Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 291. Köln, 6. Mai 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

durch sein Geständniß, theils durch Zeugen überwiesen, daß er den 15. d. M. Abends in einem Wirthshause vor der Linie sich bei Improvisationen ungebührliche Ausdrücke über Seine Durchlaucht den Herrn Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz erlaubt, und zur Aufreizung der anwesenden Gäste dem Rebellen Kossuth ein "Eljen" ausgebracht habe.

Er ward daher von dem über ihm abgehaltenen Kriegsrechte zu achtwochentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, dies Erkenntniß aber aus Rücksicht auf das vorgerückte Alter des Inquisiten auf sechswochentlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert, und demgemäß heute kundgemacht.

Wien, am 29. April 1847.

Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungskommission."

Aus Gratz wird mitgetheilt, daß Gretschnigg, früher Redakteur des dasigen Volksblattes, und wegen eines Artikels über die Oktoberereignisse zur Kriminaluntersuchung gezogen, von den Geschworenen für "Nichtschuldig" erklärt worden ist.

* Wien, 1. Mai.

Die von den Magyaren niedergeworfene östreichische Monarchie hat bis auf den letzten Rest der Scham verloren. Sie prostituirt ihren welken Leib an den russischen Czar mit einer Gleichgültigkeit, die Bewunderung verdient. Die Wiener Zeitung enthält in ihrem amtlichen Theil wie folgt:

Der Aufstand in Ungarn hat seit einigen Monaten eine solche Ausdehnung gewonnen, und er zeigt in seiner dermaligen Phase so entschieden den Charakter einer Vereinigung aller Kräfte der europäischen Umsturzpartei, daß das Interesse sämmtlicher Staaten ein gemeinschaftliches ist, die kaiserliche Regierung in dem Kampfe gegen die sich dort verbreitende Auflösung aller gesellschaftlichen Ordnung zu unterstützen.

Aus diesen wichtigen Gründen hat sich die Regierung Sr. Maj. des Kaisers bewogen gefunden, die bewaffnete Hülfe Sr. Majestät des Kaisers von Rußland in Anspruch zu nehmen, und selbe ist ihr von dem Kaiser mit edelster Bereitwilligkeit sofort und in dem ausgiebigsten Maße zugesichert worden. Die Ausführung der beider Seits verabredeten Maßregeln ist in vollem Gange.

Wien, im April.

Das Ausland hatte einen viel schärferen Blick, als die österreichischen Banquiers, über die Finanzen des Kaiserstaates. Amsterdam, Berlin und Frankfurt schleuderten schon vor Monaten ihre 5pCt. herein a tout prix, um sie nur los zu werden. Die Entwerthung der Banknoten und der hohe Silber- und Gold-Cours verleitete die Einheimischen, sich dafür zinsentragende Staatspapiere zu kaufen und sie erhielten sich daher in ziemlicher Nachfrage. Die Magyaren, welche mit ihren rothen Kossuthzetteln auf dem Börsenplatze erschienen, trugen dadurch bei, daß die Course nicht tiefer sanken, denn für ihre im größern Theile des Reiches unanbringbaren Papiere nahmen sie, was sie bekamen. Die Ziffern in den Courszetteln sind daher nicht als richtige Gradmesser des öffentlichen und des Staatskredits zu betrachten, und der neueste Vorgang legt es offen dar, an welchem Abgrunde die Finanzen stehen.

Die kaiserlich österreichische Regierung giebt ungarische Noten zu 5, 10, 100 und 1000 Fl. aus. Es geschieht dies zur Bestreitung der Kriegskosten in Ungarn. Die Einlösung dieser kaiserlichen Noten ist, so wie die Kossuthnoten, auf die Einkünfte Ungarns angewiesen!

Verständige Finanzmänner schlagen wohl die Hände über dem Kopf zusammen bei solcher Finanzwirthschaft. In dem Momente, wo der Feind mehr als Dreiviertheil des Landes im Besitze hat, wird des Feindes Land als Hypothek einer Schuld angewiesen, und dem Volke wird die Pistole auf die Brust gesetzt, wie es jede revolutionäre Regierung thut, daß es diese so sondirten Papierstückchen in vollem Nennwerthe annehmen muß. Der Zwangscours ist angeordnet, denn die hohe kais. Regierung ahnte im Vorhinein, daß Niemand ein Vertrauen zu diesen Noten haben werde. Auf welchen Punkt müssen nun die Finanzen des Kaiserstaates unter der weisen Verwaltung des Herrn Ministers Kraus gediehen sein, wenn er den vom österreichischen Reichstag bewilligten Kredit von 80 Mill. fl. nicht realisiren kann und, um nur den Krieg fortsetzen zu können, zu solchen verzweifelten Mitteln greift! Ueber 230 Mill. fl. österreichische Noten sind, nach Angabe in Umlauf, während nur 30 Mill. baar im Bankschatz liegen; dazu kommen circa 40 Mill. ungarisches Papiergeld und jetzt werden neuerdings, ohne Fond, ohne Garantie, magyarische Noten ausgegeben. Schon einmal hat dieses Ministerium einen frevelvollen Diebstahl am Vertrauen des Volks begangen. Monatelang ließ es die ungarischen Zettel ohne Widerspruch in voller Geltung; sie wurden sogar bei den Kriegskassen, wie bei den Civilämtern Ungarns statt voller Zahlung anerkannt. Ueberraschend erklärte es eines Tages, diese bisher giltigen und durch den Plenipotentiar des Monarchen Fürsten Windischgrätz in einer Proklamation anerkannten Kossuthzettel für null und nichtig, und befahl sogar deren Confiscation und Zerstampfen. Es war das das erste Zerwürfniß des Ministeriums mit dem Marschall, welches auf Kosten des vertrauenden Publikums stattfand. Ist es nicht offen Diebstahl, wenn die Regierung heute jenes Geld entwerthet, das sie gestern noch für vollgültig erklärte, annahm und selbst verausgabte!

Als Grund, weshalb diese Kossuthzettel für ungültig erklärt wurden, befand sich in der Regierungsverordnung die Stelle, daß nach § 14 der österreichisch privilegirten Nationalbank nur diese allein im ganzen Kaiserstaate das Recht habe, Noten auszugeben.

Heute also findet dieses Ministerium es bequem, die Bankstatuten nicht zu beachten, und das Standrecht sorgt weislich dafür, daß die Bankadministratoren keinen großen Lärm machen. Kossuth, der ungarische Minister, mußte das österreichische Privilegium respektiren; Kraus, der österreichische Minister, hat sich nur um die Einheit der Monarchie, nicht um die Finanzen eines Privatinstitutes zu besorgen! Wenn der Finanzminister Kraus nur Geld bekömmt, das Uebrige wird vertuscht, und wer sich rührt, verfällt dem Standrecht!

Die Emission dieser Noten, mit der Anweisung auf die Einkünfte des erst wieder zu erbauenden Ungarn, ist nicht blos wegen des Zwangscourses eine so ungeheure Bedrückung, sondern weil die Ausgabe gar nicht beschränkt ist. Im laufenden Jahrhunderte ist in keinem geregelten Staate ein solches offenes Hazardspiel, ein solcher Raub am Privateigenthum, ein solches Vernichten alles Credits vorgekommen. Der Kaufmann, der im Geschäftsverkehr einen solchen Schwindel treibt, verfällt dem Zuchthaus. Vielleicht öffnet diese That, welche auch den deutschen, französischen und englischen Besitzern an den Beutel geht, die Augen über unser Ministerium. Noch bis zur Stunde glaubten Viele, man übertreibe, wenn man die Wirthschaft dieses Kabinets darstellt; sie halten es für Parteifärbung, was wir mit unserm Blute, mit unserer Freiheit, mit unserem Besitz bezahlen müssen. Die türkischen Paschas früherer Zeit mögen in solcher Weise des Kopfabschneidens und Gelderpressens die Regierung geführt haben.

Nachdem die zwangsweise Ausgabe solcher Noten, mit einem Fond von Luft und Wolken am magyarischen Horizonte, decretirt ist, findet die Angabe wieder mehr Glauben, daß auch österreichische Noten nach Bedarf und Belieben fabricirt werden. Die neuen Kassenanweisungen haben, wie man sich auch dafür bemühte, keine Abnahme gefunden, und darauf mußte das Deficit gedeckt werden. Die Bank schmiedet bereitwillig ihre Banknoten, und so kann es leicht kommen, daß in kurzer Zeit 400 Millionen Gulden Papiergeld, und darüber, sich zwangsweise in Umlauf befindet. Schon werden wieder die Sparkassen belagert, und die Armen ziehen geschwind ihr Geld heraus, denn sie sind nicht gesichert, daß ihnen morgen ungarisches Papier statt österreichisches gegeben wird. Die paar Silberstücke, die man hat, vergräbt man, denn man erwartet den Befehl, daß alles Silber abgeliefert werden muß, um den Krieg führen zu können. Solche Extreme sind bereits an der Tagesordnung. Flüchten doch schon die Wiener tausendweise, obwohl die ministeriellen Blätter die beruhigendsten Nachrichten über die enormen Streitkräfte unserer Armee, über ihre Heldenführer, von denen ein Dutzend als unfähig weggeschickt wurde, verbreiten. In derselben Art sprach der Minister immer von dem guten Stand der Finanzen, und wie Alles bald sich ausgleichen werde. Zum Nothschrei der dem Standrecht Zugefallenen, der auf die Schlachtbank Geführten, der unter die Soldaten Gepreßten, der um ihre Freiheit Betrogenen, kömmt nun der Nothschrei der um ihr Eigenthum Bestohlenen in Ungarn.

(D. Z.)
Dresden, 1. Mai.

Die Staatsminister Dr. Held, v. Ehrenstein und Dr. Weinlig haben gestern ihre Entlassung bei dem König eingereicht. Derselbe hat sie angenommen, die Minister jedoch mit der interimistischen Fortführung der Departementsgeschäfte bis zur Ernennung ihrer Nachfolger beauftragt. Die Ursache des ganz unerwarteten Rücktrittsgesuchs soll die deutsche Verfassungsfrage sein. Heute traf der Reichskommissar v. Watzdorf hier ein. Die Bewegung für die Anerkennung der Reichsverfassung nahm diesen Nachmittag unerwartet einen allgemeinen Charakter an. Gleich nach 12 Uhr versammelten sich Tausende auf dem Pirnaischen Platz und begaben sich unter Vorantragung der deutschen und anderer Fahnen nach dem Gebäude des Justizministeriums, um dem Ministerpräsidenten Dr. Held die in der gestrigen Hauptversammlung des Vaterlandsvereins gefaßten Beschlüsse in einer Adresse zu überreichen. Eine Deputation von drei Ausschußmitgliedern verfügte sich in das Gebäude, und nachdem Dr. Minckwitz an Dr. Held die entsprechende Anrede gehalten hatte, bemerkte Letzterer, daß er bereits seine Entlassung eingereicht habe und daß sich die Deputation daher an die anwesenden, im Amte verbliebenen Staatsminister Frhrn. v. Beust und Rabenhorst zu wenden hätte. Diese erklärten, die Adresse dem Könige vorlegen zu wollen. Bis gegen 2 Uhr hatte die innere Stadt ein sehr aufgeregtes Ansehen, namentlich hatten sich auf der Schloßgasse und vor dem k. Schlosse dichte Gruppen gebildet, die in lebhaftem Gespräche waren.

Das Stadtverordnetenkollegium hat heute Abend mit Einhelligkeit beschlossen, eine Adresse, die unverweilte Anerkennung der deutschen Reichsverfassung betreffend, an den König abgehen zu lassen, und den Stadtrath sowie die hiesige Bürgerwehr zum Beitritt aufzufordern, und es steht zu erwarten, daß sich unser Stadtrath, der sich sonst nicht leicht bei dergleichen Demonstrationen zu betheiligen pflegt, der allgemeinen Bewegung, welche seit heute Mittag auf eine auffallende Weise um sich gegriffen hat, kaum wird entziehen können. Als heute eine Deputation eine ähnliche Adresse dem Könige überreichte, hat dieselbe eine keineswegs Hoffnung erregende Antwort erhalten, und können wir aus guter Quelle hinzusetzen, daß der König kaum sich geneigt finden dürfte, in anderer Weise sich zu erklären.

Hr. v. Carlowitz soll behufs der Bildung eines neuen Kabinets zum König berufen worden sein. Spät Abends noch verbreitete sich das Gerücht, daß ungarische Husaren, man spricht von 200 Mann, völlig ausgerüstet auf sächsisches Gebiet übergetreten seien. Ich theile dieses Gerücht blos mit, als bekanntlich zu Theresienstadt in Böhmen ein ungarisches Husarenregiment stationirt ist und somit wenigstens eine Möglichkeit dieses Vorfalls vorhanden ist.

(D. A. Z.)
* Dresden, 2. Mai.

Ein Herr v. Zschinsky ist heute Abend mit Bildung eines Kabinets beauftragt worden. Daß auch er zur Partei der Kamarilla gehört, braucht kaum bemerkt zu werden. Gestern haben sich 9 ungarische Husaren auf hiesiges Gebiet geflüchtet; sie wurden sofort entwaffnet und festgesetzt - ein Zeichen des herzlichen Einverständnisses zwischen hier und Olmütz. Die Uebergetretenen meinten, es würden bald noch mehrere ihrer Kameraden eintreffen. Heute sollen auch wirklich noch etwa hundert angelangt sein.

