Neue Rheinische Zeitung. Nr. 254. Köln, 24. März 1849.sandig wie in Berlin, noch so steinig wie in Wien. Auch beträgt die Minorität hier etwas mehr, als in den beiden deutschen Städten. Sie erreichte bereits gestern Abend 359 gegen 378, und wäre zur Majorität geworden, wenn die Jüstemilianer Duclerc, Pagnerre und Comp. nicht mit der Rechten gestimmt hätten und täglich in's Elysee liefen, um dem Präsidenten für eine gute Stelle die Glacehandschuhe zu küssen. -- 3 1/2 Uhr. Eben kommen Berg und Linke wieder in den Saal und stimmen!!! Paris, 21. März. Das Handelsministerium benachrichtigt die Handelswelt durch den Moniteur von dem Wiederbeginn der Blokade der schleswig-holsteinschen Häfen. Diese Blokade, hat Dänemark dem Vertreter der französ. Republik in Copenhagen am 7. März erklärt, habe keinen anderen Zweck als die Wiederherstellung der dänischen Obrigkeit auf allen Punkten, wo dieselbe mißkannt worden sei und sie würde wieder gehoben werden, sobald das königliche Ansehen wieder etablirt worden. -- Der dänische Krieg beschäftigt das Elysee viel weniger, als das gestrige Votum in der Clubfrage. Die Nationalversammlung hat am Schlusse ihrer gestrigen Sitzung die Clubs nur mit 378 gegen 359 Kugeln untersagt, d. h. die ersten drei Worte des Amendements der Minorität in zweiter Lesung angenommen. Mit einer solchen Majorität würde sich jedes normale Ministerium zurückziehen; da wir aber noch in revolutionärem Zustande uns befinden, so will Bonaparte vor den Wahlen seine Minister nicht wechseln. Welche Glückseligkeiten uns nach den Wahlen bescheert sein werden, soll natürlich vom Ausfall der Wahlen selbst abhängen. Unsere größten politischen Sterndeuter meinen: die nächste Kammer werde ungefähr 500 vollblütige Conservatoren (große Grundbesitzer, anerkannte Royalisten, alte Minister etc.), 150 Justemilianer (aus der Boutique des National) und etwa 100 Galgenstricke, wie man im Faubourg St. Germain die Socialisten nennt, zählen: vorausgesetzt, daß der italische und der deutsche Reichskrieg nicht die Köpfe der Wähler plötzlich verrückte. Qui vivra, verra. -- Eine Ordonnanz des Polizeipräfekten, die gestern zum großen Erstaunen der Menge angeklebt wurde, widerruft die den Straßen-Journalverkäufern seit dem Februar v. J. verliehenen Patente. Aus den Gründen, die der Ordonnanz vorher geschickt sind, erfährt man, daß dieser fliegende Journalverkauf den Straßenverkehr hindere (!). -- Sämmtliche rothe Journale und selbst der National erheben ein fürchterliches Geschrei gegen die neuesten ministeriellen Maßregeln. Erst die Clubs, dann die Presse durch Entziehung des öffentlichen Verkaufs und Wiedereinführung des Stempels tödten -- rufen sie, das ist der große Plan des neuen Feldzuges. Quo nos dominateurs le sachent, ce jeu est plus dangereux qu'ils ne le pensent erklärt die Revolution in ihrer heutigen Nummer. -- Im Rauchzimmer der Nationalversammlung ging es während der Clubdebatte nicht weniger stürmisch zu als im Saale selbst. Clement Thomas und einige Bonapartisten faßten einander fast bei den Ohren. Es sei schändlich, sagte Clement Thomas, daß Louis Bonaparte den Daix und Lahr wie gemeine Mörder habe hinrichten lassen! Ihr Verbrechen, so schauderhaft es auch immer sei, habe doch während eines Bürgerkrieges stattgefunden und gehöre in die Kategorie politischer Verbrechen. Aber gerade Louis Napoleon hätte es am allerwenigsten wagen dürfen, ihr Todesurtheil zu unterschreiben, denn er selbst habe seine politische Bahn in Frankreich mit Pistolenschüssen auf die Brust französ. Offiziere und Soldaten in Straßburg u. Boulogne begonnen und sei darum ebenfalls ein politischer Meuchelmörder.... Bei diesen Worten näherte sich Pierre Bonaparte, der sog. rothe Republikaner, dem Redner und stellte ihn zur Rechenschaft im Namen seines Vetters, des erlauchten Präsidenten. Clement Thomas erklärte, daß Herr Peter nur die Akten des Pairshofes nachzulesen brauche. Diese lakonische Kürze erhitzte die beiden Raucher dergestalt, daß ohne das Dazwischenspringen des Obersten Guinard (vom Berge) sich die beiden Pseudorepublikaner an den Köpfen gepackt hätten. Wahrscheinlich wird sich diese Angelegenheit im Gehölz von Boulogne durch einen Zweikampf auflösen. Thomas hat, wie man hört, erklärt, daß er sich nur mit dem eigentlich Beleidigten, mit dem Präsidenten selbst schießen wolle. -- Die Gazette des Tribunaux will wissen, daß Barrot qua Justizminister die Geranten des Peuple und der Revolution direkt vor die Seine-Assisen stellen lassen werde. Das Cabinet ist fest entschlossen, diese beiden demokratischen Hauptschreier zu erdrosseln. -- Die "Assemblee" schreit: Die sozialistische Propaganda unter den Soldaten nimmt einen so drohenden Charakter an, daß wir darauf antragen, Jeden vor ein Kriegsgericht zu stellen, der es wagen sollte, einen Soldaten zum Sozialismus zu bekehren! -- Düchatel ist glücklich in Paris eingetroffen. Auch der Jesuitengeneral Rothaan ist hier. -- Aus Marseille meldet man vom 18., daß ein telegraphischer