Neue Rheinische Zeitung. Nr. 277. Köln, 20. April 1849.dern, daß die Wiedereinsetzung des Pabstes unter anderm als französischem Einfluß und Interesse statt finde. Eine Stimme links: Wie! die Wiedereinsetzung des Pabstes! (Tumult auf der Linken und einem Theil des Centrums.) Odilon Barrot: Die Regierung wird die italienischen Völker gegen die Unterdrückung schützen, sie wird ihre Rechte wahren, sie wird Rom aus der verhängnißvollen Krise retten, von der es bedroht wird. (Stürmische Unterbrechung.) Es scheint, daß Sie die Wichtigkeit der Sache nicht überschauen, wenn Sie sich solchen Unterbrechungen hingeben. (Tumult.) Wir haben die Motive unserer Handlungsweise bereits dargelegt: die Ereignisse in Italien drängen sich, und der Schlag im Norden wird sich bald auch im Centrum des Landes fühlbar machen. Es handelt sich darum, die Römer durch eine weise Politik vor diesen Folgen zu retten. (Fortwährende Unruhe.) Ich weiß, daß es Viele hier giebt, die sich über die römische Republik Illusionen machen; nun denn, wenn Sie die Verantwortlichkeit für diese Republik auf sich nehmen wollen ... Stimmen vom Berg: Ja wohl, wir nehmen sie auf uns. Odilon Barrot: Dann hatten Sie den Muth haben sollen, für sie einzutreten, als die piemontesische Armee noch nicht geschlagen war. (Heftiger Lärm) Duvignier: Die Anträge sind gemacht worden, aber Sie selbst haben es verhindert! Odilon Barrot: Es handelt sich darum, die Interessen Frankreichs und Italiens gleichzeitig zu vertreten. Die Politik der Regierung ist die der Weisheit und Mäßigung ... Eine Stimme vom Berg: Der Feigheit und des Verraths! Marrast: Ich rufe den Unterbrecher zur Ordnung. Gent: Wenn Sie meinen Namen nicht wissen, will ich Ihnen sagen, daß ich der Unterbrecher war. Odilon Barrot schließt seine weitschweifigen Deklamationen mit der Wiederholung, daß das Gouvernement keine Solidarität der Existenz zwischen der römischen und französischen Republik anerkenne; daß eine andere Politik zum "europäischen Krieg" führen und endlich ohne die französische Intervention der Gang der italienischen Ereignisse eine unglückliche Wendung nehmen werde. Präsident Marrast verliest ein Amendement von Ducour: die National-Versammlung, in Anschluß an die patriotische Absicht des Gouvernements, durch die italienische Intervention nur Rom vor dem Einfluß Oestreichs zu hüten, bewilligt das Doppelte des verlangten Credits. (Gelächter und Lärm.) Ledru-Rollin: Der Ministerpräsident hat ein Wort ausgesprochen, welches die Frage außerordentlich vereinfacht: dies Wort ist die "Wiedereinsetzung des Papstes." Es handelt sich auf der einen Seite um das freie, römische Volk, welches die Republik proklamirt und durch eine feierliche Erklärung die weltliche Macht wieder ergriffen hat; auf der andern Seite um das Oberhaupt der Kirche, welches sich eingestandener Maßen durch fremde Bajonette zurückführen lassen und den Römern das eben abgeworfene Joch wieder aufladen will Auf der einen Seite die päbstliche Anmaßung, auf der andern das Souveränetätsrecht des Volkes. Das Gouvernement hat Ihnen diese Vorlage gemacht, weil es selbst diesen Ausgang seit langer Zeit vorbereitete und dabei seinen Mitschuldigen an Oestreich hatte. Die Oestreicher warten seit länger als 3 Monaten nur auf die Hülfe unserer Regierung, um in den römischen Staaten einzufallen. Lamoriciere: Ich verlange das Wort. Ledru-Rollin: Seit drei Monaten weigert sich die Regierung, die römischen Gesandten zu empfangen; sie hat nur zu Gaeta ihren Repräsentanten, sie kennt keine andere Legitimität als die des Pabstes. (Langer Tumult.) Sie begehen eine Feigheit im Interesse Oestreichs; sie haben den Frieden um jeden Preis proklamirt, und die Folge ist ein feiger Krieg zur Unterdrückung eines Volkes. Sie wollen, daß die Söhne der alten Sieger von Rivoli, von Castiglione die Waffen ergreifen, nicht zur Befreiung, nein, zur Unterdrückung der italienischen Völker, nicht zur Bekämpfung, nein, zur Unterstützung der Oestreicher, dieser Hülfstruppen der päbstlichen Sbirren. Glauben Sie in der That, daß unsere Armee sich zu dieser elenden Rolle hergeben werde? (Aufregung.) Stimme zur Rechten: Das heißt die Armee zum Ungehorsam anreizen. Ledru-Rollin: Was wollen Sie unternehmen? Eine Wiedereinsetzung des Pabstes? Das ganze Land stößt sie zurück; das Land, mit welchem Hr. Odilon Barrot im Jahr 1831 eine Zeit lang Hand in Hand ging, hat niemals sein Streben geändert. Damals erhob sich Hr. Odilon Barrot mit großem Pathos für die Erhebung der Völker gegen die Coalition der Könige; was man uns heute vorschlägt ist nicht der Frieden, es ist der Krieg gegen die freien Völker, und wenn man das in Abrede stellt, so ist es ein Verrath. (Beifall des Berges und der Linken.) General Lamoriciere: Die Versammlung müsse sich zu der Proposition des Ministeriums bequemen, weil "ohne dieselbe Alles in Italien ohne Frankreich abgemacht werde." (Wetteifer zwischen Frankreich und Oestreich, wer die päbstliche Braut heimführt) Schölcher (Schluß! Schluß!): Das Gouvernement habe sich über seine Absichten nicht unumwunden ausgesprochen; es frage sich: was beabsichtigt das Gouvernement zu thun, wenn die Römer die Wiedereinsetzung zurückweisen? Die Minister schweigen. Rechts Rufe nach Schluß, links Widerspruch. Der Schluß wird angenommen, und der erste Artikel der Proposition: dem Ministerium den Kredit von 1,200,000 Fr. zur dreimonatlichen Unterhaltung einer Interventionsflotte im Mittelmeer zu bewilligen, mit 395 gegen 283 Stimmen angenommen. (Felix Pyat: Ite, missa est! Der Saal ist stürmisch bewegt. Ein Theil der Linken und der ganze Berg verlassen ihre Plätze). Der zweite Artikel, über die Art der Budgetvertheilung des Kredits wird ebenfalls angenommen. Bei der Abstimmung über das Ganze hat ein Theil der Linken den Saal verlassen. Es sind nur noch 499 Mitglieder statt der erforderlichen 500 anwesend, und die Abstimmung über das Ensemble der Proposition wird wegen Mangels Einer Stimme annullirt. Die Sitzung wird 1 1/2 Uhr aufgehoben. * - Nationalversammlung vom 17. April. Präsident Lamoriciere. Felix Pyat reklamirt gegen das Protokoll, welches die Nichtbetheiligung von mehr als 200 Repräsentanten bei der letzten Abstimmung ohne thre Gründe erwähnt. Das Essemble der Proposition wird nochmals zur Abstimmung gebracht. Es stimmen diesmal 649, von ihnen 388 für, 161 gegen die Vorlage. Die Proposition ist also angenommen. Faucher, Minister des Innern, verlangt, daß der Gesetzentwurf auf Prorogation der am 1. Mai ablaufenden Preßgesetze morgen auf die Tagesordnung gesetzt werde. Die Versammlung nimmt das Budget des Ministeriums des Innern auf. Schluß der Sitzung 6 1/2 Uhr. Schweiz. 312 Bern, 16. April. Der schweizerische Nationalrath ist eröffnet, heute früh neun Uhr fand die erste Sitzung statt. Wenn auch nichts von Bedeutung in derselben zur Verhandlung gekommen, ließ sich doch aus ihr schon die Sicherheit erkennen, mit welcher die konservative Partei des Sieges über die radikale sich bewußt ist. Nach vier Scrutinien ward Bürgermeister Escher (ein Furrerist) von Zürich mit 40 Stimmen zum Präsidenten, und Dufour mit 35 Stimmen zum Vicepräsidenten ernannt. Die Radikalen machten vergebliche Anstrengungen, um ihren Kandidaten durchzusetzen; mühsam verborgene Freude strahlte in dem hohlen Aristokratenantlitz des Bundespräsidenten Furrer; Ochsenbein, Funk und Konsorten lächelten höchst zufrieden, als das Wahlresultat verkündet wurde, und der ultraradikale Herr Eytel (Waadt), dem frommen Bourgeois-General mit wenigen Stimmen in der Minorität unterlag. Almeras, Beyer, Blanquard und Kreis wurden sodann zu Scrutatoren ernannt, und Steiger (der Präsident des vorigen Nationalrathes), führte auf Ersuchen des neuen Präsidenten für heute den Vorsitz fort. Die höchst langweilige Verlesung mehrerer Eingaben an den Nationalrath unterbrach ein ergötzliches Heuler-Breve des sogenannten Schweizer Vaterlandsvereins zu Bern, welches mit Christus und den Aposteln begann, und dessen Autorschaft in den heuchlerischen Mienen der Konservativen neben den jovialen Zügen der Radikalen während dessen Verlesung sich kund gab. Die mit dem deutschen Pietistengesindel kongruenten Berner Vaterlandsvereinler stellen in besagtem Schreiben den Antrag: der Nationalrath wolle ein Gesetz gegen diejenigen erlassen, welche als Deutsche in der Schweiz oder als Schweizer in Deutschland die glorreiche (!!) helvetische Republik beschimpfen und zwiefaches Bürgerrecht in Anspruch nähmen, wie z. B. Reinwald in Frankfurt. Der jämmerlich stylisirte Antrag war eine Blame für die Furreristen, wie sie nicht großartiger gedacht werden kann. Augenscheinlich wollte man durch ihn die Gemeinheit der Bundesregierung betreffs der Ausweisung Beckers, Lommels etc. beschönigen und die Verfolgung der Deutschen in der Schweiz zum Gesetz erhoben wissen. Genf hat erklärt, daß es keine Veranlassung finde, jene Dekrete zu vollziehen. Freiburg, Schwyz etc. suchen Relevation, betreffs Zahlung der Sonderbunds-Kriegskosten; ihre Anträge werden gleich dem obigen zur Begutachtung dem Bundesrath überwiesen, und nachdem Präsident Steiger die Tagesordnung (Postregalaufhebung, Herabsetzung der Portotaxe) für morgen verkündet hat, wird die Sitzung geschlossen. Soviel läßt sich aus der gegenwärtigen Stellung der Parteien im Nationalrath bereits klar erkennen, daß die Neutralitäts- und Kapitulationsfrage heftige Debatten hervorrufen werden. In allen wichtigen Fragen wird indeß die große Majorität der Versammlung auf Seite der Regierung sein. Ungarn. