habe. Die Nachrichten vom Rhein werden hier mit gespannter Aufmerksamkeit erwartet. Daß sich das treue Wupperthal empört hat, wurde am wenigsten vorausgesehen, und deßhalb ist der Schrecken des Ministeriums über die Katastrophe in Elberfeld, ein wahrhaft panischer gewesen. Auf diese Nachrichten hin, wurde in einem Ministerrath die Proklamation des Königs „An mein Volk“ beschlossen. Manteuffel und Rabe waren ganz entschieden gegen einen solchen Schritt, wurden aber durch die Partei Ladenberg überstimmt. Der Entwurf der Ansprache ist durch den König selbst verfaßt, wie dies auch aus jedem Worte hervorgeht. Die liberale Partei des Kabinets wollte wiederum die allzustarken Ausdrücke gemildert haben, drangen aber natürlich nicht durch. Die Börse war heute, wie nach der Proklamirung des Standrechts nicht anders zu erwarten war, sehr gut gestimmt. Die Nachrichten aus Baden konnten diesen guten Eindruck nicht schwächen, da die Börsenlöwen eine baldige Unterdrückung der Erhebung in Baden und der Pfalz voraussagen. * Berlin, 16. Mai. Die Segnungen der „Neuen preußisch-russischen Constitution“ werden durch folgende Bekanntmachung auch über „Meine lieben Berliner“ ausgeschüttet: „In Erwägung, daß die Gründe, welche die durch Beschluß des Staats-Ministeriums vom 12. November v. J. ausgesprochene Verhängung des Belagerungszustandes über die Hauptstadt bedingten, noch nicht beseitigt sind, in Erwägung ferner, daß noch in neuester Zeit in hiesiger Stadt Versuche und Bestrebungen, Aufruhr zu erregen, hervorgetreten sind, in Erwägung endlich, daß ein Zustand, welcher die Aufhebung der für Berlin angeordneten Ausnahme-Maßregeln gestattet, nur durch kräftige und vollständige Anwendung aller gesetzlichen Mittel herbeigeführt werden kann, beschließt das Staats-Ministerium: 1) Der über Berlin und seinen zweimeiligen Umkreis verhängte Belagerungszustand bleibt einstweilen nach den Bestimmungen und unter der Form des Gesetzes vom 10. Mai c. fortbestehen; Nach vorstehendem Beschlusse des Königlichen Staats-Ministeriums verbleibt es bei den zur Aufrechthaltung der Ordnung während des Belagerungszustandes von mir erlassenen Bestimmungen, und wird das Kriegsgericht angeordnet, welches die in §§ 8, 9 und 10 des Gesetzes vom 10. d. Mts. vorgesehenen Verbrechen und Vergehen zu untersuchen und darüber abzuurtheilen hat. Berlin, 15. Mai 1849. Der Oberbefehlshaber in den Marken: von Wrangel.“ 61 Breslau, 14. Mai. Die Transporte der Kosakenhorden nach Deutschland dauern fort und verhindern das regelmäßige Eintreffen von Nachrichten aus Oestreich. Zudem hat der Belagerungszustand unsere beiden sogenannten Volksorgane so feig gemacht, daß sie selbst die wenigen Nachrichten vom Kriegsschauplatze, die sie noch erhalten, nicht zu veröffentlichen wagen, wenn dieselben zu Gunsten der Magyaren sprechen. Insbesondere zeichnet sich hierin widerum die als radikal-demokratisch verschrieene Oderzeitung aus und unterdrückte unter anderen z. B. die ihr vor einigen Tagen zugekommene Mittheilung, daß die Magyaren aus England 10,000 Brandraketen erhalten. Die demokratische Oderzeitung läßt sich von der Brüderschaft — nicht der Völker — der Russen und des Herrn von Hohenzollern, sie läßt sich von des letztern Staatsverfassung vom 10. Mai und vom § 8 der Breslauer Verfassung des Herrn Moets imponiren, und weiß sich danach recht jüdisch-kalkulirend russenfreundlich zu benehmen. Ein anderer Grund, weßhalb uns Nachrichten fehlen, ist der, daß die Russen, wo sie in Oestreich eingerückt sind, das Seif-Governement in die Hand genommen haben und die östreichische Nordbahn samm. der Post à la russe beherrschen, — d. h. den Grenzverkehr z. B. hermetisch versperren, die Briefe öffnen und vernichten u. s. w. Der Olmützer Unterknäs hat das Handwerk noch nicht vollständig verstanden, darum ist der Petersburger Oberknäs ihm auf den Leib gerückt. Man sieht die preußischen Soldaten jetzt ziemlich vereinzelt gehen, die frühere Volksfreundschaft scheint ganz aufgehört zu haben. Es sieht im Vergleich mit dem Sonst komisch aus, mit welcher Salonsdelikatesse die preußischen Lieutenants gegenwärtig die Soldaten behandeln, welche sie in der Nacht vom 7. und 8. mit Schnaps und Fleischschnitten so trefflich zum Todschießen des Volks zu fanatisiren gewußt haben. Am 7. und 8. hat sich hier kein einziger Student weiter gerührt, als bis zum Bierkneippen. Als das französische Volk den mit dem Namen Napoleon gezeichneten Stier von Uri zu seinem Präsidenten wählte, schrieb ich Ihnen aus Wien, daß der Absolutismus diese Wahl als einen Sieg seiner Sache betrachte. Aber die Demokratie meinte damals, die Wahl des Stier's von Uri sei blos eine Negation des Schlächters Cavaignac. Sie bedeutete indessen mehr, denn sie bedeutete das, was der Absolutismus wollte. Ich erfahre nämlich aus zuverlässiger Quelle, daß der Stier von Uri in die Verschwörung der europäischen Contrerevolution ganz entschieden und direkt verwickelt ist und seine obersten Verhaltungsbefehle unmittelbar aus dem Hauptquartier zu Petersburg erhält. Die Sache wurde durch den moskowitisch begnadeten Napoleoniden Leuchtenberg mit dem Stier von Uri eingeleitet. Eine Cäsarewna und ein Kaiserthron wurden in Aussicht gestellt, wenn der Stier den Ordres des Oberknäs getreulich parire. Wie er Wort gehalten, zeigt die Schandgeschichte, welche das französische Volk seit seiner Wahl durchgemacht. Auch der Stier hat den Befehl, wie Brandenburg, vor keiner Kammermajorität zu weichen und nur solche Kreaturen im Ministerium zu dulden, welche ihm von Petersburg aus bezeichnet werden. Der dortige Oberknäs verwaltet also jetzt schon ganz Europa. Ich habe diese Mittheilungen von französischen Kuriren, die Breslau passirt haben und versichern, daß der Reichsverweser Johann zwischen Paris und Petersburg der thätigste Zwischenhändler des allgemeinen Knäsenkomplots zur Ermordung der Völker sei. Daß der illegitime Stier von Uri am Ende überall der Erwischte sein würde, brauche ich kaum zu bemerken. In unserem Belagerungszustande ist keine Veränderung eingetreten; die Ausweisung der sogenannten Fremden wird unnachsichtlich gehandhabt, die Lieutenants genießen fleißig Morgenschnäpse. Die Lieutenantsweiber schimpfen auf den demokratischen Pöbel und streicheln auf der Straße Rekruten- und Landwehrmänner, die Bourgeois reden von Anarchie und die jüdischen Spekulanten à la Friedmann bekehrer je nach den Umständen. * Bunzlau (Schlesien), 2. Mai. Wie weit die gepriesene Disciplin in „Meinem herrlichen Kriegsheer“ schon gediehen ist, davon gibt das hier erscheinende Blatt „Fortschritt“ in nachstehender verbürgten Mittheilung eine eklatante Probe. „Am Abende des Bußtages“, meldet genanntes Blatt, „wurde von einigen Soldaten des 8. Landwehr-Regiments hierorts, (unter Commando des Major Grafen Lüttichau), eine Frevelthat verübt, welche nicht nur die Grenzen der größten Sittenlosigkeit, als auch der Bosheit fast überstieg. Diese Leute hatten ein Mädchen aufgegriffen, demselben sämmtliche Kleider über dem Kopfe zusammengebunden, und auf diese Weise mit ihr auf offener Straße sich herumgebalgt, das Mädchen bei den Beinen gefaßt und mit dem nackten Körper auf dem Pflaster geschleift. Einem hinzutretenden Manne, (Eisenbahnbeamten Walter), welchen diese Burschen wegen ihres schändlichen Treibens anging, widerfuhr die Ehre, von der Patrouille, welche inzwischen hinzugekommen war, in Arrest geschleppt zu werden. Der Tumult dauerte fast zwei Stunden!“ Solches geschieht von den Stützen der christlich-germanisch-hohenzollern'schen „Ruhe und Ordnung!