Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 279. Köln, 22. April 1849. Beilage.

Bild:
erste Seite
Beilage zu Nr. 279 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Sonntag, 22. April 1849.
[Italien]

von Genua, 10 Stunden von dieser Stadt entfernt, an. Sie versuchten mehrmals, dahin vorzubringen, allein ihre Anstrengungen waren fruchtlos, da La Marmara von seinen günstigen Stellungen aus sie zurücktrieb. In Chiavari hatten sie bereits eine provisorische Regierung eingesetzt; seit der Unterwerfung Genua's haben sie beschlossen, sich nach Toskana oder Rom zu begeben.

La Marmora hat ihnen Lebensmittel und Geld übersandt, damit sie sobald als möglich diesen Marsch antreten und aus der Nähe Genua's wegkommen.

In Genua herrscht natürlich die "Ordnung". Es kommen jetzt täglich mehr Details über die von den Soldaten während der Belagerung begangenen Brutalitäten und Scheußlichkeiten an's Tageslicht, und der Haß des Volkes gegen La Marmora's Söldlinge ist auf eine Höhe gestiegen, daß kaum der Belagerungszustand lange hinreichen wird, einen Wuthausbruch zu verhindern.

Wie die "Alba" aus Rom vom 7. April mittheilt, hatte die Regierung in der vorhergehenden Nacht eine von Gaeta nach Civita Vecchia gesandte Korrespondenz aufgefangen, die ihr das von der Reaktion geschmiedete Komplott enthüllte. In Folge dessen wurden mehrere Personen verhaftet, auch ein Priester, der in der Korrespondenz die in seinem Hause verborgenen Waffen aufzählt.

Der toskanische Moniteur giebt die Zahl der in Parma konzentriten Oestreicher auf 25,000 Mann an. Von Modena aus hat sich eine östreich. Kolonne nach Massa hin in Bewegung gesetzt, wahrscheinlich um der lombardischen Division den Weg abzuschneiden und sie zu entwaffnen.

Aus Neapel und Sizilien keine Nachrichten.

Venedig, 3. April.

In Folge des Beschlusses der Nationalversammlung, im Widerstande gegen Oesterreich zu beharren, hat der kommandirende Obergeneral beschlossen, sich auf die Vertheidigung der Lagunen zu beschränken, und das Commando über sämmtliche Truppen in der Stadt und den sie beschützenden Forts wieder selbst zu übernehmen. Gleichzeitig erinnert er seine Soldaten, daß sie nur durch strenge Beobachtung der Disciplin im Stande sein würden, das letzte Bollwerk der Halbinsel zu vertheidigen, daß die Augen Italiens und Europa's auf sie gerichtet wären, u. s. w.

Ungarn.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
090 Paris, 19. April.

Die Nationalversammlung wird morgen wieder Gelegenheit haben, ihre Hingebung an die Mondkalb-Minister, an die elenden Bursche Falloux, Faucher, Barrot, diese würdigen Nachfolger der National-Clique, zu beweisen. Morgen soll sie den Fortbestand des Zeitungs-Kautionnements votiren, welches sonst am 1. Mai abgelaufen wäre; kein Zweifel, daß sie unter dem schurkischen Barrot auch hierin wieder zu den Verhältnissen des 23. Februar zurückkehren wird. Der Volkssieg des 24. Februar hatte zuerst tiefer Restaurations-Errungenschaft der Geldprivilegien ein Ende gemacht, und hierdurch die ganze kleine Volkspresse, diese fliegenden Revolutionsblätter der Faubourgs, befreit, welche Paris bis zum Juni in so beispielloser Weise überschwemmten. Die Abschaffung des Kautionnements war der Todesstoß für die großen Zeitungsschmierer. Das Volk las auch die republikanischen Hofblätter der provisorischen Regierung nicht, weder den "National" der Beutelschneider Marrast, Marie, Pages, noch die langweilige, friedliche "Reform" des schwachen Ledru-Rollin; es hatte seine eigenen Blätter, die in derber, verständlicher, revolutionärer Sprache zu ihm redeten, und wenig oder gar nicht aus den Arbeitervierteln drangen, oder, wenn sie es thaten, vielleicht wie Raspail's "Ami du Peuple" von der honetten Bourgeoisjugend auf öffentlichem Platz verbraunt wurden. Das Volk hatte sein "Journal des Sansculottes," seinen "Pere Duchene," seinen "Robespierre," "Drapeau rouge" und "Accusateur public," seinen " Gamin de Paris" und "Aimable Faubourien," oder wenn es zu der revolutionären Presse der innern Stadt kehren wollte, den Lamennais'schen "Peuple Constituant" und die gefürchtete "Commune de Paris," das "Journal du Club des Clubs" von Sobrier und George Sand, welches die provisorischen Halbgötter bereits vom weiten Tage ihrer Herrlichkeit an in der wüthendsten Art denunzirte, und dessen Entstehung von dem verständigen Kölnischen Feuilletonschmuhl neulich in den März diesen Jahres verlegt wurde. Das Volk fand in all diesen Blättern besser als irgendwosonst die nöthige Aufklärung über den Marsch seiner Regierung, und die Demonstrationen vom 17. März und 16. April beweisen, daß diese kleine Revolutionspresse nicht vergebens arbeitete. Der große Diktator Cavaignac wußte daher was er that, als er diesen schonungslosen Feind der Verräther im Juni zu Boden trat, und die feige Nationalversammlung handelte nur in ihrem eigenen volksfeindlichen Interesse, als sie im August, unter dem Terrorismus der Militärherrschaft, der Volkspresse durch das Dekret über die Kautionnements den Hals zudrückte. Wie sollte die kleine Presse 24,000 Frs. für ein tägliches, 6000 Frs. für ein Wochenblatt auftreiben, sie, die sich nur mit dem Sou des heutigen Exemplars für den folgenden Tag fristete?

Dies honette Belagerungsdekret droht aber am 1. Mai abzusterben, und Herr Leon Faucher hat nichts Eiligeres zu thun, als auf Verlängerung anzutragen. Die Presse deklamirt heute voll Pathos gegen die Maßregel, obwohl es den meisten großen Blättern gar nicht um deren Abschaffung Ernst ist, und selbst der honette "National" heult moralischen Jammer über die Immoralität, in Voraussetzung von spätern Verbrechen Sicherheitsgelder voraus zu verlangen. Der National aber vergißt, daß diese "Immoralität" derOdilon-Faucher's nur die Fortsetzung der Politik des großen honetten Junischlächters ist, wie überhaupt die ganze jetzige Schurkerei auf den Juni zurückgeführt werden muß.

Die Assemblee hat in würdiger Folge des italienischen Beschlusses Hrn. Faucher die Dringlichkeit seines Cautionnement-Verlangens zuerkannt, und wird morgen den Bericht ihrer Kommission hierüber berathen. Die Kommission hat die Caution beibehalten, nur den Betrag von 24,000 auf 12,000 Fr. herabgesetzt, was in der Hauptsache nichts ändern kann. Die Assemblee aber wird voraussichtlich in erwünschter Ergebenheit für die Jesuitenclique entscheiden, und abermals der Preßfreiheit den Hals zuschnüren.

Paris, 19. April.

Mehrere Blätter sprechen von Ministerwechsel. Ihnen zufolge würde der gesprächige Lamoriciere den stummen Rullieres im Kriegsministerium ersetzen und der Juniheld Bedeau dem Guizotisten Drouyn de Lhuys die Bürde des Auswärtigen abnehmen. Wir können versichern, daß Bonaparte vor den Wahlen sein Ministerium nicht wechseln wird.

- Durch Bildung des neuen Staatsraths verliert die National-Versammlung fünfzehn ihrer Glieder, da das Amt eines Staatsrathes mit dem eines Volksvertreters unverträglich ist. Außerdem liegen dem Präsidium etwa vierzig Urlaubsgesuche vor.

