Neue Rheinische Zeitung. Nr. 255. Köln, 25. März 1849.[Deutschland] [Fortsetzung] Nachdem noch mehrere Nachwahlen für gültig anerkannt worden, geht man zur Adreß-Debatte über. Ein Amendement der Abg. Maetze, Zorn und Toebe verlangt, nach §. 3 der Adresse, aus dem D'Esterschen Entwurf Folgendes einzuschieben: "Das Rechtsgefühl des Volkes fordert eine baldige Amnestie für diejenigen, welche das Zerwürfniß zwischen den verschiedenen Staatsgewalten und die Aufhebung der Herrschaft der Gesetze dem Kreise ihrer Familien entzogen oder in Untersuchung verwickelt haben." Maetze will sein Amendement motiviren. Minister Manteuffel macht darauf aufmerksam, daß nach Artikel 47 der Verfassung es dem Könige nur vermittelst eines Gesetzes zusteht, Untersuchungen niederzuschlagen. Uebrigens hält es das Ministerium für seine Pflicht, dem Gesetze seinen Lauf zu lassen. Die Rechtsbegriffe unserer Zeit haben sich so verwirrt, daß es fast kein Verbrechen gibt, das nicht unter die Kategorie der politischen gebracht wird. Wie wollen Sie die bestrafen, welche unter der Devise kämpfen: "Eigenthum ist Diebstahl!" während die, welche die Fackel in ganze Provinzen schleudern, straflos bleiben? -- Eufin, das Ministerium widersetzt sich, unter großem Beifall der Rechten und Zischen der Linken, jedweder Amnestie. Ellwanger wendet sich gegen das Gesindel der politischen Verbrecher, gegen den Zeughaussturm und sonstige todeswürdige Verbrechen mit der ganzen Würde eines Oekonomieraths. Er liest übrigens ab. Zu Ende wird er noch sentimental, spricht von Versöhnung, süßem Recht der Krone und will Amnestie bei Annahme der Verfassung. Schramm wirft die Frage auf, ist eine Amnestie überhaupt gerechtfertigt und kommt auf die Ereignisse in Langensalza zurück, die den Herrn Minister Manteuffel veranlassen, einen Bericht des Landraths zu verlesen. Schramm berichtigt diesen Bericht und macht darauf aufmerksam, daß sich dieser Beamte schon früher zum Spioniren hergegeben. Der Minister Manteuffel verlangt nun, daß der Abg. Schramm wegen des Ausdrucks "Spioniren" zur Ordnung gerufen werde. Der allzeit bereitfertige Präsident Grabow erläßt auch diesen Ordnungsruf. Dieses ruft wieder eine der täglich jetzt vorkommenden Scenen hervor, in denen ein Abg. nach dem Andern auf die Tribüne stürzt und unter dem Lärm der Rechten gegen die Unrechtmäßigkeit des Ordnungsrufes protestirt. Waldeck: Wenn man nicht mehr das Spionirsystem der Beamten hier aufdecken dürfe, dann weiß ich nicht, was wir hier zu thun haben und wenn der Minister rektifizirt, so kann man stolz auf diesen Ordnungsruf sein. Meusebach sagt unter Anderm, daß der Odem des Todes schon über dieser Versammlung liege. (Bravo links.) Bismark-Schönhausen spricht gut von seinem Standpunkte aus. Blömer und Immermann sprechen zur Versöhnung. Schellenberg hält es für eine Ironie des Schicksals, daß die Amnestiefrage gerade am Begräbnißtage der Märzhelden zur Debatte komme, an einem Tage, wo vor einem Jahre so viele Redensarten von Vergebung und Versöhnung gemacht wurden. -- Es ist gesagt worden, daß man den Gesetzen freien Lauf lassen müsse, aber gebt uns erst volksthümliche Gesetze. Seit dem Antritt dieses Ministeriums hört man nichts als von Verfolgungen, Entlassungen, Suspendirungen u. dgl. Das Ministerium will nicht nachgeben, es verfolgt eine Politik der Rache, der es einst erliegen wird. Graf Schwerin trägt darauf an, daß der letzte Redner wegen seines Ausdrucks "Politik der Rache" zur Ordnung gerufen werde. Unter dem Gelächter der Linken erklärt der Präsident dies nicht thun zu wollen. Müller (Siegen) spricht als Prediger in der Wüste. Im übrigen setzt er auseinander, daß die Linke, da sie auf die Zukunft trotzt gar kein Recht habe Amnestie zu fordern, dem wir auch vollkommen beistimmen. Schließlich wird er jedoch wieder sentimental, spricht von Versöhnung, und allgemeinem Frieden. Manteuffel: Das Ministerium hat erklärt, daß es sich nicht im Stande finde die Amnestie zu befürworten. Es wird dem Ministerium jedoch zur Freude gereichen, die Gelegenheit zu ergreifen um in einzelnen, angemessenen Fällen eine Ausnahme zu machen. Vinke als Referent schließt die Debatte. Man habe von dem Rechte der Krone, der Amnestie, gesprochen und von der Krone den ausgedehntesten Gebrauch desselben verlangt. Die Krone dürfe jedoch die Ausübung dieses Rechts nicht mißbrauchen und das Ministerium dürfe seiner Ansicht nach, die Amnestie der Krone nicht empfehlen. Man hat von Menschlichkeit gesprochen, aber damit darf immer noch nicht der Gerechtigkeit vorgegriffen werden. Er spricht sich schließlich für das (vom rechten Centrum) Amendement Jacob aus. Zuerst kommt das Amendement Maetze, gleichlautend mit dem Entwurf von D'Ester zur Abstimmung, welches mit 188 gegen 135 Stimmen verworfen wird. Hierauf wird das Amendement Thiel (linkes Centrum) mit 167 gegen 160 Stimmen angenommen; es lautet "Wenn wir uns nun auch eifrigst bemühen werden, diesem schönen Ziele nachzustreben, so können wir doch schon jetzt nicht umhin, dem väterlichen Herzen Eurer Majestät, das sich stets milde und gütig erwiesen hat, die dringende Bitte nahe zu legen, daß für alle seit dem 18. März v. J. begangenen politischen Verbrechen und Vergehen volle Verzeihung gewährt werden möge. Euer Majestät, wolle überzeugt sein, daß durchden Gebrauch dieses edelsten Vorrechts der Krone die bestehenden bürgerlichen Zerwürfnisse am sichersten geschlichtet und die Thränen vieler tief bekümmerten Familien getrocknet werden können." (Schluß der Sitzung.) Sitzung der ersten Kammer. Das Thema ist die bekannte Rinteln'sche Gerichtsorganisation. Es werden wieder mehrere Amendements vorgelesen unter denen wir die motivirte Tagesordnung Kühnes und Genossen hervorheben. Quadflich spricht gegen die Rechtmäßigkeit der erlassenen Ordonnanzen Hansemann nimmt die Verführten unter den Steuerverweigerer unter seinen väterlichen Schutz, also etwa Leute wie Kosch u. s. w. Indem er für den Commissionsantrag stimmt, verwahrt er sich dagegen, daß man daraus seine Zustimmung für die Maßregeln des Ministeriums überhaupt folgern könne. Maurach vertheidigt sein Amendement. Gräff, weist mit Recht und Würde den Schutz des Herrn Hansemann für die Steuerweigerer zurück, da er diesen Akt noch jetzt nicht bereue. Noch einmal Rintelen. Kurze Zwischenrede. Wieder Rintelen. Hansemann beschwert sich über das viele Sprechen. Das hält Rintelen nicht ab, wieder zu sprechen. Endlich wird der Schluß angenommen und Leue vortheidigt in fließender Rede seinen Antrag, während Goldammer für den der Commission auftritt. Die motivirte Tagesordnung Kühne's wird angenommen. -- Nächste Sitzung Sonnabend. -- Ratibor, 17. März. Einer brieflichen Mittheilung zufolge ist der Kremsierer Ex-Deputirte Füster am 14. d. von Dresden abgereist, um sich nach Hamburg zu begeben. In Betreff seiner Flucht ist von der Königlichen Regierung zu Oppeln die Untersuchung wider alle dabei Betheiligte und die Bestrafung der polizeilichen Wachtmänner angeordnet, das Verfahren des Bürgermeisters dagegen als eine gegen die Habeas-Corpus-Acte nicht verstoßende -- Observations-Maßregel gutgeheißen worden. (Loc.) * Wien, 20. März. Heute um 9 Uhr sind im Stadtgraben 3 von den angeblichen "Mördern" Latour's erschossen worden. Sie heißen: 1) Wangler, 46 Jahre alt, Wittwer, Schmiedegesell bei der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn; 2) Brambosch, 22 Jahre alt, Goldarbeiter und Zimmermaler, gegenwärtig Gemeiner des Regiments Hoch- und Deutschmeister Nro. 4; 3) Jorkovich, 30 J. alt, Schneider, in der Vorstadt Wieden. Die beiden übrigen: 4) Kohl, 22 J. alt, Tischlergesell; 5) Johl, 30 J. alt, Webergeselle, wurden jeder zu 20jähriger Schanzarbeit in schwerem Eisen verurtheilt. Morgen erscheint das octroyirte Preßgesetz! Diesem höchst lieblichen Gesetze ist das Verbot der "Allgem. östr. Zeitung" (von dem berüchtigten Schwarzer redigirt) vorangegangen. Das Verbot wird von der Standrechtsregierung in folgender Weise begründet: "Schon seit längerer Zeit hat die Allgem. östr. Ztg. sich erlaubt, eine feindliche, jede Maßregel der Regierung bekritelnde Stellung anzunehmen, und auf diesem Wege und durch dieses Mittel das Vertrauen an die Regierung zu schwächen und es nach und nach zu untergraben, und einen anarchischen Zustand wieder heraufzurufen, der den Wühlern, denen die Schandpresse in die Hand arbeitet und für sie die Leichtgläubigkeit des Volkes mißbraucht, für ihren Zweck nur ein willkommener sein kann. Es sind an die Redaktion schon mehrmalen Ermahnungen erlassen worden, die Gränzen der Mäßigung nicht zu überschreiten, weil, wenn man das Redliche wahrhaft will und nicht bloß im Munde führt, ohne es wahrhaft zu wollen, auch immer in jenen Gränzen das freie Wort sich recht gut, ohne gepreßt zu sein, anbringen läßt. Meine Ermahnungen haben nicht gefruchtet, darum habe ich mich genöthigt gesehen, zu verfügen, daß die Allgem. östr. Ztg. von heute an nicht mehr erscheinen darf, was ich hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringe. Wien, am 19. März 