Neue Rheinische Zeitung. Nr. 300. Köln, 17. Mai 1849. Zweite Ausgabe.iefen Schmerze haben auch in einigen Theilen unseres Landes Verblendete sich hinreißen lassen, dieser Fahne zu folgen und unter derselben, im offenen Aufruhr gegen die rechtmäßige Obrigkeit, göttliche und menschliche Ordnung umzustürzen. In so ernster und gefahrvoller Zeit drängt es Mich, ein offenes Wort zu Meinem Volke zu reden. Ich habe auf das Anerbieten einer Krone seitens der deutschen Nationalversammlung eine zustimmende Antwort nicht ertheilen können, weil die Versammlung nicht das Recht hatte, die Krone, welche sie mir bot, ohne Zustimmung der deutschen Regierungen zu vergeben, weil sie Mir unter der Bedingung der Annahme einer Verfassung angetragen ward, welche mit den Rechten und der Sicherheit der deutschen Staaten nicht vereinbar war. Ich habe fruchtlos alle Mittel versucht und erschöpft, zu einer Verständigung mit der deutschen Nationalversammlung zu gelangen. Ich habe Mich vergebens bemüht, sie auf den Standpunkt ihres Mandats und des Rechtes zurückzuführen, welches nicht in der eigenmächtigen und unwiderruflichen Feststellung, sondern in der Vereinbarung einer deutschen Verfassung bestand, und selbst nach Vereitelung Meiner Bestrebungen habe Ich in der Hoffnung einer endlichen friedlichen Lösung nicht mit der Versammlung gebrochen. Nachdem dieselbe aber durch Beschlüsse, gegen welche treffliche Männer fruchtlos ankämpften, ihrerseits den Boden des Rechtes, des Gesetzes und der Pflicht gänzlich verlassen, nachdem sie uns um deshalb, weil wir dem bedrängten Nachbar die erbetene Hülfe siegreich geleistet, des Friedensbruches angeklagt, nachdem sie gegen uns und die Regierungen, welche sich mit Mir den verderblichen Bestimmungen der Verfassung nicht fügen wollten, zum offenen Widerstande aufgerufen, jetzt hat die Versammlung mit Preußen gebrochen. Sie ist in ihrer Mehrheit nicht mehr jene Vereinigung von Männern, auf welche Deutschland mit Stolz und Vertrauen blickte. Eine große Zahl ist, als die Bahn des Verderbens betreten wurde, freiwillig ausgeschieden, und durch Meine Verordnung vom gestrigen Tage habe Ich alle preußischen Abgeordneten, welche der Versammtung noch angehörten, zurückgerufen. Gleiches wird von anderen deutschen Regierungen geschehen. In der Versammlung herrscht jetzt eine Partei, die im Bunde steht mit den Menschen des Schreckens, welche die Einheit Deutschlands zum Vorwande nehmen, in Wahrheit aber den Kampf der Gottlosigkeit, des Eidbruches und der Raubsucht gegen die Throne entzünden, um mit ihnen den Schutz des Rechtes, der Freiheit und des Eigenthums umzustürzen. Die Gräuel, welche in Dresden, Breslau und Elberfeld unter dem erheuchelten Rufe nach Deutschlands Einheit begangen worden, liefern die traurigen Beweise. Neue Gräuel sind geschehen und werden noch vorbereitet. Während durch solchen Frevel die Hoffnung zerstört ward, durch die Frankfurter Versammlung die Einheit Deutschlands erreicht zu sehen, habe Ich in königlicher Treue und Beharrlichkeit daran nicht verzweifelt. Meine Regierung hat mit den Bevollmächtigten der größern deutschen Staaten, welche sich mir angeschlossen, das in Frankfurt begonnene Werk der deutschen Verfassung wieder aufgenommen. Diese Verfassung soll und wird in kürzester Frist der Nation gewähren, was sie mit Recht verlangt und erwartet: ihre Einheit, dargestellt durch eine einheitliche Exekutiv-Gewalt, die nach außen den Namen und die Interessen Deutschlands würdig und kräftig vertritt, und ihre Freiheit, gesichert durch eine Volksvertretung mit legislativer Befugniß Die von der National-Versammlung entworfene Reichs-Verfassung ist hierbei zu Grunde gelegt, und sind nur diejenigen Punkte derselben verändert worden, welche aus den Kämpfen und Zugeständnissen der Parteien hervorgegangen, dem wahren Wohle des Vaterlandes entschieden nachtheilig sind. Einem Reichstage aus allen Staaten, die sich dem Bundesstaate anschließen, wird diese Verfassung zur Prüfung und Zustimmung vorgelegt werden. Deutschland vertraue hierin dem Patriotismus und dem Rechtsgefühle der preußischen Regierung; sein Vertrauen wird nicht getäuscht werden. Das ist Mein Weg. Nur der Wahnsinn oder die Lüge kann solchen Thatsachen gegenüber die Behauptung wagen, daß Ich die Sache der deutschen Einheit aufgegeben, daß Ich Meiner früheren Ueberzeugung und Meinen Zusicherungen untreu geworden. Preußen ist dazu berufen, in so schwerer Zeit Deutschland gegen innere und äußere Feinde zu schirmen, und es muß und wird diese Pflicht erfüllen. Deshalb rufe Ich schon jetzt Mein Volk in die Waffen. Es gilt, Ordnung und Gesetz herzustellen im eigenen Lande und in den übrigen deutschen Landern, wo unsere Hülfe verlangt wird; es gilt, Deutschland's Einheit zu gründen, seine Freiheit zu schützen vor der Schreckensherrschaft einer Partei, welche Gesittung, Ehre und Treue ihren Leidenschaften opfern will, einer Partei, welcher es gelungen ist, ein Netz der Bethörung und des Irrwahns über einen Theil des Volkes zu werfen. Die Gefahr ist groß, aber vor dem gesunden Sinn Meines Volkes wird das Werk der Lüge nicht bestehen; dem Rufe des Königs wird die alte preußische Treue, wird der alte Ruhm der preußischen Waffen entsprechen. Steht Mein Volk zu Mir, wie Ich zu ihm in Treue und Vertrauen einträchtig, so wird uns Gottes Segen und damit ein herrlicher Sieg nicht fehlen. Charlottenburg, den 15. Mai 1849. Friedrich Wilhelm. Graf von Brandenburg." 24 Breslau, 13. Mai. In der gestrigen öffentlichen Gerichtssitzung stand der Oberland-Ger. Auskultator v. Bardzki vor den Schranken angeklagt, seinen Vorgesetzten in Ausübung seiner Funktion beleidigt zu haben. Der Angeklagte ist nämlich aus seiner Stellung beim Oberlandesgericht aus- und in das Militär-Verwaltungsfach eingetreten. Sein Dimissoriale ist da, und er hat auf ein späteres Schreiben des Stadtgerichtsdirektors und Geh. Raths Uecke, das höchst unleserlich war, die Randbemerkung gemacht, "daß er Hieroglyphen nicht entziffern könne." Daraus deducirt der Staatsanwalt eine grobe Injurie gegen den Vorgesetzten, der, trotz des Entlassungsschreibens, laut Gesetz, so lange sein Vorgesetzter bleibe, bis seine Stelle anders besetzt sei. Der Verklagte führte seine Vertheidigung sehr gut, indem er den Vorwurf der wissentlichen Beleidigung ganz von sich weis't, da er weder Hrn. Direktor Uecke persönlich, noch seine Handschrift kenne, da sie eben so unleserlich sei, daß nicht einmal der Name zu erkennen sei; er habe dies, ihm vom Gerichtsboten eingehändigte Schrifstück für irgend ein Rescript wegen Abgangssporteln gehalten. Beleidigend könne seine Bemerkung wegen der Hieroglyphen, ein Wort, das nur unleserliche Schrift bedeute, für Hrn. Direktor Uecke nicht sein, da höchstens ein Schreibmeister darin eine Injurie finden könne. -- Der Anwalt des Staates entwickelt seine Gegengründe, und trägt principaliter auf 8 Tage Gefängniß und envent. auf Geldstrafe an. Der Gerichtshof schärft die Strafe und verurtheilt Hrn. von Bardzki "wegen grober Beleidigungen seines Vorgesetzten im Amt" zu 14tägigem Gefängniß und zur Tragung der Kosten. (R. O. Z.) 229 Schweidnitz, 9. Mai. Die "schwarzweiße" Justiz reitet außerordentlich schnell. Am 5. Febr. -- also vor länger als drei Monaten -- reichte der Redakteur des "Freischütz," J. M. Petery, eine Beschwerde wegen seiner am 24. Jan. erfolgten höchst ungerechten Verhaftung an den damaligen excellenten Justizminister Rintelen ein und verlangte schleunigste Freilassung, mindestens aber sofortige Untersuchung und demnächstigen Bescheid. Hr. Rintelen aber muß sich beim Durchlesen der Beschwerde verkehrt auf seine Schecke gesetzt haben, und diese Bestie muß beim ersten Schritt "alle" geworden sein, denn bis heutigen Tages hat Petery weder seine Freiheit zurückerhalten, noch ist ihm ein excellenter Bescheid "in Gnaden" zu Theil geworden. Was Rintelen und sein unübertrefflicher Nachfolger in der Justiz-Excellenz aus der Beschwerde gemacht, wissen nicht einmal die Götter, viel weniger der in Haft gehaltene Beschwerdeführer. Petery hat inzwischen das Erkenntniß erster Instanz erhalten. Dieses Erkenntniß ist aber das non plus ultra aller saubern Fabrikate der gottbegnadeten Ritter unserer schwarzweißen, blinden Gerechtigkeitsgöttin; es ist durch und durch so mit kolossalen Wundern dieser allgemeinen Landrechtsgrazie gespickt, daß Petery die völlige Kassation desselben und dabei zum zehnten Male seine vorläufige Freilassung hat beantragen müssen. Hr. Simons, Justizminister-Excellenz, scheint aber von den wiederholten Rippenstößen Petery's nicht aufwachen zu wollen, denn er schnarcht ruhig fort -- -- und Petery bleibt im Kerker ohne Bescheid. Seine Frau und seine vier Kinder dürfen ihn wöchentlich ein, höchstens zwei Mal einige Minuten in einer Schreibquetsche des Inquisitoriats, hart an der Stubenthür und hart am toll geheizten Ofen auf einem Raume von kaum 8 Quadratfuß und nur in Gegenwart mehrerer lästiger Zeugen sehen, während andere Gefangene (reiche Edelleute etc.), deren Untersuchung noch gar nicht einmal geschlossen ist, die aber Universitäts-Saufbrüder oder sonstige Günstlinge eines oder des anderen Richters oder Beamten der Anstalt sind, nicht allein Stunden-, sondern Tage-, ja halbe und ganze Nächte lang in einer Stube des gefälligen Herrn Inspektors ganz allein bei ihren Frauen zubringen können. Petery's Frau suchte bereits vor fünf Wochen bei dem Oberlandesgericht zu Breslau für sich und die Kinder die Erlaubniß nach, ihn in seinem Gefängniß, wenn auch in Gegenwart eines Beamten, öfters und auf längere Zeit besuchen dürfen. Wer aber bis heut noch keinen Bescheid ertheilt hat, ist das k. preuß. hochl. Oberlandesgericht zu Breslau. Petery wird theils von seiner Frau, theils von seinen Freunden in der Stadt beköstigt. Bevor aber die Speisen in sein Gefängniß gelangen, müssen sie erst durch die Hände von 3 bis 4 Beamten wandern. Einer von diesen hat sehr oft für den Augenblick nicht Zeit, entweder der Frau das Essen abzunehmen, so daß sie oft längere Zeit im kalten Hausflur auf die Güte des einen oder des andern warten muß, oder dasselbe weiter zu befördern -- -- mit einem Worte: Petery erhält die Speisen häufig kalt und ungenießbar. Seine Frau hat deshalb ebenfalls vor länger als 5 Wochen bei dem Kriminalsenat in Breslau die Erlaubniß nachgesucht, die Speisen direkt bis zu dem Gefangenen-Aufseher, unter dessen Verschluß P. sich befindet, befördern zu dürfen. Wer aber bis heut noch keinen Bescheid ertheilt hat, ist der k. preuß. hochl. Kriminalsenat in Breslau. In demselben Raubneste, in welchem Petery hinter Schloß und Gitter seiner Freiheit beraubt gehalten wird, sollen auch Untersuchungsgefangene schmachten, die seit 18 Monaten -- sage: "ein und ein halbes Jahr" kein Verhör gehabt haben und ganz und gar vergessen zu sein scheinen. Auch befinden sich außer Petery noch zwei politische Gefangene zur Zeit in dieser schwarz-weiß-spanischen Inquisitionshöhle: Baron Rothkirch und Aktuar Klose aus Freiberg, die erst in den jüngsten Tagen erfahren konnten, was sie eigentlich verbrochen haben sollen. Ueber 4 Monate hatten sie hinter Schloß und Riegel Zeit, das Räthsel ihrer Verhaftung zu lösen; es mochte ihnen aber durchaus nicht gelingen, trotzdem sie gerade nicht auf den Kopf gefallen sind. Ja, ja! die preußische Justiz reitet außerordentlich schnell auf ihrer landrechtlichen Schecke. Diese bug- und spatlahme Bestie ist nicht mit Golde zu bezahlen. Die Erholungen in der freien Luft, deren sich die hiesigen Gefangenen zu erfreuen haben, ist eben so excellent, wie die lahme scheckige Bestie. Der Hofraum des Raubnestes, in welchem die Gefangenen wie Fische nach Luft schnappen sollen, ist mit drei Abtritten, einer Mistgrube, einer Urintonne, einem Aschenloch, mehreren Gerinnen voll diversen balsamischen Inhalts u. s. w. geziert, von Flöhen, Ratten und andern thierischen Lieblingen der Gefangenen belebt, höchstens 30 Schritt lang und 12 Schritte breit, von Mauern umgeben, die keinen frischen Lufzug gestatten und mit einem Pflaster überzogen, das nach einem zweimaligen Umgange keinen gesunden Fetzen an den Füßen der Gefangenen übrig läßt. Rechnet man nun noch dazu, daß während des Spazierganges die übrigen Gefangenen auf die Abtritte transportirt werden, ihre Kübel von 24stündigem Inhalt -- der natürlich kein wohlriechendes Kölnisches Wasser ist -- reinigen, Strohsäcke umstopfen, Decken ausklopfen, daß wohl gar auch etwas ausgemistet wird: so ist die Erholung der Gefangenen ungeheuer zu beneiden. Von der Beköstigung der Gefangenen schweigt des Sängers Höflichkeit ganz und gar. Schließlich müssen wir noch erwähnen, daß Petery in Folge eines schriftlichen Verbots während seiner Haft für die Redaktion und Expedition seines Blattes durchaus in keiner Weise thätig sein darf, und daß alle Briefe, welche die Redaktion oder Expedition des "Freischütz" betreffen, ihm nicht eingehändigt, sondern seiner Frau oder dem Absender zurückgegeben werden (?) Durch solche christlich-germanische Anordnungen will man jedenfalls den Geist des Gefangenen tödten, sein demokratisch-soziales