“ * Dresden, 13. Mai. Zu den Nichtswürdigkeiten deren sich die reactionäre Partei bedient hat, verdient namentlich die Giftmischerei des Hoflieferanten H—. gezählt zu werden. Es hat dieser Schuft Liqueur und bairisch Bier mit Opium versetzt, unter der Maske der Freundschaft an die Barrikadenhelden verabreicht, und somit viele untauglich gemacht. Und ebenderselbe hat auch geheime Durchgänge durch Häuser den Soldaten angewiesen. Karlsruhe, 15. Mai. Der seitherige Großherzog von Baden floh in die rheinbaierische Festung Germersheim, Markgraf Wilhelm nach Stuttgart, Markgraf Max nach Frankfurt. In welchen Winkel die volksverrätherischen Minister sich begeben haben, ist nicht bekannt; man erwartet stündlich Steckbriefe. Als Mitglieder des Landesausschusses sind noch zugezogen worden: Struve, Damm und Ziegler. * Karlsruhe, 14. Mai. Die „Karlsruher Zeitung,“ bisher das Organ der unverschämtesten Reaktion, jetzt in ein Organ des „Landesausschusses“ umgewandelt, enthält Folgendes: Dreizehn Monate harten Kampfes, dreizehn Monate schwerer Opfer sind voruber. In solcher Zeit hat uns nur die Hoffnung aufrecht erhalten, daß unser schönes Vaterland die Freiheit erringen, und daß ein Bruderband alle Deutschen umschlingen werde Doch kaum ist die deutsche Verfassung endgültig von den Vertretern der Nation festgestellt, so tritt die Verschwörung der Könige, ihre landesverrätherische Verbindung mit dem Czaren von Rußland zue Knechtung des deutschen Volkes, welches im vorigen März seine Großmuth bethätigt hat — es tritt die Contrerevolution keck und unverschleiert hervor. Nochmals soll die absolute Fürstenherrschaft gegründet, nochmals sollen die Ketten geschmiedet werden, die wir im März verflossenen Jahres zerrissen haben. Mitbürger! In einem solchen Kampfe konnte die tapfere Armee, konnten unsere und euere Brüder nicht zweifelhaft sein, daß ihre Pflicht sie auf die Seite des Volkes rief; sie haben es erkannt, daß sie, die Söhne des Vaterlandes, für die Freiheit des Volkes, für die Einheit der deutschen Lande, und für die Größe der Nation fechten sollen. Die Armee hat sich daher mit uns verbunden. Sie kämpft nicht gegen das Volk, sie kämpft nur gegen die Feinde der Freiheit und des Vaterlandes. Diese Verbindung des Heeres mit dem Volke war offenbar kein Grund, daß der Großherzog geflohen ist, wozu ihm verrätherische Minister den Rath gegeben, die dann die Regierung verließen und die Geschäfte des Landes dem Ungefähr anheimstellten. Mitbürger! Eingedenk der Verpflichtung, die wir gegenüber der großen Landesversammlung in Offenburg übernommen, und folgend dem Rufe der Gemeindebehörde hiesiger Stadt, sind wir heute Mittag an der Spitze unserer braven Soldaten hier eingezogen. Wir werden unsere Kräfte daran setzen, bei der Erringung eines volksmäßigen Staatszustandes die volle Freiheit der Person und den Schutz des Eigenthums zu wahren. Wir werden Alles aufbieten, um die Regierungsmaschine im Gang zu erhalten; wir werden auf dem Platze bleiben, den die Pflicht und der Ruf des Volkes uns angewiesen, bis das Volk selbst über die Regierung das Nöthige verfügt hat. Mitbürger! unsere Aufgabe ist eine schwierige. Aber wir fühlen in uns den kräftigen Willen, sie zu lösen. Unterstützt uns überall in unserem Beginnen, und wir zweifeln nicht, daß die Freiheit zum Siege gelangen wird. Der Landesausschuß. Namens desselben: Brentano. Heinrich Hoff. Richter. A. Soegg. Werner. R[unleserliches Material]hmann. Karlsruhe, 14. Mai 1848. An sämmtliche Gemeindebehörden des Landes. In Folge der letzten Ereignisse haben viele Soldaten des badischen Armeecorps ihre Garnisonsorte verlassen. Dieselben werden hiermit aufgefordert, so schnell als möglich zu ihren Heeresabtheilungen wieder zurückzukehren, um der Sache der Freiheit nützlich zu sein. Alle Gemeinden des Landes werden beauftragt, die Soldaten, welche ihre Garnisonsorte verlassen haben, mit allen ihnen zustehenden Mitteln in ihre Garnisonsorte zurückzubringen. Im Auftrag der Exekutivkommission: Eichfeld. Karlsruhe, 14. Mai 1849. Aufforderung an die Offiziere. Sämmtliche Offiziere, die in Folge der jüngsten Ereignisse nicht mehr bei ihren Fahnen stehen werden aufgefordert, sich dem Kriegsministerium zur Verfügung zu stellen, insofern ihnen die Freiheit des Volkes und das Wohl des großen deutschen Vaterlandes am Herzen liegt, und sie sich zu deren Vertheidigung verpflichtet fühlen Im Auftrag der Exekutivkommission: Eichfeld. * Ludwigshafen, 17. Mai. Fr. Anneke ist zum Commandeur der Artillerie hierselbst ernannt worden. * Offenburg. In der großen, von mindestens 25,000 Menschen besuchten Volksversammlung wurde, nachdem die Deputation aus Karlsruh mit einer ablehnenden Antwort zurückgekehrt war, folgende Erklärung erlassen: „Deutschland befindet sich fortwährend im Zustand voller Revolution, aufs neue hervorgerufen durch die Angriffe der größern deutschen Fürsten auf die von der deutschen Nationalversammlung endgültig beschlossene Reichsverfassung und die Freiheit überhaupt. — Die deutschen Fürsten haben sich zur Unterdrückung der Freiheit verschworen und verbunden; der Hochverrath an Volk und Vaterland liegt offen zu Tage; es ist klar, daß sie sogar Rußlands sämmtliche Armeen zur Unterdrückung der Freiheit zur Hülfe rufen. — Die Deutschen befinden sich also im Stande der Nothwehr, sie müssen sich verbinden, um die Freiheit zu retten; sie müssen dem Angriff der fürstlichen Rebellen den bewaffneten Widerstand entgegensetzen. Die deutschen Stämme haben die Verpflichtung, sich gegenseitig die Freiheit zu gewährleisten, um den Grundsatz der Volkssouveränität vollkommen durchzuführen; sie müssen sich daher unterstützen überall, wo sie angegriffen werden. Das badische Volk wird daher die Volksbewegung in der Pfalz mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln unterstützen.“ 103 Kaiserslautern, 16 Mai. Die Bewegung, welche vor 10 Tagen in der Pfalz begonnen, hat während dieser Zeit alle Klassen der Bevölkerung ergriffen, so daß jetzt alt und jung, reich und arm, wie ein Mann für die Reichsverfassung steht. Seit dem 13. Mai sind zwei Drittel vom 6. baierischen Regiment hier angelangt, und gestern trafen wieder 100 Mann Jäger nebst vielen Rekruten ein, deßgleichen Cheveauxlegers aus Zweibrücken, Kannoniere aus Landau u. s. w., die sich sämmtlich für die Volkssache erklärt haben. Auch ein Jäger-Offizier, Lieutenant Stöse, kam an. Er wurde von den Soldaten, bei denen er sehr beliebt ist, mit lautem Jubel begrüßt, leistete den Schwur auf die Reichsverfassung, und empfing darauf von dem Landesausschusse die Bestallung als Hauptmann. — Ebenso hat die kleine Besatzung von 33 Mann, welche von dem Militär zum Schutze des hiesigen Centralgefängnisses zurückgelassen und im Vertrauen auf ihre volksfreundlichen Gesinnungen von dem Landesausschusse geduldet worden war, gestern den Schwur auf die Reichsverfassung abgelegt. — Die Nachrichten aus Baden erregen Jubel und Begeisterung. In Rheinhessen hat der ehemals Reichstagsabgeordnete Zitz ein wohlbewaffnetes Korps von 1800 Mann zusammen gebracht und sich zur Verfügung des Landesausschusses der Pfalz gestellt. Er ist gegenwärtig im Alsenzthale postirt, wo man den ersten Angriff der Preußen von dem benachbarten Kreuznach aus erwartet. Gestern sind 200 Mann vom 9. und 6. Regiment in dieses Thal dirigirt worden, um jenes Korps zu verstärken. — Gleichzeitig brach Anneke an der Spitze einer aus Soldaten und Studenten gebildeten Kerntruppe von 1200 Mann nach Ludwigshafen auf, um die badische Bewegung zu unterstützen. — Nachdem Sachsen gefallen, sind große Hoffnungen auf die Pfalz und Baden gerichtet. Die Bevölkerung dieser Länder wird diese Hoffnungen nicht zu Schanden werden lassen. Schon stehen 10,000 Freiheitsstreiter unter den Waffen, und eben werden Anstalten getroffen, noch 12,000 Mann dazu auszuheben. Steht auch Würtemberg, so dürfte über den Ausgang des bevorstehenden Kampfes kaum ein Zweifel obwalten. Was die Stellung der Pfalz zur baierischen Regierung anlangt, so sind bereits in allen Kantonen der Pfalz Abgeordnete gewählt, um Morgen hier zusammenzutreten und definitive Entscheidung über die nächste Zukunft des Landes zu fassen. Französische Republik. 12 Paris, 16. Mai. Rouge! rouge! rouge! Roth gewinnt; die rothe Republik ist am Vorabende ihres Sieges: die Niederlage der Reaktionäre, der Triumph der Demokraten, mit dieser Genugthuung beschließe ich freudig meine Artikel über Frankreich. Die Demokraten! Als wenn es noch Demokraten gäbe! Nein, die Sprache ist frei geworden, es heißt nicht mehr Demokraten, es heißt die Rothen. Wie viel Stimmen haben die Rothen in dieser oder jener Sektion? Wie viel Stimmen haben die Rothen in diesem oder jenem Departement? So begrüßt man sich auf der Straße, in den Café's, allenthalben. Das Wort, das in den Junitagen so ungeheures Entsetzen erregte, das lebt jetzt in aller Munde. Die Sache, welche die Rheinische Zeitung während des Junikampfes vertrat, die Sache, für welche die Rheinische Zeitung nach der Juniniederlage auftrat, als kein einziges französisches Journal sie offen in Schutz zu nehmen wagte, das ist die siegreiche Sache geworden. Demokraten! Sozialisten! Wer spricht jetzt noch von Sozialisten? Der Telegraph kennt nur die rothe Sprache; der Telegraph berichtet nur von der rothen Liste, und die rothe Liste hat bereits gesiegt in Paris und in der Armee. Mit Schrecken gestehen die reaktionären Journale ein, daß man jetzt nicht mehr auf die Garnison zählen dürfe; denn die Garrnison hat für die Rothen gestimmt. Die Armee hat den Unteroffizier Boichot über den General Changarnier gesetzt; und nach allen Berichten, die bis jetzt eingelaufen, verhalten sich die Stimmen, die Boichot erhalten, zu denen, die dem Changarnier zugefallen, wie hundert zu zwei. Der Sieg von mehr als 22 rothen Kandidaten in dem Seinedepartement ist bereits zugesichert, und mit jedem neuen Siege der Rothen werden die Bleichen noch bleicher und fallen die Kurse! Das Seinedepartement, d. h. Paris und die Armee roth! Was bedarf es da noch des weitern Sieges? Vergebens haben die Bourgeois die Rothen zuerst ausgehungert, dann niederkartätscht und dann zu Tausenden in den Pontons verschmachten lassen; vergebens hat