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Italien. * Ueber Paris eingehende Nachrichten wollen wissen, daß die Oesterreicher schon in Florenz, Bologna und Ferrara eingerückt seien. Das Journal des Debats versichert, die französische Regierung habe eine telegraphische Depesche erhalten, welche von einer allgemeinen Erhebung der Reaktionäre in Toskana zu Gunsten des flüchtigen Ex-Großherzog. Außerdem soll, wie der Constitutionel sagt, Guerrazzi verhaftet, und eine Deputation an den Großherzog nach Gaeta abgesandt worden sein. Eine Korrespondenz aus Neapel, welche "Il Positivo" enthält, erzählt, daß England und Frankreich dem Pabst 22 Artikel als Bedingungen ihrer Intervention vorgelegt haben. Sie verlangen u. A. vollständige Amnestie für Alle, gänzliche Sekularisation der Regierung, Aufrechterhaltung aller politischen Freiheiten, Abschaffung des heiligen Offiziums und der geistlichen Tribunale in Civil- und Kriminal-Sachen. Der Pabst soll anfangs mit Genehmigung dieser Bedingungen gezögert haben. Aus der französischen Intervention folgert man, daß er ihnen endlich seine Zustimmung ertheilt habe (?) La Marmora ist zum außerordentlichen Regierungskommissär für Genua ernannt und dieses in Belagerungszustand erklärt. Alle Behörden sind unter dem Befehl La Marmora's gestellt. Letzterer fordert alle Beamten auf, sich sofort an ihre Posten zu begeben, widrigenfalls ihre Stellen an Andre übertragen würden. Der General Dabormida und Ritter Buoncompagni sind als Bevollmächtigte des sardinischen Königs nach Mailand abgereist, um den Friedensvertrag zu Stande zu bringen. Ueber Sizilien lauten die Berichte dahin, daß sich Catania nach heftigem und Siragosa ohne Kampf den Neopolitanern ergeben habe. Jedenfalls müssen wir erst die Bestätigung abwarten. Am 5. April war Palermo noch nicht blockirt. Turin. Durch königl. Erlaß werden die Gemeinderäthe von Alba, Aosta, Pinerolo und Tortona aufgelöst, weil sie Deputationen mit Mißbilligungsadressen gegen das Ministerium an den König gesandt hatten. Die Maires der vier genannten Orte, welche die Deputation bildeten, werden ihres Amtes entsetzt. Großbritannien. * London, 14. April. Unter der Ueberschrift: "Entthronung des Eisenbahn-Königs" bringt die neueste Nr. des "Northern Star" einen Artikel dem wir folgendes entnehmen: Vor 30 Jahren veröffentlichte Thomas Gray aus Leeds nach jahrelangen Anstrengungen und Berechnungen eine Broschüre, die er "Dampffuhrwerke zu Lande" betitelte und worin er einen umfassenden und systematischen Plan zur Errichtung von Dampf-Eisenbahnen entwickelte. Er sandte ausführliche Denkschriften an Minister, stellte bei Bankiers, Kaufleuten und Kapitalisten aller Art dringend die Wichtigkeit des Gegenstandes vor; er verbrauchte mit diesen Versuchen seine Zeit und sein Geld - Alles umsonst! der Erfinder des Eisenbahnsystems mußte sich einen "visionären Theoretiker", einen "Ideologen", "schwärmerischen Kautz" etc. "schelten lassen" und die "schlauen" Weltleute mochten mit solchen "närrischen und unpraktischen" Geschichten Nichts zu thun haben. Durch seine fruchtlosen Anstrengungen ermüdet und aufgerieben mußte er, nach Erschöpfung aller seiner Hülfsquellen, das Feld räumen. Er starb kürzlich zu Exeter in höchst dürftigen Umständen. Einige Jahre nach Veröffentlichung seiner Broschüre schlugen einige waghalsigere Spekulanten vor, mit dem Plane im Kleinen einen Versuch anzustellen. Nach vielen Schwierigkeiten und Zögerungen wurde die kurze Eisenbahn zwischen Manchester und Liverpool gebaut und dem Publikum eröffnet. Der Erfolg bewies nun die Ausführbarkeit wie den Nutzen des "närrischen und unpraktischen" Planes. Sofort wurden Kapitalien millionenweise gezeichnet, um über die ganze Insel ein großes Netz von Eisenbahnen zu verbreiten. Unter andern Leuten, welche durch diesen neuen Zustand der Dinge dem Publikum bekannt wurden, befand sich Hr. G. Hudson, ein Tuchhändler von York. Als Vorsitzender einer Compagnie von einer kleinen Eisenbahn zeigte er so viel Verwaltungsgeschick, daß man ihn bald ersuchte, dieselbe Stelle bei einer größern Linie zu bekleiden. Der Verkehr auf den Bahnen, mit denen er in Verbindung stand, nahm reißend schnell zu; die Dividenden wuchsen; die Actien stiegen und nach und nach, in Folge der großen Strecken, die unter seine Leitung kamen, und des ungeheuren Kapitals das in diesen Linien angelegt war, erhielt Hudson den Beinamen: "Eisenbahn-König." Man glaubte, daß er durch seine Spekulationen sich ein kolossales Vermögen erworben und nie trat die Bereitwilligkeit, unserer Landsleute, den Mammon zu verehren, ekelhafter hervor, als in diesem Falle. Trotz seiner Anstelligkeit für die Administration von Eisenbahnen ist Hudson ein Mann ohne Erziehung. Seine Sitten sind gemein und ungeschliffen. Allein Gold ist in England ein Mantel, der jeden Fehler verdeckt. Die Stolzesten unter unsrer Aristokratie drängten sich zu den kostspieligen Festen, die Hudson gab, und sie, die seine gesellschaftlichen Mißgriffe und plebejischen Manieren in ihren Zirkeln so oft belachten, schmeichelten dem Parvenu auf jede mögliche Weise. Die Mittelklasse legte ihre Würdigung des "neuen großen Mannes" auf ihre eigene Art an den Tag. Sie veranstaltete zu seiner Ehre eine Subscription, weil er das Glück gehabt, sich ein großes Vermögen zu machen, und wirklich kamen 20,000 Pfd. Sterl. (133,000 Thlr. preuß Courant) zusammen, die dem "großen Manne" als Ehrenbezeugung präsentirt wurden. Auch für Thomas Gray, den Erfinder eben dieses Systems, das den Aktieninhabern und Spekulanten so enorme Dividenden abwarf, eröffnete man eine Subscription, doch ach! die Pfunde kamen nicht in Tausendern, sondern kaum in Zehnern herbei. Indeß die Zeit bringt Vergeltung. Diese Woche ist ein langer Bericht einer Kommission über gewisse Anklagen gegen Herrn Hudson erschienen, der wohl zu nichts Anderem als zur Entthronung oder Abdankung des "Eisenbahn-Königs" führen wird. Die Thatsachen sind kurz folgende: Im Jahre 1845 beschloß die York-Newcastle-Berwick Eisenbahn-Kompagnie auf Hudson's Rath den Ankauf der "Großen Nordenglischen" Eisenbahn für 3 1/2 Mill. Pfd. St., die am 1. Juli 1850 gezahlt werden sollten. Zum Zweck der Herbeischaffung der Gelder schlug Hudson die Creirung eines Kapitalfonds vor, der im Verlauf einiger Jahre zusammengebracht werden sollte. Als dieser neue Kapitalfonds creirt war, wurden die Direktoren unter sich darüber einig, daß die so beschafften Gelder zum Detailankauf der Aktien jener Eisenbahn, die ursprünglich auf einmal und im Ganzen bezahlt werden sollte, zu verwenden seien. Diese Uebereinkunft wurde nicht im Protokoll vermerkt. Man kam ferner überein, daß Hr. Hudson ganz allein diese Angelegenheit mit dem Ankauf der Aktien en detail zu besorgen habe. Die Anklage gegen Hudson geht nun dahin, daß erstens die ihm übertragene Gewalt nicht ins Protokoll vermerkt worden, und zweitens, daß er die Sache sofort zu seinem eigenen persönlichen Vortheil betrieben habe. Aus dem Bericht der Kommission geht hervor, daß er kurze Zeit vor der Uebertragung gedachter Vollmacht eine Menge Aktien der "Großen Nordenglischen" Eisenbahn für eigene Rechnung zu einem niedrigen Preise kaufte und sie später seiner Kompagnie zu einem sehr hohen Preise berechnete, auch nebstdem bedeutende Mäklergebühren und als Direktor der York-Union Bank-Gesellschaft sogar die Hälfte mehr als gewöhnliche Makler, ansetzte. Der Gesammtbetrag dessen, was Herr Hudson auf solche Art an der Kompagnie, deren Direktor er war, ergaunert hat, wird auf 10,000 Pfd. Sterl. (66,666 2/3 Thlr.) angegeben, und die Kommission ist der Ansicht, daß der Eisenbahn-König diese Summe nebst Interessen wiederzuerstatten hat. Der Kommissionsbericht sagt wörtlich: "Als Hr. Hudson am 7. Okt. 1846 den Wechsel von 87,000 Pfd. erhielt, konnte er für den Ankauf der Aktien höchstens 25,000 Pfd. bezahlt haben, wiewohl er zu einer weitern Zahlung von 70,000 Pfd. am 30. Okt. aufgefordert werden konnte. Das Resultat ist, daß die von ihm auf eigene Rechnung gekauften und später an die Kompagnie zu einem bedeutend erhöhten Preise wieder verkauften Aktien großentheils mit dem Gelde der Kompagnie bezahlt wurden." Das nennt man in der Sprache der Herren "aus der City" eine etwas allzu "scharfe Praxis." Die Direktoren übertrugen an Hrn. Hudson unbeschränkte Gewalt, sie stellten Wechsel für ihn aus, ohne sich um das: "Werth erhalten" im Mindesten zu kümmern. Der Sekretär der Gesellschaft war zugleich Hudson's Privat-Kassirer. Hudson war der alleinige unbeaufsichtigte Geschäftsführer der Eisenbahngesellschaft. Er und sein Privat-Kassirer verfügten über das Geld der Kompagnie nach Belieben. Aus der ganzen Untersuchung geht hervor, daß Hudson nach der Maxime verfuhr: "Nichts für Nichts," und daß er trotz seines hohen Gehalts als Direktor noch prächtige Auslagen für Reisen etc. zu liquidiren wußte. Unter diesen Umständen wird Sr. Majestät, dem Eisenbahn-König Hudson, wohl nichts übrig bleiben, als entweder die Majestät freiwillig abzulegen, oder zu erwarten, daß er zur Abdankung gezwungen werde. Redakteur en chef Karl Marx.