1849. Feldmarschall-Lieutenant Welden." Jetzt haben wir auch ein standrechtliches Gemeindegesetz. Nur ein in direkter Linie ererbter Grundbesitz, so wie sonstiger ständiger und besteuerter Erwerb qualifiziren zum Gemeindebürger. (Man sieht, die Leute in Olmütz haben sich mit Brandenburg-Manteufel auf's trefflichste vereinbart!) Heute Nacht war Hausuntersuchung bei Dr. Frank. Nachdem der kroatische Offizier die Papiere einige Stunden lang durchstöbert hatte, empfahl er sich wieder und zog sich mit seinem Gefolge zurück. Der Müllermeister Bauer, ehemaliger Deputirter im Reichstage, ist in Mannersdorf mittelst Rathsbeschluß der hiesigen Kriminalbehörde arretirt und diesem Gerichte übergeben worden. Grätz, 16. März. Der vorgestern von den Lehrkanzeln herab kundgegebene Ministerialerlaß, durch welchen den Studirenden alle Zusammenkünfte politischer Färbung so wie alle Abzeichen und Vereinssymbole verboten werden, erhöhte nur den Oppositionsgeist der akademischen Jugend. Auf gestern hatte dieselbe ein großariges, in Maria-Trost, eine Stunde weit von Grätz, abzuhaltendes Meeting angesagt. Die Behörden beschlossen dessen Verhinderung. Es wurden zu diesem Zwecke Kavalleriepatrouillen, dann Kroaten und eine Kompagnie die Nationalgarde konsignirt, welche Streitmacht richtig die Maria-Troster Gegend besetzte und vier Studenten arretirte, die jedoch durch den abgeordneten Kreiskommissar sogleich in Freiheit gesetzt wurden. -- Schon in Folge eines jüngst in der Bierhalle abgehaltenen Verbrüderungsfestes, waren mehre Akademiker excludirt worden. Heute wurden deren zehn verhaftet. 15 Hamburg, 22. März. Zur Erinnerung an die Wiener und Berliner Revolution war von Seiten der Demokraten am 19. d. M. ein Bankett veranstaltet. Der große Saal der Tonhalle war mit der deutschen, polnischen, französischen, ungarischen und italienischen Fahne und mit den Namen: Robert Blum -- Messenhauser -- Weidig -- Wien, den 13. März 1848 und Berlin, den 18. März 1848, sowie mit der rothen Fahne und der Freiheitsmütze geschmückt. Der Saal und die Gallerieen waren gedrängt voll Zuhörer, deren wir über 3000 rechneten. Die Vorfeier wurde eröffnet mit Absingung eines Freiligrathschen Liedes; darauf folgten die Reden abwechselnd mit Gesang. Sämmtliche Reden wurden von den versammelten Zuhörern mit enthusiastischem Beifall aufgenommen. Um 10 Uhr begann das Bankett, an welchem etwa 600 Personen Theil nahmen; während desselben wechselten Toaste mit Gesängen ab. Es wurden namentlich ausgebracht -- den Mahnen der im Friedrichshain und der Brigitten-Au Begrabenen, den Freiheitskämpfern in Ungarn, der neuen römischen Republik, der nordalbingischen Republik mit der Hauptstadt Hamburg, dem hinzugefügt wurde: die Bewohner Schleswig-Holsteins müssen sich nicht durch die Hetzpeitsche des Pferdezüchters von Augustenburg, noch durch den Exkommunisten Beseler oder den achselzuckenden Eisenbahndirektor Olshausen leiten lassen -- sondern Männer aus dem Volk an ihre Spitze stellen, welche mit demselben und für dasselbe kämpfen werden. Das Bankett endete um 2 1/2 Uhr. Selbst einige Heuler konnten es sich nicht versagen, der Feier beizuwohnen, wohl hauptsächlich, um in ihren Blättern wieder ihren Geifer gegen die Demokraten zu speitzen; diesen elenden Kampfhähnen hat sich jetzt auch der wegen seiner Denunziationen aus der Schweiz her bekannte W. Marr zugesellt; ein würdiges Glied in dieser noblen Gesellschaft. 15 Schleswig-Holstein, 22. März. Die Reichstruppen fangen schon seit vorgestern an, unser Land zu überschwemmen; auch der k. baierische Flügeladjudant, k. preuß. Ritter des rothen Adlers und vorjährige Freischaarenführer, v. d. Tann, ist angekommen. Wir werden wohl bald Gelegenheit haben, diesen Ritter in seiner neuen Rolle genauer zu beurtheilen. Die Wirthschaft in Schleswig-Holstein wird immer interessanter. Eine neue Regierung, zusammengesetzt aus den drei Herren Reventlow-Preetz, Beseler und Borgum, kann nämlich unser größter Feind nicht besser auswählen; der Waffenstillstand verlängert und der Friede so gut wie schon abgeschlossen, aber dennoch müssen wir diese Masse von 48-80,000 Mann beherbergen und ernähren; eine vortreffliche Aussicht zum baldigen Ruin unseres sonst so reichen Landes. Reichstruppen bekommen wir, aber die Grundrechte werden uns noch immer vorenthalten; aber nur Geduld mein Volk! Kommt erst dein großer Beseler wieder in's Land, o dann wirst Du bald noch besser empfinden, was es heißt, deutsches Reichsland zu sein! Ein fundirter Beseler wird nie die Hand dazu bieten, daß Offiziere wegen ihrer republikanischen Gesinnungen aus der Armee ohne Untersuchung entlassen werden, und andere Subjekte, denen man Betrug und Ehrenwortsbruch nachweist, Deine Söhne führen. Und gar die Finanzen, wie werden die ferner geordnet werden? Keine heillose Verschwendung wird stattfinden, denn es sind keine Dampfschiffe mehr zu kaufen, um bankrotten Regierungsmitgliedern wieder auf die Beine zu helfen; die dänischen Titel und Orden werden wieder zur Anerkennung kommen und alle Herren, welche dieselben bis jetzt beibehalten, werden dem großen Herzen des großen Beseler näher stehen. Auch die Fideikomisse werden fortbestehen und alle andern Einrichtungen, um die hochherzige Aristokratie zu stützen. Kurz, alles Glück und alles Heil wird mit Beseler und Konsorten wieder bei uns einkehren. O glückliches Schleswig-Holstein! Reichsgensdarmen hast Du schon und deinen Beseler bekommst Du noch. Aber sei auch dankbar gegen deinen Olshausen -- dieser hat es doch wahrlich mit keiner Partei verdorben und nun zum Dank läßt ihn jede fallen -- ist das Recht? !!! Frankfurt, 22. März. National-Versammlung. -- Rest der Abstimmungen in der Kaiser-Debatte. -- Die Stadt ist voll von dem Gerücht, daß das Ministerium Gagern Deutschland mit seiner Abdankung beglücken wird. Wir glauben noch nicht an dies erfreuliche Zartgefühl. -- Die preußische Partei fühlt über ihre unerwartete Niederlage die tiefste Niedergeschlagenheit. -- Simson eröffnet um 1/2 10 Uhr die Sitzung. Würth von Sigmaringen interpellirt den Reichsjustizminister wegen einer Convention der hessischen, nassauischen u. a. Regierungen behufs politischer Verhaftungen, in Folge deren in den betreffenden Ländern eine wahrhafte polizeiliche Häscherjagd angestellt wird. Ob das Ministerium hievon Kenntniß und welche Schritte es dagegen gethan? Tagesordnung. Die Minoritäts-Erachten 3, 4, 5 und 6 zu den Ausschuß-Anträgen werden zurückgezogen. Es beginnt namentliche Abstimmung über die Ausschußanträge, modifizirt durch nachstehende Amendements von Hildebrand: "Für 1a wird beantragt: Das deutsche Reich besteht aus dem Gebiet des bisherigen deutschen Bundes. Die Feststellung der Verhältnisse des Herzogthums Schleswig-Holstein bleibt vorbehalten." Diese Amendements werden mit 487 Stimmen gegen 6 verworfen. (Gelächter.) Die Nachricht vom Abtritt des Ministeriums scheint wahr zu sein, denn die Ministerbänke sind leer und die Herren Minister haben sich rechts auf Abgeordnetenplätze gesetzt. Beckerath und v. Mohl sitzen traulich neben Herrn v. Linde. Bresgen zieht seine Anträge zurück und vereinigt sich mit den Antragen von Eisenstuck. Die Anträge von Radowitz werden in gewöhnlicher Abstimmung verworfen Etwa 20 Mitglieder der Rechten erheben sich aus Artigkeit dafür. Den Tenor der Anträge gab ich früher. Berger nimmt seinen eventuellen Antrag zurück. Ebenso geht es dem Minoritätserachten Nr. 2. Eisenstuck erklärt zu Gunsten der Heckscherschen Anträge die seinigen zurückziehen zu wollen, behält sich aber sofort einen dringlichen Antrag vor, wenn die Heckscherschen verworfen werden sollten. Bresgen nimmt Eisenstuck's Anträge auf. Diese werden namentlich abgestimmt und mit 282 Stimmen gegen 246 Stimmen angenommen!!! -- Eisenstuck selbst und die Linke, so wie fast alle Baiern und die Oestreicher stimmten dagegen. Diese Anträge lauten: In Erwägung: 1) daß die Abstimmung in Bausch und Bogen über den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf, ohne specielle Abstimmung über dessen einzelne Theile, das freie Abstimmungsrecht aufheben und das Gewissen der Volksvertreter verletzen würde; beschließt die Nationalversammlung: [Deutschland] [Fortsetzung] Nachdem noch mehrere Nachwahlen für gültig anerkannt worden, geht man zur Adreß-Debatte über. Ein Amendement der Abg. Maetze, Zorn und Toebe verlangt, nach §. 3 der Adresse, aus dem D'Esterschen Entwurf Folgendes einzuschieben: „Das Rechtsgefühl des Volkes fordert eine baldige Amnestie für diejenigen, welche das Zerwürfniß zwischen den verschiedenen Staatsgewalten und die Aufhebung der Herrschaft der Gesetze dem Kreise ihrer Familien entzogen oder in Untersuchung verwickelt haben.“ Maetze will sein Amendement motiviren. Minister Manteuffel macht darauf aufmerksam, daß nach Artikel 47 der Verfassung es dem Könige nur vermittelst eines Gesetzes zusteht, Untersuchungen niederzuschlagen. Uebrigens hält es das Ministerium für seine Pflicht, dem Gesetze seinen Lauf zu lassen. Die Rechtsbegriffe unserer Zeit haben sich so verwirrt, daß es fast kein Verbrechen gibt, das nicht unter die Kategorie der politischen gebracht wird. Wie wollen Sie die bestrafen, welche unter der Devise kämpfen: „Eigenthum ist Diebstahl!