Neue Rheinische Zeitung. Nr. 261. Köln, 1. April 1849. Zweite Ausgabe.von vorn anfangen. Die Steuerverweigerer werden wieder die Steuer verweigern; haben doch schon ein Paar von der Gesellschaft erklärt, sie wären stolz d'rauf, daß sie die Steuern verweigert hätten. Seht, Landsleute, stolz sind sie noch darauf, daß sie göttlich und menschlich Recht mit Füßen getreten und ihre Stimme zum Aufruhr wider ihren König und Herrn erhoben haben; seht, so schamlos sind diese Menschen geworden! Und nun betteln sie bei unserm lieben Könige um Amnestie, sie wollen die Güte des allergnädigsten Herrn mißbrauchen, um ihre Spießgesellen und Aufruhrgehülfen zu befreien aus dem Loche, weil sie dieselben wieder zu brauchen gedenken zu neuen Hallunkenstreichen in diesem Frühjahr. Wohl ist unser König ein lieber und gnädiger Herr, aber er wird wohl das Einsehen haben und keine Amnestie machen für diese Rotte Korah; er wird in seiner Weisheit gewiß für alle Preußen ein lieber, gnädiger Herr sein wollen, und nicht blos für das aufrüherische Demokratenpack in den Gefängnissen!" * Breslau, 28. März. Von Berlin bis hieher haben wir schon seit längerer Zeit eine electro-magnetisch-telegraphische Verbindung; sie wird nun bald weiter bis an die östreichische Grenze auf Staatskosten fortgesetzt und von da die weitere Verbindung mit der östreichischen Telegraphenlinie von dem dortigen Gouvernement bewerkstelligt werden. * Wien, 28. März. Die "Wiener Ztg." theilt mit, daß das Ministerium des Handels, der Gewerbe und öffentlichen Bauten die Absicht hat, gleich nach dem täglichen Schlusse der Wiener Börse die Course mittelst des Staats-Telegraphen nach Triest, Laibach, Gratz, Brünn und Prag bekannt geben zu lassen. Laut einer vom F.M.L. Haynau eingegangenen Meldung haben die Venetianer am 20. März einen nächtlichen Ausfall (etwa 1000 M. stark) über Chioggia und Brondolo nach Conche gemacht, wo sie sich eiligst verschanzten, aber am folgenden Tage wieder zum Rückzug gezwungen wurden. Flensburg, 26. März. Aus Hadersleben und Apenrade kommen schon flüchtige Familien an, da man glaubt, daß das nördliche Schleswig für's Erste preisgegeben werden muß; heute Abend noch wird der ganze Magistrat und die übrigen Beamten jener beiden Städte hier erwartet. Freiburg, 28. März. Nachdem die Vorführung des gesammten Beweismaterials - Zeugenschaft und Vorlage von Aktenstücken - in der gestrigen Sitzung zu Ende gebracht worden war, begannen heute die Anklage- und Vertheidigungsreden. Von Seite der Anklagebank sprach der Staatsanwalt Winter, von Vertheidigungsreden, die morgen fortgesetzt werden, hörten wir die der beiden Angeklagten und der beiden Anwälte Barbo und Feder. Die Theilnahme des Publikums an den Verhandlungen steigert sich von Tag zu Tag. Schon zwei Tage vor der Eröffnung der Sitzung war heute der Eingang des Hofgerichtsgebäudes förmlich belagert. Wir glauben nicht, daß der Prozeß selbst in der morgigen Sitzung beendigt werden wird. Ungarn. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Italien. * Turin, 26. März. "La Nazione" vom heutigen Datum sagt: die Stadt Turin zeigt sich beim Einlauf der Trauerposten sehr aufgeregt; aber die Bürgerwehr erhielt die Ruhe. Die Deputirtenkammer hat sich permanent erklärt; dasselbe hat der Gemeinderath gethan. Im Senate war eine höchst stürmische Sitzung; er wollte das Ministerium in Anklagezustand versetzen. Er bleibt als geheimer Ausschuß ebenfalls sitzen. Ein gewisser Peste oder Pesce, Geheimschreiber Romarino's, ist des Verraths verdächtig verhaftet. Der Herzog von Parma hat zu Gunsten seines eben in London befindlichen Sohnes abgedankt. (Credit.) * Turin, 26. März. "L'Opinione" enthält in ihrer heutigen Nummer folgende Mittheilung: "Wir erfahren in diesem Augenblick, daß unsere Truppen fortfahren, sich zu schlagen. Unser Geschick ist also abermals dem Loos der Waffen überantwortet." (Hätten die Oestreicher, bemerkt der Pariser "Constitutionnel", ihren Marsch auf Turin fortgesetzt, so müßte die Nachricht von ihrem Einzuge in die Hauptstadt von Piemont bereits zu Paris eingetroffen sein). In der Schlacht von Novara haben 15,000 Piemontesen gegen 35,000 Oestreicher, welche 100 Geschütze spielen ließen, brav doch vergeblich 10 Stunden lang angekämpft. Radetzki soll nach der Schlacht als erste Friedensbedingungen aufgestellt haben: Zahlung einer starken Kriegskontribution und die Besetzung von Alessandria, Genua und der Turiner Citadelle während eines halben Jahres. * Brescia, 24. März. Der gestern aus Mailand abgesandte Courier ist bei St. Euphemia in der Gegend von Brescia durch bewaffnete Bauern angehalten und seiner Depeschen und einer Baarschaft von ungefähr 6000 Lire beraubt worden. * Rom, 18. März. Die Constituante hatte sich am Tage vorher vertagt, nachdem sie den Triumviren die ausgedehnteste Regierungsgewalt verliehen. Französische Republik. Paris, 30. März. Die Nationalversammlung diskutirte heute die Intervention, oder richtiger die Nichtintervention in Italien. - Seit zwei Tagen sitzen die Minister in Permanenz. Drei Meinungen wurden in Berathung gezogen. 1. Die Hauptzugänge Savoyens zu besetzen und ein scharfes Auge auf den Kriegsschauplatz zu richten. Diese Ansicht fand vorzüglich in Bonaparte einen warmen Vertheidiger. Auch Passy neigte sich ihr zu. 2. Falloux drang darauf, die jetzige Gelegenheit zu benutzen, und gegen Civita-Vecchia zu steuern, um den Pabst zu retabliren. In dieser Ansicht wurde er hauptsächlich von Buffet, dem Acker- und Handelsminister aus den Vogesen, unterstützt. Der alte Passy bekämpfte dieselbe heftig, und ließ sich sogar hinreißen auszurufen: le Catholicisme est une de nos infirmites sociales! was großes Entsetzen erregte. Die 3. Ansicht ging vom Minister des Auswärtigen, dem philippistischen Drouyn de Lhuys aus. Dieselbe besteht in dem beliebten paix armee - tüchtig rüsten und waffnen, dann negoziren. Es ist das Prinzip der Nichtintervention, das ihm von Guizot, Mole und Thiers eingeflößt wurde und noch von der Rue de Poitiers vertreten wird. Ihm neigt sich die Mehrheit der Minister zu, als sie sich heute früh (Nachts 2 Uhr) aus dem Elysee trennten. - In heutiger Sitzung las der Minister des Auswärtigen Depeschen vom 27. vor, laut welchen ein Waffenstillstand zwischen dem neuen König Viktor Emanuel und Radetzky abgeschlossen