dern, daß die Wiedereinsetzung des Pabstes unter anderm als französischem Einfluß und Interesse statt finde. Eine Stimme links: Wie! die Wiedereinsetzung des Pabstes! (Tumult auf der Linken und einem Theil des Centrums.) Odilon Barrot: Die Regierung wird die italienischen Völker gegen die Unterdrückung schützen, sie wird ihre Rechte wahren, sie wird Rom aus der verhängnißvollen Krise retten, von der es bedroht wird. (Stürmische Unterbrechung.) Es scheint, daß Sie die Wichtigkeit der Sache nicht überschauen, wenn Sie sich solchen Unterbrechungen hingeben. (Tumult.) Wir haben die Motive unserer Handlungsweise bereits dargelegt: die Ereignisse in Italien drängen sich, und der Schlag im Norden wird sich bald auch im Centrum des Landes fühlbar machen. Es handelt sich darum, die Römer durch eine weise Politik vor diesen Folgen zu retten. (Fortwährende Unruhe.) Ich weiß, daß es Viele hier giebt, die sich über die römische Republik Illusionen machen; nun denn, wenn Sie die Verantwortlichkeit für diese Republik auf sich nehmen wollen … Stimmen vom Berg: Ja wohl, wir nehmen sie auf uns. Odilon Barrot: Dann hatten Sie den Muth haben sollen, für sie einzutreten, als die piemontesische Armee noch nicht geschlagen war. (Heftiger Lärm) Duvignier: Die Anträge sind gemacht worden, aber Sie selbst haben es verhindert! Odilon Barrot: Es handelt sich darum, die Interessen Frankreichs und Italiens gleichzeitig zu vertreten. Die Politik der Regierung ist die der Weisheit und Mäßigung … Eine Stimme vom Berg: Der Feigheit und des Verraths! Marrast: Ich rufe den Unterbrecher zur Ordnung. Gent: Wenn Sie meinen Namen nicht wissen, will ich Ihnen sagen, daß ich der Unterbrecher war. Odilon Barrot schließt seine weitschweifigen Deklamationen mit der Wiederholung, daß das Gouvernement keine Solidarität der Existenz zwischen der römischen und französischen Republik anerkenne; daß eine andere Politik zum „europäischen Krieg“ führen und endlich ohne die französische Intervention der Gang der italienischen Ereignisse eine unglückliche Wendung nehmen werde. Präsident Marrast verliest ein Amendement von Ducour: die National-Versammlung, in Anschluß an die patriotische Absicht des Gouvernements, durch die italienische Intervention nur Rom vor dem Einfluß Oestreichs zu hüten, bewilligt das Doppelte des verlangten Credits. (Gelächter und Lärm.) Ledru-Rollin: Der Ministerpräsident hat ein Wort ausgesprochen, welches die Frage außerordentlich vereinfacht: dies Wort ist die „Wiedereinsetzung des Papstes.“ Es handelt sich auf der einen Seite um das freie, römische Volk, welches die Republik proklamirt und durch eine feierliche Erklärung die weltliche Macht wieder ergriffen hat; auf der andern Seite um das Oberhaupt der Kirche, welches sich eingestandener Maßen durch fremde Bajonette zurückführen lassen und den Römern das eben abgeworfene Joch wieder aufladen will Auf der einen Seite die päbstliche Anmaßung, auf der andern das Souveränetätsrecht des Volkes. Das Gouvernement hat Ihnen diese Vorlage gemacht, weil es selbst diesen Ausgang seit langer Zeit vorbereitete und dabei seinen Mitschuldigen an Oestreich hatte. Die Oestreicher warten seit länger als 3 Monaten nur auf die Hülfe unserer Regierung, um in den römischen Staaten einzufallen. Lamoriciere: Ich verlange das Wort. Ledru-Rollin: Seit drei Monaten weigert sich die Regierung, die römischen Gesandten zu empfangen; sie hat nur zu Gaëta ihren Repräsentanten, sie kennt keine andere Legitimität als die des Pabstes. (Langer Tumult.) Sie begehen eine Feigheit im Interesse Oestreichs; sie haben den Frieden um jeden Preis proklamirt, und die Folge ist ein feiger Krieg zur Unterdrückung eines Volkes. Sie wollen, daß die Söhne der alten Sieger von Rivoli, von Castiglione die Waffen ergreifen, nicht zur Befreiung, nein, zur Unterdrückung der italienischen Völker, nicht zur Bekämpfung, nein, zur Unterstützung der Oestreicher, dieser Hülfstruppen der päbstlichen Sbirren. Glauben Sie in der That, daß unsere Armee sich zu dieser elenden Rolle hergeben werde? (Aufregung.) Stimme zur Rechten: Das heißt die Armee zum Ungehorsam anreizen. Ledru-Rollin: Was wollen Sie unternehmen? Eine Wiedereinsetzung des Pabstes? Das ganze Land stößt sie zurück; das Land, mit welchem Hr. Odilon Barrot im Jahr 1831 eine Zeit lang Hand in Hand ging, hat niemals sein Streben geändert. Damals erhob sich Hr. Odilon Barrot mit großem Pathos für die Erhebung der Völker gegen die Coalition der Könige; was man uns heute vorschlägt ist nicht der Frieden, es ist der Krieg gegen die freien Völker, und wenn man das in Abrede stellt, so ist es ein Verrath. (Beifall des Berges und der Linken.) General Lamoriciere: Die Versammlung müsse sich zu der Proposition des Ministeriums bequemen, weil „ohne dieselbe Alles in Italien ohne Frankreich abgemacht werde.“ (Wetteifer zwischen Frankreich und Oestreich, wer die päbstliche Braut heimführt) Schölcher (Schluß! Schluß!): Das Gouvernement habe sich über seine Absichten nicht unumwunden ausgesprochen; es frage sich: was beabsichtigt das Gouvernement zu thun, wenn die Römer die Wiedereinsetzung zurückweisen? Die Minister schweigen. Rechts Rufe nach Schluß, links Widerspruch. Der Schluß wird angenommen, und der erste Artikel der Proposition: dem Ministerium den Kredit von 1,200,000 Fr. zur dreimonatlichen Unterhaltung einer Interventionsflotte im Mittelmeer zu bewilligen, mit 395 gegen 283 Stimmen angenommen. (Felix Pyat: Ite, missa est! Der Saal ist stürmisch bewegt. Ein Theil der Linken und der ganze Berg verlassen ihre Plätze). Der zweite Artikel, über die Art der Budgetvertheilung des Kredits wird ebenfalls angenommen. Bei der Abstimmung über das Ganze hat ein Theil der Linken den Saal verlassen. Es sind nur noch 499 Mitglieder statt der erforderlichen 500 anwesend, und die Abstimmung über das Ensemble der Proposition wird wegen Mangels Einer Stimme annullirt. Die Sitzung wird 1 1/2 Uhr aufgehoben. * ‒ Nationalversammlung vom 17. April. Präsident Lamoriciere. Felix Pyat reklamirt gegen das Protokoll, welches die Nichtbetheiligung von mehr als 200 Repräsentanten bei der letzten Abstimmung ohne thre Gründe erwähnt. Das Essemble der Proposition wird nochmals zur Abstimmung gebracht. Es stimmen diesmal 649, von ihnen 388 für, 161 gegen die Vorlage. Die Proposition ist also angenommen. Faucher, Minister des Innern, verlangt, daß der Gesetzentwurf auf Prorogation der am 1. Mai ablaufenden Preßgesetze morgen auf die Tagesordnung gesetzt werde. Die Versammlung nimmt das Budget des Ministeriums des Innern auf. Schluß der Sitzung 6 1/2 Uhr. Schweiz. 312 Bern, 16. April. Der schweizerische Nationalrath ist eröffnet, heute früh neun Uhr fand die erste Sitzung statt. Wenn auch nichts von Bedeutung in derselben zur Verhandlung gekommen, ließ sich doch aus ihr schon die Sicherheit erkennen, mit welcher die konservative Partei des Sieges über die radikale sich bewußt ist. Nach vier Scrutinien ward Bürgermeister Escher (ein Furrerist) von Zürich mit 40 Stimmen zum Präsidenten, und Dufour mit 35 Stimmen zum Vicepräsidenten ernannt. Die Radikalen machten vergebliche Anstrengungen, um ihren Kandidaten durchzusetzen; mühsam verborgene Freude strahlte in dem hohlen Aristokratenantlitz des Bundespräsidenten Furrer; Ochsenbein, Funk und Konsorten lächelten höchst zufrieden, als das Wahlresultat verkündet wurde, und der ultraradikale Herr Eytel (Waadt), dem frommen Bourgeois-General mit wenigen Stimmen in der Minorität unterlag. Alméras, Beyer, Blanquard und Kreis wurden sodann zu Scrutatoren ernannt, und Steiger (der Präsident des vorigen Nationalrathes), führte auf Ersuchen des neuen Präsidenten für heute den Vorsitz fort. Die höchst langweilige Verlesung mehrerer Eingaben an den Nationalrath unterbrach ein ergötzliches Heuler-Breve des sogenannten Schweizer Vaterlandsvereins zu Bern, welches mit Christus und den Aposteln begann, und dessen Autorschaft in den heuchlerischen Mienen der Konservativen neben den jovialen Zügen der Radikalen während dessen Verlesung sich kund gab. Die mit dem deutschen Pietistengesindel kongruenten Berner Vaterlandsvereinler stellen in besagtem Schreiben den Antrag: der Nationalrath wolle ein Gesetz gegen diejenigen erlassen, welche als Deutsche in der Schweiz oder als Schweizer in Deutschland die glorreiche (!!) helvetische Republik beschimpfen und zwiefaches Bürgerrecht in Anspruch nähmen, wie z. B. Reinwald in Frankfurt. Der jämmerlich stylisirte Antrag war eine Blame für die Furreristen, wie sie nicht großartiger gedacht werden kann. Augenscheinlich wollte man durch ihn die Gemeinheit der Bundesregierung betreffs der Ausweisung Beckers, Lommels etc. beschönigen und die Verfolgung der Deutschen in der Schweiz zum Gesetz erhoben wissen. Genf hat erklärt, daß es keine Veranlassung finde, jene Dekrete zu vollziehen. Freiburg, Schwyz etc. suchen Relevation, betreffs Zahlung der Sonderbunds-Kriegskosten; ihre Anträge werden gleich dem obigen zur Begutachtung dem Bundesrath überwiesen, und nachdem Präsident Steiger die Tagesordnung (Postregalaufhebung, Herabsetzung der Portotaxe) für morgen verkündet hat, wird die Sitzung geschlossen. Soviel läßt sich aus der gegenwärtigen Stellung der Parteien im Nationalrath bereits klar erkennen, daß die Neutralitäts- und Kapitulationsfrage heftige Debatten hervorrufen werden. In allen wichtigen Fragen wird indeß die große Majorität der Versammlung auf Seite der Regierung sein. Ungarn. