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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 286. Köln, 1. Mai 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 286. Köln, Dienstag, den 1. Mai. 1849

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. - Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. - Nur frankirte Briefe werden angenommen. - Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Die contrerevolutionären Pläne in Berlin). Hillesheim. (Mein herrliches Kriegsheer). Berlin. (Aufregung. - Conflikte. Verhaftungen). Breslau. (Polizeichikanen. - Ladstockgrazie). Wien. (Die neuen ungarischen Anweisungen). Schleswig-Holstein. (Die Auflösungsfrage erledigt. - Rekognoscirung. - Die Spitäler). Frankfurt. (Die Differenzen mit dem Reichsverweser. - Publikation der Reichsverfassung. - Eine Aufforderung an die Abgeordneten. - Aufregung in München). Stuttgart. (Der König und seine Umgebung).

Ungarn. (Vom Kriegsschauplatz). Belgrad. (Russische Hülfe und östreichische Orden).

Italien. (Aus Piemont, Toskana, Rom, Palermo). Livorno. (Widerstand gegen die Reaktion). Florenz. (Verhaftsbefehl)

Französische Republik. Paris. (Vermischtes. - National-Versammlung).

Großbritannien. London. (Parlament).

Deutschland.
* Köln, 30. April.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
146 Hillesheim, 28. April.

Im August vorigen Jahres wurde unter der Ueberschrift: "Preußische Humanität," in dieser Zeitung berichtet, daß ein auf dem Marsche erkrankter Rekrut Morgens noch für marschfähig erklärt, und Abends in Hillesheim gestorben sei. Mit Bezug auf diese Thatsache haben wir jetzt nachträglich zu melden, daß der die Obduktion der Leiche leitende Arzt, Dr. Neukirch, die vielen auf den Transport und die ärztliche Behandlung des Erkrankten sich beziehenden, in den Eifelortschaften weitverbreiteten Gerüchte in den ersten, d. h. in den erzählenden Theil seines Berichts aufgenommen hatte, und daß er aus dem Leichenbefunde in seinem Gutachten den Beweis führte: der Rekrut ist an Entzündung und Brand der dicken Lunge und an brandiger Entzündung eines großen Theils der Gedärme gestorben - nicht aber an Gehirnentzündung, woran derselbe angeblich gelitten haben sollte.

Die angeführten Gerüchte und einige andere mißliebige Aeußerungen über Uebelstände in unserem "herrlichen Kriegsheer," zogen dem berichterstattenden Arzte eine Untersuchung wegen Calumnie, dann aber, weil diese Anklage selbst dem eifrigsten öffentlichen Ankläger unhaltbar erscheinen mochte, wegen Beleidigung durch Worte und in dienstlicher, amtlicher Beziehung auf den Hals. Das Schönste bei der ganzen Geschichte ist der Umstand, daß in dem ganzen Berichte der Name des sich im Amte beleidigt fühlenden Offiziers gar nicht, und des sich ebenfalls im Amte beleidigt fühlenden Arztes blos genannt wird, weil er dem Dr. Neukirch vor der Leichenöffnung gesagt habe: "der Rekrut sei an Gehirnentzündung gestorben."

Trotz alledem suchte bei der am 14. April an dem Zuchtpolizeigerichte zu Trier stattgehabten Verhandlung das öffentliche Ministerium die Anklage aufrecht zu halten und wollte die zur Mode gewordenen Artikel 222-224 in Anwendung gebracht wissen. Das Gericht sprach den Angeklagten frei.

Hillesheim und einige umliegende Ortschaften waren gestern wiederum beglückt mit einer Einqurtierung nach Luxemburg marschirender Rekruten; 6 davon waren krank; der sie begleitende Militärarzt sagte in der Apotheke, daß er Fieberkranke habe, daß er mit seinem Arzneivorrath gegen diese Krankheitsformen nichts ausrichten könne, daß er aber andere, namentlich theure Arzneien nicht verschreiben dürfe. Der Apotheker Veting sagte ihm hierauf, er solle nur kühn verschreiben, er (der Apotheker) würde schon für die Bezahlung sorgen, sollte sie aber höheren Orts verweigert werden, so schenke er sie den kranken Rekruten. Arznei wurde nicht verschrieben, vielleicht weil die Fieberkranken inzwischen genesen waren, oder auch weil der Militärarzt der Geschichte doch nicht traute. Herrliches Kriegsheer! das jährlich 30 Millionen verschlingt und bei dem mit Arzneien geknausert wird.

* Berlin, 28. April.

Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Nachricht der Auflösung der zweiten Kammer durch die Stadt. Es sammelten sich trotz Konstabler, trotz des Belagerungszustandes, zahlreiche Gruppen auf dem Döhnhofsplatz vor dem Kammergebäude. Den ganzen Nachmittag hindurch wogte das Volk auf diesem Platz auf und ab. Das Unerwartete besonders brachte die Aufregung hervor.

Selbst Griesheim (?), selbst Grabow hatten nichts geahnt (?). Griesheim erklärte das auf sein Ehrenwort, und Grabow sagte auf eine betreffende Frage, ich habe mit diesem Ministerium nie etwas zu thun gehabt.

Eine kurze stürmische Sitzung vereinigte die Mitglieder der Linken in der Conversationshalle.

Gegen Abend wurden die Attrouppements bedeutender, die gerechte Aufregung machte sich Bahn, das Volk war erbittert über diese neue Maßregel der bewaffneten Reaktion. Mehrere Zusammenstöße mit den Konstablern fanden Statt, welche Einzelne vom Volke verhafteten. Die Constabler wurden einmal von ihrem Oberst, dem Polizeirath Winkler, zurückgezogen, aber dann wieder dem Volke entgegengestellt.

Gegen 7 Uhr endlich wurden Detachements vom Kaiser-Franz-Regiment, vom März her genügend bekannt, zugezogen und wurden vom Volke mit Pfeifen und Zischen empfangen. Das Militär manövrirte derartig, daß es an allen Ecken des Platzes stand, und das Volk in einen Winkel zusammendrängte. Ohne Veranlassung wurde zum erstenmale getrommelt. Wo sollte das Volk hin? Alle Ausgänge waren besetzt.

Es wurde zum zweitenmale getrommelt. Etwa zehn Minuten vergingen, dann trommelte man zum drittenmale, und wie der Donner auf den Blitz folgte die Salve.

Drei Männer und eine Frau sanken todt zur Erde nieder. Auf der Polizei sind sechs Todte und 15 Verwundete gemeldet. Auf die Conversationshalle, wo die Abgeordneten sich befanden, war es abgesehen. Die Kugelspuren sind noch sichtbar. Die Leichen wurden in die Conversationshalle hineingebracht. Die Abgeordneten Knauth, Behnsch und Schellenberg nahmen ein Protokoll über die Greuelthaten auf. In Behnsch Armen starb einer der Verwundeten.

Das Volk zerstob und zog sich einerseits in die Leipzigerstraße andererseits nach dem Spittelmarkt zurück. Um das Militär nachzulocken wurden zwei Säcke mit Stroh vor die Spittelkirche geworfen und angesteckt. Es flammte empor und das Militär suchte den Platz zu säubern. Es wurde natürlich geschossen, aber glücklicherweise Niemand verwundet.

