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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 257. Köln, 28. März 1849.

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Gehen wir weiter. Es ist Thatsache, daß die wegen Krankheit Entlassenen in soweit im Besitz ihrer physischen und geistigen Funktionen sind, als sie ohne Mühe ihren verschiedenen Beschäftigungen und Arbeiten nachgehen können. Sie wurden also nur entlassen, weil das Gefängniß nachtheilig auf ihre Gesundheit eingewirkt hatte, nicht aber weil sie in naher Lebensgefahr waren. Ein Arzt, welcher das Gegentheil behaupten wollte, würde sich ein Unfähigkeitszeugniß ausstellen. Daraus folgt aber, daß auch Andere, welche im Gefängniß erkranken, entlassen werden müssen. Der simpelste Mann im Volke würde sich beleidigt fühlen, wenn man ihm ein anderes Urtheil zutrauen wollte.

Sie, meine Herren, urtheilen anders. Es ist durch ärztliche Zeugnisse constatirt, daß ich in gefahrdrohender Weise an den Augen leide; daß ich in Gefahr bin, im Gefängniß zu erblinden. Was hat aber Hr. Dr. Tourtual, Medizinalrath und Gefängnißarzt, mir gesagt?

Daß er mich kuriren wolle!

Ich also soll kurirt werden im Gefängniß, welches die hauptsächlichste Ursache meiner Augenleiden ist! anstatt, wie den Andern, mir die einzigen Heilmittel: Sonnenlicht, frische Luft und freie Bewegung zu geben, will man mich mit Pillen und Pulver, mit Laxiren und Purgiren behandeln. Aber noch mehr! Herr Tourtual hat mir auch den Rath gegeben, mich nicht mit Lesen und Schreiben, sondern mit dem Kartenspiel zu beschäftigen! Ich soll also Karten spielen, während meine Familie dem Elende entgegengeht!

"Nicht übel ausgedacht, Pater Lamormain"

Meine Herren! Ihr letztes System, welches Sie angenommen haben, ist, sich um uns nicht zu bekümmern, sondern abzuwarten, was von Berlin kommen könnte. Die Verhöre sind suspendirt; auf Schreiben an Sie ertheilten Sie keine Antwort; Besuche finden nicht mehr statt und Beschwerden bleiben unberücksichtigt. Ich sage Ihnen aber, daß jeder Tag, den ich als Untersuchungsgefangener ungerechter Weise im Gefängniß zubringen muß, mir am Leben gestohlen ist. Ich verlange Freilassung; ich verlange eine Commission von Aerzten, welche constatirt, daß ich am edelsten Sinnesorgane gefahrvoll leide; ich verlange mindestens eine Antwort in verständlicher deutscher Sprache. Ich werde alle Mittel anwenden, um diesen Brief in die Oeffentlichkeit zu bringen, damit das Publikum urtheile und erfahre, welche aufrichtige Gesinnungen ich gegen solche Richter hege.

Münster im Gefängniß.

22. März 1849.

O. v. Mirbach.

Bemerkung: Da meine Augen mir nicht mehr erlauben, eine Reinschrift anzufertigen, so habe ich es einem Freunde überlassen, Ihnen obiges Schreiben in Abschrift oder gedruckt zukommen zu lassen. M.

34 Berlin, 24. März.

Von einem Capitulanten des Garde-Franz-Regiments, der das Regiment verlassen und in schleswigholsteinische Dienste getreten, wurden mir gestern nachfolgende Fakta erzählt: 17 Mann der 3ten Compagnie besagten Regiments traten aus dem versammelten Bataillon hervor und verlangten, da sie jetzt auf Kriegsfuß stehen und ihre Offiziere Kriegszulage hätten, dieselbe Vergütung. Diese 17 Mann haben vom Kriegsgerichte zusammen 50 Jahre Festung statt 8 Pfennige Zulage erhalten, und sind dieser Tage auf Festung gebracht worden. Von der 10ten Compagnie befinden sich jetzt, ihrer freien Gesinnung wegen, 58 Mann in Arrest.

Erzähler dieses zeigte mir seinen Abschied, worin stand: Betragen gut, nur zeigte er in der letzten Zeit Hang zum ... Leichtsinn (freie Gesinnung).

In dem Konzert-Saale des k. Schauspielhauses, wo die Nationalversammlung zuletzt tagte, liegt noch immer eine Compagnie des Füselier-Bataillons vom 24sten Regiment. Eine Dame höchsten Ranges liebt es (nach einem hiesigen Zeitungsbericht) beim Besuch des Theaters (da der Weg zur Hofloge durch die Vorräume dieses Saales führt) sich an den naiven Gesprächen der Soldaten zu ergötzen und dann nachher Cigarren auszutheilen.

Diesen Soldaten steht es frei, theilweise das Parterre des Theaters zu besuchen. Die Cigarren und der Theaterbesuch haben ihre Wirkungen gethan. Man kann diese brave Soldateska die fanatischsten Aeußerungen machen hören.

* Berlin, 25. März.

Die Blüthe unserer zweiten Kammer-Aristokratie hat das Loos mit dem Abg. D'Ester zusammengewürfelt. So haben Bismark-Schönhausen, Kleist-Reetzow das Vergnügen, mit diesem Republikaner in einer Abtheilung zu berathen. Aber les extremes se touchent, die Uebereinstimmung der entschiedenen Rechten mit der entschiedenen Linken ist nicht so selten. Die Conservativen haben in der Abtheilung die Majorität. Bei den Wahlen zur Finanzkommission waren von dieser Partei Köerber, Maclean und Patow, von der Linken und Andern Moritz aufgestellt worden. Koerber und Maclean hatten sogleich die absolute Majorität, für den "Kommunisten" Patow konnten Bismark und Kleist sich nicht überwinden zu stimmen. Patow kam daher mit Moritz auf die engere Wahl, und zum größten Erstaunen wurde Moritz, der Kandidat der Linken, durch die Hülfe der beiden Legitimisten gewählt.

Bismark hat in der Abtheilung gegen viele §§. des Clubgesetzes mit der Linken gestimmt, weil die Bestimmungen des Gesetzes ihm nicht weit genug gehen und er lieber gar keine Schranken des Vereinigungsrechts, als so halbe, unzulässige haben will.

Heute Vormittag war bei Milentz eine große Versammlung der Juristen beider Kammern und aller Parteien, um sich über das Materielle der Verordnungen vom 2. und 3. Januar zu berathen. Statt dessen machte Bornemann den Vorschlag, das Formelle zuerst vorzunehmen und zuzusehen, wie man das Ministerium aus seiner unangenehmen Lage in dieser Beziehung befreien könne. Es wurde ihm natürlich entgegnet, daß das gar nicht die Sache der Versammlung sei und das Ministerium sich selbst den rechtlosen Zustand bereitet habe, der durch die erste Kammer in der bekannten motivirten Tagesordnung Kühne's und Genossen ebenfalls anerkannt ward.

In derselben Versammlung blamirte sich Ober - Tribunalsrath Hoeppe, indem er meinte, jedes Gericht sei desorganisirt, welches darüber bestimme, ob die Verordnungen des Ministeriums rechtmäßig seien oder nicht. In offener Opposition zu seinem Collegen Rintelen steht übrigens Hr. v. Manteuffel, der sich gegen einen Privaten dahin aussprach, daß er auch nicht begreife, warum der Justizminister sich in seinen Verordnungen so überstürzt habe.

Die russischen Garden sind, wie einem hiesigen Banquierhause gemeldet wurde, in Warschau eingerückt.

Es war bekanntlich vor mehreren Monaten schon ein fliegendes Blatt verbreitet worden, in dem die Antwort des Königs auf die Deputation, welche um Aufhebung des Belagerungszustandes petitionirte, gegeben wurde, und zwar als solche ein Lied aus dem Porst'schen Gesangbuche angeführt. Es wurde dem offiziell widersprochen und es sollte die Untersuchung gegen den Urheber dieser falschen Nachricht eingeleitet werden. Der Polizei-Inspektor Gsellius forschte deshalb bei dem Buchdrucker Lauter, unter dessen Firma das Blatt erschienen war, nach, wer der Verfasser sei. Hier ergab es sich, daß schon früher im Sonntagsblatte der Neuen Preuß. Zeitung das ganze Lied des Gesangbuches, als die Antwort des Königs mitgetheilt war. Hr. Wagner konnte auch keine bestimmte Quelle angeben und sagte aus, daß er nur einem allgemein verbreiteten Gerücht gefolgt wäre. Wahrscheinlich wird also dieser Ehrenmann eine Untersuchung erdulden müssen.

Zu der neuen Geschäftsordnung wird der Abg. Stein ein Amendement stellen, des Inhalts: daß kein Bewaffneter weder in den Sitzungsaal noch auf der Tribüne der zweiten Kammer erscheinen darf. - Das Säbelklirren des Kriegsministers, trotz der Remonstrationen der Linken, hat denn doch eben so wohl wie das Benehmen des Diktators Wrangel auf der Tribüne, auf allen Seiten des Hauses empört. Wrangel sitzt nämlich stets an der Brüstung der Tribüne, indem er seinen Säbel weit über dieselbe hinaus hält.

Der Abg. Phillips wollte den Wahlmännern seines (des zweiten) Wahlbezirks Rechenschaft ablegen. Die Polizei verbot indeß dem Besitzer des betreffenden Lokals, Urania, die Eröffnung desselben. Und Hr. v. Manteuffel wagt mit dreister Stirn zu erklären, daß der Belagerungszustand die freie Meinungsäußerung und die Thätigkeit der Abgeordneten nicht hindere.

15 Aus Mecklenburg, 24. März.

Unserm Lande ist großes Glück wiederfahren. 6000 Mann preußischer Soldaten sind in Mecklenburg-Strelitz eingerückt, und 20,000 Mann stehen an der Gränze bei Reinsberg, gewärtig des ersten Winkes, um auch an der Wiederherstellung der "Ordnung und Ruhe" mitzuarbeiten. Es gilt jetzt eine neu ausgebrütete Verfassung zu octroyiren, denn schon seit längerer Zeit hat man von Seiten des Junkerthums und der Camarilla die Landesversammlung in Schwerin mit verhaltenem Grimme betrachtet, und schon oft ist von hier aus das Verlangen an den dortigen Fürsten ergangen, die Abgeordneten des Volks nach Hause zu schicken und eine Verfassung zu octroyiren. Bis jetzt hat man dieses noch nicht gewagt, da die Stimme des Volkes sich entschieden zu Gunsten seiner Vertreter ausgesprochen, so noch erst vor einigen Tagen wieder in einer zu Schwerin abgehaltenen Volksversammlung, weshalb auch der Minister Lützow der Kammer im Namen seines Herrn die Versicherung gab, daß er dieselbe nicht auflösen, sondern mit ihr vereint, die neue Verfassung vollenden werde.

Schon früher habe ich Ihnen einmal über die Lage der Tagelöhner berichtet; jetzt herrscht unter denselben eine große Bewegung, sie verlangen eine Verbesserung ihrer Verhältnisse, und haben zu dem Ende eine Adresse an die Kammer der Abgeordneten im ganzen Lande verbreitet, welche in kurzer Zeit an 70,000 Unterschriften erhalten wird. In dieser sagen derselben: "Wir sind in unserm beschränkten Unterthanenverstand zu der Einsicht gekommen, daß für unser zukünftiges Lebensglück die kleinen Zugeständnisse unserer Gutsherrn blos ein kurzer Besänftigungs-Popanz sind, und daß noch ganz andere Hülfe, solche, welche unsern Jammerzustand von Grund aus kurirt, von unsern Vertretern geschaffen werden muß. Wir begreifen es sehr wohl, daß die von Kommissarien angeordneten Regulirungen unseres gedrückten Lebens uns nach wie vor in unserm abhängigen Zustande, als die alten Lastträger zwängen können, dagegen aber wissen wir, daß bei einer Umänderung unserer Landeszustände, für unsere Zukunft ein wirklich wahres Wohlsein erstehen kann, deshalb bitten wir nicht um eine kleine Erhöhung unseres Tagelohns, sondern wir bestehen auf der verheißenen Verbesserung der Landeseinrichtungen in Recht, Gesetz und Leben, und zuförderst auf folgenden Punkten:

1) Abschaffung der Patrimonialgerichte, statt ihrer Kreis - und engere Bezirksgerichte, ohne Mitbedingniß gelehrter Richter, denen unser Gutsherr gleichfalls unterworfen, für diese überhaupt keine besonderen Gerichte wie bisher, sondern dieselben gleichen mit uns, überhaupt vor Gericht kein Unterschied von Rang und Person.

2) Abschaffung der Kirchen-Patronatsrechte, dafür freie Wahl der Prediger durch die Gemeinden, ohne allen Vorbehalt des Staates.

3) Einführung von Gemeindeordnungen auf den ritterschaftlichen Gütern, mit freier Wahl unserer Vorsteher. Neben Aufhebung unserer jetzigen kontraktlichen Gutsarbeit, das Gesetz zur Verkleinerung der Rittergüter, mit der Bedingung, den dritten Theil eines jeden derselben der Gemeinde paßlich zum Ankauf zu stellen, unter Gewährleistung eines Staatsgesetzes.

4) Freies Gewerbe und Kramgeschäft, auch in diesen neuen Gemeinden.

5) Ablösung des Mahlzwanges und anderer jetzt üblichen Gewerbs-Zwangspflichten.