Aus Freiberg ist bereits eine Deputation angekommen, die sich sowie der Ausschuß des Vaterlandsvereins hierselbst für deren Nichtauslieferung beim Kriegsminister verwendet haben. Auch die diesen Nachmittag stattgehabte Bürgerwehrversammlung hat in derselben Absicht eine Deputation an den Kriegsminister abgesendet. Man wünscht, daß sie als politische Flüchtlinge betrachtet werden möchten.

* Schleswig-Holstein, 1. Mai.

Den Soldaten fängt der lange Aufenthalt in dem theilweise schauerlich zerstörten Kolding an, nicht blos langweilig, sondern verdächtig zu werden. Trotz aller möglichen Reichstruppen kein Vorrücken, sondern unthätiges Festsitzen oder nutzloses Herummarschiren. Die Diplomaten sind wieder einmal mit ihrem diplomatischen Teufelsgebräu beschäftigt und da ist es nicht erlaubt, sie in dem frommen christlich-germanischen Werke durch ernste Kriegführung zu stören.

Aus Hadersleben wird der "Börsen-Halle" vom 1. Mai geschrieben:

"Heute Morgen entstand sowohl unter den in Hadersleben zur Zeit stationirten Baiern, als unter den dortigen Bürgern eine höchst bittere Aufregung über das sich wie ein Lauffeuer verbreitende Gerücht, daß ein Waffenstillstand solle abgeschlossen sein."

Es ist heute früh in nördlicher Richtung von Hadersleben Kananendonner gehört worden. Wahrscheinlich ein Zwischenspiel in der Kriegskomödie, die zur Erbauung des, sein Gut und Blut für die Komödianten hergebenden, Michels aufgeführt wird.

Braunschweig, 2. Mai.

Unter diesem Datum wird der "Magd. Ztg." Folgendes berichtet:

Die Aufregung währt fort. Deputirtenkammer, die politischen Vereine, der Ausschuß der Volkswehr - alle sind in Sitzungen vereinigt. Die permanente Kommission des Volksvereins ist fortwährend versammelt und hat so eben eine Proklamation an die Bewohner des Brauschweigischen Landes erlassen, sich um das Banner der Deutschen Einheit zu schaaren, für Waffen zu sorgen etc. Heute Vormittag forderte die Deputirtenkammer das Ministerium auf:

1) die gesammte Bevölkerung zu bewaffnen, so weit der Vorrath der Waffen reiche;

2) auch 8 Kanonen der Volkswehr zur Verfügung zu stellen;

3) der Centralreichsgewalt und der Reichsversammlung anzuzeigen, daß die hiesige Regierung in jeder Hinsicht die Reichsverfassung zu schützen bereit sei, und ihnen die gesammte bewaffnete Macht des Herzogthums (Militär und Volkswehr) zur Verfügung stelle.

Auf die Erklärung des Ministeriums, es sei, da der Kriegsminister fehle, im Augenblick außer Stande, die obigen Anträge genügend zu beantworten, wurde demselben bis Nachmittag 4 Uhr eine Frist gestellt, und bis dahin die Deputirtenkammer vertagt. Um 3 Uhr trat der Ausschuß der Volkswehr zusammen, vertagte sich aber wieder bis um 6 Uhr, um die Erklärung des Ministeriums abzuwarten und alsdann die nöthigen Beschlüsse zu fassen. Gegen 4 Uhr strömten Massen von Menschen nach dem landschaftlichen Hause, doch konnte bei Weitem nur die Minderzahl, des Gedränges wegen, hineingelangen.

Nach einer halben Stunde war Alles abgemacht. Das Ministerium hat sofort alle obigen Anträge bewilligt, und sogar die bisher streng vorenthaltenen Kanonen zur Disposition gestellt. Es hat entschieden erklärt, daß die Regierung fest bei der Anerkennung der Reichsverfassung beharre, und dieselbe mit aller Aufrichtigkeit stützen werde.

Um 6 Uhr versammelt sich abermals der Ausschuß der Bürgerwehr, wird sich aber für jetzt, da die Umstände sich geändert haben, nicht für permanent erklären. Um dieselbe Zeit findet auch wieder eine Generalsitzung des Volksvereins-Ausschusses statt, und heute Abend eine Vereinigung des gesammten Volksvereins, zu welcher allem Anschein nach, Tausende von Menschen strömen werden.

Am vorigen Abend zogen große Menschenhaufen durch die Straßen und brachten, insbesondere vor dem herzoglichen Schlosse, der Republik stürmische Hochs!

D. C. Frankfurt, 3. Mai.

Die oktroyirte Verfassung für Deutschland ist von Berlin angelangt. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung erklärte Gagern, daß er am heutigen Tage wichtige Mittheilungen der preußischen Regierung erhalten werde, deren Inhalt der Berliner Reichskommissar Bassermann ihm bereits vertraulicher Weise angedeutet habe. Die Mittheilungen bestehen, wie wir aus guter Quelle wissen, in der Uebersendung einer mit den widerspenstigen Königen vereinbarten Verfassung. Falls dieselbe von der Nationalversammlung nicht angenommen werden sollte, so will man diese Versammlung auflösen und eine neue einberufen, welche, nach der erprobten Heiligkeit aller fürstlichen Versprechungen, eben nie berufen werden wird. Der abweichende Inhalt der oktroyirten Verfassung soll, wie wir hören, darin bestehen, daß statt des Kaiserthums eine dem Könige von Preußen übertragene Reichsstatthalterschaft eingesetzt, daß das Zoll- und Mauthwesen der Reichsgewalt entnommen und dem Gutdünken der Einzelregierungen übertragen, (also der Grundschaden unserer gewerblichen Zustände beibehalten!) und daß neben der Umwandlung des suspensiven Vetos in ein absolutes, das Wahlgesetz auf undemokratische Weise abgeändert werde.

Was wird die Nationalversammlung auf solche Zumuthungen antworten? - Sie wird sich der königlichen Anmaßung fügen. Ihr seitheriges, ihr heutiges Verhalten geben dazu sicheren Fingerzeig. Am 26. April beschließt sie, die widerstrebenden Regierungen aufzufordern, von dem Rechte, ihre Kammern zu vertagen oder aufzulösen, keinen Gebrauch zu machen. Am 28. April kommt die Nachricht von diesem Beschlusse nach Dresden, und am nämlichen Tage noch wird das Dekret der Kammerauflösung ausgefertigt, am 30. dasselbe dem sächsischen Landtage bekannt gemacht. So erwidert man das Schonen, das Zögern, das Leisetreten dieser engelsgeduldigen Versammlung. Aber die wollige Engelsgeduld läßt sich deßhalb nicht aus der Fassung bringen; darum beschließt heute die Nationalversammlung, über die Anträge, welche gegen das rebellische Verfahren der sächsischen Regierung gerichtet sind, zur motivirten Tagesordnung überzugehen.

"Motivirte Tagesordnung!" großes Wort in dieser großen Zeit. Von allen Seiten will man der Versammlung bewaffnet zu Hülfe ziehen; das Militär selbst ist in den umliegenden Ländern zu ihrem Schutze bereit; der Zorn über die Unverschämtheit der Willkührherren steigt selbst dem behäbigen Bourgeois in die Wangen, aber die Nationalversammlung begnügt sich mit motivirten Tagesordnungen, statt energischer Beschlüsse; vertagt sich, statt zu handeln; stirbt, statt wieder aufzuleben!

Im 30er Ausschusse hat Wydenbrugk beantragt, die neuen Wahlen auszuschreiben und sodann bis zum 23. August sich zu vertagen. Die erbkaiserliche Weidenbuschpartei hat diesen Antrag zu ihrem Beschluß erhoben. So soll also das Spiel aus den Händen und den Fürsten übergeben werden.

Von den vielen hier umlaufenden Gerüchten erwähnen wir folgende, der Wahrscheinlichkeit nicht entbehrende: Die Russen sollen zwei Bahnmeilen von Wien stehen. Der berlin-frankfurter Telegraph soll bei Kassel zerstört sein.

Gewiß ist, daß heute die berliner Post ausgeblieben, und daß bei Kreuznach ein preußisches Armeekorps von 40,000 Mann zusammengezogen wird. Den Bürgermeistern der dortigen Umgegend ist bereits dies amtlich eröffnet worden. Der Reichskriegsminister hat die Thatsache dieser Zusammenziehung zwar vor einigen Tagen in einer Sitzung der Nationalversammlung abgeleugnet; leugnen und lügen sind zwei stammverwandte Worte.

Deutsches Volk, Du siehst nunmehr klar, wohin man Dich bringen will!

Frankfurt, 3. Mai.

National-Versammlung. Sitzung vom 3. Mai.

Die Sitzung wird 9 1/2 Uhr Vormittags durch den Präsidenten Herrn Ed. Simson Eröffnet.

Der Präsident verkündet den Eingang der bereits bekannten von Herrn von Kamptz überreichten preußischen Note. Dem Dreißigerausschusse überwiesen.

Herr Sepp aus München hat den folgenden dringlichen Antrag gestellt, dessen Mittheilung theils das Lachen, theils den Unwillen des Hauses erregt:

"Die hohe Reichsversammlung wolle endgiltig beschließen:

1) die sämmtlichen neun und zwanzig deutschen Fürsten, welche durch ihre eingereichte Unterwerfung unter den nominellen Erbkaiser ihre Ohnmacht und Entbehrlichkeit zur Genüge eingestanden und bereits faktisch zu regieren aufgehört haben, sofort zu mediatisiren, ihre Länder an die Königreiche Sachsen, Hannover und Baiern gleichmäßig zu vertheilen, so daß den beiden vorhandenen Großmächten keine neue Gebietserweiterung zukomme,

2) das Direktorium als die zur Zeit einzig mögliche Form der Centralgewalt unter den übrig bleibenden Regenten aufzurichten, damit nicht die Direktorial-Regierung durch die deutschen Fürsten oktroyirt und die Reichsversammlung darüber in ihrem Fortbestehen gefährdet werde oder

3) unverrichteter Dinge auseinander zu gehen und die Verantwortung der jetzigen Lage von der Majorität auf die Häupter derjenigen zu wälzen, welche durch die Verhetzung zur Kaiserwahl, ohne zuvörderst von der Annahme der Reichskrone sich versichert zu haben, die Reichsversammlung so furchtbar komprimittirten und der rothen Republik Thür und Thor öffnen." (Pfui! Zischen und Gelächter).

Da dem Antrage die Dringlichkeit abgesprochen wird - es erhebt sich natürlich kein einziges Mitglied dafür - so fällt auch der Zusatz hinweg, den Herr Eisenmann angemeldet hat:

"Herr Sepp möge mit der Ausführung seines Antrags beauftragt werden." (Allgemeine, anhaltende Heiterkeit.)

Präsident des Reichsministeriums Gagern: Die verfassunggebende Reichsversammlung hat am 26. v. M. in 207. Sitzung die folgenden Beschlüsse gefaßt, wonach die Regierungen, welche die Anerkennung der verkündeten Reichsverfassung, noch nicht erklärt haben, aufzufordern sind, die Anerkennung der Reichsverfassung, der Wahl des Oberhauptes und des Wahlgesetzes nunmehr auszusprechen; ferner daß dieselben Regierungen zu veranlassen sind, sich aller Anordnungen zu enthalten; durch welche dem Volke die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Mittel, seinen Willen kund zu geben, in diesem entscheidenden Augenblicke geschmälert oder entzogen würden etc. (Vergleiche unsern Bericht über die Sitzung vom 27. v. M.)

Die provisorische Centralgewalt - fährt der Redner fort - hat zur Vollziehung dieser Beschlüsse Bevollmächtigte an die königlichen Regierungen zu Berlin, München, Dresden und Hannover abgeordnet. Der Auftrag derselben geht dahin, den betreffenden Regierungen den Beschluß der Reichsversammlung offiziell mitzutheilen, auf Erklärungen zu dringen, die Gründe geltend zu machen, welche den Widerstand gegen die Anerkennung und Durchführung der Reichsverfassung zu besiegen geeignet sind, die Centralgewalt von dem Stande der Dinge und den Meinungen in den betreffenden Landen in Kenntniß zu setzen. Die Bevollmächtigten nach Berlin, München und Hannover sind am 29. v. M. abgereist, der Bevollmächtigte nach Dresden zwei Tage vorher, um vorerst noch in seiner Heimath dringende Geschäfte zu besorgen.

Gagern weist auf die Kürze der seitdem verlaufenen Zeit hin, indem er hinzufügt: Ich habe heut morgen nur einen vorläufigen kurzen Bericht des Bevollmächtigten nach München und ein vertrauliches Schreiben des Bevollmächtigten nach Berlin erhalten. Diese beiden Schreiben enthalten bis

durch sein Geständniß, theils durch Zeugen überwiesen, daß er den 15. d. M. Abends in einem Wirthshause vor der Linie sich bei Improvisationen ungebührliche Ausdrücke über Seine Durchlaucht den Herrn Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz erlaubt, und zur Aufreizung der anwesenden Gäste dem Rebellen Kossuth ein „Eljen“ ausgebracht habe.