Blatt zu Grunde richten und seine Familie an den Bettelstab bringen. * Wien, 10. Mai. Aus der "Pesther Zeitung" ergibt sich, daß der Debrecziner Landtag keineswegs, wie mehrere Standrechtsblätter versicherten, seine Beschlüsse von der Lostrennung Ungarns und der Absetzung des Hauses Habsburg zurückgenommen hat. Der "Közlöny" enthält einen langen Artikel über jene Beschlüsse, dem wir folgende Stellen entnehmen: "Das Verhängniß Oestreichs ist eingetroffen. Die Repräsentanten Ungarns haben feierlich und einhellig erklärt, daß das Haus Oestreich in allen seinen Zweigen jeden gesetzlichen Anspruch auf den ungarischen Thron und die Krone des heiligen Stephan für ewig eingebüßt hat, und es von dem Boden des Vaterlandes für alle Zeiten unabänderlich verbannt ist. Welch' eine Wendung des Schicksals! Noch vor einem Jahre würde man in dem weiten Ungarlande keinen Mann haben antreffen können, der nicht mit voller Bereitwilligkeit sich beeilt hätte, den letzten Tropfen seines Herzblutes für die gesetzliche Dynastie zu opfern; heute ist kein Mensch im Lande, der nicht mit Abscheu, Verachtung und brennendem Rachedurst sich von einer Familie wegwendete, deren Thron wir unter der Last ihrer Sünden und Abscheulichkeiten zusammenstürzen sehen. Der Stern der Habsburger ist untergegangen, und Ungarn steigt wie ein Phönix verjüngt aus der Asche empor, und fordert seinen Platz in der Reihe der Nationen zurück, dessen es zu so enormem Abbruche der Civilitation beraubt wurde. Nach dreihundert schweren Jahren athmen wir wieder frei in unserem Vaterlande, und wir, die stolzen Kinder einer stolzen Generation, nennen den Boden wieder unser, zu dessen Preis das theure Blut unserer Altvordern floß; -- jene Freiheit nennen wir unser eigen, deren Pfandbrief mit dem Blute unserer Väter geschrieben wurde, und die -- so Gott will -- keine Macht der Erde uns jemals mehr wird entreißen können. -- Ungarn ist für unabhängig, und das Haus Oestreich als des Thrones verlustig und für ewige Zeiten verbannt erklärt; diesen Lauf hat das Rad des Schicksals in einem kurzen Jahre genommen. In der Geschichte Ungarns ist noch kein Ereigniß aufgetaucht, welches ernster, und in Bezug auf seine Resultate wichtiger gewesen wäre, als dieses. -- Und wir leugnen nicht, daß dieser Beschluß der ungarischen Volksrepräsentanten eine Lebensfrage sein wird, sowohl in Hinsicht auf die bis jetzt regierende Dynastie, als auf unser eigenes Vaterland. Das Haus Habsburg -- welches ausschließlich durch den Besitz der Länder der ungarischen Krone so groß und mächtig wurde, daß es auch nach dem Erlöschen des römischen Reichs unter den ersten europäischen Mächten einen Platz einnehmen und auf die Angelegenheiten unseres Welttheils Einfluß üben konnte und welches durch den Verlust Ungarns wahrscheinlich wieder in jene obscure Existenz zurück versinken wird, aus welcher nur die Thatkraft und der Ehrgeiz Rudolph I, es erhoben hatte -- das Haus Habsburg, sagen wir, wird nichts unversucht lassen, um von seinem Lebensst[unleserliches Material]m diesen tödtlichen Streich abzulenken. -- Ebenso umgekehrt wird auch die ungarische Nation, die durch diese feierliche That ihr unveräußerliches Urrecht einer usurpirenden Gewalt entrissen hat, ernstlich und männlich mit sich zu Rathe gehen, den letzten Mann und den letzten Heller aufopfern, um alle Gegenbestrebungen Oestreichs zu vereiteln. -- Wir glauben nicht, daß ein Mensch unter uns sich vorfände, der in diesem unaussprechlich großartigen Momente -- der den Keim des Lebens oder des Todes in sich trägt -- mit t[unleserliches Material]blabiroartiger Kleinlichkeitsgesinnung dieses Verfahren der Nation, welches früher oder später unvermeidlich hat eintreten müssen, anschauen könnte; wir glauben nicht, daß ein so Feiger unter uns sich befinden kann, den die Größe des vom Geschick des Vaterlandes beanspruchten Opfers vergessen machen könnte, daß in dem Beschlusse vom letzten Samstag der brennende Schmerz einer seit 200 Jahren unwürdig mit Füßen getretenen Nation sich Luft machte, und daß mit dem Opfer der Einzelnen die glückselige Zukunft des Vaterlandes, der Glanz, der Ruhm und die Größe einer Nation auf dieselbe Wagschale geworfen ist. Oestreich hat alle diese Bedingungen gebrochen; denn seinen Königseid brechend, hat es jene Konstitution vernichtet, kraft welcher es den ungarischen Thron inne hatte. Es hat unser Vaterland, dessen Unabhängigkeit es durch Eid und Krönungsvertrag garantirte, mit Oestreich verschmolzen; es hat die zur ungarischen Krone gehörigen Provinzen, auf deren Unverletzlichkeit es ebenfalls einen königl. Eid geschworen, auseinandergerissen. Oestreich hat die pragmatische Sanktion zerrissen, jenes wechseitige Band aufgelöst, wodurch es in den Besitz von Ungarn gekommen ist. Nach so vielem Meineid und verübter Willkür noch immer zu den Füßen der Tyrannen feige herum zu kriechen, würde eine solche Ehrlosigkeit sein, worüber nur das Angesicht eines in viehischer Natur dahin vegetirenden Sklaven nicht erröthen müßte. 073 Bremen, 14. Mai. Auch hier, obgleich von keinem rebellischen Fürsten gedrängt, zeigt sich heiße Begeisterung für die Sache des deutschen Volkes; man rüstet sich zum Kampfe, zur Unterstützung kämpfender Brüder, und Viele haben sich dazu durch ihre Unterschrift verpflichtet. -- Die gestrige, vom demokratischen Verein veranstaltete Volksversammlung, an welcher sich eine Menge Vereine der Stadt und Umgegend mit ihren Fahnen in langen Zügen betheiligten, ward auf einer großen Wiese vor der Stadt gehalten und von vielen tausend Menschen besucht. Rösing, der Präsident des demokratischen Vereins, eröffnete und leitete die Versammlung mit einem Hinblick auf den Zustand und die Gefahren des Vaterlandes, bewies, wie das deutsche Volk auf dem Boden des Rechts und des Gesetzes bei seiner anhaltenden Revolution stehe, die Fürsten sich indeß in Rebellion gegen Ordnung und Gesetz befänden. 14 Redner erhielten darauf wie angemeldet das Wort, kein Mißton zeigte sich, wohl aber ertönte die Luft von tausendfachen Bravo's. -- Es war ein erhebender Anblick, als sich auf Wischmann's Aufforderung, der Reichsverfassung Treue zu geloben, ein Wald von Händen erhob; dasselbe geschah, als Mitglieder der Bürgerschaft zu folgenden Anträgen um Zustimmung ersuchten: 1) Antrag zur Vereidung des Militärs auf die Reichsverfassung; 2) Antrag, dem Militär die ihm von seinen Chefs früher ertheilte, später ohne allen Grund entzogene Erlaubniß, Vereine und Volksversammlungen zu besuchen, als allen Staatsbürgern zukommendes Vereinigsrecht wieder zu geben; 3) Antrag zur Volksbewaffnung und zur Bewilligung gehöriger Mittel. -- Diese Anträge werden in übermorgender Bürgerschaft als dringlich vorgelegt. -- Es machte einen tiefen Eindruck, als der Soldat Denk in fließender Rede seine Begeisterung für Durchführung der Reichsverfassung zu Gunsten des deutschen Volkes aussprach; aus vieler Tausende Mund erscholl ein donnerndes Hoch! 068 Frankfurt, 15. Mai. Die heutige Sitzung der Nationalversammlung wird um 11 1/2 Uhr eröffnet. Der Präsident theilt eine Eröffnung des Reichsverrathenden Verwesers mit. Danach werde der preußische Abgesandte wahrscheinlich erst morgen eintreffen und die Nationalversammlung möge doch bis dahin mit ihren Beschlüssen warten. Es ist kostbar, wie diese Professoren- und andre Reichsgimpel sich an der Nase herumführen lassen. Der kindische Arndt giebt wieder einmal als Reichs-Bojazzo seine teutoburgischen Redensarten zum Besten. Wigard beantragt: "In Erwägung, daß die Nationalversammlung nicht zugeben kann, daß die Bildung des Reichsministeriums von den Instruktionen eines preußischen Bevollmächtigten abhängig sei, beschließt sie, sofort eine Deputation an den Reichsverweser zu senden, um ihn zur Bildung eines Ministeriums im Verlauf des heutigen Tages, unverweilt der Ankunft des preußischen Bevollmächtigten, zu veranlassen." Hr. Bresgen und Genossen andererseits bringen einen sehr umfassenden Antrag ein, der auf Beseitigung und Ersetzung der Centralgewalt gerichtet ist. Da letzterem Antrage die Dringlichkeit abgesprochen wird, so wird er dem Dreißiger-Ausschusse zur Berichterstattung überwiesen. Eben dahin gelangt der Antrag der Herren Biedermann und Genossen, der ebenfalls die Centralgewalt zum Gegenstand hat. Der Wigard'sche Antrag wird für nicht dringlig erklärt. Raveaux zeigt einen Bericht des Dreißiger-Ausschusses über einen vom Abg. Umbscheiden in Betreff der Pfalz gestellten Antrag. Der Ausschuß erkennt die Dringlichkeit des Antrags des Abg. Umbscheiden an, er wünscht den Bericht des Reichskommissars Eisenstuck und die Eröffnungen des interimistischen Reichsministeriums zu vernehmen, und behält sich seine Anträge vor. Dem Wunsche des Hrn. Eisenstuck, jetzt über seine Sendung Bericht zu erstatten, wird von der Versammlung nicht ensprochen. Abg. Raveaux stellt den Antrag, die Sitzung auf eine Stunde zu vertagen. Bis dahin sollte der Ausschuß Bericht erstatten. Abg. Langerfeld will, daß man die Sitzung bis 4 Uhr vertagt. Der letztere Antrag wird angenommen und somit die Sitzung bis 4 Uhr vertagt. Schluß der Sitzung 12 1/2 Uhr. * Frankfurt, 15. April. Die gestrige Nachmittagssitzung der Nationalversammlung begann um 4 Uhr. Es wird wiederum viel leeres Geschwätz zum Besten gegeben. Es handelt sich um den Bericht des 30er-Ausschusses rücksichtlich des Wechsels der Frankfurter Garnison zufolge der von östreichischen und preußischen Soldaten verübten Gräuel und Brutalitäten. Bei der Abstimmung wird der Antrag der Ausschuß-Minorität auf motivirte Tagesordnung mit 189 gegen 121 Stimmen angenommen. Der Antrag Simons's (Trier), das erlassene Verbot gegen Tragen von Waffen und rothen Kokarden für ungesetzlich zu erklären abgelehnt und der Antrag Umbscheiden's: "Die Nationalversammlung stellt die Bewegung in der Pfalz unter den Schutz des Reiches etc." wird dem 30er-Ausschuß zur schleunigen Berichterstattung überwiesen. Schluß der Sitzung 7 1/2 Uhr. 068 Offenburg, 13. Mai. Die heutige Volksversammlung war in der That großartig; mindestens 20,000 Menschen nahmen Theil. Es wurde eine Deputation an die Regierung nach Karlsruhe gesandt mit folgenden Forderungen: 1) Auflösung der Kammer. 2) Abtreten des Ministeriums Bekk. 3) Einberufung einer konstituirenden Landesversammlung. 4) Freigebung der politischen Militär- und Civilgefangenen. Mit einem Extrazuge fuhr die Deputation. Sie brachte eine theils nichtssagende, theils ausweichende, theils ablehnende Antwort. Die Entrüstung des Volkes stieg auf den höchsten Punkt. Man erklärte sich jetzt entschieden dahin, den fürstlichen Rebellen bewaffneten Widerstand entgegenzusetzen. Es wurden 16 Forderungen aufgestellt und durchzuführen beschlossen. Ferner setzte man einen Landesausschuß der Volksvereine nieder, welche für Durchführung der Beschlüsse sorgen sollen. Freiburg, 14. Mai, Morgens 8 Uhr. Die letzte Nacht ist ruhig vorübergegangen, man bemerkte nicht einmal eine ungewöhnliche Bewegung auf den Straßen. Heute Morgen sind ungefähr 200 Mann von dem 1. Regiment, ohne Offiziere, hier angelangt und haben sich zur Disposition des Volkes gestellt. * Speyer, 11. Mai. Die Soldaten des 6. Regiments, die heute früh von hier nach Germersheim beordert wurden, kündigten den Gehorsam. Auch die auf den benachbarten Dörfern erst kürzlich einquartirten Kompagnien haben sich auf Seite des Volkes geschlagen. Neustadt a. d. H., 11. Mai. In allen Gießereien der Pfalz ist man thätig, Kanonen zu fertigen. Gestern sind schon 15 Stück von den Eisenwerken des Freiherrn v. Guinandt nach Kaiserslautern befördert worden. In Kaiserslautern bildet sich ein vollständiges Heer, welches bis heute schon mit der nächstliegenden Volkswehr auf 20,000 Mann angewachsen ist. Stündlich langen baierische Soldaten an, Artilleristen und Infanteristen, die ihre Dienste anbieten. Mannheim, 14. Mai, Nachmittags 2 Uhr. Erst jetzt finde ich eine Minute Ruhe, um Ihnen in aller Eile einige Worte über das zu melden, was sich seit heute Morgen bei uns begeben hat. Die Vorgänge in Karlsruhe finden Sie in den hiesigen Blättern. Kaum war die Kunde davon in Mannheim angelangt, so zündete sie, ich kann's nicht anders bezeichnen, wie ein Funke in einer Pulvertonne. Eine halbe Stunde später umstanden Tausende von Menschen die Infanteriekaserne, denn es war bekannt geworden, daß das Militär von hier entfernt werden sollte. Vergebens suchten die Offiziere das drohende Ungewitter zu beschwören, indem sie es ihren Leuten freistellten, ob sie iefen Schmerze haben auch in einigen Theilen unseres Landes Verblendete sich hinreißen lassen, dieser Fahne zu folgen und unter derselben, im offenen Aufruhr gegen die rechtmäßige Obrigkeit, göttliche und menschliche Ordnung umzustürzen. In so ernster und gefahrvoller Zeit drängt es Mich, ein offenes Wort zu Meinem Volke zu reden. Ich habe auf das Anerbieten einer Krone seitens der deutschen Nationalversammlung eine zustimmende Antwort nicht ertheilen können, weil die Versammlung nicht das Recht hatte, die Krone, welche sie mir bot, ohne Zustimmung der deutschen Regierungen zu vergeben, weil sie