Das Volk zog sich nach dem Petriplatz zurück und bauete mehrere Barrikaden. Das Militär wollte sie schnell nehmen. Als es nahe der ersten Barrikade war, wurde aus einem Hause auf die Soldaten geschossen, wohl fünf Schützen konnten da postirt gewesen sein. Das Militär erwiderte diese Schüsse mit einer vollen Salve. Heute Morgen noch zählte man in dem einen Hause sieben Kugeln und in dem d'Heureuse'schen Hause sogar fand man zwei Kugeln.

Das Volk zog sich weiter zurück.

An der vom 18. März berühmten Ecke der Breiten- und Roßstraße, wo das Kölnische Rathhaus steht, wurde nun noch eine Barrikade gebaut, und die im Rathhaus befindliche Konstablerwache gestürmt. Eine Kompagnie Garde wurde jedoch vom Schlosse abgesendet, welche die Breitestraße besetzte und diese Barrikade nahm. Das Volk zog sich überall zurück, und um 11 Uhr Abends war Alles still, nur die Ruinen der Barrikaden und die vom Militär besetzten Straßen erinnerten an den unruhigen Abend.

Die Nacht war ruhig. Bis um 1 Uhr war Alles kriegsmäßig aufgestellt. Wer auf das "Halt! wer da?" nicht antwortete, auf den wurde geschossen. Mehreren friedlichen Bürgern sausten so die Kugeln um die Ohren.

Heute Vormittags sammelten sich sehr bald, da auf dem Döhnhofsplatz heute Wochenmarkt war, neue Attrouppements. Der Unwille des Volkes war verbissen, bis die Konstabler in größern Massen herankamen. Es kamen bald mehrere Konflikte vor. Endlich und ganz plötzlich umringten 30 Konstabler einen kleinen Haufen Menschen, zogen blank und hieben ohne Ursache mit ihren Säbeln ein. Es kamen bestialische Scenen vor, so schauderhaft, daß ein Konstableroffizier den Konstablern entgegensprang und ausrief: "Seid Ihr denn toll, Ihr Bestien?!"

Grabow, Merckel, Görtz und andere Abgeordnete waren im Kammergebäude, sahen das, und waren empört über diese Scene. Kosch und Merckel gingen herunter zu den Konstablern, und machten ihrem Unwillen Luft. Grobheiten waren die Antwort.

Ein friedlicher einzelner Bürger wurde niedergehauen, als er fragte, ob er denn nicht über den Platz gehen dürfe.

Gegen Mittag wurden die Garden-Dragoner herbeigeholt, welche den Döhnhofsplatz säuberten, indem sie mit der flachen Klinge einhieben.

In diesem Augenblick (5 Uhr Nachmittags) ist die Bewegung im Wachsen. Im Laufe des Nachmittags wurde von den Dragonern mehreremals eingehauen, aber das Volk rührt sich nicht.

Grabow, der Präsident der II. Kammer hat dem Minister Manteuffel schriftlich angezeigt, daß er seinen Posten im Büreau der Kammer nicht früher verlassen werde, bis ihm der Minister durch einen Kommissar das Büreau förmlich abgenommen und ihm darüber eine Bescheinigung ertheilt hat.

Die Verhaftung der Herren Waldeck, Berends Reuter etc. hat sich noch nicht bestätigt.

Als der Abg. Berends gestern Abend gegen 8 Uhr, nicht wissend was vorgefallen war, vor der Conversationshalle ausstieg um sich in den Saal zu begeben, wurde ihm von einigen Constablern gesagt, daß er nicht hinauf dürfe. Auf die Frage: "Warum?" wurde auf ihn losgehauen und ein dabeistehender Soldat stach mit einem Bayonnet nach ihm; glücklicherweise ist er jedoch nur unerheblich verwundet, da der Stich größtentheils im Rock entlang fuhr. Der Abg. Berends mußte nach seiner Wohnung gebracht werden.

Die Conversationshalle ist heute Vormittags geschlossen worden, damit die Abg. der Linken dort keine Versammlungen mehr halten können.

In diesem Augenblick sind die Mitglieder der Opposition im Odeum im Thiergarten versammelt.

Schon gestern erfuhr man, es sollten mehrere Abgeordnete verhaftet werden. Man nannte Waldeck, Berends, Jung Reuter und besonders D'Ester. Als Grund wollte man die berüchtigte und von Manteuffel enthüllte Versammlung der Bürgerwehrführer in der Nacht vom 11. zum 12. Novbr. angeben. Wir können mit Bestimmtheit versichern, daß D'Ester den Krallen der heiligen Hermandad glücklich entzogen ist.

Als Herr v. Vinke nach der Auflösung den Sitzungssaal verließ, rief er überlaut aus: "Mir persönlich ist es ganz lieb, daß ich nach Hause kommen kann, alle meine Angelegenheiten sind in Unordnung Aber unerhört bleibt es, daß solch ein Spiel mit dem Wohl des Landes getrieben wird." - Am Abend ist er mit Mühe den Kugeln entflohen, es soll sogar eine derselben durch seinen Rock gegangen sein.

Man erzählt mit Bestimmtheit, daß das Ministerium das Wahlgesetz nicht ändern werde. Der Minister Raabe hat dies aufs Bestimmteste versichert. Man hatte hier allgemein das Gegentheil erwartet, denn wie will das Ministerium mit dem alten Wahlgesetz eine andere Kammer bekommen? Wird die neue Kammer nicht viel mehr Oppositionsmitglieder bekommen? - Wozu soll nun dies ganze Spiel der Auflösung?

Der Teltower Bauernverein ist in der letzten Zeit wie umgewandelt, Er hat nicht allein seinem reactionären Abgeordneten Stiehl etc. ein Mißtrauensvotum geschickt, sondern auch beschlossen, sich mit der Fraction der äußersten Linken in Verbindung zu setzen. Zu diesem Behufe sollten heute der Vorstand des Teltower Bauernvereins hier eintreffen um mit den Chefs der Partei das Nähere zu besprechen. Schade daß diese Unterhandlungen nicht einige Tage früher stattgefunden; heute sind sie nicht mehr möglich Sie hätten viel auf die Wahl des Teltower Kreises wirken können.

Wir kommen heute auf den Militär-Etat zurück:

Hier finden wir wenigstens 12 Generale, welche neben dem unbedeutenden Gehalt von jährlich 5-6000 Thlr. noch 6000 Thlr. Tafelgelder, und mehr als 20 Generale, die 1000 Thlr. Tafelgelder beziehen. Wenn nun der Staat nicht in der Lage ist, Gelder zu verschenken, damit eine eximirte Klasse in den feinsten Genüssen schwelgen könne, denn dazu wurden diese Gelder hin und wieder verwandt, wie bei dem General v. Müffling, einem der größten Gourmands, der indische Vogelnester u. dgl. an seiner Tafel nicht verschmähete, da der Staat ferner nicht verpflichtet ist, dafür zu sorgen, daß andere Generale, die wenig oder gar keine Feste geben, in ihrem Dienstverhältnisse Kapitalien sammeln können, so lassen sich die Tafelgelder sehr füglich streichen, was eine Ersparniß von 92,000 Thlr. ergiebt.