“ während die, welche die Fackel in ganze Provinzen schleudern, straflos bleiben? — Eufin, das Ministerium widersetzt sich, unter großem Beifall der Rechten und Zischen der Linken, jedweder Amnestie. Ellwanger wendet sich gegen das Gesindel der politischen Verbrecher, gegen den Zeughaussturm und sonstige todeswürdige Verbrechen mit der ganzen Würde eines Oekonomieraths. Er liest übrigens ab. Zu Ende wird er noch sentimental, spricht von Versöhnung, süßem Recht der Krone und will Amnestie bei Annahme der Verfassung. Schramm wirft die Frage auf, ist eine Amnestie überhaupt gerechtfertigt und kommt auf die Ereignisse in Langensalza zurück, die den Herrn Minister Manteuffel veranlassen, einen Bericht des Landraths zu verlesen. Schramm berichtigt diesen Bericht und macht darauf aufmerksam, daß sich dieser Beamte schon früher zum Spioniren hergegeben. Der Minister Manteuffel verlangt nun, daß der Abg. Schramm wegen des Ausdrucks „Spioniren“ zur Ordnung gerufen werde. Der allzeit bereitfertige Präsident Grabow erläßt auch diesen Ordnungsruf. Dieses ruft wieder eine der täglich jetzt vorkommenden Scenen hervor, in denen ein Abg. nach dem Andern auf die Tribüne stürzt und unter dem Lärm der Rechten gegen die Unrechtmäßigkeit des Ordnungsrufes protestirt. Waldeck: Wenn man nicht mehr das Spionirsystem der Beamten hier aufdecken dürfe, dann weiß ich nicht, was wir hier zu thun haben und wenn der Minister rektifizirt, so kann man stolz auf diesen Ordnungsruf sein. Meusebach sagt unter Anderm, daß der Odem des Todes schon über dieser Versammlung liege. (Bravo links.) Bismark-Schönhausen spricht gut von seinem Standpunkte aus. Blömer und Immermann sprechen zur Versöhnung. Schellenberg hält es für eine Ironie des Schicksals, daß die Amnestiefrage gerade am Begräbnißtage der Märzhelden zur Debatte komme, an einem Tage, wo vor einem Jahre so viele Redensarten von Vergebung und Versöhnung gemacht wurden. — Es ist gesagt worden, daß man den Gesetzen freien Lauf lassen müsse, aber gebt uns erst volksthümliche Gesetze. Seit dem Antritt dieses Ministeriums hört man nichts als von Verfolgungen, Entlassungen, Suspendirungen u. dgl. Das Ministerium will nicht nachgeben, es verfolgt eine Politik der Rache, der es einst erliegen wird. Graf Schwerin trägt darauf an, daß der letzte Redner wegen seines Ausdrucks „Politik der Rache“ zur Ordnung gerufen werde. Unter dem Gelächter der Linken erklärt der Präsident dies nicht thun zu wollen. Müller (Siegen) spricht als Prediger in der Wüste. Im übrigen setzt er auseinander, daß die Linke, da sie auf die Zukunft trotzt gar kein Recht habe Amnestie zu fordern, dem wir auch vollkommen beistimmen. Schließlich wird er jedoch wieder sentimental, spricht von Versöhnung, und allgemeinem Frieden. Manteuffel: Das Ministerium hat erklärt, daß es sich nicht im Stande finde die Amnestie zu befürworten. Es wird dem Ministerium jedoch zur Freude gereichen, die Gelegenheit zu ergreifen um in einzelnen, angemessenen Fällen eine Ausnahme zu machen. Vinke als Referent schließt die Debatte. Man habe von dem Rechte der Krone, der Amnestie, gesprochen und von der Krone den ausgedehntesten Gebrauch desselben verlangt. Die Krone dürfe jedoch die Ausübung dieses Rechts nicht mißbrauchen und das Ministerium dürfe seiner Ansicht nach, die Amnestie der Krone nicht empfehlen. Man hat von Menschlichkeit gesprochen, aber damit darf immer noch nicht der Gerechtigkeit vorgegriffen werden. Er spricht sich schließlich für das (vom rechten Centrum) Amendement Jacob aus. Zuerst kommt das Amendement Maetze, gleichlautend mit dem Entwurf von D'Ester zur Abstimmung, welches mit 188 gegen 135 Stimmen verworfen wird. Hierauf wird das Amendement Thiel (linkes Centrum) mit 167 gegen 160 Stimmen angenommen; es lautet „Wenn wir uns nun auch eifrigst bemühen werden, diesem schönen Ziele nachzustreben, so können wir doch schon jetzt nicht umhin, dem väterlichen Herzen Eurer Majestät, das sich stets milde und gütig erwiesen hat, die dringende Bitte nahe zu legen, daß für alle seit dem 18. März v. J. begangenen politischen Verbrechen und Vergehen volle Verzeihung gewährt werden möge. Euer Majestät, wolle überzeugt sein, daß durchden Gebrauch dieses edelsten Vorrechts der Krone die bestehenden bürgerlichen Zerwürfnisse am sichersten geschlichtet und die Thränen vieler tief bekümmerten Familien getrocknet werden können.“ (Schluß der Sitzung.) Sitzung der ersten Kammer. Das Thema ist die bekannte Rinteln'sche Gerichtsorganisation. Es werden wieder mehrere Amendements vorgelesen unter denen wir die motivirte Tagesordnung Kühnés und Genossen hervorheben. Quadflich spricht gegen die Rechtmäßigkeit der erlassenen Ordonnanzen Hansemann nimmt die Verführten unter den Steuerverweigerer unter seinen väterlichen Schutz, also etwa Leute wie Kosch u. s. w. Indem er für den Commissionsantrag stimmt, verwahrt er sich dagegen, daß man daraus seine Zustimmung für die Maßregeln des Ministeriums überhaupt folgern könne. Maurach vertheidigt sein Amendement. Gräff, weist mit Recht und Würde den Schutz des Herrn Hansemann für die Steuerweigerer zurück, da er diesen Akt noch jetzt nicht bereue. Noch einmal Rintelen. Kurze Zwischenrede. Wieder Rintelen. Hansemann beschwert sich über das viele Sprechen. Das hält Rintelen nicht ab, wieder zu sprechen. Endlich wird der Schluß angenommen und Leue vortheidigt in fließender Rede seinen Antrag, während Goldammer für den der Commission auftritt. Die motivirte Tagesordnung Kühne's wird angenommen. — Nächste Sitzung Sonnabend. — Ratibor, 17. März. Einer brieflichen Mittheilung zufolge ist der Kremsierer Ex-Deputirte Füster am 14. d. von Dresden abgereist, um sich nach Hamburg zu begeben. In Betreff seiner Flucht ist von der Königlichen Regierung zu Oppeln die Untersuchung wider alle dabei Betheiligte und die Bestrafung der polizeilichen Wachtmänner angeordnet, das Verfahren des Bürgermeisters dagegen als eine gegen die Habeas-Corpus-Acte nicht verstoßende — Observations-Maßregel gutgeheißen worden. (Loc.) * Wien, 20. März. Heute um 9 Uhr sind im Stadtgraben 3 von den angeblichen „Mördern“ Latour's erschossen worden. Sie heißen: 1) Wangler, 46 Jahre alt, Wittwer, Schmiedegesell bei der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn; 2) Brambosch, 22 Jahre alt, Goldarbeiter und Zimmermaler, gegenwärtig Gemeiner des Regiments Hoch- und Deutschmeister Nro. 4; 3) Jorkovich, 30 J. alt, Schneider, in der Vorstadt Wieden. Die beiden übrigen: 4) Kohl, 22 J. alt, Tischlergesell; 5) Johl, 30 J. alt, Webergeselle, wurden jeder zu 20jähriger Schanzarbeit in schwerem Eisen verurtheilt. Morgen erscheint das octroyirte Preßgesetz! Diesem höchst lieblichen Gesetze ist das Verbot der „Allgem. östr. Zeitung“ (von dem berüchtigten Schwarzer redigirt) vorangegangen. Das Verbot wird von der Standrechtsregierung in folgender Weise begründet: „Schon seit längerer Zeit hat die Allgem. östr. Ztg. sich erlaubt, eine feindliche, jede Maßregel der Regierung bekritelnde Stellung anzunehmen, und auf diesem Wege und durch dieses Mittel das Vertrauen an die Regierung zu schwächen und es nach und nach zu untergraben, und einen anarchischen Zustand wieder heraufzurufen, der den Wühlern, denen die Schandpresse in die Hand arbeitet und für sie die Leichtgläubigkeit des Volkes mißbraucht, für ihren Zweck nur ein willkommener sein kann. Es sind an die Redaktion schon mehrmalen Ermahnungen erlassen worden, die Gränzen der Mäßigung nicht zu überschreiten, weil, wenn man das Redliche wahrhaft will und nicht bloß im Munde führt, ohne es wahrhaft zu wollen, auch immer in jenen Gränzen das freie Wort sich recht gut, ohne gepreßt zu sein, anbringen läßt. Meine Ermahnungen haben nicht gefruchtet, darum habe ich mich genöthigt gesehen, zu verfügen, daß die Allgem. östr. Ztg. von heute an nicht mehr erscheinen darf, was ich hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringe. Wien, am 19. März 1849. Feldmarschall-Lieutenant Welden.“ Jetzt haben wir auch ein standrechtliches Gemeindegesetz. Nur ein in direkter Linie ererbter Grundbesitz, so wie sonstiger ständiger und besteuerter Erwerb qualifiziren zum Gemeindebürger. (Man sieht, die Leute in Olmütz haben sich mit Brandenburg-Manteufel auf's trefflichste vereinbart!) Heute Nacht war Hausuntersuchung bei Dr. Frank. Nachdem der kroatische Offizier die Papiere einige Stunden lang durchstöbert hatte, empfahl er sich wieder und zog sich mit seinem Gefolge zurück. Der Müllermeister Bauer, ehemaliger Deputirter im Reichstage, ist in Mannersdorf mittelst Rathsbeschluß der hiesigen Kriminalbehörde arretirt und diesem Gerichte übergeben worden. Grätz, 16. März. Der vorgestern von den Lehrkanzeln herab kundgegebene Ministerialerlaß, durch welchen den Studirenden alle Zusammenkünfte politischer Färbung so wie alle Abzeichen und Vereinssymbole verboten werden, erhöhte nur den Oppositionsgeist der akademischen Jugend. Auf gestern hatte dieselbe ein großariges, in Maria-Trost, eine Stunde weit von Grätz, abzuhaltendes Meeting angesagt. Die Behörden beschlossen dessen Verhinderung. Es wurden zu diesem Zwecke Kavalleriepatrouillen, dann Kroaten und eine Kompagnie die Nationalgarde konsignirt, welche Streitmacht richtig die Maria-Troster Gegend besetzte und vier Studenten arretirte, die jedoch durch den abgeordneten Kreiskommissar sogleich in Freiheit gesetzt wurden. — Schon in Folge eines jüngst in der Bierhalle abgehaltenen Verbrüderungsfestes, waren mehre Akademiker excludirt worden. Heute wurden deren zehn verhaftet. 