worden. - Das Journal de l'Ain gibt sogar schon die Bedingungen an. - Aus dem Elysee und dem Hotel des Capucines fliegen Kuriere in allen Richtungen. Sind wir gut unterrichtet, so hat das Ministerium die Einschiffung zweier Militär-Divisionen, in Toulon und Marseille, befohlen, die, wie der Constitutionnel wissen will, in Civita Vecchia landen sollen. - Karl Albert ist noch nicht in Paris eingetroffen. Er geht, der "Liberte" zufolge, nach Portugal. - Die hier noch anwesenden Italienerr haben einen Hilferuf an die Nationalversammlung gerichtet. - Es ist auffallend, sagt National, daß zwei Tage vor der Schlacht von Mortara-Novara mehrere Pariser Blätter, die dem Ministerio nicht ganz fern stehen, die Aeußerung fallen ließen: wie? wenn Radetzki, statt sich an der Adda und dem Oglio zu schlagen, die piemontesische Armee durchschnitte und direkt nach Turin dränge?.... Hundert Indizien deuten darauf hin, daß die Barrot und Schwarzenberg Cabinette Hand in Hand gingen, und daß England und das französische Cabinet mit stiller Befriedigung jetzt über das Gelingen eines Schlachtplanes sich freuen, der die demokratischen Bestrebungen Piemonts, d. h. die Einheit und Selbstständigkeit Italiens, zu ersticken droht. Jetzt werden die Brüsseler Conferenzen plötzlich einer rascheren Erledigung entgegenschreiten. Oestreich wird Piemont räumen und dafür wird es die Lombardei erhalten! Wie ganz anders wäre es gekommen, wenn die Piemontesen bei Mortara gesiegt hätten? - Wie ganz anders wäre es gekommen, könnte man den National fragen, wenn Marrast, Cavaignac und Comp. nicht so erbärmlich an Italien gehandelt hätten? - Die Polizei griff gestern in der Rue St. Honore N. 340 einen Agenten des Hofes in Claremont auf, bei dem viele wichtige Correspondenzen aller orleanistischen Departements-Chefs gefunden wurden. - Monnier, Exsekretair unter Caussidiere, richtet heute einen Brief an den General-Staatsanwalt Baroche, worin er die Echtheit der Huber'schen Aktenstücke, die er jüngst in Bourges überreichte, nachweist. - Im Luxembourgschloß fand gestern eine kleine Militär-Revolte statt. Zwei Unteroffiziere sollten wegen Lesung und Verbreitung sozialistischer Zeitungen ins Loch geworfen werden. Aber das ganze Regiment (das 74. Linien-Regiment) nahm für die beiden Inculpaten Partei und insurgirte sich zum großen Schrecken des Obersten und des Brigadegenerals. Die "Revolution" setzt hinzu, "daß es der Dazwischenkunft des Präsidenten Bonaparte bedurfte, um die Ruhe wieder herzustellen. - Nationalversammlung. Sitzung vom 30. März. Anfang 12 1/2 Uhr. Die Umgegend ist völlig frei, ungeachtet die konservativen Journale prophezeit hatten, daß die Klubs assistiren wollten. Die Gallerien sind übervoll. Sauvaire Barthelemy überreicht den Bericht über das Büdget des Ministers des Auswärtigen. Marrast: Da der Ausschuß noch in geheimer Sitzung beisammen, so schlage ich vor, noch einige alte Kreditentwürfe vor Beginn der Debatte über Italien zu erledigen. Dieß geschieht mit 723 gegen 3 Stimmen. Das Haus ist, wie man sieht, sehr zahlreich. Bixio und die übrigen Glieder des Ausschusses erscheinen im Saale und die Debatte beginnt. Bixio besteigt die Bühne. Er liest einen langen Bericht über die im Ausschuß gepflogene Verhandlung vor, den die Rechte häufig unterbricht. Piemonts Interesse heißt es darin, ist das Interesse Frankreichs. (Oh! Oh!) Seine Schmach, seine Niederlage, ist unsere Niederlage. (Allons donc!) Der Ausschuß beschloß darum..... Besnard: Der Ausschuß hat nichts zu beschließen. Bixio: Entschuldigen Sie, der Ausschuß hat allerdings ein Recht hierzu. (Ja! Ja! Nein! Nein!) Marrast: Es geschah ja schon oft, daß Ausschüsse durch das Organ ihrer Berichterstatter Beschlüsse vortrugen. Das Organ spricht dann in seinem persönlichen Namen, Stimme rechts: Dann überreiche er seine Anträge in Form einer Proposition! (Oh! Oh! links). Bixio: Der Schlußantrag des Ausschusses lautet: "Die National-Versammlung - eifersüchtig, die ihr anvertrauten großen Interessen zu wahren und die Würde Frankreichs sowohl als den auf Achtung aller Nationalitäten begründeten allgemeinen Frieden aufrecht zu erhalten; sich der Sprache des Conseilpräsidenten in der Sitzung vom 28. beigesellend und in die Regierung des Präsidenten der Republik vertrauend, erklärt: daß wenn es zur bessern Garantie und Integrität des piemontesischen Territoriums und zu besserer Wahrung der Interessen und der Ehre Frankreichs, von der Exekutivgewalt für gut gehalten würde, die Negoziation durch partielle und temporäre Okkupation irgend eines Punktes Oberitaliens zu unterstützen, sie in der National-Versammlung den aufrichtigsten und vollständigsten Beistand finde." Mole: Als Glied des Ausschusses erkläre ich, daß mir dieser Rapport gänzlich unbekannt war; er kann also nicht als das Werk des Ausschusses betrachtet werden. Ich protestire dagegen. (Lärm zur Linken). Gustav de Beaumont: Dieser Rapport wurde in der That im Ausschusse nicht vorgelesen. Doch ist der Beschluß richtig. Derselbe wurde lange und umständlich debattirt Clement Thomas: Man möchte die Debatte aufhalten Mag ein Formfehler begangen sein, so drückt der Bericht den Charakter der Debatte aus. Man schreite zur Debatte. (Ja! Ja!) Drouyn de Lhuys (allgemeine Stille): Im Ministerium sind folgende neue Depeschen eingelaufen: "Turin, 25. März. "Der französische und englische Gesandte haben sich zu Radetzky begeben, um einen Waffenstillstand zu schließen. Unsere Stipulationen haben lediglich die Sicherheit Turins zum Zweck; die Friedensbedingungen bleiben dem neuen König überlassen." Nachschrift vom 26: "Es ist ausgemacht, daß die östreichische Armee die Sefia nicht überschreitet." Eine Depesche vom 27. lautet: "Radetzky hat uns mit der größten Zuvorkommenheit empfangen. Er hat uns gesagt, daß er schon in direkter Unterhandlung mit dem neuen Könige Victor Emanuel (Herzog [unleserliches Material] Gaboyen) stehe. Der Waffenstillstand dauert bis zum Friedensschluß. Das linke Ufer der Sefia soll von einem halb östreichisch, halb piemontesischen Corps besetzt bleiben." (Lärm zur Linken). Jetzt kennen Sie, fährt der Minister fort, die Thatsachen. Es bleiben nun der Regierung ernste und große Pflichten zu erfüllen übrig. Die Regierung acceptirt die motivirte Tagesordnung, wie sie beantragt ist; sie wird