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Italien. * Ueber Paris eingehende Nachrichten wollen wissen, daß die Oesterreicher schon in Florenz, Bologna und Ferrara eingerückt seien. Das Journal des Debats versichert, die französische Regierung habe eine telegraphische Depesche erhalten, welche von einer allgemeinen Erhebung der Reaktionäre in Toskana zu Gunsten des flüchtigen Ex-Großherzog. Außerdem soll, wie der Constitutionel sagt, Guerrazzi verhaftet, und eine Deputation an den Großherzog nach Gaëta abgesandt worden sein. Eine Korrespondenz aus Neapel, welche „Il Positivo“ enthält, erzählt, daß England und Frankreich dem Pabst 22 Artikel als Bedingungen ihrer Intervention vorgelegt haben. Sie verlangen u. A. vollständige Amnestie für Alle, gänzliche Sekularisation der Regierung, Aufrechterhaltung aller politischen Freiheiten, Abschaffung des heiligen Offiziums und der geistlichen Tribunale in Civil- und Kriminal-Sachen. Der Pabst soll anfangs mit Genehmigung dieser Bedingungen gezögert haben. Aus der französischen Intervention folgert man, daß er ihnen endlich seine Zustimmung ertheilt habe (?) La Marmora ist zum außerordentlichen Regierungskommissär für Genua ernannt und dieses in Belagerungszustand erklärt. Alle Behörden sind unter dem Befehl La Marmora's gestellt. Letzterer fordert alle Beamten auf, sich sofort an ihre Posten zu begeben, widrigenfalls ihre Stellen an Andre übertragen würden. Der General Dabormida und Ritter Buoncompagni sind als Bevollmächtigte des sardinischen Königs nach Mailand abgereist, um den Friedensvertrag zu Stande zu bringen. Ueber Sizilien lauten die Berichte dahin, daß sich Catania nach heftigem und Siragosa ohne Kampf den Neopolitanern ergeben habe. Jedenfalls müssen wir erst die Bestätigung abwarten. Am 5. April war Palermo noch nicht blockirt. Turin. Durch königl. Erlaß werden die Gemeinderäthe von Alba, Aosta, Pinerolo und Tortona aufgelöst, weil sie Deputationen mit Mißbilligungsadressen gegen das Ministerium an den König gesandt hatten. Die Maires der vier genannten Orte, welche die Deputation bildeten, werden ihres Amtes entsetzt. Großbritannien. * London, 14. April. Unter der Ueberschrift: „Entthronung des Eisenbahn-Königs“ bringt die neueste Nr. des „Northern Star“ einen Artikel dem wir folgendes entnehmen: Vor 30 Jahren veröffentlichte Thomas Gray aus Leeds nach jahrelangen Anstrengungen und Berechnungen eine Broschüre, die er „Dampffuhrwerke zu Lande“ betitelte und worin er einen umfassenden und systematischen Plan zur Errichtung von Dampf-Eisenbahnen entwickelte. Er sandte ausführliche Denkschriften an Minister, stellte bei Bankiers, Kaufleuten und Kapitalisten aller Art dringend die Wichtigkeit des Gegenstandes vor; er verbrauchte mit diesen Versuchen seine Zeit und sein Geld ‒ Alles umsonst! der Erfinder des Eisenbahnsystems mußte sich einen „visionären Theoretiker“, einen „Ideologen“, „schwärmerischen Kautz“ etc. „schelten lassen“ und die „schlauen“ Weltleute mochten mit solchen „närrischen und unpraktischen“ Geschichten Nichts zu thun haben. Durch seine fruchtlosen Anstrengungen ermüdet und aufgerieben mußte er, nach Erschöpfung aller seiner Hülfsquellen, das Feld räumen. Er starb kürzlich zu Exeter in höchst dürftigen Umständen. Einige Jahre nach Veröffentlichung seiner Broschüre schlugen einige waghalsigere Spekulanten vor, mit dem Plane im Kleinen einen Versuch anzustellen. Nach vielen Schwierigkeiten und Zögerungen wurde die kurze Eisenbahn zwischen Manchester und Liverpool gebaut und dem Publikum eröffnet. Der Erfolg bewies nun die Ausführbarkeit wie den Nutzen des „närrischen und unpraktischen“ Planes. Sofort wurden Kapitalien millionenweise gezeichnet, um über die ganze Insel ein großes Netz von Eisenbahnen zu verbreiten. Unter andern Leuten, welche durch diesen neuen Zustand der Dinge dem Publikum bekannt wurden, befand sich Hr. G. Hudson, ein Tuchhändler von York. Als Vorsitzender einer Compagnie von einer kleinen Eisenbahn zeigte er so viel Verwaltungsgeschick, daß man ihn bald ersuchte, dieselbe Stelle bei einer größern Linie zu bekleiden. Der Verkehr auf den Bahnen, mit denen er in Verbindung stand, nahm reißend schnell zu; die Dividenden wuchsen; die Actien stiegen und nach und nach, in Folge der großen Strecken, die unter seine Leitung kamen, und des ungeheuren Kapitals das in diesen Linien angelegt war, erhielt Hudson den Beinamen: „Eisenbahn-König.“ Man glaubte, daß er durch seine Spekulationen sich ein kolossales Vermögen erworben und nie trat die Bereitwilligkeit, unserer Landsleute, den Mammon zu verehren, ekelhafter hervor, als in diesem Falle. Trotz seiner Anstelligkeit für die Administration von Eisenbahnen ist Hudson ein Mann ohne Erziehung. Seine Sitten sind gemein und ungeschliffen. Allein Gold ist in England ein Mantel, der jeden Fehler verdeckt. Die Stolzesten unter unsrer Aristokratie drängten sich zu den kostspieligen Festen, die Hudson gab, und sie, die seine gesellschaftlichen Mißgriffe und plebejischen Manieren in ihren Zirkeln so oft belachten, schmeichelten dem Parvenu auf jede mögliche Weise. Die Mittelklasse legte ihre Würdigung des „neuen großen Mannes“ auf ihre eigene Art an den Tag. Sie veranstaltete zu seiner Ehre eine Subscription, weil er das Glück gehabt, sich ein großes Vermögen zu machen, und wirklich kamen 20,000 Pfd. Sterl. (133,000 Thlr. preuß Courant) zusammen, die dem „großen Manne“ als Ehrenbezeugung präsentirt wurden. Auch für Thomas Gray, den Erfinder eben dieses Systems, das den Aktieninhabern und Spekulanten so enorme Dividenden abwarf, eröffnete man eine Subscription, doch ach! die Pfunde kamen nicht in Tausendern, sondern kaum in Zehnern herbei. Indeß die Zeit bringt Vergeltung. Diese Woche ist ein langer Bericht einer Kommission über gewisse Anklagen gegen Herrn Hudson erschienen, der wohl zu nichts Anderem als zur Entthronung oder Abdankung des „Eisenbahn-Königs“ führen wird. Die Thatsachen sind kurz folgende: Im Jahre 1845 beschloß die York-Newcastle-Berwick Eisenbahn-Kompagnie auf Hudson's Rath den Ankauf der „Großen Nordenglischen“ Eisenbahn für 3 1/2 Mill. Pfd. St., die am 1. Juli 1850 gezahlt werden sollten. Zum Zweck der Herbeischaffung der Gelder schlug Hudson die Creirung eines Kapitalfonds vor, der im Verlauf einiger Jahre zusammengebracht werden sollte. Als dieser neue Kapitalfonds creirt war, wurden die Direktoren unter sich darüber einig, daß die so beschafften Gelder zum Detailankauf der Aktien jener Eisenbahn, die ursprünglich auf einmal und im Ganzen bezahlt werden sollte, zu verwenden seien. Diese Uebereinkunft wurde nicht im Protokoll vermerkt. Man kam ferner überein, daß Hr. Hudson ganz allein diese Angelegenheit mit dem Ankauf der Aktien en detail zu besorgen habe. Die Anklage gegen Hudson geht nun dahin, daß erstens die ihm übertragene Gewalt nicht ins Protokoll vermerkt worden, und zweitens, daß er die Sache sofort zu seinem eigenen persönlichen Vortheil betrieben habe. Aus dem Bericht der Kommission geht hervor, daß er kurze Zeit vor der Uebertragung gedachter Vollmacht eine Menge Aktien der „Großen Nordenglischen“ Eisenbahn für eigene Rechnung zu einem niedrigen Preise kaufte und sie später seiner Kompagnie zu einem sehr hohen Preise berechnete, auch nebstdem bedeutende Mäklergebühren und als Direktor der York-Union Bank-Gesellschaft sogar die Hälfte mehr als gewöhnliche Makler, ansetzte. Der Gesammtbetrag dessen, was Herr Hudson auf solche Art an der Kompagnie, deren Direktor er war, ergaunert hat, wird auf 10,000 Pfd. Sterl. (66,666 2/3 Thlr.) angegeben, und die Kommission ist der Ansicht, daß der Eisenbahn-König diese Summe nebst Interessen wiederzuerstatten hat. Der Kommissionsbericht sagt wörtlich: „Als Hr. Hudson am 7. Okt. 1846 den Wechsel von 87,000 Pfd. erhielt, konnte er für den Ankauf der Aktien höchstens 25,000 Pfd. bezahlt haben, wiewohl er zu einer weitern Zahlung von 70,000 Pfd. am 30. Okt. aufgefordert werden konnte. Das Resultat ist, daß die von ihm auf eigene Rechnung gekauften und später an die Kompagnie zu einem bedeutend erhöhten Preise wieder verkauften Aktien großentheils mit dem Gelde der Kompagnie bezahlt wurden.“ Das nennt man in der Sprache der Herren „aus der City“ eine etwas allzu „scharfe Praxis.“ Die Direktoren übertrugen an Hrn. Hudson unbeschränkte Gewalt, sie stellten Wechsel für ihn aus, ohne sich um das: „Werth erhalten“ im Mindesten zu kümmern. Der Sekretär der Gesellschaft war zugleich Hudson's Privat-Kassirer. Hudson war der alleinige unbeaufsichtigte Geschäftsführer der Eisenbahngesellschaft. Er und sein Privat-Kassirer verfügten über das Geld der Kompagnie nach Belieben. Aus der ganzen Untersuchung geht hervor, daß Hudson nach der Maxime verfuhr: „Nichts für Nichts,“ und daß er trotz seines hohen Gehalts als Direktor noch prächtige Auslagen für Reisen etc. zu liquidiren wußte. Unter diesen Umständen wird Sr. Majestät, dem Eisenbahn-König Hudson, wohl nichts übrig bleiben, als entweder die Majestät freiwillig abzulegen, oder zu erwarten, daß er zur Abdankung gezwungen werde. Redakteur en chef Karl Marx.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar277-1_012" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="1561"/> dern, daß die Wiedereinsetzung des Pabstes unter anderm als französischem Einfluß und Interesse statt finde.</p> <p>Eine Stimme links: Wie! die Wiedereinsetzung des Pabstes! (Tumult auf der Linken und einem Theil des Centrums.)</p> <p><hi rendition="#g">Odilon Barrot:</hi> Die Regierung wird die italienischen Völker gegen die Unterdrückung schützen, sie wird ihre Rechte wahren, sie wird Rom aus der verhängnißvollen Krise retten, von der es bedroht wird. (Stürmische Unterbrechung.) Es scheint, daß Sie die Wichtigkeit der Sache nicht überschauen, wenn Sie sich solchen Unterbrechungen hingeben. (Tumult.) Wir haben die Motive unserer Handlungsweise bereits dargelegt: die Ereignisse in Italien drängen sich, und der Schlag im Norden wird sich bald auch im Centrum des Landes fühlbar machen. Es handelt sich darum, die Römer durch eine weise Politik vor diesen Folgen zu retten. (Fortwährende Unruhe.) Ich weiß, daß es Viele hier giebt, die sich über die römische Republik Illusionen machen; nun denn, wenn Sie die Verantwortlichkeit für diese Republik auf sich nehmen wollen …</p> <p>Stimmen vom Berg: Ja wohl, wir nehmen sie auf uns.