Neue Rheinische Zeitung. Nr. 289. Köln, 4. Mai 1849. Beilage.an, der anfänglich von ihr zurückgestoßen ward, und die Union Electorale, diese Hülfsanstalt der Rue Poitiers setzt hinter einen Thiers und Mole noch republikanische Namen, wie Marie, Arago, Goudchaux und den honetten Junischlächter Cavaignac. Auch die Napoleoniden erhalten ihr gebührendes Lob: der Name Napoleon müsse ein Symbol sein, und man müßte in Napoleon die Besonnenheit und Festigkeit verehren. D Kalb von Straßburg, o Ochse von Boulogne - du bist für Fould ein Elephant geworden! "Die Republik, sagen diese Herren, ist gegründet; es handelt sich darum, die Politik auszumitteln, die ihr am meisten zusagt; es handelt sich darum zu wissen, ob die Familie, wie sie von Gott gegeben, dies Eigenthum, wie es durch die bürgerlichen Gesetze festgesetzt ist und die Religion, in ihrer Unverletzlichkeit aufrecht gehalten werden sollen." Alle Bourgeois-Parteien wollen also verzichten auf Könige und Fürsten, wie sie auch immerhin heißen mögen: Napoleon soll der Sündenbock sein, um den sie alle sich gruppiren wollen. Ja, und der Jude Fould räumt sogar dem Jesuiten Montalembert die Religion und den Pabst ein; Thiers muß sogar seinen Ingrimm gegen Guizot verbeißen; und das alles der demokratischen Partei zu Liebe, oder vielmehr dem Eigenthum, dem Bourgeois-Eigenthum zu Liebe, das in der Wahlagitation zum zweiten Male auf dem Spiele steht. 12 Paris, 2. Mai. Die Bauern haben ihre eigene Logik: in einem Departement Frankreichs, wo der Herzog v. Joinville viele Güter hat, bestehen dieselben darauf, den Königssohn zum Deputirten wählen zu wollen, aus dem alleinigen Grunde, weil sie Napoleon zum Präsidenten gewählt hätten. Die Lage dieser beiden Männer scheint ihnen völlig identisch, ungeachtet aller Gegenvorstellungen Faucher's und Barrot's oder vielmehr gerade wegen dieser Gegenvorstellungen. Joinville ist verbannt; Joinville gehört zu jenen dynastischen Familien, deren Sprößlinge keine Volksrepräsentanten werden können? Und zu welcher Familie gehörte denn der Sprößling Napoleon? Die chronologischen Distinktionen des Herrn Barrot, der vor einem Jahre noch sich des Grafen von Paris so väterlich annahm, werden recht herzlich von ihnen verlacht. Es sind dies die possierlichen Zwischenspiele in der großen Wahlangelegenheit, und es ist immer erfreulich zu sehen, wie die Bourgeoisie in ihren eigenen Fäden gefangen wird. Neben diesen dynastischen Unannehmlichkeiten hat Napoleon auch seinen Familienverdruß. Der Sohn des Exkönigs Jerome, Napoleon Bonaparte, Exgesandter in Madrid, ist aufrührerisch, rebellisch geworden gegen seinen leiblichen Vetter und Herrn, den Präsidenten Napoleon: so sagen die reaktionären Blätter. Er erlaubt sich, die politische Richtung seines Vetters zu tadeln, und die Bauern haben sich erlaubt zu denken: der Napoleon, den wir gewählt haben, ist doch nicht der rechte gewesen; wir können uns doch wohl geirrt haben: der wahre, echte Napoleon, das ist vielleicht Napoleon Bonaparte, Sohn des Jerome; den müssen wir dieses Mal wählen. Und so war es denn nahe daran, daß in den bevorstehenden Wahlen der Napoleon Bonaparte, Sohn Jerome's an Louis Napoleons Stelle in sehr vielen Wahlkollegen gewähl werden sollte, und das hätte förmlich den Ruhm des echten Napoleons verdunkelt. Da hatte dann der Präsident Napoleon den klugen Einfall, ihn öffentlich zu blamiren, durch die Zurückberufung von seinem Gesandtschaftsposten. Das war doch gewiß ein gewaltiger Staatsstreich! Armer Präsident! Inmitten diesen kleinlichen Intriguen, fährt die Rue de Poitiers in ihrem Bestreben fort, "die Gesellschaft retten zu wollen." Es handelt sich für sie nicht um diese oder jene Branche, es handelt sich für sie um die Gesellschaft im Allgemeinen. Frägt man die Rue de Poitiers: Warum ist die ältere Branche der Bourbonen untergegangen? so lautet die Antwort, weil sie die Erhaltung der Gesellschaft zwar wollte, aber einer Gesellschaft nach ihrer Manier. Frägt man weiter: Warum ist die Dynastie Louis Philipps untergegangen? so lautet wiederum die Antwort: weil die Gesellschaft, deren Erhaltung sie zwar auch aufrichtig wollte, eine Gesellschaft in dem Sinne Louis Philipp's war. Und was ist die Gesellschaft in dem Sinne der Rue Poitiers? Die Religion, die Familie, das Eigenthum. Und Louis Philipp und Charles X. wollten sie vielleicht nicht die Erhaltung der Religion, der Familie, des Eigenthums? Doch gewiß; aber ihrer Religion, ihrer Familie, ihres Eigenthums, während die Rue de Poitiers die Erhaltung ihrer Religion, ihres Eigenthums, ihrer Familie will, das Eigenthum, die Familie und Religion der Thiers, Cavaignac, Falloux, Changarnier und Berryer etc. etc. Als Fould zu Herrn Goudchaux kam, und ihm die Zahlungseinstellung der Rentencoupons vorschlug zu Gunsten des Handels und der Industrie, da wollte Fould vor allen Dingen das Eigenthum seiner Gesellschaft, der kleinen Bourgeois-Gesellschaft, retten, auf Kosten der großen. Die revolutionäre Partei hatte damals Mittel in Händen, die beiden konkurrirenden Gesellschaften zu vereinigen durch Beschlagnahme ihres beiderseitigen Eigenthums, d. h. indem sie sowohl Renten, als Aktien und Hypotheken einstweilen in Beschlag nahm. Mit der Vergütung hätte sie sich später abfinden können. Zudem hatte Rothschied ja noch sein unter Guizot geschlossenes Anleihen zu erfüllen, und der damalige niedrige Stand der Kurse hätte nothwendiger Weise den Ruin Rothschild's und die Rettung der Gesellschaft zu Wege gebracht. Die provisorische Regierung nahm keine von diesen Maßregeln vor, und sie - fiel. Jetzt kommt die Gesellschaft der Fould und Rothschild vereint, und will die Gesellschaft retten: nicht die Gesellschaft der ältern und jüngern Bourbonen, nicht die Gesellschaft Napoleon's und Barroth's, sondern die Gesellschaft im Allgemeinen: d. h. Eigenthum, Religion und Familie. Heißt das etwas anderes als die Gesellschaft der Fould's und Rothschild's: die Gesellschaft der vereinigten Kapitalisten, Juden und Jesuiten, mit dem einzigen Unterschiede, daß, statt der königlichen Namen, der königlichen Titelträger, jetzt die wirklichen Eigenthümer, die wirklichen Religionssekten nahmhaft gemacht werden. Montalembert; Fould und Thiers: was bedarf es mehr, um die Geschellschaft zu schildern, die gerettet werden soll. Der ehrliche Barrot ist weiter nichts als die Etiquette, das unkauscher gewordene Aushängeschild dieser zu rettenden Gesellschaft. Paris, 1. Mai. Programm der rothen Republik, wie es angeblich bei den verhafteten Gliedern der Solidarität gefunden wurde. Dekretsentwürfe: Erste Serie. 1) Volle Amnestie für alle politischen Gefangenen seit dem 24. Febr. 2) Widerruf des Dekrets der provis. Regierung, das die politische Todesstrafe abschafft. 3) Einstellung aller Zahlungen aus dem Staatsschatze. 4) Einstellung aller Zahlung von Haus- und Wohnungsmiethe. Verweigerung jeder gerichtlichen Verfolgung dieser Art. 5) Errichtung von Revolutionstribunalen in allen Gemeinden der Republik. 6) Aufhebung der großen Bank und Beförderung aller baaren Geldvorräthe in das Finanzministerium. 7) Alle Gehalte werden auf höchstens 5000 Frk. herabgesetzt. 8) Wer einen Paß in das Ausland haben will, erlegt 50,000 Frken. 9) Kein Priester oder Pastor erhält Staatsgehalt. 10) Es ist sofort ein überall anzunehmendes Papiergeld zu schaffen. 11) Die Bürgerwehr ist zu entwaffnen und eine Volkswehr zu errichten, und ein Dekret zu erlassen, daß alle Geldwechsler, Handelsleute, Krämer u. s. w. untauglich erklärt, in diese Volkswehr (garde populaire) aufgenommen zu werden. 12) Gegen alle Verfertiger antidemokratischer Gesetzentwürfe ist Untersuchung einzuleiten. 13) Jeden, der auch nur den leisesten Versuch zur Zerstörung der Centralstaatsverwaltung macht, zu deportiren und sein Eigenthum zu konfisziren. 14) Departements welche Miene machen, sich vom Centralstaat loszureißen und Föderationen zu bilden, mit Zwangssteuer zu belegen. 15) Strenge Geldstrafen für alle reaktionäre Blätter und Redaktoren. 16) Alle Stellen nur durch erprobte Patrioten und Märtyrer der Tyrannei zu besetzen. 17) Herstellung der rothen Fahne. Zweite Serie: 1) Sobald die Volksrevolution siegreich, marschirt das Volk gegen die National-Versammlung und erschießt die Reaktionäre. Jedes Individuum, das diesen Akt der Gerechtigkeit verhindern will, wird erschossen. 2) Das Volk bemächtigt sich sofort des Ministeriums des Innern und aller telegraphischen Linien. An die Gränzämter ergeht der Befehl, kein Individuum ohne Erlaubniß, bei Todesstrafe auswandern zu lassen. 3) Die Präfektur ist zu erstürmen und alle darin befindlichen Individuen niederzuschießen. 4) Jedermann, der sich durch einen Paß flüchten will, ist niederzuschießen. 5) Die Regierung besteht aus Triumvirn. Jedes Gefühl der Uneinigkeit oder des Hasses unter diesen Dreimännern ist vom Volk sofort zu bestrafen. 6) Alle Mehl- und Getreidehändler haben gegen Entschädigung die nöthigen Vorräthe zu liefern bei Todesstrafe. 7) Paris und alle bedeutenden Städte sind in Kriegsstand zu erklären. 8) Die Bürgerwehr ist binnen 24 Stunden zu entwaffnen. Die diesfälligen Maßregeln sind den Juniverurtheilten zu übertragen. 9) Alle Fabriken, große Werkstätte, Bauhöfe etc. gehören dem Volke. Den Eigenthümern wird eine durch Sachverständige zu bestimmende Entschädigung gezahlt. 10) Alle Gefängnißwärter, die sich hart gegen die Junigefangenen betragen, sind zu erschießen. 11) Alle, welche die Republik verläugneten oder sie nur aus Politik und gezwungen annahmen, sind zu erschießen. 12) Alle Verwalter, Geranten und Redaktoren reaktionärer Journale sind ohne Weiteres zu erschießen. 13) Alle Polizeiagenten, welche in den Präfektur-Registern stehen, sind zu erschießen. 14) Alle diejenigen, welche muthwillig der Republik irgend eine Gefahr heraufbeschwören, sind zu erschießen. 15) Jedes Individuum, zu dessen Kenntniß der Bruch irgend eines der obigen Artikel gelangen sollte, und ihn nicht meldet, ist zu strafen. 