Er ward daher von dem über ihm abgehaltenen Kriegsrechte zu achtwochentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, dies Erkenntniß aber aus Rücksicht auf das vorgerückte Alter des Inquisiten auf sechswochentlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert, und demgemäß heute kundgemacht.

Wien, am 29. April 1847.

Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungskommission.“

Aus Gratz wird mitgetheilt, daß Gretschnigg, früher Redakteur des dasigen Volksblattes, und wegen eines Artikels über die Oktoberereignisse zur Kriminaluntersuchung gezogen, von den Geschworenen für „Nichtschuldig“ erklärt worden ist.

* Wien, 1. Mai.

Die von den Magyaren niedergeworfene östreichische Monarchie hat bis auf den letzten Rest der Scham verloren. Sie prostituirt ihren welken Leib an den russischen Czar mit einer Gleichgültigkeit, die Bewunderung verdient. Die Wiener Zeitung enthält in ihrem amtlichen Theil wie folgt:

Der Aufstand in Ungarn hat seit einigen Monaten eine solche Ausdehnung gewonnen, und er zeigt in seiner dermaligen Phase so entschieden den Charakter einer Vereinigung aller Kräfte der europäischen Umsturzpartei, daß das Interesse sämmtlicher Staaten ein gemeinschaftliches ist, die kaiserliche Regierung in dem Kampfe gegen die sich dort verbreitende Auflösung aller gesellschaftlichen Ordnung zu unterstützen.

Aus diesen wichtigen Gründen hat sich die Regierung Sr. Maj. des Kaisers bewogen gefunden, die bewaffnete Hülfe Sr. Majestät des Kaisers von Rußland in Anspruch zu nehmen, und selbe ist ihr von dem Kaiser mit edelster Bereitwilligkeit sofort und in dem ausgiebigsten Maße zugesichert worden. Die Ausführung der beider Seits verabredeten Maßregeln ist in vollem Gange.

Wien, im April.

Das Ausland hatte einen viel schärferen Blick, als die österreichischen Banquiers, über die Finanzen des Kaiserstaates. Amsterdam, Berlin und Frankfurt schleuderten schon vor Monaten ihre 5pCt. herein à tout prix, um sie nur los zu werden. Die Entwerthung der Banknoten und der hohe Silber- und Gold-Cours verleitete die Einheimischen, sich dafür zinsentragende Staatspapiere zu kaufen und sie erhielten sich daher in ziemlicher Nachfrage. Die Magyaren, welche mit ihren rothen Kossuthzetteln auf dem Börsenplatze erschienen, trugen dadurch bei, daß die Course nicht tiefer sanken, denn für ihre im größern Theile des Reiches unanbringbaren Papiere nahmen sie, was sie bekamen. Die Ziffern in den Courszetteln sind daher nicht als richtige Gradmesser des öffentlichen und des Staatskredits zu betrachten, und der neueste Vorgang legt es offen dar, an welchem Abgrunde die Finanzen stehen.

Die kaiserlich österreichische Regierung giebt ungarische Noten zu 5, 10, 100 und 1000 Fl. aus. Es geschieht dies zur Bestreitung der Kriegskosten in Ungarn. Die Einlösung dieser kaiserlichen Noten ist, so wie die Kossuthnoten, auf die Einkünfte Ungarns angewiesen!

Verständige Finanzmänner schlagen wohl die Hände über dem Kopf zusammen bei solcher Finanzwirthschaft. In dem Momente, wo der Feind mehr als Dreiviertheil des Landes im Besitze hat, wird des Feindes Land als Hypothek einer Schuld angewiesen, und dem Volke wird die Pistole auf die Brust gesetzt, wie es jede revolutionäre Regierung thut, daß es diese so sondirten Papierstückchen in vollem Nennwerthe annehmen muß. Der Zwangscours ist angeordnet, denn die hohe kais. Regierung ahnte im Vorhinein, daß Niemand ein Vertrauen zu diesen Noten haben werde. Auf welchen Punkt müssen nun die Finanzen des Kaiserstaates unter der weisen Verwaltung des Herrn Ministers Kraus gediehen sein, wenn er den vom österreichischen Reichstag bewilligten Kredit von 80 Mill. fl. nicht realisiren kann und, um nur den Krieg fortsetzen zu können, zu solchen verzweifelten Mitteln greift! Ueber 230 Mill. fl. österreichische Noten sind, nach Angabe in Umlauf, während nur 30 Mill. baar im Bankschatz liegen; dazu kommen circa 40 Mill. ungarisches Papiergeld und jetzt werden neuerdings, ohne Fond, ohne Garantie, magyarische Noten ausgegeben. Schon einmal hat dieses Ministerium einen frevelvollen Diebstahl am Vertrauen des Volks begangen. Monatelang ließ es die ungarischen Zettel ohne Widerspruch in voller Geltung; sie wurden sogar bei den Kriegskassen, wie bei den Civilämtern Ungarns statt voller Zahlung anerkannt. Ueberraschend erklärte es eines Tages, diese bisher giltigen und durch den Plenipotentiar des Monarchen Fürsten Windischgrätz in einer Proklamation anerkannten Kossuthzettel für null und nichtig, und befahl sogar deren Confiscation und Zerstampfen. Es war das das erste Zerwürfniß des Ministeriums mit dem Marschall, welches auf Kosten des vertrauenden Publikums stattfand. Ist es nicht offen Diebstahl, wenn die Regierung heute jenes Geld entwerthet, das sie gestern noch für vollgültig erklärte, annahm und selbst verausgabte!

Als Grund, weshalb diese Kossuthzettel für ungültig erklärt wurden, befand sich in der Regierungsverordnung die Stelle, daß nach § 14 der österreichisch privilegirten Nationalbank nur diese allein im ganzen Kaiserstaate das Recht habe, Noten auszugeben.

Heute also findet dieses Ministerium es bequem, die Bankstatuten nicht zu beachten, und das Standrecht sorgt weislich dafür, daß die Bankadministratoren keinen großen Lärm machen. Kossuth, der ungarische Minister, mußte das österreichische Privilegium respektiren; Kraus, der österreichische Minister, hat sich nur um die Einheit der Monarchie, nicht um die Finanzen eines Privatinstitutes zu besorgen! Wenn der Finanzminister Kraus nur Geld bekömmt, das Uebrige wird vertuscht, und wer sich rührt, verfällt dem Standrecht!

Die Emission dieser Noten, mit der Anweisung auf die Einkünfte des erst wieder zu erbauenden Ungarn, ist nicht blos wegen des Zwangscourses eine so ungeheure Bedrückung, sondern weil die Ausgabe gar nicht beschränkt ist. Im laufenden Jahrhunderte ist in keinem geregelten Staate ein solches offenes Hazardspiel, ein solcher Raub am Privateigenthum, ein solches Vernichten alles Credits vorgekommen. Der Kaufmann, der im Geschäftsverkehr einen solchen Schwindel treibt, verfällt dem Zuchthaus. Vielleicht öffnet diese That, welche auch den deutschen, französischen und englischen Besitzern an den Beutel geht, die Augen über unser Ministerium. Noch bis zur Stunde glaubten Viele, man übertreibe, wenn man die Wirthschaft dieses Kabinets darstellt; sie halten es für Parteifärbung, was wir mit unserm Blute, mit unserer Freiheit, mit unserem Besitz bezahlen müssen. Die türkischen Paschas früherer Zeit mögen in solcher Weise des Kopfabschneidens und Gelderpressens die Regierung geführt haben.

Nachdem die zwangsweise Ausgabe solcher Noten, mit einem Fond von Luft und Wolken am magyarischen Horizonte, decretirt ist, findet die Angabe wieder mehr Glauben, daß auch österreichische Noten nach Bedarf und Belieben fabricirt werden. Die neuen Kassenanweisungen haben, wie man sich auch dafür bemühte, keine Abnahme gefunden, und darauf mußte das Deficit gedeckt werden. Die Bank schmiedet bereitwillig ihre Banknoten, und so kann es leicht kommen, daß in kurzer Zeit 400 Millionen Gulden Papiergeld, und darüber, sich zwangsweise in Umlauf befindet. Schon werden wieder die Sparkassen belagert, und die Armen ziehen geschwind ihr Geld heraus, denn sie sind nicht gesichert, daß ihnen morgen ungarisches Papier statt österreichisches gegeben wird. Die paar Silberstücke, die man hat, vergräbt man, denn man erwartet den Befehl, daß alles Silber abgeliefert werden muß, um den Krieg führen zu können. Solche Extreme sind bereits an der Tagesordnung. Flüchten doch schon die Wiener tausendweise, obwohl die ministeriellen Blätter die beruhigendsten Nachrichten über die enormen Streitkräfte unserer Armee, über ihre Heldenführer, von denen ein Dutzend als unfähig weggeschickt wurde, verbreiten. In derselben Art sprach der Minister immer von dem guten Stand der Finanzen, und wie Alles bald sich ausgleichen werde. Zum Nothschrei der dem Standrecht Zugefallenen, der auf die Schlachtbank Geführten, der unter die Soldaten Gepreßten, der um ihre Freiheit Betrogenen, kömmt nun der Nothschrei der um ihr Eigenthum Bestohlenen in Ungarn.

(D. Z.)
Dresden, 1. Mai.

Die Staatsminister Dr. Held, v. Ehrenstein und Dr. Weinlig haben gestern ihre Entlassung bei dem König eingereicht. Derselbe hat sie angenommen, die Minister jedoch mit der interimistischen Fortführung der Departementsgeschäfte bis zur Ernennung ihrer Nachfolger beauftragt. Die Ursache des ganz unerwarteten Rücktrittsgesuchs soll die deutsche Verfassungsfrage sein. Heute traf der Reichskommissar v. Watzdorf hier ein. Die Bewegung für die Anerkennung der Reichsverfassung nahm diesen Nachmittag unerwartet einen allgemeinen Charakter an. Gleich nach 12 Uhr versammelten sich Tausende auf dem Pirnaischen Platz und begaben sich unter Vorantragung der deutschen und anderer Fahnen nach dem Gebäude des Justizministeriums, um dem Ministerpräsidenten Dr. Held die in der gestrigen Hauptversammlung des Vaterlandsvereins gefaßten Beschlüsse in einer Adresse zu überreichen. Eine Deputation von drei Ausschußmitgliedern verfügte sich in das Gebäude, und nachdem Dr. Minckwitz an Dr. Held die entsprechende Anrede gehalten hatte, bemerkte Letzterer, daß er bereits seine Entlassung eingereicht habe und daß sich die Deputation daher an die anwesenden, im Amte verbliebenen Staatsminister Frhrn. v. Beust und Rabenhorst zu wenden hätte. Diese erklärten, die Adresse dem Könige vorlegen zu wollen. Bis gegen 2 Uhr hatte die innere Stadt ein sehr aufgeregtes Ansehen, namentlich hatten sich auf der Schloßgasse und vor dem k. Schlosse dichte Gruppen gebildet, die in lebhaftem Gespräche waren.

Das Stadtverordnetenkollegium hat heute Abend mit Einhelligkeit beschlossen, eine Adresse, die unverweilte Anerkennung der deutschen Reichsverfassung betreffend, an den König abgehen zu lassen, und den Stadtrath sowie die hiesige Bürgerwehr zum Beitritt aufzufordern, und es steht zu erwarten, daß sich unser Stadtrath, der sich sonst nicht leicht bei dergleichen Demonstrationen zu betheiligen pflegt, der allgemeinen Bewegung, welche seit heute Mittag auf eine auffallende Weise um sich gegriffen hat, kaum wird entziehen können. Als heute eine Deputation eine ähnliche Adresse dem Könige überreichte, hat dieselbe eine keineswegs Hoffnung erregende Antwort erhalten, und können wir aus guter Quelle hinzusetzen, daß der König kaum sich geneigt finden dürfte, in anderer Weise sich zu erklären.

Hr. v. Carlowitz soll behufs der Bildung eines neuen Kabinets zum König berufen worden sein. Spät Abends noch verbreitete sich das Gerücht, daß ungarische Husaren, man spricht von 200 Mann, völlig ausgerüstet auf sächsisches Gebiet übergetreten seien. Ich theile dieses Gerücht blos mit, als bekanntlich zu Theresienstadt in Böhmen ein ungarisches Husarenregiment stationirt ist und somit wenigstens eine Möglichkeit dieses Vorfalls vorhanden ist.

(D. A. Z.)
* Dresden, 2. Mai.

Ein Herr v. Zschinsky ist heute Abend mit Bildung eines Kabinets beauftragt worden. Daß auch er zur Partei der Kamarilla gehört, braucht kaum bemerkt zu werden. Gestern haben sich 9 ungarische Husaren auf hiesiges Gebiet geflüchtet; sie wurden sofort entwaffnet und festgesetzt ‒ ein Zeichen des herzlichen Einverständnisses zwischen hier und Olmütz. Die Uebergetretenen meinten, es würden bald noch mehrere ihrer Kameraden eintreffen. Heute sollen auch wirklich noch etwa hundert angelangt sein.

Aus Freiberg ist bereits eine Deputation angekommen, die sich sowie der Ausschuß des Vaterlandsvereins hierselbst für deren Nichtauslieferung beim Kriegsminister verwendet haben. Auch die diesen Nachmittag stattgehabte Bürgerwehrversammlung hat in derselben Absicht eine Deputation an den Kriegsminister abgesendet. Man wünscht, daß sie als politische Flüchtlinge betrachtet werden möchten.