ein Ministerium Barrot-Faucher die Associationsfreiheit unterdrückt, die Klubs untersagt, die Presse verfolgt und die Militärs, welche die rothen Journale lasen, eingesteckt. Die Rothen siegen und die Blassen erblassen täglich, stündlich mehr. Sonderbar! Selbst in dem ersten Arrondissement, d. h. in demjenigen Quartier, das hauptsächlich von der Geldaristokratie bewohnt wird, haben die Rothen 25 Stimmen auf 100 erhalten. Es sind dies die Stimmen aller jener Industriellen und Boutiquiers, jener kleinen Bourgeoisie, die nach der Junischlacht durch die gerichtliche Liquidation rücksichtslos aufgeopfert wurde von der gro- [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage. <TEI> <text> <body> <div> <div xml:id="ar301_009" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="1716"/> wer es auch sei, widersetze, ergriffen und dem Kriegsgericht überliefert werde. Vor und nach der Verlesung natürlich obligater Trommelwirbel. Auch an allen Ecken ist die Proklamation, das offenbarste Zeugniß der Schande Preußens, angeheftet und zahlreiche Gruppen lesen es. Eine erfreuliche Aufregung hat sich durch diesen neuesten Schritt des Ministeriums im Volk verbreitet. Wahrscheinlich wird man nicht säumen, sobald als möglich mit den Kriegsgerichten praktische Experimente anzustellen und einige Aufrührer zu erschießen. Berlin scheint solcher Reizmittel zu bedürfen und wir haben das Standrecht nie gefürchtet, sondern stets auf seine Proklamation gehofft.</p> <p>Während unsere Belagerungszustands-Verhältnisse endlich anfangen wollen, aus dem heitern Lustspiel in eine tragischere Phase überzugehen, hält der Kongreß von Abgeordneten deutscher Staaten, welche zusammengekommen sind, Deutschland eine Verfassung zu oktroyiren, seine regelmäßigen Sitzungen unter dem Vorsitz des Hrn. v. Radowitz (<gap reason="illegible"/>). Es ist ein engerer Ausschuß für die Vorarbeiten gebildet worden und läßt sich schon jetzt voraussehen, daß die oktroyirte Verfassung zu der von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen in demselben Verhältniß stehen wird, wie die Verfassung vom 5. Dez. zu den Arbeiten der Verfassungskommission der preußischen Nationalversammlung. Der Kongreß erfreut sich indeß nicht der gewünschten Einigkeit. Die Gesandten Hannovers stehen im ziemlichen Gegensatz den Bevollmächtigten Preußens, Sachsens, (welches jenem unbedingt folgt) und Baierns gegenüber. Der Differenzpunkt liegt besonders im Wahlrecht. Herr v. Radowitz besteht im Namen Preußens auf die drei Steuerklassen, während der hannoversche und in diesem Falle auch der baierische Bevollmächtigte nur eine engere Definition der Selbstständigkeit wünschen. Preußen wird nach diesem Reichswahlgesetz die Wahlen für die nächste 2. Kammer vornehmen lassen, da man sich immer noch nicht entschließen kann, vom Scheine des Rechts abzusehen. Die Gesandten der Monarchen von Würtemberg und Braunschweig verhalten sich nur konsultativ.</p> <p>Einem Briefe aus Wien vom 14. d. M., entnehmen wir folgende, eben so erfreuliche Nachricht:</p> <p><hi rendition="#b">Ofen war vor allen Dingen in den Händen der Ungarn;</hi> die ganze Besatzung wurde bis auf zehn Mann niedergemacht, weil man nicht aufhörte, <hi rendition="#g">Pesth</hi> zu bombardiren. — <hi rendition="#g">Görgey</hi> hatte <hi rendition="#g">Preßburg</hi> umgangen und stand bei <hi rendition="#g">Göding</hi>, in der Nähe von Wien mit 85,000-90,000 Mann. Jeden Augenblick erwartete man sein Vorrücken gegen die Hauptstadt Oestreich's. Die Russen hatten bei Jablunka schon eine ziemlich bedeutende Schlappe bekommen. Ein Ereigniß, daß besonders seiner moralischen Wirkung wegen, von unberechenbarer Wichtigkeit ist.</p> <p><hi rendition="#g">Dembinski</hi> war nach Norden gerückt, um sie nachdrücklich zu empfangen. — Außerdem erzählt dieser, seiner Gesinnung nach Konservative, und deßhalb in solchen Angelegenheiten um so glaubwürdigere Korrespondent, daß sich das östreichische Heer in der traurigsten Lage befinde. Der junge Kaiser soll über den Zustand einiger Truppentheile in Thränen ausgebrochen sein und man spricht davon, daß mehrere der unfähigen Generale vor ein Kriegsgericht gestellt würden. Der Kaiser beabsichtigt, eine Proklamation an seine Völker zu erlassen, in der er besonders verspricht, festzuhalten an dem Versprechen der Gleichberechtigung aller Nationalitäten.</p> <p>In <hi rendition="#g">Burg</hi>, bei Magdeburg, ist unter dem einen Bataillon des 20. (Berliner) Landwehrregiments der Unwille der Wehrmänner in offene Empörung ausgebrochen. Der Major desselben wurde schwer verwundet und General Wrangel hat heute den Befehl nach Burg geschickt, die aufrührische Landwehr, welche die sogenannten Rädelsführer nicht nennen wollte, zu <hi rendition="#g">decimiren</hi>.</p> <p>Die Nachrichten aus <hi rendition="#g">Baden</hi>, welche heute Vormittag durch Privatmittheilungen hier schon eingetroffen waren, haben ungeheures Aufsehen erregt.</p> <p>Am Sonntag wird der bekannte demokratische Edelmann, Herr von Holzendorf-Vietmansdorf, bei Vietmansdorf eine große Bauernversammlung abhalten, welche von großer Wichtigkeit ist, da die Uckermark bekanntlich bis jetzt immer für den allertreuesten Landestheil galt, aber in der letzten Zeit schon nicht undeutliche Zeichen von freierer Gesinnung darlegte.</p> <p>A. <hi rendition="#g">Fould</hi> hat, wie wir hören, an einem hiesigen bedeutenden Bankier geschrieben, daß Frankreich allerdings an seiner östlichen Gränze, ein Observationskorps von 150,000 Mann zusammenziehen müsse, weil die russische Intervention in Ungarn in allen Klassen und Ständen des französischen Volks einen gleichen Unwillen hervorgerufen habe.</p> <p>Die Nachrichten vom Rhein werden hier mit gespannter Aufmerksamkeit erwartet. Daß sich das treue Wupperthal empört hat, wurde am wenigsten vorausgesehen, und deßhalb ist der Schrecken des Ministeriums über die Katastrophe in Elberfeld, ein wahrhaft panischer gewesen. Auf diese Nachrichten hin, wurde in einem Ministerrath die Proklamation des Königs „An mein Volk“ beschlossen. Manteuffel und Rabe waren ganz entschieden gegen einen solchen Schritt, wurden aber durch die Partei Ladenberg überstimmt. Der Entwurf der Ansprache ist durch den König selbst verfaßt, wie dies auch aus jedem Worte hervorgeht. Die liberale Partei des Kabinets wollte wiederum die allzustarken Ausdrücke gemildert haben, drangen aber natürlich nicht durch.</p> <p>Die <hi rendition="#g">Börse</hi> war heute, wie nach der Proklamirung des Standrechts nicht anders zu erwarten war, sehr gut gestimmt. Die Nachrichten aus Baden konnten diesen guten Eindruck nicht schwächen, da die Börsenlöwen eine baldige Unterdrückung der Erhebung in Baden und der Pfalz voraussagen.</p> </div> <div xml:id="ar301_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 16. Mai.</head> <p>Die Segnungen der „<hi rendition="#g">Neuen</hi> preußisch-russischen <hi rendition="#g">Constitution</hi>“ werden durch folgende Bekanntmachung auch über „Meine lieben Berliner“ ausgeschüttet:</p> <p>„In Erwägung, daß die Gründe, welche die durch Beschluß des Staats-Ministeriums vom 12. November v. J. ausgesprochene Verhängung des Belagerungszustandes über die Hauptstadt bedingten, noch nicht beseitigt sind, in Erwägung ferner, daß noch in neuester Zeit in hiesiger Stadt Versuche und Bestrebungen, Aufruhr zu erregen, hervorgetreten sind, in Erwägung endlich, daß ein Zustand, welcher die Aufhebung der für Berlin angeordneten Ausnahme-Maßregeln gestattet, nur durch kräftige und vollständige Anwendung aller gesetzlichen Mittel herbeigeführt werden kann, beschließt das Staats-Ministerium:</p> <p rendition="#et">1) Der über Berlin und seinen zweimeiligen Umkreis verhängte Belagerungszustand bleibt einstweilen nach den Bestimmungen und unter der Form des Gesetzes vom 10. Mai c. fortbestehen;<lb/> 2) die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der Verfassungs-Urkunde vom 5. Dezember v. J. werden für die Dauer des Belagerungszustandes außer Kraft gesetzt;<lb/> 3) der Oberbefehlshaber in den Marken, General der Kavallerie, von Wrangel, wird mit Ausführung dieser Verordnung beauftragt.<lb/> Berlin, 14. Mai 1849.<lb/> Königliches Staats-Ministerium.<lb/> Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. von der Heydt. von Rabe. Simons.</p> <p>Nach vorstehendem Beschlusse des Königlichen Staats-Ministeriums verbleibt es bei den zur Aufrechthaltung der Ordnung während des Belagerungszustandes von mir erlassenen Bestimmungen, und wird das Kriegsgericht angeordnet, welches die in §§ 8, 9 und 10 des Gesetzes vom 10. d. Mts. vorgesehenen Verbrechen und Vergehen zu untersuchen und darüber abzuurtheilen hat.</p> <p>Berlin, 15. Mai 1849.</p> <p>Der Oberbefehlshaber in den Marken: von Wrangel.“</p> </div> <div xml:id="ar301_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Breslau, 14. Mai.