16) Aller und jeglicher Zins, der vom Kapital bisher gezahlt wurde, ist von der demokratisch-socialen Republik abgeschafft....." Solches berichtet die berüchtigte "Gazette des Tribunaux" die bekanntlich in Polizei-Lügen ihres Gleichen sucht. - Die Marseiller Post brachte der Union folgenden Brief Cabrera's: "Marseille, 27. April. An den Redakteur der Union. Ich wurde arretirt in einem Hause, das an der äußersten Gränze liegt und wohin ich mich begab, um eine Mission zu erfüllen und nicht als Flüchtling, wie man behauptet, denn ich schlug den Feind seit 3 Tagen und zerstreute ihn. Eben treffe ich in Marseille ein und erfahre, daß ich unter Eskorte nach Toulon transportirt werden soll. Ich habe nur so viel Zeit, um Ihnen diese Zeilen zu schreiben, damit Sie bei den Ministern und dem Präsidenten der Republik die zu meiner Befreiung nöthigen Schritte thun können. Wie? Unter der Herrschaft der Freiheit würde ein Fremder eben so behandelt, wie unter der infamen Tyrannei Louis Philipp's? Ich kann das nicht glauben und habe Vertrauen in Ihre Regierung! Ich erwarte Ihre Antwort mit Ungeduld. Sie wird hoffentlich von einem Befreiungsdekret begleitet sein und von der Weisung, mich an irgend eine Gränze der franz. Republik zu führen. Genehmigen Sie die Versicherung meiner innigsten Hingebung und meiner alten Freundschaft." (gez.) Cabrera. - Die heutige Nummer der Gazette des Tribunaux macht ungeheueres Aufsehen. Sie bringt Auszüge aus den Papieren, die bei Entdeckung des Complotts vom 29. Jan. in den Clublokalen weggenommen wurden. Sind diese Auszüge kein Spionen-Gewächs? Großbritannien. * London, 2. Mai. Eine ostindische Post aus Bombay vom 3. April meldet, daß in Folge des Sieges der Engländer bei Gutscherat sich Schutter Singh, Schir-Singh und noch 14 andere Häuptlinge nebst 16,000 Mann und 41 Geschützen auf Gnade und Ungnade ergeben haben. * Düsseldorf, 3. Mai. Prozeß gegen Lassalle und Weyers. Um das Gerichtsgebäude sieht man in unerhörter Zahl die Schnapsgesichter preußischer Gensd'armen. Ueber sechszig dieser Gerechtigkeitssäulen haben alle Eingänge besetzt; wahrscheinlich um nicht sagen zu lassen, man habe Militär requirirt. Um 8 Uhr tritt der Gerichtshof in den Saal. Präsident ist Herr Druffel, ein ehrenwerther Mann, in dessen Gesicht westphälische Bornirtheit und ultramontaner Fanatismus sich liebenswürdig paaren. Auf Befehl des Herrn Druffel sind den Journalisten die üblichen Plätze verweigert worden. Treffliches Debut des biederen Präsidenten! Selbst in dem Berliner Polenprozeß unter dem alten Regime hatten die Journalisten Plätze. Den Platz des öffentlichen Ministeriums nimmt Herr Potthof ein, von dessen Werth noch wenig zu sagen ist. Herr Potthof hat sich seine ersten politischen Lorbeeren in dem Prozeß Dronke's vor zwei Jahren in Koblenz verdient. Lassalle und Weyers sitzen auf der Anklagebank; Stühle, wie in allen civilisirten Ländern, sind ihnen nicht gestattet worden. Nach Wahl der Geschworenen wird die Sitzung um 8 1/2 Uhr eröffnet, und der Anklageakt verlesen. Während dieser Verlesung sehe ich, daß der unparteiische Präsident einem schwarz-weißen Berichterstatter der Kölner Zeitung, früherem Mitredakteur der oberprokuratorischen Schnaase-Zeitung für den Niederrhein, einen Sitzplatz hinter den Angeklagten eingeräumt hat. Dem Berichterstatter der Neuen Rheinischen Zeitung wurde gestern ausdrücklich dieser Platz verweigert, und zwar unter dem Vorwande, daß auf die "Estrade" Niemand zugelassen werden dürfe. Vielleicht aber betrachtet man die Berichterstatter der Kölnischen Zeitung als Null. Der Staatsprokurator leitet darauf die Prozedur mit einem sogenannten geschichtlichen Kohl ein. "Die Prozedur eröffne unerfreuliche Erinnerungen. Diese Unerfreulichkeit sei das Zerwürfniß der Vereinbarungsversammlung mit der Krone. Eine Partei des Umsturzes habe alle ihre Thätigkeit darauf in's Werk gesetzt. Die Geschworenen sollen jetzt die bedrohte soziale Ordnung rächen. Wenn man nicht gleich alle jene Leute vor Gericht gestellt, so geschah es, weil das Unternehmen nicht so weit vorgeschritten war. In Betreff Lassalle's aber hat die Staatsbehörde für gut befunden, auf alle Handlungen des Angeklagten, welche die Zwecke (Tendenz) von Lassalle und seiner Partei in's Licht setzen können, Rücksicht zu nehmen. Sie hat gegen Lassalle 13, gegen Weyers 7 Zeugen laden lassen". Die Zeugen werden aufgerufen und treten in's Zeugenzimmer zurück. Zwei Acktenstücke, von denen im Anklageakt die Rede ist, werden verlesen und von Lassalle anerkannt. Auf die thatsächlichen Fragen des Präsidenten erklärt Lassalle, daß er sich des Einzelnen nicht entsinne, aber Alle im Anklageakt behaupteten Thatsachen acceptiren wolle. Die Verhandlung wird hier durch einen Zwischenfall gestört. Ein Polizist, Namens Grube, will den Redakteur der Neuen Rheinischen Zeitung, Herrn Bürgers, der auf dem Zeugenplatz zurückgeblieben ist, hinausweisen. Bürgers beruft sich auf den Präsidenten, welcher endlich nach einigen Aeußerungen des Unwillens im Publikum die Zulassung von Bürgers verfügt. Der Angeklagte Weyers giebt ebenfalls die im Anklageakt behaupteten Thatsachen zu, worauf zum Zeugenverhör geschritten wird. Zeuge Siebolt. Der Zeuge erinnert sich der Sitzung des Volksklubs, in welcher Lassalle gesprochen, und zur Wahl von Führern aufgefordert habe. Spezielles weiß er nicht mehr. Auf die Frage, ob er seine Aussage vor dem Instruktionsrichter anerkenne, sagt der Zeuge: "Ich habe das damals so gesagt, ich bin ein armer Familienvater....." Der Präsident schneidet ihm mit andern Fragen das Wort ab. Auf nochmalige Fragen sagt der Zeuge: "Vor dem Instruktionsrichter war ich vor lauter Elend zu bang, um dem Richter zu widersprechen; ich weiß von nichts!" Zeuge Rosselle, Schreiner, erklärt Mitglied eines Barrikadenclubs gewesen zu sein. Dieser Club wäre blos "Jux" gewesen. Lasalle habe ihm keinen Auftrag zum Bau der Barrikade an der Ritterstraße gegeben. Seine gegentheilige Aussage vor dem Instruktionsrichter nimmt er zurück. In der Versammlung in der Bockhalle sei von Barrikaden gesprochen worden; man habe gerufen, Rosellen muß uns helfen, worauf er, der Zeuge, Ja gesagt. Lasalle, wiederholt er, habe ihm keinen Auftrag gegeben. Zeuge Lorenz Grafen, Stellvertreter des Bürgerwehrkommandanten, erklärt auf die Frage, ob Lasalle der Bürgerwehr vorgeschlagen habe, die übriggebliebene Munition des Schützenvereins zu nehmen; die Aufregung nach der Auflösung der Vereinbarungsversammlung sei der Art gewesen, daß die Bürgerwehr allgemein das Bedürfniß zur Anschaffung der Munition selbst gefühlt habe. Der Zeuge sagt, Lasalle habe nicht gegen die königl. Gewalt, sondern gegen das hochverrätherische Ministerium Brandenburg und zum Schutz der Volksrechte aufgefordert. Die Stimmung sei bei allen Leuten damals dieselbe gewesen. Er selbst, der Zeuge, habe die Ansicht Lasalle's den Worten der Fürsten nicht zu glauben, damals nicht getheilt (Gelächter), Lasalle aber habe nichts angerathen, was nicht er, der Zeuge, als nothwendig mitgefühlt habe. Auf eine Frage des Staats-Prokurators, gesteht der Zeuge, im Volksklub oftmals in seiner Bürgerwehrstellung angegriffen worden zu sein, aber nicht deshalb seine Stelle niedergelegt zu haben. Der Zeuge war mit Lassalle damals nicht besonders befreundet, er war damals (Gelächter) Konstitutioneller und glaubte noch an eine ruhige Fortentwicklung; Lassalle that nichts weiter, als daß er diese Ansicht bekämpfte, und zum bewaffneten Schutz der Volksrechte auffordete. Der Zeuge wird bei Erwähnung des Ministeriums Brandenburg immer lebhafter und giebt eine vollkommene Apologie des "politischen Standpunktes"von Lassalle. Zeuge Hesemann, Chef der Bürgerwehr von Neuß. In einer Bürgerwehrversammlung zu Neuß hatten sich fremde, nicht zu der Bürgerwehr gehörige Leute eingedrängt. Ob Jemand zur Bewaffnung aufgefordert, könne er nicht sagen; er habe nur gehört, daß Jemand den Leuten zugerufen, im Zeughaus seien Waffen vorhanden. Der Vertheidiger macht darauf aufmerksam, daß der Zeuge keinen der beiden Angeklagten nenne und daß nicht die Angeklagten denselben vorgeladen. Zeuge Hohmann, Geschäftsmann in Neuß. Weyers sei am 29. Nov. in Neuß in einem Bierhause erschienen und habe die Gäste zu einer Volksversammlung eingeladen. Gleich darauf sei auch Lassalle gekommen und habe auf die Nachricht, daß der Bürgermeister das Ausschellen der Volksversammlung so spät am Abend verboten, die Wirthshausschelle genommen und Weyers mit Ausschellen beauftragt. Auf die weise Frage des unsterblichen Staatsprokurators Potthof, "ob bei Neuß eine Batterie sei." weiß der Zeuge nichts zu sagen. Zeuge Eduard Kur. Lassalle habe in der Versammlung vom 29. Nov. zu Neuß über die Steuerverweigerung gesprochen, und zur Bewaffnung ermahnt. Die Düsseldorfer hätten vom Gemeinderath Munition erhalten und die Neußer müßten dasselbe thun. Ob Lassalle von der Eventualität gesprochen, wenn der Neußer Gemeinderath die Munition verweigere, weiß der Zeuge nicht zu sagen. Nach Lassalle habe Weyers gesprochen, dessen Rede keinen Eindruck gemacht, und dessen Worten der Zeuge nicht gefolgt sei. Zeuge Zinksem, Gerichtsvollzieher in Neuß. In der Neußer Volksversammlung habe Lassalle über die politischen Zustände gesprochen, von dem passiven Widerstand der Vereinbarer-Versammlung den man mit dem aktiven unterstützen müsse. Bei Gelegenheit der Steuerverweigerung habe er gesagt, wenn die Steuerboten kämen, müsse man ihnen den Hals brechen, worauf die Versammlung gelacht habe. Auch von "Losgehen in Düsseldorf" habe er gesprochen; der Zeuge weiß jedoch nichts Bestimmtes darüber, da ihm der Zusammenhang durch die häufigen Beifallsunterbrechungen entgangen sei. Zeuge Max Joseph Schmitz, Kaufmann in Neuß. Lasalle habe in Neuß zur Wahl einer Commission für Beschaffung von Munition aufgefordert. Nach ihm sei Weyers aufgetreten, der sehr heftig und grob gegen den König gesprochen habe und dem Zeugen sehr aufgereizt vorgekommen sei. Redakteur en chef Karl Marx. Frucht- und Fourage-Preise vom 16. bis 30. April. [irrelevantes Material]