* Schleswig-Holstein, 1. Mai.

Den Soldaten fängt der lange Aufenthalt in dem theilweise schauerlich zerstörten Kolding an, nicht blos langweilig, sondern verdächtig zu werden. Trotz aller möglichen Reichstruppen kein Vorrücken, sondern unthätiges Festsitzen oder nutzloses Herummarschiren. Die Diplomaten sind wieder einmal mit ihrem diplomatischen Teufelsgebräu beschäftigt und da ist es nicht erlaubt, sie in dem frommen christlich-germanischen Werke durch ernste Kriegführung zu stören.

Aus Hadersleben wird der „Börsen-Halle“ vom 1. Mai geschrieben:

„Heute Morgen entstand sowohl unter den in Hadersleben zur Zeit stationirten Baiern, als unter den dortigen Bürgern eine höchst bittere Aufregung über das sich wie ein Lauffeuer verbreitende Gerücht, daß ein Waffenstillstand solle abgeschlossen sein.“

Es ist heute früh in nördlicher Richtung von Hadersleben Kananendonner gehört worden. Wahrscheinlich ein Zwischenspiel in der Kriegskomödie, die zur Erbauung des, sein Gut und Blut für die Komödianten hergebenden, Michels aufgeführt wird.

Braunschweig, 2. Mai.

Unter diesem Datum wird der „Magd. Ztg.“ Folgendes berichtet:

Die Aufregung währt fort. Deputirtenkammer, die politischen Vereine, der Ausschuß der Volkswehr ‒ alle sind in Sitzungen vereinigt. Die permanente Kommission des Volksvereins ist fortwährend versammelt und hat so eben eine Proklamation an die Bewohner des Brauschweigischen Landes erlassen, sich um das Banner der Deutschen Einheit zu schaaren, für Waffen zu sorgen etc. Heute Vormittag forderte die Deputirtenkammer das Ministerium auf:

1) die gesammte Bevölkerung zu bewaffnen, so weit der Vorrath der Waffen reiche;

2) auch 8 Kanonen der Volkswehr zur Verfügung zu stellen;

3) der Centralreichsgewalt und der Reichsversammlung anzuzeigen, daß die hiesige Regierung in jeder Hinsicht die Reichsverfassung zu schützen bereit sei, und ihnen die gesammte bewaffnete Macht des Herzogthums (Militär und Volkswehr) zur Verfügung stelle.

Auf die Erklärung des Ministeriums, es sei, da der Kriegsminister fehle, im Augenblick außer Stande, die obigen Anträge genügend zu beantworten, wurde demselben bis Nachmittag 4 Uhr eine Frist gestellt, und bis dahin die Deputirtenkammer vertagt. Um 3 Uhr trat der Ausschuß der Volkswehr zusammen, vertagte sich aber wieder bis um 6 Uhr, um die Erklärung des Ministeriums abzuwarten und alsdann die nöthigen Beschlüsse zu fassen. Gegen 4 Uhr strömten Massen von Menschen nach dem landschaftlichen Hause, doch konnte bei Weitem nur die Minderzahl, des Gedränges wegen, hineingelangen.

Nach einer halben Stunde war Alles abgemacht. Das Ministerium hat sofort alle obigen Anträge bewilligt, und sogar die bisher streng vorenthaltenen Kanonen zur Disposition gestellt. Es hat entschieden erklärt, daß die Regierung fest bei der Anerkennung der Reichsverfassung beharre, und dieselbe mit aller Aufrichtigkeit stützen werde.

Um 6 Uhr versammelt sich abermals der Ausschuß der Bürgerwehr, wird sich aber für jetzt, da die Umstände sich geändert haben, nicht für permanent erklären. Um dieselbe Zeit findet auch wieder eine Generalsitzung des Volksvereins-Ausschusses statt, und heute Abend eine Vereinigung des gesammten Volksvereins, zu welcher allem Anschein nach, Tausende von Menschen strömen werden.

Am vorigen Abend zogen große Menschenhaufen durch die Straßen und brachten, insbesondere vor dem herzoglichen Schlosse, der Republik stürmische Hochs!

D. C. Frankfurt, 3. Mai.

Die oktroyirte Verfassung für Deutschland ist von Berlin angelangt. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung erklärte Gagern, daß er am heutigen Tage wichtige Mittheilungen der preußischen Regierung erhalten werde, deren Inhalt der Berliner Reichskommissar Bassermann ihm bereits vertraulicher Weise angedeutet habe. Die Mittheilungen bestehen, wie wir aus guter Quelle wissen, in der Uebersendung einer mit den widerspenstigen Königen vereinbarten Verfassung. Falls dieselbe von der Nationalversammlung nicht angenommen werden sollte, so will man diese Versammlung auflösen und eine neue einberufen, welche, nach der erprobten Heiligkeit aller fürstlichen Versprechungen, eben nie berufen werden wird. Der abweichende Inhalt der oktroyirten Verfassung soll, wie wir hören, darin bestehen, daß statt des Kaiserthums eine dem Könige von Preußen übertragene Reichsstatthalterschaft eingesetzt, daß das Zoll- und Mauthwesen der Reichsgewalt entnommen und dem Gutdünken der Einzelregierungen übertragen, (also der Grundschaden unserer gewerblichen Zustände beibehalten!) und daß neben der Umwandlung des suspensiven Vetos in ein absolutes, das Wahlgesetz auf undemokratische Weise abgeändert werde.

Was wird die Nationalversammlung auf solche Zumuthungen antworten? ‒ Sie wird sich der königlichen Anmaßung fügen. Ihr seitheriges, ihr heutiges Verhalten geben dazu sicheren Fingerzeig. Am 26. April beschließt sie, die widerstrebenden Regierungen aufzufordern, von dem Rechte, ihre Kammern zu vertagen oder aufzulösen, keinen Gebrauch zu machen. Am 28. April kommt die Nachricht von diesem Beschlusse nach Dresden, und am nämlichen Tage noch wird das Dekret der Kammerauflösung ausgefertigt, am 30. dasselbe dem sächsischen Landtage bekannt gemacht. So erwidert man das Schonen, das Zögern, das Leisetreten dieser engelsgeduldigen Versammlung. Aber die wollige Engelsgeduld läßt sich deßhalb nicht aus der Fassung bringen; darum beschließt heute die Nationalversammlung, über die Anträge, welche gegen das rebellische Verfahren der sächsischen Regierung gerichtet sind, zur motivirten Tagesordnung überzugehen.

„Motivirte Tagesordnung!“ großes Wort in dieser großen Zeit. Von allen Seiten will man der Versammlung bewaffnet zu Hülfe ziehen; das Militär selbst ist in den umliegenden Ländern zu ihrem Schutze bereit; der Zorn über die Unverschämtheit der Willkührherren steigt selbst dem behäbigen Bourgeois in die Wangen, aber die Nationalversammlung begnügt sich mit motivirten Tagesordnungen, statt energischer Beschlüsse; vertagt sich, statt zu handeln; stirbt, statt wieder aufzuleben!

Im 30er Ausschusse hat Wydenbrugk beantragt, die neuen Wahlen auszuschreiben und sodann bis zum 23. August sich zu vertagen. Die erbkaiserliche Weidenbuschpartei hat diesen Antrag zu ihrem Beschluß erhoben. So soll also das Spiel aus den Händen und den Fürsten übergeben werden.

Von den vielen hier umlaufenden Gerüchten erwähnen wir folgende, der Wahrscheinlichkeit nicht entbehrende: Die Russen sollen zwei Bahnmeilen von Wien stehen. Der berlin-frankfurter Telegraph soll bei Kassel zerstört sein.

Gewiß ist, daß heute die berliner Post ausgeblieben, und daß bei Kreuznach ein preußisches Armeekorps von 40,000 Mann zusammengezogen wird. Den Bürgermeistern der dortigen Umgegend ist bereits dies amtlich eröffnet worden. Der Reichskriegsminister hat die Thatsache dieser Zusammenziehung zwar vor einigen Tagen in einer Sitzung der Nationalversammlung abgeleugnet; leugnen und lügen sind zwei stammverwandte Worte.

Deutsches Volk, Du siehst nunmehr klar, wohin man Dich bringen will!

Frankfurt, 3. Mai.

National-Versammlung. Sitzung vom 3. Mai.

Die Sitzung wird 9 1/2 Uhr Vormittags durch den Präsidenten Herrn Ed. Simson Eröffnet.

Der Präsident verkündet den Eingang der bereits bekannten von Herrn von Kamptz überreichten preußischen Note. Dem Dreißigerausschusse überwiesen.

Herr Sepp aus München hat den folgenden dringlichen Antrag gestellt, dessen Mittheilung theils das Lachen, theils den Unwillen des Hauses erregt:

„Die hohe Reichsversammlung wolle endgiltig beschließen:

1) die sämmtlichen neun und zwanzig deutschen Fürsten, welche durch ihre eingereichte Unterwerfung unter den nominellen Erbkaiser ihre Ohnmacht und Entbehrlichkeit zur Genüge eingestanden und bereits faktisch zu regieren aufgehört haben, sofort zu mediatisiren, ihre Länder an die Königreiche Sachsen, Hannover und Baiern gleichmäßig zu vertheilen, so daß den beiden vorhandenen Großmächten keine neue Gebietserweiterung zukomme,

2) das Direktorium als die zur Zeit einzig mögliche Form der Centralgewalt unter den übrig bleibenden Regenten aufzurichten, damit nicht die Direktorial-Regierung durch die deutschen Fürsten oktroyirt und die Reichsversammlung darüber in ihrem Fortbestehen gefährdet werde oder

3) unverrichteter Dinge auseinander zu gehen und die Verantwortung der jetzigen Lage von der Majorität auf die Häupter derjenigen zu wälzen, welche durch die Verhetzung zur Kaiserwahl, ohne zuvörderst von der Annahme der Reichskrone sich versichert zu haben, die Reichsversammlung so furchtbar komprimittirten und der rothen Republik Thür und Thor öffnen.« (Pfui! Zischen und Gelächter).

Da dem Antrage die Dringlichkeit abgesprochen wird ‒ es erhebt sich natürlich kein einziges Mitglied dafür ‒ so fällt auch der Zusatz hinweg, den Herr Eisenmann angemeldet hat:

„Herr Sepp möge mit der Ausführung seines Antrags beauftragt werden.“ (Allgemeine, anhaltende Heiterkeit.)

Präsident des Reichsministeriums Gagern: Die verfassunggebende Reichsversammlung hat am 26. v. M. in 207. Sitzung die folgenden Beschlüsse gefaßt, wonach die Regierungen, welche die Anerkennung der verkündeten Reichsverfassung, noch nicht erklärt haben, aufzufordern sind, die Anerkennung der Reichsverfassung, der Wahl des Oberhauptes und des Wahlgesetzes nunmehr auszusprechen; ferner daß dieselben Regierungen zu veranlassen sind, sich aller Anordnungen zu enthalten; durch welche dem Volke die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Mittel, seinen Willen kund zu geben, in diesem entscheidenden Augenblicke geschmälert oder entzogen würden etc. (Vergleiche unsern Bericht über die Sitzung vom 27. v. M.)

Die provisorische Centralgewalt ‒ fährt der Redner fort ‒ hat zur Vollziehung dieser Beschlüsse Bevollmächtigte an die königlichen Regierungen zu Berlin, München, Dresden und Hannover abgeordnet. Der Auftrag derselben geht dahin, den betreffenden Regierungen den Beschluß der Reichsversammlung offiziell mitzutheilen, auf Erklärungen zu dringen, die Gründe geltend zu machen, welche den Widerstand gegen die Anerkennung und Durchführung der Reichsverfassung zu besiegen geeignet sind, die Centralgewalt von dem Stande der Dinge und den Meinungen in den betreffenden Landen in Kenntniß zu setzen. Die Bevollmächtigten nach Berlin, München und Hannover sind am 29. v. M. abgereist, der Bevollmächtigte nach Dresden zwei Tage vorher, um vorerst noch in seiner Heimath dringende Geschäfte zu besorgen.