einen weisen und entschlossenen Gebrauch davon machen; sie trat bereits mit der östreichischen Regierung in Wien in Vermittelung und hat ihr ihre Apprehension zu erkennen gegeben. Das Kabinet von Wien hat erklärt, daß es Piemont nicht zerreißen und nur die Kriegskosten gedeckt haben von vorn anfangen. Die Steuerverweigerer werden wieder die Steuer verweigern; haben doch schon ein Paar von der Gesellschaft erklärt, sie wären stolz d'rauf, daß sie die Steuern verweigert hätten. Seht, Landsleute, stolz sind sie noch darauf, daß sie göttlich und menschlich Recht mit Füßen getreten und ihre Stimme zum Aufruhr wider ihren König und Herrn erhoben haben; seht, so schamlos sind diese Menschen geworden! Und nun betteln sie bei unserm lieben Könige um Amnestie, sie wollen die Güte des allergnädigsten Herrn mißbrauchen, um ihre Spießgesellen und Aufruhrgehülfen zu befreien aus dem Loche, weil sie dieselben wieder zu brauchen gedenken zu neuen Hallunkenstreichen in diesem Frühjahr. Wohl ist unser König ein lieber und gnädiger Herr, aber er wird wohl das Einsehen haben und keine Amnestie machen für diese Rotte Korah; er wird in seiner Weisheit gewiß für alle Preußen ein lieber, gnädiger Herr sein wollen, und nicht blos für das aufrüherische Demokratenpack in den Gefängnissen!“ * Breslau, 28. März. Von Berlin bis hieher haben wir schon seit längerer Zeit eine electro-magnetisch-telegraphische Verbindung; sie wird nun bald weiter bis an die östreichische Grenze auf Staatskosten fortgesetzt und von da die weitere Verbindung mit der östreichischen Telegraphenlinie von dem dortigen Gouvernement bewerkstelligt werden. * Wien, 28. März. Die „Wiener Ztg.“ theilt mit, daß das Ministerium des Handels, der Gewerbe und öffentlichen Bauten die Absicht hat, gleich nach dem täglichen Schlusse der Wiener Börse die Course mittelst des Staats-Telegraphen nach Triest, Laibach, Gratz, Brünn und Prag bekannt geben zu lassen. Laut einer vom F.M.L. Haynau eingegangenen Meldung haben die Venetianer am 20. März einen nächtlichen Ausfall (etwa 1000 M. stark) über Chioggia und Brondolo nach Conche gemacht, wo sie sich eiligst verschanzten, aber am folgenden Tage wieder zum Rückzug gezwungen wurden. Flensburg, 26. März. Aus Hadersleben und Apenrade kommen schon flüchtige Familien an, da man glaubt, daß das nördliche Schleswig für's Erste preisgegeben werden muß; heute Abend noch wird der ganze Magistrat und die übrigen Beamten jener beiden Städte hier erwartet. Freiburg, 28. März. Nachdem die Vorführung des gesammten Beweismaterials ‒ Zeugenschaft und Vorlage von Aktenstücken ‒ in der gestrigen Sitzung zu Ende gebracht worden war, begannen heute die Anklage- und Vertheidigungsreden. Von Seite der Anklagebank sprach der Staatsanwalt Winter, von Vertheidigungsreden, die morgen fortgesetzt werden, hörten wir die der beiden Angeklagten und der beiden Anwälte Barbo und Feder. Die Theilnahme des Publikums an den Verhandlungen steigert sich von Tag zu Tag. Schon zwei Tage vor der Eröffnung der Sitzung war heute der Eingang des Hofgerichtsgebäudes förmlich belagert. Wir glauben nicht, daß der Prozeß selbst in der morgigen Sitzung beendigt werden wird. Ungarn. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Italien. * Turin, 26. März. „La Nazione“ vom heutigen Datum sagt: die Stadt Turin zeigt sich beim Einlauf der Trauerposten sehr aufgeregt; aber die Bürgerwehr erhielt die Ruhe. Die Deputirtenkammer hat sich permanent erklärt; dasselbe hat der Gemeinderath gethan. Im Senate war eine höchst stürmische Sitzung; er wollte das Ministerium in Anklagezustand versetzen. Er bleibt als geheimer Ausschuß ebenfalls sitzen. Ein gewisser Peste oder Pesce, Geheimschreiber Romarino's, ist des Verraths verdächtig verhaftet. Der Herzog von Parma hat zu Gunsten seines eben in London befindlichen Sohnes abgedankt. (Credit.) * Turin, 26. März. „L'Opinione“ enthält in ihrer heutigen Nummer folgende Mittheilung: „Wir erfahren in diesem Augenblick, daß unsere Truppen fortfahren, sich zu schlagen. Unser Geschick ist also abermals dem Loos der Waffen überantwortet.“ (Hätten die Oestreicher, bemerkt der Pariser „Constitutionnel“, ihren Marsch auf Turin fortgesetzt, so müßte die Nachricht von ihrem Einzuge in die Hauptstadt von Piemont bereits zu Paris eingetroffen sein). In der Schlacht von Novara haben 15,000 Piemontesen gegen 35,000 Oestreicher, welche 100 Geschütze spielen ließen, brav doch vergeblich 10 Stunden lang angekämpft. Radetzki soll nach der Schlacht als erste Friedensbedingungen aufgestellt haben: Zahlung einer starken Kriegskontribution und die Besetzung von Alessandria, Genua und der Turiner Citadelle während eines halben Jahres. * Brescia, 24. März. Der gestern aus Mailand abgesandte Courier ist bei St. Euphemia in der Gegend von Brescia durch bewaffnete Bauern angehalten und seiner Depeschen und einer Baarschaft von ungefähr 6000 Lire beraubt worden. * Rom, 18. März. Die Constituante hatte sich am Tage vorher vertagt, nachdem sie den Triumviren die ausgedehnteste Regierungsgewalt verliehen. Französische Republik. Paris, 30. März. Die Nationalversammlung diskutirte heute die Intervention, oder richtiger die Nichtintervention in Italien. ‒ Seit zwei Tagen sitzen die Minister in Permanenz. Drei Meinungen wurden in Berathung gezogen. 1. Die Hauptzugänge Savoyens zu besetzen und ein scharfes Auge auf den Kriegsschauplatz zu richten. Diese Ansicht fand vorzüglich in Bonaparte einen warmen Vertheidiger. Auch Passy neigte sich ihr zu. 2. Falloux drang darauf, die jetzige Gelegenheit zu benutzen, und gegen Civita-Vecchia zu steuern, um den Pabst zu retabliren. In dieser Ansicht wurde er hauptsächlich von Buffet, dem Acker- und Handelsminister aus den Vogesen, unterstützt. Der alte Passy bekämpfte dieselbe heftig, und ließ sich sogar hinreißen auszurufen: le Catholicisme est une de nos infirmités sociales! was großes Entsetzen erregte. Die 3. Ansicht ging vom Minister des Auswärtigen, dem philippistischen Drouyn de Lhuys aus. Dieselbe besteht in dem beliebten paix armée ‒ tüchtig rüsten und waffnen, dann negoziren. Es ist das Prinzip der Nichtintervention, das ihm von Guizot, Molé und Thiers eingeflößt wurde und noch von der Rue de Poitiers vertreten wird. Ihm neigt sich die Mehrheit der Minister zu, als sie sich heute früh (Nachts 2 Uhr) aus dem Elysée trennten. ‒ In heutiger Sitzung las der Minister des Auswärtigen Depeschen vom 27. vor, laut welchen ein Waffenstillstand zwischen dem neuen König Viktor Emanuel und Radetzky abgeschlossen worden. ‒ Das Journal de l'Ain gibt sogar schon die Bedingungen an. ‒ Aus dem Elysee und dem Hotel des Capucines fliegen Kuriere in allen Richtungen. Sind wir gut unterrichtet, so hat das Ministerium die Einschiffung zweier Militär-Divisionen, in Toulon und Marseille, befohlen, die, wie der Constitutionnel wissen will, in Civita Vecchia landen sollen. ‒ Karl Albert ist noch nicht in Paris eingetroffen. Er geht, der „Liberte“ zufolge, nach Portugal. ‒ Die hier noch anwesenden Italienerr haben einen Hilferuf an die Nationalversammlung gerichtet. ‒ Es ist auffallend, sagt National, daß zwei Tage vor der Schlacht von Mortara-Novara mehrere Pariser Blätter, die dem Ministerio nicht ganz fern stehen, die Aeußerung fallen ließen: wie? wenn Radetzki, statt sich an der Adda und dem Oglio zu schlagen, die piemontesische Armee durchschnitte und direkt nach Turin dränge?‥‥ Hundert Indizien deuten darauf hin, daß die Barrot und Schwarzenberg Cabinette Hand in Hand gingen, und daß England und das französische Cabinet mit stiller Befriedigung jetzt über das Gelingen eines Schlachtplanes sich freuen, der die demokratischen Bestrebungen Piemonts, d. h. die Einheit und Selbstständigkeit Italiens, zu ersticken droht. Jetzt werden die Brüsseler Conferenzen plötzlich einer rascheren Erledigung entgegenschreiten. Oestreich wird Piemont räumen und dafür wird es die Lombardei erhalten! Wie ganz anders wäre es gekommen, wenn die Piemontesen bei Mortara gesiegt hätten? ‒ Wie ganz anders wäre es gekommen, könnte man den National fragen, wenn Marrast, Cavaignac und Comp. nicht so erbärmlich an Italien gehandelt hätten? ‒ Die Polizei griff gestern in der Rue St. Honore N. 340 einen Agenten des Hofes in Claremont auf, bei dem viele wichtige Correspondenzen aller orleanistischen Departements-Chefs gefunden wurden. ‒ Monnier, Exsekretair unter Caussidiere, richtet heute einen Brief an den General-Staatsanwalt Baroche, worin er die Echtheit der Huber'schen Aktenstücke, die er jüngst in Bourges überreichte, nachweist. ‒ Im Luxembourgschloß fand gestern eine kleine Militär-Revolte statt. Zwei Unteroffiziere sollten wegen Lesung und Verbreitung sozialistischer Zeitungen ins Loch geworfen werden. Aber das ganze Regiment (das 74. Linien-Regiment) nahm für die beiden Inculpaten Partei und insurgirte sich zum großen Schrecken des Obersten und des Brigadegenerals. Die „Revolution“ setzt hinzu, „daß es der Dazwischenkunft des Präsidenten Bonaparte bedurfte, um die Ruhe wieder herzustellen. ‒ Nationalversammlung. Sitzung vom 30. März. Anfang 12 1/2 Uhr. Die Umgegend ist völlig frei, ungeachtet die konservativen Journale prophezeit hatten, daß die Klubs assistiren wollten. Die Gallerien sind übervoll. Sauvaire Barthelemy überreicht den Bericht über das Büdget des Ministers des Auswärtigen. Marrast: Da der Ausschuß noch in geheimer Sitzung beisammen, so schlage ich vor, noch einige alte Kreditentwürfe vor Beginn der Debatte über Italien zu erledigen. Dieß geschieht mit 723 gegen 3 Stimmen. Das Haus ist, wie man sieht, sehr zahlreich. Bixio und die übrigen Glieder des Ausschusses erscheinen im Saale und die Debatte beginnt. Bixio besteigt die Bühne. Er liest einen langen Bericht über die im Ausschuß gepflogene Verhandlung vor, den die Rechte häufig unterbricht. Piemonts Interesse heißt es darin, ist das Interesse Frankreichs. (Oh! Oh!) Seine Schmach, seine Niederlage, ist unsere Niederlage. (Allons donc!) Der Ausschuß beschloß darum‥… Besnard: Der Ausschuß hat nichts zu beschließen. Bixio: Entschuldigen Sie, der Ausschuß hat allerdings ein Recht hierzu. (Ja! Ja! Nein! Nein!) Marrast: Es geschah ja schon oft, daß Ausschüsse durch das Organ ihrer Berichterstatter Beschlüsse vortrugen. Das Organ spricht dann in seinem persönlichen Namen, Stimme rechts: Dann überreiche er seine Anträge in Form einer Proposition! (Oh! Oh! links). Bixio: Der Schlußantrag des Ausschusses lautet: „Die National-Versammlung ‒ eifersüchtig, die ihr anvertrauten großen Interessen zu wahren und die Würde Frankreichs sowohl als den auf Achtung aller Nationalitäten begründeten allgemeinen Frieden aufrecht zu erhalten; sich der Sprache des Conseilpräsidenten in der Sitzung vom 28. beigesellend und in die Regierung des Präsidenten der Republik vertrauend, erklärt: daß wenn es zur bessern Garantie und Integrität des piemontesischen Territoriums und zu besserer Wahrung der Interessen und der Ehre Frankreichs, von der Exekutivgewalt für gut gehalten würde, die Negoziation durch partielle und temporäre Okkupation irgend eines Punktes Oberitaliens zu unterstützen, sie in der National-Versammlung den aufrichtigsten und vollständigsten Beistand finde.“ Mole: Als Glied des Ausschusses erkläre ich, daß mir dieser Rapport gänzlich unbekannt war; er kann also nicht als das Werk des Ausschusses betrachtet werden. Ich protestire dagegen. (Lärm zur Linken). Gustav de Beaumont: Dieser Rapport wurde in der That im Ausschusse nicht vorgelesen. Doch ist der Beschluß richtig. Derselbe wurde lange und umständlich debattirt Clement Thomas: Man möchte die Debatte aufhalten Mag ein Formfehler begangen sein, so drückt der Bericht den Charakter der Debatte aus. Man schreite zur Debatte. (Ja! Ja!) Drouyn de Lhuys (allgemeine Stille): Im Ministerium sind folgende neue Depeschen eingelaufen: „Turin, 25. März. „Der französische und englische Gesandte haben sich zu Radetzky begeben, um einen Waffenstillstand zu schließen. Unsere Stipulationen haben lediglich die Sicherheit Turins zum Zweck; die Friedensbedingungen bleiben dem neuen König überlassen.“ Nachschrift vom 26: „Es ist ausgemacht, daß die östreichische Armee die Sefia nicht überschreitet.“ Eine Depesche vom 27. lautet: „Radetzky hat uns mit der größten Zuvorkommenheit empfangen. Er hat uns gesagt, daß er schon in direkter Unterhandlung mit dem neuen Könige Victor Emanuel (Herzog [unleserliches Material] Gaboyen) stehe. Der Waffenstillstand dauert bis zum Friedensschluß. Das linke Ufer der Sefia soll von einem halb östreichisch, halb piemontesischen Corps besetzt bleiben.