</head> <p>Die Transporte der Kosakenhorden nach Deutschland dauern fort und verhindern das regelmäßige Eintreffen von Nachrichten aus Oestreich. Zudem hat der Belagerungszustand unsere beiden sogenannten Volksorgane so feig gemacht, daß sie selbst die wenigen Nachrichten vom Kriegsschauplatze, die sie noch erhalten, nicht zu veröffentlichen wagen, wenn dieselben zu Gunsten der Magyaren sprechen. Insbesondere zeichnet sich hierin widerum die als radikal-demokratisch verschrieene Oderzeitung aus und unterdrückte unter anderen z. B. die ihr vor einigen Tagen zugekommene Mittheilung, daß die Magyaren aus England 10,000 Brandraketen erhalten. Die demokratische Oderzeitung läßt sich von der Brüderschaft — nicht der Völker — der Russen und des Herrn von Hohenzollern, sie läßt sich von des letztern Staatsverfassung vom 10. Mai und vom § 8 der Breslauer Verfassung des Herrn Moets imponiren, und weiß sich danach recht jüdisch-kalkulirend russenfreundlich zu benehmen.</p> <p>Ein anderer Grund, weßhalb uns Nachrichten fehlen, ist der, daß die Russen, wo sie in Oestreich eingerückt sind, das Seif-Governement in die Hand genommen haben und die östreichische Nordbahn samm. der Post à la russe beherrschen, — d. h. den Grenzverkehr z. B. hermetisch versperren, die Briefe öffnen und vernichten u. s. w. Der Olmützer Unterknäs hat das Handwerk noch nicht vollständig verstanden, darum ist der Petersburger Oberknäs ihm auf den Leib gerückt.</p> <p>Man sieht die preußischen Soldaten jetzt ziemlich vereinzelt gehen, die frühere Volksfreundschaft scheint ganz aufgehört zu haben. Es sieht im Vergleich mit dem Sonst komisch aus, mit welcher Salonsdelikatesse die preußischen Lieutenants gegenwärtig die Soldaten behandeln, welche sie in der Nacht vom 7. und 8. mit Schnaps und Fleischschnitten so trefflich zum Todschießen des Volks zu fanatisiren gewußt haben.</p> <p>Am 7. und 8. hat sich hier kein einziger Student weiter gerührt, als bis zum Bierkneippen.</p> <p>Als das französische Volk den mit dem Namen Napoleon gezeichneten Stier von Uri zu seinem Präsidenten wählte, schrieb ich Ihnen aus Wien, daß der Absolutismus diese Wahl als einen Sieg seiner Sache betrachte. Aber die Demokratie meinte damals, die Wahl des Stier's von Uri sei blos eine Negation des Schlächters Cavaignac. Sie bedeutete indessen mehr, denn sie bedeutete das, was der Absolutismus wollte. Ich erfahre nämlich aus zuverlässiger Quelle, daß der Stier von Uri in die Verschwörung der europäischen Contrerevolution ganz entschieden und direkt verwickelt ist und seine obersten Verhaltungsbefehle unmittelbar aus dem Hauptquartier zu Petersburg erhält. Die Sache wurde durch den moskowitisch begnadeten Napoleoniden Leuchtenberg mit dem Stier von Uri eingeleitet. Eine Cäsarewna und ein Kaiserthron wurden in Aussicht gestellt, wenn der Stier den Ordres des Oberknäs getreulich parire. Wie er Wort gehalten, zeigt die Schandgeschichte, welche das französische Volk seit seiner Wahl durchgemacht. Auch der Stier hat den Befehl, wie Brandenburg, vor keiner Kammermajorität zu weichen und nur solche Kreaturen im Ministerium zu dulden, welche ihm von Petersburg aus bezeichnet werden. Der dortige Oberknäs verwaltet also jetzt schon ganz Europa. Ich habe diese Mittheilungen von französischen Kuriren, die Breslau passirt haben und versichern, daß der Reichsverweser Johann zwischen Paris und Petersburg der thätigste Zwischenhändler des allgemeinen Knäsenkomplots zur Ermordung der Völker sei. Daß der illegitime Stier von Uri am Ende überall der Erwischte sein würde, brauche ich kaum zu bemerken.</p> <p>In unserem Belagerungszustande ist keine Veränderung eingetreten; die Ausweisung der sogenannten Fremden wird unnachsichtlich gehandhabt, die Lieutenants genießen fleißig Morgenschnäpse. Die Lieutenantsweiber schimpfen auf den demokratischen Pöbel und streicheln auf der Straße Rekruten- und Landwehrmänner, die Bourgeois reden von Anarchie und die jüdischen Spekulanten à la Friedmann bekehrer je nach den Umständen.</p> </div> <div xml:id="ar301_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Bunzlau (Schlesien), 2. Mai.</head> <p>Wie weit die gepriesene Disciplin in „Meinem herrlichen Kriegsheer“ schon gediehen ist, davon gibt das hier erscheinende Blatt „Fortschritt“ in nachstehender verbürgten Mittheilung eine eklatante Probe.</p> <p>„Am Abende des Bußtages“, meldet genanntes Blatt, „wurde von einigen Soldaten des 8. Landwehr-Regiments hierorts, (unter Commando des Major Grafen Lüttichau), eine Frevelthat verübt, welche nicht nur die Grenzen der größten Sittenlosigkeit, als auch der Bosheit fast überstieg. Diese Leute hatten ein Mädchen aufgegriffen, demselben sämmtliche Kleider über dem Kopfe zusammengebunden, und auf diese Weise mit ihr auf offener Straße sich herumgebalgt, das Mädchen bei den Beinen gefaßt und mit dem nackten Körper auf dem Pflaster geschleift. Einem hinzutretenden Manne, (Eisenbahnbeamten Walter), welchen diese Burschen wegen ihres schändlichen Treibens anging, widerfuhr die Ehre, von der Patrouille, welche inzwischen hinzugekommen war, in Arrest geschleppt zu werden. Der Tumult dauerte fast zwei Stunden!“</p> <p>Solches geschieht von den Stützen der christlich-germanisch-hohenzollern'schen „Ruhe und Ordnung!“</p> </div> <div xml:id="ar301_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Dresden, 13. Mai.</head> <p>Zu den Nichtswürdigkeiten deren sich die reactionäre Partei bedient hat, verdient namentlich die Giftmischerei des Hoflieferanten H—. gezählt zu werden. Es hat dieser Schuft Liqueur und bairisch Bier mit Opium versetzt, unter der Maske der Freundschaft an die Barrikadenhelden verabreicht, und somit viele untauglich gemacht. Und ebenderselbe hat auch geheime Durchgänge durch Häuser den Soldaten angewiesen.</p> </div> <div xml:id="ar301_014" type="jArticle"> <head>Karlsruhe, 15. Mai.</head> <p>Der seitherige Großherzog von Baden floh in die rheinbaierische Festung Germersheim, Markgraf Wilhelm nach Stuttgart, Markgraf Max nach Frankfurt. In welchen Winkel die volksverrätherischen Minister sich begeben haben, ist nicht bekannt; man erwartet stündlich Steckbriefe.</p> <p>Als Mitglieder des Landesausschusses sind noch zugezogen worden: <hi rendition="#g">Struve, Damm</hi> und <hi rendition="#g">Ziegler</hi>.</p> </div> <div xml:id="ar301_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Karlsruhe, 14. Mai.</head> <p>Die „Karlsruher Zeitung,“ bisher das Organ der unverschämtesten Reaktion, jetzt in ein Organ des „Landesausschusses“ umgewandelt, enthält Folgendes:</p> <p>Dreizehn Monate harten Kampfes, dreizehn Monate schwerer Opfer sind voruber. In solcher Zeit hat uns nur die Hoffnung aufrecht erhalten, daß unser schönes Vaterland die Freiheit erringen, und daß ein Bruderband alle Deutschen umschlingen werde Doch kaum ist die deutsche Verfassung endgültig von den Vertretern der Nation festgestellt, so tritt die Verschwörung der Könige, ihre landesverrätherische Verbindung mit dem Czaren von Rußland zue Knechtung des deutschen Volkes, welches im vorigen März seine Großmuth bethätigt hat — es tritt die Contrerevolution keck und unverschleiert hervor. Nochmals soll die absolute Fürstenherrschaft gegründet, nochmals sollen die Ketten geschmiedet werden, die wir im März verflossenen Jahres zerrissen haben. Mitbürger! In einem solchen Kampfe konnte die tapfere Armee, konnten unsere und euere Brüder nicht zweifelhaft sein, daß ihre Pflicht sie auf die Seite des Volkes rief; sie haben es erkannt, daß sie, die Söhne des Vaterlandes, für die Freiheit des Volkes, für die Einheit der deutschen Lande, und für die Größe der Nation fechten sollen. <hi rendition="#g">Die Armee hat sich daher mit uns verbunden</hi>. Sie kämpft nicht gegen das Volk, sie kämpft nur gegen die Feinde der Freiheit und des Vaterlandes. Diese Verbindung des Heeres mit dem Volke war offenbar kein Grund, daß der Großherzog geflohen ist, wozu ihm verrätherische Minister den Rath gegeben, die dann die Regierung verließen und die Geschäfte des Landes dem Ungefähr anheimstellten. Mitbürger! Eingedenk der Verpflichtung, die wir gegenüber der großen Landesversammlung in Offenburg übernommen, und folgend dem Rufe der Gemeindebehörde hiesiger Stadt, sind wir heute Mittag an der Spitze unserer braven Soldaten hier eingezogen. Wir werden unsere Kräfte daran setzen, bei der Erringung eines volksmäßigen Staatszustandes die volle Freiheit der Person und den Schutz des Eigenthums zu wahren. Wir werden Alles aufbieten, um die Regierungsmaschine im Gang zu erhalten; wir werden auf dem Platze bleiben, den die Pflicht und der Ruf des Volkes uns angewiesen, bis das Volk selbst über die Regierung das Nöthige verfügt hat. Mitbürger! unsere Aufgabe ist eine schwierige. Aber wir fühlen in uns den kräftigen Willen, sie zu lösen. Unterstützt uns überall in unserem Beginnen, und wir zweifeln nicht, daß die Freiheit zum Siege gelangen wird.