6) Das Jagdrecht für jeden Grundbesitz, dazu das Verbot der Parforcejagden.

Das Junkerthum ist in Gefahr, die bis jetzt so verachteten und mißhandelten Tagelöhner treten auf einmal mit Forderungen hervor, durch die sie ihre Unabhängigkeit zu sichern gedenken. Durchs ganze Land eilen die Landdragoner, um diese gefährliche Adresse wegzunehmen - aber was hilft das? - die Tagelöhner, welche sich bisher nicht betheiligt hatten, werden nun eben erst recht aufgerüttelt und schließen sich ihren Brüdern an, denn sie wissen Alle nur zu gut daß ihre Gutsherrn ihre nächsten und unerbittlichsten Feinde sind. Auch hier werden die preußischen "Reichs"-Soldaten wohl bald die Vermittler-Rolle übernehmen. Denn es ist ja unerhört, daß Tagelöhner von Rechten auf sichere und freie Existenz sprechen und nicht mehr flehen, sondern fordern. Ein böser Geist ist in diese Menschen gefahren, er droht den Krautjunkern mit Vernichtung - darum muß Potsdams König helfen und retten. Doch ist es gefährlich hier einzuschreiten - Hunger und Erbitterung sind groß und Büchsen und Sensen in nicht kleiner Zahl vorhanden. Das seit Jahrhunderten geknechtete Volk will jetzt frei werden, ob es die Kraft und den Muth hat, seinem Willen Nachdruck zu geben, wird die nahe Zukunft erweisen.

15 Schleswig-Holstein, 24. März.

Heute vor einem Jahr begannen wir das Dänenjoch abzuschütteln - das sind wir los geworden, aber ein anderes, das Joch der Aristokratie lastet jetzt noch mehr auf uns, und dazu kommt nun noch das der Reichs-Soldaten - für das erstere können wir uns bei dem fundirten Beseler bedanken, für das zweite bei Olshausen, der redlich durch seine Feigheit dazu beigetragen, daß wir jetzt 40 - 80,000 Mann Reichstrupprn ernähren sollen. Unser Volk scheint den Herrn an den Ministertischen zu wohlhabend zu sein, darum sollen diese Soldaten uns abzehren - denn gegen die Dänen brauchen wir dieselben nicht, mit denen könnte unsere Armee, die mit Reserve gegen 30,000 Mann zählt, ganz gut fertig werden, wenn es überhaupt zum Kriege kommen sollte. Aber natürlich, der Gedanke an eine Nordalbingische Republik muß auch unterdrückt werden.

O großer Eisenbahndirektor! Er scheint auch nicht einmal Mitglied der frisch zu bildenden Regierung zu werden; dieselbe würde sonst ein herrliches Kleeblatt abgeben.

Die Aristokratie vertreten durch Reventlov-Preetz - die Bourgeoisie durch Beseler - und das liberale Philisterthum durch Olshausen! Schade, daß diese 3 Herren nicht das Volk zu beglücken (!) haben! Olshausen übernimmt mit dem 1. April die "Schlesw.-H. Zeitung"; sie erscheint unter dem Titel: "freie Presse für Norddeutschland" - erwarten Sie aber nichts weiter als ein liberales Bourgeoisblatt; wie der Mann, so sein Organ!

303 Aus Schlesien.

So hoffnungslos es bei uns aussieht, so sehr die Reaktion uns wieder überflutheit hat, so dicknäsig Adel, Beamte, Soldateska, Polizisten, Gensdarmen, die noch vor Kurzem ängstlich heulend sich verkrochen, wieder umherstolziren und denunziren und malträtiren, und so viel kriechende Jämmerlichkeit sich auf der andern Seite zeigt, hin und wieder taucht als Vermächtniß der Revolution doch noch eine Erscheinung auf, bei der man gerne verweilt. Dahin gehören die unter den Landarbeitern sich bildenden Vereine zur Förderung ihrer Interessen. Die Sache hat um so mehr Bedeutung, als gerade diese Art Arbeiter, die bisher ganz unerregbar und bewegungslos war, die gleichgültig über sich selbst und stumpf verhungerte, die betheiligte ist. Kommt unter diese Ackerarbeiter, besonders hier die ungeheure Mehrzahl der Arbeiter, erst wirkliches Leben, fester Wille, nicht mehr zu verhungern, sondern wohlbegründete Ansprüche mit Nachdruck geltend zu machen, dann wird auch der Hungertyphus für immer gebannt sein. Freilich sind, was jetzt geschieht, eines bisher am Gängelband geleiteten Kindes schwache Versuche allein zu gehen, aber ist nur der Versuch gemacht, kommt durch ihn das Gefühl der vorhandenen Kraft, Vertrauen und damit Muth zu weiteren Unternehmungen: dann kann der entscheidende Erfolg für die Zukunft nicht ausbleiben.

Möchten die Social-Demokraten besonders solchen Vereinen unter den Ackerarbeitern ihre volle Aufmerksamkeit schenken und unter ihnen anregend und thätig eingreifend wirken. Die Ackerarbeiter stellen jetzt folgende Forderungen auf:

"Art. 1. Der Staat muß dem Arbeiter für ein Tagewerk Arbeit einen Lohn gewährleisten so hoch, daß der Arbeiter mit seiner Familie auskömmlich davon leben kann.

Was zu auskömmlichem Leben gehört, soll noch veranschlagt, und danach der zu fordernde niedrigste Lohn in einer bestimmten Zahl ausgedrückt werden.

Art. 2. Die Staats- und Kirchengüter müssen parzellenweise zu einem mäßigen Pachtzins an die Armen in Zeitpacht ausgethan werden.

Das Wohl Aller ist Zweck des Staates. Dieser Zweck wird jedenfalls viel besser und ausgedehnter erreicht, wenn der Staat seine Güter Armen, die sich ohne Hülfe nicht erhalten können, zur Ausnutzung überläßt, als wenn er reiche Generalpächter damit noch reicher macht. Es ist solches Verfahren um so mehr Pflicht des Staates, als er dabei an seinen Einnahmen nichts verlieren wird, denn die armen Arbeiter werden sehr glücklich sein, wenn sie die Staatsäcker nur so billig in Pacht bekommen, wie sie jetzt die Generalpächter haben.

Daß die Kirchengüter an die Armen verpachtet werden müssen, versteht sich von selbst, es wird damit nur die Vorschrift Christi erfüllt.

Art. 3. Die Steuern, die jetzt fast allein auf den armen Arbeitern liegen, müssen gerecht nach Jedes Vermögen vertheilt werden, und unnützliche Staatsausgaben ganz aufhören.

Art. 4. Der Staat muß den Kindern der Arbeiter einen Unterricht gewähren, der ihnen hinlänglich Kenntnisse und Geistesschärfe aneignet, daß sie in Stand gesetzt werden, sich nicht mehr von den wohlunterrichteten pfiffigen Bevorrechteten und Reichen ausbeuten zu lassen.

Art. 5. Das Wahl- und Stimmrecht im Staat muß allgemein und direkt oder unmittelbar sein.

Die Arbeiter sind keine Unmündigen, sie wissen selbst, was ihnen gut ist, und brauchen die Vormundschaft der Reichen nicht. Eben so wenig wollen sie einen Wahlmann, der so leicht betrügen kann, zwischen sich und ihren Abgeordneten hineingeschoben; die Arbeiter wollen vielmehr ihre Abordnung selbst wählen, denn sie trauen nur sich selbst.

Art. 6. Das Wahl- und Stimmrecht in der Gemeine muß ebenfalls allgemein und unmittelbar sein.

Die Arbeiter tragen nach ihren Kräften ebenso und vielleicht mehr zur Erhaltung und Förderung der Gemeinen bei, als die Reichen, darum wollen sie mitsprechen in allen Angelegenheiten der Gemeine.

Art. 7. Die Geschwornen müssen aus unmittelbarer Wahl aller mündigen Männer hervorgehen.

Die Arbeiter wollen nicht die Richtergewalt über sich allein in den Händen der Reichen lassen, die in ihnen nur ihre und ihres Eigenthums oder Geldsacks Feinde sehen, die, da sie jährlich Tausende verzehren, nicht begreifen können, welche Noth, welcher Jammer der Seinen, welche Hoffnungslosigkeit den Armen vielleicht zum Verbrechen trieb. Die Arbeiter werden auch redliche brave Männer, die gerecht richten, zu finden und zu bestellen wissen."

24 Neisse, 23. März.

Mit den vielfachen Gerüchten von einer Spannung zwischen dem Potsdamer und dem österreichischen Regentenhause bezüglich der deutschen Kaiserkronne können wir die großen Einkäufe durchaus nicht in Einklag bringen, welche die preußische Regierung ruhig für das östreichische Heer machen läßt. Blos im hiesigen Zollbezirk haben nach den Versicherungen der Beamten über 4000 Pferde für die östreichische Kavallerie die Grenze passirt. Viel besser stimmt das mit Aeußerungen unsrer hohen Offiziere, daß dem preußischen Heer doch noch ein Feldzug nach Frankreich bevorstehe. Es geht nämlich bei uns stark die Sage, das Schmollen Preußens mit Rußland und Oestreich sei nichts als ein Liebäugeln mit der öffentlichen Meinung in Deutschland, um das deutsche Volk um so sicherer einzuschläfern, in Wahrheit bestehe dagegen zwischen den drei Höfen das herzlichste Einvernehmen. Erst vor Kurzem soll unter den Dreien ein Bündniß geschlossen sein, um, sobald man im eignen Haus der Bewegung Herr geworden, das Königthum in Frankreich mit Gewalt der Waffen wieder herzustellen. Man glaubt, sobald die Republik in Frankreich fortbestehe, sei auch den deutschen Thronen nur noch eine kurze Frist gegeben, darum müsse man um jeden Preis die republikanische Regierungsform auf europäischem Boden wieder austilgen.

213 Dresden, 23. März.

Um auch diese kennen zu lernen, besuchte ich heute einmal die Landtagsstube der ersten Kummer. Ihre Einrichtung ist womöglich noch um 10% harmloser, als die der zweiten Kammer. Die Galerien fassen kaum 50 Zühörer, die journalistischen Taglöhner haben nur zwei Plätze, die Herrn Abgeordneten sitzen auf kleinen Stühlchen vor kleinen Tischchen; die ganze harmlose Puppenstube kann binnen einer Viertelstunde ausgeräumt werden. Die Sitzung der sächsischen Pairs ist um 10 Uhr angesagt, beginnt aber erst gegen 11 Uhr mit Verlesung des Protokolls. Die Herren Pairs unterhalten sich, wie es scheint, über ihre gestrige geheime Sitzung. In dieser geheimen Sitzung hatte ihnen nämlich der gottbegnadete Monarch, an dessen allerhöchster Jugendpolitik auch der radikalste Sachse mit inbrünstiger Hingebung hängt, durch sein standrechtlüsternes Ministerium eröffnen lassen, daß ihr Beschluß, den an der Ermordung Blum's mitschuldigen Abgesandten Könneritz aus Wien abzuberufen, unbeachtet bleiben müsse. Kurz, die sächsische Majestät hat von ihrem absoluten Veto Gebrauch gemacht. Wie verlautet, soll dies demnächst auch gegenüber der zweiten Kammer geschehen, wodurch denn die neuliche darauf bezügliche Interpellation Tzschirners beantwortet sein würde. Man ergreift natürlich mit Freude solche Veranlassungen, um den im Generalkommando zu Petersburg-Olmütz-Potsdam gewünschten Bruch mit den aus direkter Urwahl, also äußerst hochverrätherisch, hervorgegangenen sächsisch-radikalen Kammern zu beschleunigen, indem man der sächsischen Majestät dami droht, ihr selbst noch mehr, als bereits der Fall, zu octroyiren, wofern sie sich nicht ernstlich-energisch anschicke, das Land durch Oktroi's zu beglücken. Das standrechtslüsterne Ministerium Beust-Rabenhorst thut nun zwar, was es kann; es ignorirt die Kammerbeschlüsse oder weis't sie ab, es bleibt trotz aller Mißtrauensadressen des Volks und trotz aller Kammerniederlagen an seinem Platze, es konspirirt mit allen umliegenden Standrechtsmächten u. s. w. , allein die Sache geht doch nicht so rasch von Statten, als es gewünscht wird, denn die rechten Veranlassungen fehlen zur russo-austro-preußischen Energie, weil die Energie überhaupt im ganzen Lande, sowohl der sogenannten revolutionären, wie der contrerevolutionären Partei fehlt. Ein sächsischer passiver Widerstand, Belagerungszustand und ein sächsisches Standrecht müßten sich in der That komisch ausnehmen. Unterdessen wird die Armee, eben weil sie zu eigentlichen Kroatenthaten zu harmlos ist, nach Schleswig-Holstein und gen Breslau geschickt, um schließlich in [Fortsetzung]

Gehen wir weiter. Es ist Thatsache, daß die wegen Krankheit Entlassenen in soweit im Besitz ihrer physischen und geistigen Funktionen sind, als sie ohne Mühe ihren verschiedenen Beschäftigungen und Arbeiten nachgehen können. Sie wurden also nur entlassen, weil das Gefängniß nachtheilig auf ihre Gesundheit eingewirkt hatte, nicht aber weil sie in naher Lebensgefahr waren. Ein Arzt, welcher das Gegentheil behaupten wollte, würde sich ein Unfähigkeitszeugniß ausstellen. Daraus folgt aber, daß auch Andere, welche im Gefängniß erkranken, entlassen werden müssen. Der simpelste Mann im Volke würde sich beleidigt fühlen, wenn man ihm ein anderes Urtheil zutrauen wollte.