Gagern weist auf die Kürze der seitdem verlaufenen Zeit hin, indem er hinzufügt: Ich habe heut morgen nur einen vorläufigen kurzen Bericht des Bevollmächtigten nach München und ein vertrauliches Schreiben des Bevollmächtigten nach Berlin erhalten. Diese beiden Schreiben enthalten bis

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div xml:id="ar291_006" type="jArticle">
          <p><pb facs="#f0002" n="1646"/>
durch sein Geständniß, theils durch Zeugen überwiesen, daß er den 15. d. M. Abends in einem Wirthshause vor der Linie sich bei Improvisationen ungebührliche Ausdrücke über Seine Durchlaucht den Herrn Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz erlaubt, und zur Aufreizung der anwesenden Gäste dem Rebellen Kossuth ein &#x201E;Eljen&#x201C; ausgebracht habe.</p>
          <p>Er ward daher von dem über ihm abgehaltenen Kriegsrechte zu achtwochentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, dies Erkenntniß aber aus Rücksicht auf das vorgerückte Alter des Inquisiten auf sechswochentlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert, und demgemäß heute kundgemacht.</p>
          <p>Wien, am 29. April 1847.</p>
          <p>Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungskommission.&#x201C;</p>
          <p>Aus <hi rendition="#g">Gratz</hi> wird mitgetheilt, daß Gretschnigg, früher Redakteur des dasigen Volksblattes, und wegen eines Artikels über die Oktoberereignisse zur Kriminaluntersuchung gezogen, von den Geschworenen für &#x201E;Nichtschuldig&#x201C; erklärt worden ist.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 1. Mai.</head>
          <p>Die von den Magyaren niedergeworfene östreichische Monarchie hat bis auf den letzten Rest der Scham verloren. Sie prostituirt ihren welken Leib an den russischen Czar mit einer Gleichgültigkeit, die Bewunderung verdient. Die Wiener Zeitung enthält in ihrem amtlichen Theil wie folgt:</p>
          <p>Der Aufstand in Ungarn hat seit einigen Monaten eine solche Ausdehnung gewonnen, und er zeigt in seiner dermaligen Phase so entschieden den Charakter einer Vereinigung aller Kräfte der europäischen Umsturzpartei, daß das Interesse sämmtlicher Staaten ein gemeinschaftliches ist, die kaiserliche Regierung in dem Kampfe gegen die sich dort verbreitende Auflösung aller gesellschaftlichen Ordnung zu unterstützen.</p>
          <p>Aus diesen wichtigen Gründen hat sich die Regierung Sr. Maj. des Kaisers bewogen gefunden, die bewaffnete Hülfe Sr. Majestät des Kaisers von Rußland in Anspruch zu nehmen, und selbe ist ihr von dem Kaiser mit edelster Bereitwilligkeit sofort und in dem ausgiebigsten Maße zugesichert worden. Die Ausführung der beider Seits verabredeten Maßregeln ist in vollem Gange.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291_008" type="jArticle">
          <head>Wien, im April.</head>
          <p>Das Ausland hatte einen viel schärferen Blick, als die österreichischen Banquiers, über die Finanzen des Kaiserstaates. Amsterdam, Berlin und Frankfurt schleuderten schon vor Monaten ihre 5pCt. herein à tout prix, um sie nur los zu werden. Die Entwerthung der Banknoten und der hohe Silber- und Gold-Cours verleitete die Einheimischen, sich dafür zinsentragende Staatspapiere zu kaufen und sie erhielten sich daher in ziemlicher Nachfrage. Die Magyaren, welche mit ihren rothen Kossuthzetteln auf dem Börsenplatze erschienen, trugen dadurch bei, daß die Course nicht tiefer sanken, denn für ihre im größern Theile des Reiches unanbringbaren Papiere nahmen sie, was sie bekamen. Die Ziffern in den Courszetteln sind daher nicht als richtige Gradmesser des öffentlichen und des Staatskredits zu betrachten, und der neueste Vorgang legt es offen dar, an welchem Abgrunde die Finanzen stehen.</p>
          <p>Die kaiserlich österreichische Regierung giebt ungarische Noten zu 5, 10, 100 und 1000 Fl. aus. Es geschieht dies zur Bestreitung der Kriegskosten in Ungarn. Die Einlösung dieser kaiserlichen Noten ist, so wie die Kossuthnoten, auf die Einkünfte Ungarns angewiesen!</p>
          <p>Verständige Finanzmänner schlagen wohl die Hände über dem Kopf zusammen bei solcher Finanzwirthschaft. In dem Momente, wo der Feind mehr als Dreiviertheil des Landes im Besitze hat, wird des Feindes Land als Hypothek einer Schuld angewiesen, und dem Volke wird die Pistole auf die Brust gesetzt, wie es jede revolutionäre Regierung thut, daß es diese so sondirten Papierstückchen in vollem Nennwerthe annehmen muß. Der Zwangscours ist angeordnet, denn die hohe kais. Regierung ahnte im Vorhinein, daß Niemand ein Vertrauen zu diesen Noten haben werde. Auf welchen Punkt müssen nun die Finanzen des Kaiserstaates unter der weisen Verwaltung des Herrn Ministers Kraus gediehen sein, wenn er den vom österreichischen Reichstag bewilligten Kredit von 80 Mill. fl. nicht realisiren kann und, um nur den Krieg fortsetzen zu können, zu solchen verzweifelten Mitteln greift! Ueber 230 Mill. fl. österreichische Noten sind, nach Angabe in Umlauf, während nur 30 Mill. baar im Bankschatz liegen; dazu kommen circa 40 Mill. ungarisches Papiergeld und jetzt werden neuerdings, ohne Fond, ohne Garantie, magyarische Noten ausgegeben. Schon einmal hat dieses Ministerium einen frevelvollen Diebstahl am Vertrauen des Volks begangen. Monatelang ließ es die ungarischen Zettel ohne Widerspruch in voller Geltung; sie wurden sogar bei den Kriegskassen, wie bei den Civilämtern Ungarns statt voller Zahlung anerkannt. Ueberraschend erklärte es eines Tages, diese bisher giltigen und durch den Plenipotentiar des Monarchen Fürsten Windischgrätz in einer Proklamation anerkannten Kossuthzettel für null und nichtig, und befahl sogar deren Confiscation und Zerstampfen. Es war das das erste Zerwürfniß des Ministeriums mit dem Marschall, welches auf Kosten des vertrauenden Publikums stattfand. Ist es nicht offen Diebstahl, wenn die Regierung heute jenes Geld entwerthet, das sie gestern noch für vollgültig erklärte, annahm und selbst verausgabte!</p>
          <p>Als Grund, weshalb diese Kossuthzettel für ungültig erklärt wurden, befand sich in der Regierungsverordnung die Stelle, daß nach § 14 der österreichisch privilegirten Nationalbank nur diese allein im ganzen Kaiserstaate das Recht habe, Noten auszugeben.</p>
          <p>Heute also findet dieses Ministerium es bequem, die Bankstatuten nicht zu beachten, und das Standrecht sorgt weislich dafür, daß die Bankadministratoren keinen großen Lärm machen. Kossuth, der ungarische Minister, mußte das österreichische Privilegium respektiren; Kraus, der österreichische Minister, hat sich nur um die Einheit der Monarchie, nicht um die Finanzen eines Privatinstitutes zu besorgen! Wenn der Finanzminister Kraus nur Geld bekömmt, das Uebrige wird vertuscht, und wer sich rührt, verfällt dem Standrecht!</p>
          <p>Die Emission dieser Noten, mit der Anweisung auf die Einkünfte des erst wieder zu erbauenden Ungarn, ist nicht blos wegen des Zwangscourses eine so ungeheure Bedrückung, sondern weil die Ausgabe gar nicht beschränkt ist. Im laufenden Jahrhunderte ist in keinem geregelten Staate ein solches offenes Hazardspiel, ein solcher Raub am Privateigenthum, ein solches Vernichten alles Credits vorgekommen. Der Kaufmann, der im Geschäftsverkehr einen solchen Schwindel treibt, verfällt dem Zuchthaus. Vielleicht öffnet diese That, welche auch den deutschen, französischen und englischen Besitzern an den Beutel geht, die Augen über unser Ministerium. Noch bis zur Stunde glaubten Viele, man übertreibe, wenn man die Wirthschaft dieses Kabinets darstellt; sie halten es für Parteifärbung, was wir mit unserm Blute, mit unserer Freiheit, mit unserem Besitz bezahlen müssen. Die türkischen Paschas früherer Zeit mögen in solcher Weise des Kopfabschneidens und Gelderpressens die Regierung geführt haben.</p>
          <p>Nachdem die zwangsweise Ausgabe solcher Noten, mit einem Fond von Luft und Wolken am magyarischen Horizonte, decretirt ist, findet die Angabe wieder mehr Glauben, daß auch österreichische Noten nach Bedarf und Belieben fabricirt werden. Die neuen Kassenanweisungen haben, wie man sich auch dafür bemühte, keine Abnahme gefunden, und darauf mußte das Deficit gedeckt werden. Die Bank schmiedet bereitwillig ihre Banknoten, und so kann es leicht kommen, daß in kurzer Zeit 400 Millionen Gulden Papiergeld, und darüber, sich zwangsweise in Umlauf befindet. Schon werden wieder die Sparkassen belagert, und die Armen ziehen geschwind ihr Geld heraus, denn sie sind nicht gesichert, daß ihnen morgen ungarisches Papier statt österreichisches gegeben wird. Die paar Silberstücke, die man hat, vergräbt man, denn man erwartet den Befehl, daß alles Silber abgeliefert werden muß, um den Krieg führen zu können. Solche Extreme sind bereits an der Tagesordnung. Flüchten doch schon die Wiener tausendweise, obwohl die ministeriellen Blätter die beruhigendsten Nachrichten über die enormen Streitkräfte unserer Armee, über ihre Heldenführer, von denen ein Dutzend als unfähig weggeschickt wurde, verbreiten. In derselben Art sprach der Minister immer von dem guten Stand der Finanzen, und wie Alles bald sich ausgleichen werde. Zum Nothschrei der dem Standrecht Zugefallenen, der auf die Schlachtbank Geführten, der unter die Soldaten Gepreßten, der um ihre Freiheit Betrogenen, kömmt nun der Nothschrei der um ihr Eigenthum Bestohlenen in Ungarn.</p>
          <bibl>(D. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar291_009" type="jArticle">
          <head>Dresden, 1. Mai.</head>
          <p>Die Staatsminister Dr. Held, v. Ehrenstein und Dr. Weinlig haben gestern ihre Entlassung bei dem König eingereicht. Derselbe hat sie angenommen, die Minister jedoch mit der interimistischen Fortführung der Departementsgeschäfte bis zur Ernennung ihrer Nachfolger beauftragt. Die Ursache des ganz unerwarteten Rücktrittsgesuchs soll die deutsche Verfassungsfrage sein. Heute traf der Reichskommissar v. Watzdorf hier ein. Die Bewegung für die Anerkennung der Reichsverfassung nahm diesen Nachmittag unerwartet einen allgemeinen Charakter an. Gleich nach 12 Uhr versammelten sich Tausende auf dem Pirnaischen Platz und begaben sich unter Vorantragung der deutschen und anderer Fahnen nach dem Gebäude des Justizministeriums, um dem Ministerpräsidenten Dr. Held die in der gestrigen Hauptversammlung des Vaterlandsvereins gefaßten Beschlüsse in einer Adresse zu überreichen. Eine Deputation von drei Ausschußmitgliedern verfügte sich in das Gebäude, und nachdem Dr. Minckwitz an Dr. Held die entsprechende Anrede gehalten hatte, bemerkte Letzterer, daß er bereits seine Entlassung eingereicht habe und daß sich die Deputation daher an die anwesenden, im Amte verbliebenen Staatsminister Frhrn. v. Beust und Rabenhorst zu wenden hätte. Diese erklärten, die Adresse dem Könige vorlegen zu wollen. Bis gegen 2 Uhr hatte die innere Stadt ein sehr aufgeregtes Ansehen, namentlich hatten sich auf der Schloßgasse und vor dem k. Schlosse dichte Gruppen gebildet, die in lebhaftem Gespräche waren.</p>
          <p>Das Stadtverordnetenkollegium hat heute Abend mit Einhelligkeit beschlossen, eine Adresse, die unverweilte Anerkennung der deutschen Reichsverfassung betreffend, an den König abgehen zu lassen, und den Stadtrath sowie die hiesige Bürgerwehr zum Beitritt aufzufordern, und es steht zu erwarten, daß sich unser Stadtrath, der sich sonst nicht leicht bei dergleichen Demonstrationen zu betheiligen pflegt, der allgemeinen Bewegung, welche seit heute Mittag auf eine auffallende Weise um sich gegriffen hat, kaum wird entziehen können. Als heute eine Deputation eine ähnliche Adresse dem Könige überreichte, hat dieselbe eine keineswegs Hoffnung erregende Antwort erhalten, und können wir aus guter Quelle hinzusetzen, daß der König kaum sich geneigt finden dürfte, in anderer Weise sich zu erklären.</p>
          <p>Hr. v. Carlowitz soll behufs der Bildung eines neuen Kabinets zum König berufen worden sein. Spät Abends noch verbreitete sich das Gerücht, daß ungarische Husaren, man spricht von 200 Mann, völlig ausgerüstet auf sächsisches Gebiet übergetreten seien. Ich theile dieses Gerücht blos mit, als bekanntlich zu Theresienstadt in Böhmen ein ungarisches Husarenregiment stationirt ist und somit wenigstens eine Möglichkeit dieses Vorfalls vorhanden ist.</p>