</p> <p>Der Landesausschuß.</p> <p>Namens desselben:</p> <p>Brentano. Heinrich Hoff. Richter. A. Soegg. Werner. R<gap reason="illegible"/>hmann.</p> <p>Karlsruhe, 14. Mai 1848.</p> <p>An sämmtliche Gemeindebehörden des Landes. In Folge der letzten Ereignisse haben viele Soldaten des badischen Armeecorps ihre Garnisonsorte verlassen. Dieselben werden hiermit aufgefordert, so schnell als möglich zu ihren Heeresabtheilungen wieder zurückzukehren, um der Sache der Freiheit nützlich zu sein. Alle Gemeinden des Landes werden beauftragt, die Soldaten, welche ihre Garnisonsorte verlassen haben, mit allen ihnen zustehenden Mitteln in ihre Garnisonsorte zurückzubringen.</p> <p>Im Auftrag der Exekutivkommission: Eichfeld.</p> <p>Karlsruhe, 14. Mai 1849.</p> <p>Aufforderung an die Offiziere. Sämmtliche Offiziere, die in Folge der jüngsten Ereignisse nicht mehr bei ihren Fahnen stehen werden aufgefordert, sich dem Kriegsministerium zur Verfügung zu stellen, insofern ihnen die Freiheit des Volkes und das Wohl des großen deutschen Vaterlandes am Herzen liegt, und sie sich zu deren Vertheidigung verpflichtet fühlen</p> <p>Im Auftrag der Exekutivkommission: Eichfeld.</p> </div> <div xml:id="ar301_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Ludwigshafen, 17. Mai.</head> <p>Fr. <hi rendition="#g">Anneke</hi> ist zum Commandeur der Artillerie hierselbst ernannt worden.</p> </div> <div xml:id="ar301_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Offenburg.</head> <p>In der großen, von mindestens 25,000 Menschen besuchten Volksversammlung wurde, nachdem die Deputation aus Karlsruh mit einer ablehnenden Antwort zurückgekehrt war, folgende Erklärung erlassen:</p> <p>„Deutschland befindet sich fortwährend im Zustand voller Revolution, aufs neue hervorgerufen durch die Angriffe der größern deutschen Fürsten auf die von der deutschen Nationalversammlung endgültig beschlossene Reichsverfassung und die Freiheit überhaupt. — Die deutschen Fürsten haben sich zur Unterdrückung der Freiheit verschworen und verbunden; der Hochverrath an Volk und Vaterland liegt offen zu Tage; es ist klar, daß sie sogar Rußlands sämmtliche Armeen zur Unterdrückung der Freiheit zur Hülfe rufen. — Die Deutschen befinden sich also im Stande der Nothwehr, sie müssen sich verbinden, um die Freiheit zu retten; sie müssen dem Angriff der fürstlichen Rebellen den bewaffneten Widerstand entgegensetzen. Die deutschen Stämme haben die Verpflichtung, sich gegenseitig die Freiheit zu gewährleisten, um den Grundsatz der Volkssouveränität vollkommen durchzuführen; sie müssen sich daher unterstützen überall, wo sie angegriffen werden. Das badische Volk wird daher die Volksbewegung in der Pfalz mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln unterstützen.“</p> </div> <div xml:id="ar301_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Kaiserslautern, 16 Mai.</head> <p>Die Bewegung, welche vor 10 Tagen in der Pfalz begonnen, hat während dieser Zeit alle Klassen der Bevölkerung ergriffen, so daß jetzt alt und jung, reich und arm, wie <hi rendition="#g">ein</hi> Mann für die Reichsverfassung steht.</p> <p>Seit dem 13. Mai sind zwei Drittel vom 6. baierischen Regiment hier angelangt, und gestern trafen wieder 100 Mann Jäger nebst vielen Rekruten ein, deßgleichen Cheveauxlegers aus Zweibrücken, Kannoniere aus Landau u. s. w., die sich sämmtlich für die Volkssache erklärt haben. Auch ein Jäger-Offizier, Lieutenant Stöse, kam an. Er wurde von den Soldaten, bei denen er sehr beliebt ist, mit lautem Jubel begrüßt, leistete den Schwur auf die Reichsverfassung, und empfing darauf von dem Landesausschusse die Bestallung als Hauptmann. — Ebenso hat die kleine Besatzung von 33 Mann, welche von dem Militär zum Schutze des hiesigen Centralgefängnisses zurückgelassen und im Vertrauen auf ihre volksfreundlichen Gesinnungen von dem Landesausschusse geduldet worden war, gestern den Schwur auf die Reichsverfassung abgelegt. — Die Nachrichten aus <hi rendition="#g">Baden</hi> erregen Jubel und Begeisterung. In <hi rendition="#g">Rheinhessen</hi> hat der ehemals Reichstagsabgeordnete <hi rendition="#g">Zitz</hi> ein wohlbewaffnetes Korps von 1800 Mann zusammen gebracht und sich zur Verfügung des Landesausschusses der Pfalz gestellt. Er ist gegenwärtig im Alsenzthale postirt, wo man den ersten Angriff der Preußen von dem benachbarten Kreuznach aus erwartet. Gestern sind 200 Mann vom 9. und 6. Regiment in dieses Thal dirigirt worden, um jenes Korps zu verstärken. — Gleichzeitig brach <hi rendition="#g">Anneke</hi> an der Spitze einer aus Soldaten und Studenten gebildeten Kerntruppe von 1200 Mann nach Ludwigshafen auf, um die badische Bewegung zu unterstützen. — Nachdem Sachsen gefallen, sind große Hoffnungen auf die Pfalz und Baden gerichtet. Die Bevölkerung dieser Länder wird diese Hoffnungen nicht zu Schanden werden lassen. Schon stehen 10,000 Freiheitsstreiter unter den Waffen, und eben werden Anstalten getroffen, noch 12,000 Mann dazu auszuheben. Steht auch Würtemberg, so dürfte über den Ausgang des bevorstehenden Kampfes kaum ein Zweifel obwalten. Was die Stellung der Pfalz zur baierischen Regierung anlangt, so sind bereits in allen Kantonen der Pfalz Abgeordnete gewählt, um Morgen hier zusammenzutreten und definitive Entscheidung über die nächste Zukunft des Landes zu fassen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar301_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 16. Mai.</head> <p>Rouge! rouge! rouge! Roth gewinnt; die rothe Republik ist am Vorabende ihres Sieges: die Niederlage der Reaktionäre, der Triumph der Demokraten, mit dieser Genugthuung beschließe ich freudig meine Artikel über Frankreich. Die Demokraten! Als wenn es noch Demokraten gäbe! Nein, die Sprache ist frei geworden, es heißt nicht mehr Demokraten, es heißt die Rothen. Wie viel Stimmen haben die Rothen in dieser oder jener Sektion? Wie viel Stimmen haben die Rothen in diesem oder jenem Departement? So begrüßt man sich auf der Straße, in den Café's, allenthalben. Das Wort, das in den Junitagen so ungeheures Entsetzen erregte, das lebt jetzt in aller Munde. Die Sache, welche die Rheinische Zeitung während des Junikampfes vertrat, die Sache, für welche die Rheinische Zeitung nach der Juniniederlage auftrat, als kein einziges französisches Journal sie offen in Schutz zu nehmen wagte, das ist die siegreiche Sache geworden. Demokraten! Sozialisten! Wer spricht jetzt noch von Sozialisten? Der Telegraph kennt nur die rothe Sprache; der Telegraph berichtet nur von der rothen Liste, und die rothe Liste hat bereits gesiegt in Paris und in der Armee. Mit Schrecken gestehen die reaktionären Journale ein, daß man jetzt nicht mehr auf die Garnison zählen dürfe; denn die Garrnison hat für die Rothen gestimmt. Die Armee hat den Unteroffizier Boichot über den General Changarnier gesetzt; und nach allen Berichten, die bis jetzt eingelaufen, verhalten sich die Stimmen, die Boichot erhalten, zu denen, die dem Changarnier zugefallen, wie hundert zu zwei. Der Sieg von mehr als 22 rothen Kandidaten in dem Seinedepartement ist bereits zugesichert, und mit jedem neuen Siege der Rothen werden die Bleichen noch bleicher und fallen die Kurse!</p> <p>Das Seinedepartement, d. h. Paris und die Armee roth! Was bedarf es da noch des weitern Sieges? Vergebens haben die Bourgeois die Rothen zuerst ausgehungert, dann niederkartätscht und dann zu Tausenden in den Pontons verschmachten lassen; vergebens hat ein Ministerium Barrot-Faucher die Associationsfreiheit unterdrückt, die Klubs untersagt, die Presse verfolgt und die Militärs, welche die rothen Journale lasen, eingesteckt. Die Rothen siegen und die Blassen erblassen täglich, stündlich mehr.</p> <p>Sonderbar! Selbst in dem ersten Arrondissement, d. h. in demjenigen Quartier, das hauptsächlich von der Geldaristokratie bewohnt wird, haben die Rothen 25 Stimmen auf 100 erhalten. Es sind dies die Stimmen aller jener Industriellen und Boutiquiers, jener kleinen Bourgeoisie, die nach der Junischlacht durch die gerichtliche Liquidation rücksichtslos aufgeopfert wurde von der gro- <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1716/0004]
wer es auch sei, widersetze, ergriffen und dem Kriegsgericht überliefert werde. Vor und nach der Verlesung natürlich obligater Trommelwirbel. Auch an allen Ecken ist die Proklamation, das offenbarste Zeugniß der Schande Preußens, angeheftet und zahlreiche Gruppen lesen es. Eine erfreuliche Aufregung hat sich durch diesen neuesten Schritt des Ministeriums im Volk verbreitet. Wahrscheinlich wird man nicht säumen, sobald als möglich mit den Kriegsgerichten praktische Experimente anzustellen und einige Aufrührer zu erschießen. Berlin scheint solcher Reizmittel zu bedürfen und wir haben das Standrecht nie gefürchtet, sondern stets auf seine Proklamation gehofft.