15 Hamburg, 22. März. Zur Erinnerung an die Wiener und Berliner Revolution war von Seiten der Demokraten am 19. d. M. ein Bankett veranstaltet. Der große Saal der Tonhalle war mit der deutschen, polnischen, französischen, ungarischen und italienischen Fahne und mit den Namen: Robert Blum — Messenhauser — Weidig — Wien, den 13. März 1848 und Berlin, den 18. März 1848, sowie mit der rothen Fahne und der Freiheitsmütze geschmückt. Der Saal und die Gallerieen waren gedrängt voll Zuhörer, deren wir über 3000 rechneten. Die Vorfeier wurde eröffnet mit Absingung eines Freiligrathschen Liedes; darauf folgten die Reden abwechselnd mit Gesang. Sämmtliche Reden wurden von den versammelten Zuhörern mit enthusiastischem Beifall aufgenommen. Um 10 Uhr begann das Bankett, an welchem etwa 600 Personen Theil nahmen; während desselben wechselten Toaste mit Gesängen ab. Es wurden namentlich ausgebracht — den Mahnen der im Friedrichshain und der Brigitten-Au Begrabenen, den Freiheitskämpfern in Ungarn, der neuen römischen Republik, der nordalbingischen Republik mit der Hauptstadt Hamburg, dem hinzugefügt wurde: die Bewohner Schleswig-Holsteins müssen sich nicht durch die Hetzpeitsche des Pferdezüchters von Augustenburg, noch durch den Exkommunisten Beseler oder den achselzuckenden Eisenbahndirektor Olshausen leiten lassen — sondern Männer aus dem Volk an ihre Spitze stellen, welche mit demselben und für dasselbe kämpfen werden. Das Bankett endete um 2 1/2 Uhr. Selbst einige Heuler konnten es sich nicht versagen, der Feier beizuwohnen, wohl hauptsächlich, um in ihren Blättern wieder ihren Geifer gegen die Demokraten zu speitzen; diesen elenden Kampfhähnen hat sich jetzt auch der wegen seiner Denunziationen aus der Schweiz her bekannte W. Marr zugesellt; ein würdiges Glied in dieser noblen Gesellschaft. 15 Schleswig-Holstein, 22. März. Die Reichstruppen fangen schon seit vorgestern an, unser Land zu überschwemmen; auch der k. baierische Flügeladjudant, k. preuß. Ritter des rothen Adlers und vorjährige Freischaarenführer, v. d. Tann, ist angekommen. Wir werden wohl bald Gelegenheit haben, diesen Ritter in seiner neuen Rolle genauer zu beurtheilen. Die Wirthschaft in Schleswig-Holstein wird immer interessanter. Eine neue Regierung, zusammengesetzt aus den drei Herren Reventlow-Preetz, Beseler und Borgum, kann nämlich unser größter Feind nicht besser auswählen; der Waffenstillstand verlängert und der Friede so gut wie schon abgeschlossen, aber dennoch müssen wir diese Masse von 48-80,000 Mann beherbergen und ernähren; eine vortreffliche Aussicht zum baldigen Ruin unseres sonst so reichen Landes. Reichstruppen bekommen wir, aber die Grundrechte werden uns noch immer vorenthalten; aber nur Geduld mein Volk! Kommt erst dein großer Beseler wieder in's Land, o dann wirst Du bald noch besser empfinden, was es heißt, deutsches Reichsland zu sein! Ein fundirter Beseler wird nie die Hand dazu bieten, daß Offiziere wegen ihrer republikanischen Gesinnungen aus der Armee ohne Untersuchung entlassen werden, und andere Subjekte, denen man Betrug und Ehrenwortsbruch nachweist, Deine Söhne führen. Und gar die Finanzen, wie werden die ferner geordnet werden? Keine heillose Verschwendung wird stattfinden, denn es sind keine Dampfschiffe mehr zu kaufen, um bankrotten Regierungsmitgliedern wieder auf die Beine zu helfen; die dänischen Titel und Orden werden wieder zur Anerkennung kommen und alle Herren, welche dieselben bis jetzt beibehalten, werden dem großen Herzen des großen Beseler näher stehen. Auch die Fideikomisse werden fortbestehen und alle andern Einrichtungen, um die hochherzige Aristokratie zu stützen. Kurz, alles Glück und alles Heil wird mit Beseler und Konsorten wieder bei uns einkehren. O glückliches Schleswig-Holstein! Reichsgensdarmen hast Du schon und deinen Beseler bekommst Du noch. Aber sei auch dankbar gegen deinen Olshausen — dieser hat es doch wahrlich mit keiner Partei verdorben und nun zum Dank läßt ihn jede fallen — ist das Recht? !!! Frankfurt, 22. März. National-Versammlung. — Rest der Abstimmungen in der Kaiser-Debatte. — Die Stadt ist voll von dem Gerücht, daß das Ministerium Gagern Deutschland mit seiner Abdankung beglücken wird. Wir glauben noch nicht an dies erfreuliche Zartgefühl. — Die preußische Partei fühlt über ihre unerwartete Niederlage die tiefste Niedergeschlagenheit. — Simson eröffnet um 1/2 10 Uhr die Sitzung. Würth von Sigmaringen interpellirt den Reichsjustizminister wegen einer Convention der hessischen, nassauischen u. a. Regierungen behufs politischer Verhaftungen, in Folge deren in den betreffenden Ländern eine wahrhafte polizeiliche Häscherjagd angestellt wird. Ob das Ministerium hievon Kenntniß und welche Schritte es dagegen gethan? Tagesordnung. Die Minoritäts-Erachten 3, 4, 5 und 6 zu den Ausschuß-Anträgen werden zurückgezogen. Es beginnt namentliche Abstimmung über die Ausschußanträge, modifizirt durch nachstehende Amendements von Hildebrand: „Für 1a wird beantragt: Das deutsche Reich besteht aus dem Gebiet des bisherigen deutschen Bundes. Die Feststellung der Verhältnisse des Herzogthums Schleswig-Holstein bleibt vorbehalten.“ Diese Amendements werden mit 487 Stimmen gegen 6 verworfen. (Gelächter.) Die Nachricht vom Abtritt des Ministeriums scheint wahr zu sein, denn die Ministerbänke sind leer und die Herren Minister haben sich rechts auf Abgeordnetenplätze gesetzt. Beckerath und v. Mohl sitzen traulich neben Herrn v. Linde. Bresgen zieht seine Anträge zurück und vereinigt sich mit den Antragen von Eisenstuck. Die Anträge von Radowitz werden in gewöhnlicher Abstimmung verworfen Etwa 20 Mitglieder der Rechten erheben sich aus Artigkeit dafür. Den Tenor der Anträge gab ich früher. Berger nimmt seinen eventuellen Antrag zurück. Ebenso geht es dem Minoritätserachten Nr. 2. Eisenstuck erklärt zu Gunsten der Heckscherschen Anträge die seinigen zurückziehen zu wollen, behält sich aber sofort einen dringlichen Antrag vor, wenn die Heckscherschen verworfen werden sollten. Bresgen nimmt Eisenstuck's Anträge auf. Diese werden namentlich abgestimmt und mit 282 Stimmen gegen 246 Stimmen angenommen!!! — Eisenstuck selbst und die Linke, so wie fast alle Baiern und die Oestreicher stimmten dagegen. Diese Anträge lauten: In Erwägung: 1) daß die Abstimmung in Bausch und Bogen über den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf, ohne specielle Abstimmung über dessen einzelne Theile, das freie Abstimmungsrecht aufheben und das Gewissen der Volksvertreter verletzen würde; beschließt die Nationalversammlung: <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0003" n="1430"/> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar255-1_006" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Nachdem noch mehrere Nachwahlen für gültig anerkannt worden, geht man zur Adreß-Debatte über.</p> <p>Ein Amendement der Abg. <hi rendition="#g">Maetze, Zorn</hi> und <hi rendition="#g">Toebe</hi> verlangt, nach §. 3 der Adresse, aus dem D'Esterschen Entwurf Folgendes einzuschieben: „Das Rechtsgefühl des Volkes fordert eine baldige <hi rendition="#g">Amnestie</hi> für diejenigen, welche das Zerwürfniß zwischen den verschiedenen Staatsgewalten und die Aufhebung der Herrschaft der Gesetze dem Kreise ihrer Familien entzogen oder in Untersuchung verwickelt haben.“</p> <p><hi rendition="#g">Maetze</hi> will sein Amendement motiviren.</p> <p>Minister <hi rendition="#g">Manteuffel</hi> macht darauf aufmerksam, daß nach Artikel 47 der Verfassung es dem Könige nur vermittelst eines Gesetzes zusteht, Untersuchungen niederzuschlagen. Uebrigens hält es das Ministerium für seine Pflicht, dem Gesetze seinen Lauf zu lassen. Die Rechtsbegriffe unserer Zeit haben sich so verwirrt, daß es fast kein Verbrechen gibt, das nicht unter die Kategorie der politischen gebracht wird. Wie wollen Sie die bestrafen, welche unter der Devise kämpfen: „Eigenthum ist Diebstahl!“ während die, welche die Fackel in ganze Provinzen schleudern, straflos bleiben? — Eufin, das Ministerium widersetzt sich, unter großem Beifall der Rechten und Zischen der Linken, jedweder Amnestie.</p> <p><hi rendition="#g">Ellwanger</hi> wendet sich gegen das Gesindel der politischen Verbrecher, gegen den Zeughaussturm und sonstige todeswürdige Verbrechen mit der ganzen Würde eines Oekonomieraths. Er liest übrigens ab. Zu Ende wird er noch sentimental, spricht von Versöhnung, süßem Recht der Krone und will Amnestie bei Annahme der Verfassung.