Mir unter der Bedingung der Annahme einer Verfassung angetragen ward, welche mit den Rechten und der Sicherheit der deutschen Staaten nicht vereinbar war. Ich habe fruchtlos alle Mittel versucht und erschöpft, zu einer Verständigung mit der deutschen Nationalversammlung zu gelangen. Ich habe Mich vergebens bemüht, sie auf den Standpunkt ihres Mandats und des Rechtes zurückzuführen, welches nicht in der eigenmächtigen und unwiderruflichen Feststellung, sondern in der Vereinbarung einer deutschen Verfassung bestand, und selbst nach Vereitelung Meiner Bestrebungen habe Ich in der Hoffnung einer endlichen friedlichen Lösung nicht mit der Versammlung gebrochen. Nachdem dieselbe aber durch Beschlüsse, gegen welche treffliche Männer fruchtlos ankämpften, ihrerseits den Boden des Rechtes, des Gesetzes und der Pflicht gänzlich verlassen, nachdem sie uns um deshalb, weil wir dem bedrängten Nachbar die erbetene Hülfe siegreich geleistet, des Friedensbruches angeklagt, nachdem sie gegen uns und die Regierungen, welche sich mit Mir den verderblichen Bestimmungen der Verfassung nicht fügen wollten, zum offenen Widerstande aufgerufen, jetzt hat die Versammlung mit Preußen gebrochen. Sie ist in ihrer Mehrheit nicht mehr jene Vereinigung von Männern, auf welche Deutschland mit Stolz und Vertrauen blickte. Eine große Zahl ist, als die Bahn des Verderbens betreten wurde, freiwillig ausgeschieden, und durch Meine Verordnung vom gestrigen Tage habe Ich alle preußischen Abgeordneten, welche der Versammtung noch angehörten, zurückgerufen. Gleiches wird von anderen deutschen Regierungen geschehen. In der Versammlung herrscht jetzt eine Partei, die im Bunde steht mit den Menschen des Schreckens, welche die Einheit Deutschlands zum Vorwande nehmen, in Wahrheit aber den Kampf der Gottlosigkeit, des Eidbruches und der Raubsucht gegen die Throne entzünden, um mit ihnen den Schutz des Rechtes, der Freiheit und des Eigenthums umzustürzen. Die Gräuel, welche in Dresden, Breslau und Elberfeld unter dem erheuchelten Rufe nach Deutschlands Einheit begangen worden, liefern die traurigen Beweise. Neue Gräuel sind geschehen und werden noch vorbereitet. Während durch solchen Frevel die Hoffnung zerstört ward, durch die Frankfurter Versammlung die Einheit Deutschlands erreicht zu sehen, habe Ich in königlicher Treue und Beharrlichkeit daran nicht verzweifelt. Meine Regierung hat mit den Bevollmächtigten der größern deutschen Staaten, welche sich mir angeschlossen, das in Frankfurt begonnene Werk der deutschen Verfassung wieder aufgenommen. Diese Verfassung soll und wird in kürzester Frist der Nation gewähren, was sie mit Recht verlangt und erwartet: ihre Einheit, dargestellt durch eine einheitliche Exekutiv-Gewalt, die nach außen den Namen und die Interessen Deutschlands würdig und kräftig vertritt, und ihre Freiheit, gesichert durch eine Volksvertretung mit legislativer Befugniß Die von der National-Versammlung entworfene Reichs-Verfassung ist hierbei zu Grunde gelegt, und sind nur diejenigen Punkte derselben verändert worden, welche aus den Kämpfen und Zugeständnissen der Parteien hervorgegangen, dem wahren Wohle des Vaterlandes entschieden nachtheilig sind. Einem Reichstage aus allen Staaten, die sich dem Bundesstaate anschließen, wird diese Verfassung zur Prüfung und Zustimmung vorgelegt werden. Deutschland vertraue hierin dem Patriotismus und dem Rechtsgefühle der preußischen Regierung; sein Vertrauen wird nicht getäuscht werden. Das ist Mein Weg. Nur der Wahnsinn oder die Lüge kann solchen Thatsachen gegenüber die Behauptung wagen, daß Ich die Sache der deutschen Einheit aufgegeben, daß Ich Meiner früheren Ueberzeugung und Meinen Zusicherungen untreu geworden. Preußen ist dazu berufen, in so schwerer Zeit Deutschland gegen innere und äußere Feinde zu schirmen, und es muß und wird diese Pflicht erfüllen. Deshalb rufe Ich schon jetzt Mein Volk in die Waffen. Es gilt, Ordnung und Gesetz herzustellen im eigenen Lande und in den übrigen deutschen Landern, wo unsere Hülfe verlangt wird; es gilt, Deutschland's Einheit zu gründen, seine Freiheit zu schützen vor der Schreckensherrschaft einer Partei, welche Gesittung, Ehre und Treue ihren Leidenschaften opfern will, einer Partei, welcher es gelungen ist, ein Netz der Bethörung und des Irrwahns über einen Theil des Volkes zu werfen. Die Gefahr ist groß, aber vor dem gesunden Sinn Meines Volkes wird das Werk der Lüge nicht bestehen; dem Rufe des Königs wird die alte preußische Treue, wird der alte Ruhm der preußischen Waffen entsprechen. Steht Mein Volk zu Mir, wie Ich zu ihm in Treue und Vertrauen einträchtig, so wird uns Gottes Segen und damit ein herrlicher Sieg nicht fehlen. Charlottenburg, den 15. Mai 1849. Friedrich Wilhelm. Graf von Brandenburg.“ 24 Breslau, 13. Mai. In der gestrigen öffentlichen Gerichtssitzung stand der Oberland-Ger. Auskultator v. Bardzki vor den Schranken angeklagt, seinen Vorgesetzten in Ausübung seiner Funktion beleidigt zu haben. Der Angeklagte ist nämlich aus seiner Stellung beim Oberlandesgericht aus- und in das Militär-Verwaltungsfach eingetreten. Sein Dimissoriale ist da, und er hat auf ein späteres Schreiben des Stadtgerichtsdirektors und Geh. Raths Uecke, das höchst unleserlich war, die Randbemerkung gemacht, „daß er Hieroglyphen nicht entziffern könne.“ Daraus deducirt der Staatsanwalt eine grobe Injurie gegen den Vorgesetzten, der, trotz des Entlassungsschreibens, laut Gesetz, so lange sein Vorgesetzter bleibe, bis seine Stelle anders besetzt sei. Der Verklagte führte seine Vertheidigung sehr gut, indem er den Vorwurf der wissentlichen Beleidigung ganz von sich weis't, da er weder Hrn. Direktor Uecke persönlich, noch seine Handschrift kenne, da sie eben so unleserlich sei, daß nicht einmal der Name zu erkennen sei; er habe dies, ihm vom Gerichtsboten eingehändigte Schrifstück für irgend ein Rescript wegen Abgangssporteln gehalten. Beleidigend könne seine Bemerkung wegen der Hieroglyphen, ein Wort, das nur unleserliche Schrift bedeute, für Hrn. Direktor Uecke nicht sein, da höchstens ein Schreibmeister darin eine Injurie finden könne. — Der Anwalt des Staates entwickelt seine Gegengründe, und trägt principaliter auf 8 Tage Gefängniß und envent. auf Geldstrafe an. Der Gerichtshof schärft die Strafe und verurtheilt Hrn. von Bardzki „wegen grober Beleidigungen seines Vorgesetzten im Amt“ zu 14tägigem Gefängniß und zur Tragung der Kosten. (R. O. Z.) 229 Schweidnitz, 9. Mai. Die „schwarzweiße“ Justiz reitet außerordentlich schnell. Am 5. Febr. — also vor länger als drei Monaten — reichte der Redakteur des „Freischütz,“ J. M. Petery, eine Beschwerde wegen seiner am 24. Jan. erfolgten höchst ungerechten Verhaftung an den damaligen excellenten Justizminister Rintelen ein und verlangte schleunigste Freilassung, mindestens aber sofortige Untersuchung und demnächstigen Bescheid. Hr. Rintelen aber muß sich beim Durchlesen der Beschwerde verkehrt auf seine Schecke gesetzt haben, und diese Bestie muß beim ersten Schritt „alle“ geworden sein, denn bis heutigen Tages hat Petery weder seine Freiheit zurückerhalten, noch ist ihm ein excellenter Bescheid „in Gnaden“ zu Theil geworden. Was Rintelen und sein unübertrefflicher Nachfolger in der Justiz-Excellenz aus der Beschwerde gemacht, wissen nicht einmal die Götter, viel weniger der in Haft gehaltene Beschwerdeführer. Petery hat inzwischen das Erkenntniß erster Instanz erhalten. Dieses Erkenntniß ist aber das non plus ultra aller saubern Fabrikate der gottbegnadeten Ritter unserer schwarzweißen, blinden Gerechtigkeitsgöttin; es ist durch und durch so mit kolossalen Wundern dieser allgemeinen Landrechtsgrazie gespickt, daß Petery die völlige Kassation desselben und dabei zum zehnten Male seine vorläufige Freilassung hat beantragen müssen. Hr. Simons, Justizminister-Excellenz, scheint aber von den wiederholten Rippenstößen Petery's nicht aufwachen zu wollen, denn er schnarcht ruhig fort — — und Petery bleibt im Kerker ohne Bescheid. Seine Frau und seine vier Kinder dürfen ihn wöchentlich ein, höchstens zwei Mal einige Minuten in einer Schreibquetsche des Inquisitoriats, hart an der Stubenthür und hart am toll geheizten Ofen auf einem Raume von kaum 8 Quadratfuß und nur in Gegenwart mehrerer lästiger Zeugen sehen, während andere Gefangene (reiche Edelleute etc.), deren Untersuchung noch gar nicht einmal geschlossen ist, die aber Universitäts-Saufbrüder oder sonstige Günstlinge eines oder des anderen Richters oder Beamten der Anstalt sind, nicht allein Stunden-, sondern Tage-, ja halbe und ganze Nächte lang in einer Stube des gefälligen Herrn Inspektors ganz allein bei ihren Frauen zubringen können. Petery's Frau suchte bereits vor fünf Wochen bei dem Oberlandesgericht zu Breslau für sich und die Kinder die Erlaubniß nach, ihn in seinem Gefängniß, wenn auch in Gegenwart eines Beamten, öfters und auf längere Zeit besuchen dürfen. Wer aber bis heut noch keinen Bescheid ertheilt hat, ist das k. preuß. hochl. Oberlandesgericht zu Breslau. Petery wird theils von seiner Frau, theils von seinen Freunden in der Stadt beköstigt. Bevor aber die Speisen in sein Gefängniß gelangen, müssen sie erst durch die Hände von 3 bis 4 Beamten wandern. Einer von diesen hat sehr oft für den Augenblick nicht Zeit, entweder der Frau das Essen abzunehmen, so daß sie oft längere Zeit im kalten Hausflur auf die Güte des einen oder des andern warten muß, oder dasselbe weiter zu befördern — — mit einem Worte: Petery erhält die Speisen häufig kalt und ungenießbar. Seine Frau hat deshalb ebenfalls vor länger als 5 Wochen bei dem Kriminalsenat in Breslau die Erlaubniß nachgesucht, die Speisen direkt bis zu dem Gefangenen-Aufseher, unter dessen Verschluß P. sich befindet, befördern zu dürfen. Wer aber bis heut noch keinen Bescheid ertheilt hat, ist der k. preuß. hochl. Kriminalsenat in Breslau. In demselben Raubneste, in welchem Petery hinter Schloß und Gitter seiner Freiheit beraubt gehalten wird, sollen auch Untersuchungsgefangene schmachten, die seit 18 Monaten — sage: „ein und ein halbes Jahr“ kein Verhör gehabt haben und ganz und gar vergessen zu sein scheinen. Auch befinden sich außer Petery noch zwei politische Gefangene zur Zeit in dieser schwarz-weiß-spanischen Inquisitionshöhle: Baron Rothkirch und Aktuar Klose aus Freiberg, die erst in den jüngsten Tagen erfahren konnten, was sie eigentlich verbrochen haben sollen. Ueber 4 Monate hatten sie hinter Schloß und Riegel Zeit, das Räthsel ihrer Verhaftung zu lösen; es mochte ihnen aber durchaus nicht gelingen, trotzdem sie gerade nicht auf den Kopf gefallen sind. Ja, ja! die preußische Justiz reitet außerordentlich schnell auf ihrer landrechtlichen Schecke. Diese bug- und spatlahme Bestie ist nicht mit Golde zu bezahlen. Die Erholungen in der freien Luft, deren sich die hiesigen Gefangenen zu erfreuen haben, ist eben so excellent, wie die lahme scheckige Bestie. Der Hofraum des Raubnestes, in welchem die Gefangenen wie Fische nach Luft schnappen sollen, ist mit drei Abtritten, einer Mistgrube, einer Urintonne, einem Aschenloch, mehreren Gerinnen voll diversen balsamischen Inhalts u. s. w. geziert, von Flöhen, Ratten und andern thierischen Lieblingen der Gefangenen belebt, höchstens 30 Schritt lang und 12 Schritte breit, von Mauern umgeben, die keinen frischen Lufzug gestatten und mit einem Pflaster überzogen, das nach einem zweimaligen Umgange keinen gesunden Fetzen an den Füßen der Gefangenen übrig läßt. Rechnet man nun noch dazu, daß während des Spazierganges die übrigen Gefangenen auf die Abtritte transportirt werden, ihre Kübel von 24stündigem Inhalt — der natürlich kein wohlriechendes Kölnisches Wasser ist — reinigen, Strohsäcke umstopfen, Decken ausklopfen, daß wohl gar auch etwas ausgemistet wird: so ist die Erholung der Gefangenen ungeheuer zu beneiden. Von der Beköstigung der Gefangenen schweigt des Sängers Höflichkeit ganz und gar. Schließlich müssen wir noch erwähnen, daß Petery in Folge eines schriftlichen Verbots während seiner Haft für die Redaktion und Expedition seines Blattes durchaus in keiner Weise thätig sein darf, und daß alle Briefe, welche die Redaktion oder Expedition des „Freischütz“ betreffen, ihm nicht eingehändigt, sondern seiner Frau oder dem Absender zurückgegeben werden (?) Durch solche christlich-germanische Anordnungen will man jedenfalls den Geist des Gefangenen tödten, sein demokratisch-soziales Blatt zu Grunde richten und seine Familie an den Bettelstab bringen. * Wien, 10. Mai. Aus der „Pesther Zeitung“ ergibt sich, daß der Debrecziner Landtag keineswegs, wie mehrere Standrechtsblätter versicherten, seine Beschlüsse von der Lostrennung Ungarns und der Absetzung des Hauses Habsburg zurückgenommen hat. Der „Közlöny“ enthält einen langen Artikel über jene Beschlüsse, dem wir folgende Stellen entnehmen: „Das Verhängniß Oestreichs ist eingetroffen. Die Repräsentanten Ungarns haben feierlich und einhellig erklärt, daß das Haus Oestreich in allen seinen Zweigen jeden gesetzlichen Anspruch auf den ungarischen Thron und die Krone des heiligen Stephan für ewig