</p> <p><hi rendition="#g">Odilon Barrot:</hi> Dann hatten Sie den Muth haben sollen, für sie einzutreten, als die piemontesische Armee noch nicht geschlagen war. (Heftiger Lärm)</p> <p><hi rendition="#g">Duvignier:</hi> Die Anträge sind gemacht worden, aber Sie selbst haben es verhindert!</p> <p><hi rendition="#g">Odilon Barrot:</hi> Es handelt sich darum, die Interessen Frankreichs und Italiens gleichzeitig zu vertreten. Die Politik der Regierung ist die der Weisheit und Mäßigung …</p> <p>Eine Stimme vom Berg: Der Feigheit und des Verraths!</p> <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Ich rufe den Unterbrecher zur Ordnung.</p> <p><hi rendition="#g">Gent:</hi> Wenn Sie meinen Namen nicht wissen, will ich Ihnen sagen, daß ich der Unterbrecher war.</p> <p>Odilon Barrot schließt seine weitschweifigen Deklamationen mit der Wiederholung, daß das Gouvernement keine Solidarität der Existenz zwischen der römischen und französischen Republik anerkenne; daß eine andere Politik zum „europäischen Krieg“ führen und endlich ohne die französische Intervention der Gang der italienischen Ereignisse eine unglückliche Wendung nehmen werde.</p> <p>Präsident Marrast verliest ein Amendement von Ducour: die National-Versammlung, in Anschluß an die patriotische Absicht des Gouvernements, durch die italienische Intervention nur Rom vor dem Einfluß Oestreichs zu hüten, bewilligt das Doppelte des verlangten Credits. (Gelächter und Lärm.)</p> <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin:</hi> Der Ministerpräsident hat ein Wort ausgesprochen, welches die Frage außerordentlich vereinfacht: dies Wort ist die „Wiedereinsetzung des Papstes.“ Es handelt sich auf der einen Seite um das freie, römische Volk, welches die Republik proklamirt und durch eine feierliche Erklärung die weltliche Macht wieder ergriffen hat; auf der andern Seite um das Oberhaupt der Kirche, welches sich eingestandener Maßen durch fremde Bajonette zurückführen lassen und den Römern das eben abgeworfene Joch wieder aufladen will Auf der einen Seite die päbstliche Anmaßung, auf der andern das Souveränetätsrecht des Volkes.</p> <p>Das Gouvernement hat Ihnen diese Vorlage gemacht, weil es selbst diesen Ausgang seit langer Zeit vorbereitete und dabei seinen Mitschuldigen an Oestreich hatte. Die Oestreicher warten seit länger als 3 Monaten nur auf die Hülfe unserer Regierung, um in den römischen Staaten einzufallen.</p> <p><hi rendition="#g">Lamoriciere:</hi> Ich verlange das Wort.</p> <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin:</hi> Seit drei Monaten weigert sich die Regierung, die römischen Gesandten zu empfangen; sie hat nur zu Gaëta ihren Repräsentanten, sie kennt keine andere Legitimität als die des Pabstes. (Langer Tumult.)</p> <p>Sie begehen eine Feigheit im Interesse Oestreichs; sie haben den Frieden um jeden Preis proklamirt, und die Folge ist ein feiger Krieg zur Unterdrückung eines Volkes. Sie wollen, daß die Söhne der alten Sieger von Rivoli, von Castiglione die Waffen ergreifen, nicht zur Befreiung, nein, zur Unterdrückung der italienischen Völker, nicht zur Bekämpfung, nein, zur Unterstützung der Oestreicher, dieser Hülfstruppen der päbstlichen Sbirren. Glauben Sie in der That, daß unsere Armee sich zu dieser elenden Rolle hergeben werde? (Aufregung.)</p> <p>Stimme zur Rechten: Das heißt die Armee zum Ungehorsam anreizen. <hi rendition="#g">Ledru-Rollin:</hi> Was wollen Sie unternehmen? Eine Wiedereinsetzung des Pabstes? Das ganze Land stößt sie zurück; das Land, mit welchem Hr. Odilon Barrot im Jahr 1831 eine Zeit lang Hand in Hand ging, hat niemals sein Streben geändert. Damals erhob sich Hr. Odilon Barrot mit großem Pathos für die Erhebung der Völker gegen die Coalition der Könige; was man uns heute vorschlägt ist nicht der Frieden, es ist der Krieg gegen die freien Völker, und wenn man das in Abrede stellt, so ist es ein Verrath. (Beifall des Berges und der Linken.)</p> <p>General <hi rendition="#g">Lamoriciere:</hi> Die Versammlung müsse sich zu der Proposition des Ministeriums bequemen, weil „ohne dieselbe Alles in Italien ohne Frankreich abgemacht werde.“ (Wetteifer zwischen Frankreich und Oestreich, wer die päbstliche Braut heimführt)</p> <p><hi rendition="#g">Schölcher</hi> (Schluß! Schluß!): Das Gouvernement habe sich über seine Absichten nicht unumwunden ausgesprochen; es frage sich: was beabsichtigt das Gouvernement zu thun, wenn die Römer die Wiedereinsetzung zurückweisen?</p> <p>Die Minister schweigen. Rechts Rufe nach Schluß, links Widerspruch.</p> <p>Der Schluß wird angenommen, und der erste Artikel der Proposition: dem Ministerium den Kredit von 1,200,000 Fr. zur dreimonatlichen Unterhaltung einer Interventionsflotte im Mittelmeer zu bewilligen, mit 395 gegen 283 Stimmen <hi rendition="#g">angenommen.</hi> (Felix Pyat: Ite, missa est! Der Saal ist stürmisch bewegt. Ein Theil der Linken und der ganze Berg verlassen ihre Plätze).</p> <p>Der zweite Artikel, über die Art der Budgetvertheilung des Kredits wird ebenfalls angenommen.</p> <p>Bei der Abstimmung über das Ganze hat ein Theil der Linken den Saal verlassen. Es sind nur noch 499 Mitglieder statt der erforderlichen 500 anwesend, und die Abstimmung über das Ensemble der Proposition wird wegen Mangels Einer Stimme annullirt.</p> <p>Die Sitzung wird 1 1/2 Uhr aufgehoben.</p> <p><bibl><author>*</author></bibl> ‒ Nationalversammlung vom 17. April. Präsident Lamoriciere.</p> <p>Felix Pyat reklamirt gegen das Protokoll, welches die Nichtbetheiligung von mehr als 200 Repräsentanten bei der letzten Abstimmung ohne thre Gründe erwähnt.</p> <p>Das Essemble der Proposition wird nochmals zur Abstimmung gebracht. Es stimmen diesmal 649, von ihnen 388 für, 161 gegen die Vorlage. Die Proposition ist also angenommen.</p> <p><hi rendition="#g">Faucher,</hi> Minister des Innern, verlangt, daß der Gesetzentwurf auf Prorogation der am 1. Mai ablaufenden Preßgesetze morgen auf die Tagesordnung gesetzt werde.</p> <p>Die Versammlung nimmt das Budget des Ministeriums des Innern auf.</p> <p>Schluß der Sitzung 6 1/2 Uhr.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar277-1_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>312</author></bibl> Bern, 16. April.</head> <p>Der schweizerische Nationalrath ist eröffnet, heute früh neun Uhr fand die erste Sitzung statt. Wenn auch nichts von Bedeutung in derselben zur Verhandlung gekommen, ließ sich doch aus ihr schon die Sicherheit erkennen, mit welcher die konservative Partei des Sieges über die radikale sich bewußt ist. Nach vier Scrutinien ward Bürgermeister Escher (ein Furrerist) von Zürich mit 40 Stimmen zum Präsidenten, und Dufour mit 35 Stimmen zum Vicepräsidenten ernannt. Die Radikalen machten vergebliche Anstrengungen, um ihren Kandidaten durchzusetzen; mühsam verborgene Freude strahlte in dem hohlen Aristokratenantlitz des Bundespräsidenten Furrer; Ochsenbein, Funk und Konsorten lächelten höchst zufrieden, als das Wahlresultat verkündet wurde, und der ultraradikale Herr Eytel (Waadt), dem frommen Bourgeois-General mit wenigen Stimmen in der Minorität unterlag. Alméras, Beyer, Blanquard und Kreis wurden sodann zu Scrutatoren ernannt, und Steiger (der Präsident des vorigen Nationalrathes), führte auf Ersuchen des neuen Präsidenten für heute den Vorsitz fort. Die höchst langweilige Verlesung mehrerer Eingaben an den Nationalrath unterbrach ein ergötzliches Heuler-Breve des sogenannten Schweizer Vaterlandsvereins zu Bern, welches mit Christus und den Aposteln begann, und dessen Autorschaft in den heuchlerischen Mienen der Konservativen neben den jovialen Zügen der Radikalen während dessen Verlesung sich kund gab.</p> <p>Die mit dem deutschen Pietistengesindel kongruenten Berner Vaterlandsvereinler stellen in besagtem Schreiben den Antrag: der Nationalrath wolle ein Gesetz gegen diejenigen erlassen, welche als Deutsche in der Schweiz oder als Schweizer in Deutschland die glorreiche (!!) helvetische Republik beschimpfen und zwiefaches Bürgerrecht in Anspruch nähmen, wie z. B. Reinwald in Frankfurt.</p> <p>Der jämmerlich stylisirte Antrag war eine Blame für die Furreristen, wie sie nicht großartiger gedacht werden kann. Augenscheinlich wollte man durch ihn die Gemeinheit der Bundesregierung betreffs der Ausweisung Beckers, Lommels etc. beschönigen und die Verfolgung der Deutschen in der Schweiz zum Gesetz erhoben wissen. Genf hat erklärt, daß es keine Veranlassung finde, jene Dekrete zu vollziehen.</p> <p>Freiburg, Schwyz etc. suchen Relevation, betreffs Zahlung der Sonderbunds-Kriegskosten; ihre Anträge werden gleich dem obigen zur Begutachtung dem Bundesrath überwiesen, und nachdem Präsident Steiger die Tagesordnung (Postregalaufhebung, Herabsetzung der Portotaxe) für morgen verkündet hat, wird die Sitzung geschlossen.</p> <p>Soviel läßt sich aus der gegenwärtigen Stellung der Parteien im Nationalrath bereits klar erkennen, daß die Neutralitäts- und Kapitulationsfrage heftige Debatten hervorrufen werden. In allen wichtigen Fragen wird indeß die große Majorität der Versammlung auf Seite der Regierung sein.