Befehl die Rüstungen suspendire. -- Aus Lyon schreibt man vom 20.: noch keine Bewegung der Alpenarmee. Dagegen ist Bugeaud auf einer Inspektions-Reise nach Grenoble, Valence etc. begriffen. Im Ministerium trägt man sich mit der Idee, daß sich eine gewaltige rothe Verschwörung von Madrid bis Berlin, Neapel und Wien etc. erstreckt, die im Anfange des April zum Ausbruch kommen solle. Lächerlich! Die kleinern Pariser Morgenblätter wollen gehört haben, daß die Diplomatie (Mercier für Frankreich) eine neue Verlängerung des Waffenstillstandes zwischen Piemont und Radetzki erreicht hätte. Frankreich und England wollen Piemont die Addalinie und die Herzogthümer Parma und Modena zusprechen. Zu spät! -- National-Versammlung. Sitzung vom 21. März. Corbon eröffnet die Sitzung zum ersten Male um 11 1/2 Uhr. Die Bänke sind ziemlich besetzt, aber bei Gelegenheit eines Lokalgesetzes gehen die Urnen herum und die bedruckten Zettel weisen nur die Anwesenheit von 485 Gliedern nach. Präsident Corbon: Inzwischen haben sich wohl mehrere Glieder eingefunden und wir können also die Clubdebatte fortsetzen. Stimme links: Wir sind noch nicht beschlußfähig. Die Zahl der Stimmzettel sagt es Ihnen ja. Stimme rechts: Wir sind allerdings beschlußfähig. Es sitzen mehr als 500 Glieder auf ihren Plätzen. Präsident Corbon: Es ist klar, daß die Versammlung beschlußfähig ist. Ich schreite zur Fortsetzung der Debatte über die zweite Lesung des Clubgesetzes. Valette besteigt die Bühne. Ich erscheine, um den ersten Artikel zu bekämpfen. Rechts: Der erste Artikel ist angenommen. Valette: Nur der erste Satz: "Die Clubs sind untersagt," ist angenommen. Ich will aber den ganzen Artikel bekämpfen. Ich habe ein Recht hierzu. Der ganze Artikel wirft das Vereins- und Associationsrecht nieder; er ist ein Verfassungsbruch. Ich kann diesem Bruch meine Zustimmung nicht geben. (Lärm zur Rechten). Cremieux: Als der Ausschuß bei Prüfung des Clubentwurfs ein neues Gesetz dem Regierungsentwurf gegenüber vorlegte, hatte er die Absicht, das Vereinsrecht zu regeln. Er verwarf den ministeriellen Entwurf, weil er das Vereinsrecht radikal abschafft, indem er mit den Worten beginnt: "die Clubs sind untersagt." Inmittelst hat das Ministerium transigirt und den Entwurf der Minorität angenommen, der sich von dem seinigen um nichts scheidet. Die Majorität des Ausschusses kann sich einem solchen Verfassungsbruch nicht beigesellen. Sie zieht darum ihren Entwurf zurück und erklärt, einen Theil mehr an der Debatte zu nehmen. (Agitation im Saale). De Charencey protestirt im Namen der Minorität des Clubgesetzausschusses gegen dieses Verfahren und erklärt dasselbe für gefährlich. (Heftige Unterbrechungen). Bouhier de l'Ecluse, sagt Corbon, hat im Gegensatz zur Minorität den Nachsatz gestellt (wörtlich): "Als Club wird betrachtet, jede Organisation von Individuen mit öffentlichen periodischen Sitzungen, oder zu unbestimmten Zeiträumen, mit Rednern, Mitgliedern, Associirten etc. und deren gewöhnlicher Gegenstand die Berathung von Theorien oder Thesen ist, welche die Rechte des Nächsten und die öffentliche Sicherheit stören könnten." De la Boulie schließt sich im Namen der Minorität dieser Fassung an und dringt auf Abstimmung Vom Berge: Zettelabstimmung! Die Abstimmung, bei vollen Bänken, ergiebt 422 Stimmende, von denen 402 dafür und 20 dagegen stimmten. Präsident Corbon: Das Resultat ist null! Luneau und Andere: Unerhört. Wir beantragen Kugelabstimmung. Diese Kugelabstimmung mit Namensruf ruft ungeheure Agitation im Saaale hervor. Der Berg stimmt nicht. (Pause) Der ganze Artikel geht endlich mit 404 und 303 Stimmen durch. Ducoux unterbricht die Debatte. Die Kugelabstimmung mit Namensruf dauert bekanntlich zwei Stunden. Während dieser Zeit konspirirt der Berg mit der Linken in einem Bureausaale. (S. oben.) Nachdem die Linke sich wieder eingefunden und der berüchtigte ganze Artikel des Minoritätsentwurfs mit 404 gegen 303 Stimmen durchgegangen, unterbricht Ducoux die Debatte. Ducoux: Ich nehme mir die Freiheit, das Ministerium wegen eines Faktums zu interpelliren, das die Familie des Präsidenten Bonaparte interessirt. (Hört! Hört!) In der Rue Saint Honore existirt ein Wahlbureau, das wöchentlich Rundschreiben in alle Departements sendet, worin den Bauern eine neue Generation, ein Wahlkaiserthum auf 10 Jahre und sonstige schöne Dinge versprochen werden. (Die herbeigeeilte Linke klatscht Beifall. Die Rechte murrt ) Sie sehen Mitbürger, daß die Republik in demselben Augenblick von den fanatischen Anhängern der Familie Bonaparte größere Gefahr läuft als in den Clubs, die etwa hie und da noch ihre einsame Existenz fristen. Ich verlange Auskunft vom Ministerium. (Der Redner besitzt mehrere solche Rundschreiben). Barrot. Ich erkläre, daß die Regierung nicht die geringste Kenntniß vom angeregten Faktum hat. Sie beklagt sich mit vollem Recht, daß der Interpellant sie nicht vorher benachrichtigte, damit sie sich unterrichten konnte. (Oh! Oh!) Ich erkläre, daß kein Wahlausschuß