Während unsere Belagerungszustands-Verhältnisse endlich anfangen wollen, aus dem heitern Lustspiel in eine tragischere Phase überzugehen, hält der Kongreß von Abgeordneten deutscher Staaten, welche zusammengekommen sind, Deutschland eine Verfassung zu oktroyiren, seine regelmäßigen Sitzungen unter dem Vorsitz des Hrn. v. Radowitz (_ ). Es ist ein engerer Ausschuß für die Vorarbeiten gebildet worden und läßt sich schon jetzt voraussehen, daß die oktroyirte Verfassung zu der von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen in demselben Verhältniß stehen wird, wie die Verfassung vom 5. Dez. zu den Arbeiten der Verfassungskommission der preußischen Nationalversammlung. Der Kongreß erfreut sich indeß nicht der gewünschten Einigkeit. Die Gesandten Hannovers stehen im ziemlichen Gegensatz den Bevollmächtigten Preußens, Sachsens, (welches jenem unbedingt folgt) und Baierns gegenüber. Der Differenzpunkt liegt besonders im Wahlrecht. Herr v. Radowitz besteht im Namen Preußens auf die drei Steuerklassen, während der hannoversche und in diesem Falle auch der baierische Bevollmächtigte nur eine engere Definition der Selbstständigkeit wünschen. Preußen wird nach diesem Reichswahlgesetz die Wahlen für die nächste 2. Kammer vornehmen lassen, da man sich immer noch nicht entschließen kann, vom Scheine des Rechts abzusehen. Die Gesandten der Monarchen von Würtemberg und Braunschweig verhalten sich nur konsultativ.
Einem Briefe aus Wien vom 14. d. M., entnehmen wir folgende, eben so erfreuliche Nachricht:
Ofen war vor allen Dingen in den Händen der Ungarn; die ganze Besatzung wurde bis auf zehn Mann niedergemacht, weil man nicht aufhörte, Pesth zu bombardiren. — Görgey hatte Preßburg umgangen und stand bei Göding, in der Nähe von Wien mit 85,000-90,000 Mann. Jeden Augenblick erwartete man sein Vorrücken gegen die Hauptstadt Oestreich's. Die Russen hatten bei Jablunka schon eine ziemlich bedeutende Schlappe bekommen. Ein Ereigniß, daß besonders seiner moralischen Wirkung wegen, von unberechenbarer Wichtigkeit ist.
Dembinski war nach Norden gerückt, um sie nachdrücklich zu empfangen. — Außerdem erzählt dieser, seiner Gesinnung nach Konservative, und deßhalb in solchen Angelegenheiten um so glaubwürdigere Korrespondent, daß sich das östreichische Heer in der traurigsten Lage befinde. Der junge Kaiser soll über den Zustand einiger Truppentheile in Thränen ausgebrochen sein und man spricht davon, daß mehrere der unfähigen Generale vor ein Kriegsgericht gestellt würden. Der Kaiser beabsichtigt, eine Proklamation an seine Völker zu erlassen, in der er besonders verspricht, festzuhalten an dem Versprechen der Gleichberechtigung aller Nationalitäten.
In Burg, bei Magdeburg, ist unter dem einen Bataillon des 20. (Berliner) Landwehrregiments der Unwille der Wehrmänner in offene Empörung ausgebrochen. Der Major desselben wurde schwer verwundet und General Wrangel hat heute den Befehl nach Burg geschickt, die aufrührische Landwehr, welche die sogenannten Rädelsführer nicht nennen wollte, zu decimiren.
Die Nachrichten aus Baden, welche heute Vormittag durch Privatmittheilungen hier schon eingetroffen waren, haben ungeheures Aufsehen erregt.
Am Sonntag wird der bekannte demokratische Edelmann, Herr von Holzendorf-Vietmansdorf, bei Vietmansdorf eine große Bauernversammlung abhalten, welche von großer Wichtigkeit ist, da die Uckermark bekanntlich bis jetzt immer für den allertreuesten Landestheil galt, aber in der letzten Zeit schon nicht undeutliche Zeichen von freierer Gesinnung darlegte.
A. Fould hat, wie wir hören, an einem hiesigen bedeutenden Bankier geschrieben, daß Frankreich allerdings an seiner östlichen Gränze, ein Observationskorps von 150,000 Mann zusammenziehen müsse, weil die russische Intervention in Ungarn in allen Klassen und Ständen des französischen Volks einen gleichen Unwillen hervorgerufen habe.
Die Nachrichten vom Rhein werden hier mit gespannter Aufmerksamkeit erwartet. Daß sich das treue Wupperthal empört hat, wurde am wenigsten vorausgesehen, und deßhalb ist der Schrecken des Ministeriums über die Katastrophe in Elberfeld, ein wahrhaft panischer gewesen. Auf diese Nachrichten hin, wurde in einem Ministerrath die Proklamation des Königs „An mein Volk“ beschlossen. Manteuffel und Rabe waren ganz entschieden gegen einen solchen Schritt, wurden aber durch die Partei Ladenberg überstimmt. Der Entwurf der Ansprache ist durch den König selbst verfaßt, wie dies auch aus jedem Worte hervorgeht. Die liberale Partei des Kabinets wollte wiederum die allzustarken Ausdrücke gemildert haben, drangen aber natürlich nicht durch.
Die Börse war heute, wie nach der Proklamirung des Standrechts nicht anders zu erwarten war, sehr gut gestimmt. Die Nachrichten aus Baden konnten diesen guten Eindruck nicht schwächen, da die Börsenlöwen eine baldige Unterdrückung der Erhebung in Baden und der Pfalz voraussagen.
* Berlin, 16. Mai. Die Segnungen der „Neuen preußisch-russischen Constitution“ werden durch folgende Bekanntmachung auch über „Meine lieben Berliner“ ausgeschüttet:
„In Erwägung, daß die Gründe, welche die durch Beschluß des Staats-Ministeriums vom 12. November v. J. ausgesprochene Verhängung des Belagerungszustandes über die Hauptstadt bedingten, noch nicht beseitigt sind, in Erwägung ferner, daß noch in neuester Zeit in hiesiger Stadt Versuche und Bestrebungen, Aufruhr zu erregen, hervorgetreten sind, in Erwägung endlich, daß ein Zustand, welcher die Aufhebung der für Berlin angeordneten Ausnahme-Maßregeln gestattet, nur durch kräftige und vollständige Anwendung aller gesetzlichen Mittel herbeigeführt werden kann, beschließt das Staats-Ministerium:
1) Der über Berlin und seinen zweimeiligen Umkreis verhängte Belagerungszustand bleibt einstweilen nach den Bestimmungen und unter der Form des Gesetzes vom 10. Mai c. fortbestehen;
2) die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der Verfassungs-Urkunde vom 5. Dezember v. J. werden für die Dauer des Belagerungszustandes außer Kraft gesetzt;
3) der Oberbefehlshaber in den Marken, General der Kavallerie, von Wrangel, wird mit Ausführung dieser Verordnung beauftragt.