eingebüßt hat, und es von dem Boden des Vaterlandes für alle Zeiten unabänderlich verbannt ist. Welch' eine Wendung des Schicksals! Noch vor einem Jahre würde man in dem weiten Ungarlande keinen Mann haben antreffen können, der nicht mit voller Bereitwilligkeit sich beeilt hätte, den letzten Tropfen seines Herzblutes für die gesetzliche Dynastie zu opfern; heute ist kein Mensch im Lande, der nicht mit Abscheu, Verachtung und brennendem Rachedurst sich von einer Familie wegwendete, deren Thron wir unter der Last ihrer Sünden und Abscheulichkeiten zusammenstürzen sehen. Der Stern der Habsburger ist untergegangen, und Ungarn steigt wie ein Phönix verjüngt aus der Asche empor, und fordert seinen Platz in der Reihe der Nationen zurück, dessen es zu so enormem Abbruche der Civilitation beraubt wurde. Nach dreihundert schweren Jahren athmen wir wieder frei in unserem Vaterlande, und wir, die stolzen Kinder einer stolzen Generation, nennen den Boden wieder unser, zu dessen Preis das theure Blut unserer Altvordern floß; — jene Freiheit nennen wir unser eigen, deren Pfandbrief mit dem Blute unserer Väter geschrieben wurde, und die — so Gott will — keine Macht der Erde uns jemals mehr wird entreißen können. — Ungarn ist für unabhängig, und das Haus Oestreich als des Thrones verlustig und für ewige Zeiten verbannt erklärt; diesen Lauf hat das Rad des Schicksals in einem kurzen Jahre genommen. In der Geschichte Ungarns ist noch kein Ereigniß aufgetaucht, welches ernster, und in Bezug auf seine Resultate wichtiger gewesen wäre, als dieses. — Und wir leugnen nicht, daß dieser Beschluß der ungarischen Volksrepräsentanten eine Lebensfrage sein wird, sowohl in Hinsicht auf die bis jetzt regierende Dynastie, als auf unser eigenes Vaterland. Das Haus Habsburg — welches ausschließlich durch den Besitz der Länder der ungarischen Krone so groß und mächtig wurde, daß es auch nach dem Erlöschen des römischen Reichs unter den ersten europäischen Mächten einen Platz einnehmen und auf die Angelegenheiten unseres Welttheils Einfluß üben konnte und welches durch den Verlust Ungarns wahrscheinlich wieder in jene obscure Existenz zurück versinken wird, aus welcher nur die Thatkraft und der Ehrgeiz Rudolph I, es erhoben hatte — das Haus Habsburg, sagen wir, wird nichts unversucht lassen, um von seinem Lebensst[unleserliches Material]m diesen tödtlichen Streich abzulenken. — Ebenso umgekehrt wird auch die ungarische Nation, die durch diese feierliche That ihr unveräußerliches Urrecht einer usurpirenden Gewalt entrissen hat, ernstlich und männlich mit sich zu Rathe gehen, den letzten Mann und den letzten Heller aufopfern, um alle Gegenbestrebungen Oestreichs zu vereiteln. — Wir glauben nicht, daß ein Mensch unter uns sich vorfände, der in diesem unaussprechlich großartigen Momente — der den Keim des Lebens oder des Todes in sich trägt — mit t[unleserliches Material]blabiroartiger Kleinlichkeitsgesinnung dieses Verfahren der Nation, welches früher oder später unvermeidlich hat eintreten müssen, anschauen könnte; wir glauben nicht, daß ein so Feiger unter uns sich befinden kann, den die Größe des vom Geschick des Vaterlandes beanspruchten Opfers vergessen machen könnte, daß in dem Beschlusse vom letzten Samstag der brennende Schmerz einer seit 200 Jahren unwürdig mit Füßen getretenen Nation sich Luft machte, und daß mit dem Opfer der Einzelnen die glückselige Zukunft des Vaterlandes, der Glanz, der Ruhm und die Größe einer Nation auf dieselbe Wagschale geworfen ist. Oestreich hat alle diese Bedingungen gebrochen; denn seinen Königseid brechend, hat es jene Konstitution vernichtet, kraft welcher es den ungarischen Thron inne hatte. Es hat unser Vaterland, dessen Unabhängigkeit es durch Eid und Krönungsvertrag garantirte, mit Oestreich verschmolzen; es hat die zur ungarischen Krone gehörigen Provinzen, auf deren Unverletzlichkeit es ebenfalls einen königl. Eid geschworen, auseinandergerissen. Oestreich hat die pragmatische Sanktion zerrissen, jenes wechseitige Band aufgelöst, wodurch es in den Besitz von Ungarn gekommen ist. Nach so vielem Meineid und verübter Willkür noch immer zu den Füßen der Tyrannen feige herum zu kriechen, würde eine solche Ehrlosigkeit sein, worüber nur das Angesicht eines in viehischer Natur dahin vegetirenden Sklaven nicht erröthen müßte. 073 Bremen, 14. Mai. Auch hier, obgleich von keinem rebellischen Fürsten gedrängt, zeigt sich heiße Begeisterung für die Sache des deutschen Volkes; man rüstet sich zum Kampfe, zur Unterstützung kämpfender Brüder, und Viele haben sich dazu durch ihre Unterschrift verpflichtet. — Die gestrige, vom demokratischen Verein veranstaltete Volksversammlung, an welcher sich eine Menge Vereine der Stadt und Umgegend mit ihren Fahnen in langen Zügen betheiligten, ward auf einer großen Wiese vor der Stadt gehalten und von vielen tausend Menschen besucht. Rösing, der Präsident des demokratischen Vereins, eröffnete und leitete die Versammlung mit einem Hinblick auf den Zustand und die Gefahren des Vaterlandes, bewies, wie das deutsche Volk auf dem Boden des Rechts und des Gesetzes bei seiner anhaltenden Revolution stehe, die Fürsten sich indeß in Rebellion gegen Ordnung und Gesetz befänden. 14 Redner erhielten darauf wie angemeldet das Wort, kein Mißton zeigte sich, wohl aber ertönte die Luft von tausendfachen Bravo's. — Es war ein erhebender Anblick, als sich auf Wischmann's Aufforderung, der Reichsverfassung Treue zu geloben, ein Wald von Händen erhob; dasselbe geschah, als Mitglieder der Bürgerschaft zu folgenden Anträgen um Zustimmung ersuchten: 1) Antrag zur Vereidung des Militärs auf die Reichsverfassung; 2) Antrag, dem Militär die ihm von seinen Chefs früher ertheilte, später ohne allen Grund entzogene Erlaubniß, Vereine und Volksversammlungen zu besuchen, als allen Staatsbürgern zukommendes Vereinigsrecht wieder zu geben; 3) Antrag zur Volksbewaffnung und zur Bewilligung gehöriger Mittel. — Diese Anträge werden in übermorgender Bürgerschaft als dringlich vorgelegt. — Es machte einen tiefen Eindruck, als der Soldat Denk in fließender Rede seine Begeisterung für Durchführung der Reichsverfassung zu Gunsten des deutschen Volkes aussprach; aus vieler Tausende Mund erscholl ein donnerndes Hoch! 068 Frankfurt, 15. Mai. Die heutige Sitzung der Nationalversammlung wird um 11 1/2 Uhr eröffnet. Der Präsident theilt eine Eröffnung des Reichsverrathenden Verwesers mit. Danach werde der preußische Abgesandte wahrscheinlich erst morgen eintreffen und die Nationalversammlung möge doch bis dahin mit ihren Beschlüssen warten. Es ist kostbar, wie diese Professoren- und andre Reichsgimpel sich an der Nase herumführen lassen. Der kindische Arndt giebt wieder einmal als Reichs-Bojazzo seine teutoburgischen Redensarten zum Besten. Wigard beantragt: „In Erwägung, daß die Nationalversammlung nicht zugeben kann, daß die Bildung des Reichsministeriums von den Instruktionen eines preußischen Bevollmächtigten abhängig sei, beschließt sie, sofort eine Deputation an den Reichsverweser zu senden, um ihn zur Bildung eines Ministeriums im Verlauf des heutigen Tages, unverweilt der Ankunft des preußischen Bevollmächtigten, zu veranlassen.“ Hr. Bresgen und Genossen andererseits bringen einen sehr umfassenden Antrag ein, der auf Beseitigung und Ersetzung der Centralgewalt gerichtet ist. Da letzterem Antrage die Dringlichkeit abgesprochen wird, so wird er dem Dreißiger-Ausschusse zur Berichterstattung überwiesen. Eben dahin gelangt der Antrag der Herren Biedermann und Genossen, der ebenfalls die Centralgewalt zum Gegenstand hat. Der Wigard'sche Antrag wird für nicht dringlig erklärt. Raveaux zeigt einen Bericht des Dreißiger-Ausschusses über einen vom Abg. Umbscheiden in Betreff der Pfalz gestellten Antrag. Der Ausschuß erkennt die Dringlichkeit des Antrags des Abg. Umbscheiden an, er wünscht den Bericht des Reichskommissars Eisenstuck und die Eröffnungen des interimistischen Reichsministeriums zu vernehmen, und behält sich seine Anträge vor. Dem Wunsche des Hrn. Eisenstuck, jetzt über seine Sendung Bericht zu erstatten, wird von der Versammlung nicht ensprochen. Abg. Raveaux stellt den Antrag, die Sitzung auf eine Stunde zu vertagen. Bis dahin sollte der Ausschuß Bericht erstatten. Abg. Langerfeld will, daß man die Sitzung bis 4 Uhr vertagt. Der letztere Antrag wird angenommen und somit die Sitzung bis 4 Uhr vertagt. Schluß der Sitzung 12 1/2 Uhr. * Frankfurt, 15. April. Die gestrige Nachmittagssitzung der Nationalversammlung begann um 4 Uhr. Es wird wiederum viel leeres Geschwätz zum Besten gegeben. Es handelt sich um den Bericht des 30er-Ausschusses rücksichtlich des Wechsels der Frankfurter Garnison zufolge der von östreichischen und preußischen Soldaten verübten Gräuel und Brutalitäten. Bei der Abstimmung wird der Antrag der Ausschuß-Minorität auf motivirte Tagesordnung mit 189 gegen 121 Stimmen angenommen. Der Antrag Simons's (Trier), das erlassene Verbot gegen Tragen von Waffen und rothen Kokarden für ungesetzlich zu erklären abgelehnt und der Antrag Umbscheiden's: „Die Nationalversammlung stellt die Bewegung in der Pfalz unter den Schutz des Reiches etc.“ wird dem 30er-Ausschuß zur schleunigen Berichterstattung überwiesen. Schluß der Sitzung 7 1/2 Uhr. 068 Offenburg, 13. Mai. Die heutige Volksversammlung war in der That großartig; mindestens 20,000 Menschen nahmen Theil. Es wurde eine Deputation an die Regierung nach Karlsruhe gesandt mit folgenden Forderungen: 1) Auflösung der Kammer. 2) Abtreten des Ministeriums Bekk. 3) Einberufung einer konstituirenden Landesversammlung. 4) Freigebung der politischen Militär- und Civilgefangenen. Mit einem Extrazuge fuhr die Deputation. Sie brachte eine theils nichtssagende, theils ausweichende, theils ablehnende Antwort. Die Entrüstung des Volkes stieg auf den höchsten Punkt. Man erklärte sich jetzt entschieden dahin, den fürstlichen Rebellen bewaffneten Widerstand entgegenzusetzen. Es wurden 16 Forderungen aufgestellt und durchzuführen beschlossen. Ferner setzte man einen Landesausschuß der Volksvereine nieder, welche für Durchführung der Beschlüsse sorgen sollen. Freiburg, 14. Mai, Morgens 8 Uhr. Die letzte Nacht ist ruhig vorübergegangen, man bemerkte nicht einmal eine ungewöhnliche Bewegung auf den Straßen. Heute Morgen sind ungefähr 200 Mann von dem 1. Regiment, ohne Offiziere, hier angelangt und haben sich zur Disposition des Volkes gestellt. * Speyer, 11. Mai. Die Soldaten des 6. Regiments, die heute früh von hier nach Germersheim beordert wurden, kündigten den Gehorsam. Auch die auf den benachbarten Dörfern erst kürzlich einquartirten Kompagnien haben sich auf Seite des Volkes geschlagen. Neustadt a. d. H., 11. Mai. In allen Gießereien der Pfalz ist man thätig, Kanonen zu fertigen. Gestern sind schon 15 Stück von den Eisenwerken des Freiherrn v. Guinandt nach Kaiserslautern befördert worden. In Kaiserslautern bildet sich ein vollständiges Heer, welches bis heute schon mit der nächstliegenden Volkswehr auf 20,000 Mann angewachsen ist. Stündlich langen baierische Soldaten an, Artilleristen und Infanteristen, die ihre Dienste anbieten. Mannheim, 14. Mai, Nachmittags 2 Uhr. Erst jetzt finde ich eine Minute Ruhe, um Ihnen in aller Eile einige Worte über das zu melden, was sich seit heute Morgen bei uns begeben hat. Die Vorgänge in Karlsruhe finden Sie in den hiesigen Blättern. Kaum war die Kunde davon in Mannheim angelangt, so zündete sie, ich kann's nicht anders bezeichnen, wie ein Funke in einer Pulvertonne. Eine halbe Stunde später umstanden Tausende von Menschen die Infanteriekaserne, denn es war bekannt geworden, daß das Militär von hier entfernt werden sollte. Vergebens suchten die Offiziere das drohende Ungewitter zu beschwören, indem sie es ihren Leuten freistellten, ob sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar300-2_007" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1710"/> iefen Schmerze haben auch in einigen Theilen unseres Landes Verblendete sich hinreißen lassen, dieser Fahne zu folgen und unter derselben, im offenen Aufruhr gegen die rechtmäßige Obrigkeit, göttliche und menschliche Ordnung umzustürzen.</p> <p>In so ernster und gefahrvoller Zeit drängt es Mich, ein offenes Wort zu Meinem Volke zu reden.</p> <p>Ich habe auf das Anerbieten einer Krone seitens der deutschen Nationalversammlung eine zustimmende Antwort nicht ertheilen können, weil die Versammlung nicht das Recht hatte, die Krone, welche sie mir bot, ohne Zustimmung der deutschen Regierungen zu vergeben, weil sie Mir unter der Bedingung der Annahme einer Verfassung angetragen ward, welche mit den Rechten und der Sicherheit der deutschen Staaten nicht vereinbar war.</p> <p>Ich habe fruchtlos alle Mittel versucht und erschöpft, zu einer Verständigung mit der deutschen Nationalversammlung zu gelangen. Ich habe Mich vergebens bemüht, sie auf den Standpunkt ihres Mandats und des Rechtes zurückzuführen, welches nicht in der eigenmächtigen und unwiderruflichen Feststellung, sondern in der Vereinbarung einer deutschen Verfassung bestand, und selbst nach Vereitelung Meiner Bestrebungen habe Ich in der Hoffnung einer endlichen friedlichen Lösung nicht mit der Versammlung gebrochen.