an, der anfänglich von ihr zurückgestoßen ward, und die Union Electorale, diese Hülfsanstalt der Rue Poitiers setzt hinter einen Thiers und Molé noch republikanische Namen, wie Marie, Arago, Goudchaux und den honetten Junischlächter Cavaignac. Auch die Napoleoniden erhalten ihr gebührendes Lob: der Name Napoleon müsse ein Symbol sein, und man müßte in Napoleon die Besonnenheit und Festigkeit verehren. D Kalb von Straßburg, o Ochse von Boulogne ‒ du bist für Fould ein Elephant geworden! „Die Republik, sagen diese Herren, ist gegründet; es handelt sich darum, die Politik auszumitteln, die ihr am meisten zusagt; es handelt sich darum zu wissen, ob die Familie, wie sie von Gott gegeben, dies Eigenthum, wie es durch die bürgerlichen Gesetze festgesetzt ist und die Religion, in ihrer Unverletzlichkeit aufrecht gehalten werden sollen.“ Alle Bourgeois-Parteien wollen also verzichten auf Könige und Fürsten, wie sie auch immerhin heißen mögen: Napoleon soll der Sündenbock sein, um den sie alle sich gruppiren wollen. Ja, und der Jude Fould räumt sogar dem Jesuiten Montalembert die Religion und den Pabst ein; Thiers muß sogar seinen Ingrimm gegen Guizot verbeißen; und das alles der demokratischen Partei zu Liebe, oder vielmehr dem Eigenthum, dem Bourgeois-Eigenthum zu Liebe, das in der Wahlagitation zum zweiten Male auf dem Spiele steht. 12 Paris, 2. Mai. Die Bauern haben ihre eigene Logik: in einem Departement Frankreichs, wo der Herzog v. Joinville viele Güter hat, bestehen dieselben darauf, den Königssohn zum Deputirten wählen zu wollen, aus dem alleinigen Grunde, weil sie Napoleon zum Präsidenten gewählt hätten. Die Lage dieser beiden Männer scheint ihnen völlig identisch, ungeachtet aller Gegenvorstellungen Faucher's und Barrot's oder vielmehr gerade wegen dieser Gegenvorstellungen. Joinville ist verbannt; Joinville gehört zu jenen dynastischen Familien, deren Sprößlinge keine Volksrepräsentanten werden können? Und zu welcher Familie gehörte denn der Sprößling Napoleon? Die chronologischen Distinktionen des Herrn Barrot, der vor einem Jahre noch sich des Grafen von Paris so väterlich annahm, werden recht herzlich von ihnen verlacht. Es sind dies die possierlichen Zwischenspiele in der großen Wahlangelegenheit, und es ist immer erfreulich zu sehen, wie die Bourgeoisie in ihren eigenen Fäden gefangen wird. Neben diesen dynastischen Unannehmlichkeiten hat Napoleon auch seinen Familienverdruß. Der Sohn des Exkönigs Jerome, Napoleon Bonaparte, Exgesandter in Madrid, ist aufrührerisch, rebellisch geworden gegen seinen leiblichen Vetter und Herrn, den Präsidenten Napoleon: so sagen die reaktionären Blätter. Er erlaubt sich, die politische Richtung seines Vetters zu tadeln, und die Bauern haben sich erlaubt zu denken: der Napoleon, den wir gewählt haben, ist doch nicht der rechte gewesen; wir können uns doch wohl geirrt haben: der wahre, echte Napoleon, das ist vielleicht Napoleon Bonaparte, Sohn des Jerome; den müssen wir dieses Mal wählen. Und so war es denn nahe daran, daß in den bevorstehenden Wahlen der Napoleon Bonaparte, Sohn Jerome's an Louis Napoleons Stelle in sehr vielen Wahlkollegen gewähl werden sollte, und das hätte förmlich den Ruhm des echten Napoleons verdunkelt. Da hatte dann der Präsident Napoleon den klugen Einfall, ihn öffentlich zu blamiren, durch die Zurückberufung von seinem Gesandtschaftsposten. Das war doch gewiß ein gewaltiger Staatsstreich! Armer Präsident! Inmitten diesen kleinlichen Intriguen, fährt die Rue de Poitiers in ihrem Bestreben fort, „die Gesellschaft retten zu wollen.“ Es handelt sich für sie nicht um diese oder jene Branche, es handelt sich für sie um die Gesellschaft im Allgemeinen. Frägt man die Rue de Poitiers: Warum ist die ältere Branche der Bourbonen untergegangen? so lautet die Antwort, weil sie die Erhaltung der Gesellschaft zwar wollte, aber einer Gesellschaft nach ihrer Manier. Frägt man weiter: Warum ist die Dynastie Louis Philipps untergegangen? so lautet wiederum die Antwort: weil die Gesellschaft, deren Erhaltung sie zwar auch aufrichtig wollte, eine Gesellschaft in dem Sinne Louis Philipp's war. Und was ist die Gesellschaft in dem Sinne der Rue Poitiers? Die Religion, die Familie, das Eigenthum. Und Louis Philipp und Charles X. wollten sie vielleicht nicht die Erhaltung der Religion, der Familie, des Eigenthums? Doch gewiß; aber ihrer Religion, ihrer Familie, ihres Eigenthums, während die Rue de Poitiers die Erhaltung ihrer Religion, ihres Eigenthums, ihrer Familie will, das Eigenthum, die Familie und Religion der Thiers, Cavaignac, Falloux, Changarnier und Berryer etc. etc. Als Fould zu Herrn Goudchaux kam, und ihm die Zahlungseinstellung der Rentencoupons vorschlug zu Gunsten des Handels und der Industrie, da wollte Fould vor allen Dingen das Eigenthum seiner Gesellschaft, der kleinen Bourgeois-Gesellschaft, retten, auf Kosten der großen. Die revolutionäre Partei hatte damals Mittel in Händen, die beiden konkurrirenden Gesellschaften zu vereinigen durch Beschlagnahme ihres beiderseitigen Eigenthums, d. h. indem sie sowohl Renten, als Aktien und Hypotheken einstweilen in Beschlag nahm. Mit der Vergütung hätte sie sich später abfinden können. Zudem hatte Rothschied ja noch sein unter Guizot geschlossenes Anleihen zu erfüllen, und der damalige niedrige Stand der Kurse hätte nothwendiger Weise den Ruin Rothschild's und die Rettung der Gesellschaft zu Wege gebracht. Die provisorische Regierung nahm keine von diesen Maßregeln vor, und sie ‒ fiel. Jetzt kommt die Gesellschaft der Fould und Rothschild vereint, und will die Gesellschaft retten: nicht die Gesellschaft der ältern und jüngern Bourbonen, nicht die Gesellschaft Napoleon's und Barroth's, sondern die Gesellschaft im Allgemeinen: d. h. Eigenthum, Religion und Familie. Heißt das etwas anderes als die Gesellschaft der Fould's und Rothschild's: die Gesellschaft der vereinigten Kapitalisten, Juden und Jesuiten, mit dem einzigen Unterschiede, daß, statt der königlichen Namen, der königlichen Titelträger, jetzt die wirklichen Eigenthümer, die wirklichen Religionssekten nahmhaft gemacht werden. Montalembert; Fould und Thiers: was bedarf es mehr, um die Geschellschaft zu schildern, die gerettet werden soll. Der ehrliche Barrot ist weiter nichts als die Etiquette, das unkauscher gewordene Aushängeschild dieser zu rettenden Gesellschaft. Paris, 1. Mai. Programm der rothen Republik, wie es angeblich bei den verhafteten Gliedern der Solidarität gefunden wurde. Dekretsentwürfe: Erste Serie. 1) Volle Amnestie für alle politischen Gefangenen seit dem 24. Febr. 2) Widerruf des Dekrets der provis. Regierung, das die politische Todesstrafe abschafft. 3) Einstellung aller Zahlungen aus dem Staatsschatze. 4) Einstellung aller Zahlung von Haus- und Wohnungsmiethe. Verweigerung jeder gerichtlichen Verfolgung dieser Art. 5) Errichtung von Revolutionstribunalen in allen Gemeinden der Republik. 6) Aufhebung der großen Bank und Beförderung aller baaren Geldvorräthe in das Finanzministerium. 7) Alle Gehalte werden auf höchstens 5000 Frk. herabgesetzt. 8) Wer einen Paß in das Ausland haben will, erlegt 50,000 Frken. 9) Kein Priester oder Pastor erhält Staatsgehalt. 10) Es ist sofort ein überall anzunehmendes Papiergeld zu schaffen. 11) Die Bürgerwehr ist zu entwaffnen und eine Volkswehr zu errichten, und ein Dekret zu erlassen, daß alle Geldwechsler, Handelsleute, Krämer u. s. w. untauglich erklärt, in diese Volkswehr (garde populaire) aufgenommen zu werden. 12) Gegen alle Verfertiger antidemokratischer Gesetzentwürfe ist Untersuchung einzuleiten. 13) Jeden, der auch nur den leisesten Versuch zur Zerstörung der Centralstaatsverwaltung macht, zu deportiren und sein Eigenthum zu konfisziren. 14) Departements welche Miene machen, sich vom Centralstaat loszureißen und Föderationen zu bilden, mit Zwangssteuer zu belegen. 15) Strenge Geldstrafen für alle reaktionäre Blätter und Redaktoren. 16) Alle Stellen nur durch erprobte Patrioten und Märtyrer der Tyrannei zu besetzen. 17) Herstellung der rothen Fahne. Zweite Serie: 1) Sobald die Volksrevolution siegreich, marschirt das Volk gegen die National-Versammlung und erschießt die Reaktionäre. Jedes Individuum, das diesen Akt der Gerechtigkeit verhindern will, wird erschossen. 2) Das Volk bemächtigt sich sofort des Ministeriums des Innern und aller telegraphischen Linien. An die Gränzämter ergeht der Befehl, kein Individuum ohne Erlaubniß, bei Todesstrafe auswandern zu lassen. 3) Die Präfektur ist zu erstürmen und alle darin befindlichen Individuen niederzuschießen. 4) Jedermann, der sich durch einen Paß flüchten will, ist niederzuschießen. 5) Die Regierung besteht aus Triumvirn. Jedes Gefühl der Uneinigkeit oder des Hasses unter diesen Dreimännern ist vom Volk sofort zu bestrafen. 6) Alle Mehl- und Getreidehändler haben gegen Entschädigung die nöthigen Vorräthe zu liefern bei Todesstrafe. 7) Paris und alle bedeutenden Städte sind in Kriegsstand zu erklären. 8) Die Bürgerwehr ist binnen 24 Stunden zu entwaffnen. Die diesfälligen Maßregeln sind den Juniverurtheilten zu übertragen. 9) Alle Fabriken, große Werkstätte, Bauhöfe etc. gehören dem Volke. Den Eigenthümern wird eine durch Sachverständige zu bestimmende Entschädigung gezahlt. 10) Alle Gefängnißwärter, die sich hart gegen die Junigefangenen betragen, sind zu erschießen. 11) Alle, welche die Republik verläugneten oder sie nur aus Politik und gezwungen annahmen, sind zu erschießen. 12) Alle Verwalter, Geranten und Redaktoren reaktionärer Journale sind ohne Weiteres zu erschießen. 13) Alle Polizeiagenten, welche in den Präfektur-Registern stehen, sind zu erschießen. 14) Alle diejenigen, welche muthwillig der Republik irgend eine Gefahr heraufbeschwören, sind zu erschießen. 15) Jedes Individuum, zu dessen Kenntniß der Bruch irgend eines der obigen Artikel gelangen sollte, und ihn nicht meldet, ist zu strafen. 16) Aller und jeglicher Zins, der vom Kapital bisher gezahlt wurde, ist von der demokratisch-socialen Republik abgeschafft.‥‥“ Solches berichtet die berüchtigte „Gazette des Tribunaux“ die bekanntlich in Polizei-Lügen ihres Gleichen sucht. ‒ Die Marseiller Post brachte der Union folgenden Brief Cabrera's: „Marseille, 27. April. An den Redakteur der Union. Ich wurde arretirt in einem Hause, das an der äußersten Gränze liegt und wohin ich mich begab, um eine Mission zu erfüllen und nicht als Flüchtling, wie man behauptet, denn ich schlug den Feind seit 3 Tagen und zerstreute ihn. Eben treffe ich in Marseille ein und erfahre, daß ich unter Eskorte nach Toulon transportirt werden soll. Ich habe nur so viel Zeit, um Ihnen diese Zeilen zu schreiben, damit Sie bei den Ministern und dem Präsidenten der Republik die zu meiner Befreiung nöthigen Schritte thun können. Wie? Unter der Herrschaft der Freiheit würde ein Fremder eben so behandelt, wie unter der infamen Tyrannei Louis Philipp's? Ich kann das nicht glauben und habe Vertrauen in Ihre Regierung! Ich erwarte Ihre Antwort mit Ungeduld. Sie wird hoffentlich von einem Befreiungsdekret begleitet sein und von der Weisung, mich an irgend eine Gränze der franz. Republik zu führen. Genehmigen Sie die Versicherung meiner innigsten Hingebung und meiner alten Freundschaft.