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar277-1_014_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Die Slovaken – Angebliches Bulletin Dembinski's, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9. </bibl> </note> <gap reason="copyright"/> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar277-1_015" type="jArticle"> <p><bibl><author>*</author></bibl> Ueber Paris eingehende Nachrichten wollen wissen, daß die Oesterreicher schon in Florenz, Bologna und Ferrara eingerückt seien. Das Journal des Debats versichert, die französische Regierung habe eine telegraphische Depesche erhalten, welche von einer allgemeinen Erhebung der Reaktionäre in Toskana zu Gunsten des flüchtigen Ex-Großherzog. Außerdem soll, wie der Constitutionel sagt, Guerrazzi verhaftet, und eine Deputation an den Großherzog nach Gaëta abgesandt worden sein. Eine Korrespondenz aus Neapel, welche „Il Positivo“ enthält, erzählt, daß England und Frankreich dem Pabst 22 Artikel als Bedingungen ihrer Intervention vorgelegt haben.</p> <p>Sie verlangen u. A. vollständige Amnestie für Alle, gänzliche Sekularisation der Regierung, Aufrechterhaltung aller politischen Freiheiten, Abschaffung des heiligen Offiziums und der geistlichen Tribunale in Civil- und Kriminal-Sachen. Der Pabst soll anfangs mit Genehmigung dieser Bedingungen gezögert haben. Aus der französischen Intervention folgert man, daß er ihnen endlich seine Zustimmung ertheilt habe (?)</p> <p>La Marmora ist zum außerordentlichen Regierungskommissär für Genua ernannt und dieses in Belagerungszustand erklärt. Alle Behörden sind unter dem Befehl La Marmora's gestellt. Letzterer fordert alle Beamten auf, sich sofort an ihre Posten zu begeben, widrigenfalls ihre Stellen an Andre übertragen würden.</p> <p>Der General Dabormida und Ritter Buoncompagni sind als Bevollmächtigte des sardinischen Königs nach Mailand abgereist, um den Friedensvertrag zu Stande zu bringen. Ueber Sizilien lauten die Berichte dahin, daß sich Catania nach heftigem und Siragosa ohne Kampf den Neopolitanern ergeben habe. Jedenfalls müssen wir erst die Bestätigung abwarten. Am 5. April war Palermo noch nicht blockirt.</p> </div> <div xml:id="ar277-1_016" type="jArticle"> <head>Turin.</head> <p>Durch königl. Erlaß werden die Gemeinderäthe von Alba, Aosta, Pinerolo und Tortona aufgelöst, weil sie Deputationen mit Mißbilligungsadressen gegen das Ministerium an den König gesandt hatten. Die Maires der vier genannten Orte, welche die Deputation bildeten, werden ihres Amtes entsetzt.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar277-1_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 14. April.</head> <p>Unter der Ueberschrift: „Entthronung des Eisenbahn-Königs“ bringt die neueste Nr. des „Northern Star“ einen Artikel dem wir folgendes entnehmen:</p> <p>Vor 30 Jahren veröffentlichte <hi rendition="#g">Thomas Gray</hi> aus Leeds nach jahrelangen Anstrengungen und Berechnungen eine Broschüre, die er „Dampffuhrwerke zu Lande“ betitelte und worin er einen umfassenden und systematischen Plan zur Errichtung von Dampf-Eisenbahnen entwickelte. Er sandte ausführliche Denkschriften an Minister, stellte bei Bankiers, Kaufleuten und Kapitalisten aller Art dringend die Wichtigkeit des Gegenstandes vor; er verbrauchte mit diesen Versuchen seine Zeit und sein Geld ‒ Alles umsonst! der Erfinder des Eisenbahnsystems mußte sich einen „visionären Theoretiker“, einen „Ideologen“, „schwärmerischen Kautz“ etc. „schelten lassen“ und die „schlauen“ Weltleute mochten mit solchen „närrischen und unpraktischen“ Geschichten Nichts zu thun haben. Durch seine fruchtlosen Anstrengungen ermüdet und aufgerieben mußte er, nach Erschöpfung aller seiner Hülfsquellen, das Feld räumen. Er starb kürzlich zu Exeter in höchst dürftigen Umständen.</p> <p>Einige Jahre nach Veröffentlichung seiner Broschüre schlugen einige waghalsigere Spekulanten vor, mit dem Plane im Kleinen einen Versuch anzustellen. Nach vielen Schwierigkeiten und Zögerungen wurde die kurze Eisenbahn zwischen Manchester und Liverpool gebaut und dem Publikum eröffnet. Der Erfolg bewies nun die Ausführbarkeit wie den Nutzen des „närrischen und unpraktischen“ Planes. Sofort wurden Kapitalien millionenweise gezeichnet, um über die ganze Insel ein großes Netz von Eisenbahnen zu verbreiten. Unter andern Leuten, welche durch diesen neuen Zustand der Dinge dem Publikum bekannt wurden, befand sich <hi rendition="#g">Hr. G. Hudson,</hi> ein Tuchhändler von York. Als Vorsitzender einer Compagnie von einer kleinen Eisenbahn zeigte er so viel Verwaltungsgeschick, daß man ihn bald ersuchte, dieselbe Stelle bei einer größern Linie zu bekleiden. Der Verkehr auf den Bahnen, mit denen er in Verbindung stand, nahm reißend schnell zu; die Dividenden wuchsen; die Actien stiegen und nach und nach, in Folge der großen Strecken, die unter seine Leitung kamen, und des ungeheuren Kapitals das in diesen Linien angelegt war, erhielt Hudson den Beinamen: „<hi rendition="#g">Eisenbahn-König.</hi>“ Man glaubte, daß er durch seine Spekulationen sich ein kolossales Vermögen erworben und nie trat die Bereitwilligkeit, unserer Landsleute, den <hi rendition="#g">Mammon</hi> zu verehren, ekelhafter hervor, als in diesem Falle. Trotz seiner Anstelligkeit für die Administration von Eisenbahnen ist Hudson ein Mann ohne Erziehung. Seine Sitten sind gemein und ungeschliffen. Allein <hi rendition="#g">Gold</hi> ist in England ein Mantel, der jeden Fehler verdeckt. Die Stolzesten unter unsrer Aristokratie drängten sich zu den kostspieligen Festen, die Hudson gab, und sie, die seine gesellschaftlichen Mißgriffe und plebejischen Manieren in ihren Zirkeln so oft belachten, schmeichelten dem Parvenu auf jede mögliche Weise. Die Mittelklasse legte ihre Würdigung des „neuen großen Mannes“ auf ihre eigene Art an den Tag. Sie veranstaltete zu seiner Ehre eine Subscription, weil er das Glück gehabt, sich ein großes Vermögen zu machen, und wirklich kamen 20,000 Pfd. Sterl. (133,000 Thlr. preuß Courant) zusammen, die dem „großen Manne“ als Ehrenbezeugung präsentirt wurden. Auch für <hi rendition="#g">Thomas Gray,</hi> den Erfinder eben dieses Systems, das den Aktieninhabern und Spekulanten so enorme Dividenden abwarf, eröffnete man eine Subscription, doch ach! die Pfunde kamen nicht in Tausendern, sondern kaum in Zehnern herbei.</p> <p>Indeß die Zeit bringt Vergeltung. Diese Woche ist ein langer Bericht einer Kommission über gewisse Anklagen gegen Herrn Hudson erschienen, der wohl zu nichts Anderem als zur Entthronung oder Abdankung des „Eisenbahn-Königs“ führen wird. Die Thatsachen sind kurz folgende:</p> <p>Im Jahre 1845 beschloß die York-Newcastle-Berwick Eisenbahn-Kompagnie auf Hudson's Rath den Ankauf der „Großen Nordenglischen“ Eisenbahn für 3 1/2 Mill. Pfd. St., die am 1. Juli 1850 gezahlt werden sollten. Zum Zweck der Herbeischaffung der Gelder schlug Hudson die Creirung eines Kapitalfonds vor, der im Verlauf einiger Jahre zusammengebracht werden sollte.</p> <p>Als dieser neue Kapitalfonds creirt war, wurden die Direktoren unter sich darüber einig, daß die so beschafften Gelder zum Detailankauf der Aktien jener Eisenbahn, die ursprünglich auf einmal und im Ganzen bezahlt werden sollte, zu verwenden seien. Diese Uebereinkunft wurde nicht im Protokoll vermerkt. Man kam ferner überein, daß Hr. Hudson ganz allein diese Angelegenheit mit dem Ankauf der Aktien en detail zu besorgen habe.</p> <p>Die Anklage gegen Hudson geht nun dahin, daß erstens die ihm übertragene Gewalt nicht ins Protokoll vermerkt worden, und zweitens, daß er die Sache sofort zu seinem eigenen persönlichen Vortheil betrieben habe. Aus dem Bericht der Kommission geht hervor, daß er kurze Zeit vor der Uebertragung gedachter Vollmacht eine Menge Aktien der „Großen Nordenglischen“ Eisenbahn für eigene Rechnung zu einem niedrigen Preise kaufte und sie später seiner Kompagnie zu einem sehr hohen Preise berechnete, auch nebstdem bedeutende Mäklergebühren und als Direktor der York-Union Bank-Gesellschaft sogar die Hälfte mehr als gewöhnliche Makler, ansetzte. Der Gesammtbetrag dessen, was Herr Hudson auf solche Art an der Kompagnie, deren Direktor er war, ergaunert hat, wird auf 10,000 Pfd. Sterl. (66,666 2/3 Thlr.) angegeben, und die Kommission ist der Ansicht, daß der Eisenbahn-König diese Summe nebst Interessen wiederzuerstatten hat. Der Kommissionsbericht sagt wörtlich:</p> <p>„Als Hr. Hudson am 7. Okt. 1846 den Wechsel von 87,000 Pfd. erhielt, konnte er für den Ankauf der Aktien höchstens 25,000 Pfd. bezahlt haben, wiewohl er zu einer weitern Zahlung von 70,000 Pfd. am 30. Okt. aufgefordert werden konnte. Das Resultat ist, daß die von ihm auf eigene Rechnung gekauften und später an die Kompagnie zu einem bedeutend erhöhten Preise wieder verkauften Aktien großentheils mit dem Gelde der Kompagnie bezahlt wurden.“</p> <p>Das nennt man in der Sprache der Herren „aus der City“ eine etwas allzu „scharfe Praxis.“ Die Direktoren übertrugen an Hrn. Hudson unbeschränkte Gewalt, sie stellten Wechsel für ihn aus, ohne sich um das: „Werth erhalten“ im Mindesten zu kümmern. Der Sekretär der Gesellschaft war zugleich Hudson's Privat-Kassirer. Hudson war der alleinige unbeaufsichtigte Geschäftsführer der Eisenbahngesellschaft. Er und sein Privat-Kassirer verfügten über das Geld der Kompagnie nach Belieben. Aus der ganzen Untersuchung geht hervor, daß Hudson nach der Maxime verfuhr: „Nichts für Nichts,“ und daß er trotz seines hohen Gehalts als Direktor noch prächtige Auslagen für Reisen etc. zu liquidiren wußte. Unter diesen Umständen wird Sr. Majestät, dem Eisenbahn-König Hudson, wohl nichts übrig bleiben, als entweder die Majestät freiwillig abzulegen, oder zu erwarten, daß er zur Abdankung gezwungen werde.</p> </div> </div> <div> <bibl>Redakteur en chef <editor>Karl Marx.</editor> </bibl> </div> </body> </text> </TEI> [1561/0003]
dern, daß die Wiedereinsetzung des Pabstes unter anderm als französischem Einfluß und Interesse statt finde.