</p> <p><hi rendition="#g">Schramm</hi> wirft die Frage auf, ist eine Amnestie überhaupt gerechtfertigt und kommt auf die Ereignisse in Langensalza zurück, die den Herrn Minister Manteuffel veranlassen, einen Bericht des Landraths zu verlesen. Schramm berichtigt diesen Bericht und macht darauf aufmerksam, daß sich dieser Beamte schon früher zum Spioniren hergegeben.</p> <p>Der Minister <hi rendition="#g">Manteuffel</hi> verlangt nun, daß der Abg. Schramm wegen des Ausdrucks „Spioniren“ zur Ordnung gerufen werde. Der allzeit bereitfertige Präsident Grabow erläßt auch diesen Ordnungsruf. Dieses ruft wieder eine der täglich jetzt vorkommenden Scenen hervor, in denen ein Abg. nach dem Andern auf die Tribüne stürzt und unter dem Lärm der Rechten gegen die Unrechtmäßigkeit des Ordnungsrufes protestirt.</p> <p><hi rendition="#g">Waldeck</hi>: Wenn man nicht mehr das Spionirsystem der Beamten hier aufdecken dürfe, dann weiß ich nicht, was wir hier zu thun haben und wenn der Minister rektifizirt, so kann man stolz auf diesen Ordnungsruf sein.</p> <p><hi rendition="#g">Meusebach</hi> sagt unter Anderm, daß der Odem des Todes schon über dieser Versammlung liege. (Bravo links.)</p> <p><hi rendition="#g">Bismark-Schönhausen</hi> spricht gut von seinem Standpunkte aus.</p> <p><hi rendition="#g">Blömer</hi> und <hi rendition="#g">Immermann</hi> sprechen zur Versöhnung.</p> <p><hi rendition="#g">Schellenberg</hi> hält es für eine Ironie des Schicksals, daß die Amnestiefrage gerade am Begräbnißtage der Märzhelden zur Debatte komme, an einem Tage, wo vor einem Jahre so viele Redensarten von Vergebung und Versöhnung gemacht wurden. — Es ist gesagt worden, daß man den Gesetzen freien Lauf lassen müsse, aber gebt uns erst volksthümliche Gesetze. Seit dem Antritt dieses Ministeriums hört man nichts als von Verfolgungen, Entlassungen, Suspendirungen u. dgl. Das Ministerium will nicht nachgeben, es verfolgt eine Politik der Rache, der es einst erliegen wird.</p> <p>Graf <hi rendition="#g">Schwerin</hi> trägt darauf an, daß der letzte Redner wegen seines Ausdrucks „Politik der Rache“ zur Ordnung gerufen werde.</p> <p>Unter dem Gelächter der Linken erklärt der Präsident dies nicht thun zu wollen.</p> <p><hi rendition="#g">Müller</hi> (Siegen) spricht als Prediger in der Wüste. Im übrigen setzt er auseinander, daß die Linke, da sie auf die Zukunft trotzt gar kein Recht habe Amnestie zu fordern, dem wir auch vollkommen beistimmen. Schließlich wird er jedoch wieder sentimental, spricht von Versöhnung, und allgemeinem Frieden.</p> <p><hi rendition="#g">Manteuffel</hi>: Das Ministerium hat erklärt, daß es sich nicht im Stande finde die Amnestie zu befürworten. Es wird dem Ministerium jedoch zur Freude gereichen, die Gelegenheit zu ergreifen um in einzelnen, angemessenen Fällen eine Ausnahme zu machen.</p> <p><hi rendition="#g">Vinke</hi> als Referent schließt die Debatte. Man habe von dem Rechte der Krone, der Amnestie, gesprochen und von der Krone den ausgedehntesten Gebrauch desselben verlangt. Die Krone dürfe jedoch die Ausübung dieses Rechts nicht mißbrauchen und das Ministerium dürfe seiner Ansicht nach, die Amnestie der Krone nicht empfehlen. Man hat von Menschlichkeit gesprochen, aber damit darf immer noch nicht der Gerechtigkeit vorgegriffen werden. Er spricht sich schließlich für das (vom rechten Centrum) Amendement Jacob aus.</p> <p>Zuerst kommt das Amendement Maetze, gleichlautend mit dem Entwurf von D'Ester zur Abstimmung, welches mit 188 gegen 135 Stimmen <hi rendition="#g">verworfen</hi> wird.</p> <p>Hierauf wird das Amendement Thiel (linkes Centrum) mit 167 gegen 160 Stimmen <hi rendition="#g">angenommen</hi>; es lautet</p> <p rendition="#et">„Wenn wir uns nun auch eifrigst bemühen werden, diesem schönen Ziele nachzustreben, so können wir doch schon jetzt nicht umhin, dem väterlichen Herzen Eurer Majestät, das sich stets milde und gütig erwiesen hat, die dringende Bitte nahe zu legen, daß für alle seit dem 18. März v. J. begangenen politischen Verbrechen und Vergehen volle Verzeihung gewährt werden möge. Euer Majestät, wolle überzeugt sein, daß durchden Gebrauch dieses edelsten Vorrechts der Krone die bestehenden bürgerlichen Zerwürfnisse am sichersten geschlichtet und die Thränen vieler tief bekümmerten Familien getrocknet werden können.“</p> <p>(Schluß der Sitzung.)</p> <p> <hi rendition="#b">Sitzung der ersten Kammer.</hi> </p> <p>Das Thema ist die bekannte Rinteln'sche Gerichtsorganisation. Es werden wieder mehrere Amendements vorgelesen unter denen wir die motivirte Tagesordnung <hi rendition="#g">Kühnés</hi> und Genossen hervorheben.</p> <p><hi rendition="#g">Quadflich</hi> spricht gegen die Rechtmäßigkeit der erlassenen Ordonnanzen</p> <p><hi rendition="#g">Hansemann</hi> nimmt die Verführten unter den Steuerverweigerer unter seinen väterlichen Schutz, also etwa Leute wie Kosch u. s. w. Indem er für den Commissionsantrag stimmt, verwahrt er sich dagegen, daß man daraus seine Zustimmung für die Maßregeln des Ministeriums überhaupt folgern könne.</p> <p><hi rendition="#g">Maurach</hi> vertheidigt sein Amendement.</p> <p><hi rendition="#g">Gräff</hi>, weist mit Recht und Würde den Schutz des Herrn Hansemann für die Steuerweigerer zurück, da er diesen Akt noch jetzt nicht bereue.</p> <p>Noch einmal <hi rendition="#g">Rintelen</hi>. Kurze Zwischenrede.</p> <p>Wieder <hi rendition="#g">Rintelen</hi>.</p> <p><hi rendition="#g">Hansemann</hi> beschwert sich über das viele Sprechen.</p> <p>Das hält <hi rendition="#g">Rintelen</hi> nicht ab, wieder zu sprechen.</p> <p>Endlich wird der Schluß angenommen und <hi rendition="#g">Leue</hi> vortheidigt in fließender Rede seinen Antrag, während <hi rendition="#g">Goldammer</hi> für den der Commission auftritt.</p> <p>Die motivirte Tagesordnung <hi rendition="#g">Kühne's</hi> wird angenommen. — Nächste Sitzung Sonnabend. —</p> </div> <div xml:id="ar255-1_007" type="jArticle"> <head>Ratibor, 17. März.</head> <p>Einer brieflichen Mittheilung zufolge ist der Kremsierer Ex-Deputirte Füster am 14. d. von Dresden abgereist, um sich nach Hamburg zu begeben. In Betreff seiner Flucht ist von der Königlichen Regierung zu Oppeln die Untersuchung wider alle dabei Betheiligte und die Bestrafung der polizeilichen Wachtmänner angeordnet, das Verfahren des Bürgermeisters dagegen als eine gegen die Habeas-Corpus-Acte nicht verstoßende — Observations-Maßregel gutgeheißen worden.</p> <bibl>(Loc.)</bibl> </div> <div xml:id="ar255-1_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 20. März.</head> <p>Heute um 9 Uhr sind im Stadtgraben 3 von den angeblichen „Mördern“ Latour's erschossen worden. Sie heißen: 1) Wangler, 46 Jahre alt, Wittwer, Schmiedegesell bei der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn; 2) Brambosch, 22 Jahre alt, Goldarbeiter und Zimmermaler, gegenwärtig Gemeiner des Regiments Hoch- und Deutschmeister Nro. 4; 3) Jorkovich, 30 J. alt, Schneider, in der Vorstadt Wieden. Die beiden übrigen: 4) Kohl, 22 J. alt, Tischlergesell; 5) Johl, 30 J. alt, Webergeselle, wurden jeder zu 20jähriger Schanzarbeit in schwerem Eisen verurtheilt.</p> <p>Morgen erscheint das octroyirte Preßgesetz! Diesem höchst lieblichen Gesetze ist das Verbot der „Allgem. östr. Zeitung“ (von dem berüchtigten Schwarzer redigirt) vorangegangen. Das Verbot wird von der Standrechtsregierung in folgender Weise begründet:</p> <p>„Schon seit längerer Zeit hat die Allgem. östr. Ztg. sich erlaubt, eine feindliche, jede Maßregel der Regierung bekritelnde Stellung anzunehmen, und auf diesem Wege und durch dieses Mittel das Vertrauen an die Regierung zu schwächen und es nach und nach zu untergraben, und einen anarchischen Zustand wieder heraufzurufen, der den Wühlern, denen die Schandpresse in die Hand arbeitet und für sie die Leichtgläubigkeit des Volkes mißbraucht, für ihren Zweck nur ein willkommener sein kann. Es sind an die Redaktion schon mehrmalen Ermahnungen erlassen worden, die Gränzen der Mäßigung nicht zu überschreiten, weil, wenn man das Redliche wahrhaft will und nicht bloß im Munde führt, ohne es wahrhaft zu wollen, auch immer in jenen Gränzen das freie Wort sich recht gut, ohne gepreßt zu sein, anbringen läßt. Meine Ermahnungen haben nicht gefruchtet, darum habe ich mich genöthigt gesehen, zu verfügen, daß die Allgem. östr. Ztg. von heute an nicht mehr erscheinen darf, was ich hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringe. Wien, am 19. März 1849.</p> <p>Feldmarschall-Lieutenant <hi rendition="#g">Welden</hi>.“</p> <p>Jetzt haben wir auch ein standrechtliches Gemeindegesetz. Nur ein in direkter Linie ererbter Grundbesitz, so wie sonstiger ständiger und besteuerter Erwerb qualifiziren zum Gemeindebürger. (Man sieht, die Leute in Olmütz haben sich mit Brandenburg-Manteufel auf's trefflichste vereinbart!)</p> <p>Heute Nacht war Hausuntersuchung bei Dr. Frank. Nachdem der kroatische Offizier die Papiere einige Stunden lang durchstöbert hatte, empfahl er sich wieder und zog sich mit seinem Gefolge zurück.