“ (gez.) Cabrera. ‒ Die heutige Nummer der Gazette des Tribunaux macht ungeheueres Aufsehen. Sie bringt Auszüge aus den Papieren, die bei Entdeckung des Complotts vom 29. Jan. in den Clublokalen weggenommen wurden. Sind diese Auszüge kein Spionen-Gewächs? Großbritannien. * London, 2. Mai. Eine ostindische Post aus Bombay vom 3. April meldet, daß in Folge des Sieges der Engländer bei Gutscherat sich Schutter Singh, Schir-Singh und noch 14 andere Häuptlinge nebst 16,000 Mann und 41 Geschützen auf Gnade und Ungnade ergeben haben. * Düsseldorf, 3. Mai. Prozeß gegen Lassalle und Weyers. Um das Gerichtsgebäude sieht man in unerhörter Zahl die Schnapsgesichter preußischer Gensd'armen. Ueber sechszig dieser Gerechtigkeitssäulen haben alle Eingänge besetzt; wahrscheinlich um nicht sagen zu lassen, man habe Militär requirirt. Um 8 Uhr tritt der Gerichtshof in den Saal. Präsident ist Herr Druffel, ein ehrenwerther Mann, in dessen Gesicht westphälische Bornirtheit und ultramontaner Fanatismus sich liebenswürdig paaren. Auf Befehl des Herrn Druffel sind den Journalisten die üblichen Plätze verweigert worden. Treffliches Debut des biederen Präsidenten! Selbst in dem Berliner Polenprozeß unter dem alten Regime hatten die Journalisten Plätze. Den Platz des öffentlichen Ministeriums nimmt Herr Potthof ein, von dessen Werth noch wenig zu sagen ist. Herr Potthof hat sich seine ersten politischen Lorbeeren in dem Prozeß Dronke's vor zwei Jahren in Koblenz verdient. Lassalle und Weyers sitzen auf der Anklagebank; Stühle, wie in allen civilisirten Ländern, sind ihnen nicht gestattet worden. Nach Wahl der Geschworenen wird die Sitzung um 8 1/2 Uhr eröffnet, und der Anklageakt verlesen. Während dieser Verlesung sehe ich, daß der unparteiische Präsident einem schwarz-weißen Berichterstatter der Kölner Zeitung, früherem Mitredakteur der oberprokuratorischen Schnaase-Zeitung für den Niederrhein, einen Sitzplatz hinter den Angeklagten eingeräumt hat. Dem Berichterstatter der Neuen Rheinischen Zeitung wurde gestern ausdrücklich dieser Platz verweigert, und zwar unter dem Vorwande, daß auf die „Estrade“ Niemand zugelassen werden dürfe. Vielleicht aber betrachtet man die Berichterstatter der Kölnischen Zeitung als Null. Der Staatsprokurator leitet darauf die Prozedur mit einem sogenannten geschichtlichen Kohl ein. „Die Prozedur eröffne unerfreuliche Erinnerungen. Diese Unerfreulichkeit sei das Zerwürfniß der Vereinbarungsversammlung mit der Krone. Eine Partei des Umsturzes habe alle ihre Thätigkeit darauf in's Werk gesetzt. Die Geschworenen sollen jetzt die bedrohte soziale Ordnung rächen. Wenn man nicht gleich alle jene Leute vor Gericht gestellt, so geschah es, weil das Unternehmen nicht so weit vorgeschritten war. In Betreff Lassalle's aber hat die Staatsbehörde für gut befunden, auf alle Handlungen des Angeklagten, welche die Zwecke (Tendenz) von Lassalle und seiner Partei in's Licht setzen können, Rücksicht zu nehmen. Sie hat gegen Lassalle 13, gegen Weyers 7 Zeugen laden lassen“. Die Zeugen werden aufgerufen und treten in's Zeugenzimmer zurück. Zwei Acktenstücke, von denen im Anklageakt die Rede ist, werden verlesen und von Lassalle anerkannt. Auf die thatsächlichen Fragen des Präsidenten erklärt Lassalle, daß er sich des Einzelnen nicht entsinne, aber Alle im Anklageakt behaupteten Thatsachen acceptiren wolle. Die Verhandlung wird hier durch einen Zwischenfall gestört. Ein Polizist, Namens Grube, will den Redakteur der Neuen Rheinischen Zeitung, Herrn Bürgers, der auf dem Zeugenplatz zurückgeblieben ist, hinausweisen. Bürgers beruft sich auf den Präsidenten, welcher endlich nach einigen Aeußerungen des Unwillens im Publikum die Zulassung von Bürgers verfügt. Der Angeklagte Weyers giebt ebenfalls die im Anklageakt behaupteten Thatsachen zu, worauf zum Zeugenverhör geschritten wird. Zeuge Siebolt. Der Zeuge erinnert sich der Sitzung des Volksklubs, in welcher Lassalle gesprochen, und zur Wahl von Führern aufgefordert habe. Spezielles weiß er nicht mehr. Auf die Frage, ob er seine Aussage vor dem Instruktionsrichter anerkenne, sagt der Zeuge: „Ich habe das damals so gesagt, ich bin ein armer Familienvater…‥“ Der Präsident schneidet ihm mit andern Fragen das Wort ab. Auf nochmalige Fragen sagt der Zeuge: „Vor dem Instruktionsrichter war ich vor lauter Elend zu bang, um dem Richter zu widersprechen; ich weiß von nichts!“ Zeuge Rosselle, Schreiner, erklärt Mitglied eines Barrikadenclubs gewesen zu sein. Dieser Club wäre blos „Jux„ gewesen. Lasalle habe ihm keinen Auftrag zum Bau der Barrikade an der Ritterstraße gegeben. Seine gegentheilige Aussage vor dem Instruktionsrichter nimmt er zurück. In der Versammlung in der Bockhalle sei von Barrikaden gesprochen worden; man habe gerufen, Rosellen muß uns helfen, worauf er, der Zeuge, Ja gesagt. Lasalle, wiederholt er, habe ihm keinen Auftrag gegeben. Zeuge Lorenz Grafen, Stellvertreter des Bürgerwehrkommandanten, erklärt auf die Frage, ob Lasalle der Bürgerwehr vorgeschlagen habe, die übriggebliebene Munition des Schützenvereins zu nehmen; die Aufregung nach der Auflösung der Vereinbarungsversammlung sei der Art gewesen, daß die Bürgerwehr allgemein das Bedürfniß zur Anschaffung der Munition selbst gefühlt habe. Der Zeuge sagt, Lasalle habe nicht gegen die königl. Gewalt, sondern gegen das hochverrätherische Ministerium Brandenburg und zum Schutz der Volksrechte aufgefordert. Die Stimmung sei bei allen Leuten damals dieselbe gewesen. Er selbst, der Zeuge, habe die Ansicht Lasalle's den Worten der Fürsten nicht zu glauben, damals nicht getheilt (Gelächter), Lasalle aber habe nichts angerathen, was nicht er, der Zeuge, als nothwendig mitgefühlt habe. Auf eine Frage des Staats-Prokurators, gesteht der Zeuge, im Volksklub oftmals in seiner Bürgerwehrstellung angegriffen worden zu sein, aber nicht deshalb seine Stelle niedergelegt zu haben. Der Zeuge war mit Lassalle damals nicht besonders befreundet, er war damals (Gelächter) Konstitutioneller und glaubte noch an eine ruhige Fortentwicklung; Lassalle that nichts weiter, als daß er diese Ansicht bekämpfte, und zum bewaffneten Schutz der Volksrechte auffordete. Der Zeuge wird bei Erwähnung des Ministeriums Brandenburg immer lebhafter und giebt eine vollkommene Apologie des „politischen Standpunktes“von Lassalle. Zeuge Hesemann, Chef der Bürgerwehr von Neuß. In einer Bürgerwehrversammlung zu Neuß hatten sich fremde, nicht zu der Bürgerwehr gehörige Leute eingedrängt. Ob Jemand zur Bewaffnung aufgefordert, könne er nicht sagen; er habe nur gehört, daß Jemand den Leuten zugerufen, im Zeughaus seien Waffen vorhanden. Der Vertheidiger macht darauf aufmerksam, daß der Zeuge keinen der beiden Angeklagten nenne und daß nicht die Angeklagten denselben vorgeladen. Zeuge Hohmann, Geschäftsmann in Neuß. Weyers sei am 29. Nov. in Neuß in einem Bierhause erschienen und habe die Gäste zu einer Volksversammlung eingeladen. Gleich darauf sei auch Lassalle gekommen und habe auf die Nachricht, daß der Bürgermeister das Ausschellen der Volksversammlung so spät am Abend verboten, die Wirthshausschelle genommen und Weyers mit Ausschellen beauftragt. Auf die weise Frage des unsterblichen Staatsprokurators Potthof, „ob bei Neuß eine Batterie sei.“ weiß der Zeuge nichts zu sagen. Zeuge Eduard Kur. Lassalle habe in der Versammlung vom 29. Nov. zu Neuß über die Steuerverweigerung gesprochen, und zur Bewaffnung ermahnt. Die Düsseldorfer hätten vom Gemeinderath Munition erhalten und die Neußer müßten dasselbe thun. Ob Lassalle von der Eventualität gesprochen, wenn der Neußer Gemeinderath die Munition verweigere, weiß der Zeuge nicht zu sagen. Nach Lassalle habe Weyers gesprochen, dessen Rede keinen Eindruck gemacht, und dessen Worten der Zeuge nicht gefolgt sei. Zeuge Zinksem, Gerichtsvollzieher in Neuß. In der Neußer Volksversammlung habe Lassalle über die politischen Zustände gesprochen, von dem passiven Widerstand der Vereinbarer-Versammlung den man mit dem aktiven unterstützen müsse. Bei Gelegenheit der Steuerverweigerung habe er gesagt, wenn die Steuerboten kämen, müsse man ihnen den Hals brechen, worauf die Versammlung gelacht habe. Auch von „Losgehen in Düsseldorf“ habe er gesprochen; der Zeuge weiß jedoch nichts Bestimmtes darüber, da ihm der Zusammenhang durch die häufigen Beifallsunterbrechungen entgangen sei. Zeuge Max Joseph Schmitz, Kaufmann in Neuß. Lasalle habe in Neuß zur Wahl einer Commission für Beschaffung von Munition aufgefordert. Nach ihm sei Weyers aufgetreten, der sehr heftig und grob gegen den König gesprochen habe und dem Zeugen sehr aufgereizt vorgekommen sei. Redakteur en chef Karl Marx. Frucht- und Fourage-Preise vom 16. bis 30. April. [irrelevantes Material]