Sie, meine Herren, urtheilen anders. Es ist durch ärztliche Zeugnisse constatirt, daß ich in gefahrdrohender Weise an den Augen leide; daß ich in Gefahr bin, im Gefängniß zu erblinden. Was hat aber Hr. Dr. Tourtual, Medizinalrath und Gefängnißarzt, mir gesagt?

Daß er mich kuriren wolle!

Ich also soll kurirt werden im Gefängniß, welches die hauptsächlichste Ursache meiner Augenleiden ist! anstatt, wie den Andern, mir die einzigen Heilmittel: Sonnenlicht, frische Luft und freie Bewegung zu geben, will man mich mit Pillen und Pulver, mit Laxiren und Purgiren behandeln. Aber noch mehr! Herr Tourtual hat mir auch den Rath gegeben, mich nicht mit Lesen und Schreiben, sondern mit dem Kartenspiel zu beschäftigen! Ich soll also Karten spielen, während meine Familie dem Elende entgegengeht!

„Nicht übel ausgedacht, Pater Lamormain“

Meine Herren! Ihr letztes System, welches Sie angenommen haben, ist, sich um uns nicht zu bekümmern, sondern abzuwarten, was von Berlin kommen könnte. Die Verhöre sind suspendirt; auf Schreiben an Sie ertheilten Sie keine Antwort; Besuche finden nicht mehr statt und Beschwerden bleiben unberücksichtigt. Ich sage Ihnen aber, daß jeder Tag, den ich als Untersuchungsgefangener ungerechter Weise im Gefängniß zubringen muß, mir am Leben gestohlen ist. Ich verlange Freilassung; ich verlange eine Commission von Aerzten, welche constatirt, daß ich am edelsten Sinnesorgane gefahrvoll leide; ich verlange mindestens eine Antwort in verständlicher deutscher Sprache. Ich werde alle Mittel anwenden, um diesen Brief in die Oeffentlichkeit zu bringen, damit das Publikum urtheile und erfahre, welche aufrichtige Gesinnungen ich gegen solche Richter hege.

Münster im Gefängniß.

22. März 1849.

O. v. Mirbach.

Bemerkung: Da meine Augen mir nicht mehr erlauben, eine Reinschrift anzufertigen, so habe ich es einem Freunde überlassen, Ihnen obiges Schreiben in Abschrift oder gedruckt zukommen zu lassen. M.

34 Berlin, 24. März.

Von einem Capitulanten des Garde-Franz-Regiments, der das Regiment verlassen und in schleswigholsteinische Dienste getreten, wurden mir gestern nachfolgende Fakta erzählt: 17 Mann der 3ten Compagnie besagten Regiments traten aus dem versammelten Bataillon hervor und verlangten, da sie jetzt auf Kriegsfuß stehen und ihre Offiziere Kriegszulage hätten, dieselbe Vergütung. Diese 17 Mann haben vom Kriegsgerichte zusammen 50 Jahre Festung statt 8 Pfennige Zulage erhalten, und sind dieser Tage auf Festung gebracht worden. Von der 10ten Compagnie befinden sich jetzt, ihrer freien Gesinnung wegen, 58 Mann in Arrest.

Erzähler dieses zeigte mir seinen Abschied, worin stand: Betragen gut, nur zeigte er in der letzten Zeit Hang zum … Leichtsinn (freie Gesinnung).

In dem Konzert-Saale des k. Schauspielhauses, wo die Nationalversammlung zuletzt tagte, liegt noch immer eine Compagnie des Füselier-Bataillons vom 24sten Regiment. Eine Dame höchsten Ranges liebt es (nach einem hiesigen Zeitungsbericht) beim Besuch des Theaters (da der Weg zur Hofloge durch die Vorräume dieses Saales führt) sich an den naiven Gesprächen der Soldaten zu ergötzen und dann nachher Cigarren auszutheilen.

Diesen Soldaten steht es frei, theilweise das Parterre des Theaters zu besuchen. Die Cigarren und der Theaterbesuch haben ihre Wirkungen gethan. Man kann diese brave Soldateska die fanatischsten Aeußerungen machen hören.

* Berlin, 25. März.

Die Blüthe unserer zweiten Kammer-Aristokratie hat das Loos mit dem Abg. D'Ester zusammengewürfelt. So haben Bismark-Schönhausen, Kleist-Reetzow das Vergnügen, mit diesem Republikaner in einer Abtheilung zu berathen. Aber les extrémes se touchent, die Uebereinstimmung der entschiedenen Rechten mit der entschiedenen Linken ist nicht so selten. Die Conservativen haben in der Abtheilung die Majorität. Bei den Wahlen zur Finanzkommission waren von dieser Partei Köerber, Maclean und Patow, von der Linken und Andern Moritz aufgestellt worden. Koerber und Maclean hatten sogleich die absolute Majorität, für den „Kommunisten“ Patow konnten Bismark und Kleist sich nicht überwinden zu stimmen. Patow kam daher mit Moritz auf die engere Wahl, und zum größten Erstaunen wurde Moritz, der Kandidat der Linken, durch die Hülfe der beiden Legitimisten gewählt.

Bismark hat in der Abtheilung gegen viele §§. des Clubgesetzes mit der Linken gestimmt, weil die Bestimmungen des Gesetzes ihm nicht weit genug gehen und er lieber gar keine Schranken des Vereinigungsrechts, als so halbe, unzulässige haben will.

Heute Vormittag war bei Milentz eine große Versammlung der Juristen beider Kammern und aller Parteien, um sich über das Materielle der Verordnungen vom 2. und 3. Januar zu berathen. Statt dessen machte Bornemann den Vorschlag, das Formelle zuerst vorzunehmen und zuzusehen, wie man das Ministerium aus seiner unangenehmen Lage in dieser Beziehung befreien könne. Es wurde ihm natürlich entgegnet, daß das gar nicht die Sache der Versammlung sei und das Ministerium sich selbst den rechtlosen Zustand bereitet habe, der durch die erste Kammer in der bekannten motivirten Tagesordnung Kühne's und Genossen ebenfalls anerkannt ward.

In derselben Versammlung blamirte sich Ober - Tribunalsrath Hoeppe, indem er meinte, jedes Gericht sei desorganisirt, welches darüber bestimme, ob die Verordnungen des Ministeriums rechtmäßig seien oder nicht. In offener Opposition zu seinem Collegen Rintelen steht übrigens Hr. v. Manteuffel, der sich gegen einen Privaten dahin aussprach, daß er auch nicht begreife, warum der Justizminister sich in seinen Verordnungen so überstürzt habe.

Die russischen Garden sind, wie einem hiesigen Banquierhause gemeldet wurde, in Warschau eingerückt.

Es war bekanntlich vor mehreren Monaten schon ein fliegendes Blatt verbreitet worden, in dem die Antwort des Königs auf die Deputation, welche um Aufhebung des Belagerungszustandes petitionirte, gegeben wurde, und zwar als solche ein Lied aus dem Porst'schen Gesangbuche angeführt. Es wurde dem offiziell widersprochen und es sollte die Untersuchung gegen den Urheber dieser falschen Nachricht eingeleitet werden. Der Polizei-Inspektor Gsellius forschte deshalb bei dem Buchdrucker Lauter, unter dessen Firma das Blatt erschienen war, nach, wer der Verfasser sei. Hier ergab es sich, daß schon früher im Sonntagsblatte der Neuen Preuß. Zeitung das ganze Lied des Gesangbuches, als die Antwort des Königs mitgetheilt war. Hr. Wagner konnte auch keine bestimmte Quelle angeben und sagte aus, daß er nur einem allgemein verbreiteten Gerücht gefolgt wäre. Wahrscheinlich wird also dieser Ehrenmann eine Untersuchung erdulden müssen.

Zu der neuen Geschäftsordnung wird der Abg. Stein ein Amendement stellen, des Inhalts: daß kein Bewaffneter weder in den Sitzungsaal noch auf der Tribüne der zweiten Kammer erscheinen darf. ‒ Das Säbelklirren des Kriegsministers, trotz der Remonstrationen der Linken, hat denn doch eben so wohl wie das Benehmen des Diktators Wrangel auf der Tribüne, auf allen Seiten des Hauses empört. Wrangel sitzt nämlich stets an der Brüstung der Tribüne, indem er seinen Säbel weit über dieselbe hinaus hält.

Der Abg. Phillips wollte den Wahlmännern seines (des zweiten) Wahlbezirks Rechenschaft ablegen. Die Polizei verbot indeß dem Besitzer des betreffenden Lokals, Urania, die Eröffnung desselben. Und Hr. v. Manteuffel wagt mit dreister Stirn zu erklären, daß der Belagerungszustand die freie Meinungsäußerung und die Thätigkeit der Abgeordneten nicht hindere.

15 Aus Mecklenburg, 24. März.

Unserm Lande ist großes Glück wiederfahren. 6000 Mann preußischer Soldaten sind in Mecklenburg-Strelitz eingerückt, und 20,000 Mann stehen an der Gränze bei Reinsberg, gewärtig des ersten Winkes, um auch an der Wiederherstellung der „Ordnung und Ruhe“ mitzuarbeiten. Es gilt jetzt eine neu ausgebrütete Verfassung zu octroyiren, denn schon seit längerer Zeit hat man von Seiten des Junkerthums und der Camarilla die Landesversammlung in Schwerin mit verhaltenem Grimme betrachtet, und schon oft ist von hier aus das Verlangen an den dortigen Fürsten ergangen, die Abgeordneten des Volks nach Hause zu schicken und eine Verfassung zu octroyiren. Bis jetzt hat man dieses noch nicht gewagt, da die Stimme des Volkes sich entschieden zu Gunsten seiner Vertreter ausgesprochen, so noch erst vor einigen Tagen wieder in einer zu Schwerin abgehaltenen Volksversammlung, weshalb auch der Minister Lützow der Kammer im Namen seines Herrn die Versicherung gab, daß er dieselbe nicht auflösen, sondern mit ihr vereint, die neue Verfassung vollenden werde.

Schon früher habe ich Ihnen einmal über die Lage der Tagelöhner berichtet; jetzt herrscht unter denselben eine große Bewegung, sie verlangen eine Verbesserung ihrer Verhältnisse, und haben zu dem Ende eine Adresse an die Kammer der Abgeordneten im ganzen Lande verbreitet, welche in kurzer Zeit an 70,000 Unterschriften erhalten wird. In dieser sagen derselben: „Wir sind in unserm beschränkten Unterthanenverstand zu der Einsicht gekommen, daß für unser zukünftiges Lebensglück die kleinen Zugeständnisse unserer Gutsherrn blos ein kurzer Besänftigungs-Popanz sind, und daß noch ganz andere Hülfe, solche, welche unsern Jammerzustand von Grund aus kurirt, von unsern Vertretern geschaffen werden muß. Wir begreifen es sehr wohl, daß die von Kommissarien angeordneten Regulirungen unseres gedrückten Lebens uns nach wie vor in unserm abhängigen Zustande, als die alten Lastträger zwängen können, dagegen aber wissen wir, daß bei einer Umänderung unserer Landeszustände, für unsere Zukunft ein wirklich wahres Wohlsein erstehen kann, deshalb bitten wir nicht um eine kleine Erhöhung unseres Tagelohns, sondern wir bestehen auf der verheißenen Verbesserung der Landeseinrichtungen in Recht, Gesetz und Leben, und zuförderst auf folgenden Punkten:

1) Abschaffung der Patrimonialgerichte, statt ihrer Kreis - und engere Bezirksgerichte, ohne Mitbedingniß gelehrter Richter, denen unser Gutsherr gleichfalls unterworfen, für diese überhaupt keine besonderen Gerichte wie bisher, sondern dieselben gleichen mit uns, überhaupt vor Gericht kein Unterschied von Rang und Person.

2) Abschaffung der Kirchen-Patronatsrechte, dafür freie Wahl der Prediger durch die Gemeinden, ohne allen Vorbehalt des Staates.

3) Einführung von Gemeindeordnungen auf den ritterschaftlichen Gütern, mit freier Wahl unserer Vorsteher. Neben Aufhebung unserer jetzigen kontraktlichen Gutsarbeit, das Gesetz zur Verkleinerung der Rittergüter, mit der Bedingung, den dritten Theil eines jeden derselben der Gemeinde paßlich zum Ankauf zu stellen, unter Gewährleistung eines Staatsgesetzes.

4) Freies Gewerbe und Kramgeschäft, auch in diesen neuen Gemeinden.

5) Ablösung des Mahlzwanges und anderer jetzt üblichen Gewerbs-Zwangspflichten.

6) Das Jagdrecht für jeden Grundbesitz, dazu das Verbot der Parforcejagden.