</p> <p>Nachdem dieselbe aber durch Beschlüsse, gegen welche treffliche Männer fruchtlos ankämpften, ihrerseits den Boden des Rechtes, des Gesetzes und der Pflicht gänzlich verlassen, nachdem sie uns um deshalb, weil wir dem bedrängten Nachbar die erbetene Hülfe siegreich geleistet, des Friedensbruches angeklagt, nachdem sie gegen uns und die Regierungen, welche sich mit Mir den verderblichen Bestimmungen der Verfassung nicht fügen wollten, zum offenen Widerstande aufgerufen, jetzt hat die Versammlung mit Preußen gebrochen. Sie ist in ihrer Mehrheit nicht mehr jene Vereinigung von Männern, auf welche Deutschland mit Stolz und Vertrauen blickte. Eine große Zahl ist, als die Bahn des Verderbens betreten wurde, freiwillig ausgeschieden, und durch Meine Verordnung vom gestrigen Tage habe Ich alle preußischen Abgeordneten, welche der Versammtung noch angehörten, zurückgerufen. Gleiches wird von anderen deutschen Regierungen geschehen. In der Versammlung herrscht jetzt eine Partei, die im Bunde steht mit den Menschen des Schreckens, welche die Einheit Deutschlands zum Vorwande nehmen, in Wahrheit aber den Kampf der Gottlosigkeit, des Eidbruches und der Raubsucht gegen die Throne entzünden, um mit ihnen den Schutz des Rechtes, der Freiheit und des Eigenthums umzustürzen. Die Gräuel, welche in Dresden, Breslau und Elberfeld unter dem erheuchelten Rufe nach Deutschlands Einheit begangen worden, liefern die traurigen Beweise. Neue Gräuel sind geschehen und werden noch vorbereitet. Während durch solchen Frevel die Hoffnung zerstört ward, durch die Frankfurter Versammlung die Einheit Deutschlands erreicht zu sehen, habe Ich in königlicher Treue und Beharrlichkeit daran nicht verzweifelt. Meine Regierung hat mit den Bevollmächtigten der größern deutschen Staaten, welche sich mir angeschlossen, das in Frankfurt begonnene Werk der deutschen Verfassung wieder aufgenommen.</p> <p>Diese Verfassung soll und wird in kürzester Frist der Nation gewähren, was sie mit Recht verlangt und erwartet: ihre Einheit, dargestellt durch eine einheitliche Exekutiv-Gewalt, die nach außen den Namen und die Interessen Deutschlands würdig und kräftig vertritt, und ihre Freiheit, gesichert durch eine Volksvertretung mit legislativer Befugniß Die von der National-Versammlung entworfene Reichs-Verfassung ist hierbei zu Grunde gelegt, und sind nur diejenigen Punkte derselben verändert worden, welche aus den Kämpfen und Zugeständnissen der Parteien hervorgegangen, dem wahren Wohle des Vaterlandes entschieden nachtheilig sind. Einem Reichstage aus allen Staaten, die sich dem Bundesstaate anschließen, wird diese Verfassung zur Prüfung und Zustimmung vorgelegt werden. Deutschland vertraue hierin dem Patriotismus und dem Rechtsgefühle der preußischen Regierung; sein Vertrauen wird nicht getäuscht werden.</p> <p>Das ist Mein Weg. Nur der Wahnsinn oder die Lüge kann solchen Thatsachen gegenüber die Behauptung wagen, daß Ich die Sache der deutschen Einheit aufgegeben, daß Ich Meiner früheren Ueberzeugung und Meinen Zusicherungen untreu geworden.</p> <p>Preußen ist dazu berufen, in so schwerer Zeit Deutschland gegen innere und äußere Feinde zu schirmen, und es muß und wird diese Pflicht erfüllen. Deshalb rufe Ich schon jetzt Mein Volk in die Waffen. Es gilt, Ordnung und Gesetz herzustellen im eigenen Lande und in den übrigen deutschen Landern, wo unsere Hülfe verlangt wird; es gilt, Deutschland's Einheit zu gründen, seine Freiheit zu schützen vor der Schreckensherrschaft einer Partei, welche Gesittung, Ehre und Treue ihren Leidenschaften opfern will, einer Partei, welcher es gelungen ist, ein Netz der Bethörung und des Irrwahns über einen Theil des Volkes zu werfen.</p> <p>Die Gefahr ist groß, aber vor dem gesunden Sinn Meines Volkes wird das Werk der Lüge nicht bestehen; dem Rufe des Königs wird die alte preußische Treue, wird der alte Ruhm der preußischen Waffen entsprechen.</p> <p>Steht Mein Volk zu Mir, wie Ich zu ihm in Treue und Vertrauen einträchtig, so wird uns Gottes Segen und damit ein herrlicher Sieg nicht fehlen.</p> <p>Charlottenburg, den 15. Mai 1849.</p> <p>Friedrich Wilhelm.</p> <p>Graf von Brandenburg.“</p> </div> <div xml:id="ar300-2_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> Breslau, 13. Mai.</head> <p>In der gestrigen öffentlichen Gerichtssitzung stand der Oberland-Ger. Auskultator v. Bardzki vor den Schranken angeklagt, seinen Vorgesetzten in Ausübung seiner Funktion beleidigt zu haben. Der Angeklagte ist nämlich aus seiner Stellung beim Oberlandesgericht aus- und in das Militär-Verwaltungsfach eingetreten. Sein Dimissoriale ist da, und er hat auf ein späteres Schreiben des Stadtgerichtsdirektors und Geh. Raths Uecke, das höchst unleserlich war, die Randbemerkung gemacht, „daß er Hieroglyphen nicht entziffern könne.“ Daraus deducirt der Staatsanwalt eine grobe Injurie gegen den Vorgesetzten, der, trotz des Entlassungsschreibens, laut Gesetz, so lange sein Vorgesetzter bleibe, bis seine Stelle anders besetzt sei. Der Verklagte führte seine Vertheidigung sehr gut, indem er den Vorwurf der wissentlichen Beleidigung ganz von sich weis't, da er weder Hrn. Direktor Uecke persönlich, noch seine Handschrift kenne, da sie eben so unleserlich sei, daß nicht einmal der Name zu erkennen sei; er habe dies, ihm vom Gerichtsboten eingehändigte Schrifstück für irgend ein Rescript wegen Abgangssporteln gehalten. Beleidigend könne seine Bemerkung wegen der Hieroglyphen, ein Wort, das nur unleserliche Schrift bedeute, für Hrn. Direktor Uecke nicht sein, da höchstens ein Schreibmeister darin eine Injurie finden könne. — Der Anwalt des Staates entwickelt seine Gegengründe, und trägt principaliter auf 8 Tage Gefängniß und envent. auf Geldstrafe an. Der Gerichtshof schärft die Strafe und verurtheilt Hrn. von Bardzki „wegen grober Beleidigungen seines Vorgesetzten im Amt“ zu 14tägigem Gefängniß und zur Tragung der Kosten.</p> <bibl>(R. O. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar300-2_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>229</author></bibl> Schweidnitz, 9. Mai.</head> <p>Die „schwarzweiße“ Justiz reitet außerordentlich schnell. Am 5. Febr. — also vor länger als drei Monaten — reichte der Redakteur des „Freischütz,“ J. M. Petery, eine Beschwerde wegen seiner am 24. Jan. erfolgten höchst ungerechten Verhaftung an den damaligen excellenten Justizminister Rintelen ein und verlangte schleunigste Freilassung, mindestens aber sofortige Untersuchung und demnächstigen Bescheid. Hr. Rintelen aber muß sich beim Durchlesen der Beschwerde verkehrt auf seine Schecke gesetzt haben, und diese Bestie muß beim ersten Schritt „alle“ geworden sein, denn bis heutigen Tages hat Petery weder seine Freiheit zurückerhalten, noch ist ihm ein excellenter Bescheid „in Gnaden“ zu Theil geworden. Was Rintelen und sein unübertrefflicher Nachfolger in der Justiz-Excellenz aus der Beschwerde gemacht, wissen nicht einmal die Götter, viel weniger der in Haft gehaltene Beschwerdeführer. Petery hat inzwischen das Erkenntniß erster Instanz erhalten. Dieses Erkenntniß ist aber das non plus ultra aller saubern Fabrikate der gottbegnadeten Ritter unserer schwarzweißen, blinden Gerechtigkeitsgöttin; es ist durch und durch so mit kolossalen Wundern dieser allgemeinen Landrechtsgrazie gespickt, daß Petery die völlige Kassation desselben und dabei zum zehnten Male seine vorläufige Freilassung hat beantragen müssen. Hr. Simons, Justizminister-Excellenz, scheint aber von den wiederholten Rippenstößen Petery's nicht aufwachen zu wollen, denn er schnarcht ruhig fort — — und Petery bleibt im Kerker ohne Bescheid. Seine Frau und seine vier Kinder dürfen ihn wöchentlich ein, höchstens zwei Mal einige Minuten in einer Schreibquetsche des Inquisitoriats, hart an der Stubenthür und hart am toll geheizten Ofen auf einem Raume von kaum 8 Quadratfuß und nur in Gegenwart mehrerer lästiger Zeugen sehen, während andere Gefangene (reiche Edelleute etc.), deren Untersuchung noch gar nicht einmal geschlossen ist, die aber Universitäts-Saufbrüder oder sonstige Günstlinge eines oder des anderen Richters oder Beamten der Anstalt sind, nicht allein Stunden-, sondern Tage-, ja halbe und ganze Nächte lang in einer Stube des gefälligen Herrn Inspektors ganz allein bei ihren Frauen zubringen können. Petery's Frau suchte bereits vor fünf Wochen bei dem Oberlandesgericht zu Breslau für sich und die Kinder die Erlaubniß nach, ihn in seinem Gefängniß, wenn auch in Gegenwart eines Beamten, öfters und auf längere Zeit besuchen dürfen. Wer aber bis heut noch keinen Bescheid ertheilt hat, ist das k. preuß. hochl. Oberlandesgericht zu Breslau. Petery wird theils von seiner Frau, theils von seinen Freunden in der Stadt beköstigt. Bevor aber die Speisen in sein Gefängniß gelangen, müssen sie erst durch die Hände von 3 bis 4 Beamten wandern. Einer von diesen hat sehr oft für den Augenblick nicht Zeit, entweder der Frau das Essen abzunehmen, so daß sie oft längere Zeit im kalten Hausflur auf die Güte des einen oder des andern warten muß, oder dasselbe weiter zu befördern — — mit einem Worte: Petery erhält die Speisen häufig kalt und ungenießbar. Seine Frau hat deshalb ebenfalls vor länger als 5 Wochen bei dem Kriminalsenat in Breslau die Erlaubniß nachgesucht, die Speisen direkt bis zu dem Gefangenen-Aufseher, unter dessen Verschluß P. sich befindet, befördern zu dürfen. Wer aber bis heut noch keinen Bescheid ertheilt hat, ist der k. preuß. hochl. Kriminalsenat in Breslau.</p> <p>In demselben Raubneste, in welchem Petery hinter Schloß und Gitter seiner Freiheit beraubt gehalten wird, sollen auch Untersuchungsgefangene schmachten, die seit 18 Monaten — sage: „<hi rendition="#g">ein und ein halbes Jahr</hi>“ kein Verhör gehabt haben und ganz und gar <hi rendition="#g">vergessen</hi> zu sein scheinen.</p> <p>Auch befinden sich außer Petery noch zwei politische Gefangene zur Zeit in dieser schwarz-weiß-spanischen Inquisitionshöhle: Baron Rothkirch und Aktuar Klose aus Freiberg, die erst in den jüngsten Tagen erfahren konnten, was sie eigentlich verbrochen haben sollen. Ueber 4 Monate hatten sie hinter Schloß und Riegel Zeit, das Räthsel ihrer Verhaftung zu lösen; es mochte ihnen aber durchaus nicht gelingen, trotzdem sie gerade nicht auf den Kopf gefallen sind. Ja, ja! die preußische Justiz reitet außerordentlich schnell auf ihrer landrechtlichen Schecke. Diese bug- und spatlahme Bestie ist nicht mit Golde zu bezahlen.</p> <p>Die Erholungen in der freien Luft, deren sich die hiesigen Gefangenen zu erfreuen haben, ist eben so excellent, wie die lahme scheckige Bestie. Der Hofraum des Raubnestes, in welchem die Gefangenen wie Fische nach Luft schnappen sollen, ist mit drei Abtritten, einer Mistgrube, einer Urintonne, einem Aschenloch, mehreren Gerinnen voll diversen balsamischen Inhalts u. s. w. geziert, von Flöhen, Ratten und andern thierischen Lieblingen der Gefangenen belebt, höchstens 30 Schritt lang und 12 Schritte breit, von Mauern umgeben, die keinen frischen Lufzug gestatten und mit einem Pflaster überzogen, das nach einem zweimaligen Umgange keinen gesunden Fetzen an den Füßen der Gefangenen übrig läßt. Rechnet man nun noch dazu, daß während des Spazierganges die übrigen Gefangenen auf die Abtritte transportirt werden, ihre Kübel von 24stündigem Inhalt — der natürlich kein wohlriechendes Kölnisches Wasser ist — reinigen, Strohsäcke umstopfen, Decken ausklopfen, daß wohl gar auch etwas ausgemistet wird: so ist die Erholung der Gefangenen ungeheuer zu beneiden.</p> <p>Von der Beköstigung der Gefangenen schweigt des Sängers Höflichkeit ganz und gar.</p> <p>Schließlich müssen wir noch erwähnen, daß Petery in Folge eines schriftlichen Verbots während seiner Haft für die Redaktion und Expedition seines Blattes durchaus in keiner Weise thätig sein darf, und daß alle Briefe, welche die Redaktion oder Expedition des „Freischütz“ betreffen, ihm nicht eingehändigt, sondern seiner Frau oder dem Absender zurückgegeben werden (?) Durch solche christlich-germanische Anordnungen will man jedenfalls den Geist des Gefangenen tödten, sein demokratisch-soziales Blatt zu Grunde richten und seine Familie an den Bettelstab bringen.</p> </div> <div xml:id="ar300-2_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 10. Mai.