          <bibl>(D. A. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar291_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Dresden, 2. Mai.</head>
          <p>Ein Herr v. Zschinsky ist heute Abend mit Bildung eines Kabinets beauftragt worden. Daß auch er zur Partei der Kamarilla gehört, braucht kaum bemerkt zu werden. Gestern haben sich 9 ungarische Husaren auf hiesiges Gebiet geflüchtet; sie wurden sofort entwaffnet und festgesetzt &#x2012; ein Zeichen des herzlichen Einverständnisses zwischen hier und Olmütz. Die Uebergetretenen meinten, es würden bald noch mehrere ihrer Kameraden eintreffen. Heute sollen auch wirklich noch etwa hundert angelangt sein.</p>
          <p>Aus Freiberg ist bereits eine Deputation angekommen, die sich sowie der Ausschuß des Vaterlandsvereins hierselbst für deren Nichtauslieferung beim Kriegsminister verwendet haben. Auch die diesen Nachmittag stattgehabte Bürgerwehrversammlung hat in derselben Absicht eine Deputation an den Kriegsminister abgesendet. Man wünscht, daß sie als politische Flüchtlinge betrachtet werden möchten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Schleswig-Holstein, 1. Mai.</head>
          <p>Den Soldaten fängt der lange Aufenthalt in dem theilweise schauerlich zerstörten Kolding an, nicht blos langweilig, sondern verdächtig zu werden. Trotz aller möglichen Reichstruppen kein Vorrücken, sondern unthätiges Festsitzen oder nutzloses Herummarschiren. Die Diplomaten sind wieder einmal mit ihrem diplomatischen Teufelsgebräu beschäftigt und da ist es nicht erlaubt, sie in dem frommen christlich-germanischen Werke durch ernste Kriegführung zu stören.</p>
          <p>Aus Hadersleben wird der &#x201E;Börsen-Halle&#x201C; vom 1. Mai geschrieben:</p>
          <p>&#x201E;Heute Morgen entstand sowohl unter den in Hadersleben zur Zeit stationirten Baiern, als unter den dortigen Bürgern eine höchst bittere Aufregung über das sich wie ein Lauffeuer verbreitende Gerücht, daß ein Waffenstillstand solle abgeschlossen sein.&#x201C;</p>
          <p>Es ist heute früh in nördlicher Richtung von Hadersleben Kananendonner gehört worden. Wahrscheinlich ein Zwischenspiel in der Kriegskomödie, die zur Erbauung des, sein Gut und Blut für die Komödianten hergebenden, Michels aufgeführt wird.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291_012" type="jArticle">
          <head>Braunschweig, 2. Mai.</head>
          <p>Unter diesem Datum wird der &#x201E;Magd. Ztg.&#x201C; Folgendes berichtet:</p>
          <p>Die Aufregung währt fort. Deputirtenkammer, die politischen Vereine, der Ausschuß der Volkswehr &#x2012; alle sind in Sitzungen vereinigt. Die permanente Kommission des Volksvereins ist fortwährend versammelt und hat so eben eine Proklamation an die Bewohner des Brauschweigischen Landes erlassen, sich um das Banner der Deutschen Einheit zu schaaren, für Waffen zu sorgen etc. Heute Vormittag forderte die Deputirtenkammer das Ministerium auf:</p>
          <p>1) die gesammte Bevölkerung zu bewaffnen, so weit der Vorrath der Waffen reiche;</p>
          <p>2) auch 8 Kanonen der Volkswehr zur Verfügung zu stellen;</p>
          <p>3) der Centralreichsgewalt und der Reichsversammlung anzuzeigen, daß die hiesige Regierung in jeder Hinsicht die Reichsverfassung zu schützen bereit sei, und ihnen die gesammte bewaffnete Macht des Herzogthums (Militär und Volkswehr) zur Verfügung stelle.</p>
          <p>Auf die Erklärung des Ministeriums, es sei, da der Kriegsminister fehle, im Augenblick außer Stande, die obigen Anträge genügend zu beantworten, wurde demselben bis Nachmittag 4 Uhr eine Frist gestellt, und bis dahin die Deputirtenkammer vertagt. Um 3 Uhr trat der Ausschuß der Volkswehr zusammen, vertagte sich aber wieder bis um 6 Uhr, um die Erklärung des Ministeriums abzuwarten und alsdann die nöthigen Beschlüsse zu fassen. Gegen 4 Uhr strömten Massen von Menschen nach dem landschaftlichen Hause, doch konnte bei Weitem nur die Minderzahl, des Gedränges wegen, hineingelangen.</p>
          <p>Nach einer halben Stunde war Alles abgemacht. Das Ministerium hat sofort alle obigen Anträge bewilligt, und sogar die bisher streng vorenthaltenen Kanonen zur Disposition gestellt. Es hat entschieden erklärt, daß die Regierung fest bei der Anerkennung der Reichsverfassung beharre, und dieselbe mit aller Aufrichtigkeit stützen werde.</p>
          <p>Um 6 Uhr versammelt sich abermals der Ausschuß der Bürgerwehr, wird sich aber für jetzt, da die Umstände sich geändert haben, nicht für permanent erklären. Um dieselbe Zeit findet auch wieder eine Generalsitzung des Volksvereins-Ausschusses statt, und heute Abend eine Vereinigung des gesammten Volksvereins, zu welcher allem Anschein nach, Tausende von Menschen strömen werden.</p>
          <p>Am vorigen Abend zogen große Menschenhaufen durch die Straßen und brachten, insbesondere vor dem herzoglichen Schlosse, der <hi rendition="#g">Republik</hi> stürmische Hochs!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291_013" type="jArticle">
          <head>D. C. Frankfurt, 3. Mai.</head>
          <p>Die oktroyirte Verfassung für Deutschland ist von Berlin angelangt. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung erklärte Gagern, daß er am heutigen Tage wichtige Mittheilungen der preußischen Regierung erhalten werde, deren Inhalt der Berliner Reichskommissar Bassermann ihm bereits vertraulicher Weise angedeutet habe. Die Mittheilungen bestehen, wie wir aus guter Quelle wissen, in der Uebersendung einer mit den widerspenstigen Königen vereinbarten Verfassung. Falls dieselbe von der Nationalversammlung nicht angenommen werden sollte, so will man diese Versammlung auflösen und eine neue einberufen, welche, nach der erprobten Heiligkeit aller fürstlichen Versprechungen, eben nie berufen werden wird. Der abweichende Inhalt der oktroyirten Verfassung soll, wie wir hören, darin bestehen, daß statt des Kaiserthums eine dem Könige von Preußen übertragene Reichsstatthalterschaft eingesetzt, daß das Zoll- und Mauthwesen der Reichsgewalt entnommen und dem Gutdünken der Einzelregierungen übertragen, (also der Grundschaden unserer gewerblichen Zustände beibehalten!) und daß neben der Umwandlung des suspensiven Vetos in ein absolutes, das Wahlgesetz auf undemokratische Weise abgeändert werde.</p>
          <p>Was wird die Nationalversammlung auf solche Zumuthungen antworten? &#x2012; Sie wird sich der königlichen Anmaßung fügen. Ihr seitheriges, ihr heutiges Verhalten geben dazu sicheren Fingerzeig. Am 26. April beschließt sie, die widerstrebenden Regierungen aufzufordern, von dem Rechte, ihre Kammern zu vertagen oder aufzulösen, keinen Gebrauch zu machen. Am 28. April kommt die Nachricht von diesem Beschlusse nach Dresden, und am nämlichen Tage noch wird das Dekret der Kammerauflösung ausgefertigt, am 30. dasselbe dem sächsischen Landtage bekannt gemacht. So erwidert man das Schonen, das Zögern, das Leisetreten dieser engelsgeduldigen Versammlung. Aber die wollige Engelsgeduld läßt sich deßhalb nicht aus der Fassung bringen; darum beschließt heute die Nationalversammlung, über die Anträge, welche gegen das rebellische Verfahren der sächsischen Regierung gerichtet sind, zur motivirten Tagesordnung überzugehen.</p>
          <p>&#x201E;Motivirte Tagesordnung!&#x201C; großes Wort in dieser großen Zeit. Von allen Seiten will man der Versammlung bewaffnet zu Hülfe ziehen; das Militär selbst ist in den umliegenden Ländern zu ihrem Schutze bereit; der Zorn über die Unverschämtheit der Willkührherren steigt selbst dem behäbigen Bourgeois in die Wangen, aber die Nationalversammlung begnügt sich mit motivirten Tagesordnungen, statt energischer Beschlüsse; vertagt sich, statt zu handeln; stirbt, statt wieder aufzuleben!</p>
          <p>Im 30er Ausschusse hat Wydenbrugk beantragt, die neuen Wahlen auszuschreiben und sodann bis zum 23. August sich zu vertagen. Die erbkaiserliche Weidenbuschpartei hat diesen Antrag zu ihrem Beschluß erhoben. So soll also das Spiel aus den Händen und den Fürsten übergeben werden.</p>
          <p>Von den vielen hier umlaufenden Gerüchten erwähnen wir folgende, der Wahrscheinlichkeit nicht entbehrende: Die Russen sollen zwei Bahnmeilen von Wien stehen. Der berlin-frankfurter Telegraph soll bei Kassel zerstört sein.</p>
          <p>Gewiß ist, daß heute die berliner Post ausgeblieben, und daß bei Kreuznach ein preußisches Armeekorps von 40,000 Mann zusammengezogen wird. Den Bürgermeistern der dortigen Umgegend ist bereits dies amtlich eröffnet worden. Der Reichskriegsminister hat die Thatsache dieser Zusammenziehung zwar vor einigen Tagen in einer Sitzung der Nationalversammlung abgeleugnet; leugnen und lügen sind zwei stammverwandte Worte.</p>
          <p>Deutsches Volk, Du siehst nunmehr klar, wohin man Dich bringen will!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291_014" type="jArticle">
          <head>Frankfurt, 3. Mai.</head>
          <p>National-Versammlung. Sitzung vom 3. Mai.</p>
          <p>Die Sitzung wird 9 1/2 Uhr Vormittags durch den Präsidenten Herrn Ed. Simson Eröffnet.</p>
          <p>Der Präsident verkündet den Eingang der bereits bekannten von Herrn von Kamptz überreichten preußischen Note. Dem Dreißigerausschusse überwiesen.</p>
          <p>Herr <hi rendition="#g">Sepp</hi> aus München hat den folgenden dringlichen Antrag gestellt, dessen Mittheilung theils das Lachen, theils den Unwillen des Hauses erregt:</p>
          <p>&#x201E;Die hohe Reichsversammlung wolle endgiltig beschließen:</p>
          <p>1) die sämmtlichen neun und zwanzig deutschen Fürsten, welche durch ihre eingereichte Unterwerfung unter den nominellen Erbkaiser ihre Ohnmacht und Entbehrlichkeit zur Genüge eingestanden und bereits faktisch zu regieren aufgehört haben, sofort zu mediatisiren, ihre Länder an die Königreiche Sachsen, Hannover und Baiern gleichmäßig zu vertheilen, so daß den beiden vorhandenen Großmächten keine neue Gebietserweiterung zukomme,</p>
          <p>2) das Direktorium als die zur Zeit einzig mögliche Form der Centralgewalt unter den übrig bleibenden Regenten aufzurichten, damit nicht die Direktorial-Regierung durch die deutschen Fürsten oktroyirt und die Reichsversammlung darüber in ihrem Fortbestehen gefährdet werde oder</p>
          <p>3) unverrichteter Dinge auseinander zu gehen und die Verantwortung der jetzigen Lage von der Majorität auf die Häupter derjenigen zu wälzen, welche durch die Verhetzung zur Kaiserwahl, ohne zuvörderst von der Annahme der Reichskrone sich versichert zu haben, die Reichsversammlung so furchtbar komprimittirten und der rothen Republik Thür und Thor öffnen.« (Pfui! Zischen und Gelächter).</p>
          <p>Da dem Antrage die Dringlichkeit abgesprochen wird &#x2012; es erhebt sich natürlich kein einziges Mitglied dafür &#x2012; so fällt auch der Zusatz hinweg, den Herr Eisenmann angemeldet hat:</p>
          <p>&#x201E;Herr Sepp möge mit der Ausführung seines Antrags beauftragt werden.&#x201C; (Allgemeine, anhaltende Heiterkeit.)</p>
          <p>Präsident des Reichsministeriums <hi rendition="#g">Gagern:</hi> Die verfassunggebende Reichsversammlung hat am 26. v. M. in 207. Sitzung die folgenden Beschlüsse gefaßt, wonach die Regierungen, welche die Anerkennung der verkündeten Reichsverfassung, noch nicht erklärt haben, aufzufordern sind, die Anerkennung der Reichsverfassung, der Wahl des Oberhauptes und des Wahlgesetzes nunmehr auszusprechen; ferner daß dieselben Regierungen zu veranlassen sind, sich aller Anordnungen zu enthalten; durch welche dem Volke die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Mittel, seinen Willen kund zu geben, in diesem entscheidenden Augenblicke geschmälert oder entzogen würden etc. (Vergleiche unsern Bericht über die Sitzung vom 27. v. M.)</p>