Eine Stimme links: Wie! die Wiedereinsetzung des Pabstes! (Tumult auf der Linken und einem Theil des Centrums.)
Odilon Barrot: Die Regierung wird die italienischen Völker gegen die Unterdrückung schützen, sie wird ihre Rechte wahren, sie wird Rom aus der verhängnißvollen Krise retten, von der es bedroht wird. (Stürmische Unterbrechung.) Es scheint, daß Sie die Wichtigkeit der Sache nicht überschauen, wenn Sie sich solchen Unterbrechungen hingeben. (Tumult.) Wir haben die Motive unserer Handlungsweise bereits dargelegt: die Ereignisse in Italien drängen sich, und der Schlag im Norden wird sich bald auch im Centrum des Landes fühlbar machen. Es handelt sich darum, die Römer durch eine weise Politik vor diesen Folgen zu retten. (Fortwährende Unruhe.) Ich weiß, daß es Viele hier giebt, die sich über die römische Republik Illusionen machen; nun denn, wenn Sie die Verantwortlichkeit für diese Republik auf sich nehmen wollen …
Stimmen vom Berg: Ja wohl, wir nehmen sie auf uns.
Odilon Barrot: Dann hatten Sie den Muth haben sollen, für sie einzutreten, als die piemontesische Armee noch nicht geschlagen war. (Heftiger Lärm)
Duvignier: Die Anträge sind gemacht worden, aber Sie selbst haben es verhindert!
Odilon Barrot: Es handelt sich darum, die Interessen Frankreichs und Italiens gleichzeitig zu vertreten. Die Politik der Regierung ist die der Weisheit und Mäßigung …
Eine Stimme vom Berg: Der Feigheit und des Verraths!
Marrast: Ich rufe den Unterbrecher zur Ordnung.
Gent: Wenn Sie meinen Namen nicht wissen, will ich Ihnen sagen, daß ich der Unterbrecher war.
Odilon Barrot schließt seine weitschweifigen Deklamationen mit der Wiederholung, daß das Gouvernement keine Solidarität der Existenz zwischen der römischen und französischen Republik anerkenne; daß eine andere Politik zum „europäischen Krieg“ führen und endlich ohne die französische Intervention der Gang der italienischen Ereignisse eine unglückliche Wendung nehmen werde.
Präsident Marrast verliest ein Amendement von Ducour: die National-Versammlung, in Anschluß an die patriotische Absicht des Gouvernements, durch die italienische Intervention nur Rom vor dem Einfluß Oestreichs zu hüten, bewilligt das Doppelte des verlangten Credits. (Gelächter und Lärm.)
Ledru-Rollin: Der Ministerpräsident hat ein Wort ausgesprochen, welches die Frage außerordentlich vereinfacht: dies Wort ist die „Wiedereinsetzung des Papstes.“ Es handelt sich auf der einen Seite um das freie, römische Volk, welches die Republik proklamirt und durch eine feierliche Erklärung die weltliche Macht wieder ergriffen hat; auf der andern Seite um das Oberhaupt der Kirche, welches sich eingestandener Maßen durch fremde Bajonette zurückführen lassen und den Römern das eben abgeworfene Joch wieder aufladen will Auf der einen Seite die päbstliche Anmaßung, auf der andern das Souveränetätsrecht des Volkes.
Das Gouvernement hat Ihnen diese Vorlage gemacht, weil es selbst diesen Ausgang seit langer Zeit vorbereitete und dabei seinen Mitschuldigen an Oestreich hatte. Die Oestreicher warten seit länger als 3 Monaten nur auf die Hülfe unserer Regierung, um in den römischen Staaten einzufallen.
Lamoriciere: Ich verlange das Wort.
Ledru-Rollin: Seit drei Monaten weigert sich die Regierung, die römischen Gesandten zu empfangen; sie hat nur zu Gaëta ihren Repräsentanten, sie kennt keine andere Legitimität als die des Pabstes. (Langer Tumult.)
Sie begehen eine Feigheit im Interesse Oestreichs; sie haben den Frieden um jeden Preis proklamirt, und die Folge ist ein feiger Krieg zur Unterdrückung eines Volkes. Sie wollen, daß die Söhne der alten Sieger von Rivoli, von Castiglione die Waffen ergreifen, nicht zur Befreiung, nein, zur Unterdrückung der italienischen Völker, nicht zur Bekämpfung, nein, zur Unterstützung der Oestreicher, dieser Hülfstruppen der päbstlichen Sbirren. Glauben Sie in der That, daß unsere Armee sich zu dieser elenden Rolle hergeben werde? (Aufregung.)
Stimme zur Rechten: Das heißt die Armee zum Ungehorsam anreizen. Ledru-Rollin: Was wollen Sie unternehmen? Eine Wiedereinsetzung des Pabstes? Das ganze Land stößt sie zurück; das Land, mit welchem Hr. Odilon Barrot im Jahr 1831 eine Zeit lang Hand in Hand ging, hat niemals sein Streben geändert. Damals erhob sich Hr. Odilon Barrot mit großem Pathos für die Erhebung der Völker gegen die Coalition der Könige; was man uns heute vorschlägt ist nicht der Frieden, es ist der Krieg gegen die freien Völker, und wenn man das in Abrede stellt, so ist es ein Verrath. (Beifall des Berges und der Linken.)
General Lamoriciere: Die Versammlung müsse sich zu der Proposition des Ministeriums bequemen, weil „ohne dieselbe Alles in Italien ohne Frankreich abgemacht werde.“ (Wetteifer zwischen Frankreich und Oestreich, wer die päbstliche Braut heimführt)
Schölcher (Schluß! Schluß!): Das Gouvernement habe sich über seine Absichten nicht unumwunden ausgesprochen; es frage sich: was beabsichtigt das Gouvernement zu thun, wenn die Römer die Wiedereinsetzung zurückweisen?
Die Minister schweigen. Rechts Rufe nach Schluß, links Widerspruch.
Der Schluß wird angenommen, und der erste Artikel der Proposition: dem Ministerium den Kredit von 1,200,000 Fr. zur dreimonatlichen Unterhaltung einer Interventionsflotte im Mittelmeer zu bewilligen, mit 395 gegen 283 Stimmen angenommen. (Felix Pyat: Ite, missa est! Der Saal ist stürmisch bewegt. Ein Theil der Linken und der ganze Berg verlassen ihre Plätze).
Der zweite Artikel, über die Art der Budgetvertheilung des Kredits wird ebenfalls angenommen.
Bei der Abstimmung über das Ganze hat ein Theil der Linken den Saal verlassen. Es sind nur noch 499 Mitglieder statt der erforderlichen 500 anwesend, und die Abstimmung über das Ensemble der Proposition wird wegen Mangels Einer Stimme annullirt.
Die Sitzung wird 1 1/2 Uhr aufgehoben.
* ‒ Nationalversammlung vom 17. April. Präsident Lamoriciere.
Felix Pyat reklamirt gegen das Protokoll, welches die Nichtbetheiligung von mehr als 200 Repräsentanten bei der letzten Abstimmung ohne thre Gründe erwähnt.
Das Essemble der Proposition wird nochmals zur Abstimmung gebracht. Es stimmen diesmal 649, von ihnen 388 für, 161 gegen die Vorlage. Die Proposition ist also angenommen.
Faucher, Minister des Innern, verlangt, daß der Gesetzentwurf auf Prorogation der am 1. Mai ablaufenden Preßgesetze morgen auf die Tagesordnung gesetzt werde.
Die Versammlung nimmt das Budget des Ministeriums des Innern auf.
Schluß der Sitzung 6 1/2 Uhr.
Schweiz. 312 Bern, 16. April. Der schweizerische Nationalrath ist eröffnet, heute früh neun Uhr fand die erste Sitzung statt. Wenn auch nichts von Bedeutung in derselben zur Verhandlung gekommen, ließ sich doch aus ihr schon die Sicherheit erkennen, mit welcher die konservative Partei des Sieges über die radikale sich bewußt ist. Nach vier Scrutinien ward Bürgermeister Escher (ein Furrerist) von Zürich mit 40 Stimmen zum Präsidenten, und Dufour mit 35 Stimmen zum Vicepräsidenten ernannt. Die Radikalen machten vergebliche Anstrengungen, um ihren Kandidaten durchzusetzen; mühsam verborgene Freude strahlte in dem hohlen Aristokratenantlitz des Bundespräsidenten Furrer; Ochsenbein, Funk und Konsorten lächelten höchst zufrieden, als das Wahlresultat verkündet wurde, und der ultraradikale Herr Eytel (Waadt), dem frommen Bourgeois-General mit wenigen Stimmen in der Minorität unterlag. Alméras, Beyer, Blanquard und Kreis wurden sodann zu Scrutatoren ernannt, und Steiger (der Präsident des vorigen Nationalrathes), führte auf Ersuchen des neuen Präsidenten für heute den Vorsitz fort. Die höchst langweilige Verlesung mehrerer Eingaben an den Nationalrath unterbrach ein ergötzliches Heuler-Breve des sogenannten Schweizer Vaterlandsvereins zu Bern, welches mit Christus und den Aposteln begann, und dessen Autorschaft in den heuchlerischen Mienen der Konservativen neben den jovialen Zügen der Radikalen während dessen Verlesung sich kund gab.
Die mit dem deutschen Pietistengesindel kongruenten Berner Vaterlandsvereinler stellen in besagtem Schreiben den Antrag: der Nationalrath wolle ein Gesetz gegen diejenigen erlassen, welche als Deutsche in der Schweiz oder als Schweizer in Deutschland die glorreiche (!!) helvetische Republik beschimpfen und zwiefaches Bürgerrecht in Anspruch nähmen, wie z. B. Reinwald in Frankfurt.
Der jämmerlich stylisirte Antrag war eine Blame für die Furreristen, wie sie nicht großartiger gedacht werden kann. Augenscheinlich wollte man durch ihn die Gemeinheit der Bundesregierung betreffs der Ausweisung Beckers, Lommels etc. beschönigen und die Verfolgung der Deutschen in der Schweiz zum Gesetz erhoben wissen. Genf hat erklärt, daß es keine Veranlassung finde, jene Dekrete zu vollziehen.
Freiburg, Schwyz etc. suchen Relevation, betreffs Zahlung der Sonderbunds-Kriegskosten; ihre Anträge werden gleich dem obigen zur Begutachtung dem Bundesrath überwiesen, und nachdem Präsident Steiger die Tagesordnung (Postregalaufhebung, Herabsetzung der Portotaxe) für morgen verkündet hat, wird die Sitzung geschlossen.