“ (Lärm zur Linken). Jetzt kennen Sie, fährt der Minister fort, die Thatsachen. Es bleiben nun der Regierung ernste und große Pflichten zu erfüllen übrig. Die Regierung acceptirt die motivirte Tagesordnung, wie sie beantragt ist; sie wird einen weisen und entschlossenen Gebrauch davon machen; sie trat bereits mit der östreichischen Regierung in Wien in Vermittelung und hat ihr ihre Apprehension zu erkennen gegeben. Das Kabinet von Wien hat erklärt, daß es Piemont nicht zerreißen und nur die Kriegskosten gedeckt haben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar261-2_002" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1472"/> von vorn anfangen. Die Steuerverweigerer werden wieder die Steuer verweigern; haben doch schon ein Paar von der Gesellschaft erklärt, sie wären stolz d'rauf, daß sie die Steuern verweigert hätten. Seht, Landsleute, stolz sind sie noch darauf, daß sie göttlich und menschlich Recht mit Füßen getreten und ihre Stimme zum Aufruhr wider ihren König und Herrn erhoben haben; seht, so schamlos sind diese Menschen geworden! Und nun betteln sie bei unserm lieben Könige um Amnestie, sie wollen die Güte des allergnädigsten Herrn mißbrauchen, um ihre Spießgesellen und Aufruhrgehülfen zu befreien aus dem Loche, weil sie dieselben wieder zu brauchen gedenken zu neuen Hallunkenstreichen in diesem Frühjahr. Wohl ist unser König ein lieber und gnädiger Herr, aber er wird wohl das Einsehen haben und keine Amnestie machen für diese Rotte Korah; er wird in seiner Weisheit gewiß für alle Preußen ein lieber, gnädiger Herr sein wollen, und nicht blos für das aufrüherische Demokratenpack in den Gefängnissen!“</p> </div> <div xml:id="ar261-2_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Breslau, 28. März.</head> <p>Von Berlin bis hieher haben wir schon seit längerer Zeit eine electro-magnetisch-telegraphische Verbindung; sie wird nun bald weiter bis an die östreichische Grenze auf Staatskosten fortgesetzt und von da die weitere Verbindung mit der östreichischen Telegraphenlinie von dem dortigen Gouvernement bewerkstelligt werden.</p> </div> <div xml:id="ar261-2_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 28. 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Unser Geschick ist also abermals dem Loos der Waffen überantwortet.“</p> <p>(Hätten die Oestreicher, bemerkt der Pariser „Constitutionnel“, ihren Marsch auf Turin fortgesetzt, so müßte die Nachricht von ihrem Einzuge in die Hauptstadt von Piemont bereits zu Paris eingetroffen sein). In der Schlacht von Novara haben 15,000 Piemontesen gegen 35,000 Oestreicher, welche 100 Geschütze spielen ließen, brav doch vergeblich 10 Stunden lang angekämpft. Radetzki soll nach der Schlacht als erste Friedensbedingungen aufgestellt haben: Zahlung einer starken Kriegskontribution und die Besetzung von Alessandria, Genua und der Turiner Citadelle während eines halben Jahres.</p> </div> <div xml:id="ar261-2_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Brescia, 24. 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Auch Passy neigte sich ihr zu. 2. Falloux drang darauf, die jetzige Gelegenheit zu benutzen, und gegen Civita-Vecchia zu steuern, um den Pabst zu retabliren. In dieser Ansicht wurde er hauptsächlich von Buffet, dem Acker- und Handelsminister aus den Vogesen, unterstützt. Der alte Passy bekämpfte dieselbe heftig, und ließ sich sogar hinreißen auszurufen: le Catholicisme est une de nos infirmités sociales! was großes Entsetzen erregte. Die 3. Ansicht ging vom Minister des Auswärtigen, dem philippistischen Drouyn de Lhuys aus. Dieselbe besteht in dem beliebten paix armée ‒ tüchtig rüsten und waffnen, dann negoziren. Es ist das Prinzip der Nichtintervention, das ihm von Guizot, Molé und Thiers eingeflößt wurde und noch von der Rue de Poitiers vertreten wird. Ihm neigt sich die Mehrheit der Minister zu, als sie sich heute früh (Nachts 2 Uhr) aus dem Elysée trennten.</p> <p>‒ In heutiger Sitzung las der Minister des Auswärtigen Depeschen vom 27. vor, laut welchen ein Waffenstillstand zwischen dem neuen König Viktor Emanuel und Radetzky abgeschlossen worden. ‒ Das Journal de l'Ain gibt sogar schon die Bedingungen an.</p> <p>‒ Aus dem Elysee und dem Hotel des Capucines fliegen Kuriere in allen Richtungen. Sind wir gut unterrichtet, so hat das Ministerium die Einschiffung zweier Militär-Divisionen, in Toulon und Marseille, befohlen, die, wie der Constitutionnel wissen will, in Civita Vecchia landen sollen.</p> <p>‒ Karl Albert ist noch nicht in Paris eingetroffen. Er geht, der „Liberte“ zufolge, nach Portugal.</p> <p>‒ Die hier noch anwesenden Italienerr haben einen Hilferuf an die Nationalversammlung gerichtet.</p> <p>‒ Es ist auffallend, sagt National, daß zwei Tage vor der Schlacht von Mortara-Novara mehrere Pariser Blätter, die dem Ministerio nicht ganz fern stehen, die Aeußerung fallen ließen: wie? wenn Radetzki, statt sich an der Adda und dem Oglio zu schlagen, die piemontesische Armee durchschnitte und direkt nach Turin dränge?‥‥ Hundert Indizien deuten darauf hin, daß die Barrot und Schwarzenberg Cabinette Hand in Hand gingen, und daß England und das französische Cabinet mit stiller Befriedigung jetzt über das Gelingen eines Schlachtplanes sich freuen, der die demokratischen Bestrebungen Piemonts, d. h. die Einheit und Selbstständigkeit Italiens, zu ersticken droht. Jetzt werden die Brüsseler Conferenzen plötzlich einer rascheren Erledigung entgegenschreiten. Oestreich wird Piemont räumen und dafür wird es die Lombardei erhalten! Wie ganz anders wäre es gekommen, wenn die Piemontesen bei Mortara gesiegt hätten?</p> <p>‒ Wie ganz anders wäre es gekommen, könnte man den National fragen, wenn Marrast, Cavaignac und Comp. nicht so erbärmlich an Italien gehandelt hätten?</p> <p>‒ Die Polizei griff gestern in der Rue St. Honore N. 340 einen Agenten des Hofes in Claremont auf, bei dem viele wichtige Correspondenzen aller orleanistischen Departements-Chefs gefunden wurden.</p> <p>‒ Monnier, Exsekretair unter Caussidiere, richtet heute einen Brief an den General-Staatsanwalt Baroche, worin er die Echtheit der Huber'schen Aktenstücke, die er jüngst in Bourges überreichte, nachweist.