der besondern Gönnerschaft des Ministeriums genieße (?). Ist das Faktum wahr, so wird die Regierung ihre Pflicht erfüllen. Nach diesem Incident kehrt die Versammlung zum Art. 2 des Clubgesetzes zurück. Victor Lefranc, Balette, Dupont (Bussac) und Andere stellen dem Ministerium die Frage : ob dieser Artikel nicht dem Associationsrecht schade. Barrot erwidert: Keineswegs. Das Associationsrecht ist von dem Clubrecht gesondert. Nur dürfen die Associationen keine Clubs bilden. Etienne Arago findet dies nicht klar genug. Indessen bricht die Versammlung die Debatte ab und trennt sich in großer Aufregung um 5 3/4 Uhr. * Bourges, 15. März. (Prozeß der Mai-Angeklagten.)Die Tribünen sind stark von honetten Leuten besetzt, da es heißt, Lamartine werde heute als Zeuge erscheinen. Die Zeugen Bassac und Degousee werden ihrer gestrigen Aussagen wegen confrontirt. Degousee erklärt, daß die Mobilgarde ihm allerdings, wie er gestern behauptet, den Gehorsam verweigert habe, doch sei es vermuthlich geschehen, weil er seine Insignien als Deputirter nicht getragen. (Aufregung.) Der Zeuge Bassac versichert, daß er und sein Bataillon nichts von Herrn Degousee gesehen hätten. Degousee bleibt dabei, daß die Mobilgarden nur bis zu dem Augenblick, wo Courtais die Bajonette habe abnehmen lassen, eine "gute Haltung" gezeigt hätten. Ein Geschworener. Zu welcher Stunde hat Hr. Degousee als Quästor der Nationalversammlung dem Hrn. Arago die Ordre ertheilt, den Saal räumen zu lassen? Zeuge Degousee. Ich habe eine solche Ordre nicht ertheilt, sondern Hrn. Arago blos gesagt, 2 Bataillone am Invalidenplatz aufzusuchen; es war 1 1/2 Uhr. (Man präsentirt dem Zeugen Degousee die schriftliche Ordre, welche er Arago zur Ergreifung aller für die Räumung des Saales nöthigen Maßregeln ertheilt hat. Der Zeuge erkennt sie an.) Blanqui. Seit der Eröffnung der Debatten unterhält man uns mit Bagatellen; gestern, als sich eine Gelegenheit bot, in die wirkliche Geschichte des 15. Mai einzudrängen, hat man sich schnell derselben entzogen. Ich habe gestern von Hrn. Degousee zu wissen verlangt, was er mit der Bemerkung sagen wollte: der General Courtais habe unter dem Einfluß einer geheimen Macht gehandelt. Ich habe es nicht erfahren können, aber Hr. Degousee hat uns zu verstehen gegeben, daß er den geheimen Schlüssel des Prozesses besitze; er hat sich nicht darüber auslassen wollen, und auf den 16. April und 17. März verwiesen. Ich bitte Hrn. Degousee sich zu erklären. Zeuge. Als ich sagte, daß der 17. März, welcher im Sinne der provisorischen Regierung organisirt war, gegen dieselbe gerichtet wurde, und zwar durch die nämlichen Menschen, welche den 15. Mai dirigirten, glaubte ich, daß diese Leute durch alle Mittel die ihnen am 25. Februar entgangene Gewalt an sich reißen wollten. Blanqui. Diese Antwort paßt gar nicht auf die Frage; Herr Degousee verdreht die Worte. Generalprokurator Baroche. Hr. Degousee hat nicht nöthig, die Worte Blanqui's zu verdrehen. (Tumult im Publikum.) Blanqui. Hr. Degousen ist hier nichts als Zeuge und ich darf seine Aussagen als Verdrehungen bezeichnen. Hr. Degousen hat in seiner ersten Erklärung nicht an die Klubs gedacht. Die Klubs können keinen geheimen Einfluß geübt haben, denn sie waren öffentlich. Man will hier die Wahrheit im Interesse der wahren Schuldigen verbergen und an politischen Opfern Rache üben. Zeuge Degousen. Wir haben die Klubs hinlänglich studirt, um zu wissen, daß nicht immer das, was offen am Tage diskutirt wurde, befolgt wurde. Alle Welt weiß, daß der Druck der Klubs lange Zeit auf die Handlungen der provisorischen Regierung Einfluß übte. Blanqui. Ich bin erfreut, die Zeugen selbst den jungfräulichen Schleier lüften zu sehen, mit dem man sie durch die Eidesleistung bedecken will. Präsident. Hr. Blanqui, injuriiren Sie nicht. Zeuge. Die Injurien Blanquis ehren mich. Blanqui. Und umgekehrt. Präsident. Ich entziehe Ihnen das Wort. Blanqui. Ich habe nach Art. 319 der Cr.-Pr.-O. das Recht, alles was mir nützlich scheint, gegen die Zeugen vorzubringen. Hr. Degousen spricht von geheimer Wirksamkeit der Klubs, während das ganze Verhalten der Klubs die Unwahrheit dieser Behauptung beweis't. Hr. Degousen zeigt durch solche unerwiesene ganz allgemeine Behauptungen, daß er nicht als Zeuge von bestimmten Thatsachen, sondern als Mann politischer Leidenschaften gegen seine Gegner spricht. Zeuge Alphons Marie Louis Lamartine, 56 Jahr alt. Ich kann Ihnen über den 15. Mai nur allgemeine, bekannte Thatsachen erzählen. Auf Befragen nach Albert erklärt Lamartine, daß er denselben in der salle des Colonnes an der Spitze mehrerer Individuen gesehen, und sie aufgefordert habe, die Assemblee zu verlassen. Ein junger Mensch habe geantwortet, das Volk habe kein Vertrauen mehr in Lamartine; Albert habe nur gesagt: Wir haben nicht die Absicht, die Assemblee zu stürmen; wir wollen nur das Recht behaupten, Petitionen an die Barre der Assemblee zu bringen. Diese Aeußerung sei durchaus nicht heftig und leidenschaftlich