Die Verwaltung der Train-Depots kostet 58,000 Thlr., läßt sich jedoch mit 40,000 Thlr. sehr wohl bestreiten, wenn man sich nur einer Menge Ballastes entledigen wollte, den man theils durch Requisitionen ersetzen kann, der aber andern Theils in der That

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 286. Köln, Dienstag, den 1. Mai. 1849

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Die contrerevolutionären Pläne in Berlin). Hillesheim. (Mein herrliches Kriegsheer). Berlin. (Aufregung. ‒ Conflikte. Verhaftungen). Breslau. (Polizeichikanen. ‒ Ladstockgrazie). Wien. (Die neuen ungarischen Anweisungen). Schleswig-Holstein. (Die Auflösungsfrage erledigt. ‒ Rekognoscirung. ‒ Die Spitäler). Frankfurt. (Die Differenzen mit dem Reichsverweser. ‒ Publikation der Reichsverfassung. ‒ Eine Aufforderung an die Abgeordneten. ‒ Aufregung in München). Stuttgart. (Der König und seine Umgebung).

Ungarn. (Vom Kriegsschauplatz). Belgrad. (Russische Hülfe und östreichische Orden).

Italien. (Aus Piemont, Toskana, Rom, Palermo). Livorno. (Widerstand gegen die Reaktion). Florenz. (Verhaftsbefehl)

Französische Republik. Paris. (Vermischtes. ‒ National-Versammlung).

Großbritannien. London. (Parlament).

Deutschland.
* Köln, 30. April.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
146 Hillesheim, 28. April.

Im August vorigen Jahres wurde unter der Ueberschrift: „Preußische Humanität,“ in dieser Zeitung berichtet, daß ein auf dem Marsche erkrankter Rekrut Morgens noch für marschfähig erklärt, und Abends in Hillesheim gestorben sei. Mit Bezug auf diese Thatsache haben wir jetzt nachträglich zu melden, daß der die Obduktion der Leiche leitende Arzt, Dr. Neukirch, die vielen auf den Transport und die ärztliche Behandlung des Erkrankten sich beziehenden, in den Eifelortschaften weitverbreiteten Gerüchte in den ersten, d. h. in den erzählenden Theil seines Berichts aufgenommen hatte, und daß er aus dem Leichenbefunde in seinem Gutachten den Beweis führte: der Rekrut ist an Entzündung und Brand der dicken Lunge und an brandiger Entzündung eines großen Theils der Gedärme gestorben ‒ nicht aber an Gehirnentzündung, woran derselbe angeblich gelitten haben sollte.

Die angeführten Gerüchte und einige andere mißliebige Aeußerungen über Uebelstände in unserem „herrlichen Kriegsheer,“ zogen dem berichterstattenden Arzte eine Untersuchung wegen Calumnie, dann aber, weil diese Anklage selbst dem eifrigsten öffentlichen Ankläger unhaltbar erscheinen mochte, wegen Beleidigung durch Worte und in dienstlicher, amtlicher Beziehung auf den Hals. Das Schönste bei der ganzen Geschichte ist der Umstand, daß in dem ganzen Berichte der Name des sich im Amte beleidigt fühlenden Offiziers gar nicht, und des sich ebenfalls im Amte beleidigt fühlenden Arztes blos genannt wird, weil er dem Dr. Neukirch vor der Leichenöffnung gesagt habe: „der Rekrut sei an Gehirnentzündung gestorben.“

Trotz alledem suchte bei der am 14. April an dem Zuchtpolizeigerichte zu Trier stattgehabten Verhandlung das öffentliche Ministerium die Anklage aufrecht zu halten und wollte die zur Mode gewordenen Artikel 222-224 in Anwendung gebracht wissen. Das Gericht sprach den Angeklagten frei.

Hillesheim und einige umliegende Ortschaften waren gestern wiederum beglückt mit einer Einqurtierung nach Luxemburg marschirender Rekruten; 6 davon waren krank; der sie begleitende Militärarzt sagte in der Apotheke, daß er Fieberkranke habe, daß er mit seinem Arzneivorrath gegen diese Krankheitsformen nichts ausrichten könne, daß er aber andere, namentlich theure Arzneien nicht verschreiben dürfe. Der Apotheker Veting sagte ihm hierauf, er solle nur kühn verschreiben, er (der Apotheker) würde schon für die Bezahlung sorgen, sollte sie aber höheren Orts verweigert werden, so schenke er sie den kranken Rekruten. Arznei wurde nicht verschrieben, vielleicht weil die Fieberkranken inzwischen genesen waren, oder auch weil der Militärarzt der Geschichte doch nicht traute. Herrliches Kriegsheer! das jährlich 30 Millionen verschlingt und bei dem mit Arzneien geknausert wird.

* Berlin, 28. April.

Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Nachricht der Auflösung der zweiten Kammer durch die Stadt. Es sammelten sich trotz Konstabler, trotz des Belagerungszustandes, zahlreiche Gruppen auf dem Döhnhofsplatz vor dem Kammergebäude. Den ganzen Nachmittag hindurch wogte das Volk auf diesem Platz auf und ab. Das Unerwartete besonders brachte die Aufregung hervor.

Selbst Griesheim (?), selbst Grabow hatten nichts geahnt (?). Griesheim erklärte das auf sein Ehrenwort, und Grabow sagte auf eine betreffende Frage, ich habe mit diesem Ministerium nie etwas zu thun gehabt.

Eine kurze stürmische Sitzung vereinigte die Mitglieder der Linken in der Conversationshalle.

Gegen Abend wurden die Attrouppements bedeutender, die gerechte Aufregung machte sich Bahn, das Volk war erbittert über diese neue Maßregel der bewaffneten Reaktion. Mehrere Zusammenstöße mit den Konstablern fanden Statt, welche Einzelne vom Volke verhafteten. Die Constabler wurden einmal von ihrem Oberst, dem Polizeirath Winkler, zurückgezogen, aber dann wieder dem Volke entgegengestellt.

Gegen 7 Uhr endlich wurden Detachements vom Kaiser-Franz-Regiment, vom März her genügend bekannt, zugezogen und wurden vom Volke mit Pfeifen und Zischen empfangen. Das Militär manövrirte derartig, daß es an allen Ecken des Platzes stand, und das Volk in einen Winkel zusammendrängte. Ohne Veranlassung wurde zum erstenmale getrommelt. Wo sollte das Volk hin? Alle Ausgänge waren besetzt.

Es wurde zum zweitenmale getrommelt. Etwa zehn Minuten vergingen, dann trommelte man zum drittenmale, und wie der Donner auf den Blitz folgte die Salve.

Drei Männer und eine Frau sanken todt zur Erde nieder. Auf der Polizei sind sechs Todte und 15 Verwundete gemeldet. Auf die Conversationshalle, wo die Abgeordneten sich befanden, war es abgesehen. Die Kugelspuren sind noch sichtbar. Die Leichen wurden in die Conversationshalle hineingebracht. Die Abgeordneten Knauth, Behnsch und Schellenberg nahmen ein Protokoll über die Greuelthaten auf. In Behnsch Armen starb einer der Verwundeten.

Das Volk zerstob und zog sich einerseits in die Leipzigerstraße andererseits nach dem Spittelmarkt zurück. Um das Militär nachzulocken wurden zwei Säcke mit Stroh vor die Spittelkirche geworfen und angesteckt. Es flammte empor und das Militär suchte den Platz zu säubern. Es wurde natürlich geschossen, aber glücklicherweise Niemand verwundet.