</p> <p>‒ Im Luxembourgschloß fand gestern eine kleine Militär-Revolte statt. Zwei Unteroffiziere sollten wegen Lesung und Verbreitung sozialistischer Zeitungen ins Loch geworfen werden. Aber das ganze Regiment (das 74. Linien-Regiment) nahm für die beiden Inculpaten Partei und insurgirte sich zum großen Schrecken des Obersten und des Brigadegenerals.</p> <p>Die „Revolution“ setzt hinzu, „daß es der Dazwischenkunft des Präsidenten Bonaparte bedurfte, um die Ruhe wieder herzustellen.</p> <p>‒ <hi rendition="#g">Nationalversammlung.</hi> Sitzung vom 30. März. Anfang 12 1/2 Uhr. Die Umgegend ist völlig frei, ungeachtet die konservativen Journale prophezeit hatten, daß die Klubs assistiren wollten. Die Gallerien sind übervoll.</p> <p>Sauvaire Barthelemy überreicht den Bericht über das Büdget des Ministers des Auswärtigen.</p> <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Da der Ausschuß noch in geheimer Sitzung beisammen, so schlage ich vor, noch einige alte Kreditentwürfe vor Beginn der Debatte über Italien zu erledigen.</p> <p>Dieß geschieht mit 723 gegen 3 Stimmen. Das Haus ist, wie man sieht, sehr zahlreich.</p> <p>Bixio und die übrigen Glieder des Ausschusses erscheinen im Saale und die Debatte beginnt.</p> <p><hi rendition="#g">Bixio</hi> besteigt die Bühne. Er liest einen langen Bericht über die im Ausschuß gepflogene Verhandlung vor, den die Rechte häufig unterbricht. Piemonts Interesse heißt es darin, ist das Interesse Frankreichs. (Oh! Oh!) Seine Schmach, seine Niederlage, ist unsere Niederlage. (Allons donc!) Der Ausschuß beschloß darum‥…</p> <p><hi rendition="#g">Besnard:</hi> Der Ausschuß hat nichts zu beschließen.</p> <p><hi rendition="#g">Bixio:</hi> Entschuldigen Sie, der Ausschuß hat allerdings ein Recht hierzu. (Ja! Ja! Nein! Nein!)</p> <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Es geschah ja schon oft, daß Ausschüsse durch das Organ ihrer Berichterstatter Beschlüsse vortrugen. Das Organ spricht dann in seinem persönlichen Namen,</p> <p>Stimme rechts: Dann überreiche er seine Anträge in Form einer Proposition! (Oh! Oh! links).</p> <p><hi rendition="#g">Bixio:</hi> Der Schlußantrag des Ausschusses lautet:</p> <p>„Die National-Versammlung ‒ eifersüchtig, die ihr anvertrauten großen Interessen zu wahren und die Würde Frankreichs sowohl als den auf Achtung aller Nationalitäten begründeten allgemeinen Frieden aufrecht zu erhalten; sich der Sprache des Conseilpräsidenten in der Sitzung vom 28. beigesellend und in die Regierung des Präsidenten der Republik vertrauend, erklärt: daß wenn es zur bessern Garantie und Integrität des piemontesischen Territoriums und zu besserer Wahrung der Interessen und der Ehre Frankreichs, von der Exekutivgewalt für gut gehalten würde, die Negoziation durch partielle und temporäre Okkupation irgend eines Punktes Oberitaliens zu unterstützen, sie in der National-Versammlung den aufrichtigsten und vollständigsten Beistand finde.“</p> <p><hi rendition="#g">Mole:</hi> Als Glied des Ausschusses erkläre ich, daß mir dieser Rapport gänzlich unbekannt war; er kann also nicht als das Werk des Ausschusses betrachtet werden. Ich protestire dagegen. (Lärm zur Linken).</p> <p><hi rendition="#g">Gustav de Beaumont:</hi> Dieser Rapport wurde in der That im Ausschusse nicht vorgelesen. Doch ist der Beschluß richtig. Derselbe wurde lange und umständlich debattirt</p> <p><hi rendition="#g">Clement Thomas:</hi> Man möchte die Debatte aufhalten Mag ein Formfehler begangen sein, so drückt der Bericht den Charakter der Debatte aus. Man schreite zur Debatte. (Ja! Ja!)</p> <p><hi rendition="#g">Drouyn de Lhuys</hi> (allgemeine Stille): Im Ministerium sind folgende neue Depeschen eingelaufen:</p> <p>„Turin, 25. März.</p> <p>„Der französische und englische Gesandte haben sich zu Radetzky begeben, um einen Waffenstillstand zu schließen. Unsere Stipulationen haben lediglich die Sicherheit Turins zum Zweck; die Friedensbedingungen bleiben dem neuen König überlassen.“</p> <p>Nachschrift vom 26:</p> <p>„Es ist ausgemacht, daß die östreichische Armee die Sefia nicht überschreitet.“</p> <p>Eine Depesche vom 27. lautet:</p> <p>„Radetzky hat uns mit der größten Zuvorkommenheit empfangen. Er hat uns gesagt, daß er schon in direkter Unterhandlung mit dem neuen Könige Victor Emanuel (Herzog <gap reason="illegible"/> Gaboyen) stehe. Der Waffenstillstand dauert bis zum Friedensschluß. Das linke Ufer der Sefia soll von einem halb östreichisch, halb piemontesischen Corps besetzt bleiben.“ (Lärm zur Linken).</p> <p>Jetzt kennen Sie, fährt der Minister fort, die Thatsachen. Es bleiben nun der Regierung ernste und große Pflichten zu erfüllen übrig. Die Regierung acceptirt die motivirte Tagesordnung, wie sie beantragt ist; sie wird einen weisen und entschlossenen Gebrauch davon machen; sie trat bereits mit der östreichischen Regierung in Wien in Vermittelung und hat ihr ihre Apprehension zu erkennen gegeben. Das Kabinet von Wien hat erklärt, daß es Piemont nicht zerreißen und nur die Kriegskosten gedeckt haben </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1472/0002]
von vorn anfangen. Die Steuerverweigerer werden wieder die Steuer verweigern; haben doch schon ein Paar von der Gesellschaft erklärt, sie wären stolz d'rauf, daß sie die Steuern verweigert hätten. Seht, Landsleute, stolz sind sie noch darauf, daß sie göttlich und menschlich Recht mit Füßen getreten und ihre Stimme zum Aufruhr wider ihren König und Herrn erhoben haben; seht, so schamlos sind diese Menschen geworden! Und nun betteln sie bei unserm lieben Könige um Amnestie, sie wollen die Güte des allergnädigsten Herrn mißbrauchen, um ihre Spießgesellen und Aufruhrgehülfen zu befreien aus dem Loche, weil sie dieselben wieder zu brauchen gedenken zu neuen Hallunkenstreichen in diesem Frühjahr. Wohl ist unser König ein lieber und gnädiger Herr, aber er wird wohl das Einsehen haben und keine Amnestie machen für diese Rotte Korah; er wird in seiner Weisheit gewiß für alle Preußen ein lieber, gnädiger Herr sein wollen, und nicht blos für das aufrüherische Demokratenpack in den Gefängnissen!“
* Breslau, 28. März. Von Berlin bis hieher haben wir schon seit längerer Zeit eine electro-magnetisch-telegraphische Verbindung; sie wird nun bald weiter bis an die östreichische Grenze auf Staatskosten fortgesetzt und von da die weitere Verbindung mit der östreichischen Telegraphenlinie von dem dortigen Gouvernement bewerkstelligt werden.