Das Junkerthum ist in Gefahr, die bis jetzt so verachteten und mißhandelten Tagelöhner treten auf einmal mit Forderungen hervor, durch die sie ihre Unabhängigkeit zu sichern gedenken. Durchs ganze Land eilen die Landdragoner, um diese gefährliche Adresse wegzunehmen ‒ aber was hilft das? ‒ die Tagelöhner, welche sich bisher nicht betheiligt hatten, werden nun eben erst recht aufgerüttelt und schließen sich ihren Brüdern an, denn sie wissen Alle nur zu gut daß ihre Gutsherrn ihre nächsten und unerbittlichsten Feinde sind. Auch hier werden die preußischen „Reichs“-Soldaten wohl bald die Vermittler-Rolle übernehmen. Denn es ist ja unerhört, daß Tagelöhner von Rechten auf sichere und freie Existenz sprechen und nicht mehr flehen, sondern fordern. Ein böser Geist ist in diese Menschen gefahren, er droht den Krautjunkern mit Vernichtung ‒ darum muß Potsdams König helfen und retten. Doch ist es gefährlich hier einzuschreiten ‒ Hunger und Erbitterung sind groß und Büchsen und Sensen in nicht kleiner Zahl vorhanden. Das seit Jahrhunderten geknechtete Volk will jetzt frei werden, ob es die Kraft und den Muth hat, seinem Willen Nachdruck zu geben, wird die nahe Zukunft erweisen.

15 Schleswig-Holstein, 24. März.

Heute vor einem Jahr begannen wir das Dänenjoch abzuschütteln ‒ das sind wir los geworden, aber ein anderes, das Joch der Aristokratie lastet jetzt noch mehr auf uns, und dazu kommt nun noch das der Reichs-Soldaten ‒ für das erstere können wir uns bei dem fundirten Beseler bedanken, für das zweite bei Olshausen, der redlich durch seine Feigheit dazu beigetragen, daß wir jetzt 40 - 80,000 Mann Reichstrupprn ernähren sollen. Unser Volk scheint den Herrn an den Ministertischen zu wohlhabend zu sein, darum sollen diese Soldaten uns abzehren ‒ denn gegen die Dänen brauchen wir dieselben nicht, mit denen könnte unsere Armee, die mit Reserve gegen 30,000 Mann zählt, ganz gut fertig werden, wenn es überhaupt zum Kriege kommen sollte. Aber natürlich, der Gedanke an eine Nordalbingische Republik muß auch unterdrückt werden.

O großer Eisenbahndirektor! Er scheint auch nicht einmal Mitglied der frisch zu bildenden Regierung zu werden; dieselbe würde sonst ein herrliches Kleeblatt abgeben.

Die Aristokratie vertreten durch Reventlov-Preetz ‒ die Bourgeoisie durch Beseler ‒ und das liberale Philisterthum durch Olshausen! Schade, daß diese 3 Herren nicht das Volk zu beglücken (!) haben! Olshausen übernimmt mit dem 1. April die „Schlesw.-H. Zeitung“; sie erscheint unter dem Titel: „freie Presse für Norddeutschland“ ‒ erwarten Sie aber nichts weiter als ein liberales Bourgeoisblatt; wie der Mann, so sein Organ!

303 Aus Schlesien.

So hoffnungslos es bei uns aussieht, so sehr die Reaktion uns wieder überflutheit hat, so dicknäsig Adel, Beamte, Soldateska, Polizisten, Gensdarmen, die noch vor Kurzem ängstlich heulend sich verkrochen, wieder umherstolziren und denunziren und malträtiren, und so viel kriechende Jämmerlichkeit sich auf der andern Seite zeigt, hin und wieder taucht als Vermächtniß der Revolution doch noch eine Erscheinung auf, bei der man gerne verweilt. Dahin gehören die unter den Landarbeitern sich bildenden Vereine zur Förderung ihrer Interessen. Die Sache hat um so mehr Bedeutung, als gerade diese Art Arbeiter, die bisher ganz unerregbar und bewegungslos war, die gleichgültig über sich selbst und stumpf verhungerte, die betheiligte ist. Kommt unter diese Ackerarbeiter, besonders hier die ungeheure Mehrzahl der Arbeiter, erst wirkliches Leben, fester Wille, nicht mehr zu verhungern, sondern wohlbegründete Ansprüche mit Nachdruck geltend zu machen, dann wird auch der Hungertyphus für immer gebannt sein. Freilich sind, was jetzt geschieht, eines bisher am Gängelband geleiteten Kindes schwache Versuche allein zu gehen, aber ist nur der Versuch gemacht, kommt durch ihn das Gefühl der vorhandenen Kraft, Vertrauen und damit Muth zu weiteren Unternehmungen: dann kann der entscheidende Erfolg für die Zukunft nicht ausbleiben.

Möchten die Social-Demokraten besonders solchen Vereinen unter den Ackerarbeitern ihre volle Aufmerksamkeit schenken und unter ihnen anregend und thätig eingreifend wirken. Die Ackerarbeiter stellen jetzt folgende Forderungen auf:

„Art. 1. Der Staat muß dem Arbeiter für ein Tagewerk Arbeit einen Lohn gewährleisten so hoch, daß der Arbeiter mit seiner Familie auskömmlich davon leben kann.

Was zu auskömmlichem Leben gehört, soll noch veranschlagt, und danach der zu fordernde niedrigste Lohn in einer bestimmten Zahl ausgedrückt werden.

Art. 2. Die Staats- und Kirchengüter müssen parzellenweise zu einem mäßigen Pachtzins an die Armen in Zeitpacht ausgethan werden.

Das Wohl Aller ist Zweck des Staates. Dieser Zweck wird jedenfalls viel besser und ausgedehnter erreicht, wenn der Staat seine Güter Armen, die sich ohne Hülfe nicht erhalten können, zur Ausnutzung überläßt, als wenn er reiche Generalpächter damit noch reicher macht. Es ist solches Verfahren um so mehr Pflicht des Staates, als er dabei an seinen Einnahmen nichts verlieren wird, denn die armen Arbeiter werden sehr glücklich sein, wenn sie die Staatsäcker nur so billig in Pacht bekommen, wie sie jetzt die Generalpächter haben.

Daß die Kirchengüter an die Armen verpachtet werden müssen, versteht sich von selbst, es wird damit nur die Vorschrift Christi erfüllt.

Art. 3. Die Steuern, die jetzt fast allein auf den armen Arbeitern liegen, müssen gerecht nach Jedes Vermögen vertheilt werden, und unnützliche Staatsausgaben ganz aufhören.

Art. 4. Der Staat muß den Kindern der Arbeiter einen Unterricht gewähren, der ihnen hinlänglich Kenntnisse und Geistesschärfe aneignet, daß sie in Stand gesetzt werden, sich nicht mehr von den wohlunterrichteten pfiffigen Bevorrechteten und Reichen ausbeuten zu lassen.

Art. 5. Das Wahl- und Stimmrecht im Staat muß allgemein und direkt oder unmittelbar sein.

Die Arbeiter sind keine Unmündigen, sie wissen selbst, was ihnen gut ist, und brauchen die Vormundschaft der Reichen nicht. Eben so wenig wollen sie einen Wahlmann, der so leicht betrügen kann, zwischen sich und ihren Abgeordneten hineingeschoben; die Arbeiter wollen vielmehr ihre Abordnung selbst wählen, denn sie trauen nur sich selbst.

Art. 6. Das Wahl- und Stimmrecht in der Gemeine muß ebenfalls allgemein und unmittelbar sein.

Die Arbeiter tragen nach ihren Kräften ebenso und vielleicht mehr zur Erhaltung und Förderung der Gemeinen bei, als die Reichen, darum wollen sie mitsprechen in allen Angelegenheiten der Gemeine.

Art. 7. Die Geschwornen müssen aus unmittelbarer Wahl aller mündigen Männer hervorgehen.

Die Arbeiter wollen nicht die Richtergewalt über sich allein in den Händen der Reichen lassen, die in ihnen nur ihre und ihres Eigenthums oder Geldsacks Feinde sehen, die, da sie jährlich Tausende verzehren, nicht begreifen können, welche Noth, welcher Jammer der Seinen, welche Hoffnungslosigkeit den Armen vielleicht zum Verbrechen trieb. Die Arbeiter werden auch redliche brave Männer, die gerecht richten, zu finden und zu bestellen wissen.“

24 Neisse, 23. März.

Mit den vielfachen Gerüchten von einer Spannung zwischen dem Potsdamer und dem österreichischen Regentenhause bezüglich der deutschen Kaiserkronne können wir die großen Einkäufe durchaus nicht in Einklag bringen, welche die preußische Regierung ruhig für das östreichische Heer machen läßt. Blos im hiesigen Zollbezirk haben nach den Versicherungen der Beamten über 4000 Pferde für die östreichische Kavallerie die Grenze passirt. Viel besser stimmt das mit Aeußerungen unsrer hohen Offiziere, daß dem preußischen Heer doch noch ein Feldzug nach Frankreich bevorstehe. Es geht nämlich bei uns stark die Sage, das Schmollen Preußens mit Rußland und Oestreich sei nichts als ein Liebäugeln mit der öffentlichen Meinung in Deutschland, um das deutsche Volk um so sicherer einzuschläfern, in Wahrheit bestehe dagegen zwischen den drei Höfen das herzlichste Einvernehmen. Erst vor Kurzem soll unter den Dreien ein Bündniß geschlossen sein, um, sobald man im eignen Haus der Bewegung Herr geworden, das Königthum in Frankreich mit Gewalt der Waffen wieder herzustellen. Man glaubt, sobald die Republik in Frankreich fortbestehe, sei auch den deutschen Thronen nur noch eine kurze Frist gegeben, darum müsse man um jeden Preis die republikanische Regierungsform auf europäischem Boden wieder austilgen.

213 Dresden, 23. März.

Um auch diese kennen zu lernen, besuchte ich heute einmal die Landtagsstube der ersten Kummer. Ihre Einrichtung ist womöglich noch um 10% harmloser, als die der zweiten Kammer. Die Galerien fassen kaum 50 Zühörer, die journalistischen Taglöhner haben nur zwei Plätze, die Herrn Abgeordneten sitzen auf kleinen Stühlchen vor kleinen Tischchen; die ganze harmlose Puppenstube kann binnen einer Viertelstunde ausgeräumt werden. Die Sitzung der sächsischen Pairs ist um 10 Uhr angesagt, beginnt aber erst gegen 11 Uhr mit Verlesung des Protokolls. Die Herren Pairs unterhalten sich, wie es scheint, über ihre gestrige geheime Sitzung. In dieser geheimen Sitzung hatte ihnen nämlich der gottbegnadete Monarch, an dessen allerhöchster Jugendpolitik auch der radikalste Sachse mit inbrünstiger Hingebung hängt, durch sein standrechtlüsternes Ministerium eröffnen lassen, daß ihr Beschluß, den an der Ermordung Blum's mitschuldigen Abgesandten Könneritz aus Wien abzuberufen, unbeachtet bleiben müsse. Kurz, die sächsische Majestät hat von ihrem absoluten Veto Gebrauch gemacht. Wie verlautet, soll dies demnächst auch gegenüber der zweiten Kammer geschehen, wodurch denn die neuliche darauf bezügliche Interpellation Tzschirners beantwortet sein würde. Man ergreift natürlich mit Freude solche Veranlassungen, um den im Generalkommando zu Petersburg-Olmütz-Potsdam gewünschten Bruch mit den aus direkter Urwahl, also äußerst hochverrätherisch, hervorgegangenen sächsisch-radikalen Kammern zu beschleunigen, indem man der sächsischen Majestät dami droht, ihr selbst noch mehr, als bereits der Fall, zu octroyiren, wofern sie sich nicht ernstlich-energisch anschicke, das Land durch Oktroi's zu beglücken. Das standrechtslüsterne Ministerium Beust-Rabenhorst thut nun zwar, was es kann; es ignorirt die Kammerbeschlüsse oder weis't sie ab, es bleibt trotz aller Mißtrauensadressen des Volks und trotz aller Kammerniederlagen an seinem Platze, es konspirirt mit allen umliegenden Standrechtsmächten u. s. w. , allein die Sache geht doch nicht so rasch von Statten, als es gewünscht wird, denn die rechten Veranlassungen fehlen zur russo-austro-preußischen Energie, weil die Energie überhaupt im ganzen Lande, sowohl der sogenannten revolutionären, wie der contrerevolutionären Partei fehlt. Ein sächsischer passiver Widerstand, Belagerungszustand und ein sächsisches Standrecht müßten sich in der That komisch ausnehmen. Unterdessen wird die Armee, eben weil sie zu eigentlichen Kroatenthaten zu harmlos ist, nach Schleswig-Holstein und gen Breslau geschickt, um schließlich in [Fortsetzung]