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar289b_009" type="jArticle"> <pb facs="#f0002" n="1640"/> <p>an, der anfänglich von ihr zurückgestoßen ward, und die Union Electorale, diese Hülfsanstalt der Rue Poitiers setzt hinter einen Thiers und Molé noch republikanische Namen, wie Marie, Arago, Goudchaux und den honetten Junischlächter Cavaignac. Auch die Napoleoniden erhalten ihr gebührendes Lob: der Name Napoleon müsse ein Symbol sein, und man müßte in Napoleon die Besonnenheit und Festigkeit verehren. D Kalb von Straßburg, o Ochse von Boulogne ‒ du bist für Fould ein Elephant geworden!</p> <p>„Die Republik, sagen diese Herren, ist gegründet; es handelt sich darum, die Politik auszumitteln, die ihr am meisten zusagt; es handelt sich darum zu wissen, ob die Familie, wie sie von Gott gegeben, dies Eigenthum, wie es durch die bürgerlichen Gesetze festgesetzt ist und die Religion, in ihrer Unverletzlichkeit aufrecht gehalten werden sollen.“ Alle Bourgeois-Parteien wollen also verzichten auf Könige und Fürsten, wie sie auch immerhin heißen mögen: Napoleon soll der Sündenbock sein, um den sie alle sich gruppiren wollen. Ja, und der Jude Fould räumt sogar dem Jesuiten Montalembert die Religion und den Pabst ein; Thiers muß sogar seinen Ingrimm gegen Guizot verbeißen; und das alles der demokratischen Partei zu Liebe, oder vielmehr dem Eigenthum, dem Bourgeois-Eigenthum zu Liebe, das in der Wahlagitation zum zweiten Male auf dem Spiele steht.</p> </div> <div xml:id="ar289b_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 2. Mai.</head> <p>Die Bauern haben ihre eigene Logik: in einem Departement Frankreichs, wo der Herzog v. Joinville viele Güter hat, bestehen dieselben darauf, den Königssohn zum Deputirten wählen zu wollen, aus dem alleinigen Grunde, weil sie Napoleon zum Präsidenten gewählt hätten. Die Lage dieser beiden Männer scheint ihnen völlig identisch, ungeachtet aller Gegenvorstellungen Faucher's und Barrot's oder vielmehr gerade wegen dieser Gegenvorstellungen. Joinville ist verbannt; Joinville gehört zu jenen dynastischen Familien, deren Sprößlinge keine Volksrepräsentanten werden können? Und zu welcher Familie gehörte denn der Sprößling Napoleon? Die chronologischen Distinktionen des Herrn Barrot, der vor einem Jahre noch sich des Grafen von Paris so väterlich annahm, werden recht herzlich von ihnen verlacht. Es sind dies die possierlichen Zwischenspiele in der großen Wahlangelegenheit, und es ist immer erfreulich zu sehen, wie die Bourgeoisie in ihren eigenen Fäden gefangen wird.</p> <p>Neben diesen dynastischen Unannehmlichkeiten hat Napoleon auch seinen Familienverdruß. Der Sohn des Exkönigs Jerome, Napoleon Bonaparte, Exgesandter in Madrid, ist aufrührerisch, rebellisch geworden gegen seinen leiblichen Vetter und Herrn, den Präsidenten Napoleon: so sagen die reaktionären Blätter. Er erlaubt sich, die politische Richtung seines Vetters zu tadeln, und die Bauern haben sich erlaubt zu denken: der Napoleon, den wir gewählt haben, ist doch nicht der rechte gewesen; wir können uns doch wohl geirrt haben: der wahre, echte Napoleon, das ist vielleicht Napoleon Bonaparte, Sohn des Jerome; den müssen wir dieses Mal wählen. Und so war es denn nahe daran, daß in den bevorstehenden Wahlen der Napoleon Bonaparte, Sohn Jerome's an Louis Napoleons Stelle in sehr vielen Wahlkollegen gewähl werden sollte, und das hätte förmlich den Ruhm des echten Napoleons verdunkelt. Da hatte dann der Präsident Napoleon den klugen Einfall, ihn öffentlich zu blamiren, durch die Zurückberufung von seinem Gesandtschaftsposten. Das war doch gewiß ein gewaltiger Staatsstreich! Armer Präsident!</p> <p>Inmitten diesen kleinlichen Intriguen, fährt die Rue de Poitiers in ihrem Bestreben fort, „die Gesellschaft retten zu wollen.“ Es handelt sich für sie nicht um diese oder jene Branche, es handelt sich für sie um die Gesellschaft im Allgemeinen. Frägt man die Rue de Poitiers: Warum ist die ältere Branche der Bourbonen untergegangen? so lautet die Antwort, weil sie die Erhaltung der Gesellschaft zwar wollte, aber einer Gesellschaft nach ihrer Manier. Frägt man weiter: Warum ist die Dynastie Louis Philipps untergegangen? so lautet wiederum die Antwort: weil die Gesellschaft, deren Erhaltung sie zwar auch aufrichtig wollte, eine Gesellschaft in dem Sinne Louis Philipp's war. Und was ist die Gesellschaft in dem Sinne der Rue Poitiers? Die Religion, die Familie, das Eigenthum. Und Louis Philipp und Charles X. wollten sie vielleicht nicht die Erhaltung der Religion, der Familie, des Eigenthums? Doch gewiß; aber <hi rendition="#g">ihrer</hi> Religion, <hi rendition="#g">ihrer</hi> Familie, <hi rendition="#g">ihres</hi> Eigenthums, während die Rue de Poitiers die Erhaltung <hi rendition="#g">ihrer</hi> Religion, <hi rendition="#g">ihres</hi> Eigenthums, <hi rendition="#g">ihrer</hi> Familie will, das Eigenthum, die Familie und Religion der Thiers, Cavaignac, Falloux, Changarnier und Berryer etc. etc.</p> <p>Als Fould zu Herrn Goudchaux kam, und ihm die Zahlungseinstellung der Rentencoupons vorschlug zu Gunsten des Handels und der Industrie, da wollte Fould vor allen Dingen das Eigenthum seiner Gesellschaft, der kleinen Bourgeois-Gesellschaft, retten, auf Kosten der großen. Die revolutionäre Partei hatte damals Mittel in Händen, die beiden konkurrirenden Gesellschaften zu vereinigen durch Beschlagnahme ihres beiderseitigen Eigenthums, d. h. indem sie sowohl Renten, als Aktien und Hypotheken einstweilen in Beschlag nahm. Mit der Vergütung hätte sie sich später abfinden können. Zudem hatte Rothschied ja noch sein unter Guizot geschlossenes Anleihen zu erfüllen, und der damalige niedrige Stand der Kurse hätte nothwendiger Weise den Ruin Rothschild's und die Rettung der Gesellschaft zu Wege gebracht. Die provisorische Regierung nahm keine von diesen Maßregeln vor, und sie ‒ fiel. Jetzt kommt die Gesellschaft der Fould und Rothschild vereint, und will die Gesellschaft retten: nicht die Gesellschaft der ältern und jüngern Bourbonen, nicht die Gesellschaft Napoleon's und Barroth's, sondern die Gesellschaft im Allgemeinen: d. h. Eigenthum, Religion und Familie. Heißt das etwas anderes als die Gesellschaft der Fould's und Rothschild's: die Gesellschaft der vereinigten Kapitalisten, Juden und Jesuiten, mit dem einzigen Unterschiede, daß, statt der königlichen Namen, der königlichen Titelträger, jetzt die wirklichen Eigenthümer, die wirklichen Religionssekten nahmhaft gemacht werden. Montalembert; Fould und Thiers: was bedarf es mehr, um die Geschellschaft zu schildern, die gerettet werden soll. Der ehrliche Barrot ist weiter nichts als die Etiquette, das unkauscher gewordene Aushängeschild dieser zu rettenden Gesellschaft.</p> </div> <div xml:id="ar289b_011" type="jArticle"> <head>Paris, 1. Mai.</head> <p><hi rendition="#b">Programm der rothen Republik, wie es angeblich bei den verhafteten Gliedern der Solidarität gefunden wurde.</hi><hi rendition="#g">Dekretsentwürfe: Erste Serie.</hi> 1) Volle Amnestie für alle politischen Gefangenen seit dem 24. Febr. 2) Widerruf des Dekrets der provis. Regierung, das die politische Todesstrafe abschafft. 3) Einstellung aller Zahlungen aus dem Staatsschatze. 4) Einstellung aller Zahlung von Haus- und Wohnungsmiethe. Verweigerung jeder gerichtlichen Verfolgung dieser Art. 5) Errichtung von Revolutionstribunalen in allen Gemeinden der Republik. 6) Aufhebung der großen Bank und Beförderung aller baaren Geldvorräthe in das Finanzministerium. 7) Alle Gehalte werden auf höchstens 5000 Frk. herabgesetzt. 8) Wer einen Paß in das Ausland haben will, erlegt 50,000 Frken. 9) Kein Priester oder Pastor erhält Staatsgehalt. 10) Es ist sofort ein überall anzunehmendes Papiergeld zu schaffen. 11) Die Bürgerwehr ist zu entwaffnen und eine Volkswehr zu errichten, und ein Dekret zu erlassen, daß alle Geldwechsler, Handelsleute, Krämer u. s. w. untauglich erklärt, in diese Volkswehr (garde populaire) aufgenommen zu werden. 12) Gegen alle Verfertiger antidemokratischer Gesetzentwürfe ist Untersuchung einzuleiten. 13) Jeden, der auch nur den leisesten Versuch zur Zerstörung der Centralstaatsverwaltung macht, zu deportiren und sein Eigenthum zu konfisziren. 14) Departements welche Miene machen, sich vom Centralstaat loszureißen und Föderationen zu bilden, mit Zwangssteuer zu belegen. 15) Strenge Geldstrafen für alle reaktionäre Blätter und Redaktoren. 16) Alle Stellen nur durch erprobte Patrioten und Märtyrer der Tyrannei zu besetzen. 17) Herstellung der rothen Fahne.</p> <p><hi rendition="#g">Zweite Serie:</hi> 1) Sobald die Volksrevolution siegreich, marschirt das Volk gegen die National-Versammlung und erschießt die Reaktionäre. Jedes Individuum, das diesen Akt der Gerechtigkeit verhindern will, wird erschossen. 2) Das Volk bemächtigt sich sofort des Ministeriums des Innern und aller telegraphischen Linien. An die Gränzämter ergeht der Befehl, kein Individuum ohne Erlaubniß, bei Todesstrafe auswandern zu lassen. 3) Die Präfektur ist zu erstürmen und alle darin befindlichen Individuen niederzuschießen. 4) Jedermann, der sich durch einen Paß flüchten will, ist niederzuschießen. 5) Die Regierung besteht aus Triumvirn. Jedes Gefühl der Uneinigkeit oder des Hasses unter diesen Dreimännern ist vom Volk sofort zu bestrafen. 6) Alle Mehl- und Getreidehändler haben gegen Entschädigung die nöthigen Vorräthe zu liefern bei Todesstrafe. 7) Paris und alle bedeutenden Städte sind in Kriegsstand zu erklären. 8) Die Bürgerwehr ist binnen 24 Stunden zu entwaffnen. Die diesfälligen Maßregeln sind den Juniverurtheilten zu übertragen. 9) Alle Fabriken, große Werkstätte, Bauhöfe etc. gehören dem Volke. Den Eigenthümern wird eine durch Sachverständige zu bestimmende Entschädigung gezahlt. 10) Alle Gefängnißwärter, die sich hart gegen die Junigefangenen betragen, sind zu erschießen. 11) Alle, welche die Republik verläugneten oder sie nur aus Politik und gezwungen annahmen, sind zu erschießen. 12) Alle Verwalter, Geranten und Redaktoren reaktionärer Journale sind ohne Weiteres zu erschießen. 13) Alle Polizeiagenten, welche in den Präfektur-Registern stehen, sind zu erschießen. 14) Alle diejenigen, welche muthwillig der Republik irgend eine Gefahr heraufbeschwören, sind zu erschießen. 15) Jedes Individuum, zu dessen Kenntniß der Bruch irgend eines der obigen Artikel gelangen sollte, und ihn nicht meldet, ist zu strafen. 16) Aller und jeglicher Zins, der vom Kapital bisher gezahlt wurde, ist von der demokratisch-socialen Republik abgeschafft.‥‥“</p> <p>Solches berichtet die berüchtigte „Gazette des Tribunaux“ die bekanntlich in Polizei-Lügen ihres Gleichen sucht.</p> <p>‒ Die Marseiller Post brachte der Union folgenden Brief Cabrera's:</p> <p>„<hi rendition="#g">Marseille,</hi> 27. April. An den Redakteur der <hi rendition="#g">Union.</hi> Ich wurde arretirt in einem Hause, das an der äußersten Gränze liegt und wohin ich mich begab, um eine Mission zu erfüllen und nicht als Flüchtling, wie man behauptet, denn ich schlug den Feind seit 3 Tagen und zerstreute ihn. Eben treffe ich in Marseille ein und erfahre, daß ich unter Eskorte nach Toulon transportirt werden soll. Ich habe nur so viel Zeit, um Ihnen diese Zeilen zu schreiben, damit Sie bei den Ministern und dem Präsidenten der Republik die zu meiner Befreiung nöthigen Schritte thun können. Wie? Unter der Herrschaft der Freiheit würde ein Fremder eben so behandelt, wie unter der infamen Tyrannei Louis Philipp's? Ich kann das nicht glauben und habe Vertrauen in Ihre Regierung! Ich erwarte Ihre Antwort mit Ungeduld. Sie wird hoffentlich von einem Befreiungsdekret begleitet sein und von der Weisung, mich an irgend eine Gränze der franz. Republik zu führen. Genehmigen Sie die Versicherung meiner innigsten Hingebung und meiner alten Freundschaft.