gewesen. Quentin habe einige Worte in demselben Sinne an ihn gerichtet; seine Sprache sei lebhaft, aber entfernt nicht drohend gewesen. Auf einige Ermahnungen von seiner, Lamartine's, Seite habe sich der Trupp zurückgezogen, und er sei in die Versammlung gegangen, wo er Zeuge der Erstürmung wurde. In Betreff des General Courtais versichert der Zeuge, daß derselbe jeder Art von Komplott, wenn überhaupt ein solches bestanden, fremd gewesen sei. Courtais habe mehrmals zu dem Volk gesprochen, und es aufgefordert, sich zurückzuziehen; als er die Erstürmung der Assemblee gesehen, sei er in Verzweiflung gewesen. Präsident. Was trug sich nach der Erstürmung zu? Lamartine. Ich sah noch einmal den General Courtais das Volk zum Rückzug auffordern, das Volk, welches ich nicht als Insurgenten betrachten kann, denn nach meiner Ansicht war der Tag des 15. Mai wohl eine Unbesonnenheit, aber nicht das Werk eines Complotts. Ueber die Demonstration des 17. März befragt, erklärt Lamartine noch, daß die Clubisten einen "moralischen Einfluß" auf das Gouvernement hätten üben wollen, aber an "materielle Gewaltthätigkeiten" nicht gedacht hätten. Sobrier und Barbes seien zwischen die Mitglieder der provisorischen Regierung und einige exaltirte Blousenmänner getreten; Blanqui's Erscheinen sei zurückgehalten und besonnen gewesen. Die Aussagen Lamartine's werden im Publikum mit der größten Aufregung angehört. Schluß der Sitzung 5 Uhr. * Bourges, 16. März. (Prozeßverhandlungen.) Zeuge Huet, 63 Jahr alt, Portier in dem Hause Nr. 16 in der Rue Rivoli. Präsident. Hatten Sie einen Wachtposten an Ihrem Hause? Zeuge. Ja wohl, einen Wachtposten von vierzehn Mann republikanischer Garden. Die Wache war auch am 15. Mai vorhanden. Am Abend kam die Mobilgarde an, besetzte die Wohnung und legte Beschlag auf die Papiere. Präsident. Waren Patronen in dem Kamin? Zeuge. Ich weiß nicht; aber man hat es mir später so erzählt. Präsident. Hat man ihnen nicht am Morgen einige Andeutungen von dem gegeben, was sich im Laufe des Tages ereignen würde? Zeuge. Ich hörte sagen, daß Sobrier heute im Ministerium schlafen werde. Advokat Baud. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Zeugin Caulaud den Ursprung dieser Worte erst nach der Ueberrumpelung der Assemblee datirt. Die Geschwornen haben ohne Zweifel zwischen den beiden Zeugen zu wählen, von welchen auf der einen Seite präcise, auf der andern schwankende Zeitbestimmungen angegeben werden. Jedenfalls erinnere ich daran, das gerade die Anklage die unbestimmten Zeugnisse producirt. Zeuge Royer, Doktor der Medizin, 40 Jahre alt, will Sobrier als einen sehr friedliebenden Mann kennen, bei dem er nur von Andern gewaltthätige Pläne vernommen habe. Einige Tage vor dem 15. Mai habe er Sobrier und seine Freunde auf das Energischste der Demonstration entgegentreten gesehen, und wenn die Anklage behaupte, daß Sobrier unter den ersten die Nationalversammlung gestürmt habe, so könne der Zeuge versichern, daß er selbst mit Sobrier noch zur Zeit der Erstürmung auf dem Revolutionsplatz gewesen sei. Präsident. Fand am 14. Mai eine Reunion bei Sobrier statt? Zeuge. Hr. Präsident, das Haus Sobriers war eine Kaserne und die Reunionen waren permanent bei ihm. Zeuge Meymel, 52 Jahre alt, Ingenieur einer Gaskompagnie. In unsern Ateliers hatten wir einen Arbeiter, Namens Decroix, der längere Zeit in die Garde Sobrier's eingeschrieben war, und die übrigen Arbeiter zu der Manifestation einlud. Unsere Leute folgten dieser Aufforderung; Decroix wurde nach der Juni-Affaire verhaftet. Zeuge Pesme, 29 Jahr alt, Auctionscommissär aus Troyes, erklärt, am 15. Mai einer Versammlung der Departemental-Abgeordneten im Saal Montesquieu beigewohnt zu haben, in welcher zwei Delegirte der Sobrier'schen "Commune de Paris" erschienen, um die provinzialen Nationalgarden-Delegirten zur Theilnahme an der polnischen Demonstration aufzufordern. Ein Mitgiied des Bureaus habe erwidert, daß solche Demonstrationen nicht der Zweck ihrer Mission seien. Einige Augenblicke darauf aber sei ein Mann im Gefolge von 5-6 Montagnards eingetreten, den man ihm als Sobrier bezeichnet habe, und den er als solchen hier wiedererkenne. Derselbe habe abermals die Versammlung zum Anschluß an die Polen-Demonstration aufgefordert, die Weigerung derselben als einen Volksverrath erklärt und ihnen mit der Volksjustiz der Pariser gedroht. Zeuge Panisse, 37 Jahr alt, Director der öffentlichen Sicherheit. Am 15. Mai begab ich mich nach Ordre des Ministers des Innern, Hrn. Recurt, zu Hrn. Buchez, um über die getroffenen Maßregeln Erkundigungen einzuziehen. Als ich zurück auf das Ministerium kam, traf ich den Unterstaatssecretär Carterel, welcher einen von 2 Mitgliedern der Executivkommission unterzeichneten Verhaftsbefehl gegen Blanqui, Flotte und Lacambre in Händen hatte und mich mit sofortiger Mittheilung desselben an den Polizei-Präfekten beauftragte. Der Zutritt zu dem Polizei-Präfekten wurde mir sehr schwer; ich traf ihn angekleidet auf dem Bett liegen, worüber er