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          <p>Gehen wir weiter. Es ist Thatsache, daß die wegen Krankheit Entlassenen in soweit im Besitz ihrer physischen und geistigen Funktionen sind, als sie ohne Mühe ihren verschiedenen Beschäftigungen und Arbeiten nachgehen können. Sie wurden also nur entlassen, weil das Gefängniß nachtheilig auf ihre Gesundheit eingewirkt hatte, nicht aber weil sie in naher Lebensgefahr waren. Ein Arzt, welcher das Gegentheil behaupten wollte, würde sich ein Unfähigkeitszeugniß ausstellen. Daraus folgt aber, daß auch Andere, welche im Gefängniß erkranken, entlassen werden müssen. Der simpelste Mann im Volke würde sich beleidigt fühlen, wenn man ihm ein anderes Urtheil zutrauen wollte.</p>
          <p>Sie, meine Herren, urtheilen anders. <hi rendition="#g">Es ist durch ärztliche Zeugnisse constatirt, daß ich in gefahrdrohender Weise an den Augen leide; daß ich in Gefahr bin, im Gefängniß zu erblinden.</hi> Was hat aber Hr. Dr. Tourtual, Medizinalrath und Gefängnißarzt, mir gesagt?</p>
          <p>Daß er mich kuriren wolle!</p>
          <p>Ich also soll kurirt werden im Gefängniß, welches die hauptsächlichste Ursache meiner Augenleiden ist! anstatt, wie den Andern, mir die einzigen Heilmittel: Sonnenlicht, frische Luft und freie Bewegung zu geben, will man mich mit Pillen und Pulver, mit Laxiren und Purgiren behandeln. Aber noch mehr! Herr Tourtual hat mir auch den Rath gegeben, mich nicht mit Lesen und Schreiben, sondern mit dem Kartenspiel zu beschäftigen! Ich soll also Karten spielen, während meine Familie dem Elende entgegengeht!</p>
          <p>&#x201E;Nicht übel ausgedacht, Pater Lamormain&#x201C;</p>
          <p>Meine Herren! Ihr letztes System, welches Sie angenommen haben, ist, sich um uns nicht zu bekümmern, sondern abzuwarten, was von Berlin kommen könnte. Die Verhöre sind suspendirt; auf Schreiben an Sie ertheilten Sie keine Antwort; Besuche finden nicht mehr statt und Beschwerden bleiben unberücksichtigt. Ich sage Ihnen aber, daß jeder Tag, den ich als Untersuchungsgefangener ungerechter Weise im Gefängniß zubringen muß, mir am Leben gestohlen ist. Ich verlange Freilassung; ich verlange eine Commission von Aerzten, welche constatirt, daß ich am edelsten Sinnesorgane gefahrvoll leide; ich verlange mindestens eine Antwort in verständlicher deutscher Sprache. Ich werde alle Mittel anwenden, um diesen Brief in die Oeffentlichkeit zu bringen, damit das Publikum urtheile und erfahre, welche aufrichtige Gesinnungen ich gegen <hi rendition="#g">solche</hi> Richter hege.</p>
          <p>Münster im Gefängniß.</p>
          <p>22. März 1849.</p>
          <p>O. v. Mirbach.</p>
          <p><hi rendition="#g">Bemerkung:</hi> Da meine Augen mir nicht mehr erlauben, eine Reinschrift anzufertigen, so habe ich es einem Freunde überlassen, Ihnen obiges Schreiben in <hi rendition="#g">Abschrift</hi> oder gedruckt zukommen zu lassen. M.</p>
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          <head><bibl><author>34</author></bibl> Berlin, 24. März.</head>
          <p>Von einem Capitulanten des Garde-Franz-Regiments, der das Regiment verlassen und in schleswigholsteinische Dienste getreten, wurden mir gestern nachfolgende Fakta erzählt: 17 Mann der 3ten Compagnie besagten Regiments traten aus dem versammelten Bataillon hervor und verlangten, da sie jetzt auf Kriegsfuß stehen und ihre Offiziere Kriegszulage hätten, dieselbe Vergütung. Diese 17 Mann haben vom Kriegsgerichte zusammen 50 Jahre Festung statt 8 Pfennige Zulage erhalten, und sind dieser Tage auf Festung gebracht worden. Von der 10ten Compagnie befinden sich jetzt, ihrer freien Gesinnung wegen, 58 Mann in Arrest.</p>
          <p>Erzähler dieses zeigte mir seinen Abschied, worin stand: Betragen gut, nur zeigte er in der letzten Zeit Hang zum &#x2026; Leichtsinn (freie Gesinnung).</p>
          <p>In dem Konzert-Saale des k. Schauspielhauses, wo die Nationalversammlung zuletzt tagte, liegt noch immer eine Compagnie des Füselier-Bataillons vom 24sten Regiment. Eine Dame höchsten Ranges liebt es (nach einem hiesigen Zeitungsbericht) beim Besuch des Theaters (da der Weg zur Hofloge durch die Vorräume dieses Saales führt) sich an den naiven Gesprächen der Soldaten zu ergötzen und dann nachher Cigarren auszutheilen.</p>
          <p>Diesen Soldaten steht es frei, theilweise das Parterre des Theaters zu besuchen. Die Cigarren und der Theaterbesuch haben ihre Wirkungen gethan. Man kann diese brave Soldateska die fanatischsten Aeußerungen machen hören.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar257_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 25. März.</head>
          <p>Die Blüthe unserer zweiten Kammer-Aristokratie hat das Loos mit dem Abg. <hi rendition="#g">D'Ester</hi> zusammengewürfelt. So haben <hi rendition="#g">Bismark-</hi>Schönhausen, <hi rendition="#g">Kleist-</hi>Reetzow das Vergnügen, mit diesem Republikaner in einer Abtheilung zu berathen. Aber les extrémes se touchent, die Uebereinstimmung der entschiedenen Rechten mit der entschiedenen Linken ist nicht so selten. Die Conservativen haben in der Abtheilung die Majorität. Bei den Wahlen zur Finanzkommission waren von dieser Partei <hi rendition="#g">Köerber, Maclean</hi> und <hi rendition="#g">Patow,</hi> von der Linken und Andern <hi rendition="#g">Moritz</hi> aufgestellt worden. Koerber und Maclean hatten sogleich die absolute Majorität, für den &#x201E;Kommunisten&#x201C; <hi rendition="#g">Patow</hi> konnten Bismark und Kleist sich nicht überwinden zu stimmen. Patow kam daher mit Moritz auf die engere Wahl, und zum größten Erstaunen wurde Moritz, der Kandidat der Linken, durch die Hülfe der beiden Legitimisten gewählt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Bismark</hi> hat in der Abtheilung gegen viele §§. des Clubgesetzes mit der Linken gestimmt, weil die Bestimmungen des Gesetzes ihm nicht weit genug gehen und er lieber gar keine Schranken des Vereinigungsrechts, als so halbe, unzulässige haben will.</p>
          <p>Heute Vormittag war bei Milentz eine große Versammlung der <hi rendition="#g">Juristen</hi> beider Kammern und aller Parteien, um sich über das Materielle der Verordnungen vom 2. und 3. Januar zu berathen. Statt dessen machte <hi rendition="#g">Bornemann</hi> den Vorschlag, das Formelle zuerst vorzunehmen und zuzusehen, wie man das Ministerium aus seiner unangenehmen Lage in dieser Beziehung befreien könne. Es wurde ihm natürlich entgegnet, daß das gar nicht die Sache der Versammlung sei und das Ministerium sich selbst den rechtlosen Zustand bereitet habe, der durch die erste Kammer in der bekannten motivirten Tagesordnung <hi rendition="#g">Kühne's</hi> und Genossen ebenfalls anerkannt ward.</p>
          <p>In derselben Versammlung blamirte sich Ober - Tribunalsrath <hi rendition="#g">Hoeppe,</hi> indem er meinte, jedes Gericht sei desorganisirt, welches darüber bestimme, ob die Verordnungen des Ministeriums rechtmäßig seien oder nicht. In offener Opposition zu seinem Collegen <hi rendition="#g">Rintelen</hi> steht übrigens <hi rendition="#g">Hr. v. Manteuffel,</hi> der sich gegen einen Privaten dahin aussprach, daß er auch nicht begreife, warum der Justizminister sich in seinen Verordnungen so überstürzt habe.</p>
          <p>Die russischen Garden sind, wie einem hiesigen Banquierhause gemeldet wurde, in Warschau eingerückt.</p>
          <p>Es war bekanntlich vor mehreren Monaten schon ein fliegendes Blatt verbreitet worden, in dem die Antwort des Königs auf die Deputation, welche um Aufhebung des Belagerungszustandes petitionirte, gegeben wurde, und zwar als solche ein Lied aus dem Porst'schen Gesangbuche angeführt. Es wurde dem offiziell widersprochen und es sollte die Untersuchung gegen den Urheber dieser falschen Nachricht eingeleitet werden. Der Polizei-Inspektor <hi rendition="#g">Gsellius</hi> forschte deshalb bei dem Buchdrucker Lauter, unter dessen Firma das Blatt erschienen war, nach, wer der Verfasser sei. Hier ergab es sich, daß schon früher im Sonntagsblatte der Neuen Preuß. Zeitung das ganze Lied des Gesangbuches, als die Antwort des Königs mitgetheilt war. Hr. <hi rendition="#g">Wagner</hi> konnte auch keine bestimmte Quelle angeben und sagte aus, daß er nur einem allgemein verbreiteten Gerücht gefolgt wäre. Wahrscheinlich wird also dieser Ehrenmann eine Untersuchung erdulden müssen.</p>
          <p>Zu der neuen Geschäftsordnung wird der Abg. <hi rendition="#g">Stein</hi> ein Amendement stellen, des Inhalts: daß kein Bewaffneter weder in den Sitzungsaal noch auf der Tribüne der zweiten Kammer erscheinen darf. &#x2012; Das Säbelklirren des Kriegsministers, trotz der Remonstrationen der Linken, hat denn doch eben so wohl wie das Benehmen des Diktators Wrangel auf der Tribüne, auf allen Seiten des Hauses empört. Wrangel sitzt nämlich stets an der Brüstung der Tribüne, indem er seinen Säbel weit über dieselbe hinaus hält.</p>
          <p>Der Abg. <hi rendition="#g">Phillips</hi> wollte den Wahlmännern seines (des zweiten) Wahlbezirks Rechenschaft ablegen. Die Polizei verbot indeß dem Besitzer des betreffenden Lokals, Urania, die Eröffnung desselben. Und Hr. v. Manteuffel wagt mit dreister Stirn zu erklären, daß der Belagerungszustand die freie Meinungsäußerung und die Thätigkeit der Abgeordneten nicht hindere.</p>
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          <head><bibl><author>15</author></bibl> Aus Mecklenburg, 24. März.</head>
          <p>Unserm Lande ist großes Glück wiederfahren. 6000 Mann preußischer Soldaten sind in Mecklenburg-Strelitz eingerückt, und 20,000 Mann stehen an der Gränze bei Reinsberg, gewärtig des ersten Winkes, um auch an der Wiederherstellung der &#x201E;Ordnung und Ruhe&#x201C; mitzuarbeiten. Es gilt jetzt eine neu ausgebrütete Verfassung zu octroyiren, denn schon seit längerer Zeit hat man von Seiten des Junkerthums und der Camarilla die Landesversammlung in Schwerin mit verhaltenem Grimme betrachtet, und schon oft ist von hier aus das Verlangen an den dortigen Fürsten ergangen, die Abgeordneten des Volks nach Hause zu schicken und eine Verfassung zu octroyiren. Bis jetzt hat man dieses noch nicht gewagt, da die Stimme des Volkes sich entschieden zu Gunsten seiner Vertreter ausgesprochen, so noch erst vor einigen Tagen wieder in einer zu Schwerin abgehaltenen Volksversammlung, weshalb auch der Minister Lützow der Kammer im Namen seines Herrn die Versicherung gab, daß er dieselbe nicht auflösen, sondern mit ihr vereint, die neue Verfassung vollenden werde.</p>
          <p>Schon früher habe ich Ihnen einmal über die Lage der Tagelöhner berichtet; jetzt herrscht unter denselben eine große Bewegung, sie verlangen eine Verbesserung ihrer Verhältnisse, und haben zu dem Ende eine Adresse an die Kammer der Abgeordneten im ganzen Lande verbreitet, welche in kurzer Zeit an 70,000 Unterschriften erhalten wird. In dieser sagen derselben: &#x201E;Wir sind in unserm beschränkten Unterthanenverstand zu der Einsicht gekommen, daß für unser zukünftiges Lebensglück die kleinen Zugeständnisse unserer Gutsherrn blos ein kurzer Besänftigungs-Popanz sind, und daß noch ganz andere Hülfe, solche, welche unsern Jammerzustand von Grund aus kurirt, von unsern Vertretern geschaffen werden muß. Wir begreifen es sehr wohl, daß die von Kommissarien angeordneten Regulirungen unseres gedrückten Lebens uns nach wie vor in unserm abhängigen Zustande, als die alten Lastträger zwängen können, dagegen aber wissen wir, daß bei einer Umänderung unserer Landeszustände, für unsere Zukunft ein wirklich wahres Wohlsein erstehen kann, deshalb bitten wir nicht um eine kleine Erhöhung unseres Tagelohns, sondern wir bestehen auf der verheißenen Verbesserung der Landeseinrichtungen in Recht, Gesetz und Leben, und zuförderst auf folgenden Punkten:</p>