“</p> <p>(gez.) <hi rendition="#g">Cabrera.</hi> </p> <p>‒ Die heutige Nummer der Gazette des Tribunaux macht ungeheueres Aufsehen. Sie bringt Auszüge aus den Papieren, die bei Entdeckung des Complotts vom 29. Jan. in den Clublokalen weggenommen wurden. Sind diese Auszüge kein Spionen-Gewächs?</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar289b_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 2. Mai.</head> <p>Eine ostindische Post aus Bombay vom 3. April meldet, daß in Folge des Sieges der Engländer bei Gutscherat sich Schutter Singh, Schir-Singh und noch 14 andere Häuptlinge nebst 16,000 Mann und 41 Geschützen auf Gnade und Ungnade ergeben haben.</p> </div> </div> <div type="jReadersLetters" n="1"> <div xml:id="ar289b_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Düsseldorf, 3. Mai.</head> <p><hi rendition="#g">Prozeß gegen Lassalle und Weyers.</hi> Um das Gerichtsgebäude sieht man in unerhörter Zahl die Schnapsgesichter preußischer Gensd'armen. Ueber sechszig dieser Gerechtigkeitssäulen haben alle Eingänge besetzt; wahrscheinlich um nicht sagen zu lassen, man habe Militär requirirt.</p> <p>Um 8 Uhr tritt der Gerichtshof in den Saal. Präsident ist Herr Druffel, ein ehrenwerther Mann, in dessen Gesicht westphälische Bornirtheit und ultramontaner Fanatismus sich liebenswürdig paaren.</p> <p><hi rendition="#g">Auf Befehl des Herrn Druffel sind den Journalisten die üblichen Plätze verweigert worden.</hi> Treffliches Debut des biederen Präsidenten! Selbst in dem Berliner Polenprozeß unter dem alten Regime hatten die Journalisten Plätze.</p> <p>Den Platz des öffentlichen Ministeriums nimmt Herr Potthof ein, von dessen Werth noch wenig zu sagen ist. Herr Potthof hat sich seine ersten politischen Lorbeeren in dem Prozeß Dronke's vor zwei Jahren in Koblenz verdient.</p> <p>Lassalle und Weyers sitzen auf der Anklagebank; Stühle, wie in allen civilisirten Ländern, sind ihnen nicht gestattet worden.</p> <p>Nach Wahl der Geschworenen wird die Sitzung um 8 1/2 Uhr eröffnet, und der Anklageakt verlesen.</p> <p>Während dieser Verlesung sehe ich, daß der unparteiische Präsident einem schwarz-weißen Berichterstatter der Kölner Zeitung, früherem Mitredakteur der oberprokuratorischen Schnaase-Zeitung für den Niederrhein, einen Sitzplatz hinter den Angeklagten eingeräumt hat. <hi rendition="#g">Dem Berichterstatter der Neuen Rheinischen Zeitung wurde gestern ausdrücklich dieser Platz verweigert, und zwar unter dem Vorwande, daß auf die „Estrade“</hi> <hi rendition="#b">Niemand</hi> <hi rendition="#g">zugelassen werden dürfe.</hi> Vielleicht aber betrachtet man die Berichterstatter der <hi rendition="#g">Kölnischen</hi> Zeitung als Null.</p> <p>Der Staatsprokurator leitet darauf die Prozedur mit einem sogenannten geschichtlichen Kohl ein.</p> <p>„Die Prozedur eröffne unerfreuliche Erinnerungen. Diese Unerfreulichkeit sei das Zerwürfniß der Vereinbarungsversammlung mit der Krone. Eine Partei des Umsturzes habe alle ihre Thätigkeit darauf in's Werk gesetzt. Die Geschworenen sollen jetzt die bedrohte soziale Ordnung rächen. Wenn man nicht gleich alle jene Leute vor Gericht gestellt, so geschah es, weil das Unternehmen nicht so weit vorgeschritten war. In Betreff Lassalle's aber hat die Staatsbehörde für gut befunden, auf <hi rendition="#g">alle</hi> Handlungen des Angeklagten, welche die <hi rendition="#g">Zwecke</hi> (Tendenz) von Lassalle und seiner <hi rendition="#g">Partei</hi> in's Licht setzen können, Rücksicht zu nehmen. Sie hat gegen Lassalle 13, gegen Weyers 7 Zeugen laden lassen“.</p> <p>Die Zeugen werden aufgerufen und treten in's Zeugenzimmer zurück.</p> <p>Zwei Acktenstücke, von denen im Anklageakt die Rede ist, werden verlesen und von Lassalle anerkannt.</p> <p>Auf die thatsächlichen Fragen des Präsidenten erklärt Lassalle, daß er sich des Einzelnen nicht entsinne, aber Alle im Anklageakt behaupteten Thatsachen acceptiren wolle.</p> <p>Die Verhandlung wird hier durch einen Zwischenfall gestört. Ein Polizist, Namens Grube, will den Redakteur der Neuen Rheinischen Zeitung, Herrn Bürgers, der auf dem Zeugenplatz zurückgeblieben ist, hinausweisen. Bürgers beruft sich auf den Präsidenten, welcher endlich nach einigen Aeußerungen des Unwillens im Publikum die Zulassung von Bürgers verfügt.</p> <p>Der Angeklagte Weyers giebt ebenfalls die im Anklageakt behaupteten Thatsachen zu, worauf zum Zeugenverhör geschritten wird.</p> <p>Zeuge <hi rendition="#g">Siebolt.</hi> Der Zeuge erinnert sich der Sitzung des Volksklubs, in welcher Lassalle gesprochen, und zur Wahl von Führern aufgefordert habe. Spezielles weiß er nicht mehr. Auf die Frage, ob er seine Aussage vor dem Instruktionsrichter anerkenne, sagt der Zeuge: „Ich habe das damals so gesagt, ich bin ein armer Familienvater…‥“ Der Präsident schneidet ihm mit andern Fragen das Wort ab. Auf nochmalige Fragen sagt der Zeuge: „Vor dem Instruktionsrichter war ich vor lauter Elend zu <hi rendition="#g">bang,</hi> um dem Richter zu widersprechen; ich weiß von nichts!“</p> <p>Zeuge Rosselle, Schreiner, erklärt Mitglied eines Barrikadenclubs gewesen zu sein. Dieser Club wäre blos „Jux„ gewesen. Lasalle habe ihm <hi rendition="#g">keinen</hi> Auftrag zum Bau der Barrikade an der Ritterstraße gegeben. Seine gegentheilige Aussage vor dem Instruktionsrichter nimmt er zurück. In der Versammlung in der Bockhalle sei von Barrikaden gesprochen worden; man habe gerufen, Rosellen muß uns helfen, worauf er, der Zeuge, Ja gesagt. Lasalle, wiederholt er, habe ihm <hi rendition="#g">keinen</hi> Auftrag gegeben.</p> <p>Zeuge Lorenz Grafen, Stellvertreter des Bürgerwehrkommandanten, erklärt auf die Frage, ob Lasalle der Bürgerwehr vorgeschlagen habe, die übriggebliebene Munition des Schützenvereins zu nehmen; die Aufregung nach der Auflösung der Vereinbarungsversammlung sei der Art gewesen, daß die Bürgerwehr <hi rendition="#g">allgemein</hi> das Bedürfniß zur Anschaffung der Munition selbst gefühlt habe.</p> <p>Der Zeuge sagt, Lasalle habe nicht gegen die königl. Gewalt, sondern gegen das hochverrätherische Ministerium Brandenburg und zum Schutz der Volksrechte aufgefordert. Die Stimmung sei bei allen Leuten damals dieselbe gewesen. Er selbst, der Zeuge, habe die Ansicht Lasalle's den Worten der Fürsten nicht zu glauben, <hi rendition="#g">damals</hi> nicht getheilt (Gelächter), Lasalle aber habe nichts angerathen, was nicht er, der Zeuge, als nothwendig mitgefühlt habe.</p> <p>Auf eine Frage des Staats-Prokurators, gesteht der Zeuge, im Volksklub oftmals in seiner Bürgerwehrstellung angegriffen worden zu sein, aber nicht <hi rendition="#g">deshalb</hi> seine Stelle niedergelegt zu haben. Der Zeuge war mit Lassalle damals nicht besonders befreundet, er war damals (Gelächter) Konstitutioneller und glaubte noch an eine ruhige Fortentwicklung; Lassalle that nichts weiter, als daß er diese Ansicht bekämpfte, und zum bewaffneten Schutz der Volksrechte auffordete. Der Zeuge wird bei Erwähnung des Ministeriums Brandenburg immer lebhafter und giebt eine vollkommene Apologie des „politischen Standpunktes“von Lassalle.</p> <p>Zeuge Hesemann, Chef der Bürgerwehr von Neuß. In einer Bürgerwehrversammlung zu Neuß hatten sich fremde, nicht zu der Bürgerwehr gehörige Leute eingedrängt. Ob Jemand zur Bewaffnung aufgefordert, könne er nicht sagen; er habe nur gehört, daß Jemand den Leuten zugerufen, im Zeughaus seien Waffen vorhanden.</p> <p>Der Vertheidiger macht darauf aufmerksam, daß der Zeuge keinen der beiden Angeklagten nenne und daß nicht die Angeklagten denselben vorgeladen.</p> <p>Zeuge Hohmann, Geschäftsmann in Neuß. Weyers sei am 29. Nov. in Neuß in einem Bierhause erschienen und habe die Gäste zu einer Volksversammlung eingeladen. Gleich darauf sei auch Lassalle gekommen und habe auf die Nachricht, daß der Bürgermeister das Ausschellen der Volksversammlung so spät am Abend verboten, die Wirthshausschelle genommen und Weyers mit Ausschellen beauftragt.</p> <p>Auf die weise Frage des unsterblichen Staatsprokurators Potthof, „ob bei Neuß eine Batterie sei.“ weiß der Zeuge nichts zu sagen.</p> <p>Zeuge Eduard Kur. Lassalle habe in der Versammlung vom 29. Nov. zu Neuß über die Steuerverweigerung gesprochen, und zur Bewaffnung ermahnt. Die Düsseldorfer hätten vom Gemeinderath Munition erhalten und die Neußer müßten dasselbe thun. Ob Lassalle von der Eventualität gesprochen, wenn der Neußer Gemeinderath die Munition verweigere, weiß der Zeuge nicht zu sagen.</p> <p>Nach Lassalle habe Weyers gesprochen, dessen Rede keinen Eindruck gemacht, und dessen Worten der Zeuge nicht gefolgt sei.</p> <p>Zeuge Zinksem, Gerichtsvollzieher in Neuß. In der Neußer Volksversammlung habe Lassalle über die politischen Zustände gesprochen, von dem passiven Widerstand der Vereinbarer-Versammlung den man mit dem aktiven unterstützen müsse. Bei Gelegenheit der Steuerverweigerung habe er gesagt, wenn die Steuerboten kämen, müsse man ihnen den Hals brechen, worauf die Versammlung gelacht habe. Auch von „Losgehen in Düsseldorf“ habe er gesprochen; der Zeuge weiß jedoch nichts Bestimmtes darüber, da ihm der Zusammenhang durch die häufigen Beifallsunterbrechungen entgangen sei.</p> <p>Zeuge Max Joseph Schmitz, Kaufmann in Neuß. Lasalle habe in Neuß zur Wahl einer Commission für Beschaffung von Munition aufgefordert. Nach ihm sei Weyers aufgetreten, der sehr heftig und grob gegen den König gesprochen habe und dem Zeugen sehr aufgereizt vorgekommen sei.</p> </div> </div> <div> <bibl>Redakteur en chef <editor>Karl Marx.</editor> </bibl> </div><lb/> <div n="1"> <head>Frucht- und Fourage-Preise vom 16. bis 30. 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an, der anfänglich von ihr zurückgestoßen ward, und die Union Electorale, diese Hülfsanstalt der Rue Poitiers setzt hinter einen Thiers und Molé noch republikanische Namen, wie Marie, Arago, Goudchaux und den honetten Junischlächter Cavaignac. Auch die Napoleoniden erhalten ihr gebührendes Lob: der Name Napoleon müsse ein Symbol sein, und man müßte in Napoleon die Besonnenheit und Festigkeit verehren. D Kalb von Straßburg, o Ochse von Boulogne ‒ du bist für Fould ein Elephant geworden!