Rybinski, letzter polnischer Generalissimus aus dem 1830ger Kampfe, ist nach Rom abgereist, um sich an die Spitze des römisch-republikanischen Heeres zu stellen, dessen Reiterei bereits von Kersansie, dem Chef der Junibarrikaden, besehligt wird.

- Die Estassette behauptet, der Telegraph habe dem Ministerium die Landung unseres Pabstgeschwaders in Civita-Vecchia gemeldet.

Unsere Touloner und Marseiller Blätter vom 16. Abends kennen dagegen kaum die Einschiffung desselben.

- National-Versamlung. Sitzung vom 19. April. Anfang 12 1/2 Uhr.

Grevy. einer der Vicepräsidenten, führt den Vorsitz. Die Versammlung ist ziemlich schwach; sie erledigt zunächst mehrere Gesetzentwürfe von untergeordnetem Interesse. Das Girondedepartement will sich übersteuern, um wichtige Schiffsbauten zu vollenden, und die Stadt Maixem ein Kapital zur Beschäftigung ihres Proletariats auftreiben.

Malbois nimmt demnächst das Wort, um einen längst gestellten Antrag gegen das Urlaubsfieber, dem Lamoriciere heute auf die Tagesordnung verhalf, zu entwickeln. Er weist auf die Fahrlässigkeit vieler Glieder hin, welche eine solche Maßregel völlig rechtfertigen.

Emile Leroux: Der Ausschuß unterstützt dieselbe nur theilweise. Er verspricht sich keine große Abhülfe von ihr.

Baraguay d' Hilliers bekämpft sie geradezu. Man solle zur Tagesordnung schreiten.

Lamoriciere und Baune vertheidigen dagegen dieselbe mit vieler Wärme und geben dem Vorredner zu verstehen, daß er es nicht ungern zu sehen scheine, wenn die National-Versammlung abstürbe. Derselbe ist bekanntlich Präsident des Poitiersclub.

Nach einigen Gegenreden schreitet die Versammlung zur Annahme folgender Artikel:

Artikel 1.

"Jedes Urlaubsgesuch ist in Zukunft einer Kommission von zwölf Gliedern zu unterwerfen, welche ihr Gutachten über jedes Gesuch abzugeben hat."

Artikel 2.

"Diese Kommission wird durch das Vorsteherpersonal der Kammer ernannt und vom Präsidenten derselben präsidirt."

Artikel 3.

"Indem der Präsident die Gesuche in öffentlicher Sitzung zur Abstimmung bringt, wird er bei jedem die Ansicht der Kommission beifügen."

Artikel 4.

"Alle bis heute bewilligten Urlaube erlöschen zehn Tage nach Promulgation dieses Gesetztes."

Lamoriciere stellt den Zusatz:

"Wer drei Male bei Zettelskrutinien oder Kugelabstimmungen fehlt, soll als unregelmäßiger Volksvertreter im Moniteur signalisirt werden."

Dieser Zusatz rief einigen Tumult hervor. Aber dem Eiser Lamoriciere's gelang es doch, dem Gesetz diese Schülerruthe anzubinden.

Der Zusatz wird angenommen.

Die Versammlung kehrt zum Büdget zurück.

Die Malleposten gaben zu einer längeren Debatte Veranlassung.

Die Kommission wollte 1 Million ersparen, indem sie die Aufhebung folgender 4 Mallposten vorschlug:

1) von Lyon nach Bordeaux,
2) von Lyon nach Marseille,
3) von Lyon nach Mühlhausen,
4) von Bordeaux nach Nantes.

Die Versammlung hob jedoch nur drei Linien auf und läßt die Mallepost von Lyon nach Mühlhausen (Basel) fortbestehen.

Das Gesammtbüdget des Finanzdepartements geht demnächst mit 553 gegen 6 Stimmen durch.

Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.

Aegypten.
Cairo, 8, April.

Die jüngsten Berichte, welche uns aus Cairo vorliegen, melden, daß der Indo-Aegyptische Transito fortwährend zunehme, und daß die stete Ausdehnung desselben nicht blos von Indien und China, sondern auch von der Afrikanischen Küste zu gewärtigen sei. Die 15tägigen Dampfschifffahrten der Peninsular- und Oriental- Compagnie genügen nicht mehr, um die Reisenden und Waaren, welche in Cairo eintreffen, um nach Indien oder von dort nach Europa befördert zu werden, schnell fortzuschaffen, wodurch namentlich die Letzteren oft mehrere Monate liegen bleiben müssen. Um dem gesteigerten Bedürfnisse zu entsprechen, hat die Compagnie demnach bereits Anstalten getroffen, daß gegenwärtig jede Woche ein Dampfboot aus Indien in Suez und ebenso aus England in Alexandrien eintreffen; in gleicher Weise hat auch die Aegyptische Transito-Administration die Fahrten auf dem Nil verdoppelt. Obgleich die Verbindung durch diese Maßßregeln bedeutend erleichtert ist, so wird sie dennoch erst durch die Vollendung der fahrbaren Straße wesentlich befördert werden, welche so eben von Cairo nach Suez, durch die dazwischen liegende Wüste angelegt wird.

Die Strecke beträgt ungefähr 20 deutsche Meilen; das Terrain ist sehr günstig, indem der Boden größten Theils flach und hart, nur stellenweise mit Flugsand bedeckt ist, der jedoch nirgends eine solche Mächtigkeit erreicht, daß sie ein wesentliches Hinderniß in der Durchführung des Baues bilden könnte.

Die Leitung des Ganzen ist dem Ingenieur Linant Bei, einem talentvollen Manne, übertragen, dessen Kenntnisse jedoch eine vollkommen tadellose und sachverständige Ausführung des Planes in allen Beziehungen nicht gewährleisten. Ungeachtet der vielen Mängel, welche bei diesem Straßenbaue diesemnach ohne Zweifel hervortreten werden, wird der Nutzen desselben im Vergleich zu der bisherigen Art des Transportes durch die Wüste mittelst Kameelen, dennoch von großem Belange sein.

Der Bau wurde bereits zu Anfang dieses Jahres in Angriff genommen und sollte, wie es anfänglich bestimmt war, in 18 Monaten zu Ende geführt werden. Den neuesten Nachrichten aus Cairo vom 17. v. M. zu Folge dürfte jedoch die Straße noch früher vollendet werden, da die Arbeiten aus Veranlassung einer von Seite der Peninsular- und Oriental-Kompagnie an deu Pascha ergangenen Aufforderung, zwischen Suez und Kairo eine Eisenbahn anzulegen, nunmehr mit allem Aufwande an Kräften beschleunigt werden.

Der Ueberbringer dieser Aufforderung ist der ehemalige Lord Major von London Sir John Pirie, einer der Direktoren der Compagnie, welcher schon vor drei Jahren nach Cairo gekommen war, um den Bau des Canals zur Verbindung der zwei Meere durch den Isthmus vor Suez zu hintertreiben, und an dessen Stelle die Anlegung einer Eisenbahn vorzuschlagen. Er fand damals kein Gehör, und bietet gegenwärtig alle Mittel auf, um dem Plane Eingang zu verschaffen. Er wird darin von Leuten unterstützt, die auf Abas Pascha einen überwiegenden Einfluß üben, und gibt diesemnach, ungeachtet der Pascha bei der am 17. v. M. Statt gehabten Audienz seine entschiedene Abgeneigheit gegen die Ausführung der Eisenbahn an den Tag gelegt und jeden Anwurf abgelehnt hat, die Hoffnung, das Unternehmen dennoch durchzusetzen, nicht auf.

Redakteur en chef Karl Marx.
Beilage zu Nr. 279 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Sonntag, 22. April 1849.
[Italien]

von Genua, 10 Stunden von dieser Stadt entfernt, an. Sie versuchten mehrmals, dahin vorzubringen, allein ihre Anstrengungen waren fruchtlos, da La Marmara von seinen günstigen Stellungen aus sie zurücktrieb. In Chiavari hatten sie bereits eine provisorische Regierung eingesetzt; seit der Unterwerfung Genua's haben sie beschlossen, sich nach Toskana oder Rom zu begeben.