Das Volk zog sich nach dem Petriplatz zurück und bauete mehrere Barrikaden. Das Militär wollte sie schnell nehmen. Als es nahe der ersten Barrikade war, wurde aus einem Hause auf die Soldaten geschossen, wohl fünf Schützen konnten da postirt gewesen sein. Das Militär erwiderte diese Schüsse mit einer vollen Salve. Heute Morgen noch zählte man in dem einen Hause sieben Kugeln und in dem d'Heureuse'schen Hause sogar fand man zwei Kugeln.

Das Volk zog sich weiter zurück.

An der vom 18. März berühmten Ecke der Breiten- und Roßstraße, wo das Kölnische Rathhaus steht, wurde nun noch eine Barrikade gebaut, und die im Rathhaus befindliche Konstablerwache gestürmt. Eine Kompagnie Garde wurde jedoch vom Schlosse abgesendet, welche die Breitestraße besetzte und diese Barrikade nahm. Das Volk zog sich überall zurück, und um 11 Uhr Abends war Alles still, nur die Ruinen der Barrikaden und die vom Militär besetzten Straßen erinnerten an den unruhigen Abend.

Die Nacht war ruhig. Bis um 1 Uhr war Alles kriegsmäßig aufgestellt. Wer auf das „Halt! wer da?“ nicht antwortete, auf den wurde geschossen. Mehreren friedlichen Bürgern sausten so die Kugeln um die Ohren.

Heute Vormittags sammelten sich sehr bald, da auf dem Döhnhofsplatz heute Wochenmarkt war, neue Attrouppements. Der Unwille des Volkes war verbissen, bis die Konstabler in größern Massen herankamen. Es kamen bald mehrere Konflikte vor. Endlich und ganz plötzlich umringten 30 Konstabler einen kleinen Haufen Menschen, zogen blank und hieben ohne Ursache mit ihren Säbeln ein. Es kamen bestialische Scenen vor, so schauderhaft, daß ein Konstableroffizier den Konstablern entgegensprang und ausrief: „Seid Ihr denn toll, Ihr Bestien?!“

Grabow, Merckel, Görtz und andere Abgeordnete waren im Kammergebäude, sahen das, und waren empört über diese Scene. Kosch und Merckel gingen herunter zu den Konstablern, und machten ihrem Unwillen Luft. Grobheiten waren die Antwort.

Ein friedlicher einzelner Bürger wurde niedergehauen, als er fragte, ob er denn nicht über den Platz gehen dürfe.

Gegen Mittag wurden die Garden-Dragoner herbeigeholt, welche den Döhnhofsplatz säuberten, indem sie mit der flachen Klinge einhieben.

In diesem Augenblick (5 Uhr Nachmittags) ist die Bewegung im Wachsen. Im Laufe des Nachmittags wurde von den Dragonern mehreremals eingehauen, aber das Volk rührt sich nicht.

Grabow, der Präsident der II. Kammer hat dem Minister Manteuffel schriftlich angezeigt, daß er seinen Posten im Büreau der Kammer nicht früher verlassen werde, bis ihm der Minister durch einen Kommissar das Büreau förmlich abgenommen und ihm darüber eine Bescheinigung ertheilt hat.

Die Verhaftung der Herren Waldeck, Berends Reuter etc. hat sich noch nicht bestätigt.

Als der Abg. Berends gestern Abend gegen 8 Uhr, nicht wissend was vorgefallen war, vor der Conversationshalle ausstieg um sich in den Saal zu begeben, wurde ihm von einigen Constablern gesagt, daß er nicht hinauf dürfe. Auf die Frage: „Warum?“ wurde auf ihn losgehauen und ein dabeistehender Soldat stach mit einem Bayonnet nach ihm; glücklicherweise ist er jedoch nur unerheblich verwundet, da der Stich größtentheils im Rock entlang fuhr. Der Abg. Berends mußte nach seiner Wohnung gebracht werden.

Die Conversationshalle ist heute Vormittags geschlossen worden, damit die Abg. der Linken dort keine Versammlungen mehr halten können.

In diesem Augenblick sind die Mitglieder der Opposition im Odeum im Thiergarten versammelt.

Schon gestern erfuhr man, es sollten mehrere Abgeordnete verhaftet werden. Man nannte Waldeck, Berends, Jung Reuter und besonders D'Ester. Als Grund wollte man die berüchtigte und von Manteuffel enthüllte Versammlung der Bürgerwehrführer in der Nacht vom 11. zum 12. Novbr. angeben. Wir können mit Bestimmtheit versichern, daß D'Ester den Krallen der heiligen Hermandad glücklich entzogen ist.

Als Herr v. Vinke nach der Auflösung den Sitzungssaal verließ, rief er überlaut aus: „Mir persönlich ist es ganz lieb, daß ich nach Hause kommen kann, alle meine Angelegenheiten sind in Unordnung Aber unerhört bleibt es, daß solch ein Spiel mit dem Wohl des Landes getrieben wird.“ ‒ Am Abend ist er mit Mühe den Kugeln entflohen, es soll sogar eine derselben durch seinen Rock gegangen sein.

Man erzählt mit Bestimmtheit, daß das Ministerium das Wahlgesetz nicht ändern werde. Der Minister Raabe hat dies aufs Bestimmteste versichert. Man hatte hier allgemein das Gegentheil erwartet, denn wie will das Ministerium mit dem alten Wahlgesetz eine andere Kammer bekommen? Wird die neue Kammer nicht viel mehr Oppositionsmitglieder bekommen? ‒ Wozu soll nun dies ganze Spiel der Auflösung?

Der Teltower Bauernverein ist in der letzten Zeit wie umgewandelt, Er hat nicht allein seinem reactionären Abgeordneten Stiehl etc. ein Mißtrauensvotum geschickt, sondern auch beschlossen, sich mit der Fraction der äußersten Linken in Verbindung zu setzen. Zu diesem Behufe sollten heute der Vorstand des Teltower Bauernvereins hier eintreffen um mit den Chefs der Partei das Nähere zu besprechen. Schade daß diese Unterhandlungen nicht einige Tage früher stattgefunden; heute sind sie nicht mehr möglich Sie hätten viel auf die Wahl des Teltower Kreises wirken können.

Wir kommen heute auf den Militär-Etat zurück:

Hier finden wir wenigstens 12 Generale, welche neben dem unbedeutenden Gehalt von jährlich 5-6000 Thlr. noch 6000 Thlr. Tafelgelder, und mehr als 20 Generale, die 1000 Thlr. Tafelgelder beziehen. Wenn nun der Staat nicht in der Lage ist, Gelder zu verschenken, damit eine eximirte Klasse in den feinsten Genüssen schwelgen könne, denn dazu wurden diese Gelder hin und wieder verwandt, wie bei dem General v. Müffling, einem der größten Gourmands, der indische Vogelnester u. dgl. an seiner Tafel nicht verschmähete, da der Staat ferner nicht verpflichtet ist, dafür zu sorgen, daß andere Generale, die wenig oder gar keine Feste geben, in ihrem Dienstverhältnisse Kapitalien sammeln können, so lassen sich die Tafelgelder sehr füglich streichen, was eine Ersparniß von 92,000 Thlr. ergiebt.