          <p>1) Abschaffung der Patrimonialgerichte, statt ihrer Kreis - und engere Bezirksgerichte, ohne Mitbedingniß gelehrter Richter, denen unser Gutsherr gleichfalls unterworfen, für diese überhaupt keine besonderen Gerichte wie bisher, sondern dieselben gleichen mit uns, überhaupt vor Gericht kein Unterschied von Rang und Person.</p>
          <p>2) Abschaffung der Kirchen-Patronatsrechte, dafür freie Wahl der Prediger durch die Gemeinden, ohne allen Vorbehalt des Staates.</p>
          <p>3) Einführung von Gemeindeordnungen auf den ritterschaftlichen Gütern, mit freier Wahl unserer Vorsteher. Neben Aufhebung unserer jetzigen kontraktlichen Gutsarbeit, das Gesetz zur Verkleinerung der Rittergüter, mit der Bedingung, den dritten Theil eines jeden derselben der Gemeinde paßlich zum Ankauf zu stellen, unter Gewährleistung eines Staatsgesetzes.</p>
          <p>4) Freies Gewerbe und Kramgeschäft, auch in diesen neuen Gemeinden.</p>
          <p>5) Ablösung des Mahlzwanges und anderer jetzt üblichen Gewerbs-Zwangspflichten.</p>
          <p>6) Das Jagdrecht für jeden Grundbesitz, dazu das Verbot der Parforcejagden.</p>
          <p>Das Junkerthum ist in Gefahr, die bis jetzt so verachteten und mißhandelten Tagelöhner treten auf einmal mit Forderungen hervor, durch die sie ihre Unabhängigkeit zu sichern gedenken. Durchs ganze Land eilen die Landdragoner, um diese gefährliche Adresse wegzunehmen &#x2012; aber was hilft das? &#x2012; die Tagelöhner, welche sich bisher nicht betheiligt hatten, werden nun eben erst recht aufgerüttelt und schließen sich ihren Brüdern an, denn sie wissen Alle nur zu gut daß ihre Gutsherrn ihre nächsten und unerbittlichsten Feinde sind. Auch hier werden die preußischen &#x201E;Reichs&#x201C;-Soldaten wohl bald die Vermittler-Rolle übernehmen. Denn es ist ja unerhört, daß Tagelöhner von Rechten auf sichere und freie Existenz sprechen und nicht mehr flehen, sondern fordern. Ein böser Geist ist in diese Menschen gefahren, er droht den Krautjunkern mit Vernichtung &#x2012; darum muß Potsdams König helfen und retten. Doch ist es gefährlich hier einzuschreiten &#x2012; Hunger und Erbitterung sind groß und Büchsen und Sensen in nicht kleiner Zahl vorhanden. Das seit Jahrhunderten geknechtete Volk will jetzt frei werden, ob es die Kraft und den Muth hat, seinem Willen Nachdruck zu geben, wird die nahe Zukunft erweisen.</p>
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          <head><bibl><author>15</author></bibl> Schleswig-Holstein, 24. März.</head>
          <p>Heute vor einem Jahr begannen wir das Dänenjoch abzuschütteln &#x2012; das sind wir los geworden, aber ein anderes, das Joch der Aristokratie lastet jetzt noch mehr auf uns, und dazu kommt nun noch das der Reichs-Soldaten &#x2012; für das erstere können wir uns bei dem fundirten Beseler bedanken, für das zweite bei Olshausen, der redlich durch seine Feigheit dazu beigetragen, daß wir jetzt 40 - 80,000 Mann Reichstrupprn ernähren sollen. Unser Volk scheint den Herrn an den Ministertischen zu wohlhabend zu sein, darum sollen diese Soldaten uns abzehren &#x2012; denn gegen die Dänen brauchen wir dieselben nicht, mit denen könnte unsere Armee, die mit Reserve gegen 30,000 Mann zählt, ganz gut fertig werden, wenn es überhaupt zum Kriege kommen sollte. Aber natürlich, der Gedanke an eine Nordalbingische Republik muß auch unterdrückt werden.</p>
          <p>O großer Eisenbahndirektor! Er scheint auch nicht einmal Mitglied der frisch zu bildenden Regierung zu werden; dieselbe würde sonst ein herrliches Kleeblatt abgeben.</p>
          <p>Die Aristokratie vertreten durch Reventlov-Preetz &#x2012; die Bourgeoisie durch Beseler &#x2012; und das liberale Philisterthum durch Olshausen! Schade, daß diese 3 Herren nicht das Volk zu beglücken (!) haben! Olshausen übernimmt mit dem 1. April die &#x201E;Schlesw.-H. Zeitung&#x201C;; sie erscheint unter dem Titel: &#x201E;freie Presse für Norddeutschland&#x201C; &#x2012; erwarten Sie aber nichts weiter als ein liberales Bourgeoisblatt; wie der Mann, so sein Organ!</p>
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          <p>So hoffnungslos es bei uns aussieht, so sehr die Reaktion uns wieder überflutheit hat, so dicknäsig Adel, Beamte, Soldateska, Polizisten, Gensdarmen, die noch vor Kurzem ängstlich heulend sich verkrochen, wieder umherstolziren und denunziren und malträtiren, und so viel kriechende Jämmerlichkeit sich auf der andern Seite zeigt, hin und wieder taucht als Vermächtniß der Revolution doch noch eine Erscheinung auf, bei der man gerne verweilt. Dahin gehören die unter den Landarbeitern sich bildenden Vereine zur Förderung ihrer Interessen. Die Sache hat um so mehr Bedeutung, als gerade diese Art Arbeiter, die bisher ganz unerregbar und bewegungslos war, die gleichgültig über sich selbst und stumpf verhungerte, die betheiligte ist. Kommt unter diese Ackerarbeiter, besonders hier die ungeheure Mehrzahl der Arbeiter, erst wirkliches Leben, fester Wille, nicht mehr zu verhungern, sondern wohlbegründete Ansprüche mit Nachdruck geltend zu machen, dann wird auch der Hungertyphus für immer gebannt sein. Freilich sind, was jetzt geschieht, eines bisher am Gängelband geleiteten Kindes schwache Versuche allein zu gehen, aber ist nur der Versuch gemacht, kommt durch ihn das Gefühl der vorhandenen Kraft, Vertrauen und damit Muth zu weiteren Unternehmungen: dann kann der entscheidende Erfolg für die Zukunft nicht ausbleiben.</p>
          <p>Möchten die Social-Demokraten besonders solchen Vereinen unter den Ackerarbeitern ihre volle Aufmerksamkeit schenken und unter ihnen anregend und thätig eingreifend wirken. Die Ackerarbeiter stellen jetzt folgende Forderungen auf:</p>
          <p>&#x201E;Art. 1. Der Staat muß dem Arbeiter für ein Tagewerk Arbeit einen Lohn gewährleisten so hoch, daß der Arbeiter mit seiner Familie auskömmlich davon leben kann.</p>
          <p>Was zu auskömmlichem Leben gehört, soll noch veranschlagt, und danach der zu fordernde niedrigste Lohn in einer bestimmten Zahl ausgedrückt werden.</p>
          <p>Art. 2. Die Staats- und Kirchengüter müssen parzellenweise zu einem mäßigen Pachtzins an die Armen in Zeitpacht ausgethan werden.</p>
          <p>Das Wohl Aller ist Zweck des Staates. Dieser Zweck wird jedenfalls viel besser und ausgedehnter erreicht, wenn der Staat seine Güter Armen, die sich ohne Hülfe nicht erhalten können, zur Ausnutzung überläßt, als wenn er reiche Generalpächter damit noch reicher macht. Es ist solches Verfahren um so mehr Pflicht des Staates, als er dabei an seinen Einnahmen nichts verlieren wird, denn die armen Arbeiter werden sehr glücklich sein, wenn sie die Staatsäcker nur so billig in Pacht bekommen, wie sie jetzt die Generalpächter haben.</p>
          <p>Daß die Kirchengüter an die Armen verpachtet werden müssen, versteht sich von selbst, es wird damit nur die Vorschrift Christi erfüllt.</p>
          <p>Art. 3. Die Steuern, die jetzt fast allein auf den armen Arbeitern liegen, müssen gerecht nach Jedes Vermögen vertheilt werden, und unnützliche Staatsausgaben ganz aufhören.</p>
          <p>Art. 4. Der Staat muß den Kindern der Arbeiter einen Unterricht gewähren, der ihnen hinlänglich Kenntnisse und Geistesschärfe aneignet, daß sie in Stand gesetzt werden, sich nicht mehr von den wohlunterrichteten pfiffigen Bevorrechteten und Reichen ausbeuten zu lassen.</p>
          <p>Art. 5. Das Wahl- und Stimmrecht im Staat muß allgemein und direkt oder unmittelbar sein.</p>
          <p>Die Arbeiter sind keine Unmündigen, sie wissen selbst, was ihnen gut ist, und brauchen die Vormundschaft der Reichen nicht. Eben so wenig wollen sie einen Wahlmann, der so leicht betrügen kann, zwischen sich und ihren Abgeordneten hineingeschoben; die Arbeiter wollen vielmehr ihre Abordnung selbst wählen, denn sie trauen nur sich selbst.</p>
          <p>Art. 6. Das Wahl- und Stimmrecht in der Gemeine muß ebenfalls allgemein und unmittelbar sein.</p>
          <p>Die Arbeiter tragen nach ihren Kräften ebenso und vielleicht mehr zur Erhaltung und Förderung der Gemeinen bei, als die Reichen, darum wollen sie mitsprechen in allen Angelegenheiten der Gemeine.</p>
          <p>Art. 7. Die Geschwornen müssen aus unmittelbarer Wahl aller mündigen Männer hervorgehen.</p>
          <p>Die Arbeiter wollen nicht die Richtergewalt über sich allein in den Händen der Reichen lassen, die in ihnen nur ihre und ihres Eigenthums oder Geldsacks Feinde sehen, die, da sie jährlich Tausende verzehren, nicht begreifen können, welche Noth, welcher Jammer der Seinen, welche Hoffnungslosigkeit den Armen vielleicht zum Verbrechen trieb. Die Arbeiter werden auch redliche brave Männer, die gerecht richten, zu finden und zu bestellen wissen.&#x201C;</p>
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          <head><bibl><author>24</author></bibl> Neisse, 23. März.</head>
          <p>Mit den vielfachen Gerüchten von einer Spannung zwischen dem Potsdamer und dem österreichischen Regentenhause bezüglich der deutschen Kaiserkronne können wir die großen Einkäufe durchaus nicht in Einklag bringen, welche die preußische Regierung ruhig für das östreichische Heer machen läßt. Blos im hiesigen Zollbezirk haben nach den Versicherungen der Beamten über 4000 Pferde für die östreichische Kavallerie die Grenze passirt. Viel besser stimmt das mit Aeußerungen unsrer hohen Offiziere, daß dem preußischen Heer doch noch ein Feldzug nach Frankreich bevorstehe. Es geht nämlich bei uns stark die Sage, das Schmollen Preußens mit Rußland und Oestreich sei nichts als ein Liebäugeln mit der öffentlichen Meinung in Deutschland, um das deutsche Volk um so sicherer einzuschläfern, in Wahrheit bestehe dagegen zwischen den drei Höfen das herzlichste Einvernehmen. Erst vor Kurzem soll unter den Dreien ein Bündniß geschlossen sein, um, sobald man im eignen Haus der Bewegung Herr geworden, das Königthum in Frankreich mit Gewalt der Waffen wieder herzustellen. Man glaubt, sobald die Republik in Frankreich fortbestehe, sei auch den deutschen Thronen nur noch eine kurze Frist gegeben, darum müsse man um jeden Preis die republikanische Regierungsform auf europäischem Boden wieder austilgen.</p>
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          <head><bibl><author>213</author></bibl> Dresden, 23. März.</head>
          <p>Um auch diese kennen zu lernen, besuchte ich heute einmal die Landtagsstube der ersten Kummer. Ihre Einrichtung ist womöglich noch um 10% harmloser, als die der zweiten Kammer. Die Galerien fassen kaum 50 Zühörer, die journalistischen Taglöhner haben nur zwei Plätze, die Herrn Abgeordneten sitzen auf kleinen Stühlchen vor kleinen Tischchen; die ganze harmlose Puppenstube kann binnen einer Viertelstunde ausgeräumt werden. Die Sitzung der sächsischen Pairs ist um 10 Uhr angesagt, beginnt aber erst gegen 11 Uhr mit Verlesung des Protokolls. Die Herren Pairs unterhalten sich, wie es scheint, über ihre gestrige <hi rendition="#g">geheime</hi> Sitzung. In dieser geheimen Sitzung hatte ihnen nämlich der gottbegnadete Monarch, an dessen allerhöchster Jugendpolitik auch der radikalste Sachse mit inbrünstiger Hingebung hängt, durch sein standrechtlüsternes Ministerium eröffnen lassen, daß ihr Beschluß, den an der Ermordung Blum's mitschuldigen Abgesandten Könneritz aus Wien abzuberufen, unbeachtet bleiben müsse. Kurz, die sächsische Majestät hat von ihrem absoluten Veto Gebrauch gemacht. Wie verlautet, soll dies demnächst auch gegenüber der zweiten Kammer geschehen, wodurch denn die neuliche darauf bezügliche Interpellation Tzschirners beantwortet sein würde. Man ergreift natürlich mit Freude solche Veranlassungen, um den im Generalkommando zu Petersburg-Olmütz-Potsdam gewünschten Bruch mit den aus direkter Urwahl, also äußerst hochverrätherisch, hervorgegangenen sächsisch-radikalen Kammern zu beschleunigen, indem man der sächsischen Majestät dami droht, ihr selbst noch mehr, als bereits der Fall, zu octroyiren, wofern sie sich nicht ernstlich-energisch anschicke, das Land durch Oktroi's zu beglücken. Das standrechtslüsterne Ministerium <hi rendition="#g">Beust-Rabenhorst</hi> thut nun zwar, was es kann; es ignorirt die Kammerbeschlüsse oder weis't sie ab, es bleibt trotz aller Mißtrauensadressen des Volks und trotz aller Kammerniederlagen an seinem Platze, es konspirirt mit allen umliegenden Standrechtsmächten u. s. w. , allein die Sache geht doch nicht so rasch von Statten, als es gewünscht wird, denn die rechten Veranlassungen fehlen zur russo-austro-preußischen Energie, weil die Energie überhaupt im ganzen Lande, sowohl der sogenannten revolutionären, wie der contrerevolutionären Partei fehlt. Ein sächsischer passiver Widerstand, Belagerungszustand und ein sächsisches Standrecht müßten sich in der That komisch ausnehmen. Unterdessen wird die Armee, eben weil sie zu eigentlichen Kroatenthaten zu harmlos ist, nach Schleswig-Holstein und gen Breslau geschickt, um schließlich in <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                </p>