La Marmora hat ihnen Lebensmittel und Geld übersandt, damit sie sobald als möglich diesen Marsch antreten und aus der Nähe Genua's wegkommen.

In Genua herrscht natürlich die „Ordnung“. Es kommen jetzt täglich mehr Details über die von den Soldaten während der Belagerung begangenen Brutalitäten und Scheußlichkeiten an's Tageslicht, und der Haß des Volkes gegen La Marmora's Söldlinge ist auf eine Höhe gestiegen, daß kaum der Belagerungszustand lange hinreichen wird, einen Wuthausbruch zu verhindern.

Wie die „Alba“ aus Rom vom 7. April mittheilt, hatte die Regierung in der vorhergehenden Nacht eine von Gaëta nach Civita Vecchia gesandte Korrespondenz aufgefangen, die ihr das von der Reaktion geschmiedete Komplott enthüllte. In Folge dessen wurden mehrere Personen verhaftet, auch ein Priester, der in der Korrespondenz die in seinem Hause verborgenen Waffen aufzählt.

Der toskanische Moniteur giebt die Zahl der in Parma konzentriten Oestreicher auf 25,000 Mann an. Von Modena aus hat sich eine östreich. Kolonne nach Massa hin in Bewegung gesetzt, wahrscheinlich um der lombardischen Division den Weg abzuschneiden und sie zu entwaffnen.

Aus Neapel und Sizilien keine Nachrichten.

Venedig, 3. April.

In Folge des Beschlusses der Nationalversammlung, im Widerstande gegen Oesterreich zu beharren, hat der kommandirende Obergeneral beschlossen, sich auf die Vertheidigung der Lagunen zu beschränken, und das Commando über sämmtliche Truppen in der Stadt und den sie beschützenden Forts wieder selbst zu übernehmen. Gleichzeitig erinnert er seine Soldaten, daß sie nur durch strenge Beobachtung der Disciplin im Stande sein würden, das letzte Bollwerk der Halbinsel zu vertheidigen, daß die Augen Italiens und Europa's auf sie gerichtet wären, u. s. w.

Ungarn.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
090 Paris, 19. April.

Die Nationalversammlung wird morgen wieder Gelegenheit haben, ihre Hingebung an die Mondkalb-Minister, an die elenden Bursche Falloux, Faucher, Barrot, diese würdigen Nachfolger der National-Clique, zu beweisen. Morgen soll sie den Fortbestand des Zeitungs-Kautionnements votiren, welches sonst am 1. Mai abgelaufen wäre; kein Zweifel, daß sie unter dem schurkischen Barrot auch hierin wieder zu den Verhältnissen des 23. Februar zurückkehren wird. Der Volkssieg des 24. Februar hatte zuerst tiefer Restaurations-Errungenschaft der Geldprivilegien ein Ende gemacht, und hierdurch die ganze kleine Volkspresse, diese fliegenden Revolutionsblätter der Faubourgs, befreit, welche Paris bis zum Juni in so beispielloser Weise überschwemmten. Die Abschaffung des Kautionnements war der Todesstoß für die großen Zeitungsschmierer. Das Volk las auch die republikanischen Hofblätter der provisorischen Regierung nicht, weder den „National“ der Beutelschneider Marrast, Marie, Pagés, noch die langweilige, friedliche „Reform“ des schwachen Ledru-Rollin; es hatte seine eigenen Blätter, die in derber, verständlicher, revolutionärer Sprache zu ihm redeten, und wenig oder gar nicht aus den Arbeitervierteln drangen, oder, wenn sie es thaten, vielleicht wie Raspail's „Ami du Peuple“ von der honetten Bourgeoisjugend auf öffentlichem Platz verbraunt wurden. Das Volk hatte sein „Journal des Sansculottes,“ seinen „Père Duchène,“ seinen „Robespierre,“ „Drapeau rouge” und „Accusateur public,“ seinen „ Gamin de Paris“ und „Aimable Faubourien,“ oder wenn es zu der revolutionären Presse der innern Stadt kehren wollte, den Lamennais'schen „Peuple Constituant“ und die gefürchtete „Commune de Paris,“ das „Journal du Club des Clubs“ von Sobrier und George Sand, welches die provisorischen Halbgötter bereits vom weiten Tage ihrer Herrlichkeit an in der wüthendsten Art denunzirte, und dessen Entstehung von dem verständigen Kölnischen Feuilletonschmuhl neulich in den März diesen Jahres verlegt wurde. Das Volk fand in all diesen Blättern besser als irgendwosonst die nöthige Aufklärung über den Marsch seiner Regierung, und die Demonstrationen vom 17. März und 16. April beweisen, daß diese kleine Revolutionspresse nicht vergebens arbeitete. Der große Diktator Cavaignac wußte daher was er that, als er diesen schonungslosen Feind der Verräther im Juni zu Boden trat, und die feige Nationalversammlung handelte nur in ihrem eigenen volksfeindlichen Interesse, als sie im August, unter dem Terrorismus der Militärherrschaft, der Volkspresse durch das Dekret über die Kautionnements den Hals zudrückte. Wie sollte die kleine Presse 24,000 Frs. für ein tägliches, 6000 Frs. für ein Wochenblatt auftreiben, sie, die sich nur mit dem Sou des heutigen Exemplars für den folgenden Tag fristete?

Dies honette Belagerungsdekret droht aber am 1. Mai abzusterben, und Herr Leon Faucher hat nichts Eiligeres zu thun, als auf Verlängerung anzutragen. Die Presse deklamirt heute voll Pathos gegen die Maßregel, obwohl es den meisten großen Blättern gar nicht um deren Abschaffung Ernst ist, und selbst der honette „National“ heult moralischen Jammer über die Immoralität, in Voraussetzung von spätern Verbrechen Sicherheitsgelder voraus zu verlangen. Der National aber vergißt, daß diese „Immoralität“ derOdilon-Faucher's nur die Fortsetzung der Politik des großen honetten Junischlächters ist, wie überhaupt die ganze jetzige Schurkerei auf den Juni zurückgeführt werden muß.

Die Assemblée hat in würdiger Folge des italienischen Beschlusses Hrn. Faucher die Dringlichkeit seines Cautionnement-Verlangens zuerkannt, und wird morgen den Bericht ihrer Kommission hierüber berathen. Die Kommission hat die Caution beibehalten, nur den Betrag von 24,000 auf 12,000 Fr. herabgesetzt, was in der Hauptsache nichts ändern kann. Die Assemblée aber wird voraussichtlich in erwünschter Ergebenheit für die Jesuitenclique entscheiden, und abermals der Preßfreiheit den Hals zuschnüren.

Paris, 19. April.

Mehrere Blätter sprechen von Ministerwechsel. Ihnen zufolge würde der gesprächige Lamoriciere den stummen Rullieres im Kriegsministerium ersetzen und der Juniheld Bedeau dem Guizotisten Drouyn de Lhuys die Bürde des Auswärtigen abnehmen. Wir können versichern, daß Bonaparte vor den Wahlen sein Ministerium nicht wechseln wird.

‒ Durch Bildung des neuen Staatsraths verliert die National-Versammlung fünfzehn ihrer Glieder, da das Amt eines Staatsrathes mit dem eines Volksvertreters unverträglich ist. Außerdem liegen dem Präsidium etwa vierzig Urlaubsgesuche vor.

Rybinski, letzter polnischer Generalissimus aus dem 1830ger Kampfe, ist nach Rom abgereist, um sich an die Spitze des römisch-republikanischen Heeres zu stellen, dessen Reiterei bereits von Kersansie, dem Chef der Junibarrikaden, besehligt wird.

‒ Die Estassette behauptet, der Telegraph habe dem Ministerium die Landung unseres Pabstgeschwaders in Civita-Vecchia gemeldet.

Unsere Touloner und Marseiller Blätter vom 16. Abends kennen dagegen kaum die Einschiffung desselben.

National-Versamlung. Sitzung vom 19. April. Anfang 12 1/2 Uhr.