</p> <p>Der Müllermeister Bauer, ehemaliger Deputirter im Reichstage, ist in Mannersdorf mittelst Rathsbeschluß der hiesigen Kriminalbehörde arretirt und diesem Gerichte übergeben worden.</p> </div> <div xml:id="ar255-1_009" type="jArticle"> <head>Grätz, 16. März.</head> <p>Der vorgestern von den Lehrkanzeln herab kundgegebene Ministerialerlaß, durch welchen den Studirenden alle Zusammenkünfte politischer Färbung so wie alle Abzeichen und Vereinssymbole verboten werden, erhöhte nur den Oppositionsgeist der akademischen Jugend. Auf gestern hatte dieselbe ein großariges, in Maria-Trost, eine Stunde weit von Grätz, abzuhaltendes Meeting angesagt. Die Behörden beschlossen dessen Verhinderung. Es wurden zu diesem Zwecke Kavalleriepatrouillen, dann Kroaten und eine Kompagnie die Nationalgarde konsignirt, welche Streitmacht richtig die Maria-Troster Gegend besetzte und vier Studenten arretirte, die jedoch durch den abgeordneten Kreiskommissar sogleich in Freiheit gesetzt wurden. — Schon in Folge eines jüngst in der Bierhalle abgehaltenen Verbrüderungsfestes, waren mehre Akademiker excludirt worden. Heute wurden deren zehn verhaftet.</p> </div> <div xml:id="ar255-1_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Hamburg, 22. März.</head> <p>Zur Erinnerung an die Wiener und Berliner Revolution war von Seiten der Demokraten am 19. d. M. ein Bankett veranstaltet.</p> <p>Der große Saal der Tonhalle war mit der deutschen, polnischen, französischen, ungarischen und italienischen Fahne und mit den Namen: Robert Blum — Messenhauser — Weidig — Wien, den 13. März 1848 und Berlin, den 18. März 1848, sowie mit der rothen Fahne und der Freiheitsmütze geschmückt. Der Saal und die Gallerieen waren gedrängt voll Zuhörer, deren wir über 3000 rechneten. Die Vorfeier wurde eröffnet mit Absingung eines Freiligrathschen Liedes; darauf folgten die Reden abwechselnd mit Gesang. Sämmtliche Reden wurden von den versammelten Zuhörern mit enthusiastischem Beifall aufgenommen. Um 10 Uhr begann das Bankett, an welchem etwa 600 Personen Theil nahmen; während desselben wechselten Toaste mit Gesängen ab. Es wurden namentlich ausgebracht — den Mahnen der im Friedrichshain und der Brigitten-Au Begrabenen, den Freiheitskämpfern in Ungarn, der neuen römischen Republik, der nordalbingischen Republik mit der Hauptstadt Hamburg, dem hinzugefügt wurde: die Bewohner Schleswig-Holsteins müssen sich nicht durch die Hetzpeitsche des Pferdezüchters von Augustenburg, noch durch den Exkommunisten Beseler oder den achselzuckenden Eisenbahndirektor Olshausen leiten lassen — sondern Männer aus dem Volk an ihre Spitze stellen, welche mit demselben und für dasselbe kämpfen werden. Das Bankett endete um 2 1/2 Uhr. Selbst einige Heuler konnten es sich nicht versagen, der Feier beizuwohnen, wohl hauptsächlich, um in ihren Blättern wieder ihren Geifer gegen die Demokraten zu speitzen; diesen elenden Kampfhähnen hat sich jetzt auch <hi rendition="#g">der wegen seiner Denunziationen aus der Schweiz her bekannte W. Marr zugesellt</hi>; ein würdiges Glied in dieser noblen Gesellschaft.</p> </div> <div xml:id="ar255-1_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Schleswig-Holstein, 22. März.</head> <p>Die Reichstruppen fangen schon seit vorgestern an, unser Land zu überschwemmen; auch der k. baierische Flügeladjudant, k. preuß. Ritter des rothen Adlers und vorjährige Freischaarenführer, v. d. Tann, ist angekommen. Wir werden wohl bald Gelegenheit haben, diesen Ritter in seiner neuen Rolle genauer zu beurtheilen.</p> <p>Die Wirthschaft in Schleswig-Holstein wird immer interessanter. Eine neue Regierung, zusammengesetzt aus den drei Herren Reventlow-Preetz, Beseler und Borgum, kann nämlich unser größter Feind nicht besser auswählen; der Waffenstillstand verlängert und der Friede so gut wie schon abgeschlossen, aber dennoch müssen wir diese Masse von 48-80,000 Mann beherbergen und ernähren; eine vortreffliche Aussicht zum baldigen Ruin unseres sonst so reichen Landes. Reichstruppen bekommen wir, aber die Grundrechte werden uns noch immer vorenthalten; aber nur Geduld mein Volk! Kommt erst dein großer Beseler wieder in's Land, o dann wirst Du bald noch besser empfinden, was es heißt, deutsches Reichsland zu sein! Ein fundirter Beseler wird nie die Hand dazu bieten, daß Offiziere wegen ihrer republikanischen Gesinnungen aus der Armee ohne Untersuchung entlassen werden, und andere Subjekte, denen man Betrug und Ehrenwortsbruch nachweist, Deine Söhne führen. Und gar die Finanzen, wie werden die ferner geordnet werden? Keine heillose Verschwendung wird stattfinden, denn es sind keine Dampfschiffe mehr zu kaufen, um bankrotten Regierungsmitgliedern wieder auf die Beine zu helfen; die dänischen Titel und Orden werden wieder zur Anerkennung kommen und alle Herren, welche dieselben bis jetzt beibehalten, werden dem großen Herzen des großen Beseler näher stehen. Auch die Fideikomisse werden fortbestehen und alle andern Einrichtungen, um die hochherzige Aristokratie zu stützen. Kurz, alles Glück und alles Heil wird mit Beseler und Konsorten wieder bei uns einkehren. O glückliches Schleswig-Holstein! Reichsgensdarmen hast Du schon und deinen Beseler bekommst Du noch. Aber sei auch dankbar gegen deinen Olshausen — dieser hat es doch wahrlich mit keiner Partei verdorben und nun zum Dank läßt ihn jede fallen — ist das Recht?</p> </div> <div xml:id="ar255-1_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 22. März.</head> <p>National-Versammlung. — Rest der Abstimmungen in der Kaiser-Debatte. — Die Stadt ist voll von dem Gerücht, daß das Ministerium Gagern Deutschland mit seiner Abdankung beglücken wird. Wir glauben noch nicht an dies erfreuliche Zartgefühl. — Die preußische Partei fühlt über ihre unerwartete Niederlage die tiefste Niedergeschlagenheit. — <hi rendition="#g">Simson</hi> eröffnet um 1/2 10 Uhr die Sitzung.</p> <p><hi rendition="#g">Würth</hi> von Sigmaringen interpellirt den Reichsjustizminister wegen einer Convention der hessischen, nassauischen u. a. Regierungen behufs politischer Verhaftungen, in Folge deren in den betreffenden Ländern eine wahrhafte polizeiliche Häscherjagd angestellt wird. Ob das Ministerium hievon Kenntniß und welche Schritte es dagegen gethan?</p> <p><hi rendition="#g">Tagesordnung</hi>.</p> <p>Die Minoritäts-Erachten 3, 4, 5 und 6 zu den Ausschuß-Anträgen werden zurückgezogen. Es beginnt namentliche Abstimmung über die Ausschußanträge, modifizirt durch nachstehende Amendements von Hildebrand:</p> <p rendition="#et">„Für 1a wird beantragt: Das deutsche Reich besteht aus dem Gebiet des bisherigen deutschen Bundes. Die Feststellung der Verhältnisse des Herzogthums Schleswig-Holstein bleibt vorbehalten.“<lb/> „Nach 1 b. unter c. einzuschalten: c., daß in den §§ 81 und 108 die Bestimmungen über das Veto des Kaisers in der Fassung beibehalten werden, wie sie aus der ersten Lesung hervorgegangen sind.“<lb/> „Unter 3 ist lit. b., welche die geheime Wahl in öffentliche verwandelt, ganz wegzulassen.“</p> <p>Diese Amendements werden mit 487 Stimmen gegen 6 verworfen. (Gelächter.)</p> <p>Die Nachricht vom Abtritt des Ministeriums scheint wahr zu sein, denn die Ministerbänke sind leer und die Herren Minister haben sich rechts auf Abgeordnetenplätze gesetzt. Beckerath und v. Mohl sitzen traulich neben Herrn v. Linde.</p> <p><hi rendition="#g">Bresgen</hi> zieht seine Anträge zurück und vereinigt sich mit den Antragen von Eisenstuck.</p> <p>Die Anträge von <hi rendition="#g">Radowitz</hi> werden in gewöhnlicher Abstimmung verworfen Etwa 20 Mitglieder der Rechten erheben sich aus Artigkeit dafür. Den Tenor der Anträge gab ich früher.</p> <p><hi rendition="#g">Berger</hi> nimmt seinen eventuellen Antrag zurück. Ebenso geht es dem Minoritätserachten Nr. 2.</p> <p><hi rendition="#g">Eisenstuck</hi> erklärt zu Gunsten der Heckscherschen Anträge die seinigen zurückziehen zu wollen, behält sich aber sofort einen dringlichen Antrag vor, wenn die Heckscherschen verworfen werden sollten.</p> <p>Bresgen nimmt Eisenstuck's Anträge auf. Diese werden namentlich abgestimmt und mit 282 Stimmen gegen 246 Stimmen angenommen!!! — Eisenstuck selbst und die Linke, so wie fast alle Baiern und die Oestreicher stimmten dagegen.</p> <p>Diese Anträge lauten:</p> <p rendition="#et">In Erwägung: 1) daß die Abstimmung in Bausch und Bogen über den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf, ohne specielle Abstimmung über dessen einzelne Theile, das freie Abstimmungsrecht aufheben und das Gewissen der Volksvertreter verletzen würde;<lb/> 2) daß aber bei der gegenwärtigen Lage Deutschlands die schleunigste Vollendung des Verfassungswerkes als eine gebieterische Pflicht der Volksvertretung erscheint,</p> <p>beschließt die Nationalversammlung:</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1430/0003]
[Deutschland] [Fortsetzung] Nachdem noch mehrere Nachwahlen für gültig anerkannt worden, geht man zur Adreß-Debatte über.