Die Verwaltung der Train-Depots kostet 58,000 Thlr., läßt sich jedoch mit 40,000 Thlr. sehr wohl bestreiten, wenn man sich nur einer Menge Ballastes entledigen wollte, den man theils durch Requisitionen ersetzen kann, der aber andern Theils in der That

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          <head><bibl><author>146</author></bibl> Hillesheim, 28. April.</head>
          <p>Im August vorigen Jahres wurde unter der Ueberschrift: &#x201E;Preußische Humanität,&#x201C; in dieser Zeitung berichtet, daß ein auf dem Marsche erkrankter Rekrut Morgens noch für marschfähig erklärt, und Abends in Hillesheim gestorben sei. Mit Bezug auf diese Thatsache haben wir jetzt nachträglich zu melden, daß der die Obduktion der Leiche leitende Arzt, Dr. Neukirch, die vielen auf den Transport und die ärztliche Behandlung des Erkrankten sich beziehenden, in den Eifelortschaften weitverbreiteten Gerüchte in den ersten, d. h. in den erzählenden Theil seines Berichts aufgenommen hatte, und daß er aus dem Leichenbefunde in seinem Gutachten den Beweis führte: der Rekrut ist an Entzündung und Brand der dicken Lunge und an brandiger Entzündung eines großen Theils der Gedärme gestorben &#x2012; nicht aber an Gehirnentzündung, woran derselbe angeblich gelitten haben sollte.</p>
          <p>Die angeführten Gerüchte und einige andere mißliebige Aeußerungen über Uebelstände in unserem &#x201E;herrlichen Kriegsheer,&#x201C; zogen dem berichterstattenden Arzte eine Untersuchung wegen Calumnie, dann aber, weil diese Anklage selbst dem eifrigsten öffentlichen Ankläger unhaltbar erscheinen mochte, wegen Beleidigung durch Worte und in dienstlicher, amtlicher Beziehung auf den Hals. Das Schönste bei der ganzen Geschichte ist der Umstand, daß in dem ganzen Berichte der Name des sich im Amte beleidigt fühlenden Offiziers gar nicht, und des sich ebenfalls im Amte beleidigt fühlenden Arztes blos genannt wird, weil er dem Dr. Neukirch vor der Leichenöffnung gesagt habe: &#x201E;der Rekrut sei an Gehirnentzündung gestorben.&#x201C;</p>
          <p>Trotz alledem suchte bei der am 14. April an dem Zuchtpolizeigerichte zu Trier stattgehabten Verhandlung das öffentliche Ministerium die Anklage aufrecht zu halten und wollte die zur Mode gewordenen Artikel 222-224 in Anwendung gebracht wissen. Das Gericht sprach den Angeklagten frei.</p>
          <p>Hillesheim und einige umliegende Ortschaften waren gestern wiederum beglückt mit einer Einqurtierung nach Luxemburg marschirender Rekruten; 6 davon waren krank; der sie begleitende Militärarzt sagte in der Apotheke, daß er Fieberkranke habe, daß er mit seinem Arzneivorrath gegen diese Krankheitsformen nichts ausrichten könne, daß er aber andere, namentlich theure Arzneien nicht verschreiben dürfe. Der Apotheker Veting sagte ihm hierauf, er solle nur kühn verschreiben, er (der Apotheker) würde schon für die Bezahlung sorgen, sollte sie aber höheren Orts verweigert werden, so schenke er sie den kranken Rekruten. Arznei wurde nicht verschrieben, vielleicht weil die Fieberkranken inzwischen genesen waren, oder auch weil der Militärarzt der Geschichte doch nicht traute. Herrliches Kriegsheer! das jährlich 30 Millionen verschlingt und bei dem mit Arzneien geknausert wird.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 28. April.</head>
          <p>Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Nachricht der Auflösung der zweiten Kammer durch die Stadt. Es sammelten sich trotz Konstabler, trotz des Belagerungszustandes, zahlreiche Gruppen auf dem Döhnhofsplatz vor dem Kammergebäude. Den ganzen Nachmittag hindurch wogte das Volk auf diesem Platz auf und ab. Das Unerwartete besonders brachte die Aufregung hervor.</p>
          <p>Selbst Griesheim (?), selbst Grabow hatten nichts geahnt (?). Griesheim erklärte das auf sein Ehrenwort, und Grabow sagte auf eine betreffende Frage, ich habe mit diesem Ministerium nie etwas zu thun gehabt.</p>
          <p>Eine kurze stürmische Sitzung vereinigte die Mitglieder der Linken in der Conversationshalle.</p>
          <p>Gegen Abend wurden die Attrouppements bedeutender, die gerechte Aufregung machte sich Bahn, das Volk war erbittert über diese neue Maßregel der bewaffneten Reaktion. Mehrere Zusammenstöße mit den Konstablern fanden Statt, welche Einzelne vom Volke verhafteten. Die Constabler wurden einmal von ihrem Oberst, dem Polizeirath Winkler, zurückgezogen, aber dann wieder dem Volke entgegengestellt.</p>
          <p>Gegen 7 Uhr endlich wurden Detachements vom Kaiser-Franz-Regiment, vom März her genügend bekannt, zugezogen und wurden vom Volke mit Pfeifen und Zischen empfangen. Das Militär manövrirte derartig, daß es an allen Ecken des Platzes stand, und das Volk in einen Winkel zusammendrängte. Ohne Veranlassung wurde zum erstenmale getrommelt. Wo sollte das Volk hin? Alle Ausgänge waren besetzt.</p>
          <p>Es wurde zum zweitenmale getrommelt. Etwa zehn Minuten vergingen, dann trommelte man zum drittenmale, und wie der Donner auf den Blitz folgte die Salve.</p>
          <p>Drei Männer und eine Frau sanken todt zur Erde nieder. Auf der Polizei sind sechs Todte und 15 Verwundete gemeldet. Auf die Conversationshalle, wo die Abgeordneten sich befanden, war es abgesehen. Die Kugelspuren sind noch sichtbar. Die Leichen wurden in die Conversationshalle hineingebracht. Die Abgeordneten Knauth, Behnsch und Schellenberg nahmen ein Protokoll über die Greuelthaten auf. In Behnsch Armen starb einer der Verwundeten.</p>
          <p>Das Volk zerstob und zog sich einerseits in die Leipzigerstraße andererseits nach dem Spittelmarkt zurück. Um das Militär nachzulocken wurden zwei Säcke mit Stroh vor die Spittelkirche geworfen und angesteckt. Es flammte empor und das Militär suchte den Platz zu säubern. Es wurde natürlich geschossen, aber glücklicherweise Niemand verwundet.</p>
          <p>Das Volk zog sich nach dem Petriplatz zurück und bauete mehrere Barrikaden. Das Militär wollte sie schnell nehmen. Als es nahe der ersten Barrikade war, wurde aus einem Hause auf die Soldaten geschossen, wohl fünf Schützen konnten da postirt gewesen sein. Das Militär erwiderte diese Schüsse mit einer vollen Salve. Heute Morgen noch zählte man in dem einen Hause sieben Kugeln und in dem d'Heureuse'schen Hause sogar fand man zwei Kugeln.</p>
          <p>Das Volk zog sich weiter zurück.</p>