Grevy. einer der Vicepräsidenten, führt den Vorsitz. Die Versammlung ist ziemlich schwach; sie erledigt zunächst mehrere Gesetzentwürfe von untergeordnetem Interesse. Das Girondedepartement will sich übersteuern, um wichtige Schiffsbauten zu vollenden, und die Stadt Maixem ein Kapital zur Beschäftigung ihres Proletariats auftreiben.

Malbois nimmt demnächst das Wort, um einen längst gestellten Antrag gegen das Urlaubsfieber, dem Lamoriciere heute auf die Tagesordnung verhalf, zu entwickeln. Er weist auf die Fahrlässigkeit vieler Glieder hin, welche eine solche Maßregel völlig rechtfertigen.

Emile Leroux: Der Ausschuß unterstützt dieselbe nur theilweise. Er verspricht sich keine große Abhülfe von ihr.

Baraguay d' Hilliers bekämpft sie geradezu. Man solle zur Tagesordnung schreiten.

Lamoriciere und Baune vertheidigen dagegen dieselbe mit vieler Wärme und geben dem Vorredner zu verstehen, daß er es nicht ungern zu sehen scheine, wenn die National-Versammlung abstürbe. Derselbe ist bekanntlich Präsident des Poitiersclub.

Nach einigen Gegenreden schreitet die Versammlung zur Annahme folgender Artikel:

Artikel 1.

„Jedes Urlaubsgesuch ist in Zukunft einer Kommission von zwölf Gliedern zu unterwerfen, welche ihr Gutachten über jedes Gesuch abzugeben hat.“

Artikel 2.

„Diese Kommission wird durch das Vorsteherpersonal der Kammer ernannt und vom Präsidenten derselben präsidirt.“

Artikel 3.

„Indem der Präsident die Gesuche in öffentlicher Sitzung zur Abstimmung bringt, wird er bei jedem die Ansicht der Kommission beifügen.“

Artikel 4.

„Alle bis heute bewilligten Urlaube erlöschen zehn Tage nach Promulgation dieses Gesetztes.“

Lamoriciere stellt den Zusatz:

„Wer drei Male bei Zettelskrutinien oder Kugelabstimmungen fehlt, soll als unregelmäßiger Volksvertreter im Moniteur signalisirt werden.“

Dieser Zusatz rief einigen Tumult hervor. Aber dem Eiser Lamoriciere's gelang es doch, dem Gesetz diese Schülerruthe anzubinden.

Der Zusatz wird angenommen.

Die Versammlung kehrt zum Büdget zurück.

Die Malleposten gaben zu einer längeren Debatte Veranlassung.

Die Kommission wollte 1 Million ersparen, indem sie die Aufhebung folgender 4 Mallposten vorschlug:

1) von Lyon nach Bordeaux,
2) von Lyon nach Marseille,
3) von Lyon nach Mühlhausen,
4) von Bordeaux nach Nantes.

Die Versammlung hob jedoch nur drei Linien auf und läßt die Mallepost von Lyon nach Mühlhausen (Basel) fortbestehen.

Das Gesammtbüdget des Finanzdepartements geht demnächst mit 553 gegen 6 Stimmen durch.

Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.

Aegypten.
Cairo, 8, April.

Die jüngsten Berichte, welche uns aus Cairo vorliegen, melden, daß der Indo-Aegyptische Transito fortwährend zunehme, und daß die stete Ausdehnung desselben nicht blos von Indien und China, sondern auch von der Afrikanischen Küste zu gewärtigen sei. Die 15tägigen Dampfschifffahrten der Peninsular- und Oriental- Compagnie genügen nicht mehr, um die Reisenden und Waaren, welche in Cairo eintreffen, um nach Indien oder von dort nach Europa befördert zu werden, schnell fortzuschaffen, wodurch namentlich die Letzteren oft mehrere Monate liegen bleiben müssen. Um dem gesteigerten Bedürfnisse zu entsprechen, hat die Compagnie demnach bereits Anstalten getroffen, daß gegenwärtig jede Woche ein Dampfboot aus Indien in Suez und ebenso aus England in Alexandrien eintreffen; in gleicher Weise hat auch die Aegyptische Transito-Administration die Fahrten auf dem Nil verdoppelt. Obgleich die Verbindung durch diese Maßßregeln bedeutend erleichtert ist, so wird sie dennoch erst durch die Vollendung der fahrbaren Straße wesentlich befördert werden, welche so eben von Cairo nach Suez, durch die dazwischen liegende Wüste angelegt wird.

Die Strecke beträgt ungefähr 20 deutsche Meilen; das Terrain ist sehr günstig, indem der Boden größten Theils flach und hart, nur stellenweise mit Flugsand bedeckt ist, der jedoch nirgends eine solche Mächtigkeit erreicht, daß sie ein wesentliches Hinderniß in der Durchführung des Baues bilden könnte.

Die Leitung des Ganzen ist dem Ingenieur Linant Bei, einem talentvollen Manne, übertragen, dessen Kenntnisse jedoch eine vollkommen tadellose und sachverständige Ausführung des Planes in allen Beziehungen nicht gewährleisten. Ungeachtet der vielen Mängel, welche bei diesem Straßenbaue diesemnach ohne Zweifel hervortreten werden, wird der Nutzen desselben im Vergleich zu der bisherigen Art des Transportes durch die Wüste mittelst Kameelen, dennoch von großem Belange sein.

Der Bau wurde bereits zu Anfang dieses Jahres in Angriff genommen und sollte, wie es anfänglich bestimmt war, in 18 Monaten zu Ende geführt werden. Den neuesten Nachrichten aus Cairo vom 17. v. M. zu Folge dürfte jedoch die Straße noch früher vollendet werden, da die Arbeiten aus Veranlassung einer von Seite der Peninsular- und Oriental-Kompagnie an deu Pascha ergangenen Aufforderung, zwischen Suez und Kairo eine Eisenbahn anzulegen, nunmehr mit allem Aufwande an Kräften beschleunigt werden.

Der Ueberbringer dieser Aufforderung ist der ehemalige Lord Major von London Sir John Pirie, einer der Direktoren der Compagnie, welcher schon vor drei Jahren nach Cairo gekommen war, um den Bau des Canals zur Verbindung der zwei Meere durch den Isthmus vor Suez zu hintertreiben, und an dessen Stelle die Anlegung einer Eisenbahn vorzuschlagen. Er fand damals kein Gehör, und bietet gegenwärtig alle Mittel auf, um dem Plane Eingang zu verschaffen. Er wird darin von Leuten unterstützt, die auf Abas Pascha einen überwiegenden Einfluß üben, und gibt diesemnach, ungeachtet der Pascha bei der am 17. v. M. Statt gehabten Audienz seine entschiedene Abgeneigheit gegen die Ausführung der Eisenbahn an den Tag gelegt und jeden Anwurf abgelehnt hat, die Hoffnung, das Unternehmen dennoch durchzusetzen, nicht auf.