Berlin, 14. Mai 1849.
Königliches Staats-Ministerium.
Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. von der Heydt. von Rabe. Simons.
Nach vorstehendem Beschlusse des Königlichen Staats-Ministeriums verbleibt es bei den zur Aufrechthaltung der Ordnung während des Belagerungszustandes von mir erlassenen Bestimmungen, und wird das Kriegsgericht angeordnet, welches die in §§ 8, 9 und 10 des Gesetzes vom 10. d. Mts. vorgesehenen Verbrechen und Vergehen zu untersuchen und darüber abzuurtheilen hat.
Berlin, 15. Mai 1849.
Der Oberbefehlshaber in den Marken: von Wrangel.“
61 Breslau, 14. Mai. Die Transporte der Kosakenhorden nach Deutschland dauern fort und verhindern das regelmäßige Eintreffen von Nachrichten aus Oestreich. Zudem hat der Belagerungszustand unsere beiden sogenannten Volksorgane so feig gemacht, daß sie selbst die wenigen Nachrichten vom Kriegsschauplatze, die sie noch erhalten, nicht zu veröffentlichen wagen, wenn dieselben zu Gunsten der Magyaren sprechen. Insbesondere zeichnet sich hierin widerum die als radikal-demokratisch verschrieene Oderzeitung aus und unterdrückte unter anderen z. B. die ihr vor einigen Tagen zugekommene Mittheilung, daß die Magyaren aus England 10,000 Brandraketen erhalten. Die demokratische Oderzeitung läßt sich von der Brüderschaft — nicht der Völker — der Russen und des Herrn von Hohenzollern, sie läßt sich von des letztern Staatsverfassung vom 10. Mai und vom § 8 der Breslauer Verfassung des Herrn Moets imponiren, und weiß sich danach recht jüdisch-kalkulirend russenfreundlich zu benehmen.
Ein anderer Grund, weßhalb uns Nachrichten fehlen, ist der, daß die Russen, wo sie in Oestreich eingerückt sind, das Seif-Governement in die Hand genommen haben und die östreichische Nordbahn samm. der Post à la russe beherrschen, — d. h. den Grenzverkehr z. B. hermetisch versperren, die Briefe öffnen und vernichten u. s. w. Der Olmützer Unterknäs hat das Handwerk noch nicht vollständig verstanden, darum ist der Petersburger Oberknäs ihm auf den Leib gerückt.
Man sieht die preußischen Soldaten jetzt ziemlich vereinzelt gehen, die frühere Volksfreundschaft scheint ganz aufgehört zu haben. Es sieht im Vergleich mit dem Sonst komisch aus, mit welcher Salonsdelikatesse die preußischen Lieutenants gegenwärtig die Soldaten behandeln, welche sie in der Nacht vom 7. und 8. mit Schnaps und Fleischschnitten so trefflich zum Todschießen des Volks zu fanatisiren gewußt haben.
Am 7. und 8. hat sich hier kein einziger Student weiter gerührt, als bis zum Bierkneippen.
Als das französische Volk den mit dem Namen Napoleon gezeichneten Stier von Uri zu seinem Präsidenten wählte, schrieb ich Ihnen aus Wien, daß der Absolutismus diese Wahl als einen Sieg seiner Sache betrachte. Aber die Demokratie meinte damals, die Wahl des Stier's von Uri sei blos eine Negation des Schlächters Cavaignac. Sie bedeutete indessen mehr, denn sie bedeutete das, was der Absolutismus wollte. Ich erfahre nämlich aus zuverlässiger Quelle, daß der Stier von Uri in die Verschwörung der europäischen Contrerevolution ganz entschieden und direkt verwickelt ist und seine obersten Verhaltungsbefehle unmittelbar aus dem Hauptquartier zu Petersburg erhält. Die Sache wurde durch den moskowitisch begnadeten Napoleoniden Leuchtenberg mit dem Stier von Uri eingeleitet. Eine Cäsarewna und ein Kaiserthron wurden in Aussicht gestellt, wenn der Stier den Ordres des Oberknäs getreulich parire. Wie er Wort gehalten, zeigt die Schandgeschichte, welche das französische Volk seit seiner Wahl durchgemacht. Auch der Stier hat den Befehl, wie Brandenburg, vor keiner Kammermajorität zu weichen und nur solche Kreaturen im Ministerium zu dulden, welche ihm von Petersburg aus bezeichnet werden. Der dortige Oberknäs verwaltet also jetzt schon ganz Europa. Ich habe diese Mittheilungen von französischen Kuriren, die Breslau passirt haben und versichern, daß der Reichsverweser Johann zwischen Paris und Petersburg der thätigste Zwischenhändler des allgemeinen Knäsenkomplots zur Ermordung der Völker sei. Daß der illegitime Stier von Uri am Ende überall der Erwischte sein würde, brauche ich kaum zu bemerken.
In unserem Belagerungszustande ist keine Veränderung eingetreten; die Ausweisung der sogenannten Fremden wird unnachsichtlich gehandhabt, die Lieutenants genießen fleißig Morgenschnäpse. Die Lieutenantsweiber schimpfen auf den demokratischen Pöbel und streicheln auf der Straße Rekruten- und Landwehrmänner, die Bourgeois reden von Anarchie und die jüdischen Spekulanten à la Friedmann bekehrer je nach den Umständen.
* Bunzlau (Schlesien), 2. Mai. Wie weit die gepriesene Disciplin in „Meinem herrlichen Kriegsheer“ schon gediehen ist, davon gibt das hier erscheinende Blatt „Fortschritt“ in nachstehender verbürgten Mittheilung eine eklatante Probe.
„Am Abende des Bußtages“, meldet genanntes Blatt, „wurde von einigen Soldaten des 8. Landwehr-Regiments hierorts, (unter Commando des Major Grafen Lüttichau), eine Frevelthat verübt, welche nicht nur die Grenzen der größten Sittenlosigkeit, als auch der Bosheit fast überstieg. Diese Leute hatten ein Mädchen aufgegriffen, demselben sämmtliche Kleider über dem Kopfe zusammengebunden, und auf diese Weise mit ihr auf offener Straße sich herumgebalgt, das Mädchen bei den Beinen gefaßt und mit dem nackten Körper auf dem Pflaster geschleift. Einem hinzutretenden Manne, (Eisenbahnbeamten Walter), welchen diese Burschen wegen ihres schändlichen Treibens anging, widerfuhr die Ehre, von der Patrouille, welche inzwischen hinzugekommen war, in Arrest geschleppt zu werden. Der Tumult dauerte fast zwei Stunden!“
Solches geschieht von den Stützen der christlich-germanisch-hohenzollern'schen „Ruhe und Ordnung!“
* Dresden, 13. Mai. Zu den Nichtswürdigkeiten deren sich die reactionäre Partei bedient hat, verdient namentlich die Giftmischerei des Hoflieferanten H—. gezählt zu werden. Es hat dieser Schuft Liqueur und bairisch Bier mit Opium versetzt, unter der Maske der Freundschaft an die Barrikadenhelden verabreicht, und somit viele untauglich gemacht. Und ebenderselbe hat auch geheime Durchgänge durch Häuser den Soldaten angewiesen.
Karlsruhe, 15. Mai. Der seitherige Großherzog von Baden floh in die rheinbaierische Festung Germersheim, Markgraf Wilhelm nach Stuttgart, Markgraf Max nach Frankfurt. In welchen Winkel die volksverrätherischen Minister sich begeben haben, ist nicht bekannt; man erwartet stündlich Steckbriefe.
Als Mitglieder des Landesausschusses sind noch zugezogen worden: Struve, Damm und Ziegler.
* Karlsruhe, 14. Mai. Die „Karlsruher Zeitung,“ bisher das Organ der unverschämtesten Reaktion, jetzt in ein Organ des „Landesausschusses“ umgewandelt, enthält Folgendes:
Dreizehn Monate harten Kampfes, dreizehn Monate schwerer Opfer sind voruber. In solcher Zeit hat uns nur die Hoffnung aufrecht erhalten, daß unser schönes Vaterland die Freiheit erringen, und daß ein Bruderband alle Deutschen umschlingen werde Doch kaum ist die deutsche Verfassung endgültig von den Vertretern der Nation festgestellt, so tritt die Verschwörung der Könige, ihre landesverrätherische Verbindung mit dem Czaren von Rußland zue Knechtung des deutschen Volkes, welches im vorigen März seine Großmuth bethätigt hat — es tritt die Contrerevolution keck und unverschleiert hervor. Nochmals soll die absolute Fürstenherrschaft gegründet, nochmals sollen die Ketten geschmiedet werden, die wir im März verflossenen Jahres zerrissen haben. Mitbürger! In einem solchen Kampfe konnte die tapfere Armee, konnten unsere und euere Brüder nicht zweifelhaft sein, daß ihre Pflicht sie auf die Seite des Volkes rief; sie haben es erkannt, daß sie, die Söhne des Vaterlandes, für die Freiheit des Volkes, für die Einheit der deutschen Lande, und für die Größe der Nation fechten sollen. Die Armee hat sich daher mit uns verbunden. Sie kämpft nicht gegen das Volk, sie kämpft nur gegen die Feinde der Freiheit und des Vaterlandes. Diese Verbindung des Heeres mit dem Volke war offenbar kein Grund, daß der Großherzog geflohen ist, wozu ihm verrätherische Minister den Rath gegeben, die dann die Regierung verließen und die Geschäfte des Landes dem Ungefähr anheimstellten. Mitbürger! Eingedenk der Verpflichtung, die wir gegenüber der großen Landesversammlung in Offenburg übernommen, und folgend dem Rufe der Gemeindebehörde hiesiger Stadt, sind wir heute Mittag an der Spitze unserer braven Soldaten hier eingezogen. Wir werden unsere Kräfte daran setzen, bei der Erringung eines volksmäßigen Staatszustandes die volle Freiheit der Person und den Schutz des Eigenthums zu wahren. Wir werden Alles aufbieten, um die Regierungsmaschine im Gang zu erhalten; wir werden auf dem Platze bleiben, den die Pflicht und der Ruf des Volkes uns angewiesen, bis das Volk selbst über die Regierung das Nöthige verfügt hat. Mitbürger! unsere Aufgabe ist eine schwierige. Aber wir fühlen in uns den kräftigen Willen, sie zu lösen. Unterstützt uns überall in unserem Beginnen, und wir zweifeln nicht, daß die Freiheit zum Siege gelangen wird.