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[1444/0002] Gehen wir weiter. Es ist Thatsache, daß die wegen Krankheit Entlassenen in soweit im Besitz ihrer physischen und geistigen Funktionen sind, als sie ohne Mühe ihren verschiedenen Beschäftigungen und Arbeiten nachgehen können. Sie wurden also nur entlassen, weil das Gefängniß nachtheilig auf ihre Gesundheit eingewirkt hatte, nicht aber weil sie in naher Lebensgefahr waren. Ein Arzt, welcher das Gegentheil behaupten wollte, würde sich ein Unfähigkeitszeugniß ausstellen. Daraus folgt aber, daß auch Andere, welche im Gefängniß erkranken, entlassen werden müssen. Der simpelste Mann im Volke würde sich beleidigt fühlen, wenn man ihm ein anderes Urtheil zutrauen wollte. Sie, meine Herren, urtheilen anders. Es ist durch ärztliche Zeugnisse constatirt, daß ich in gefahrdrohender Weise an den Augen leide; daß ich in Gefahr bin, im Gefängniß zu erblinden. Was hat aber Hr. Dr. Tourtual, Medizinalrath und Gefängnißarzt, mir gesagt? Daß er mich kuriren wolle! Ich also soll kurirt werden im Gefängniß, welches die hauptsächlichste Ursache meiner Augenleiden ist! anstatt, wie den Andern, mir die einzigen Heilmittel: Sonnenlicht, frische Luft und freie Bewegung zu geben, will man mich mit Pillen und Pulver, mit Laxiren und Purgiren behandeln. Aber noch mehr! Herr Tourtual hat mir auch den Rath gegeben, mich nicht mit Lesen und Schreiben, sondern mit dem Kartenspiel zu beschäftigen! Ich soll also Karten spielen, während meine Familie dem Elende entgegengeht! „Nicht übel ausgedacht, Pater Lamormain“ Meine Herren! Ihr letztes System, welches Sie angenommen haben, ist, sich um uns nicht zu bekümmern, sondern abzuwarten, was von Berlin kommen könnte. Die Verhöre sind suspendirt; auf Schreiben an Sie ertheilten Sie keine Antwort; Besuche finden nicht mehr statt und Beschwerden bleiben unberücksichtigt. Ich sage Ihnen aber, daß jeder Tag, den ich als Untersuchungsgefangener ungerechter Weise im Gefängniß zubringen muß, mir am Leben gestohlen ist. Ich verlange Freilassung; ich verlange eine Commission von Aerzten, welche constatirt, daß ich am edelsten Sinnesorgane gefahrvoll leide; ich verlange mindestens eine Antwort in verständlicher deutscher Sprache. Ich werde alle Mittel anwenden, um diesen Brief in die Oeffentlichkeit zu bringen, damit das Publikum urtheile und erfahre, welche aufrichtige Gesinnungen ich gegen solche Richter hege. Münster im Gefängniß. 22. März 1849. O. v. Mirbach. Bemerkung: Da meine Augen mir nicht mehr erlauben, eine Reinschrift anzufertigen, so habe ich es einem Freunde überlassen, Ihnen obiges Schreiben in Abschrift oder gedruckt zukommen zu lassen. M. 34 Berlin, 24. März. Von einem Capitulanten des Garde-Franz-Regiments, der das Regiment verlassen und in schleswigholsteinische Dienste getreten, wurden mir gestern nachfolgende Fakta erzählt: 17 Mann der 3ten Compagnie besagten Regiments traten aus dem versammelten Bataillon hervor und verlangten, da sie jetzt auf Kriegsfuß stehen und ihre Offiziere Kriegszulage hätten, dieselbe Vergütung. Diese 17 Mann haben vom Kriegsgerichte zusammen 50 Jahre Festung statt 8 Pfennige Zulage erhalten, und sind dieser Tage auf Festung gebracht worden. Von der 10ten Compagnie befinden sich jetzt, ihrer freien Gesinnung wegen, 58 Mann in Arrest. Erzähler dieses zeigte mir seinen Abschied, worin stand: Betragen gut, nur zeigte er in der letzten Zeit Hang zum … Leichtsinn (freie Gesinnung). In dem Konzert-Saale des k. Schauspielhauses, wo die Nationalversammlung zuletzt tagte, liegt noch immer eine Compagnie des Füselier-Bataillons vom 24sten Regiment. Eine Dame höchsten Ranges liebt es (nach einem hiesigen Zeitungsbericht) beim Besuch des Theaters (da der Weg zur Hofloge durch die Vorräume dieses Saales führt) sich an den naiven Gesprächen der Soldaten zu ergötzen und dann nachher Cigarren auszutheilen. Diesen Soldaten steht es frei, theilweise das Parterre des Theaters zu besuchen. Die Cigarren und der Theaterbesuch haben ihre Wirkungen gethan. Man kann diese brave Soldateska die fanatischsten Aeußerungen machen hören. * Berlin, 25. März. Die Blüthe unserer zweiten Kammer-Aristokratie hat das Loos mit dem Abg. D'Ester zusammengewürfelt. So haben Bismark-Schönhausen, Kleist-Reetzow das Vergnügen, mit diesem Republikaner in einer Abtheilung zu berathen. Aber les extrémes se touchent, die Uebereinstimmung der entschiedenen Rechten mit der entschiedenen Linken ist nicht so selten. Die Conservativen haben in der Abtheilung die Majorität. Bei den Wahlen zur Finanzkommission waren von dieser Partei Köerber, Maclean und Patow, von der Linken und Andern Moritz aufgestellt worden. Koerber und Maclean hatten sogleich die absolute Majorität, für den „Kommunisten“ Patow konnten Bismark und Kleist sich nicht überwinden zu stimmen. Patow kam daher mit Moritz auf die engere Wahl, und zum größten Erstaunen wurde Moritz, der Kandidat der Linken, durch die Hülfe der beiden Legitimisten gewählt. Bismark hat in der Abtheilung gegen viele §§. des Clubgesetzes mit der Linken gestimmt, weil die Bestimmungen des Gesetzes ihm nicht weit genug gehen und er lieber gar keine Schranken des Vereinigungsrechts, als so halbe, unzulässige haben will. Heute Vormittag war bei Milentz eine große Versammlung der Juristen beider Kammern und aller Parteien, um sich über das Materielle der Verordnungen vom 2. und 3. Januar zu berathen. Statt dessen machte Bornemann den Vorschlag, das Formelle zuerst vorzunehmen und zuzusehen, wie man das Ministerium aus seiner unangenehmen Lage in dieser Beziehung befreien könne. Es wurde ihm natürlich entgegnet, daß das gar nicht die Sache der Versammlung sei und das Ministerium sich selbst den rechtlosen Zustand bereitet habe, der durch die erste Kammer in der bekannten motivirten Tagesordnung Kühne's und Genossen ebenfalls anerkannt ward. In derselben Versammlung blamirte sich Ober - Tribunalsrath Hoeppe, indem er meinte, jedes Gericht sei desorganisirt, welches darüber bestimme, ob die Verordnungen des Ministeriums rechtmäßig seien oder nicht. In offener Opposition zu seinem Collegen Rintelen steht übrigens Hr. v. Manteuffel, der sich gegen einen Privaten dahin aussprach, daß er auch nicht begreife, warum der Justizminister sich in seinen Verordnungen so überstürzt habe. Die russischen Garden sind, wie einem hiesigen Banquierhause gemeldet wurde, in Warschau eingerückt. Es war bekanntlich vor mehreren Monaten schon ein fliegendes Blatt verbreitet worden, in dem die Antwort des Königs auf die Deputation, welche um Aufhebung des Belagerungszustandes petitionirte, gegeben wurde, und zwar als solche ein Lied aus dem Porst'schen Gesangbuche angeführt. Es wurde dem offiziell widersprochen und es sollte die Untersuchung gegen den Urheber dieser falschen Nachricht eingeleitet werden. Der Polizei-Inspektor Gsellius forschte deshalb bei dem Buchdrucker Lauter, unter dessen Firma das Blatt erschienen war, nach, wer der Verfasser sei. Hier ergab es sich, daß schon früher im Sonntagsblatte der Neuen Preuß. Zeitung das ganze Lied des Gesangbuches, als die Antwort des Königs mitgetheilt war. Hr. Wagner konnte auch keine bestimmte Quelle angeben und sagte aus, daß er nur einem allgemein verbreiteten Gerücht gefolgt wäre. Wahrscheinlich wird also dieser Ehrenmann eine Untersuchung erdulden müssen. Zu der neuen Geschäftsordnung wird der Abg. Stein ein Amendement stellen, des Inhalts: daß kein Bewaffneter weder in den Sitzungsaal noch auf der Tribüne der zweiten Kammer erscheinen darf. ‒ Das Säbelklirren des Kriegsministers, trotz der Remonstrationen der Linken, hat denn doch eben so wohl wie das Benehmen des Diktators Wrangel auf der Tribüne, auf allen Seiten des Hauses empört. Wrangel sitzt nämlich stets an der Brüstung der Tribüne, indem er seinen Säbel weit über dieselbe hinaus hält. Der Abg. Phillips wollte den Wahlmännern seines (des zweiten) Wahlbezirks Rechenschaft ablegen. Die Polizei verbot indeß dem Besitzer des betreffenden Lokals, Urania, die Eröffnung desselben. Und Hr. v. Manteuffel wagt mit dreister Stirn zu erklären, daß der Belagerungszustand die freie Meinungsäußerung und die Thätigkeit der Abgeordneten nicht hindere. 15 Aus Mecklenburg, 24. März. Unserm Lande ist großes Glück wiederfahren. 6000 Mann preußischer Soldaten sind in Mecklenburg-Strelitz eingerückt, und 20,000 Mann stehen an der Gränze bei Reinsberg, gewärtig des ersten Winkes, um auch an der Wiederherstellung der „Ordnung und Ruhe“ mitzuarbeiten. Es gilt jetzt eine neu ausgebrütete Verfassung zu octroyiren, denn schon seit längerer Zeit hat man von Seiten des Junkerthums und der Camarilla die Landesversammlung in Schwerin mit verhaltenem Grimme betrachtet, und schon oft ist von hier aus das Verlangen an den dortigen Fürsten ergangen, die Abgeordneten des Volks nach Hause zu schicken und eine Verfassung zu octroyiren. Bis jetzt hat man dieses noch nicht gewagt, da die Stimme des Volkes sich entschieden zu Gunsten seiner Vertreter ausgesprochen, so noch erst vor einigen Tagen wieder in einer zu Schwerin abgehaltenen Volksversammlung, weshalb auch der Minister Lützow der Kammer im Namen seines Herrn die Versicherung gab, daß er dieselbe nicht auflösen, sondern mit ihr vereint, die neue Verfassung vollenden werde. Schon früher habe ich Ihnen einmal über die Lage der Tagelöhner berichtet; jetzt herrscht unter denselben eine große Bewegung, sie verlangen eine Verbesserung ihrer Verhältnisse, und haben zu dem Ende eine Adresse an die Kammer der Abgeordneten im ganzen Lande verbreitet, welche in kurzer Zeit an 70,000 Unterschriften erhalten wird. In dieser sagen derselben: „Wir sind in unserm beschränkten Unterthanenverstand zu der Einsicht gekommen, daß für unser zukünftiges Lebensglück die kleinen Zugeständnisse unserer Gutsherrn blos ein kurzer Besänftigungs-Popanz sind, und daß noch ganz andere Hülfe, solche, welche unsern Jammerzustand von Grund aus kurirt, von unsern Vertretern geschaffen werden muß. Wir begreifen es sehr wohl, daß die von Kommissarien angeordneten Regulirungen unseres gedrückten Lebens uns nach wie vor in unserm abhängigen Zustande, als die alten Lastträger zwängen können, dagegen aber wissen wir, daß bei einer Umänderung unserer Landeszustände, für unsere Zukunft ein wirklich wahres Wohlsein erstehen kann, deshalb bitten wir nicht um eine kleine Erhöhung unseres Tagelohns, sondern wir bestehen auf der verheißenen Verbesserung der Landeseinrichtungen in Recht, Gesetz und Leben, und zuförderst auf folgenden Punkten: 1) Abschaffung der Patrimonialgerichte, statt ihrer Kreis - und engere Bezirksgerichte, ohne Mitbedingniß gelehrter Richter, denen unser Gutsherr gleichfalls unterworfen, für diese überhaupt keine besonderen Gerichte wie bisher, sondern dieselben gleichen mit uns, überhaupt vor Gericht kein Unterschied von Rang und Person. 