Ein Amendement der Abg. Maetze, Zorn und Toebe verlangt, nach §. 3 der Adresse, aus dem D'Esterschen Entwurf Folgendes einzuschieben: „Das Rechtsgefühl des Volkes fordert eine baldige Amnestie für diejenigen, welche das Zerwürfniß zwischen den verschiedenen Staatsgewalten und die Aufhebung der Herrschaft der Gesetze dem Kreise ihrer Familien entzogen oder in Untersuchung verwickelt haben.“
Maetze will sein Amendement motiviren.
Minister Manteuffel macht darauf aufmerksam, daß nach Artikel 47 der Verfassung es dem Könige nur vermittelst eines Gesetzes zusteht, Untersuchungen niederzuschlagen. Uebrigens hält es das Ministerium für seine Pflicht, dem Gesetze seinen Lauf zu lassen. Die Rechtsbegriffe unserer Zeit haben sich so verwirrt, daß es fast kein Verbrechen gibt, das nicht unter die Kategorie der politischen gebracht wird. Wie wollen Sie die bestrafen, welche unter der Devise kämpfen: „Eigenthum ist Diebstahl!“ während die, welche die Fackel in ganze Provinzen schleudern, straflos bleiben? — Eufin, das Ministerium widersetzt sich, unter großem Beifall der Rechten und Zischen der Linken, jedweder Amnestie.
Ellwanger wendet sich gegen das Gesindel der politischen Verbrecher, gegen den Zeughaussturm und sonstige todeswürdige Verbrechen mit der ganzen Würde eines Oekonomieraths. Er liest übrigens ab. Zu Ende wird er noch sentimental, spricht von Versöhnung, süßem Recht der Krone und will Amnestie bei Annahme der Verfassung.
Schramm wirft die Frage auf, ist eine Amnestie überhaupt gerechtfertigt und kommt auf die Ereignisse in Langensalza zurück, die den Herrn Minister Manteuffel veranlassen, einen Bericht des Landraths zu verlesen. Schramm berichtigt diesen Bericht und macht darauf aufmerksam, daß sich dieser Beamte schon früher zum Spioniren hergegeben.
Der Minister Manteuffel verlangt nun, daß der Abg. Schramm wegen des Ausdrucks „Spioniren“ zur Ordnung gerufen werde. Der allzeit bereitfertige Präsident Grabow erläßt auch diesen Ordnungsruf. Dieses ruft wieder eine der täglich jetzt vorkommenden Scenen hervor, in denen ein Abg. nach dem Andern auf die Tribüne stürzt und unter dem Lärm der Rechten gegen die Unrechtmäßigkeit des Ordnungsrufes protestirt.
Waldeck: Wenn man nicht mehr das Spionirsystem der Beamten hier aufdecken dürfe, dann weiß ich nicht, was wir hier zu thun haben und wenn der Minister rektifizirt, so kann man stolz auf diesen Ordnungsruf sein.
Meusebach sagt unter Anderm, daß der Odem des Todes schon über dieser Versammlung liege. (Bravo links.)
Bismark-Schönhausen spricht gut von seinem Standpunkte aus.
Blömer und Immermann sprechen zur Versöhnung.
Schellenberg hält es für eine Ironie des Schicksals, daß die Amnestiefrage gerade am Begräbnißtage der Märzhelden zur Debatte komme, an einem Tage, wo vor einem Jahre so viele Redensarten von Vergebung und Versöhnung gemacht wurden. — Es ist gesagt worden, daß man den Gesetzen freien Lauf lassen müsse, aber gebt uns erst volksthümliche Gesetze. Seit dem Antritt dieses Ministeriums hört man nichts als von Verfolgungen, Entlassungen, Suspendirungen u. dgl. Das Ministerium will nicht nachgeben, es verfolgt eine Politik der Rache, der es einst erliegen wird.
Graf Schwerin trägt darauf an, daß der letzte Redner wegen seines Ausdrucks „Politik der Rache“ zur Ordnung gerufen werde.
Unter dem Gelächter der Linken erklärt der Präsident dies nicht thun zu wollen.
Müller (Siegen) spricht als Prediger in der Wüste. Im übrigen setzt er auseinander, daß die Linke, da sie auf die Zukunft trotzt gar kein Recht habe Amnestie zu fordern, dem wir auch vollkommen beistimmen. Schließlich wird er jedoch wieder sentimental, spricht von Versöhnung, und allgemeinem Frieden.
Manteuffel: Das Ministerium hat erklärt, daß es sich nicht im Stande finde die Amnestie zu befürworten. Es wird dem Ministerium jedoch zur Freude gereichen, die Gelegenheit zu ergreifen um in einzelnen, angemessenen Fällen eine Ausnahme zu machen.
Vinke als Referent schließt die Debatte. Man habe von dem Rechte der Krone, der Amnestie, gesprochen und von der Krone den ausgedehntesten Gebrauch desselben verlangt. Die Krone dürfe jedoch die Ausübung dieses Rechts nicht mißbrauchen und das Ministerium dürfe seiner Ansicht nach, die Amnestie der Krone nicht empfehlen. Man hat von Menschlichkeit gesprochen, aber damit darf immer noch nicht der Gerechtigkeit vorgegriffen werden. Er spricht sich schließlich für das (vom rechten Centrum) Amendement Jacob aus.
Zuerst kommt das Amendement Maetze, gleichlautend mit dem Entwurf von D'Ester zur Abstimmung, welches mit 188 gegen 135 Stimmen verworfen wird.
Hierauf wird das Amendement Thiel (linkes Centrum) mit 167 gegen 160 Stimmen angenommen; es lautet
„Wenn wir uns nun auch eifrigst bemühen werden, diesem schönen Ziele nachzustreben, so können wir doch schon jetzt nicht umhin, dem väterlichen Herzen Eurer Majestät, das sich stets milde und gütig erwiesen hat, die dringende Bitte nahe zu legen, daß für alle seit dem 18. März v. J. begangenen politischen Verbrechen und Vergehen volle Verzeihung gewährt werden möge. Euer Majestät, wolle überzeugt sein, daß durchden Gebrauch dieses edelsten Vorrechts der Krone die bestehenden bürgerlichen Zerwürfnisse am sichersten geschlichtet und die Thränen vieler tief bekümmerten Familien getrocknet werden können.“
(Schluß der Sitzung.)
Sitzung der ersten Kammer.
Das Thema ist die bekannte Rinteln'sche Gerichtsorganisation. Es werden wieder mehrere Amendements vorgelesen unter denen wir die motivirte Tagesordnung Kühnés und Genossen hervorheben.
Quadflich spricht gegen die Rechtmäßigkeit der erlassenen Ordonnanzen
Hansemann nimmt die Verführten unter den Steuerverweigerer unter seinen väterlichen Schutz, also etwa Leute wie Kosch u. s. w. Indem er für den Commissionsantrag stimmt, verwahrt er sich dagegen, daß man daraus seine Zustimmung für die Maßregeln des Ministeriums überhaupt folgern könne.
Maurach vertheidigt sein Amendement.
Gräff, weist mit Recht und Würde den Schutz des Herrn Hansemann für die Steuerweigerer zurück, da er diesen Akt noch jetzt nicht bereue.
Noch einmal Rintelen. Kurze Zwischenrede.
Wieder Rintelen.
Hansemann beschwert sich über das viele Sprechen.
Das hält Rintelen nicht ab, wieder zu sprechen.
Endlich wird der Schluß angenommen und Leue vortheidigt in fließender Rede seinen Antrag, während Goldammer für den der Commission auftritt.
Die motivirte Tagesordnung Kühne's wird angenommen. — Nächste Sitzung Sonnabend. —
Ratibor, 17. März. Einer brieflichen Mittheilung zufolge ist der Kremsierer Ex-Deputirte Füster am 14. d. von Dresden abgereist, um sich nach Hamburg zu begeben. In Betreff seiner Flucht ist von der Königlichen Regierung zu Oppeln die Untersuchung wider alle dabei Betheiligte und die Bestrafung der polizeilichen Wachtmänner angeordnet, das Verfahren des Bürgermeisters dagegen als eine gegen die Habeas-Corpus-Acte nicht verstoßende — Observations-Maßregel gutgeheißen worden.
(Loc.) * Wien, 20. März. Heute um 9 Uhr sind im Stadtgraben 3 von den angeblichen „Mördern“ Latour's erschossen worden. Sie heißen: 1) Wangler, 46 Jahre alt, Wittwer, Schmiedegesell bei der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn; 2) Brambosch, 22 Jahre alt, Goldarbeiter und Zimmermaler, gegenwärtig Gemeiner des Regiments Hoch- und Deutschmeister Nro. 4; 3) Jorkovich, 30 J. alt, Schneider, in der Vorstadt Wieden. Die beiden übrigen: 4) Kohl, 22 J. alt, Tischlergesell; 5) Johl, 30 J. alt, Webergeselle, wurden jeder zu 20jähriger Schanzarbeit in schwerem Eisen verurtheilt.
Morgen erscheint das octroyirte Preßgesetz! Diesem höchst lieblichen Gesetze ist das Verbot der „Allgem. östr. Zeitung“ (von dem berüchtigten Schwarzer redigirt) vorangegangen. Das Verbot wird von der Standrechtsregierung in folgender Weise begründet:
„Schon seit längerer Zeit hat die Allgem. östr. Ztg. sich erlaubt, eine feindliche, jede Maßregel der Regierung bekritelnde Stellung anzunehmen, und auf diesem Wege und durch dieses Mittel das Vertrauen an die Regierung zu schwächen und es nach und nach zu untergraben, und einen anarchischen Zustand wieder heraufzurufen, der den Wühlern, denen die Schandpresse in die Hand arbeitet und für sie die Leichtgläubigkeit des Volkes mißbraucht, für ihren Zweck nur ein willkommener sein kann. Es sind an die Redaktion schon mehrmalen Ermahnungen erlassen worden, die Gränzen der Mäßigung nicht zu überschreiten, weil, wenn man das Redliche wahrhaft will und nicht bloß im Munde führt, ohne es wahrhaft zu wollen, auch immer in jenen Gränzen das freie Wort sich recht gut, ohne gepreßt zu sein, anbringen läßt. Meine Ermahnungen haben nicht gefruchtet, darum habe ich mich genöthigt gesehen, zu verfügen, daß die Allgem. östr. Ztg. von heute an nicht mehr erscheinen darf, was ich hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringe. Wien, am 19. März 1849.