sich wegen eines kranken Knie's entschuldigte. Als ich ihm die Verhaftsbefehle producirte, schien es mir, als ob Herr Caussidiere eine sehr böse Miene verzöge; er behauptete, daß die Ordre nicht in der Ordnung sei, daß sie keine zwei Unterschriften trüge, und gab mir Hrn. Monnier zur weiteren Besprechung mit dem Minister des Innern mit. Ich ließ Hrn. Monnier bei dem Minister, und kehrte in mein Büreau zurück. Als ich einige Minuten später in das Büreau des Ministers wiedereintreten wollte, stürmte die Menge das Cabinet. Blanqui. Ich bemerke bei Gelegenheit dieser Zeugenaussage die verächtlichen Leidenschaften, mit denen ich von den Machthabern beehrt wurde. Man hat einen Verhaftsbefehl gegen mich und zwei meiner Freunde gegeben, von denen der eine, Lacambre, in Folge dessen der besondere Liebling des Parket's wurde. Zeuge Panisse. Ich glaube, daß Blanqui die ganze Demonstration des 15. Mai überstürzt hat. Blanqui. Beweis, mein Lieber, Beweis! Zeuge. Mein Beweis ist die öffentliche Meinung. Ich habe keine Thatsachen, aber ich halte Sie für den gefährlichsten ihrer Partei. Blanqui. Das wird dem Gericht genügen. Generalprokurator Baroche. Ich bemerke in Betreff Lacambre's, daß derselbe wegen der Juni-Insurrektion verurtheilt wurde, und sich der Strafe durch die Flucht entzogen hat. Blanqui. Er hat wohlgethan. Wegen der Maigeschichte ist er außer Verfolgung gesetzt; jetzt aber, wo er der Rache der Juni-Helden entwischt ist, will man ihn durch ein hundsföttisches Intriguensystem wieder in den 15. Mai ziehen. Es handelt sich nicht um einen Aufrührer, es handelt sich um einen Freund Blanqui's, und das genügt. Nach Vernehmung der weiteren Zeugen und Deputirten Nulhoux und Adelswaerd, deren Aussagen von keinem Interesse sind, wird die Sitzung um 6 Uhr geschlossen. * Bourges, 17. März. (Prozeßverhandlung.) Vor Beginn des Zeugenverhörs läßt Raspail eine neue Deposition gegen die Polizeinote wider ihn verlesen. Diese Deposition eines ehemaligen Hierzu eine Beilage. sandig wie in Berlin, noch so steinig wie in Wien. Auch beträgt die Minorität hier etwas mehr, als in den beiden deutschen Städten. Sie erreichte bereits gestern Abend 359 gegen 378, und wäre zur Majorität geworden, wenn die Jüstemilianer Duclerc, Pagnerre und Comp. nicht mit der Rechten gestimmt hätten und täglich in's Elysée liefen, um dem Präsidenten für eine gute Stelle die Glacéhandschuhe zu küssen. — 3 1/2 Uhr. Eben kommen Berg und Linke wieder in den Saal und stimmen!!! Paris, 21. März. Das Handelsministerium benachrichtigt die Handelswelt durch den Moniteur von dem Wiederbeginn der Blokade der schleswig-holsteinschen Häfen. Diese Blokade, hat Dänemark dem Vertreter der französ. Republik in Copenhagen am 7. März erklärt, habe keinen anderen Zweck als die Wiederherstellung der dänischen Obrigkeit auf allen Punkten, wo dieselbe mißkannt worden sei und sie würde wieder gehoben werden, sobald das königliche Ansehen wieder etablirt worden. — Der dänische Krieg beschäftigt das Elysée viel weniger, als das gestrige Votum in der Clubfrage. Die Nationalversammlung hat am Schlusse ihrer gestrigen Sitzung die Clubs nur mit 378 gegen 359 Kugeln untersagt, d. h. die ersten drei Worte des Amendements der Minorität in zweiter Lesung angenommen. Mit einer solchen Majorität würde sich jedes normale Ministerium zurückziehen; da wir aber noch in revolutionärem Zustande uns befinden, so will Bonaparte vor den Wahlen seine Minister nicht wechseln. Welche Glückseligkeiten uns nach den Wahlen bescheert sein werden, soll natürlich vom Ausfall der Wahlen selbst abhängen. Unsere größten politischen Sterndeuter meinen: die nächste Kammer werde ungefähr 500 vollblütige Conservatoren (große Grundbesitzer, anerkannte Royalisten, alte Minister etc.), 150 Justemilianer (aus der Boutique des National) und etwa 100 Galgenstricke, wie man im Faubourg St. Germain die Socialisten nennt, zählen: vorausgesetzt, daß der italische und der deutsche Reichskrieg nicht die Köpfe der Wähler plötzlich verrückte. Qui vivra, verra. — Eine Ordonnanz des Polizeipräfekten, die gestern zum großen Erstaunen der Menge angeklebt wurde, widerruft die den Straßen-Journalverkäufern seit dem Februar v. J. verliehenen Patente. Aus den Gründen, die der Ordonnanz vorher geschickt sind, erfährt man, daß dieser fliegende Journalverkauf den Straßenverkehr hindere (!). — Sämmtliche rothe Journale und selbst der National erheben ein fürchterliches Geschrei gegen die neuesten ministeriellen Maßregeln. Erst die Clubs, dann die Presse durch Entziehung des öffentlichen Verkaufs und Wiedereinführung des Stempels tödten — rufen sie, das ist der große Plan des neuen Feldzuges. Quo nos dominateurs le sachent, ce jeu est plus dangereux qu'ils ne le pensent erklärt die Revolution in ihrer heutigen Nummer. — Im Rauchzimmer der Nationalversammlung ging es während der Clubdebatte nicht weniger stürmisch zu als im Saale selbst. Clement Thomas und einige Bonapartisten faßten einander fast bei den Ohren. Es sei