* Wien, 28. März. Die „Wiener Ztg.“ theilt mit, daß das Ministerium des Handels, der Gewerbe und öffentlichen Bauten die Absicht hat, gleich nach dem täglichen Schlusse der Wiener Börse die Course mittelst des Staats-Telegraphen nach Triest, Laibach, Gratz, Brünn und Prag bekannt geben zu lassen. Laut einer vom F.M.L. Haynau eingegangenen Meldung haben die Venetianer am 20. März einen nächtlichen Ausfall (etwa 1000 M. stark) über Chioggia und Brondolo nach Conche gemacht, wo sie sich eiligst verschanzten, aber am folgenden Tage wieder zum Rückzug gezwungen wurden.
Flensburg, 26. März. Aus Hadersleben und Apenrade kommen schon flüchtige Familien an, da man glaubt, daß das nördliche Schleswig für's Erste preisgegeben werden muß; heute Abend noch wird der ganze Magistrat und die übrigen Beamten jener beiden Städte hier erwartet.
Freiburg, 28. März. Nachdem die Vorführung des gesammten Beweismaterials ‒ Zeugenschaft und Vorlage von Aktenstücken ‒ in der gestrigen Sitzung zu Ende gebracht worden war, begannen heute die Anklage- und Vertheidigungsreden. Von Seite der Anklagebank sprach der Staatsanwalt Winter, von Vertheidigungsreden, die morgen fortgesetzt werden, hörten wir die der beiden Angeklagten und der beiden Anwälte Barbo und Feder. Die Theilnahme des Publikums an den Verhandlungen steigert sich von Tag zu Tag. Schon zwei Tage vor der Eröffnung der Sitzung war heute der Eingang des Hofgerichtsgebäudes förmlich belagert. Wir glauben nicht, daß der Prozeß selbst in der morgigen Sitzung beendigt werden wird.
Ungarn. _ _ Italien. * Turin, 26. März. „La Nazione“ vom heutigen Datum sagt: die Stadt Turin zeigt sich beim Einlauf der Trauerposten sehr aufgeregt; aber die Bürgerwehr erhielt die Ruhe.
Die Deputirtenkammer hat sich permanent erklärt; dasselbe hat der Gemeinderath gethan. Im Senate war eine höchst stürmische Sitzung; er wollte das Ministerium in Anklagezustand versetzen. Er bleibt als geheimer Ausschuß ebenfalls sitzen. Ein gewisser Peste oder Pesce, Geheimschreiber Romarino's, ist des Verraths verdächtig verhaftet.
Der Herzog von Parma hat zu Gunsten seines eben in London befindlichen Sohnes abgedankt.
(Credit.)
* Turin, 26. März. „L'Opinione“ enthält in ihrer heutigen Nummer folgende Mittheilung: „Wir erfahren in diesem Augenblick, daß unsere Truppen fortfahren, sich zu schlagen. Unser Geschick ist also abermals dem Loos der Waffen überantwortet.“
(Hätten die Oestreicher, bemerkt der Pariser „Constitutionnel“, ihren Marsch auf Turin fortgesetzt, so müßte die Nachricht von ihrem Einzuge in die Hauptstadt von Piemont bereits zu Paris eingetroffen sein). In der Schlacht von Novara haben 15,000 Piemontesen gegen 35,000 Oestreicher, welche 100 Geschütze spielen ließen, brav doch vergeblich 10 Stunden lang angekämpft. Radetzki soll nach der Schlacht als erste Friedensbedingungen aufgestellt haben: Zahlung einer starken Kriegskontribution und die Besetzung von Alessandria, Genua und der Turiner Citadelle während eines halben Jahres.
* Brescia, 24. März. Der gestern aus Mailand abgesandte Courier ist bei St. Euphemia in der Gegend von Brescia durch bewaffnete Bauern angehalten und seiner Depeschen und einer Baarschaft von ungefähr 6000 Lire beraubt worden.
* Rom, 18. März. Die Constituante hatte sich am Tage vorher vertagt, nachdem sie den Triumviren die ausgedehnteste Regierungsgewalt verliehen.
Französische Republik. Paris, 30. März. Die Nationalversammlung diskutirte heute die Intervention, oder richtiger die Nichtintervention in Italien.
‒ Seit zwei Tagen sitzen die Minister in Permanenz. Drei Meinungen wurden in Berathung gezogen. 1. Die Hauptzugänge Savoyens zu besetzen und ein scharfes Auge auf den Kriegsschauplatz zu richten. Diese Ansicht fand vorzüglich in Bonaparte einen warmen Vertheidiger. Auch Passy neigte sich ihr zu. 2. Falloux drang darauf, die jetzige Gelegenheit zu benutzen, und gegen Civita-Vecchia zu steuern, um den Pabst zu retabliren. In dieser Ansicht wurde er hauptsächlich von Buffet, dem Acker- und Handelsminister aus den Vogesen, unterstützt. Der alte Passy bekämpfte dieselbe heftig, und ließ sich sogar hinreißen auszurufen: le Catholicisme est une de nos infirmités sociales! was großes Entsetzen erregte. Die 3. Ansicht ging vom Minister des Auswärtigen, dem philippistischen Drouyn de Lhuys aus. Dieselbe besteht in dem beliebten paix armée ‒ tüchtig rüsten und waffnen, dann negoziren. Es ist das Prinzip der Nichtintervention, das ihm von Guizot, Molé und Thiers eingeflößt wurde und noch von der Rue de Poitiers vertreten wird. Ihm neigt sich die Mehrheit der Minister zu, als sie sich heute früh (Nachts 2 Uhr) aus dem Elysée trennten.
‒ In heutiger Sitzung las der Minister des Auswärtigen Depeschen vom 27. vor, laut welchen ein Waffenstillstand zwischen dem neuen König Viktor Emanuel und Radetzky abgeschlossen worden. ‒ Das Journal de l'Ain gibt sogar schon die Bedingungen an.
‒ Aus dem Elysee und dem Hotel des Capucines fliegen Kuriere in allen Richtungen. Sind wir gut unterrichtet, so hat das Ministerium die Einschiffung zweier Militär-Divisionen, in Toulon und Marseille, befohlen, die, wie der Constitutionnel wissen will, in Civita Vecchia landen sollen.
‒ Karl Albert ist noch nicht in Paris eingetroffen. Er geht, der „Liberte“ zufolge, nach Portugal.