„Die Republik, sagen diese Herren, ist gegründet; es handelt sich darum, die Politik auszumitteln, die ihr am meisten zusagt; es handelt sich darum zu wissen, ob die Familie, wie sie von Gott gegeben, dies Eigenthum, wie es durch die bürgerlichen Gesetze festgesetzt ist und die Religion, in ihrer Unverletzlichkeit aufrecht gehalten werden sollen.“ Alle Bourgeois-Parteien wollen also verzichten auf Könige und Fürsten, wie sie auch immerhin heißen mögen: Napoleon soll der Sündenbock sein, um den sie alle sich gruppiren wollen. Ja, und der Jude Fould räumt sogar dem Jesuiten Montalembert die Religion und den Pabst ein; Thiers muß sogar seinen Ingrimm gegen Guizot verbeißen; und das alles der demokratischen Partei zu Liebe, oder vielmehr dem Eigenthum, dem Bourgeois-Eigenthum zu Liebe, das in der Wahlagitation zum zweiten Male auf dem Spiele steht.
12 Paris, 2. Mai. Die Bauern haben ihre eigene Logik: in einem Departement Frankreichs, wo der Herzog v. Joinville viele Güter hat, bestehen dieselben darauf, den Königssohn zum Deputirten wählen zu wollen, aus dem alleinigen Grunde, weil sie Napoleon zum Präsidenten gewählt hätten. Die Lage dieser beiden Männer scheint ihnen völlig identisch, ungeachtet aller Gegenvorstellungen Faucher's und Barrot's oder vielmehr gerade wegen dieser Gegenvorstellungen. Joinville ist verbannt; Joinville gehört zu jenen dynastischen Familien, deren Sprößlinge keine Volksrepräsentanten werden können? Und zu welcher Familie gehörte denn der Sprößling Napoleon? Die chronologischen Distinktionen des Herrn Barrot, der vor einem Jahre noch sich des Grafen von Paris so väterlich annahm, werden recht herzlich von ihnen verlacht. Es sind dies die possierlichen Zwischenspiele in der großen Wahlangelegenheit, und es ist immer erfreulich zu sehen, wie die Bourgeoisie in ihren eigenen Fäden gefangen wird.
Neben diesen dynastischen Unannehmlichkeiten hat Napoleon auch seinen Familienverdruß. Der Sohn des Exkönigs Jerome, Napoleon Bonaparte, Exgesandter in Madrid, ist aufrührerisch, rebellisch geworden gegen seinen leiblichen Vetter und Herrn, den Präsidenten Napoleon: so sagen die reaktionären Blätter. Er erlaubt sich, die politische Richtung seines Vetters zu tadeln, und die Bauern haben sich erlaubt zu denken: der Napoleon, den wir gewählt haben, ist doch nicht der rechte gewesen; wir können uns doch wohl geirrt haben: der wahre, echte Napoleon, das ist vielleicht Napoleon Bonaparte, Sohn des Jerome; den müssen wir dieses Mal wählen. Und so war es denn nahe daran, daß in den bevorstehenden Wahlen der Napoleon Bonaparte, Sohn Jerome's an Louis Napoleons Stelle in sehr vielen Wahlkollegen gewähl werden sollte, und das hätte förmlich den Ruhm des echten Napoleons verdunkelt. Da hatte dann der Präsident Napoleon den klugen Einfall, ihn öffentlich zu blamiren, durch die Zurückberufung von seinem Gesandtschaftsposten. Das war doch gewiß ein gewaltiger Staatsstreich! Armer Präsident!
Inmitten diesen kleinlichen Intriguen, fährt die Rue de Poitiers in ihrem Bestreben fort, „die Gesellschaft retten zu wollen.“ Es handelt sich für sie nicht um diese oder jene Branche, es handelt sich für sie um die Gesellschaft im Allgemeinen. Frägt man die Rue de Poitiers: Warum ist die ältere Branche der Bourbonen untergegangen? so lautet die Antwort, weil sie die Erhaltung der Gesellschaft zwar wollte, aber einer Gesellschaft nach ihrer Manier. Frägt man weiter: Warum ist die Dynastie Louis Philipps untergegangen? so lautet wiederum die Antwort: weil die Gesellschaft, deren Erhaltung sie zwar auch aufrichtig wollte, eine Gesellschaft in dem Sinne Louis Philipp's war. Und was ist die Gesellschaft in dem Sinne der Rue Poitiers? Die Religion, die Familie, das Eigenthum. Und Louis Philipp und Charles X. wollten sie vielleicht nicht die Erhaltung der Religion, der Familie, des Eigenthums? Doch gewiß; aber ihrer Religion, ihrer Familie, ihres Eigenthums, während die Rue de Poitiers die Erhaltung ihrer Religion, ihres Eigenthums, ihrer Familie will, das Eigenthum, die Familie und Religion der Thiers, Cavaignac, Falloux, Changarnier und Berryer etc. etc.
Als Fould zu Herrn Goudchaux kam, und ihm die Zahlungseinstellung der Rentencoupons vorschlug zu Gunsten des Handels und der Industrie, da wollte Fould vor allen Dingen das Eigenthum seiner Gesellschaft, der kleinen Bourgeois-Gesellschaft, retten, auf Kosten der großen. Die revolutionäre Partei hatte damals Mittel in Händen, die beiden konkurrirenden Gesellschaften zu vereinigen durch Beschlagnahme ihres beiderseitigen Eigenthums, d. h. indem sie sowohl Renten, als Aktien und Hypotheken einstweilen in Beschlag nahm. Mit der Vergütung hätte sie sich später abfinden können. Zudem hatte Rothschied ja noch sein unter Guizot geschlossenes Anleihen zu erfüllen, und der damalige niedrige Stand der Kurse hätte nothwendiger Weise den Ruin Rothschild's und die Rettung der Gesellschaft zu Wege gebracht. Die provisorische Regierung nahm keine von diesen Maßregeln vor, und sie ‒ fiel. Jetzt kommt die Gesellschaft der Fould und Rothschild vereint, und will die Gesellschaft retten: nicht die Gesellschaft der ältern und jüngern Bourbonen, nicht die Gesellschaft Napoleon's und Barroth's, sondern die Gesellschaft im Allgemeinen: d. h. Eigenthum, Religion und Familie. Heißt das etwas anderes als die Gesellschaft der Fould's und Rothschild's: die Gesellschaft der vereinigten Kapitalisten, Juden und Jesuiten, mit dem einzigen Unterschiede, daß, statt der königlichen Namen, der königlichen Titelträger, jetzt die wirklichen Eigenthümer, die wirklichen Religionssekten nahmhaft gemacht werden. Montalembert; Fould und Thiers: was bedarf es mehr, um die Geschellschaft zu schildern, die gerettet werden soll. Der ehrliche Barrot ist weiter nichts als die Etiquette, das unkauscher gewordene Aushängeschild dieser zu rettenden Gesellschaft.
Paris, 1. Mai. Programm der rothen Republik, wie es angeblich bei den verhafteten Gliedern der Solidarität gefunden wurde. Dekretsentwürfe: Erste Serie. 1) Volle Amnestie für alle politischen Gefangenen seit dem 24. Febr. 2) Widerruf des Dekrets der provis. Regierung, das die politische Todesstrafe abschafft. 3) Einstellung aller Zahlungen aus dem Staatsschatze. 4) Einstellung aller Zahlung von Haus- und Wohnungsmiethe. Verweigerung jeder gerichtlichen Verfolgung dieser Art. 5) Errichtung von Revolutionstribunalen in allen Gemeinden der Republik. 6) Aufhebung der großen Bank und Beförderung aller baaren Geldvorräthe in das Finanzministerium. 7) Alle Gehalte werden auf höchstens 5000 Frk. herabgesetzt. 8) Wer einen Paß in das Ausland haben will, erlegt 50,000 Frken. 9) Kein Priester oder Pastor erhält Staatsgehalt. 10) Es ist sofort ein überall anzunehmendes Papiergeld zu schaffen. 11) Die Bürgerwehr ist zu entwaffnen und eine Volkswehr zu errichten, und ein Dekret zu erlassen, daß alle Geldwechsler, Handelsleute, Krämer u. s. w. untauglich erklärt, in diese Volkswehr (garde populaire) aufgenommen zu werden. 12) Gegen alle Verfertiger antidemokratischer Gesetzentwürfe ist Untersuchung einzuleiten. 13) Jeden, der auch nur den leisesten Versuch zur Zerstörung der Centralstaatsverwaltung macht, zu deportiren und sein Eigenthum zu konfisziren. 14) Departements welche Miene machen, sich vom Centralstaat loszureißen und Föderationen zu bilden, mit Zwangssteuer zu belegen. 15) Strenge Geldstrafen für alle reaktionäre Blätter und Redaktoren. 16) Alle Stellen nur durch erprobte Patrioten und Märtyrer der Tyrannei zu besetzen. 17) Herstellung der rothen Fahne.
Zweite Serie: 1) Sobald die Volksrevolution siegreich, marschirt das Volk gegen die National-Versammlung und erschießt die Reaktionäre. Jedes Individuum, das diesen Akt der Gerechtigkeit verhindern will, wird erschossen. 2) Das Volk bemächtigt sich sofort des Ministeriums des Innern und aller telegraphischen Linien. An die Gränzämter ergeht der Befehl, kein Individuum ohne Erlaubniß, bei Todesstrafe auswandern zu lassen. 3) Die Präfektur ist zu erstürmen und alle darin befindlichen Individuen niederzuschießen. 4) Jedermann, der sich durch einen Paß flüchten will, ist niederzuschießen. 5) Die Regierung besteht aus Triumvirn. Jedes Gefühl der Uneinigkeit oder des Hasses unter diesen Dreimännern ist vom Volk sofort zu bestrafen. 6) Alle Mehl- und Getreidehändler haben gegen Entschädigung die nöthigen Vorräthe zu liefern bei Todesstrafe. 7) Paris und alle bedeutenden Städte sind in Kriegsstand zu erklären. 8) Die Bürgerwehr ist binnen 24 Stunden zu entwaffnen. Die diesfälligen Maßregeln sind den Juniverurtheilten zu übertragen. 9) Alle Fabriken, große Werkstätte, Bauhöfe etc. gehören dem Volke. Den Eigenthümern wird eine durch Sachverständige zu bestimmende Entschädigung gezahlt. 10) Alle Gefängnißwärter, die sich hart gegen die Junigefangenen betragen, sind zu erschießen. 11) Alle, welche die Republik verläugneten oder sie nur aus Politik und gezwungen annahmen, sind zu erschießen. 12) Alle Verwalter, Geranten und Redaktoren reaktionärer Journale sind ohne Weiteres zu erschießen. 13) Alle Polizeiagenten, welche in den Präfektur-Registern stehen, sind zu erschießen. 14) Alle diejenigen, welche muthwillig der Republik irgend eine Gefahr heraufbeschwören, sind zu erschießen. 15) Jedes Individuum, zu dessen Kenntniß der Bruch irgend eines der obigen Artikel gelangen sollte, und ihn nicht meldet, ist zu strafen. 16) Aller und jeglicher Zins, der vom Kapital bisher gezahlt wurde, ist von der demokratisch-socialen Republik abgeschafft.‥‥“
Solches berichtet die berüchtigte „Gazette des Tribunaux“ die bekanntlich in Polizei-Lügen ihres Gleichen sucht.