Soviel läßt sich aus der gegenwärtigen Stellung der Parteien im Nationalrath bereits klar erkennen, daß die Neutralitäts- und Kapitulationsfrage heftige Debatten hervorrufen werden. In allen wichtigen Fragen wird indeß die große Majorität der Versammlung auf Seite der Regierung sein.
Ungarn. _ Italien. * Ueber Paris eingehende Nachrichten wollen wissen, daß die Oesterreicher schon in Florenz, Bologna und Ferrara eingerückt seien. Das Journal des Debats versichert, die französische Regierung habe eine telegraphische Depesche erhalten, welche von einer allgemeinen Erhebung der Reaktionäre in Toskana zu Gunsten des flüchtigen Ex-Großherzog. Außerdem soll, wie der Constitutionel sagt, Guerrazzi verhaftet, und eine Deputation an den Großherzog nach Gaëta abgesandt worden sein. Eine Korrespondenz aus Neapel, welche „Il Positivo“ enthält, erzählt, daß England und Frankreich dem Pabst 22 Artikel als Bedingungen ihrer Intervention vorgelegt haben.
Sie verlangen u. A. vollständige Amnestie für Alle, gänzliche Sekularisation der Regierung, Aufrechterhaltung aller politischen Freiheiten, Abschaffung des heiligen Offiziums und der geistlichen Tribunale in Civil- und Kriminal-Sachen. Der Pabst soll anfangs mit Genehmigung dieser Bedingungen gezögert haben. Aus der französischen Intervention folgert man, daß er ihnen endlich seine Zustimmung ertheilt habe (?)
La Marmora ist zum außerordentlichen Regierungskommissär für Genua ernannt und dieses in Belagerungszustand erklärt. Alle Behörden sind unter dem Befehl La Marmora's gestellt. Letzterer fordert alle Beamten auf, sich sofort an ihre Posten zu begeben, widrigenfalls ihre Stellen an Andre übertragen würden.
Der General Dabormida und Ritter Buoncompagni sind als Bevollmächtigte des sardinischen Königs nach Mailand abgereist, um den Friedensvertrag zu Stande zu bringen. Ueber Sizilien lauten die Berichte dahin, daß sich Catania nach heftigem und Siragosa ohne Kampf den Neopolitanern ergeben habe. Jedenfalls müssen wir erst die Bestätigung abwarten. Am 5. April war Palermo noch nicht blockirt.
Turin. Durch königl. Erlaß werden die Gemeinderäthe von Alba, Aosta, Pinerolo und Tortona aufgelöst, weil sie Deputationen mit Mißbilligungsadressen gegen das Ministerium an den König gesandt hatten. Die Maires der vier genannten Orte, welche die Deputation bildeten, werden ihres Amtes entsetzt.
Großbritannien. * London, 14. April. Unter der Ueberschrift: „Entthronung des Eisenbahn-Königs“ bringt die neueste Nr. des „Northern Star“ einen Artikel dem wir folgendes entnehmen:
Vor 30 Jahren veröffentlichte Thomas Gray aus Leeds nach jahrelangen Anstrengungen und Berechnungen eine Broschüre, die er „Dampffuhrwerke zu Lande“ betitelte und worin er einen umfassenden und systematischen Plan zur Errichtung von Dampf-Eisenbahnen entwickelte. Er sandte ausführliche Denkschriften an Minister, stellte bei Bankiers, Kaufleuten und Kapitalisten aller Art dringend die Wichtigkeit des Gegenstandes vor; er verbrauchte mit diesen Versuchen seine Zeit und sein Geld ‒ Alles umsonst! der Erfinder des Eisenbahnsystems mußte sich einen „visionären Theoretiker“, einen „Ideologen“, „schwärmerischen Kautz“ etc. „schelten lassen“ und die „schlauen“ Weltleute mochten mit solchen „närrischen und unpraktischen“ Geschichten Nichts zu thun haben. Durch seine fruchtlosen Anstrengungen ermüdet und aufgerieben mußte er, nach Erschöpfung aller seiner Hülfsquellen, das Feld räumen. Er starb kürzlich zu Exeter in höchst dürftigen Umständen.
Einige Jahre nach Veröffentlichung seiner Broschüre schlugen einige waghalsigere Spekulanten vor, mit dem Plane im Kleinen einen Versuch anzustellen. Nach vielen Schwierigkeiten und Zögerungen wurde die kurze Eisenbahn zwischen Manchester und Liverpool gebaut und dem Publikum eröffnet. Der Erfolg bewies nun die Ausführbarkeit wie den Nutzen des „närrischen und unpraktischen“ Planes. Sofort wurden Kapitalien millionenweise gezeichnet, um über die ganze Insel ein großes Netz von Eisenbahnen zu verbreiten. Unter andern Leuten, welche durch diesen neuen Zustand der Dinge dem Publikum bekannt wurden, befand sich Hr. G. Hudson, ein Tuchhändler von York. Als Vorsitzender einer Compagnie von einer kleinen Eisenbahn zeigte er so viel Verwaltungsgeschick, daß man ihn bald ersuchte, dieselbe Stelle bei einer größern Linie zu bekleiden. Der Verkehr auf den Bahnen, mit denen er in Verbindung stand, nahm reißend schnell zu; die Dividenden wuchsen; die Actien stiegen und nach und nach, in Folge der großen Strecken, die unter seine Leitung kamen, und des ungeheuren Kapitals das in diesen Linien angelegt war, erhielt Hudson den Beinamen: „Eisenbahn-König.“ Man glaubte, daß er durch seine Spekulationen sich ein kolossales Vermögen erworben und nie trat die Bereitwilligkeit, unserer Landsleute, den Mammon zu verehren, ekelhafter hervor, als in diesem Falle. Trotz seiner Anstelligkeit für die Administration von Eisenbahnen ist Hudson ein Mann ohne Erziehung. Seine Sitten sind gemein und ungeschliffen. Allein Gold ist in England ein Mantel, der jeden Fehler verdeckt. Die Stolzesten unter unsrer Aristokratie drängten sich zu den kostspieligen Festen, die Hudson gab, und sie, die seine gesellschaftlichen Mißgriffe und plebejischen Manieren in ihren Zirkeln so oft belachten, schmeichelten dem Parvenu auf jede mögliche Weise. Die Mittelklasse legte ihre Würdigung des „neuen großen Mannes“ auf ihre eigene Art an den Tag. Sie veranstaltete zu seiner Ehre eine Subscription, weil er das Glück gehabt, sich ein großes Vermögen zu machen, und wirklich kamen 20,000 Pfd. Sterl. (133,000 Thlr. preuß Courant) zusammen, die dem „großen Manne“ als Ehrenbezeugung präsentirt wurden. Auch für Thomas Gray, den Erfinder eben dieses Systems, das den Aktieninhabern und Spekulanten so enorme Dividenden abwarf, eröffnete man eine Subscription, doch ach! die Pfunde kamen nicht in Tausendern, sondern kaum in Zehnern herbei.
Indeß die Zeit bringt Vergeltung. Diese Woche ist ein langer Bericht einer Kommission über gewisse Anklagen gegen Herrn Hudson erschienen, der wohl zu nichts Anderem als zur Entthronung oder Abdankung des „Eisenbahn-Königs“ führen wird. Die Thatsachen sind kurz folgende:
Im Jahre 1845 beschloß die York-Newcastle-Berwick Eisenbahn-Kompagnie auf Hudson's Rath den Ankauf der „Großen Nordenglischen“ Eisenbahn für 3 1/2 Mill. Pfd. St., die am 1. Juli 1850 gezahlt werden sollten. Zum Zweck der Herbeischaffung der Gelder schlug Hudson die Creirung eines Kapitalfonds vor, der im Verlauf einiger Jahre zusammengebracht werden sollte.
Als dieser neue Kapitalfonds creirt war, wurden die Direktoren unter sich darüber einig, daß die so beschafften Gelder zum Detailankauf der Aktien jener Eisenbahn, die ursprünglich auf einmal und im Ganzen bezahlt werden sollte, zu verwenden seien. Diese Uebereinkunft wurde nicht im Protokoll vermerkt. Man kam ferner überein, daß Hr. Hudson ganz allein diese Angelegenheit mit dem Ankauf der Aktien en detail zu besorgen habe.
Die Anklage gegen Hudson geht nun dahin, daß erstens die ihm übertragene Gewalt nicht ins Protokoll vermerkt worden, und zweitens, daß er die Sache sofort zu seinem eigenen persönlichen Vortheil betrieben habe. Aus dem Bericht der Kommission geht hervor, daß er kurze Zeit vor der Uebertragung gedachter Vollmacht eine Menge Aktien der „Großen Nordenglischen“ Eisenbahn für eigene Rechnung zu einem niedrigen Preise kaufte und sie später seiner Kompagnie zu einem sehr hohen Preise berechnete, auch nebstdem bedeutende Mäklergebühren und als Direktor der York-Union Bank-Gesellschaft sogar die Hälfte mehr als gewöhnliche Makler, ansetzte. Der Gesammtbetrag dessen, was Herr Hudson auf solche Art an der Kompagnie, deren Direktor er war, ergaunert hat, wird auf 10,000 Pfd. Sterl. (66,666 2/3 Thlr.) angegeben, und die Kommission ist der Ansicht, daß der Eisenbahn-König diese Summe nebst Interessen wiederzuerstatten hat. Der Kommissionsbericht sagt wörtlich:
„Als Hr. Hudson am 7. Okt. 1846 den Wechsel von 87,000 Pfd. erhielt, konnte er für den Ankauf der Aktien höchstens 25,000 Pfd. bezahlt haben, wiewohl er zu einer weitern Zahlung von 70,000 Pfd. am 30. Okt. aufgefordert werden konnte. Das Resultat ist, daß die von ihm auf eigene Rechnung gekauften und später an die Kompagnie zu einem bedeutend erhöhten Preise wieder verkauften Aktien großentheils mit dem Gelde der Kompagnie bezahlt wurden.“
Das nennt man in der Sprache der Herren „aus der City“ eine etwas allzu „scharfe Praxis.“ Die Direktoren übertrugen an Hrn. Hudson unbeschränkte Gewalt, sie stellten Wechsel für ihn aus, ohne sich um das: „Werth erhalten“ im Mindesten zu kümmern. Der Sekretär der Gesellschaft war zugleich Hudson's Privat-Kassirer. Hudson war der alleinige unbeaufsichtigte Geschäftsführer der Eisenbahngesellschaft. Er und sein Privat-Kassirer verfügten über das Geld der Kompagnie nach Belieben. Aus der ganzen Untersuchung geht hervor, daß Hudson nach der Maxime verfuhr: „Nichts für Nichts,“ und daß er trotz seines hohen Gehalts als Direktor noch prächtige Auslagen für Reisen etc. zu liquidiren wußte. Unter diesen Umständen wird Sr. Majestät, dem Eisenbahn-König Hudson, wohl nichts übrig bleiben, als entweder die Majestät freiwillig abzulegen, oder zu erwarten, daß er zur Abdankung gezwungen werde.
Redakteur en chef Karl Marx.
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