          <p>An der vom 18. März berühmten Ecke der Breiten- und Roßstraße, wo das Kölnische Rathhaus steht, wurde nun noch eine Barrikade gebaut, und die im Rathhaus befindliche Konstablerwache gestürmt. Eine Kompagnie Garde wurde jedoch vom Schlosse abgesendet, welche die Breitestraße besetzte und diese Barrikade nahm. Das Volk zog sich überall zurück, und um 11 Uhr Abends war Alles still, nur die Ruinen der Barrikaden und die vom Militär besetzten Straßen erinnerten an den unruhigen Abend.</p>
          <p>Die Nacht war ruhig. Bis um 1 Uhr war Alles kriegsmäßig aufgestellt. Wer auf das &#x201E;Halt! wer da?&#x201C; nicht antwortete, auf den wurde geschossen. Mehreren friedlichen Bürgern sausten so die Kugeln um die Ohren.</p>
          <p>Heute Vormittags sammelten sich sehr bald, da auf dem Döhnhofsplatz heute Wochenmarkt war, neue Attrouppements. Der Unwille des Volkes war verbissen, bis die Konstabler in größern Massen herankamen. Es kamen bald mehrere Konflikte vor. Endlich und ganz plötzlich umringten 30 Konstabler einen kleinen Haufen Menschen, zogen blank und hieben ohne Ursache mit ihren Säbeln ein. Es kamen bestialische Scenen vor, so schauderhaft, daß ein Konstableroffizier den Konstablern entgegensprang und ausrief: &#x201E;Seid Ihr denn toll, Ihr Bestien?!&#x201C;</p>
          <p>Grabow, Merckel, Görtz und andere Abgeordnete waren im Kammergebäude, sahen das, und waren empört über diese Scene. Kosch und Merckel gingen herunter zu den Konstablern, und machten ihrem Unwillen Luft. Grobheiten waren die Antwort.</p>
          <p>Ein friedlicher einzelner Bürger wurde niedergehauen, als er fragte, ob er denn nicht über den Platz gehen dürfe.</p>
          <p>Gegen Mittag wurden die Garden-Dragoner herbeigeholt, welche den Döhnhofsplatz säuberten, indem sie mit der flachen Klinge einhieben.</p>
          <p>In diesem Augenblick (5 Uhr Nachmittags) ist die Bewegung im Wachsen. Im Laufe des Nachmittags wurde von den Dragonern mehreremals eingehauen, aber das Volk rührt sich nicht.</p>
          <p>Grabow, der Präsident der II. Kammer hat dem Minister Manteuffel schriftlich angezeigt, daß er seinen Posten im Büreau der Kammer nicht früher verlassen werde, bis ihm der Minister durch einen Kommissar das Büreau förmlich abgenommen und ihm darüber eine Bescheinigung ertheilt hat.</p>
          <p>Die Verhaftung der Herren <hi rendition="#g">Waldeck, Berends Reuter etc.</hi> hat sich noch nicht bestätigt.</p>
          <p>Als der Abg. Berends gestern Abend gegen 8 Uhr, nicht wissend was vorgefallen war, vor der Conversationshalle ausstieg um sich in den Saal zu begeben, wurde ihm von einigen Constablern gesagt, daß er nicht hinauf dürfe. Auf die Frage: &#x201E;Warum?&#x201C; wurde auf ihn losgehauen und ein dabeistehender Soldat stach mit einem Bayonnet nach ihm; glücklicherweise ist er jedoch nur unerheblich verwundet, da der Stich größtentheils im Rock entlang fuhr. Der Abg. Berends mußte nach seiner Wohnung gebracht werden.</p>
          <p>Die Conversationshalle ist heute Vormittags geschlossen worden, damit die Abg. der Linken dort keine Versammlungen mehr halten können.</p>
          <p>In diesem Augenblick sind die Mitglieder der Opposition im Odeum im Thiergarten versammelt.</p>
          <p>Schon gestern erfuhr man, es sollten mehrere Abgeordnete verhaftet werden. Man nannte <hi rendition="#g">Waldeck, Berends, Jung Reuter</hi> und besonders <hi rendition="#g">D'Ester.</hi> Als Grund wollte man die berüchtigte und von Manteuffel enthüllte Versammlung der Bürgerwehrführer in der Nacht vom 11. zum 12. Novbr. angeben. Wir können mit Bestimmtheit versichern, daß <hi rendition="#g">D'Ester</hi> den Krallen der heiligen Hermandad glücklich entzogen ist.</p>
          <p>Als Herr <hi rendition="#g">v. Vinke</hi> nach der Auflösung den Sitzungssaal verließ, rief er überlaut aus: &#x201E;Mir persönlich ist es ganz lieb, daß ich nach Hause kommen kann, alle meine Angelegenheiten sind in Unordnung Aber unerhört bleibt es, daß solch ein Spiel mit dem Wohl des Landes getrieben wird.&#x201C; &#x2012; Am Abend ist er mit Mühe den Kugeln entflohen, es soll sogar eine derselben durch seinen Rock gegangen sein.</p>
          <p>Man erzählt mit Bestimmtheit, daß das Ministerium das Wahlgesetz <hi rendition="#g">nicht</hi> ändern werde. Der Minister <hi rendition="#g">Raabe</hi> hat dies aufs Bestimmteste versichert. Man hatte hier allgemein das Gegentheil erwartet, denn wie will das Ministerium mit dem alten Wahlgesetz eine andere Kammer bekommen? Wird die neue Kammer nicht viel mehr Oppositionsmitglieder bekommen? &#x2012; Wozu soll nun dies ganze Spiel der Auflösung?</p>
          <p>Der Teltower Bauernverein ist in der letzten Zeit wie umgewandelt, Er hat nicht allein seinem reactionären Abgeordneten Stiehl etc. ein Mißtrauensvotum geschickt, sondern auch beschlossen, sich mit der Fraction der äußersten Linken in Verbindung zu setzen. Zu diesem Behufe sollten heute der Vorstand des Teltower Bauernvereins hier eintreffen um mit den Chefs der Partei das Nähere zu besprechen. Schade daß diese Unterhandlungen nicht einige Tage früher stattgefunden; heute sind sie nicht mehr möglich Sie hätten viel auf die Wahl des Teltower Kreises wirken können.</p>
          <p>Wir kommen heute auf den Militär-Etat zurück:</p>
          <p>Hier finden wir wenigstens 12 Generale, welche neben dem unbedeutenden Gehalt von jährlich 5-6000 Thlr. noch 6000 Thlr. Tafelgelder, und mehr als 20 Generale, die 1000 Thlr. Tafelgelder beziehen. Wenn nun der Staat nicht in der Lage ist, Gelder zu verschenken, damit eine eximirte Klasse in den feinsten Genüssen schwelgen könne, denn dazu wurden diese Gelder hin und wieder verwandt, wie bei dem General v. Müffling, einem der größten Gourmands, der indische Vogelnester u. dgl. an seiner Tafel nicht verschmähete, da der Staat ferner nicht verpflichtet ist, dafür zu sorgen, daß andere Generale, die wenig oder gar keine Feste geben, in ihrem Dienstverhältnisse Kapitalien sammeln können, so lassen sich die Tafelgelder sehr füglich streichen, was eine Ersparniß von 92,000 Thlr. ergiebt.</p>
          <p>Die Verwaltung der Train-Depots kostet 58,000 Thlr., läßt sich jedoch mit 40,000 Thlr. sehr wohl bestreiten, wenn man sich nur einer Menge Ballastes entledigen wollte, den man theils durch Requisitionen ersetzen kann, der aber andern Theils in der That