</head> <p>Aus der „Pesther Zeitung“ ergibt sich, daß der Debrecziner Landtag keineswegs, wie mehrere Standrechtsblätter versicherten, seine Beschlüsse von der Lostrennung Ungarns und der Absetzung des Hauses Habsburg zurückgenommen hat. Der „Közlöny“ enthält einen langen Artikel über jene Beschlüsse, dem wir folgende Stellen entnehmen:</p> <p>„Das Verhängniß Oestreichs ist eingetroffen. Die Repräsentanten Ungarns haben feierlich und einhellig erklärt, daß das Haus Oestreich in allen seinen Zweigen jeden gesetzlichen Anspruch auf den ungarischen Thron und die Krone des heiligen Stephan für ewig eingebüßt hat, und es von dem Boden des Vaterlandes für alle Zeiten unabänderlich verbannt ist. Welch' eine Wendung des Schicksals! Noch vor einem Jahre würde man in dem weiten Ungarlande keinen Mann haben antreffen können, der nicht mit voller Bereitwilligkeit sich beeilt hätte, den letzten Tropfen seines Herzblutes für die gesetzliche Dynastie zu opfern; heute ist kein Mensch im Lande, der nicht mit Abscheu, Verachtung und brennendem Rachedurst sich von einer Familie wegwendete, deren Thron wir unter der Last ihrer Sünden und Abscheulichkeiten zusammenstürzen sehen. Der Stern der Habsburger ist untergegangen, und Ungarn steigt wie ein Phönix verjüngt aus der Asche empor, und fordert seinen Platz in der Reihe der Nationen zurück, dessen es zu so enormem Abbruche der Civilitation beraubt wurde.</p> <p>Nach dreihundert schweren Jahren athmen wir wieder frei in unserem Vaterlande, und wir, die stolzen Kinder einer stolzen Generation, nennen den Boden wieder unser, zu dessen Preis das theure Blut unserer Altvordern floß; — jene Freiheit nennen wir unser eigen, deren Pfandbrief mit dem Blute unserer Väter geschrieben wurde, und die — so Gott will — keine Macht der Erde uns jemals mehr wird entreißen können. — Ungarn ist für unabhängig, und das Haus Oestreich als des Thrones verlustig und für ewige Zeiten verbannt erklärt; diesen Lauf hat das Rad des Schicksals in einem kurzen Jahre genommen. In der Geschichte Ungarns ist noch kein Ereigniß aufgetaucht, welches ernster, und in Bezug auf seine Resultate wichtiger gewesen wäre, als dieses. — Und wir leugnen nicht, daß dieser Beschluß der ungarischen Volksrepräsentanten eine Lebensfrage sein wird, sowohl in Hinsicht auf die bis jetzt regierende Dynastie, als auf unser eigenes Vaterland.</p> <p>Das Haus Habsburg — welches ausschließlich durch den Besitz der Länder der ungarischen Krone so groß und mächtig wurde, daß es auch nach dem Erlöschen des römischen Reichs unter den ersten europäischen Mächten einen Platz einnehmen und auf die Angelegenheiten unseres Welttheils Einfluß üben konnte und welches durch den Verlust Ungarns wahrscheinlich wieder in jene obscure Existenz zurück versinken wird, aus welcher nur die Thatkraft und der Ehrgeiz Rudolph I, es erhoben hatte — das Haus Habsburg, sagen wir, wird nichts unversucht lassen, um von seinem Lebensst<gap reason="illegible"/>m diesen tödtlichen Streich abzulenken. — Ebenso umgekehrt wird auch die ungarische Nation, die durch diese feierliche That ihr unveräußerliches Urrecht einer usurpirenden Gewalt entrissen hat, ernstlich und männlich mit sich zu Rathe gehen, den letzten Mann und den letzten Heller aufopfern, um alle Gegenbestrebungen Oestreichs zu vereiteln. — Wir glauben nicht, daß ein Mensch unter uns sich vorfände, der in diesem unaussprechlich großartigen Momente — der den Keim des Lebens oder des Todes in sich trägt — mit t<gap reason="illegible"/>blabiroartiger Kleinlichkeitsgesinnung dieses Verfahren der Nation, welches früher oder später unvermeidlich hat eintreten müssen, anschauen könnte; wir glauben nicht, daß ein so Feiger unter uns sich befinden kann, den die Größe des vom Geschick des Vaterlandes beanspruchten Opfers vergessen machen könnte, daß in dem Beschlusse vom letzten Samstag der brennende Schmerz einer seit 200 Jahren unwürdig mit Füßen getretenen Nation sich Luft machte, und daß mit dem Opfer der Einzelnen die glückselige Zukunft des Vaterlandes, der Glanz, der Ruhm und die Größe einer Nation auf dieselbe Wagschale geworfen ist.</p> <p>Oestreich hat alle diese Bedingungen gebrochen; denn seinen Königseid brechend, hat es jene Konstitution vernichtet, kraft welcher es den ungarischen Thron inne hatte. Es hat unser Vaterland, dessen Unabhängigkeit es durch Eid und Krönungsvertrag garantirte, mit Oestreich verschmolzen; es hat die zur ungarischen Krone gehörigen Provinzen, auf deren Unverletzlichkeit es ebenfalls einen königl. Eid geschworen, auseinandergerissen.</p> <p>Oestreich hat die pragmatische Sanktion zerrissen, jenes wechseitige Band aufgelöst, wodurch es in den Besitz von Ungarn gekommen ist.</p> <p>Nach so vielem Meineid und verübter Willkür noch immer zu den Füßen der Tyrannen feige herum zu kriechen, würde eine solche Ehrlosigkeit sein, worüber nur das Angesicht eines in viehischer Natur dahin vegetirenden Sklaven nicht erröthen müßte.</p> </div> <div xml:id="ar300-2_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>073</author></bibl> Bremen, 14. Mai.</head> <p>Auch hier, obgleich von keinem rebellischen Fürsten gedrängt, zeigt sich heiße Begeisterung für die Sache des deutschen Volkes; man rüstet sich zum Kampfe, zur Unterstützung kämpfender Brüder, und Viele haben sich dazu durch ihre Unterschrift verpflichtet. — Die gestrige, vom demokratischen Verein veranstaltete Volksversammlung, an welcher sich eine Menge Vereine der Stadt und Umgegend mit ihren Fahnen in langen Zügen betheiligten, ward auf einer großen Wiese vor der Stadt gehalten und von vielen tausend Menschen besucht. Rösing, der Präsident des demokratischen Vereins, eröffnete und leitete die Versammlung mit einem Hinblick auf den Zustand und die Gefahren des Vaterlandes, bewies, wie das deutsche Volk auf dem Boden des Rechts und des Gesetzes bei seiner anhaltenden Revolution stehe, die Fürsten sich indeß in Rebellion gegen Ordnung und Gesetz befänden. 14 Redner erhielten darauf wie angemeldet das Wort, kein Mißton zeigte sich, wohl aber ertönte die Luft von tausendfachen Bravo's. — Es war ein erhebender Anblick, als sich auf Wischmann's Aufforderung, der Reichsverfassung Treue zu geloben, ein Wald von Händen erhob; dasselbe geschah, als Mitglieder der Bürgerschaft zu folgenden Anträgen um Zustimmung ersuchten: 1) Antrag zur Vereidung des Militärs auf die Reichsverfassung; 2) Antrag, dem Militär die ihm von seinen Chefs früher ertheilte, später <hi rendition="#g">ohne allen Grund</hi> entzogene Erlaubniß, Vereine und Volksversammlungen zu besuchen, als allen Staatsbürgern zukommendes Vereinigsrecht wieder zu geben; 3) Antrag zur Volksbewaffnung und zur Bewilligung gehöriger Mittel. — Diese Anträge werden in übermorgender Bürgerschaft als dringlich vorgelegt. — Es machte einen tiefen Eindruck, als der Soldat Denk in fließender Rede seine Begeisterung für Durchführung der Reichsverfassung zu Gunsten des deutschen Volkes aussprach; aus vieler Tausende Mund erscholl ein donnerndes Hoch!</p> </div> <div xml:id="ar300-2_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Frankfurt, 15. Mai.</head> <p>Die heutige Sitzung der Nationalversammlung wird um 11 1/2 Uhr eröffnet. Der Präsident theilt eine Eröffnung des Reichsverrathenden Verwesers mit. Danach werde der preußische Abgesandte wahrscheinlich erst morgen eintreffen und die Nationalversammlung möge doch bis dahin mit ihren Beschlüssen warten. Es ist kostbar, wie diese Professoren- und andre Reichsgimpel sich an der Nase herumführen lassen.</p> <p>Der kindische Arndt giebt wieder einmal als Reichs-Bojazzo seine teutoburgischen Redensarten zum Besten.</p> <p><hi rendition="#g">Wigard</hi> beantragt: „In Erwägung, daß die Nationalversammlung nicht zugeben kann, daß die Bildung des Reichsministeriums von den Instruktionen eines preußischen Bevollmächtigten abhängig sei, beschließt sie, sofort eine Deputation an den Reichsverweser zu senden, um ihn zur Bildung eines Ministeriums im Verlauf des heutigen Tages, unverweilt der Ankunft des preußischen Bevollmächtigten, zu veranlassen.“</p> <p>Hr. <hi rendition="#g">Bresgen</hi> und Genossen andererseits bringen einen sehr umfassenden Antrag ein, der auf Beseitigung und Ersetzung der Centralgewalt gerichtet ist. Da letzterem Antrage die Dringlichkeit abgesprochen wird, so wird er dem Dreißiger-Ausschusse zur Berichterstattung überwiesen. Eben dahin gelangt der Antrag der Herren Biedermann und Genossen, der ebenfalls die Centralgewalt zum Gegenstand hat.</p> <p>Der Wigard'sche Antrag wird für nicht dringlig erklärt.</p> <p><hi rendition="#g">Raveaux</hi> zeigt einen Bericht des Dreißiger-Ausschusses über einen vom Abg. Umbscheiden in Betreff der Pfalz gestellten Antrag. Der Ausschuß erkennt die Dringlichkeit des Antrags des Abg. Umbscheiden an, er wünscht den Bericht des Reichskommissars Eisenstuck und die Eröffnungen des interimistischen Reichsministeriums zu vernehmen, und behält sich seine Anträge vor.</p> <p>Dem Wunsche des Hrn. Eisenstuck, jetzt über seine Sendung Bericht zu erstatten, wird von der Versammlung nicht ensprochen.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Raveaux</hi> stellt den Antrag, die Sitzung auf eine Stunde zu vertagen. Bis dahin sollte der Ausschuß Bericht erstatten.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Langerfeld</hi> will, daß man die Sitzung bis 4 Uhr vertagt. Der letztere Antrag wird angenommen und somit die Sitzung bis 4 Uhr vertagt.</p> <p>Schluß der Sitzung 12 1/2 Uhr.</p> </div> <div xml:id="ar300-2_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 15. April.</head> <p>Die gestrige Nachmittagssitzung der Nationalversammlung begann um 4 Uhr. Es wird wiederum viel leeres Geschwätz zum Besten gegeben. Es handelt sich um den Bericht des 30er-Ausschusses rücksichtlich des Wechsels der Frankfurter Garnison zufolge der von östreichischen und preußischen Soldaten verübten Gräuel und Brutalitäten.</p> <p>Bei der Abstimmung wird der Antrag der Ausschuß-Minorität auf motivirte Tagesordnung mit 189 gegen 121 Stimmen angenommen. Der Antrag Simons's (Trier), das erlassene Verbot gegen Tragen von Waffen und rothen Kokarden für ungesetzlich zu erklären abgelehnt und der Antrag Umbscheiden's:</p> <p rendition="#et">„Die Nationalversammlung stellt die Bewegung in der Pfalz unter den Schutz des Reiches etc.“</p> <p>wird dem 30er-Ausschuß zur schleunigen Berichterstattung überwiesen.</p> <p>Schluß der Sitzung 7 1/2 Uhr.</p> </div> <div xml:id="ar300-2_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Offenburg, 13. Mai.</head> <p>Die heutige Volksversammlung war in der That großartig; mindestens 20,000 Menschen nahmen Theil. Es wurde eine Deputation an die Regierung nach Karlsruhe gesandt mit folgenden Forderungen:</p> <p>1) Auflösung der Kammer.</p> <p>2) Abtreten des Ministeriums Bekk.</p> <p>3) Einberufung einer konstituirenden Landesversammlung.</p> <p>4) Freigebung der politischen Militär- und Civilgefangenen.</p> <p>Mit einem Extrazuge fuhr die Deputation. Sie brachte eine theils nichtssagende, theils ausweichende, theils ablehnende Antwort. Die Entrüstung des Volkes stieg auf den höchsten Punkt. Man erklärte sich jetzt entschieden dahin, den fürstlichen Rebellen bewaffneten Widerstand entgegenzusetzen. Es wurden 16 Forderungen aufgestellt und durchzuführen beschlossen. Ferner setzte man einen Landesausschuß der Volksvereine nieder, welche für Durchführung der Beschlüsse sorgen sollen.</p> </div> <div xml:id="ar300-2_015" type="jArticle"> <head>Freiburg, 14. Mai, Morgens 8 Uhr.</head> <p>Die letzte Nacht ist ruhig vorübergegangen, man bemerkte nicht einmal eine ungewöhnliche Bewegung auf den Straßen. Heute Morgen sind ungefähr 200 Mann von dem 1. Regiment, ohne Offiziere, hier angelangt und haben sich zur Disposition des Volkes gestellt.</p> </div> <div xml:id="ar300-2_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Speyer, 11. Mai.</head> <p>Die Soldaten des 6. Regiments, die heute früh von hier nach Germersheim beordert wurden, kündigten den Gehorsam. Auch die auf den benachbarten Dörfern erst kürzlich einquartirten Kompagnien haben sich auf Seite des Volkes geschlagen.</p> </div> <div xml:id="ar300-2_017" type="jArticle"> <head>Neustadt a. d. H., 11. Mai.</head> <p>In allen Gießereien der Pfalz ist man thätig, Kanonen zu fertigen. Gestern sind schon 15 Stück von den Eisenwerken des Freiherrn v. Guinandt nach Kaiserslautern befördert worden. In Kaiserslautern bildet sich ein vollständiges Heer, welches bis heute schon mit der nächstliegenden Volkswehr auf 20,000 Mann angewachsen ist. Stündlich langen baierische Soldaten an, Artilleristen und Infanteristen, die ihre Dienste anbieten.</p> </div> <div xml:id="ar300-2_018" type="jArticle"> <head>Mannheim, 14. Mai, Nachmittags 2 Uhr.</head> <p>Erst jetzt finde ich eine Minute Ruhe, um Ihnen in aller Eile einige Worte über das zu melden, was sich seit heute Morgen bei uns begeben hat. Die Vorgänge in <hi rendition="#g">Karlsruhe</hi> finden Sie in den hiesigen Blättern. Kaum war die Kunde davon in Mannheim angelangt, so zündete sie, ich kann's nicht anders bezeichnen, wie ein Funke in einer Pulvertonne. Eine halbe Stunde später umstanden Tausende von Menschen die Infanteriekaserne, denn es war bekannt geworden, daß das Militär von hier entfernt werden sollte. Vergebens suchten die Offiziere das drohende Ungewitter zu beschwören, indem sie es ihren Leuten freistellten, ob sie </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1710/0002]
iefen Schmerze haben auch in einigen Theilen unseres Landes Verblendete sich hinreißen lassen, dieser Fahne zu folgen und unter derselben, im offenen Aufruhr gegen die rechtmäßige Obrigkeit, göttliche und menschliche Ordnung umzustürzen.