Redakteur en chef Karl Marx.
<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0001" n="1575"/>
    <front>
      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 279 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
        <docImprint>
          <docDate>Sonntag, 22. April 1849.</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front>
    <body>
      <div n="1">
        <head>[Italien]</head>
        <div xml:id="ar279b_001" type="jArticle">
          <p>von Genua, 10 Stunden von dieser Stadt entfernt, an. Sie versuchten mehrmals, dahin vorzubringen, allein ihre Anstrengungen waren fruchtlos, da La Marmara von seinen günstigen Stellungen aus sie zurücktrieb. In Chiavari hatten sie bereits eine provisorische Regierung eingesetzt; seit der Unterwerfung Genua's haben sie beschlossen, sich nach Toskana oder Rom zu begeben.</p>
          <p>La Marmora hat ihnen Lebensmittel und Geld übersandt, damit sie sobald als möglich diesen Marsch antreten und aus der Nähe Genua's wegkommen.</p>
          <p>In Genua herrscht natürlich die &#x201E;Ordnung&#x201C;. Es kommen jetzt täglich mehr Details über die von den Soldaten während der Belagerung begangenen Brutalitäten und Scheußlichkeiten an's Tageslicht, und der Haß des Volkes gegen La Marmora's Söldlinge ist auf eine Höhe gestiegen, daß kaum der Belagerungszustand lange hinreichen wird, einen Wuthausbruch zu verhindern.</p>
          <p>Wie die &#x201E;Alba&#x201C; aus Rom vom 7. April mittheilt, hatte die Regierung in der vorhergehenden Nacht eine von Gaëta nach Civita Vecchia gesandte Korrespondenz aufgefangen, die ihr das von der Reaktion geschmiedete Komplott enthüllte. In Folge dessen wurden mehrere Personen verhaftet, auch ein Priester, der in der Korrespondenz die in seinem Hause verborgenen Waffen aufzählt.</p>
          <p>Der toskanische Moniteur giebt die Zahl der in Parma konzentriten Oestreicher auf 25,000 Mann an. Von Modena aus hat sich eine östreich. Kolonne nach Massa hin in Bewegung gesetzt, wahrscheinlich um der lombardischen Division den Weg abzuschneiden und sie zu entwaffnen.</p>
          <p>Aus Neapel und Sizilien keine Nachrichten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar279b_002" type="jArticle">
          <head>Venedig, 3. April.</head>
          <p>In Folge des Beschlusses der Nationalversammlung, im Widerstande gegen Oesterreich zu beharren, hat der kommandirende Obergeneral beschlossen, sich auf die Vertheidigung der Lagunen zu beschränken, und das Commando über sämmtliche Truppen in der Stadt und den sie beschützenden Forts wieder selbst zu übernehmen. Gleichzeitig erinnert er seine Soldaten, daß sie nur durch strenge Beobachtung der Disciplin im Stande sein würden, das letzte Bollwerk der Halbinsel zu vertheidigen, daß die Augen Italiens und Europa's auf sie gerichtet wären, u. s. w.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar279b_003_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9.         </bibl>                </note>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar279b_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>090</author></bibl> Paris, 19. April.</head>
          <p>Die Nationalversammlung wird morgen wieder Gelegenheit haben, ihre Hingebung an die Mondkalb-Minister, an die elenden Bursche Falloux, Faucher, Barrot, diese würdigen Nachfolger der National-Clique, zu beweisen. Morgen soll sie den Fortbestand des Zeitungs-Kautionnements votiren, welches sonst am 1. Mai abgelaufen wäre; kein Zweifel, daß sie unter dem schurkischen Barrot auch hierin wieder zu den Verhältnissen des 23. Februar zurückkehren wird. Der Volkssieg des 24. Februar hatte zuerst tiefer Restaurations-Errungenschaft der Geldprivilegien ein Ende gemacht, und hierdurch die ganze kleine Volkspresse, diese fliegenden Revolutionsblätter der Faubourgs, befreit, welche Paris bis zum Juni in so beispielloser Weise überschwemmten. Die Abschaffung des Kautionnements war der Todesstoß für die großen Zeitungsschmierer. Das Volk las auch die republikanischen Hofblätter der provisorischen Regierung nicht, weder den &#x201E;National&#x201C; der Beutelschneider Marrast, Marie, Pagés, noch die langweilige, friedliche &#x201E;Reform&#x201C; des schwachen Ledru-Rollin; es hatte seine eigenen Blätter, die in derber, verständlicher, revolutionärer Sprache zu ihm redeten, und wenig oder gar nicht aus den Arbeitervierteln drangen, oder, wenn sie es thaten, vielleicht wie Raspail's &#x201E;Ami du Peuple&#x201C; von der honetten Bourgeoisjugend auf öffentlichem Platz verbraunt wurden. Das Volk hatte sein &#x201E;Journal des Sansculottes,&#x201C; seinen &#x201E;Père Duchène,&#x201C; seinen &#x201E;Robespierre,&#x201C; &#x201E;Drapeau rouge&#x201D; und &#x201E;Accusateur public,&#x201C; seinen &#x201E; Gamin de Paris&#x201C; und &#x201E;Aimable Faubourien,&#x201C; oder wenn es zu der revolutionären Presse der innern Stadt kehren wollte, den Lamennais'schen &#x201E;Peuple Constituant&#x201C; und die gefürchtete &#x201E;Commune de Paris,&#x201C; das &#x201E;Journal du Club des Clubs&#x201C; von Sobrier und George Sand, welches die provisorischen Halbgötter bereits vom weiten Tage ihrer Herrlichkeit an in der wüthendsten Art denunzirte, und dessen Entstehung von dem verständigen Kölnischen Feuilletonschmuhl neulich in den März diesen Jahres verlegt wurde. Das Volk fand in all diesen Blättern besser als irgendwosonst die nöthige Aufklärung über den Marsch seiner Regierung, und die Demonstrationen vom 17. März und 16. April beweisen, daß diese kleine Revolutionspresse nicht vergebens arbeitete. Der große Diktator Cavaignac wußte daher was er that, als er diesen schonungslosen Feind der Verräther im Juni zu Boden trat, und die feige Nationalversammlung handelte nur in ihrem eigenen volksfeindlichen Interesse, als sie im August, unter dem Terrorismus der Militärherrschaft, der Volkspresse durch das Dekret über die Kautionnements den Hals zudrückte. Wie sollte die kleine Presse 24,000 Frs. für ein tägliches, 6000 Frs. für ein Wochenblatt auftreiben, sie, die sich nur mit dem Sou des heutigen Exemplars für den folgenden Tag fristete?</p>
          <p>Dies honette Belagerungsdekret droht aber am 1. Mai abzusterben, und Herr Leon Faucher hat nichts Eiligeres zu thun, als auf Verlängerung anzutragen. Die Presse deklamirt heute voll Pathos gegen die Maßregel, obwohl es den meisten großen Blättern gar nicht um deren Abschaffung Ernst ist, und selbst der honette &#x201E;National&#x201C; heult moralischen Jammer über die Immoralität, in Voraussetzung von spätern Verbrechen Sicherheitsgelder voraus zu verlangen. Der National aber vergißt, daß diese &#x201E;Immoralität&#x201C; derOdilon-Faucher's nur die Fortsetzung der Politik des großen honetten Junischlächters ist, wie überhaupt die ganze jetzige Schurkerei auf den Juni zurückgeführt werden muß.</p>
          <p>Die Assemblée hat in würdiger Folge des italienischen Beschlusses Hrn. Faucher die Dringlichkeit seines Cautionnement-Verlangens zuerkannt, und wird morgen den Bericht ihrer Kommission hierüber berathen. Die Kommission hat die Caution beibehalten, nur den Betrag von 24,000 auf 12,000 Fr. herabgesetzt, was in der Hauptsache nichts ändern kann. Die Assemblée aber wird voraussichtlich in erwünschter Ergebenheit für die Jesuitenclique entscheiden, und abermals der Preßfreiheit den Hals zuschnüren.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar279b_005" type="jArticle">