</p>
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[1619/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 286. Köln, Dienstag, den 1. Mai. 1849 Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die contrerevolutionären Pläne in Berlin). Hillesheim. (Mein herrliches Kriegsheer). Berlin. (Aufregung. ‒ Conflikte. Verhaftungen). Breslau. (Polizeichikanen. ‒ Ladstockgrazie). Wien. (Die neuen ungarischen Anweisungen). Schleswig-Holstein. (Die Auflösungsfrage erledigt. ‒ Rekognoscirung. ‒ Die Spitäler). Frankfurt. (Die Differenzen mit dem Reichsverweser. ‒ Publikation der Reichsverfassung. ‒ Eine Aufforderung an die Abgeordneten. ‒ Aufregung in München). Stuttgart. (Der König und seine Umgebung). Ungarn. (Vom Kriegsschauplatz). Belgrad. (Russische Hülfe und östreichische Orden). Italien. (Aus Piemont, Toskana, Rom, Palermo). Livorno. (Widerstand gegen die Reaktion). Florenz. (Verhaftsbefehl) Französische Republik. Paris. (Vermischtes. ‒ National-Versammlung). Großbritannien. London. (Parlament). Deutschland. * Köln, 30. April. _ 146 Hillesheim, 28. April. Im August vorigen Jahres wurde unter der Ueberschrift: „Preußische Humanität,“ in dieser Zeitung berichtet, daß ein auf dem Marsche erkrankter Rekrut Morgens noch für marschfähig erklärt, und Abends in Hillesheim gestorben sei. Mit Bezug auf diese Thatsache haben wir jetzt nachträglich zu melden, daß der die Obduktion der Leiche leitende Arzt, Dr. Neukirch, die vielen auf den Transport und die ärztliche Behandlung des Erkrankten sich beziehenden, in den Eifelortschaften weitverbreiteten Gerüchte in den ersten, d. h. in den erzählenden Theil seines Berichts aufgenommen hatte, und daß er aus dem Leichenbefunde in seinem Gutachten den Beweis führte: der Rekrut ist an Entzündung und Brand der dicken Lunge und an brandiger Entzündung eines großen Theils der Gedärme gestorben ‒ nicht aber an Gehirnentzündung, woran derselbe angeblich gelitten haben sollte. Die angeführten Gerüchte und einige andere mißliebige Aeußerungen über Uebelstände in unserem „herrlichen Kriegsheer,“ zogen dem berichterstattenden Arzte eine Untersuchung wegen Calumnie, dann aber, weil diese Anklage selbst dem eifrigsten öffentlichen Ankläger unhaltbar erscheinen mochte, wegen Beleidigung durch Worte und in dienstlicher, amtlicher Beziehung auf den Hals. Das Schönste bei der ganzen Geschichte ist der Umstand, daß in dem ganzen Berichte der Name des sich im Amte beleidigt fühlenden Offiziers gar nicht, und des sich ebenfalls im Amte beleidigt fühlenden Arztes blos genannt wird, weil er dem Dr. Neukirch vor der Leichenöffnung gesagt habe: „der Rekrut sei an Gehirnentzündung gestorben.“ Trotz alledem suchte bei der am 14. April an dem Zuchtpolizeigerichte zu Trier stattgehabten Verhandlung das öffentliche Ministerium die Anklage aufrecht zu halten und wollte die zur Mode gewordenen Artikel 222-224 in Anwendung gebracht wissen. Das Gericht sprach den Angeklagten frei. Hillesheim und einige umliegende Ortschaften waren gestern wiederum beglückt mit einer Einqurtierung nach Luxemburg marschirender Rekruten; 6 davon waren krank; der sie begleitende Militärarzt sagte in der Apotheke, daß er Fieberkranke habe, daß er mit seinem Arzneivorrath gegen diese Krankheitsformen nichts ausrichten könne, daß er aber andere, namentlich theure Arzneien nicht verschreiben dürfe. Der Apotheker Veting sagte ihm hierauf, er solle nur kühn verschreiben, er (der Apotheker) würde schon für die Bezahlung sorgen, sollte sie aber höheren Orts verweigert werden, so schenke er sie den kranken Rekruten. Arznei wurde nicht verschrieben, vielleicht weil die Fieberkranken inzwischen genesen waren, oder auch weil der Militärarzt der Geschichte doch nicht traute. Herrliches Kriegsheer! das jährlich 30 Millionen verschlingt und bei dem mit Arzneien geknausert wird. * Berlin, 28. April. Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Nachricht der Auflösung der zweiten Kammer durch die Stadt. Es sammelten sich trotz Konstabler, trotz des Belagerungszustandes, zahlreiche Gruppen auf dem Döhnhofsplatz vor dem Kammergebäude. Den ganzen Nachmittag hindurch wogte das Volk auf diesem Platz auf und ab. Das Unerwartete besonders brachte die Aufregung hervor. Selbst Griesheim (?), selbst Grabow hatten nichts geahnt (?). Griesheim erklärte das auf sein Ehrenwort, und Grabow sagte auf eine betreffende Frage, ich habe mit diesem Ministerium nie etwas zu thun gehabt. Eine kurze stürmische Sitzung vereinigte die Mitglieder der Linken in der Conversationshalle. Gegen Abend wurden die Attrouppements bedeutender, die gerechte Aufregung machte sich Bahn, das Volk war erbittert über diese neue Maßregel der bewaffneten Reaktion. Mehrere Zusammenstöße mit den Konstablern fanden Statt, welche Einzelne vom Volke verhafteten. Die Constabler wurden einmal von ihrem Oberst, dem Polizeirath Winkler, zurückgezogen, aber dann wieder dem Volke entgegengestellt. Gegen 7 Uhr endlich wurden Detachements vom Kaiser-Franz-Regiment, vom März her genügend bekannt, zugezogen und wurden vom Volke mit Pfeifen und Zischen empfangen. Das Militär manövrirte derartig, daß es an allen Ecken des Platzes stand, und das Volk in einen Winkel zusammendrängte. Ohne Veranlassung wurde zum erstenmale getrommelt. Wo sollte das Volk hin? Alle Ausgänge waren besetzt. Es wurde zum zweitenmale getrommelt. Etwa zehn Minuten vergingen, dann trommelte man zum drittenmale, und wie der Donner auf den Blitz folgte die Salve. Drei Männer und eine Frau sanken todt zur Erde nieder. Auf der Polizei sind sechs Todte und 15 Verwundete gemeldet. Auf die Conversationshalle, wo die Abgeordneten sich befanden, war es abgesehen. Die Kugelspuren sind noch sichtbar. Die Leichen wurden in die Conversationshalle hineingebracht. Die Abgeordneten Knauth, Behnsch und Schellenberg nahmen ein Protokoll über die Greuelthaten auf. In Behnsch Armen starb einer der Verwundeten. Das Volk zerstob und zog sich einerseits in die Leipzigerstraße andererseits nach dem Spittelmarkt zurück. Um das Militär nachzulocken wurden zwei Säcke mit Stroh vor die Spittelkirche geworfen und angesteckt. Es flammte empor und das Militär suchte den Platz zu säubern. Es wurde natürlich geschossen, aber glücklicherweise Niemand verwundet. Das Volk zog sich nach dem Petriplatz zurück und bauete mehrere Barrikaden. Das Militär wollte sie schnell nehmen. Als es nahe der ersten Barrikade war, wurde aus einem Hause auf die Soldaten geschossen, wohl fünf Schützen konnten da postirt gewesen sein. Das Militär erwiderte diese Schüsse mit einer vollen Salve. Heute Morgen noch zählte man in dem einen Hause sieben Kugeln und in dem d'Heureuse'schen Hause sogar fand man zwei Kugeln. Das Volk zog sich weiter zurück. An der vom 18. März berühmten Ecke der Breiten- und Roßstraße, wo das Kölnische Rathhaus steht, wurde nun noch eine Barrikade gebaut, und die im Rathhaus befindliche Konstablerwache gestürmt. Eine Kompagnie Garde wurde jedoch vom Schlosse abgesendet, welche die Breitestraße besetzte und diese Barrikade nahm. Das Volk zog sich überall zurück, und um 11 Uhr Abends war Alles still, nur die Ruinen der Barrikaden und die vom Militär besetzten Straßen erinnerten an den unruhigen Abend. Die Nacht war ruhig. Bis um 1 Uhr war Alles kriegsmäßig aufgestellt. Wer auf das „Halt! wer da?