In so ernster und gefahrvoller Zeit drängt es Mich, ein offenes Wort zu Meinem Volke zu reden.
Ich habe auf das Anerbieten einer Krone seitens der deutschen Nationalversammlung eine zustimmende Antwort nicht ertheilen können, weil die Versammlung nicht das Recht hatte, die Krone, welche sie mir bot, ohne Zustimmung der deutschen Regierungen zu vergeben, weil sie Mir unter der Bedingung der Annahme einer Verfassung angetragen ward, welche mit den Rechten und der Sicherheit der deutschen Staaten nicht vereinbar war.
Ich habe fruchtlos alle Mittel versucht und erschöpft, zu einer Verständigung mit der deutschen Nationalversammlung zu gelangen. Ich habe Mich vergebens bemüht, sie auf den Standpunkt ihres Mandats und des Rechtes zurückzuführen, welches nicht in der eigenmächtigen und unwiderruflichen Feststellung, sondern in der Vereinbarung einer deutschen Verfassung bestand, und selbst nach Vereitelung Meiner Bestrebungen habe Ich in der Hoffnung einer endlichen friedlichen Lösung nicht mit der Versammlung gebrochen.
Nachdem dieselbe aber durch Beschlüsse, gegen welche treffliche Männer fruchtlos ankämpften, ihrerseits den Boden des Rechtes, des Gesetzes und der Pflicht gänzlich verlassen, nachdem sie uns um deshalb, weil wir dem bedrängten Nachbar die erbetene Hülfe siegreich geleistet, des Friedensbruches angeklagt, nachdem sie gegen uns und die Regierungen, welche sich mit Mir den verderblichen Bestimmungen der Verfassung nicht fügen wollten, zum offenen Widerstande aufgerufen, jetzt hat die Versammlung mit Preußen gebrochen. Sie ist in ihrer Mehrheit nicht mehr jene Vereinigung von Männern, auf welche Deutschland mit Stolz und Vertrauen blickte. Eine große Zahl ist, als die Bahn des Verderbens betreten wurde, freiwillig ausgeschieden, und durch Meine Verordnung vom gestrigen Tage habe Ich alle preußischen Abgeordneten, welche der Versammtung noch angehörten, zurückgerufen. Gleiches wird von anderen deutschen Regierungen geschehen. In der Versammlung herrscht jetzt eine Partei, die im Bunde steht mit den Menschen des Schreckens, welche die Einheit Deutschlands zum Vorwande nehmen, in Wahrheit aber den Kampf der Gottlosigkeit, des Eidbruches und der Raubsucht gegen die Throne entzünden, um mit ihnen den Schutz des Rechtes, der Freiheit und des Eigenthums umzustürzen. Die Gräuel, welche in Dresden, Breslau und Elberfeld unter dem erheuchelten Rufe nach Deutschlands Einheit begangen worden, liefern die traurigen Beweise. Neue Gräuel sind geschehen und werden noch vorbereitet. Während durch solchen Frevel die Hoffnung zerstört ward, durch die Frankfurter Versammlung die Einheit Deutschlands erreicht zu sehen, habe Ich in königlicher Treue und Beharrlichkeit daran nicht verzweifelt. Meine Regierung hat mit den Bevollmächtigten der größern deutschen Staaten, welche sich mir angeschlossen, das in Frankfurt begonnene Werk der deutschen Verfassung wieder aufgenommen.
Diese Verfassung soll und wird in kürzester Frist der Nation gewähren, was sie mit Recht verlangt und erwartet: ihre Einheit, dargestellt durch eine einheitliche Exekutiv-Gewalt, die nach außen den Namen und die Interessen Deutschlands würdig und kräftig vertritt, und ihre Freiheit, gesichert durch eine Volksvertretung mit legislativer Befugniß Die von der National-Versammlung entworfene Reichs-Verfassung ist hierbei zu Grunde gelegt, und sind nur diejenigen Punkte derselben verändert worden, welche aus den Kämpfen und Zugeständnissen der Parteien hervorgegangen, dem wahren Wohle des Vaterlandes entschieden nachtheilig sind. Einem Reichstage aus allen Staaten, die sich dem Bundesstaate anschließen, wird diese Verfassung zur Prüfung und Zustimmung vorgelegt werden. Deutschland vertraue hierin dem Patriotismus und dem Rechtsgefühle der preußischen Regierung; sein Vertrauen wird nicht getäuscht werden.
Das ist Mein Weg. Nur der Wahnsinn oder die Lüge kann solchen Thatsachen gegenüber die Behauptung wagen, daß Ich die Sache der deutschen Einheit aufgegeben, daß Ich Meiner früheren Ueberzeugung und Meinen Zusicherungen untreu geworden.
Preußen ist dazu berufen, in so schwerer Zeit Deutschland gegen innere und äußere Feinde zu schirmen, und es muß und wird diese Pflicht erfüllen. Deshalb rufe Ich schon jetzt Mein Volk in die Waffen. Es gilt, Ordnung und Gesetz herzustellen im eigenen Lande und in den übrigen deutschen Landern, wo unsere Hülfe verlangt wird; es gilt, Deutschland's Einheit zu gründen, seine Freiheit zu schützen vor der Schreckensherrschaft einer Partei, welche Gesittung, Ehre und Treue ihren Leidenschaften opfern will, einer Partei, welcher es gelungen ist, ein Netz der Bethörung und des Irrwahns über einen Theil des Volkes zu werfen.
Die Gefahr ist groß, aber vor dem gesunden Sinn Meines Volkes wird das Werk der Lüge nicht bestehen; dem Rufe des Königs wird die alte preußische Treue, wird der alte Ruhm der preußischen Waffen entsprechen.
Steht Mein Volk zu Mir, wie Ich zu ihm in Treue und Vertrauen einträchtig, so wird uns Gottes Segen und damit ein herrlicher Sieg nicht fehlen.
Charlottenburg, den 15. Mai 1849.
Friedrich Wilhelm.
Graf von Brandenburg.“
24 Breslau, 13. Mai. In der gestrigen öffentlichen Gerichtssitzung stand der Oberland-Ger. Auskultator v. Bardzki vor den Schranken angeklagt, seinen Vorgesetzten in Ausübung seiner Funktion beleidigt zu haben. Der Angeklagte ist nämlich aus seiner Stellung beim Oberlandesgericht aus- und in das Militär-Verwaltungsfach eingetreten. Sein Dimissoriale ist da, und er hat auf ein späteres Schreiben des Stadtgerichtsdirektors und Geh. Raths Uecke, das höchst unleserlich war, die Randbemerkung gemacht, „daß er Hieroglyphen nicht entziffern könne.“ Daraus deducirt der Staatsanwalt eine grobe Injurie gegen den Vorgesetzten, der, trotz des Entlassungsschreibens, laut Gesetz, so lange sein Vorgesetzter bleibe, bis seine Stelle anders besetzt sei. Der Verklagte führte seine Vertheidigung sehr gut, indem er den Vorwurf der wissentlichen Beleidigung ganz von sich weis't, da er weder Hrn. Direktor Uecke persönlich, noch seine Handschrift kenne, da sie eben so unleserlich sei, daß nicht einmal der Name zu erkennen sei; er habe dies, ihm vom Gerichtsboten eingehändigte Schrifstück für irgend ein Rescript wegen Abgangssporteln gehalten. Beleidigend könne seine Bemerkung wegen der Hieroglyphen, ein Wort, das nur unleserliche Schrift bedeute, für Hrn. Direktor Uecke nicht sein, da höchstens ein Schreibmeister darin eine Injurie finden könne. — Der Anwalt des Staates entwickelt seine Gegengründe, und trägt principaliter auf 8 Tage Gefängniß und envent. auf Geldstrafe an. Der Gerichtshof schärft die Strafe und verurtheilt Hrn. von Bardzki „wegen grober Beleidigungen seines Vorgesetzten im Amt“ zu 14tägigem Gefängniß und zur Tragung der Kosten.
(R. O. Z.) 229 Schweidnitz, 9. Mai. Die „schwarzweiße“ Justiz reitet außerordentlich schnell. Am 5. Febr. — also vor länger als drei Monaten — reichte der Redakteur des „Freischütz,“ J. M. Petery, eine Beschwerde wegen seiner am 24. Jan. erfolgten höchst ungerechten Verhaftung an den damaligen excellenten Justizminister Rintelen ein und verlangte schleunigste Freilassung, mindestens aber sofortige Untersuchung und demnächstigen Bescheid. Hr. Rintelen aber muß sich beim Durchlesen der Beschwerde verkehrt auf seine Schecke gesetzt haben, und diese Bestie muß beim ersten Schritt „alle“ geworden sein, denn bis heutigen Tages hat Petery weder seine Freiheit zurückerhalten, noch ist ihm ein excellenter Bescheid „in Gnaden“ zu Theil geworden. Was Rintelen und sein unübertrefflicher Nachfolger in der Justiz-Excellenz aus der Beschwerde gemacht, wissen nicht einmal die Götter, viel weniger der in Haft gehaltene Beschwerdeführer. Petery hat inzwischen das Erkenntniß erster Instanz erhalten. Dieses Erkenntniß ist aber das non plus ultra aller saubern Fabrikate der gottbegnadeten Ritter unserer schwarzweißen, blinden Gerechtigkeitsgöttin; es ist durch und durch so mit kolossalen Wundern dieser allgemeinen Landrechtsgrazie gespickt, daß Petery die völlige Kassation desselben und dabei zum zehnten Male seine vorläufige Freilassung hat beantragen müssen. Hr. Simons, Justizminister-Excellenz, scheint aber von den wiederholten Rippenstößen Petery's nicht aufwachen zu wollen, denn er schnarcht ruhig fort — — und Petery bleibt im Kerker ohne Bescheid. Seine Frau und seine vier Kinder dürfen ihn wöchentlich ein, höchstens zwei Mal einige Minuten in einer Schreibquetsche des Inquisitoriats, hart an der Stubenthür und hart am toll geheizten Ofen auf einem Raume von kaum 8 Quadratfuß und nur in Gegenwart mehrerer lästiger Zeugen sehen, während andere Gefangene (reiche Edelleute etc.), deren Untersuchung noch gar nicht einmal geschlossen ist, die aber Universitäts-Saufbrüder oder sonstige Günstlinge eines oder des anderen Richters oder Beamten der Anstalt sind, nicht allein Stunden-, sondern Tage-, ja halbe und ganze Nächte lang in einer Stube des gefälligen Herrn Inspektors ganz allein bei ihren Frauen zubringen können. Petery's Frau suchte bereits vor fünf Wochen bei dem Oberlandesgericht zu Breslau für sich und die Kinder die Erlaubniß nach, ihn in seinem Gefängniß, wenn auch in Gegenwart eines Beamten, öfters und auf längere Zeit besuchen dürfen. Wer aber bis heut noch keinen Bescheid ertheilt hat, ist das k. preuß. hochl. Oberlandesgericht zu Breslau. Petery wird theils von seiner Frau, theils von seinen Freunden in der Stadt beköstigt. Bevor aber die Speisen in sein Gefängniß gelangen, müssen sie erst durch die Hände von 3 bis 4 Beamten wandern. Einer von diesen hat sehr oft für den Augenblick nicht Zeit, entweder der Frau das Essen abzunehmen, so daß sie oft längere Zeit im kalten Hausflur auf die Güte des einen oder des andern warten muß, oder dasselbe weiter zu befördern — — mit einem Worte: Petery erhält die Speisen häufig kalt und ungenießbar. Seine Frau hat deshalb ebenfalls vor länger als 5 Wochen bei dem Kriminalsenat in Breslau die Erlaubniß nachgesucht, die Speisen direkt bis zu dem Gefangenen-Aufseher, unter dessen Verschluß P. sich befindet, befördern zu dürfen. Wer aber bis heut noch keinen Bescheid ertheilt hat, ist der k. preuß. hochl. Kriminalsenat in Breslau.
In demselben Raubneste, in welchem Petery hinter Schloß und Gitter seiner Freiheit beraubt gehalten wird, sollen auch Untersuchungsgefangene schmachten, die seit 18 Monaten — sage: „ein und ein halbes Jahr“ kein Verhör gehabt haben und ganz und gar vergessen zu sein scheinen.
Auch befinden sich außer Petery noch zwei politische Gefangene zur Zeit in dieser schwarz-weiß-spanischen Inquisitionshöhle: Baron Rothkirch und Aktuar Klose aus Freiberg, die erst in den jüngsten Tagen erfahren konnten, was sie eigentlich verbrochen haben sollen. Ueber 4 Monate hatten sie hinter Schloß und Riegel Zeit, das Räthsel ihrer Verhaftung zu lösen; es mochte ihnen aber durchaus nicht gelingen, trotzdem sie gerade nicht auf den Kopf gefallen sind. Ja, ja! die preußische Justiz reitet außerordentlich schnell auf ihrer landrechtlichen Schecke. Diese bug- und spatlahme Bestie ist nicht mit Golde zu bezahlen.
Die Erholungen in der freien Luft, deren sich die hiesigen Gefangenen zu erfreuen haben, ist eben so excellent, wie die lahme scheckige Bestie. Der Hofraum des Raubnestes, in welchem die Gefangenen wie Fische nach Luft schnappen sollen, ist mit drei Abtritten, einer Mistgrube, einer Urintonne, einem Aschenloch, mehreren Gerinnen voll diversen balsamischen Inhalts u. s. w. geziert, von Flöhen, Ratten und andern thierischen Lieblingen der Gefangenen belebt, höchstens 30 Schritt lang und 12 Schritte breit, von Mauern umgeben, die keinen frischen Lufzug gestatten und mit einem Pflaster überzogen, das nach einem zweimaligen Umgange keinen gesunden Fetzen an den Füßen der Gefangenen übrig läßt. Rechnet man nun noch dazu, daß während des Spazierganges die übrigen Gefangenen auf die Abtritte transportirt werden, ihre Kübel von 24stündigem Inhalt — der natürlich kein wohlriechendes Kölnisches Wasser ist — reinigen, Strohsäcke umstopfen, Decken ausklopfen, daß wohl gar auch etwas ausgemistet wird: so ist die Erholung der Gefangenen ungeheuer zu beneiden.
Von der Beköstigung der Gefangenen schweigt des Sängers Höflichkeit ganz und gar.