          <head>Paris, 19. April.</head>
          <p>Mehrere Blätter sprechen von Ministerwechsel. Ihnen zufolge würde der gesprächige Lamoriciere den stummen Rullieres im Kriegsministerium ersetzen und der Juniheld Bedeau dem Guizotisten Drouyn de Lhuys die Bürde des Auswärtigen abnehmen. Wir können versichern, daß Bonaparte vor den Wahlen sein Ministerium nicht wechseln wird.</p>
          <p>&#x2012; Durch Bildung des neuen Staatsraths verliert die National-Versammlung fünfzehn ihrer Glieder, da das Amt eines Staatsrathes mit dem eines Volksvertreters unverträglich ist. Außerdem liegen dem Präsidium etwa vierzig Urlaubsgesuche vor.</p>
          <p>Rybinski, letzter polnischer Generalissimus aus dem 1830ger Kampfe, ist nach Rom abgereist, um sich an die Spitze des römisch-republikanischen Heeres zu stellen, dessen Reiterei bereits von Kersansie, dem Chef der Junibarrikaden, besehligt wird.</p>
          <p>&#x2012; Die Estassette behauptet, der Telegraph habe dem Ministerium die Landung unseres Pabstgeschwaders in Civita-Vecchia gemeldet.</p>
          <p>Unsere Touloner und Marseiller Blätter vom 16. Abends kennen dagegen kaum die Einschiffung desselben.</p>
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">National-Versamlung.</hi> Sitzung vom 19. April. Anfang 12 1/2 Uhr.</p>
          <p>Grevy. einer der Vicepräsidenten, führt den Vorsitz. Die Versammlung ist ziemlich schwach; sie erledigt zunächst mehrere Gesetzentwürfe von untergeordnetem Interesse. Das Girondedepartement will sich übersteuern, um wichtige Schiffsbauten zu vollenden, und die Stadt Maixem ein Kapital zur Beschäftigung ihres Proletariats auftreiben.</p>
          <p><hi rendition="#g">Malbois</hi> nimmt demnächst das Wort, um einen längst gestellten Antrag gegen das Urlaubsfieber, dem Lamoriciere heute auf die Tagesordnung verhalf, zu entwickeln. Er weist auf die Fahrlässigkeit vieler Glieder hin, welche eine solche Maßregel völlig rechtfertigen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Emile Leroux:</hi> Der Ausschuß unterstützt dieselbe nur theilweise. Er verspricht sich keine große Abhülfe von ihr.</p>
          <p><hi rendition="#g">Baraguay d' Hilliers</hi> bekämpft sie geradezu. Man solle zur Tagesordnung schreiten.</p>
          <p><hi rendition="#g">Lamoriciere</hi> und <hi rendition="#g">Baune</hi> vertheidigen dagegen dieselbe mit vieler Wärme und geben dem Vorredner zu verstehen, daß er es nicht ungern zu sehen scheine, wenn die National-Versammlung abstürbe. Derselbe ist bekanntlich Präsident des Poitiersclub.</p>
          <p>Nach einigen Gegenreden schreitet die Versammlung zur Annahme folgender Artikel:</p>
          <p>Artikel 1.</p>
          <p>&#x201E;Jedes Urlaubsgesuch ist in Zukunft einer Kommission von zwölf Gliedern zu unterwerfen, welche ihr Gutachten über jedes Gesuch abzugeben hat.&#x201C;</p>
          <p>Artikel 2.</p>
          <p>&#x201E;Diese Kommission wird durch das Vorsteherpersonal der Kammer ernannt und vom Präsidenten derselben präsidirt.&#x201C;</p>
          <p>Artikel 3.</p>
          <p>&#x201E;Indem der Präsident die Gesuche in öffentlicher Sitzung zur Abstimmung bringt, wird er bei jedem die Ansicht der Kommission beifügen.&#x201C;</p>
          <p>Artikel 4.</p>
          <p>&#x201E;Alle bis heute bewilligten Urlaube erlöschen zehn Tage nach Promulgation dieses Gesetztes.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Lamoriciere</hi> stellt den Zusatz:</p>
          <p>&#x201E;Wer drei Male bei Zettelskrutinien oder Kugelabstimmungen fehlt, soll als unregelmäßiger Volksvertreter im Moniteur signalisirt werden.&#x201C;</p>
          <p>Dieser Zusatz rief einigen Tumult hervor. Aber dem Eiser Lamoriciere's gelang es doch, dem Gesetz diese Schülerruthe anzubinden.</p>
          <p>Der Zusatz wird angenommen.</p>
          <p>Die Versammlung kehrt zum Büdget zurück.</p>
          <p>Die Malleposten gaben zu einer längeren Debatte Veranlassung.</p>
          <p>Die Kommission wollte 1 Million ersparen, indem sie die Aufhebung folgender 4 Mallposten vorschlug:</p>
          <list>
            <item>1) von Lyon nach Bordeaux,</item>
            <item>2) von Lyon nach Marseille,</item>
            <item>3) von Lyon nach Mühlhausen,</item>
            <item>4) von Bordeaux nach Nantes.</item>
          </list>
          <p>Die Versammlung hob jedoch nur drei Linien auf und läßt die Mallepost von Lyon nach Mühlhausen (Basel) fortbestehen.</p>
          <p>Das Gesammtbüdget des Finanzdepartements geht demnächst mit 553 gegen 6 Stimmen durch.</p>
          <p>Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Aegypten.</head>
        <div xml:id="ar279b_006" type="jArticle">
          <head>Cairo, 8, April.</head>
          <p>Die jüngsten Berichte, welche uns aus Cairo vorliegen, melden, daß der Indo-Aegyptische Transito fortwährend zunehme, und daß die stete Ausdehnung desselben nicht blos von Indien und China, sondern auch von der Afrikanischen Küste zu gewärtigen sei. Die 15tägigen Dampfschifffahrten der Peninsular- und Oriental- Compagnie genügen nicht mehr, um die Reisenden und Waaren, welche in Cairo eintreffen, um nach Indien oder von dort nach Europa befördert zu werden, schnell fortzuschaffen, wodurch namentlich die Letzteren oft mehrere Monate liegen bleiben müssen. Um dem gesteigerten Bedürfnisse zu entsprechen, hat die Compagnie demnach bereits Anstalten getroffen, daß gegenwärtig jede Woche ein Dampfboot aus Indien in Suez und ebenso aus England in Alexandrien eintreffen; in gleicher Weise hat auch die Aegyptische Transito-Administration die Fahrten auf dem Nil verdoppelt. Obgleich die Verbindung durch diese Maßßregeln bedeutend erleichtert ist, so wird sie dennoch erst durch die Vollendung der fahrbaren Straße wesentlich befördert werden, welche so eben von Cairo nach Suez, durch die dazwischen liegende Wüste angelegt wird.</p>
          <p>Die Strecke beträgt ungefähr 20 deutsche Meilen; das Terrain ist sehr günstig, indem der Boden größten Theils flach und hart, nur stellenweise mit Flugsand bedeckt ist, der jedoch nirgends eine solche Mächtigkeit erreicht, daß sie ein wesentliches Hinderniß in der Durchführung des Baues bilden könnte.</p>
          <p>Die Leitung des Ganzen ist dem Ingenieur Linant Bei, einem talentvollen Manne, übertragen, dessen Kenntnisse jedoch eine vollkommen tadellose und sachverständige Ausführung des Planes in allen Beziehungen nicht gewährleisten. Ungeachtet der vielen Mängel, welche bei diesem Straßenbaue diesemnach ohne Zweifel hervortreten werden, wird der Nutzen desselben im Vergleich zu der bisherigen Art des Transportes durch die Wüste mittelst Kameelen, dennoch von großem Belange sein.</p>
          <p>Der Bau wurde bereits zu Anfang dieses Jahres in Angriff genommen und sollte, wie es anfänglich bestimmt war, in 18 Monaten zu Ende geführt werden. Den neuesten Nachrichten aus Cairo vom 17. v. M. zu Folge dürfte jedoch die Straße noch früher vollendet werden, da die Arbeiten aus Veranlassung einer von Seite der Peninsular- und Oriental-Kompagnie an deu Pascha ergangenen Aufforderung, zwischen Suez und Kairo eine Eisenbahn anzulegen, nunmehr mit allem Aufwande an Kräften beschleunigt werden.</p>