‒ Die hier noch anwesenden Italienerr haben einen Hilferuf an die Nationalversammlung gerichtet.
‒ Es ist auffallend, sagt National, daß zwei Tage vor der Schlacht von Mortara-Novara mehrere Pariser Blätter, die dem Ministerio nicht ganz fern stehen, die Aeußerung fallen ließen: wie? wenn Radetzki, statt sich an der Adda und dem Oglio zu schlagen, die piemontesische Armee durchschnitte und direkt nach Turin dränge?‥‥ Hundert Indizien deuten darauf hin, daß die Barrot und Schwarzenberg Cabinette Hand in Hand gingen, und daß England und das französische Cabinet mit stiller Befriedigung jetzt über das Gelingen eines Schlachtplanes sich freuen, der die demokratischen Bestrebungen Piemonts, d. h. die Einheit und Selbstständigkeit Italiens, zu ersticken droht. Jetzt werden die Brüsseler Conferenzen plötzlich einer rascheren Erledigung entgegenschreiten. Oestreich wird Piemont räumen und dafür wird es die Lombardei erhalten! Wie ganz anders wäre es gekommen, wenn die Piemontesen bei Mortara gesiegt hätten?
‒ Wie ganz anders wäre es gekommen, könnte man den National fragen, wenn Marrast, Cavaignac und Comp. nicht so erbärmlich an Italien gehandelt hätten?
‒ Die Polizei griff gestern in der Rue St. Honore N. 340 einen Agenten des Hofes in Claremont auf, bei dem viele wichtige Correspondenzen aller orleanistischen Departements-Chefs gefunden wurden.
‒ Monnier, Exsekretair unter Caussidiere, richtet heute einen Brief an den General-Staatsanwalt Baroche, worin er die Echtheit der Huber'schen Aktenstücke, die er jüngst in Bourges überreichte, nachweist.
‒ Im Luxembourgschloß fand gestern eine kleine Militär-Revolte statt. Zwei Unteroffiziere sollten wegen Lesung und Verbreitung sozialistischer Zeitungen ins Loch geworfen werden. Aber das ganze Regiment (das 74. Linien-Regiment) nahm für die beiden Inculpaten Partei und insurgirte sich zum großen Schrecken des Obersten und des Brigadegenerals.
Die „Revolution“ setzt hinzu, „daß es der Dazwischenkunft des Präsidenten Bonaparte bedurfte, um die Ruhe wieder herzustellen.
‒ Nationalversammlung. Sitzung vom 30. März. Anfang 12 1/2 Uhr. Die Umgegend ist völlig frei, ungeachtet die konservativen Journale prophezeit hatten, daß die Klubs assistiren wollten. Die Gallerien sind übervoll.
Sauvaire Barthelemy überreicht den Bericht über das Büdget des Ministers des Auswärtigen.
Marrast: Da der Ausschuß noch in geheimer Sitzung beisammen, so schlage ich vor, noch einige alte Kreditentwürfe vor Beginn der Debatte über Italien zu erledigen.
Dieß geschieht mit 723 gegen 3 Stimmen. Das Haus ist, wie man sieht, sehr zahlreich.
Bixio und die übrigen Glieder des Ausschusses erscheinen im Saale und die Debatte beginnt.
Bixio besteigt die Bühne. Er liest einen langen Bericht über die im Ausschuß gepflogene Verhandlung vor, den die Rechte häufig unterbricht. Piemonts Interesse heißt es darin, ist das Interesse Frankreichs. (Oh! Oh!) Seine Schmach, seine Niederlage, ist unsere Niederlage. (Allons donc!) Der Ausschuß beschloß darum‥…
Besnard: Der Ausschuß hat nichts zu beschließen.
Bixio: Entschuldigen Sie, der Ausschuß hat allerdings ein Recht hierzu. (Ja! Ja! Nein! Nein!)
Marrast: Es geschah ja schon oft, daß Ausschüsse durch das Organ ihrer Berichterstatter Beschlüsse vortrugen. Das Organ spricht dann in seinem persönlichen Namen,
Stimme rechts: Dann überreiche er seine Anträge in Form einer Proposition! (Oh! Oh! links).
Bixio: Der Schlußantrag des Ausschusses lautet:
„Die National-Versammlung ‒ eifersüchtig, die ihr anvertrauten großen Interessen zu wahren und die Würde Frankreichs sowohl als den auf Achtung aller Nationalitäten begründeten allgemeinen Frieden aufrecht zu erhalten; sich der Sprache des Conseilpräsidenten in der Sitzung vom 28. beigesellend und in die Regierung des Präsidenten der Republik vertrauend, erklärt: daß wenn es zur bessern Garantie und Integrität des piemontesischen Territoriums und zu besserer Wahrung der Interessen und der Ehre Frankreichs, von der Exekutivgewalt für gut gehalten würde, die Negoziation durch partielle und temporäre Okkupation irgend eines Punktes Oberitaliens zu unterstützen, sie in der National-Versammlung den aufrichtigsten und vollständigsten Beistand finde.“
Mole: Als Glied des Ausschusses erkläre ich, daß mir dieser Rapport gänzlich unbekannt war; er kann also nicht als das Werk des Ausschusses betrachtet werden. Ich protestire dagegen. (Lärm zur Linken).
Gustav de Beaumont: Dieser Rapport wurde in der That im Ausschusse nicht vorgelesen. Doch ist der Beschluß richtig. Derselbe wurde lange und umständlich debattirt
Clement Thomas: Man möchte die Debatte aufhalten Mag ein Formfehler begangen sein, so drückt der Bericht den Charakter der Debatte aus. Man schreite zur Debatte. (Ja! Ja!)
Drouyn de Lhuys (allgemeine Stille): Im Ministerium sind folgende neue Depeschen eingelaufen:
„Turin, 25. März.
„Der französische und englische Gesandte haben sich zu Radetzky begeben, um einen Waffenstillstand zu schließen. Unsere Stipulationen haben lediglich die Sicherheit Turins zum Zweck; die Friedensbedingungen bleiben dem neuen König überlassen.“
Nachschrift vom 26:
„Es ist ausgemacht, daß die östreichische Armee die Sefia nicht überschreitet.“
Eine Depesche vom 27. lautet:
„Radetzky hat uns mit der größten Zuvorkommenheit empfangen. Er hat uns gesagt, daß er schon in direkter Unterhandlung mit dem neuen Könige Victor Emanuel (Herzog _ Gaboyen) stehe. Der Waffenstillstand dauert bis zum Friedensschluß. Das linke Ufer der Sefia soll von einem halb östreichisch, halb piemontesischen Corps besetzt bleiben.“ (Lärm zur Linken).
Jetzt kennen Sie, fährt der Minister fort, die Thatsachen. Es bleiben nun der Regierung ernste und große Pflichten zu erfüllen übrig. Die Regierung acceptirt die motivirte Tagesordnung, wie sie beantragt ist; sie wird einen weisen und entschlossenen Gebrauch davon machen; sie trat bereits mit der östreichischen Regierung in Wien in Vermittelung und hat ihr ihre Apprehension zu erkennen gegeben. Das Kabinet von Wien hat erklärt, daß es Piemont nicht zerreißen und nur die Kriegskosten gedeckt haben
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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