Feldmarschall-Lieutenant Welden.“
Jetzt haben wir auch ein standrechtliches Gemeindegesetz. Nur ein in direkter Linie ererbter Grundbesitz, so wie sonstiger ständiger und besteuerter Erwerb qualifiziren zum Gemeindebürger. (Man sieht, die Leute in Olmütz haben sich mit Brandenburg-Manteufel auf's trefflichste vereinbart!)
Heute Nacht war Hausuntersuchung bei Dr. Frank. Nachdem der kroatische Offizier die Papiere einige Stunden lang durchstöbert hatte, empfahl er sich wieder und zog sich mit seinem Gefolge zurück.
Der Müllermeister Bauer, ehemaliger Deputirter im Reichstage, ist in Mannersdorf mittelst Rathsbeschluß der hiesigen Kriminalbehörde arretirt und diesem Gerichte übergeben worden.
Grätz, 16. März. Der vorgestern von den Lehrkanzeln herab kundgegebene Ministerialerlaß, durch welchen den Studirenden alle Zusammenkünfte politischer Färbung so wie alle Abzeichen und Vereinssymbole verboten werden, erhöhte nur den Oppositionsgeist der akademischen Jugend. Auf gestern hatte dieselbe ein großariges, in Maria-Trost, eine Stunde weit von Grätz, abzuhaltendes Meeting angesagt. Die Behörden beschlossen dessen Verhinderung. Es wurden zu diesem Zwecke Kavalleriepatrouillen, dann Kroaten und eine Kompagnie die Nationalgarde konsignirt, welche Streitmacht richtig die Maria-Troster Gegend besetzte und vier Studenten arretirte, die jedoch durch den abgeordneten Kreiskommissar sogleich in Freiheit gesetzt wurden. — Schon in Folge eines jüngst in der Bierhalle abgehaltenen Verbrüderungsfestes, waren mehre Akademiker excludirt worden. Heute wurden deren zehn verhaftet.
15 Hamburg, 22. März. Zur Erinnerung an die Wiener und Berliner Revolution war von Seiten der Demokraten am 19. d. M. ein Bankett veranstaltet.
Der große Saal der Tonhalle war mit der deutschen, polnischen, französischen, ungarischen und italienischen Fahne und mit den Namen: Robert Blum — Messenhauser — Weidig — Wien, den 13. März 1848 und Berlin, den 18. März 1848, sowie mit der rothen Fahne und der Freiheitsmütze geschmückt. Der Saal und die Gallerieen waren gedrängt voll Zuhörer, deren wir über 3000 rechneten. Die Vorfeier wurde eröffnet mit Absingung eines Freiligrathschen Liedes; darauf folgten die Reden abwechselnd mit Gesang. Sämmtliche Reden wurden von den versammelten Zuhörern mit enthusiastischem Beifall aufgenommen. Um 10 Uhr begann das Bankett, an welchem etwa 600 Personen Theil nahmen; während desselben wechselten Toaste mit Gesängen ab. Es wurden namentlich ausgebracht — den Mahnen der im Friedrichshain und der Brigitten-Au Begrabenen, den Freiheitskämpfern in Ungarn, der neuen römischen Republik, der nordalbingischen Republik mit der Hauptstadt Hamburg, dem hinzugefügt wurde: die Bewohner Schleswig-Holsteins müssen sich nicht durch die Hetzpeitsche des Pferdezüchters von Augustenburg, noch durch den Exkommunisten Beseler oder den achselzuckenden Eisenbahndirektor Olshausen leiten lassen — sondern Männer aus dem Volk an ihre Spitze stellen, welche mit demselben und für dasselbe kämpfen werden. Das Bankett endete um 2 1/2 Uhr. Selbst einige Heuler konnten es sich nicht versagen, der Feier beizuwohnen, wohl hauptsächlich, um in ihren Blättern wieder ihren Geifer gegen die Demokraten zu speitzen; diesen elenden Kampfhähnen hat sich jetzt auch der wegen seiner Denunziationen aus der Schweiz her bekannte W. Marr zugesellt; ein würdiges Glied in dieser noblen Gesellschaft.
15 Schleswig-Holstein, 22. März. Die Reichstruppen fangen schon seit vorgestern an, unser Land zu überschwemmen; auch der k. baierische Flügeladjudant, k. preuß. Ritter des rothen Adlers und vorjährige Freischaarenführer, v. d. Tann, ist angekommen. Wir werden wohl bald Gelegenheit haben, diesen Ritter in seiner neuen Rolle genauer zu beurtheilen.
Die Wirthschaft in Schleswig-Holstein wird immer interessanter. Eine neue Regierung, zusammengesetzt aus den drei Herren Reventlow-Preetz, Beseler und Borgum, kann nämlich unser größter Feind nicht besser auswählen; der Waffenstillstand verlängert und der Friede so gut wie schon abgeschlossen, aber dennoch müssen wir diese Masse von 48-80,000 Mann beherbergen und ernähren; eine vortreffliche Aussicht zum baldigen Ruin unseres sonst so reichen Landes. Reichstruppen bekommen wir, aber die Grundrechte werden uns noch immer vorenthalten; aber nur Geduld mein Volk! Kommt erst dein großer Beseler wieder in's Land, o dann wirst Du bald noch besser empfinden, was es heißt, deutsches Reichsland zu sein! Ein fundirter Beseler wird nie die Hand dazu bieten, daß Offiziere wegen ihrer republikanischen Gesinnungen aus der Armee ohne Untersuchung entlassen werden, und andere Subjekte, denen man Betrug und Ehrenwortsbruch nachweist, Deine Söhne führen. Und gar die Finanzen, wie werden die ferner geordnet werden? Keine heillose Verschwendung wird stattfinden, denn es sind keine Dampfschiffe mehr zu kaufen, um bankrotten Regierungsmitgliedern wieder auf die Beine zu helfen; die dänischen Titel und Orden werden wieder zur Anerkennung kommen und alle Herren, welche dieselben bis jetzt beibehalten, werden dem großen Herzen des großen Beseler näher stehen. Auch die Fideikomisse werden fortbestehen und alle andern Einrichtungen, um die hochherzige Aristokratie zu stützen. Kurz, alles Glück und alles Heil wird mit Beseler und Konsorten wieder bei uns einkehren. O glückliches Schleswig-Holstein! Reichsgensdarmen hast Du schon und deinen Beseler bekommst Du noch. Aber sei auch dankbar gegen deinen Olshausen — dieser hat es doch wahrlich mit keiner Partei verdorben und nun zum Dank läßt ihn jede fallen — ist das Recht?
!!! Frankfurt, 22. März. National-Versammlung. — Rest der Abstimmungen in der Kaiser-Debatte. — Die Stadt ist voll von dem Gerücht, daß das Ministerium Gagern Deutschland mit seiner Abdankung beglücken wird. Wir glauben noch nicht an dies erfreuliche Zartgefühl. — Die preußische Partei fühlt über ihre unerwartete Niederlage die tiefste Niedergeschlagenheit. — Simson eröffnet um 1/2 10 Uhr die Sitzung.
Würth von Sigmaringen interpellirt den Reichsjustizminister wegen einer Convention der hessischen, nassauischen u. a. Regierungen behufs politischer Verhaftungen, in Folge deren in den betreffenden Ländern eine wahrhafte polizeiliche Häscherjagd angestellt wird. Ob das Ministerium hievon Kenntniß und welche Schritte es dagegen gethan?
Tagesordnung.
Die Minoritäts-Erachten 3, 4, 5 und 6 zu den Ausschuß-Anträgen werden zurückgezogen. Es beginnt namentliche Abstimmung über die Ausschußanträge, modifizirt durch nachstehende Amendements von Hildebrand:
„Für 1a wird beantragt: Das deutsche Reich besteht aus dem Gebiet des bisherigen deutschen Bundes. Die Feststellung der Verhältnisse des Herzogthums Schleswig-Holstein bleibt vorbehalten.“
„Nach 1 b. unter c. einzuschalten: c., daß in den §§ 81 und 108 die Bestimmungen über das Veto des Kaisers in der Fassung beibehalten werden, wie sie aus der ersten Lesung hervorgegangen sind.“
„Unter 3 ist lit. b., welche die geheime Wahl in öffentliche verwandelt, ganz wegzulassen.“
Diese Amendements werden mit 487 Stimmen gegen 6 verworfen. (Gelächter.)
Die Nachricht vom Abtritt des Ministeriums scheint wahr zu sein, denn die Ministerbänke sind leer und die Herren Minister haben sich rechts auf Abgeordnetenplätze gesetzt. Beckerath und v. Mohl sitzen traulich neben Herrn v. Linde.
Bresgen zieht seine Anträge zurück und vereinigt sich mit den Antragen von Eisenstuck.
Die Anträge von Radowitz werden in gewöhnlicher Abstimmung verworfen Etwa 20 Mitglieder der Rechten erheben sich aus Artigkeit dafür. Den Tenor der Anträge gab ich früher.
Berger nimmt seinen eventuellen Antrag zurück. Ebenso geht es dem Minoritätserachten Nr. 2.
Eisenstuck erklärt zu Gunsten der Heckscherschen Anträge die seinigen zurückziehen zu wollen, behält sich aber sofort einen dringlichen Antrag vor, wenn die Heckscherschen verworfen werden sollten.
Bresgen nimmt Eisenstuck's Anträge auf. Diese werden namentlich abgestimmt und mit 282 Stimmen gegen 246 Stimmen angenommen!!! — Eisenstuck selbst und die Linke, so wie fast alle Baiern und die Oestreicher stimmten dagegen.
Diese Anträge lauten:
In Erwägung: 1) daß die Abstimmung in Bausch und Bogen über den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf, ohne specielle Abstimmung über dessen einzelne Theile, das freie Abstimmungsrecht aufheben und das Gewissen der Volksvertreter verletzen würde;
2) daß aber bei der gegenwärtigen Lage Deutschlands die schleunigste Vollendung des Verfassungswerkes als eine gebieterische Pflicht der Volksvertretung erscheint,
beschließt die Nationalversammlung:
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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