          <p>Der Ueberbringer dieser Aufforderung ist der ehemalige Lord Major von London Sir John Pirie, einer der Direktoren der Compagnie, welcher schon vor drei Jahren nach Cairo gekommen war, um den Bau des Canals zur Verbindung der zwei Meere durch den Isthmus vor Suez zu hintertreiben, und an dessen Stelle die Anlegung einer Eisenbahn vorzuschlagen. Er fand damals kein Gehör, und bietet gegenwärtig alle Mittel auf, um dem Plane Eingang zu verschaffen. Er wird darin von Leuten unterstützt, die auf Abas Pascha einen überwiegenden Einfluß üben, und gibt diesemnach, ungeachtet der Pascha bei der am 17. v. M. Statt gehabten Audienz seine entschiedene Abgeneigheit gegen die Ausführung der Eisenbahn an den Tag gelegt und jeden Anwurf abgelehnt hat, die Hoffnung, das Unternehmen dennoch durchzusetzen, nicht auf.</p>
        </div>
      </div>
      <div>
        <bibl>Redakteur en chef <editor>Karl Marx.</editor>             </bibl>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1575/0001] Beilage zu Nr. 279 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag, 22. April 1849. [Italien] von Genua, 10 Stunden von dieser Stadt entfernt, an. Sie versuchten mehrmals, dahin vorzubringen, allein ihre Anstrengungen waren fruchtlos, da La Marmara von seinen günstigen Stellungen aus sie zurücktrieb. In Chiavari hatten sie bereits eine provisorische Regierung eingesetzt; seit der Unterwerfung Genua's haben sie beschlossen, sich nach Toskana oder Rom zu begeben. La Marmora hat ihnen Lebensmittel und Geld übersandt, damit sie sobald als möglich diesen Marsch antreten und aus der Nähe Genua's wegkommen. In Genua herrscht natürlich die „Ordnung“. Es kommen jetzt täglich mehr Details über die von den Soldaten während der Belagerung begangenen Brutalitäten und Scheußlichkeiten an's Tageslicht, und der Haß des Volkes gegen La Marmora's Söldlinge ist auf eine Höhe gestiegen, daß kaum der Belagerungszustand lange hinreichen wird, einen Wuthausbruch zu verhindern. Wie die „Alba“ aus Rom vom 7. April mittheilt, hatte die Regierung in der vorhergehenden Nacht eine von Gaëta nach Civita Vecchia gesandte Korrespondenz aufgefangen, die ihr das von der Reaktion geschmiedete Komplott enthüllte. In Folge dessen wurden mehrere Personen verhaftet, auch ein Priester, der in der Korrespondenz die in seinem Hause verborgenen Waffen aufzählt. Der toskanische Moniteur giebt die Zahl der in Parma konzentriten Oestreicher auf 25,000 Mann an. Von Modena aus hat sich eine östreich. Kolonne nach Massa hin in Bewegung gesetzt, wahrscheinlich um der lombardischen Division den Weg abzuschneiden und sie zu entwaffnen. Aus Neapel und Sizilien keine Nachrichten. Venedig, 3. April. In Folge des Beschlusses der Nationalversammlung, im Widerstande gegen Oesterreich zu beharren, hat der kommandirende Obergeneral beschlossen, sich auf die Vertheidigung der Lagunen zu beschränken, und das Commando über sämmtliche Truppen in der Stadt und den sie beschützenden Forts wieder selbst zu übernehmen. Gleichzeitig erinnert er seine Soldaten, daß sie nur durch strenge Beobachtung der Disciplin im Stande sein würden, das letzte Bollwerk der Halbinsel zu vertheidigen, daß die Augen Italiens und Europa's auf sie gerichtet wären, u. s. w. Ungarn. _ Französische Republik. 090 Paris, 19. April. Die Nationalversammlung wird morgen wieder Gelegenheit haben, ihre Hingebung an die Mondkalb-Minister, an die elenden Bursche Falloux, Faucher, Barrot, diese würdigen Nachfolger der National-Clique, zu beweisen. Morgen soll sie den Fortbestand des Zeitungs-Kautionnements votiren, welches sonst am 1. Mai abgelaufen wäre; kein Zweifel, daß sie unter dem schurkischen Barrot auch hierin wieder zu den Verhältnissen des 23. Februar zurückkehren wird. Der Volkssieg des 24. Februar hatte zuerst tiefer Restaurations-Errungenschaft der Geldprivilegien ein Ende gemacht, und hierdurch die ganze kleine Volkspresse, diese fliegenden Revolutionsblätter der Faubourgs, befreit, welche Paris bis zum Juni in so beispielloser Weise überschwemmten. Die Abschaffung des Kautionnements war der Todesstoß für die großen Zeitungsschmierer. Das Volk las auch die republikanischen Hofblätter der provisorischen Regierung nicht, weder den „National“ der Beutelschneider Marrast, Marie, Pagés, noch die langweilige, friedliche „Reform“ des schwachen Ledru-Rollin; es hatte seine eigenen Blätter, die in derber, verständlicher, revolutionärer Sprache zu ihm redeten, und wenig oder gar nicht aus den Arbeitervierteln drangen, oder, wenn sie es thaten, vielleicht wie Raspail's „Ami du Peuple“ von der honetten Bourgeoisjugend auf öffentlichem Platz verbraunt wurden. Das Volk hatte sein „Journal des Sansculottes,“ seinen „Père Duchène,“ seinen „Robespierre,“ „Drapeau rouge” und „Accusateur public,“ seinen „ Gamin de Paris“ und „Aimable Faubourien,“ oder wenn es zu der revolutionären Presse der innern Stadt kehren wollte, den Lamennais'schen „Peuple Constituant“ und die gefürchtete „Commune de Paris,“ das „Journal du Club des Clubs“ von Sobrier und George Sand, welches die provisorischen Halbgötter bereits vom weiten Tage ihrer Herrlichkeit an in der wüthendsten Art denunzirte, und dessen Entstehung von dem verständigen Kölnischen Feuilletonschmuhl neulich in den März diesen Jahres verlegt wurde. Das Volk fand in all diesen Blättern besser als irgendwosonst die nöthige Aufklärung über den Marsch seiner Regierung, und die Demonstrationen vom 17. März und 16. April beweisen, daß diese kleine Revolutionspresse nicht vergebens arbeitete. Der große Diktator Cavaignac wußte daher was er that, als er diesen schonungslosen Feind der Verräther im Juni zu Boden trat, und die feige Nationalversammlung handelte nur in ihrem eigenen volksfeindlichen Interesse, als sie im August, unter dem Terrorismus der Militärherrschaft, der Volkspresse durch das Dekret über die Kautionnements den Hals zudrückte. Wie sollte die kleine Presse 24,000 Frs. für ein tägliches, 6000 Frs. für ein Wochenblatt auftreiben, sie, die sich nur mit dem Sou des heutigen Exemplars für den folgenden Tag fristete? Dies honette Belagerungsdekret droht aber am 1. Mai abzusterben, und Herr Leon Faucher hat nichts Eiligeres zu thun, als auf Verlängerung anzutragen. Die Presse deklamirt heute voll Pathos gegen die Maßregel, obwohl es den meisten großen Blättern gar nicht um deren Abschaffung Ernst ist, und selbst der honette „National“ heult moralischen Jammer über die Immoralität, in Voraussetzung von spätern Verbrechen Sicherheitsgelder voraus zu verlangen. Der National aber vergißt, daß diese „Immoralität“ derOdilon-Faucher's nur die Fortsetzung der Politik des großen honetten Junischlächters ist, wie überhaupt die ganze jetzige Schurkerei auf den Juni zurückgeführt werden muß. Die Assemblée hat in würdiger Folge des italienischen Beschlusses Hrn. Faucher die Dringlichkeit seines Cautionnement-Verlangens zuerkannt, und wird morgen den Bericht ihrer Kommission hierüber berathen. Die Kommission hat die Caution beibehalten, nur den Betrag von 24,000 auf 12,000 Fr. herabgesetzt, was in der Hauptsache nichts ändern kann. Die Assemblée aber wird voraussichtlich in erwünschter Ergebenheit für die Jesuitenclique entscheiden, und abermals der