2) Abschaffung der Kirchen-Patronatsrechte, dafür freie Wahl der Prediger durch die Gemeinden, ohne allen Vorbehalt des Staates. 3) Einführung von Gemeindeordnungen auf den ritterschaftlichen Gütern, mit freier Wahl unserer Vorsteher. Neben Aufhebung unserer jetzigen kontraktlichen Gutsarbeit, das Gesetz zur Verkleinerung der Rittergüter, mit der Bedingung, den dritten Theil eines jeden derselben der Gemeinde paßlich zum Ankauf zu stellen, unter Gewährleistung eines Staatsgesetzes. 4) Freies Gewerbe und Kramgeschäft, auch in diesen neuen Gemeinden. 5) Ablösung des Mahlzwanges und anderer jetzt üblichen Gewerbs-Zwangspflichten. 6) Das Jagdrecht für jeden Grundbesitz, dazu das Verbot der Parforcejagden. Das Junkerthum ist in Gefahr, die bis jetzt so verachteten und mißhandelten Tagelöhner treten auf einmal mit Forderungen hervor, durch die sie ihre Unabhängigkeit zu sichern gedenken. Durchs ganze Land eilen die Landdragoner, um diese gefährliche Adresse wegzunehmen ‒ aber was hilft das? ‒ die Tagelöhner, welche sich bisher nicht betheiligt hatten, werden nun eben erst recht aufgerüttelt und schließen sich ihren Brüdern an, denn sie wissen Alle nur zu gut daß ihre Gutsherrn ihre nächsten und unerbittlichsten Feinde sind. Auch hier werden die preußischen „Reichs“-Soldaten wohl bald die Vermittler-Rolle übernehmen. Denn es ist ja unerhört, daß Tagelöhner von Rechten auf sichere und freie Existenz sprechen und nicht mehr flehen, sondern fordern. Ein böser Geist ist in diese Menschen gefahren, er droht den Krautjunkern mit Vernichtung ‒ darum muß Potsdams König helfen und retten. Doch ist es gefährlich hier einzuschreiten ‒ Hunger und Erbitterung sind groß und Büchsen und Sensen in nicht kleiner Zahl vorhanden. Das seit Jahrhunderten geknechtete Volk will jetzt frei werden, ob es die Kraft und den Muth hat, seinem Willen Nachdruck zu geben, wird die nahe Zukunft erweisen. 15 Schleswig-Holstein, 24. März. Heute vor einem Jahr begannen wir das Dänenjoch abzuschütteln ‒ das sind wir los geworden, aber ein anderes, das Joch der Aristokratie lastet jetzt noch mehr auf uns, und dazu kommt nun noch das der Reichs-Soldaten ‒ für das erstere können wir uns bei dem fundirten Beseler bedanken, für das zweite bei Olshausen, der redlich durch seine Feigheit dazu beigetragen, daß wir jetzt 40 - 80,000 Mann Reichstrupprn ernähren sollen. Unser Volk scheint den Herrn an den Ministertischen zu wohlhabend zu sein, darum sollen diese Soldaten uns abzehren ‒ denn gegen die Dänen brauchen wir dieselben nicht, mit denen könnte unsere Armee, die mit Reserve gegen 30,000 Mann zählt, ganz gut fertig werden, wenn es überhaupt zum Kriege kommen sollte. Aber natürlich, der Gedanke an eine Nordalbingische Republik muß auch unterdrückt werden. O großer Eisenbahndirektor! Er scheint auch nicht einmal Mitglied der frisch zu bildenden Regierung zu werden; dieselbe würde sonst ein herrliches Kleeblatt abgeben. Die Aristokratie vertreten durch Reventlov-Preetz ‒ die Bourgeoisie durch Beseler ‒ und das liberale Philisterthum durch Olshausen! Schade, daß diese 3 Herren nicht das Volk zu beglücken (!) haben! Olshausen übernimmt mit dem 1. April die „Schlesw.-H. Zeitung“; sie erscheint unter dem Titel: „freie Presse für Norddeutschland“ ‒ erwarten Sie aber nichts weiter als ein liberales Bourgeoisblatt; wie der Mann, so sein Organ! 303 Aus Schlesien. So hoffnungslos es bei uns aussieht, so sehr die Reaktion uns wieder überflutheit hat, so dicknäsig Adel, Beamte, Soldateska, Polizisten, Gensdarmen, die noch vor Kurzem ängstlich heulend sich verkrochen, wieder umherstolziren und denunziren und malträtiren, und so viel kriechende Jämmerlichkeit sich auf der andern Seite zeigt, hin und wieder taucht als Vermächtniß der Revolution doch noch eine Erscheinung auf, bei der man gerne verweilt. Dahin gehören die unter den Landarbeitern sich bildenden Vereine zur Förderung ihrer Interessen. Die Sache hat um so mehr Bedeutung, als gerade diese Art Arbeiter, die bisher ganz unerregbar und bewegungslos war, die gleichgültig über sich selbst und stumpf verhungerte, die betheiligte ist. Kommt unter diese Ackerarbeiter, besonders hier die ungeheure Mehrzahl der Arbeiter, erst wirkliches Leben, fester Wille, nicht mehr zu verhungern, sondern wohlbegründete Ansprüche mit Nachdruck geltend zu machen, dann wird auch der Hungertyphus für immer gebannt sein. Freilich sind, was jetzt geschieht, eines bisher am Gängelband geleiteten Kindes schwache Versuche allein zu gehen, aber ist nur der Versuch gemacht, kommt durch ihn das Gefühl der vorhandenen Kraft, Vertrauen und damit Muth zu weiteren Unternehmungen: dann kann der entscheidende Erfolg für die Zukunft nicht ausbleiben. Möchten die Social-Demokraten besonders solchen Vereinen unter den Ackerarbeitern ihre volle Aufmerksamkeit schenken und unter ihnen anregend und thätig eingreifend wirken. Die Ackerarbeiter stellen jetzt folgende Forderungen auf: „Art. 1. Der Staat muß dem Arbeiter für ein Tagewerk Arbeit einen Lohn gewährleisten so hoch, daß der Arbeiter mit seiner Familie auskömmlich davon leben kann. Was zu auskömmlichem Leben gehört, soll noch veranschlagt, und danach der zu fordernde niedrigste Lohn in einer bestimmten Zahl ausgedrückt werden. Art. 2. Die Staats- und Kirchengüter müssen parzellenweise zu einem mäßigen Pachtzins an die Armen in Zeitpacht ausgethan werden. Das Wohl Aller ist Zweck des Staates. Dieser Zweck wird jedenfalls viel besser und ausgedehnter erreicht, wenn der Staat seine Güter Armen, die sich ohne Hülfe nicht erhalten können, zur Ausnutzung überläßt, als wenn er reiche Generalpächter damit noch reicher macht. Es ist solches Verfahren um so mehr Pflicht des Staates, als er dabei an seinen Einnahmen nichts verlieren wird, denn die armen Arbeiter werden sehr glücklich sein, wenn sie die Staatsäcker nur so billig in Pacht bekommen, wie sie jetzt die Generalpächter haben. Daß die Kirchengüter an die Armen verpachtet werden müssen, versteht sich von selbst, es wird damit nur die Vorschrift Christi erfüllt. Art. 3. Die Steuern, die jetzt fast allein auf den armen Arbeitern liegen, müssen gerecht nach Jedes Vermögen vertheilt werden, und unnützliche Staatsausgaben ganz aufhören. Art. 4. Der Staat muß den Kindern der Arbeiter einen Unterricht gewähren, der ihnen hinlänglich Kenntnisse und Geistesschärfe aneignet, daß sie in Stand gesetzt werden, sich nicht mehr von den wohlunterrichteten pfiffigen Bevorrechteten und Reichen ausbeuten zu lassen. Art. 5. Das Wahl- und Stimmrecht im Staat muß allgemein und direkt oder unmittelbar sein. Die Arbeiter sind keine Unmündigen, sie wissen selbst, was ihnen gut ist, und brauchen die Vormundschaft der Reichen nicht. Eben so wenig wollen sie einen Wahlmann, der so leicht betrügen kann, zwischen sich und ihren Abgeordneten hineingeschoben; die Arbeiter wollen vielmehr ihre Abordnung selbst wählen, denn sie trauen nur sich selbst. Art. 6. Das Wahl- und Stimmrecht in der Gemeine muß ebenfalls allgemein und unmittelbar sein. Die Arbeiter tragen nach ihren Kräften ebenso und vielleicht mehr zur Erhaltung und Förderung der Gemeinen bei, als die Reichen, darum wollen sie mitsprechen in allen Angelegenheiten der Gemeine. Art. 7. Die Geschwornen müssen aus unmittelbarer Wahl aller mündigen Männer hervorgehen. Die Arbeiter wollen nicht die Richtergewalt über sich allein in den Händen der Reichen lassen, die in ihnen nur ihre und ihres Eigenthums oder Geldsacks Feinde sehen, die, da sie jährlich Tausende verzehren, nicht begreifen können, welche Noth, welcher Jammer der Seinen, welche Hoffnungslosigkeit den Armen vielleicht zum Verbrechen trieb. Die Arbeiter werden auch redliche brave Männer, die gerecht richten, zu finden und zu bestellen wissen.“ 24 Neisse, 23. März. Mit den vielfachen Gerüchten von einer Spannung zwischen dem Potsdamer und dem österreichischen Regentenhause bezüglich der deutschen Kaiserkronne können wir die großen Einkäufe durchaus nicht in Einklag bringen, welche die preußische Regierung ruhig für das östreichische Heer machen läßt. Blos im hiesigen Zollbezirk haben nach den Versicherungen der Beamten über 4000 Pferde für die östreichische Kavallerie die Grenze passirt. Viel besser stimmt das mit Aeußerungen unsrer hohen Offiziere, daß dem preußischen Heer doch noch ein Feldzug nach Frankreich bevorstehe. Es geht nämlich bei uns stark die Sage, das Schmollen Preußens mit Rußland und Oestreich sei nichts als ein Liebäugeln mit der öffentlichen Meinung in Deutschland, um das deutsche Volk um so sicherer einzuschläfern, in Wahrheit bestehe dagegen zwischen den drei Höfen das herzlichste Einvernehmen. Erst vor Kurzem soll unter den Dreien ein Bündniß geschlossen sein, um, sobald man im eignen Haus der Bewegung Herr geworden, das Königthum in Frankreich mit Gewalt der Waffen wieder herzustellen. Man glaubt, sobald die Republik in Frankreich fortbestehe, sei auch den deutschen Thronen nur noch eine kurze Frist gegeben, darum müsse man um jeden Preis die republikanische Regierungsform auf europäischem Boden wieder austilgen. 213 Dresden, 23. März. Um auch diese kennen zu lernen, besuchte ich heute einmal die Landtagsstube der ersten Kummer. Ihre Einrichtung ist womöglich noch um 10% harmloser, als die der zweiten Kammer. Die Galerien fassen kaum 50 Zühörer, die journalistischen Taglöhner haben nur zwei Plätze, die Herrn Abgeordneten sitzen auf kleinen Stühlchen vor kleinen Tischchen; die ganze harmlose Puppenstube kann binnen einer Viertelstunde ausgeräumt werden. Die Sitzung der sächsischen Pairs ist um 10 Uhr angesagt, beginnt aber erst gegen 11 Uhr mit Verlesung des Protokolls. Die Herren Pairs unterhalten sich, wie es scheint, über ihre gestrige geheime Sitzung. In dieser geheimen Sitzung hatte ihnen nämlich der gottbegnadete Monarch, an dessen allerhöchster Jugendpolitik auch der radikalste Sachse mit inbrünstiger Hingebung hängt, durch sein standrechtlüsternes Ministerium eröffnen lassen, daß ihr Beschluß, den an der Ermordung Blum's mitschuldigen Abgesandten Könneritz aus Wien abzuberufen, unbeachtet bleiben müsse. Kurz, die sächsische Majestät hat von ihrem absoluten Veto Gebrauch gemacht. Wie verlautet, soll dies demnächst auch gegenüber der zweiten Kammer geschehen, wodurch denn die neuliche darauf bezügliche Interpellation Tzschirners beantwortet sein würde. Man ergreift natürlich mit Freude solche Veranlassungen, um den im Generalkommando zu Petersburg-Olmütz-Potsdam gewünschten Bruch mit den aus direkter Urwahl, also äußerst hochverrätherisch, hervorgegangenen sächsisch-radikalen Kammern zu beschleunigen, indem man der sächsischen Majestät dami droht, ihr selbst noch mehr, als bereits der Fall, zu octroyiren, wofern sie sich nicht ernstlich-energisch anschicke, das Land durch Oktroi's zu beglücken. Das standrechtslüsterne Ministerium Beust-Rabenhorst thut nun zwar, was es kann; es ignorirt die Kammerbeschlüsse oder weis't sie ab, es bleibt trotz aller Mißtrauensadressen des Volks und trotz aller Kammerniederlagen an seinem Platze, es konspirirt mit allen umliegenden Standrechtsmächten u. s. w. , allein die Sache geht doch nicht so rasch von Statten, als es gewünscht wird, denn die rechten Veranlassungen fehlen zur russo-austro-preußischen Energie, weil die Energie überhaupt im ganzen Lande, sowohl der sogenannten revolutionären, wie der contrerevolutionären Partei fehlt. Ein sächsischer passiver Widerstand, Belagerungszustand und ein sächsisches Standrecht müßten sich in der That komisch ausnehmen. Unterdessen wird die Armee, eben weil sie zu eigentlichen Kroatenthaten zu harmlos ist, nach Schleswig-Holstein und gen Breslau geschickt, um schließlich in [Fortsetzung]

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 257. Köln, 28. März 1849, S. 1444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz257_1849/2>, abgerufen am 24.11.2024.