“ nicht antwortete, auf den wurde geschossen. Mehreren friedlichen Bürgern sausten so die Kugeln um die Ohren. Heute Vormittags sammelten sich sehr bald, da auf dem Döhnhofsplatz heute Wochenmarkt war, neue Attrouppements. Der Unwille des Volkes war verbissen, bis die Konstabler in größern Massen herankamen. Es kamen bald mehrere Konflikte vor. Endlich und ganz plötzlich umringten 30 Konstabler einen kleinen Haufen Menschen, zogen blank und hieben ohne Ursache mit ihren Säbeln ein. Es kamen bestialische Scenen vor, so schauderhaft, daß ein Konstableroffizier den Konstablern entgegensprang und ausrief: „Seid Ihr denn toll, Ihr Bestien?!“ Grabow, Merckel, Görtz und andere Abgeordnete waren im Kammergebäude, sahen das, und waren empört über diese Scene. Kosch und Merckel gingen herunter zu den Konstablern, und machten ihrem Unwillen Luft. Grobheiten waren die Antwort. Ein friedlicher einzelner Bürger wurde niedergehauen, als er fragte, ob er denn nicht über den Platz gehen dürfe. Gegen Mittag wurden die Garden-Dragoner herbeigeholt, welche den Döhnhofsplatz säuberten, indem sie mit der flachen Klinge einhieben. In diesem Augenblick (5 Uhr Nachmittags) ist die Bewegung im Wachsen. Im Laufe des Nachmittags wurde von den Dragonern mehreremals eingehauen, aber das Volk rührt sich nicht. Grabow, der Präsident der II. Kammer hat dem Minister Manteuffel schriftlich angezeigt, daß er seinen Posten im Büreau der Kammer nicht früher verlassen werde, bis ihm der Minister durch einen Kommissar das Büreau förmlich abgenommen und ihm darüber eine Bescheinigung ertheilt hat. Die Verhaftung der Herren Waldeck, Berends Reuter etc. hat sich noch nicht bestätigt. Als der Abg. Berends gestern Abend gegen 8 Uhr, nicht wissend was vorgefallen war, vor der Conversationshalle ausstieg um sich in den Saal zu begeben, wurde ihm von einigen Constablern gesagt, daß er nicht hinauf dürfe. Auf die Frage: „Warum?“ wurde auf ihn losgehauen und ein dabeistehender Soldat stach mit einem Bayonnet nach ihm; glücklicherweise ist er jedoch nur unerheblich verwundet, da der Stich größtentheils im Rock entlang fuhr. Der Abg. Berends mußte nach seiner Wohnung gebracht werden. Die Conversationshalle ist heute Vormittags geschlossen worden, damit die Abg. der Linken dort keine Versammlungen mehr halten können. In diesem Augenblick sind die Mitglieder der Opposition im Odeum im Thiergarten versammelt. Schon gestern erfuhr man, es sollten mehrere Abgeordnete verhaftet werden. Man nannte Waldeck, Berends, Jung Reuter und besonders D'Ester. Als Grund wollte man die berüchtigte und von Manteuffel enthüllte Versammlung der Bürgerwehrführer in der Nacht vom 11. zum 12. Novbr. angeben. Wir können mit Bestimmtheit versichern, daß D'Ester den Krallen der heiligen Hermandad glücklich entzogen ist. Als Herr v. Vinke nach der Auflösung den Sitzungssaal verließ, rief er überlaut aus: „Mir persönlich ist es ganz lieb, daß ich nach Hause kommen kann, alle meine Angelegenheiten sind in Unordnung Aber unerhört bleibt es, daß solch ein Spiel mit dem Wohl des Landes getrieben wird.“ ‒ Am Abend ist er mit Mühe den Kugeln entflohen, es soll sogar eine derselben durch seinen Rock gegangen sein. Man erzählt mit Bestimmtheit, daß das Ministerium das Wahlgesetz nicht ändern werde. Der Minister Raabe hat dies aufs Bestimmteste versichert. Man hatte hier allgemein das Gegentheil erwartet, denn wie will das Ministerium mit dem alten Wahlgesetz eine andere Kammer bekommen? Wird die neue Kammer nicht viel mehr Oppositionsmitglieder bekommen? ‒ Wozu soll nun dies ganze Spiel der Auflösung? Der Teltower Bauernverein ist in der letzten Zeit wie umgewandelt, Er hat nicht allein seinem reactionären Abgeordneten Stiehl etc. ein Mißtrauensvotum geschickt, sondern auch beschlossen, sich mit der Fraction der äußersten Linken in Verbindung zu setzen. Zu diesem Behufe sollten heute der Vorstand des Teltower Bauernvereins hier eintreffen um mit den Chefs der Partei das Nähere zu besprechen. Schade daß diese Unterhandlungen nicht einige Tage früher stattgefunden; heute sind sie nicht mehr möglich Sie hätten viel auf die Wahl des Teltower Kreises wirken können. Wir kommen heute auf den Militär-Etat zurück: Hier finden wir wenigstens 12 Generale, welche neben dem unbedeutenden Gehalt von jährlich 5-6000 Thlr. noch 6000 Thlr. Tafelgelder, und mehr als 20 Generale, die 1000 Thlr. Tafelgelder beziehen. Wenn nun der Staat nicht in der Lage ist, Gelder zu verschenken, damit eine eximirte Klasse in den feinsten Genüssen schwelgen könne, denn dazu wurden diese Gelder hin und wieder verwandt, wie bei dem General v. Müffling, einem der größten Gourmands, der indische Vogelnester u. dgl. an seiner Tafel nicht verschmähete, da der Staat ferner nicht verpflichtet ist, dafür zu sorgen, daß andere Generale, die wenig oder gar keine Feste geben, in ihrem Dienstverhältnisse Kapitalien sammeln können, so lassen sich die Tafelgelder sehr füglich streichen, was eine Ersparniß von 92,000 Thlr. ergiebt. Die Verwaltung der Train-Depots kostet 58,000 Thlr., läßt sich jedoch mit 40,000 Thlr. sehr wohl bestreiten, wenn man sich nur einer Menge Ballastes entledigen wollte, den man theils durch Requisitionen ersetzen kann, der aber andern Theils in der That

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 286. Köln, 1. Mai 1849, S. 1619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz286_1849/1>, abgerufen am 26.12.2024.