schändlich, sagte Clement Thomas, daß Louis Bonaparte den Daix und Lahr wie gemeine Mörder habe hinrichten lassen! Ihr Verbrechen, so schauderhaft es auch immer sei, habe doch während eines Bürgerkrieges stattgefunden und gehöre in die Kategorie politischer Verbrechen. Aber gerade Louis Napoleon hätte es am allerwenigsten wagen dürfen, ihr Todesurtheil zu unterschreiben, denn er selbst habe seine politische Bahn in Frankreich mit Pistolenschüssen auf die Brust französ. Offiziere und Soldaten in Straßburg u. Boulogne begonnen und sei darum ebenfalls ein politischer Meuchelmörder…. Bei diesen Worten näherte sich Pierre Bonaparte, der sog. rothe Republikaner, dem Redner und stellte ihn zur Rechenschaft im Namen seines Vetters, des erlauchten Präsidenten. Clement Thomas erklärte, daß Herr Peter nur die Akten des Pairshofes nachzulesen brauche. Diese lakonische Kürze erhitzte die beiden Raucher dergestalt, daß ohne das Dazwischenspringen des Obersten Guinard (vom Berge) sich die beiden Pseudorepublikaner an den Köpfen gepackt hätten. Wahrscheinlich wird sich diese Angelegenheit im Gehölz von Boulogne durch einen Zweikampf auflösen. Thomas hat, wie man hört, erklärt, daß er sich nur mit dem eigentlich Beleidigten, mit dem Präsidenten selbst schießen wolle. — Die Gazette des Tribunaux will wissen, daß Barrot qua Justizminister die Geranten des Peuple und der Revolution direkt vor die Seine-Assisen stellen lassen werde. Das Cabinet ist fest entschlossen, diese beiden demokratischen Hauptschreier zu erdrosseln. — Die „Assemblée“ schreit: Die sozialistische Propaganda unter den Soldaten nimmt einen so drohenden Charakter an, daß wir darauf antragen, Jeden vor ein Kriegsgericht zu stellen, der es wagen sollte, einen Soldaten zum Sozialismus zu bekehren! — Düchatel ist glücklich in Paris eingetroffen. Auch der Jesuitengeneral Rothaan ist hier. — Aus Marseille meldet man vom 18., daß ein telegraphischer Befehl die Rüstungen suspendire. — Aus Lyon schreibt man vom 20.: noch keine Bewegung der Alpenarmee. Dagegen ist Bugeaud auf einer Inspektions-Reise nach Grenoble, Valence etc. begriffen. Im Ministerium trägt man sich mit der Idee, daß sich eine gewaltige rothe Verschwörung von Madrid bis Berlin, Neapel und Wien etc. erstreckt, die im Anfange des April zum Ausbruch kommen solle. Lächerlich! Die kleinern Pariser Morgenblätter wollen gehört haben, daß die Diplomatie (Mercier für Frankreich) eine neue Verlängerung des Waffenstillstandes zwischen Piemont und Radetzki erreicht hätte. Frankreich und England wollen Piemont die Addalinie und die Herzogthümer Parma und Modena zusprechen. Zu spät! — National-Versammlung. Sitzung vom 21. März. Corbon eröffnet die Sitzung zum ersten Male um 11 1/2 Uhr. Die Bänke sind ziemlich besetzt, aber bei Gelegenheit eines Lokalgesetzes gehen die Urnen herum und die bedruckten Zettel weisen nur die Anwesenheit von 485 Gliedern nach. Präsident Corbon: Inzwischen haben sich wohl mehrere Glieder eingefunden und wir können also die Clubdebatte fortsetzen. Stimme links: Wir sind noch nicht beschlußfähig. Die Zahl der Stimmzettel sagt es Ihnen ja. Stimme rechts: Wir sind allerdings beschlußfähig. Es sitzen mehr als 500 Glieder auf ihren Plätzen. Präsident Corbon: Es ist klar, daß die Versammlung beschlußfähig ist. Ich schreite zur Fortsetzung der Debatte über die zweite Lesung des Clubgesetzes. Valette besteigt die Bühne. Ich erscheine, um den ersten Artikel zu bekämpfen. Rechts: Der erste Artikel ist angenommen. Valette: Nur der erste Satz: „Die Clubs sind untersagt,“ ist angenommen. Ich will aber den ganzen Artikel bekämpfen. Ich habe ein Recht hierzu. Der ganze Artikel wirft das Vereins- und Associationsrecht nieder; er ist ein Verfassungsbruch. Ich kann diesem Bruch meine Zustimmung nicht geben. (Lärm zur Rechten). Cremieux: Als der Ausschuß bei Prüfung des Clubentwurfs ein neues Gesetz dem Regierungsentwurf gegenüber vorlegte, hatte er die Absicht, das Vereinsrecht zu regeln. Er verwarf den ministeriellen Entwurf, weil er das Vereinsrecht radikal abschafft, indem er mit den Worten beginnt: „die Clubs sind untersagt.“ Inmittelst hat das Ministerium transigirt und den Entwurf der Minorität angenommen, der sich von dem seinigen um nichts scheidet. Die Majorität des Ausschusses kann sich einem solchen Verfassungsbruch nicht beigesellen. Sie zieht darum ihren Entwurf zurück und erklärt, einen Theil mehr an der Debatte zu nehmen. (Agitation im Saale). De Charencey protestirt im Namen der Minorität des Clubgesetzausschusses gegen dieses Verfahren und erklärt dasselbe für gefährlich. (Heftige Unterbrechungen). Bouhier de l'Ecluse, sagt Corbon, hat im Gegensatz zur Minorität den Nachsatz gestellt (wörtlich): „Als Club wird betrachtet, jede Organisation von Individuen mit öffentlichen periodischen Sitzungen, oder zu unbestimmten Zeiträumen, mit Rednern, Mitgliedern, Associirten etc. und deren gewöhnlicher Gegenstand die Berathung von Theorien oder Thesen ist, welche die Rechte des Nächsten und die öffentliche Sicherheit stören könnten.