Der Landesausschuß.
Namens desselben:
Brentano. Heinrich Hoff. Richter. A. Soegg. Werner. R_ hmann.
Karlsruhe, 14. Mai 1848.
An sämmtliche Gemeindebehörden des Landes. In Folge der letzten Ereignisse haben viele Soldaten des badischen Armeecorps ihre Garnisonsorte verlassen. Dieselben werden hiermit aufgefordert, so schnell als möglich zu ihren Heeresabtheilungen wieder zurückzukehren, um der Sache der Freiheit nützlich zu sein. Alle Gemeinden des Landes werden beauftragt, die Soldaten, welche ihre Garnisonsorte verlassen haben, mit allen ihnen zustehenden Mitteln in ihre Garnisonsorte zurückzubringen.
Im Auftrag der Exekutivkommission: Eichfeld.
Karlsruhe, 14. Mai 1849.
Aufforderung an die Offiziere. Sämmtliche Offiziere, die in Folge der jüngsten Ereignisse nicht mehr bei ihren Fahnen stehen werden aufgefordert, sich dem Kriegsministerium zur Verfügung zu stellen, insofern ihnen die Freiheit des Volkes und das Wohl des großen deutschen Vaterlandes am Herzen liegt, und sie sich zu deren Vertheidigung verpflichtet fühlen
Im Auftrag der Exekutivkommission: Eichfeld.
* Ludwigshafen, 17. Mai. Fr. Anneke ist zum Commandeur der Artillerie hierselbst ernannt worden.
* Offenburg. In der großen, von mindestens 25,000 Menschen besuchten Volksversammlung wurde, nachdem die Deputation aus Karlsruh mit einer ablehnenden Antwort zurückgekehrt war, folgende Erklärung erlassen:
„Deutschland befindet sich fortwährend im Zustand voller Revolution, aufs neue hervorgerufen durch die Angriffe der größern deutschen Fürsten auf die von der deutschen Nationalversammlung endgültig beschlossene Reichsverfassung und die Freiheit überhaupt. — Die deutschen Fürsten haben sich zur Unterdrückung der Freiheit verschworen und verbunden; der Hochverrath an Volk und Vaterland liegt offen zu Tage; es ist klar, daß sie sogar Rußlands sämmtliche Armeen zur Unterdrückung der Freiheit zur Hülfe rufen. — Die Deutschen befinden sich also im Stande der Nothwehr, sie müssen sich verbinden, um die Freiheit zu retten; sie müssen dem Angriff der fürstlichen Rebellen den bewaffneten Widerstand entgegensetzen. Die deutschen Stämme haben die Verpflichtung, sich gegenseitig die Freiheit zu gewährleisten, um den Grundsatz der Volkssouveränität vollkommen durchzuführen; sie müssen sich daher unterstützen überall, wo sie angegriffen werden. Das badische Volk wird daher die Volksbewegung in der Pfalz mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln unterstützen.“
103 Kaiserslautern, 16 Mai. Die Bewegung, welche vor 10 Tagen in der Pfalz begonnen, hat während dieser Zeit alle Klassen der Bevölkerung ergriffen, so daß jetzt alt und jung, reich und arm, wie ein Mann für die Reichsverfassung steht.
Seit dem 13. Mai sind zwei Drittel vom 6. baierischen Regiment hier angelangt, und gestern trafen wieder 100 Mann Jäger nebst vielen Rekruten ein, deßgleichen Cheveauxlegers aus Zweibrücken, Kannoniere aus Landau u. s. w., die sich sämmtlich für die Volkssache erklärt haben. Auch ein Jäger-Offizier, Lieutenant Stöse, kam an. Er wurde von den Soldaten, bei denen er sehr beliebt ist, mit lautem Jubel begrüßt, leistete den Schwur auf die Reichsverfassung, und empfing darauf von dem Landesausschusse die Bestallung als Hauptmann. — Ebenso hat die kleine Besatzung von 33 Mann, welche von dem Militär zum Schutze des hiesigen Centralgefängnisses zurückgelassen und im Vertrauen auf ihre volksfreundlichen Gesinnungen von dem Landesausschusse geduldet worden war, gestern den Schwur auf die Reichsverfassung abgelegt. — Die Nachrichten aus Baden erregen Jubel und Begeisterung. In Rheinhessen hat der ehemals Reichstagsabgeordnete Zitz ein wohlbewaffnetes Korps von 1800 Mann zusammen gebracht und sich zur Verfügung des Landesausschusses der Pfalz gestellt. Er ist gegenwärtig im Alsenzthale postirt, wo man den ersten Angriff der Preußen von dem benachbarten Kreuznach aus erwartet. Gestern sind 200 Mann vom 9. und 6. Regiment in dieses Thal dirigirt worden, um jenes Korps zu verstärken. — Gleichzeitig brach Anneke an der Spitze einer aus Soldaten und Studenten gebildeten Kerntruppe von 1200 Mann nach Ludwigshafen auf, um die badische Bewegung zu unterstützen. — Nachdem Sachsen gefallen, sind große Hoffnungen auf die Pfalz und Baden gerichtet. Die Bevölkerung dieser Länder wird diese Hoffnungen nicht zu Schanden werden lassen. Schon stehen 10,000 Freiheitsstreiter unter den Waffen, und eben werden Anstalten getroffen, noch 12,000 Mann dazu auszuheben. Steht auch Würtemberg, so dürfte über den Ausgang des bevorstehenden Kampfes kaum ein Zweifel obwalten. Was die Stellung der Pfalz zur baierischen Regierung anlangt, so sind bereits in allen Kantonen der Pfalz Abgeordnete gewählt, um Morgen hier zusammenzutreten und definitive Entscheidung über die nächste Zukunft des Landes zu fassen.
Französische Republik. 12 Paris, 16. Mai. Rouge! rouge! rouge! Roth gewinnt; die rothe Republik ist am Vorabende ihres Sieges: die Niederlage der Reaktionäre, der Triumph der Demokraten, mit dieser Genugthuung beschließe ich freudig meine Artikel über Frankreich. Die Demokraten! Als wenn es noch Demokraten gäbe! Nein, die Sprache ist frei geworden, es heißt nicht mehr Demokraten, es heißt die Rothen. Wie viel Stimmen haben die Rothen in dieser oder jener Sektion? Wie viel Stimmen haben die Rothen in diesem oder jenem Departement? So begrüßt man sich auf der Straße, in den Café's, allenthalben. Das Wort, das in den Junitagen so ungeheures Entsetzen erregte, das lebt jetzt in aller Munde. Die Sache, welche die Rheinische Zeitung während des Junikampfes vertrat, die Sache, für welche die Rheinische Zeitung nach der Juniniederlage auftrat, als kein einziges französisches Journal sie offen in Schutz zu nehmen wagte, das ist die siegreiche Sache geworden. Demokraten! Sozialisten! Wer spricht jetzt noch von Sozialisten? Der Telegraph kennt nur die rothe Sprache; der Telegraph berichtet nur von der rothen Liste, und die rothe Liste hat bereits gesiegt in Paris und in der Armee. Mit Schrecken gestehen die reaktionären Journale ein, daß man jetzt nicht mehr auf die Garnison zählen dürfe; denn die Garrnison hat für die Rothen gestimmt. Die Armee hat den Unteroffizier Boichot über den General Changarnier gesetzt; und nach allen Berichten, die bis jetzt eingelaufen, verhalten sich die Stimmen, die Boichot erhalten, zu denen, die dem Changarnier zugefallen, wie hundert zu zwei. Der Sieg von mehr als 22 rothen Kandidaten in dem Seinedepartement ist bereits zugesichert, und mit jedem neuen Siege der Rothen werden die Bleichen noch bleicher und fallen die Kurse!
Das Seinedepartement, d. h. Paris und die Armee roth! Was bedarf es da noch des weitern Sieges? Vergebens haben die Bourgeois die Rothen zuerst ausgehungert, dann niederkartätscht und dann zu Tausenden in den Pontons verschmachten lassen; vergebens hat ein Ministerium Barrot-Faucher die Associationsfreiheit unterdrückt, die Klubs untersagt, die Presse verfolgt und die Militärs, welche die rothen Journale lasen, eingesteckt. Die Rothen siegen und die Blassen erblassen täglich, stündlich mehr.
Sonderbar! Selbst in dem ersten Arrondissement, d. h. in demjenigen Quartier, das hauptsächlich von der Geldaristokratie bewohnt wird, haben die Rothen 25 Stimmen auf 100 erhalten. Es sind dies die Stimmen aller jener Industriellen und Boutiquiers, jener kleinen Bourgeoisie, die nach der Junischlacht durch die gerichtliche Liquidation rücksichtslos aufgeopfert wurde von der gro- [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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