          <p>Die provisorische Centralgewalt &#x2012; fährt der Redner fort &#x2012; hat zur Vollziehung dieser Beschlüsse Bevollmächtigte an die königlichen Regierungen zu Berlin, München, Dresden und Hannover abgeordnet. Der Auftrag derselben geht dahin, den betreffenden Regierungen den Beschluß der Reichsversammlung offiziell mitzutheilen, auf Erklärungen zu dringen, die Gründe geltend zu machen, welche den Widerstand gegen die Anerkennung und Durchführung der Reichsverfassung zu besiegen geeignet sind, die Centralgewalt von dem Stande der Dinge und den Meinungen in den betreffenden Landen in Kenntniß zu setzen. Die Bevollmächtigten nach Berlin, München und Hannover sind am 29. v. M. abgereist, der Bevollmächtigte nach Dresden zwei Tage vorher, um vorerst noch in seiner Heimath dringende Geschäfte zu besorgen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Gagern</hi> weist auf die Kürze der seitdem verlaufenen Zeit hin, indem er hinzufügt: Ich habe heut morgen nur einen vorläufigen kurzen Bericht des Bevollmächtigten nach München und ein vertrauliches Schreiben des Bevollmächtigten nach Berlin erhalten. Diese beiden Schreiben enthalten bis
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1646/0002] durch sein Geständniß, theils durch Zeugen überwiesen, daß er den 15. d. M. Abends in einem Wirthshause vor der Linie sich bei Improvisationen ungebührliche Ausdrücke über Seine Durchlaucht den Herrn Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz erlaubt, und zur Aufreizung der anwesenden Gäste dem Rebellen Kossuth ein „Eljen“ ausgebracht habe. Er ward daher von dem über ihm abgehaltenen Kriegsrechte zu achtwochentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, dies Erkenntniß aber aus Rücksicht auf das vorgerückte Alter des Inquisiten auf sechswochentlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert, und demgemäß heute kundgemacht. Wien, am 29. April 1847. Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungskommission.“ Aus Gratz wird mitgetheilt, daß Gretschnigg, früher Redakteur des dasigen Volksblattes, und wegen eines Artikels über die Oktoberereignisse zur Kriminaluntersuchung gezogen, von den Geschworenen für „Nichtschuldig“ erklärt worden ist. * Wien, 1. Mai. Die von den Magyaren niedergeworfene östreichische Monarchie hat bis auf den letzten Rest der Scham verloren. Sie prostituirt ihren welken Leib an den russischen Czar mit einer Gleichgültigkeit, die Bewunderung verdient. Die Wiener Zeitung enthält in ihrem amtlichen Theil wie folgt: Der Aufstand in Ungarn hat seit einigen Monaten eine solche Ausdehnung gewonnen, und er zeigt in seiner dermaligen Phase so entschieden den Charakter einer Vereinigung aller Kräfte der europäischen Umsturzpartei, daß das Interesse sämmtlicher Staaten ein gemeinschaftliches ist, die kaiserliche Regierung in dem Kampfe gegen die sich dort verbreitende Auflösung aller gesellschaftlichen Ordnung zu unterstützen. Aus diesen wichtigen Gründen hat sich die Regierung Sr. Maj. des Kaisers bewogen gefunden, die bewaffnete Hülfe Sr. Majestät des Kaisers von Rußland in Anspruch zu nehmen, und selbe ist ihr von dem Kaiser mit edelster Bereitwilligkeit sofort und in dem ausgiebigsten Maße zugesichert worden. Die Ausführung der beider Seits verabredeten Maßregeln ist in vollem Gange. Wien, im April. Das Ausland hatte einen viel schärferen Blick, als die österreichischen Banquiers, über die Finanzen des Kaiserstaates. Amsterdam, Berlin und Frankfurt schleuderten schon vor Monaten ihre 5pCt. herein à tout prix, um sie nur los zu werden. Die Entwerthung der Banknoten und der hohe Silber- und Gold-Cours verleitete die Einheimischen, sich dafür zinsentragende Staatspapiere zu kaufen und sie erhielten sich daher in ziemlicher Nachfrage. Die Magyaren, welche mit ihren rothen Kossuthzetteln auf dem Börsenplatze erschienen, trugen dadurch bei, daß die Course nicht tiefer sanken, denn für ihre im größern Theile des Reiches unanbringbaren Papiere nahmen sie, was sie bekamen. Die Ziffern in den Courszetteln sind daher nicht als richtige Gradmesser des öffentlichen und des Staatskredits zu betrachten, und der neueste Vorgang legt es offen dar, an welchem Abgrunde die Finanzen stehen. Die kaiserlich österreichische Regierung giebt ungarische Noten zu 5, 10, 100 und 1000 Fl. aus. Es geschieht dies zur Bestreitung der Kriegskosten in Ungarn. Die Einlösung dieser kaiserlichen Noten ist, so wie die Kossuthnoten, auf die Einkünfte Ungarns angewiesen! Verständige Finanzmänner schlagen wohl die Hände über dem Kopf zusammen bei solcher Finanzwirthschaft. In dem Momente, wo der Feind mehr als Dreiviertheil des Landes im Besitze hat, wird des Feindes Land als Hypothek einer Schuld angewiesen, und dem Volke wird die Pistole auf die Brust gesetzt, wie es jede revolutionäre Regierung thut, daß es diese so sondirten Papierstückchen in vollem Nennwerthe annehmen muß. Der Zwangscours ist angeordnet, denn die hohe kais. Regierung ahnte im Vorhinein, daß Niemand ein Vertrauen zu diesen Noten haben werde. Auf welchen Punkt müssen nun die Finanzen des Kaiserstaates unter der weisen Verwaltung des Herrn Ministers Kraus gediehen sein, wenn er den vom österreichischen Reichstag bewilligten Kredit von 80 Mill. fl. nicht realisiren kann und, um nur den Krieg fortsetzen zu können, zu solchen verzweifelten Mitteln greift! Ueber 230 Mill. fl. österreichische Noten sind, nach Angabe in Umlauf, während nur 30 Mill. baar im Bankschatz liegen; dazu kommen circa 40 Mill. ungarisches Papiergeld und jetzt werden neuerdings, ohne Fond, ohne Garantie, magyarische Noten ausgegeben. Schon einmal hat dieses Ministerium einen frevelvollen Diebstahl am Vertrauen des Volks begangen. Monatelang ließ es die ungarischen Zettel ohne Widerspruch in voller Geltung; sie wurden sogar bei den Kriegskassen, wie bei den Civilämtern Ungarns statt voller Zahlung anerkannt. Ueberraschend erklärte es eines Tages, diese bisher giltigen und durch den Plenipotentiar des Monarchen Fürsten Windischgrätz in einer Proklamation anerkannten Kossuthzettel für null und nichtig, und befahl sogar deren Confiscation und Zerstampfen. Es war das das erste Zerwürfniß des Ministeriums mit dem Marschall, welches auf Kosten des vertrauenden Publikums stattfand. Ist es nicht offen Diebstahl, wenn die Regierung heute jenes Geld entwerthet, das sie gestern noch für vollgültig erklärte, annahm und selbst verausgabte! Als Grund, weshalb diese Kossuthzettel für ungültig erklärt wurden, befand sich in der Regierungsverordnung die Stelle, daß nach § 14 der österreichisch privilegirten Nationalbank nur diese allein im ganzen Kaiserstaate das Recht habe, Noten auszugeben. Heute also findet dieses Ministerium es bequem, die Bankstatuten nicht zu beachten, und das Standrecht sorgt weislich dafür, daß die Bankadministratoren keinen großen Lärm machen. Kossuth, der ungarische Minister, mußte das österreichische Privilegium respektiren; Kraus, der österreichische Minister, hat sich nur um die Einheit der Monarchie, nicht um die Finanzen eines Privatinstitutes zu besorgen! Wenn der Finanzminister Kraus nur Geld bekömmt, das Uebrige wird vertuscht, und wer sich rührt, verfällt dem Standrecht! Die Emission dieser Noten, mit der Anweisung auf die Einkünfte des erst wieder zu erbauenden Ungarn, ist nicht blos wegen des Zwangscourses eine so ungeheure Bedrückung, sondern weil die Ausgabe gar nicht beschränkt ist. Im laufenden Jahrhunderte ist in keinem geregelten Staate ein solches offenes Hazardspiel, ein solcher Raub am Privateigenthum, ein solches Vernichten alles Credits vorgekommen. Der Kaufmann, der im Geschäftsverkehr einen solchen Schwindel treibt, verfällt dem Zuchthaus. Vielleicht öffnet diese That, welche auch den deutschen, französischen und englischen Besitzern an den Beutel geht, die Augen über unser Ministerium. Noch bis zur Stunde glaubten Viele, man übertreibe, wenn man die Wirthschaft dieses Kabinets darstellt; sie halten es für Parteifärbung, was wir mit unserm Blute, mit unserer Freiheit, mit unserem Besitz bezahlen müssen. Die türkischen Paschas früherer Zeit mögen in solcher Weise des Kopfabschneidens und Gelderpressens die Regierung geführt haben. Nachdem die zwangsweise Ausgabe solcher Noten, mit einem Fond von Luft und Wolken am magyarischen Horizonte, decretirt ist, findet die Angabe wieder mehr Glauben, daß auch österreichische Noten nach Bedarf und Belieben fabricirt werden. Die neuen Kassenanweisungen haben, wie man sich auch dafür bemühte, keine Abnahme gefunden, und darauf mußte das Deficit gedeckt werden. Die Bank schmiedet bereitwillig ihre Banknoten, und so kann es leicht kommen, daß in kurzer Zeit 400 Millionen Gulden Papiergeld, und darüber, sich zwangsweise in Umlauf befindet. Schon werden wieder die Sparkassen belagert, und die Armen ziehen geschwind ihr Geld heraus, denn sie sind nicht gesichert, daß ihnen morgen ungarisches Papier statt österreichisches gegeben wird. Die paar Silberstücke, die man hat, vergräbt man, denn man erwartet den Befehl, daß alles Silber abgeliefert werden muß, um den Krieg führen zu können. Solche Extreme sind bereits an der Tagesordnung. Flüchten doch schon die Wiener tausendweise, obwohl die ministeriellen Blätter die beruhigendsten Nachrichten über die enormen Streitkräfte unserer Armee, über ihre Heldenführer, von denen ein Dutzend als unfähig weggeschickt wurde, verbreiten. In derselben Art sprach der Minister immer von dem guten Stand der Finanzen, und wie Alles bald sich ausgleichen werde. Zum Nothschrei der dem Standrecht Zugefallenen, der auf die Schlachtbank Geführten, der unter die Soldaten Gepreßten, der um ihre Freiheit Betrogenen, kömmt nun der Nothschrei der um ihr Eigenthum Bestohlenen in Ungarn. (D. Z.) Dresden, 1. Mai. Die Staatsminister Dr. Held, v. Ehrenstein und Dr. Weinlig haben gestern ihre Entlassung bei dem König eingereicht. Derselbe hat sie angenommen, die Minister jedoch mit der interimistischen Fortführung der Departementsgeschäfte bis zur Ernennung ihrer Nachfolger beauftragt. Die Ursache des ganz unerwarteten Rücktrittsgesuchs soll die deutsche Verfassungsfrage sein. Heute traf der Reichskommissar v. Watzdorf hier ein. Die Bewegung für die Anerkennung der Reichsverfassung nahm diesen Nachmittag unerwartet einen allgemeinen Charakter an. Gleich nach 12 Uhr versammelten sich Tausende auf dem Pirnaischen Platz und begaben sich unter Vorantragung der deutschen und anderer Fahnen nach dem Gebäude des Justizministeriums, um dem Ministerpräsidenten Dr. Held die in der gestrigen Hauptversammlung des Vaterlandsvereins gefaßten Beschlüsse in einer Adresse zu überreichen. Eine Deputation von drei Ausschußmitgliedern verfügte sich in das Gebäude, und nachdem Dr. Minckwitz an Dr. Held die entsprechende Anrede gehalten hatte, bemerkte Letzterer, daß er bereits seine Entlassung eingereicht habe und daß sich die Deputation daher an die anwesenden, im Amte verbliebenen Staatsminister Frhrn. v. Beust und Rabenhorst zu wenden hätte. Diese erklärten, die Adresse dem Könige vorlegen zu wollen. Bis gegen 2 Uhr hatte die innere Stadt ein sehr aufgeregtes Ansehen, namentlich hatten sich auf der Schloßgasse und vor dem k. Schlosse dichte Gruppen gebildet, die in lebhaftem Gespräche waren. Das Stadtverordnetenkollegium hat heute Abend mit Einhelligkeit beschlossen, eine Adresse, die unverweilte Anerkennung der deutschen Reichsverfassung betreffend, an den König abgehen zu lassen, und den Stadtrath sowie die hiesige Bürgerwehr zum Beitritt aufzufordern, und es steht zu erwarten, daß sich unser Stadtrath, der sich sonst nicht leicht bei dergleichen Demonstrationen zu betheiligen pflegt, der allgemeinen Bewegung, welche seit heute Mittag auf eine auffallende Weise um sich gegriffen hat, kaum wird entziehen können. Als heute eine Deputation eine ähnliche Adresse dem Könige überreichte, hat dieselbe eine keineswegs Hoffnung erregende Antwort erhalten, und können wir aus guter Quelle hinzusetzen, daß der König kaum sich geneigt finden dürfte, in anderer Weise sich zu erklären. Hr. v. Carlowitz soll behufs der Bildung eines neuen Kabinets zum König berufen worden sein. Spät Abends noch verbreitete sich das Gerücht, daß ungarische Husaren, man spricht von 200 Mann, völlig ausgerüstet auf sächsisches Gebiet übergetreten seien. Ich theile dieses