Schließlich müssen wir noch erwähnen, daß Petery in Folge eines schriftlichen Verbots während seiner Haft für die Redaktion und Expedition seines Blattes durchaus in keiner Weise thätig sein darf, und daß alle Briefe, welche die Redaktion oder Expedition des „Freischütz“ betreffen, ihm nicht eingehändigt, sondern seiner Frau oder dem Absender zurückgegeben werden (?) Durch solche christlich-germanische Anordnungen will man jedenfalls den Geist des Gefangenen tödten, sein demokratisch-soziales Blatt zu Grunde richten und seine Familie an den Bettelstab bringen.
* Wien, 10. Mai. Aus der „Pesther Zeitung“ ergibt sich, daß der Debrecziner Landtag keineswegs, wie mehrere Standrechtsblätter versicherten, seine Beschlüsse von der Lostrennung Ungarns und der Absetzung des Hauses Habsburg zurückgenommen hat. Der „Közlöny“ enthält einen langen Artikel über jene Beschlüsse, dem wir folgende Stellen entnehmen:
„Das Verhängniß Oestreichs ist eingetroffen. Die Repräsentanten Ungarns haben feierlich und einhellig erklärt, daß das Haus Oestreich in allen seinen Zweigen jeden gesetzlichen Anspruch auf den ungarischen Thron und die Krone des heiligen Stephan für ewig eingebüßt hat, und es von dem Boden des Vaterlandes für alle Zeiten unabänderlich verbannt ist. Welch' eine Wendung des Schicksals! Noch vor einem Jahre würde man in dem weiten Ungarlande keinen Mann haben antreffen können, der nicht mit voller Bereitwilligkeit sich beeilt hätte, den letzten Tropfen seines Herzblutes für die gesetzliche Dynastie zu opfern; heute ist kein Mensch im Lande, der nicht mit Abscheu, Verachtung und brennendem Rachedurst sich von einer Familie wegwendete, deren Thron wir unter der Last ihrer Sünden und Abscheulichkeiten zusammenstürzen sehen. Der Stern der Habsburger ist untergegangen, und Ungarn steigt wie ein Phönix verjüngt aus der Asche empor, und fordert seinen Platz in der Reihe der Nationen zurück, dessen es zu so enormem Abbruche der Civilitation beraubt wurde.
Nach dreihundert schweren Jahren athmen wir wieder frei in unserem Vaterlande, und wir, die stolzen Kinder einer stolzen Generation, nennen den Boden wieder unser, zu dessen Preis das theure Blut unserer Altvordern floß; — jene Freiheit nennen wir unser eigen, deren Pfandbrief mit dem Blute unserer Väter geschrieben wurde, und die — so Gott will — keine Macht der Erde uns jemals mehr wird entreißen können. — Ungarn ist für unabhängig, und das Haus Oestreich als des Thrones verlustig und für ewige Zeiten verbannt erklärt; diesen Lauf hat das Rad des Schicksals in einem kurzen Jahre genommen. In der Geschichte Ungarns ist noch kein Ereigniß aufgetaucht, welches ernster, und in Bezug auf seine Resultate wichtiger gewesen wäre, als dieses. — Und wir leugnen nicht, daß dieser Beschluß der ungarischen Volksrepräsentanten eine Lebensfrage sein wird, sowohl in Hinsicht auf die bis jetzt regierende Dynastie, als auf unser eigenes Vaterland.
Das Haus Habsburg — welches ausschließlich durch den Besitz der Länder der ungarischen Krone so groß und mächtig wurde, daß es auch nach dem Erlöschen des römischen Reichs unter den ersten europäischen Mächten einen Platz einnehmen und auf die Angelegenheiten unseres Welttheils Einfluß üben konnte und welches durch den Verlust Ungarns wahrscheinlich wieder in jene obscure Existenz zurück versinken wird, aus welcher nur die Thatkraft und der Ehrgeiz Rudolph I, es erhoben hatte — das Haus Habsburg, sagen wir, wird nichts unversucht lassen, um von seinem Lebensst_ m diesen tödtlichen Streich abzulenken. — Ebenso umgekehrt wird auch die ungarische Nation, die durch diese feierliche That ihr unveräußerliches Urrecht einer usurpirenden Gewalt entrissen hat, ernstlich und männlich mit sich zu Rathe gehen, den letzten Mann und den letzten Heller aufopfern, um alle Gegenbestrebungen Oestreichs zu vereiteln. — Wir glauben nicht, daß ein Mensch unter uns sich vorfände, der in diesem unaussprechlich großartigen Momente — der den Keim des Lebens oder des Todes in sich trägt — mit t_ blabiroartiger Kleinlichkeitsgesinnung dieses Verfahren der Nation, welches früher oder später unvermeidlich hat eintreten müssen, anschauen könnte; wir glauben nicht, daß ein so Feiger unter uns sich befinden kann, den die Größe des vom Geschick des Vaterlandes beanspruchten Opfers vergessen machen könnte, daß in dem Beschlusse vom letzten Samstag der brennende Schmerz einer seit 200 Jahren unwürdig mit Füßen getretenen Nation sich Luft machte, und daß mit dem Opfer der Einzelnen die glückselige Zukunft des Vaterlandes, der Glanz, der Ruhm und die Größe einer Nation auf dieselbe Wagschale geworfen ist.
Oestreich hat alle diese Bedingungen gebrochen; denn seinen Königseid brechend, hat es jene Konstitution vernichtet, kraft welcher es den ungarischen Thron inne hatte. Es hat unser Vaterland, dessen Unabhängigkeit es durch Eid und Krönungsvertrag garantirte, mit Oestreich verschmolzen; es hat die zur ungarischen Krone gehörigen Provinzen, auf deren Unverletzlichkeit es ebenfalls einen königl. Eid geschworen, auseinandergerissen.
Oestreich hat die pragmatische Sanktion zerrissen, jenes wechseitige Band aufgelöst, wodurch es in den Besitz von Ungarn gekommen ist.
Nach so vielem Meineid und verübter Willkür noch immer zu den Füßen der Tyrannen feige herum zu kriechen, würde eine solche Ehrlosigkeit sein, worüber nur das Angesicht eines in viehischer Natur dahin vegetirenden Sklaven nicht erröthen müßte.
073 Bremen, 14. Mai. Auch hier, obgleich von keinem rebellischen Fürsten gedrängt, zeigt sich heiße Begeisterung für die Sache des deutschen Volkes; man rüstet sich zum Kampfe, zur Unterstützung kämpfender Brüder, und Viele haben sich dazu durch ihre Unterschrift verpflichtet. — Die gestrige, vom demokratischen Verein veranstaltete Volksversammlung, an welcher sich eine Menge Vereine der Stadt und Umgegend mit ihren Fahnen in langen Zügen betheiligten, ward auf einer großen Wiese vor der Stadt gehalten und von vielen tausend Menschen besucht. Rösing, der Präsident des demokratischen Vereins, eröffnete und leitete die Versammlung mit einem Hinblick auf den Zustand und die Gefahren des Vaterlandes, bewies, wie das deutsche Volk auf dem Boden des Rechts und des Gesetzes bei seiner anhaltenden Revolution stehe, die Fürsten sich indeß in Rebellion gegen Ordnung und Gesetz befänden. 14 Redner erhielten darauf wie angemeldet das Wort, kein Mißton zeigte sich, wohl aber ertönte die Luft von tausendfachen Bravo's. — Es war ein erhebender Anblick, als sich auf Wischmann's Aufforderung, der Reichsverfassung Treue zu geloben, ein Wald von Händen erhob; dasselbe geschah, als Mitglieder der Bürgerschaft zu folgenden Anträgen um Zustimmung ersuchten: 1) Antrag zur Vereidung des Militärs auf die Reichsverfassung; 2) Antrag, dem Militär die ihm von seinen Chefs früher ertheilte, später ohne allen Grund entzogene Erlaubniß, Vereine und Volksversammlungen zu besuchen, als allen Staatsbürgern zukommendes Vereinigsrecht wieder zu geben; 3) Antrag zur Volksbewaffnung und zur Bewilligung gehöriger Mittel. — Diese Anträge werden in übermorgender Bürgerschaft als dringlich vorgelegt. — Es machte einen tiefen Eindruck, als der Soldat Denk in fließender Rede seine Begeisterung für Durchführung der Reichsverfassung zu Gunsten des deutschen Volkes aussprach; aus vieler Tausende Mund erscholl ein donnerndes Hoch!
068 Frankfurt, 15. Mai. Die heutige Sitzung der Nationalversammlung wird um 11 1/2 Uhr eröffnet. Der Präsident theilt eine Eröffnung des Reichsverrathenden Verwesers mit. Danach werde der preußische Abgesandte wahrscheinlich erst morgen eintreffen und die Nationalversammlung möge doch bis dahin mit ihren Beschlüssen warten. Es ist kostbar, wie diese Professoren- und andre Reichsgimpel sich an der Nase herumführen lassen.
Der kindische Arndt giebt wieder einmal als Reichs-Bojazzo seine teutoburgischen Redensarten zum Besten.
Wigard beantragt: „In Erwägung, daß die Nationalversammlung nicht zugeben kann, daß die Bildung des Reichsministeriums von den Instruktionen eines preußischen Bevollmächtigten abhängig sei, beschließt sie, sofort eine Deputation an den Reichsverweser zu senden, um ihn zur Bildung eines Ministeriums im Verlauf des heutigen Tages, unverweilt der Ankunft des preußischen Bevollmächtigten, zu veranlassen.“
Hr. Bresgen und Genossen andererseits bringen einen sehr umfassenden Antrag ein, der auf Beseitigung und Ersetzung der Centralgewalt gerichtet ist. Da letzterem Antrage die Dringlichkeit abgesprochen wird, so wird er dem Dreißiger-Ausschusse zur Berichterstattung überwiesen. Eben dahin gelangt der Antrag der Herren Biedermann und Genossen, der ebenfalls die Centralgewalt zum Gegenstand hat.
Der Wigard'sche Antrag wird für nicht dringlig erklärt.
Raveaux zeigt einen Bericht des Dreißiger-Ausschusses über einen vom Abg. Umbscheiden in Betreff der Pfalz gestellten Antrag. Der Ausschuß erkennt die Dringlichkeit des Antrags des Abg. Umbscheiden an, er wünscht den Bericht des Reichskommissars Eisenstuck und die Eröffnungen des interimistischen Reichsministeriums zu vernehmen, und behält sich seine Anträge vor.
Dem Wunsche des Hrn. Eisenstuck, jetzt über seine Sendung Bericht zu erstatten, wird von der Versammlung nicht ensprochen.
Abg. Raveaux stellt den Antrag, die Sitzung auf eine Stunde zu vertagen. Bis dahin sollte der Ausschuß Bericht erstatten.
Abg. Langerfeld will, daß man die Sitzung bis 4 Uhr vertagt. Der letztere Antrag wird angenommen und somit die Sitzung bis 4 Uhr vertagt.
Schluß der Sitzung 12 1/2 Uhr.
* Frankfurt, 15. April. Die gestrige Nachmittagssitzung der Nationalversammlung begann um 4 Uhr. Es wird wiederum viel leeres Geschwätz zum Besten gegeben. Es handelt sich um den Bericht des 30er-Ausschusses rücksichtlich des Wechsels der Frankfurter Garnison zufolge der von östreichischen und preußischen Soldaten verübten Gräuel und Brutalitäten.
Bei der Abstimmung wird der Antrag der Ausschuß-Minorität auf motivirte Tagesordnung mit 189 gegen 121 Stimmen angenommen. Der Antrag Simons's (Trier), das erlassene Verbot gegen Tragen von Waffen und rothen Kokarden für ungesetzlich zu erklären abgelehnt und der Antrag Umbscheiden's:
„Die Nationalversammlung stellt die Bewegung in der Pfalz unter den Schutz des Reiches etc.“
wird dem 30er-Ausschuß zur schleunigen Berichterstattung überwiesen.
Schluß der Sitzung 7 1/2 Uhr.
068 Offenburg, 13. Mai. Die heutige Volksversammlung war in der That großartig; mindestens 20,000 Menschen nahmen Theil. Es wurde eine Deputation an die Regierung nach Karlsruhe gesandt mit folgenden Forderungen:
1) Auflösung der Kammer.
2) Abtreten des Ministeriums Bekk.
3) Einberufung einer konstituirenden Landesversammlung.
4) Freigebung der politischen Militär- und Civilgefangenen.
Mit einem Extrazuge fuhr die Deputation. Sie brachte eine theils nichtssagende, theils ausweichende, theils ablehnende Antwort. Die Entrüstung des Volkes stieg auf den höchsten Punkt. Man erklärte sich jetzt entschieden dahin, den fürstlichen Rebellen bewaffneten Widerstand entgegenzusetzen. Es wurden 16 Forderungen aufgestellt und durchzuführen beschlossen. Ferner setzte man einen Landesausschuß der Volksvereine nieder, welche für Durchführung der Beschlüsse sorgen sollen.
Freiburg, 14. Mai, Morgens 8 Uhr. Die letzte Nacht ist ruhig vorübergegangen, man bemerkte nicht einmal eine ungewöhnliche Bewegung auf den Straßen. Heute Morgen sind ungefähr 200 Mann von dem 1. Regiment, ohne Offiziere, hier angelangt und haben sich zur Disposition des Volkes gestellt.
* Speyer, 11. Mai. Die Soldaten des 6. Regiments, die heute früh von hier nach Germersheim beordert wurden, kündigten den Gehorsam. Auch die auf den benachbarten Dörfern erst kürzlich einquartirten Kompagnien haben sich auf Seite des Volkes geschlagen.
Neustadt a. d. H., 11. Mai. In allen Gießereien der Pfalz ist man thätig, Kanonen zu fertigen. Gestern sind schon 15 Stück von den Eisenwerken des Freiherrn v. Guinandt nach Kaiserslautern befördert worden. In Kaiserslautern bildet sich ein vollständiges Heer, welches bis heute schon mit der nächstliegenden Volkswehr auf 20,000 Mann angewachsen ist. Stündlich langen baierische Soldaten an, Artilleristen und Infanteristen, die ihre Dienste anbieten.
Mannheim, 14. Mai, Nachmittags 2 Uhr. Erst jetzt finde ich eine Minute Ruhe, um Ihnen in aller Eile einige Worte über das zu melden, was sich seit heute Morgen bei uns begeben hat. Die Vorgänge in Karlsruhe finden Sie in den hiesigen Blättern. Kaum war die Kunde davon in Mannheim angelangt, so zündete sie, ich kann's nicht anders bezeichnen, wie ein Funke in einer Pulvertonne. Eine halbe Stunde später umstanden Tausende von Menschen die Infanteriekaserne, denn es war bekannt geworden, daß das Militär von hier entfernt werden sollte. Vergebens suchten die Offiziere das drohende Ungewitter zu beschwören, indem sie es ihren Leuten freistellten, ob sie
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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