Preßfreiheit den Hals zuschnüren. Paris, 19. April. Mehrere Blätter sprechen von Ministerwechsel. Ihnen zufolge würde der gesprächige Lamoriciere den stummen Rullieres im Kriegsministerium ersetzen und der Juniheld Bedeau dem Guizotisten Drouyn de Lhuys die Bürde des Auswärtigen abnehmen. Wir können versichern, daß Bonaparte vor den Wahlen sein Ministerium nicht wechseln wird. ‒ Durch Bildung des neuen Staatsraths verliert die National-Versammlung fünfzehn ihrer Glieder, da das Amt eines Staatsrathes mit dem eines Volksvertreters unverträglich ist. Außerdem liegen dem Präsidium etwa vierzig Urlaubsgesuche vor. Rybinski, letzter polnischer Generalissimus aus dem 1830ger Kampfe, ist nach Rom abgereist, um sich an die Spitze des römisch-republikanischen Heeres zu stellen, dessen Reiterei bereits von Kersansie, dem Chef der Junibarrikaden, besehligt wird. ‒ Die Estassette behauptet, der Telegraph habe dem Ministerium die Landung unseres Pabstgeschwaders in Civita-Vecchia gemeldet. Unsere Touloner und Marseiller Blätter vom 16. Abends kennen dagegen kaum die Einschiffung desselben. ‒ National-Versamlung. Sitzung vom 19. April. Anfang 12 1/2 Uhr. Grevy. einer der Vicepräsidenten, führt den Vorsitz. Die Versammlung ist ziemlich schwach; sie erledigt zunächst mehrere Gesetzentwürfe von untergeordnetem Interesse. Das Girondedepartement will sich übersteuern, um wichtige Schiffsbauten zu vollenden, und die Stadt Maixem ein Kapital zur Beschäftigung ihres Proletariats auftreiben. Malbois nimmt demnächst das Wort, um einen längst gestellten Antrag gegen das Urlaubsfieber, dem Lamoriciere heute auf die Tagesordnung verhalf, zu entwickeln. Er weist auf die Fahrlässigkeit vieler Glieder hin, welche eine solche Maßregel völlig rechtfertigen. Emile Leroux: Der Ausschuß unterstützt dieselbe nur theilweise. Er verspricht sich keine große Abhülfe von ihr. Baraguay d' Hilliers bekämpft sie geradezu. Man solle zur Tagesordnung schreiten. Lamoriciere und Baune vertheidigen dagegen dieselbe mit vieler Wärme und geben dem Vorredner zu verstehen, daß er es nicht ungern zu sehen scheine, wenn die National-Versammlung abstürbe. Derselbe ist bekanntlich Präsident des Poitiersclub. Nach einigen Gegenreden schreitet die Versammlung zur Annahme folgender Artikel: Artikel 1. „Jedes Urlaubsgesuch ist in Zukunft einer Kommission von zwölf Gliedern zu unterwerfen, welche ihr Gutachten über jedes Gesuch abzugeben hat.“ Artikel 2. „Diese Kommission wird durch das Vorsteherpersonal der Kammer ernannt und vom Präsidenten derselben präsidirt.“ Artikel 3. „Indem der Präsident die Gesuche in öffentlicher Sitzung zur Abstimmung bringt, wird er bei jedem die Ansicht der Kommission beifügen.“ Artikel 4. „Alle bis heute bewilligten Urlaube erlöschen zehn Tage nach Promulgation dieses Gesetztes.“ Lamoriciere stellt den Zusatz: „Wer drei Male bei Zettelskrutinien oder Kugelabstimmungen fehlt, soll als unregelmäßiger Volksvertreter im Moniteur signalisirt werden.“ Dieser Zusatz rief einigen Tumult hervor. Aber dem Eiser Lamoriciere's gelang es doch, dem Gesetz diese Schülerruthe anzubinden. Der Zusatz wird angenommen. Die Versammlung kehrt zum Büdget zurück. Die Malleposten gaben zu einer längeren Debatte Veranlassung. Die Kommission wollte 1 Million ersparen, indem sie die Aufhebung folgender 4 Mallposten vorschlug: 1) von Lyon nach Bordeaux, 2) von Lyon nach Marseille, 3) von Lyon nach Mühlhausen, 4) von Bordeaux nach Nantes. Die Versammlung hob jedoch nur drei Linien auf und läßt die Mallepost von Lyon nach Mühlhausen (Basel) fortbestehen. Das Gesammtbüdget des Finanzdepartements geht demnächst mit 553 gegen 6 Stimmen durch. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Aegypten. Cairo, 8, April. Die jüngsten Berichte, welche uns aus Cairo vorliegen, melden, daß der Indo-Aegyptische Transito fortwährend zunehme, und daß die stete Ausdehnung desselben nicht blos von Indien und China, sondern auch von der Afrikanischen Küste zu gewärtigen sei. Die 15tägigen Dampfschifffahrten der Peninsular- und Oriental- Compagnie genügen nicht mehr, um die Reisenden und Waaren, welche in Cairo eintreffen, um nach Indien oder von dort nach Europa befördert zu werden, schnell fortzuschaffen, wodurch namentlich die Letzteren oft mehrere Monate liegen bleiben müssen. Um dem gesteigerten Bedürfnisse zu entsprechen, hat die Compagnie demnach bereits Anstalten getroffen, daß gegenwärtig jede Woche ein Dampfboot aus Indien in Suez und ebenso aus England in Alexandrien eintreffen; in gleicher Weise hat auch die Aegyptische Transito-Administration die Fahrten auf dem Nil verdoppelt. Obgleich die Verbindung durch diese Maßßregeln bedeutend erleichtert ist, so wird sie dennoch erst durch die Vollendung der fahrbaren Straße wesentlich befördert werden, welche so eben von Cairo nach Suez, durch die dazwischen liegende Wüste angelegt wird. Die Strecke beträgt ungefähr 20 deutsche Meilen; das Terrain ist sehr günstig, indem der Boden größten Theils flach und hart, nur stellenweise mit Flugsand bedeckt ist, der jedoch nirgends eine solche Mächtigkeit erreicht, daß sie ein wesentliches Hinderniß in der Durchführung des Baues bilden könnte. Die Leitung des Ganzen ist dem Ingenieur Linant Bei, einem talentvollen Manne, übertragen, dessen Kenntnisse jedoch eine vollkommen tadellose und sachverständige Ausführung des Planes in allen Beziehungen nicht gewährleisten. Ungeachtet der vielen Mängel, welche bei diesem Straßenbaue diesemnach ohne Zweifel hervortreten werden, wird der Nutzen desselben im Vergleich zu der bisherigen Art des Transportes durch die Wüste mittelst Kameelen, dennoch von großem Belange sein. Der Bau wurde bereits zu Anfang dieses Jahres in Angriff genommen und sollte, wie es anfänglich bestimmt war, in 18 Monaten zu Ende geführt werden. Den neuesten Nachrichten aus Cairo vom 17. v. M. zu Folge dürfte jedoch die Straße noch früher vollendet werden, da die Arbeiten aus Veranlassung einer von Seite der Peninsular- und Oriental-Kompagnie an deu Pascha ergangenen Aufforderung, zwischen Suez und Kairo eine Eisenbahn anzulegen, nunmehr mit allem Aufwande an Kräften beschleunigt werden. Der Ueberbringer dieser Aufforderung ist der ehemalige Lord Major von London Sir John Pirie, einer der Direktoren der Compagnie, welcher schon vor drei Jahren nach Cairo gekommen war, um den Bau des Canals zur Verbindung der zwei Meere durch den Isthmus vor Suez zu hintertreiben, und an dessen Stelle die Anlegung einer Eisenbahn vorzuschlagen. Er fand damals kein Gehör, und bietet gegenwärtig alle Mittel auf, um dem Plane Eingang zu verschaffen. Er wird darin von Leuten unterstützt, die auf Abas Pascha einen überwiegenden Einfluß üben, und gibt diesemnach, ungeachtet der Pascha bei der am 17. v. M. Statt gehabten Audienz seine entschiedene Abgeneigheit gegen die Ausführung der Eisenbahn an den Tag gelegt und jeden Anwurf abgelehnt hat, die Hoffnung, das Unternehmen dennoch durchzusetzen, nicht auf. Redakteur en chef Karl Marx.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz279b_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz279b_1849/1
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 279. Köln, 22. April 1849. Beilage, S. 1575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz279b_1849/1>, abgerufen am 30.12.2024.