Gerücht blos mit, als bekanntlich zu Theresienstadt in Böhmen ein ungarisches Husarenregiment stationirt ist und somit wenigstens eine Möglichkeit dieses Vorfalls vorhanden ist. (D. A. Z.) * Dresden, 2. Mai. Ein Herr v. Zschinsky ist heute Abend mit Bildung eines Kabinets beauftragt worden. Daß auch er zur Partei der Kamarilla gehört, braucht kaum bemerkt zu werden. Gestern haben sich 9 ungarische Husaren auf hiesiges Gebiet geflüchtet; sie wurden sofort entwaffnet und festgesetzt ‒ ein Zeichen des herzlichen Einverständnisses zwischen hier und Olmütz. Die Uebergetretenen meinten, es würden bald noch mehrere ihrer Kameraden eintreffen. Heute sollen auch wirklich noch etwa hundert angelangt sein. Aus Freiberg ist bereits eine Deputation angekommen, die sich sowie der Ausschuß des Vaterlandsvereins hierselbst für deren Nichtauslieferung beim Kriegsminister verwendet haben. Auch die diesen Nachmittag stattgehabte Bürgerwehrversammlung hat in derselben Absicht eine Deputation an den Kriegsminister abgesendet. Man wünscht, daß sie als politische Flüchtlinge betrachtet werden möchten. * Schleswig-Holstein, 1. Mai. Den Soldaten fängt der lange Aufenthalt in dem theilweise schauerlich zerstörten Kolding an, nicht blos langweilig, sondern verdächtig zu werden. Trotz aller möglichen Reichstruppen kein Vorrücken, sondern unthätiges Festsitzen oder nutzloses Herummarschiren. Die Diplomaten sind wieder einmal mit ihrem diplomatischen Teufelsgebräu beschäftigt und da ist es nicht erlaubt, sie in dem frommen christlich-germanischen Werke durch ernste Kriegführung zu stören. Aus Hadersleben wird der „Börsen-Halle“ vom 1. Mai geschrieben: „Heute Morgen entstand sowohl unter den in Hadersleben zur Zeit stationirten Baiern, als unter den dortigen Bürgern eine höchst bittere Aufregung über das sich wie ein Lauffeuer verbreitende Gerücht, daß ein Waffenstillstand solle abgeschlossen sein.“ Es ist heute früh in nördlicher Richtung von Hadersleben Kananendonner gehört worden. Wahrscheinlich ein Zwischenspiel in der Kriegskomödie, die zur Erbauung des, sein Gut und Blut für die Komödianten hergebenden, Michels aufgeführt wird. Braunschweig, 2. Mai. Unter diesem Datum wird der „Magd. Ztg.“ Folgendes berichtet: Die Aufregung währt fort. Deputirtenkammer, die politischen Vereine, der Ausschuß der Volkswehr ‒ alle sind in Sitzungen vereinigt. Die permanente Kommission des Volksvereins ist fortwährend versammelt und hat so eben eine Proklamation an die Bewohner des Brauschweigischen Landes erlassen, sich um das Banner der Deutschen Einheit zu schaaren, für Waffen zu sorgen etc. Heute Vormittag forderte die Deputirtenkammer das Ministerium auf: 1) die gesammte Bevölkerung zu bewaffnen, so weit der Vorrath der Waffen reiche; 2) auch 8 Kanonen der Volkswehr zur Verfügung zu stellen; 3) der Centralreichsgewalt und der Reichsversammlung anzuzeigen, daß die hiesige Regierung in jeder Hinsicht die Reichsverfassung zu schützen bereit sei, und ihnen die gesammte bewaffnete Macht des Herzogthums (Militär und Volkswehr) zur Verfügung stelle. Auf die Erklärung des Ministeriums, es sei, da der Kriegsminister fehle, im Augenblick außer Stande, die obigen Anträge genügend zu beantworten, wurde demselben bis Nachmittag 4 Uhr eine Frist gestellt, und bis dahin die Deputirtenkammer vertagt. Um 3 Uhr trat der Ausschuß der Volkswehr zusammen, vertagte sich aber wieder bis um 6 Uhr, um die Erklärung des Ministeriums abzuwarten und alsdann die nöthigen Beschlüsse zu fassen. Gegen 4 Uhr strömten Massen von Menschen nach dem landschaftlichen Hause, doch konnte bei Weitem nur die Minderzahl, des Gedränges wegen, hineingelangen. Nach einer halben Stunde war Alles abgemacht. Das Ministerium hat sofort alle obigen Anträge bewilligt, und sogar die bisher streng vorenthaltenen Kanonen zur Disposition gestellt. Es hat entschieden erklärt, daß die Regierung fest bei der Anerkennung der Reichsverfassung beharre, und dieselbe mit aller Aufrichtigkeit stützen werde. Um 6 Uhr versammelt sich abermals der Ausschuß der Bürgerwehr, wird sich aber für jetzt, da die Umstände sich geändert haben, nicht für permanent erklären. Um dieselbe Zeit findet auch wieder eine Generalsitzung des Volksvereins-Ausschusses statt, und heute Abend eine Vereinigung des gesammten Volksvereins, zu welcher allem Anschein nach, Tausende von Menschen strömen werden. Am vorigen Abend zogen große Menschenhaufen durch die Straßen und brachten, insbesondere vor dem herzoglichen Schlosse, der Republik stürmische Hochs! D. C. Frankfurt, 3. Mai. Die oktroyirte Verfassung für Deutschland ist von Berlin angelangt. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung erklärte Gagern, daß er am heutigen Tage wichtige Mittheilungen der preußischen Regierung erhalten werde, deren Inhalt der Berliner Reichskommissar Bassermann ihm bereits vertraulicher Weise angedeutet habe. Die Mittheilungen bestehen, wie wir aus guter Quelle wissen, in der Uebersendung einer mit den widerspenstigen Königen vereinbarten Verfassung. Falls dieselbe von der Nationalversammlung nicht angenommen werden sollte, so will man diese Versammlung auflösen und eine neue einberufen, welche, nach der erprobten Heiligkeit aller fürstlichen Versprechungen, eben nie berufen werden wird. Der abweichende Inhalt der oktroyirten Verfassung soll, wie wir hören, darin bestehen, daß statt des Kaiserthums eine dem Könige von Preußen übertragene Reichsstatthalterschaft eingesetzt, daß das Zoll- und Mauthwesen der Reichsgewalt entnommen und dem Gutdünken der Einzelregierungen übertragen, (also der Grundschaden unserer gewerblichen Zustände beibehalten!) und daß neben der Umwandlung des suspensiven Vetos in ein absolutes, das Wahlgesetz auf undemokratische Weise abgeändert werde. Was wird die Nationalversammlung auf solche Zumuthungen antworten? ‒ Sie wird sich der königlichen Anmaßung fügen. Ihr seitheriges, ihr heutiges Verhalten geben dazu sicheren Fingerzeig. Am 26. April beschließt sie, die widerstrebenden Regierungen aufzufordern, von dem Rechte, ihre Kammern zu vertagen oder aufzulösen, keinen Gebrauch zu machen. Am 28. April kommt die Nachricht von diesem Beschlusse nach Dresden, und am nämlichen Tage noch wird das Dekret der Kammerauflösung ausgefertigt, am 30. dasselbe dem sächsischen Landtage bekannt gemacht. So erwidert man das Schonen, das Zögern, das Leisetreten dieser engelsgeduldigen Versammlung. Aber die wollige Engelsgeduld läßt sich deßhalb nicht aus der Fassung bringen; darum beschließt heute die Nationalversammlung, über die Anträge, welche gegen das rebellische Verfahren der sächsischen Regierung gerichtet sind, zur motivirten Tagesordnung überzugehen. „Motivirte Tagesordnung!“ großes Wort in dieser großen Zeit. Von allen Seiten will man der Versammlung bewaffnet zu Hülfe ziehen; das Militär selbst ist in den umliegenden Ländern zu ihrem Schutze bereit; der Zorn über die Unverschämtheit der Willkührherren steigt selbst dem behäbigen Bourgeois in die Wangen, aber die Nationalversammlung begnügt sich mit motivirten Tagesordnungen, statt energischer Beschlüsse; vertagt sich, statt zu handeln; stirbt, statt wieder aufzuleben! Im 30er Ausschusse hat Wydenbrugk beantragt, die neuen Wahlen auszuschreiben und sodann bis zum 23. August sich zu vertagen. Die erbkaiserliche Weidenbuschpartei hat diesen Antrag zu ihrem Beschluß erhoben. So soll also das Spiel aus den Händen und den Fürsten übergeben werden. Von den vielen hier umlaufenden Gerüchten erwähnen wir folgende, der Wahrscheinlichkeit nicht entbehrende: Die Russen sollen zwei Bahnmeilen von Wien stehen. Der berlin-frankfurter Telegraph soll bei Kassel zerstört sein. Gewiß ist, daß heute die berliner Post ausgeblieben, und daß bei Kreuznach ein preußisches Armeekorps von 40,000 Mann zusammengezogen wird. Den Bürgermeistern der dortigen Umgegend ist bereits dies amtlich eröffnet worden. Der Reichskriegsminister hat die Thatsache dieser Zusammenziehung zwar vor einigen Tagen in einer Sitzung der Nationalversammlung abgeleugnet; leugnen und lügen sind zwei stammverwandte Worte. Deutsches Volk, Du siehst nunmehr klar, wohin man Dich bringen will! Frankfurt, 3. Mai. National-Versammlung. Sitzung vom 3. Mai. Die Sitzung wird 9 1/2 Uhr Vormittags durch den Präsidenten Herrn Ed. Simson Eröffnet. Der Präsident verkündet den Eingang der bereits bekannten von Herrn von Kamptz überreichten preußischen Note. Dem Dreißigerausschusse überwiesen. Herr Sepp aus München hat den folgenden dringlichen Antrag gestellt, dessen Mittheilung theils das Lachen, theils den Unwillen des Hauses erregt: „Die hohe Reichsversammlung wolle endgiltig beschließen: 1) die sämmtlichen neun und zwanzig deutschen Fürsten, welche durch ihre eingereichte Unterwerfung unter den nominellen Erbkaiser ihre Ohnmacht und Entbehrlichkeit zur Genüge eingestanden und bereits faktisch zu regieren aufgehört haben, sofort zu mediatisiren, ihre Länder an die Königreiche Sachsen, Hannover und Baiern gleichmäßig zu vertheilen, so daß den beiden vorhandenen Großmächten keine neue Gebietserweiterung zukomme, 2) das Direktorium als die zur Zeit einzig mögliche Form der Centralgewalt unter den übrig bleibenden Regenten aufzurichten, damit nicht die Direktorial-Regierung durch die deutschen Fürsten oktroyirt und die Reichsversammlung darüber in ihrem Fortbestehen gefährdet werde oder 3) unverrichteter Dinge auseinander zu gehen und die Verantwortung der jetzigen Lage von der Majorität auf die Häupter derjenigen zu wälzen, welche durch die Verhetzung zur Kaiserwahl, ohne zuvörderst von der Annahme der Reichskrone sich versichert zu haben, die Reichsversammlung so furchtbar komprimittirten und der rothen Republik Thür und Thor öffnen.« (Pfui! Zischen und Gelächter). Da dem Antrage die Dringlichkeit abgesprochen wird ‒ es erhebt sich natürlich kein einziges Mitglied dafür ‒ so fällt auch der Zusatz hinweg, den Herr Eisenmann angemeldet hat: „Herr Sepp möge mit der Ausführung seines Antrags beauftragt werden.“ (Allgemeine, anhaltende Heiterkeit.) Präsident des Reichsministeriums Gagern: Die verfassunggebende Reichsversammlung hat am 26. v. M. in 207. Sitzung die folgenden Beschlüsse gefaßt, wonach die Regierungen, welche die Anerkennung der verkündeten Reichsverfassung, noch nicht erklärt haben, aufzufordern sind, die Anerkennung der Reichsverfassung, der Wahl des Oberhauptes und des Wahlgesetzes nunmehr auszusprechen; ferner daß dieselben Regierungen zu veranlassen sind, sich aller Anordnungen zu enthalten; durch welche dem Volke die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Mittel, seinen Willen kund zu geben, in diesem entscheidenden Augenblicke geschmälert oder entzogen würden etc. (Vergleiche unsern Bericht über die Sitzung vom 27. v. M.) Die provisorische Centralgewalt ‒ fährt der Redner fort ‒ hat zur Vollziehung dieser Beschlüsse Bevollmächtigte an die königlichen Regierungen zu Berlin, München, Dresden und Hannover abgeordnet. Der Auftrag derselben geht dahin, den betreffenden Regierungen den Beschluß der Reichsversammlung offiziell mitzutheilen, auf Erklärungen zu dringen, die Gründe geltend zu machen, welche den Widerstand gegen die Anerkennung und Durchführung der Reichsverfassung zu besiegen geeignet sind, die Centralgewalt von dem Stande der Dinge und den Meinungen in den betreffenden Landen in Kenntniß zu setzen. Die Bevollmächtigten nach Berlin, München und Hannover sind am 29. v. M. abgereist, der Bevollmächtigte nach Dresden zwei Tage vorher, um vorerst noch in seiner Heimath dringende Geschäfte zu besorgen. Gagern weist auf die Kürze der seitdem verlaufenen Zeit hin, indem er hinzufügt: Ich habe heut morgen nur einen vorläufigen kurzen Bericht des Bevollmächtigten nach München und ein vertrauliches Schreiben des Bevollmächtigten nach Berlin erhalten. Diese beiden Schreiben enthalten bis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz291i_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz291i_1849/2
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 291. Köln, 6. Mai 1849, S. 1646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz291i_1849/2>, abgerufen am 24.11.2024.