“ De la Boulie schließt sich im Namen der Minorität dieser Fassung an und dringt auf Abstimmung Vom Berge: Zettelabstimmung! Die Abstimmung, bei vollen Bänken, ergiebt 422 Stimmende, von denen 402 dafür und 20 dagegen stimmten. Präsident Corbon: Das Resultat ist null! Luneau und Andere: Unerhört. Wir beantragen Kugelabstimmung. Diese Kugelabstimmung mit Namensruf ruft ungeheure Agitation im Saaale hervor. Der Berg stimmt nicht. (Pause) Der ganze Artikel geht endlich mit 404 und 303 Stimmen durch. Ducoux unterbricht die Debatte. Die Kugelabstimmung mit Namensruf dauert bekanntlich zwei Stunden. Während dieser Zeit konspirirt der Berg mit der Linken in einem Bureausaale. (S. oben.) Nachdem die Linke sich wieder eingefunden und der berüchtigte ganze Artikel des Minoritätsentwurfs mit 404 gegen 303 Stimmen durchgegangen, unterbricht Ducoux die Debatte. Ducoux: Ich nehme mir die Freiheit, das Ministerium wegen eines Faktums zu interpelliren, das die Familie des Präsidenten Bonaparte interessirt. (Hört! Hört!) In der Rue Saint Honore existirt ein Wahlbureau, das wöchentlich Rundschreiben in alle Departements sendet, worin den Bauern eine neue Generation, ein Wahlkaiserthum auf 10 Jahre und sonstige schöne Dinge versprochen werden. (Die herbeigeeilte Linke klatscht Beifall. Die Rechte murrt ) Sie sehen Mitbürger, daß die Republik in demselben Augenblick von den fanatischen Anhängern der Familie Bonaparte größere Gefahr läuft als in den Clubs, die etwa hie und da noch ihre einsame Existenz fristen. Ich verlange Auskunft vom Ministerium. (Der Redner besitzt mehrere solche Rundschreiben). Barrot. Ich erkläre, daß die Regierung nicht die geringste Kenntniß vom angeregten Faktum hat. Sie beklagt sich mit vollem Recht, daß der Interpellant sie nicht vorher benachrichtigte, damit sie sich unterrichten konnte. (Oh! Oh!) Ich erkläre, daß kein Wahlausschuß der besondern Gönnerschaft des Ministeriums genieße (?). Ist das Faktum wahr, so wird die Regierung ihre Pflicht erfüllen. Nach diesem Incident kehrt die Versammlung zum Art. 2 des Clubgesetzes zurück. Victor Lefranc, Balette, Dupont (Bussac) und Andere stellen dem Ministerium die Frage : ob dieser Artikel nicht dem Associationsrecht schade. Barrot erwidert: Keineswegs. Das Associationsrecht ist von dem Clubrecht gesondert. Nur dürfen die Associationen keine Clubs bilden. Etienne Arago findet dies nicht klar genug. Indessen bricht die Versammlung die Debatte ab und trennt sich in großer Aufregung um 5 3/4 Uhr. * Bourges, 15. März. (Prozeß der Mai-Angeklagten.)Die Tribünen sind stark von honetten Leuten besetzt, da es heißt, Lamartine werde heute als Zeuge erscheinen. Die Zeugen Bassac und Degousée werden ihrer gestrigen Aussagen wegen confrontirt. Degousée erklärt, daß die Mobilgarde ihm allerdings, wie er gestern behauptet, den Gehorsam verweigert habe, doch sei es vermuthlich geschehen, weil er seine Insignien als Deputirter nicht getragen. (Aufregung.) Der Zeuge Bassac versichert, daß er und sein Bataillon nichts von Herrn Degousée gesehen hätten. Degousée bleibt dabei, daß die Mobilgarden nur bis zu dem Augenblick, wo Courtais die Bajonette habe abnehmen lassen, eine „gute Haltung“ gezeigt hätten. Ein Geschworener. Zu welcher Stunde hat Hr. Degousée als Quästor der Nationalversammlung dem Hrn. Arago die Ordre ertheilt, den Saal räumen zu lassen? Zeuge Degousée. Ich habe eine solche Ordre nicht ertheilt, sondern Hrn. Arago blos gesagt, 2 Bataillone am Invalidenplatz aufzusuchen; es war 1 1/2 Uhr. (Man präsentirt dem Zeugen Degousée die schriftliche Ordre, welche er Arago zur Ergreifung aller für die Räumung des Saales nöthigen Maßregeln ertheilt hat. Der Zeuge erkennt sie an.) Blanqui. Seit der Eröffnung der Debatten unterhält man uns mit Bagatellen; gestern, als sich eine Gelegenheit bot, in die wirkliche Geschichte des 15. Mai einzudrängen, hat man sich schnell derselben entzogen. Ich habe gestern von Hrn. Degousée zu wissen verlangt, was er mit der Bemerkung sagen wollte: der General Courtais habe unter dem Einfluß einer geheimen Macht gehandelt. Ich habe es nicht erfahren können, aber Hr. Degousée hat uns zu verstehen gegeben, daß er den geheimen Schlüssel des Prozesses besitze; er hat sich nicht darüber auslassen wollen, und auf den 16. April und 17. März verwiesen. Ich bitte Hrn. Degousée sich zu erklären. Zeuge. Als ich sagte, daß der 17. März, welcher im Sinne der provisorischen Regierung organisirt war, gegen dieselbe gerichtet wurde, und zwar durch die nämlichen Menschen, welche den 15. Mai dirigirten, glaubte ich, daß diese Leute durch alle Mittel die ihnen am 25. Februar entgangene Gewalt an sich reißen wollten. Blanqui. Diese Antwort paßt gar nicht auf die Frage; Herr Degousée verdreht die Worte. Generalprokurator Baroche. Hr. Degousée hat nicht nöthig, die Worte Blanqui's zu verdrehen. (Tumult im Publikum.) Blanqui. Hr. Degousen ist hier nichts als Zeuge und ich darf seine Aussagen als