‒ Die Marseiller Post brachte der Union folgenden Brief Cabrera's:
„Marseille, 27. April. An den Redakteur der Union. Ich wurde arretirt in einem Hause, das an der äußersten Gränze liegt und wohin ich mich begab, um eine Mission zu erfüllen und nicht als Flüchtling, wie man behauptet, denn ich schlug den Feind seit 3 Tagen und zerstreute ihn. Eben treffe ich in Marseille ein und erfahre, daß ich unter Eskorte nach Toulon transportirt werden soll. Ich habe nur so viel Zeit, um Ihnen diese Zeilen zu schreiben, damit Sie bei den Ministern und dem Präsidenten der Republik die zu meiner Befreiung nöthigen Schritte thun können. Wie? Unter der Herrschaft der Freiheit würde ein Fremder eben so behandelt, wie unter der infamen Tyrannei Louis Philipp's? Ich kann das nicht glauben und habe Vertrauen in Ihre Regierung! Ich erwarte Ihre Antwort mit Ungeduld. Sie wird hoffentlich von einem Befreiungsdekret begleitet sein und von der Weisung, mich an irgend eine Gränze der franz. Republik zu führen. Genehmigen Sie die Versicherung meiner innigsten Hingebung und meiner alten Freundschaft.“
(gez.) Cabrera.
‒ Die heutige Nummer der Gazette des Tribunaux macht ungeheueres Aufsehen. Sie bringt Auszüge aus den Papieren, die bei Entdeckung des Complotts vom 29. Jan. in den Clublokalen weggenommen wurden. Sind diese Auszüge kein Spionen-Gewächs?
Großbritannien. * London, 2. Mai. Eine ostindische Post aus Bombay vom 3. April meldet, daß in Folge des Sieges der Engländer bei Gutscherat sich Schutter Singh, Schir-Singh und noch 14 andere Häuptlinge nebst 16,000 Mann und 41 Geschützen auf Gnade und Ungnade ergeben haben.
* Düsseldorf, 3. Mai. Prozeß gegen Lassalle und Weyers. Um das Gerichtsgebäude sieht man in unerhörter Zahl die Schnapsgesichter preußischer Gensd'armen. Ueber sechszig dieser Gerechtigkeitssäulen haben alle Eingänge besetzt; wahrscheinlich um nicht sagen zu lassen, man habe Militär requirirt.
Um 8 Uhr tritt der Gerichtshof in den Saal. Präsident ist Herr Druffel, ein ehrenwerther Mann, in dessen Gesicht westphälische Bornirtheit und ultramontaner Fanatismus sich liebenswürdig paaren.
Auf Befehl des Herrn Druffel sind den Journalisten die üblichen Plätze verweigert worden. Treffliches Debut des biederen Präsidenten! Selbst in dem Berliner Polenprozeß unter dem alten Regime hatten die Journalisten Plätze.
Den Platz des öffentlichen Ministeriums nimmt Herr Potthof ein, von dessen Werth noch wenig zu sagen ist. Herr Potthof hat sich seine ersten politischen Lorbeeren in dem Prozeß Dronke's vor zwei Jahren in Koblenz verdient.
Lassalle und Weyers sitzen auf der Anklagebank; Stühle, wie in allen civilisirten Ländern, sind ihnen nicht gestattet worden.
Nach Wahl der Geschworenen wird die Sitzung um 8 1/2 Uhr eröffnet, und der Anklageakt verlesen.
Während dieser Verlesung sehe ich, daß der unparteiische Präsident einem schwarz-weißen Berichterstatter der Kölner Zeitung, früherem Mitredakteur der oberprokuratorischen Schnaase-Zeitung für den Niederrhein, einen Sitzplatz hinter den Angeklagten eingeräumt hat. Dem Berichterstatter der Neuen Rheinischen Zeitung wurde gestern ausdrücklich dieser Platz verweigert, und zwar unter dem Vorwande, daß auf die „Estrade“ Niemand zugelassen werden dürfe. Vielleicht aber betrachtet man die Berichterstatter der Kölnischen Zeitung als Null.
Der Staatsprokurator leitet darauf die Prozedur mit einem sogenannten geschichtlichen Kohl ein.
„Die Prozedur eröffne unerfreuliche Erinnerungen. Diese Unerfreulichkeit sei das Zerwürfniß der Vereinbarungsversammlung mit der Krone. Eine Partei des Umsturzes habe alle ihre Thätigkeit darauf in's Werk gesetzt. Die Geschworenen sollen jetzt die bedrohte soziale Ordnung rächen. Wenn man nicht gleich alle jene Leute vor Gericht gestellt, so geschah es, weil das Unternehmen nicht so weit vorgeschritten war. In Betreff Lassalle's aber hat die Staatsbehörde für gut befunden, auf alle Handlungen des Angeklagten, welche die Zwecke (Tendenz) von Lassalle und seiner Partei in's Licht setzen können, Rücksicht zu nehmen. Sie hat gegen Lassalle 13, gegen Weyers 7 Zeugen laden lassen“.
Die Zeugen werden aufgerufen und treten in's Zeugenzimmer zurück.
Zwei Acktenstücke, von denen im Anklageakt die Rede ist, werden verlesen und von Lassalle anerkannt.
Auf die thatsächlichen Fragen des Präsidenten erklärt Lassalle, daß er sich des Einzelnen nicht entsinne, aber Alle im Anklageakt behaupteten Thatsachen acceptiren wolle.
Die Verhandlung wird hier durch einen Zwischenfall gestört. Ein Polizist, Namens Grube, will den Redakteur der Neuen Rheinischen Zeitung, Herrn Bürgers, der auf dem Zeugenplatz zurückgeblieben ist, hinausweisen. Bürgers beruft sich auf den Präsidenten, welcher endlich nach einigen Aeußerungen des Unwillens im Publikum die Zulassung von Bürgers verfügt.
Der Angeklagte Weyers giebt ebenfalls die im Anklageakt behaupteten Thatsachen zu, worauf zum Zeugenverhör geschritten wird.
Zeuge Siebolt. Der Zeuge erinnert sich der Sitzung des Volksklubs, in welcher Lassalle gesprochen, und zur Wahl von Führern aufgefordert habe. Spezielles weiß er nicht mehr. Auf die Frage, ob er seine Aussage vor dem Instruktionsrichter anerkenne, sagt der Zeuge: „Ich habe das damals so gesagt, ich bin ein armer Familienvater…‥“ Der Präsident schneidet ihm mit andern Fragen das Wort ab. Auf nochmalige Fragen sagt der Zeuge: „Vor dem Instruktionsrichter war ich vor lauter Elend zu bang, um dem Richter zu widersprechen; ich weiß von nichts!“
Zeuge Rosselle, Schreiner, erklärt Mitglied eines Barrikadenclubs gewesen zu sein. Dieser Club wäre blos „Jux„ gewesen. Lasalle habe ihm keinen Auftrag zum Bau der Barrikade an der Ritterstraße gegeben. Seine gegentheilige Aussage vor dem Instruktionsrichter nimmt er zurück. In der Versammlung in der Bockhalle sei von Barrikaden gesprochen worden; man habe gerufen, Rosellen muß uns helfen, worauf er, der Zeuge, Ja gesagt. Lasalle, wiederholt er, habe ihm keinen Auftrag gegeben.
Zeuge Lorenz Grafen, Stellvertreter des Bürgerwehrkommandanten, erklärt auf die Frage, ob Lasalle der Bürgerwehr vorgeschlagen habe, die übriggebliebene Munition des Schützenvereins zu nehmen; die Aufregung nach der Auflösung der Vereinbarungsversammlung sei der Art gewesen, daß die Bürgerwehr allgemein das Bedürfniß zur Anschaffung der Munition selbst gefühlt habe.
Der Zeuge sagt, Lasalle habe nicht gegen die königl. Gewalt, sondern gegen das hochverrätherische Ministerium Brandenburg und zum Schutz der Volksrechte aufgefordert. Die Stimmung sei bei allen Leuten damals dieselbe gewesen. Er selbst, der Zeuge, habe die Ansicht Lasalle's den Worten der Fürsten nicht zu glauben, damals nicht getheilt (Gelächter), Lasalle aber habe nichts angerathen, was nicht er, der Zeuge, als nothwendig mitgefühlt habe.
Auf eine Frage des Staats-Prokurators, gesteht der Zeuge, im Volksklub oftmals in seiner Bürgerwehrstellung angegriffen worden zu sein, aber nicht deshalb seine Stelle niedergelegt zu haben. Der Zeuge war mit Lassalle damals nicht besonders befreundet, er war damals (Gelächter) Konstitutioneller und glaubte noch an eine ruhige Fortentwicklung; Lassalle that nichts weiter, als daß er diese Ansicht bekämpfte, und zum bewaffneten Schutz der Volksrechte auffordete. Der Zeuge wird bei Erwähnung des Ministeriums Brandenburg immer lebhafter und giebt eine vollkommene Apologie des „politischen Standpunktes“von Lassalle.
Zeuge Hesemann, Chef der Bürgerwehr von Neuß. In einer Bürgerwehrversammlung zu Neuß hatten sich fremde, nicht zu der Bürgerwehr gehörige Leute eingedrängt. Ob Jemand zur Bewaffnung aufgefordert, könne er nicht sagen; er habe nur gehört, daß Jemand den Leuten zugerufen, im Zeughaus seien Waffen vorhanden.
Der Vertheidiger macht darauf aufmerksam, daß der Zeuge keinen der beiden Angeklagten nenne und daß nicht die Angeklagten denselben vorgeladen.
Zeuge Hohmann, Geschäftsmann in Neuß. Weyers sei am 29. Nov. in Neuß in einem Bierhause erschienen und habe die Gäste zu einer Volksversammlung eingeladen. Gleich darauf sei auch Lassalle gekommen und habe auf die Nachricht, daß der Bürgermeister das Ausschellen der Volksversammlung so spät am Abend verboten, die Wirthshausschelle genommen und Weyers mit Ausschellen beauftragt.
Auf die weise Frage des unsterblichen Staatsprokurators Potthof, „ob bei Neuß eine Batterie sei.“ weiß der Zeuge nichts zu sagen.
Zeuge Eduard Kur. Lassalle habe in der Versammlung vom 29. Nov. zu Neuß über die Steuerverweigerung gesprochen, und zur Bewaffnung ermahnt. Die Düsseldorfer hätten vom Gemeinderath Munition erhalten und die Neußer müßten dasselbe thun. Ob Lassalle von der Eventualität gesprochen, wenn der Neußer Gemeinderath die Munition verweigere, weiß der Zeuge nicht zu sagen.
Nach Lassalle habe Weyers gesprochen, dessen Rede keinen Eindruck gemacht, und dessen Worten der Zeuge nicht gefolgt sei.
Zeuge Zinksem, Gerichtsvollzieher in Neuß. In der Neußer Volksversammlung habe Lassalle über die politischen Zustände gesprochen, von dem passiven Widerstand der Vereinbarer-Versammlung den man mit dem aktiven unterstützen müsse. Bei Gelegenheit der Steuerverweigerung habe er gesagt, wenn die Steuerboten kämen, müsse man ihnen den Hals brechen, worauf die Versammlung gelacht habe. Auch von „Losgehen in Düsseldorf“ habe er gesprochen; der Zeuge weiß jedoch nichts Bestimmtes darüber, da ihm der Zusammenhang durch die häufigen Beifallsunterbrechungen entgangen sei.
Zeuge Max Joseph Schmitz, Kaufmann in Neuß. Lasalle habe in Neuß zur Wahl einer Commission für Beschaffung von Munition aufgefordert. Nach ihm sei Weyers aufgetreten, der sehr heftig und grob gegen den König gesprochen habe und dem Zeugen sehr aufgereizt vorgekommen sei.
Redakteur en chef Karl Marx.
Frucht- und Fourage-Preise vom 16. bis 30. April. _
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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