Verdrehungen bezeichnen. Hr. Degousen hat in seiner ersten Erklärung nicht an die Klubs gedacht. Die Klubs können keinen geheimen Einfluß geübt haben, denn sie waren öffentlich. Man will hier die Wahrheit im Interesse der wahren Schuldigen verbergen und an politischen Opfern Rache üben. Zeuge Degousen. Wir haben die Klubs hinlänglich studirt, um zu wissen, daß nicht immer das, was offen am Tage diskutirt wurde, befolgt wurde. Alle Welt weiß, daß der Druck der Klubs lange Zeit auf die Handlungen der provisorischen Regierung Einfluß übte. Blanqui. Ich bin erfreut, die Zeugen selbst den jungfräulichen Schleier lüften zu sehen, mit dem man sie durch die Eidesleistung bedecken will. Präsident. Hr. Blanqui, injuriiren Sie nicht. Zeuge. Die Injurien Blanquis ehren mich. Blanqui. Und umgekehrt. Präsident. Ich entziehe Ihnen das Wort. Blanqui. Ich habe nach Art. 319 der Cr.-Pr.-O. das Recht, alles was mir nützlich scheint, gegen die Zeugen vorzubringen. Hr. Degousen spricht von geheimer Wirksamkeit der Klubs, während das ganze Verhalten der Klubs die Unwahrheit dieser Behauptung beweis't. Hr. Degousen zeigt durch solche unerwiesene ganz allgemeine Behauptungen, daß er nicht als Zeuge von bestimmten Thatsachen, sondern als Mann politischer Leidenschaften gegen seine Gegner spricht. Zeuge Alphons Marie Louis Lamartine, 56 Jahr alt. Ich kann Ihnen über den 15. Mai nur allgemeine, bekannte Thatsachen erzählen. Auf Befragen nach Albert erklärt Lamartine, daß er denselben in der salle des Colonnes an der Spitze mehrerer Individuen gesehen, und sie aufgefordert habe, die Assemblée zu verlassen. Ein junger Mensch habe geantwortet, das Volk habe kein Vertrauen mehr in Lamartine; Albert habe nur gesagt: Wir haben nicht die Absicht, die Assemblée zu stürmen; wir wollen nur das Recht behaupten, Petitionen an die Barre der Assemblée zu bringen. Diese Aeußerung sei durchaus nicht heftig und leidenschaftlich gewesen. Quentin habe einige Worte in demselben Sinne an ihn gerichtet; seine Sprache sei lebhaft, aber entfernt nicht drohend gewesen. Auf einige Ermahnungen von seiner, Lamartine's, Seite habe sich der Trupp zurückgezogen, und er sei in die Versammlung gegangen, wo er Zeuge der Erstürmung wurde. In Betreff des General Courtais versichert der Zeuge, daß derselbe jeder Art von Komplott, wenn überhaupt ein solches bestanden, fremd gewesen sei. Courtais habe mehrmals zu dem Volk gesprochen, und es aufgefordert, sich zurückzuziehen; als er die Erstürmung der Assemblée gesehen, sei er in Verzweiflung gewesen. Präsident. Was trug sich nach der Erstürmung zu? Lamartine. Ich sah noch einmal den General Courtais das Volk zum Rückzug auffordern, das Volk, welches ich nicht als Insurgenten betrachten kann, denn nach meiner Ansicht war der Tag des 15. Mai wohl eine Unbesonnenheit, aber nicht das Werk eines Complotts. Ueber die Demonstration des 17. März befragt, erklärt Lamartine noch, daß die Clubisten einen „moralischen Einfluß“ auf das Gouvernement hätten üben wollen, aber an „materielle Gewaltthätigkeiten“ nicht gedacht hätten. Sobrier und Barbés seien zwischen die Mitglieder der provisorischen Regierung und einige exaltirte Blousenmänner getreten; Blanqui's Erscheinen sei zurückgehalten und besonnen gewesen. Die Aussagen Lamartine's werden im Publikum mit der größten Aufregung angehört. Schluß der Sitzung 5 Uhr. * Bourges, 16. März. (Prozeßverhandlungen.) Zeuge Huet, 63 Jahr alt, Portier in dem Hause Nr. 16 in der Rue Rivoli. Präsident. Hatten Sie einen Wachtposten an Ihrem Hause? Zeuge. Ja wohl, einen Wachtposten von vierzehn Mann republikanischer Garden. Die Wache war auch am 15. Mai vorhanden. Am Abend kam die Mobilgarde an, besetzte die Wohnung und legte Beschlag auf die Papiere. Präsident. Waren Patronen in dem Kamin? Zeuge. Ich weiß nicht; aber man hat es mir später so erzählt. Präsident. Hat man ihnen nicht am Morgen einige Andeutungen von dem gegeben, was sich im Laufe des Tages ereignen würde? Zeuge. Ich hörte sagen, daß Sobrier heute im Ministerium schlafen werde. Advokat Baud. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Zeugin Caulaud den Ursprung dieser Worte erst nach der Ueberrumpelung der Assemblée datirt. Die Geschwornen haben ohne Zweifel zwischen den beiden Zeugen zu wählen, von welchen auf der einen Seite präcise, auf der andern schwankende Zeitbestimmungen angegeben werden. Jedenfalls erinnere ich daran, das gerade die Anklage die unbestimmten Zeugnisse producirt. Zeuge Royer, Doktor der Medizin, 40 Jahre alt, will Sobrier als einen sehr friedliebenden Mann kennen, bei dem er nur von Andern gewaltthätige Pläne vernommen habe. Einige Tage vor dem 15. Mai habe er Sobrier und seine Freunde auf das Energischste der Demonstration entgegentreten gesehen, und wenn die Anklage behaupte, daß Sobrier unter den ersten die Nationalversammlung gestürmt habe, so könne der Zeuge versichern, daß er selbst mit Sobrier noch zur Zeit der Erstürmung auf dem Revolutionsplatz gewesen sei. Präsident. Fand am 14. Mai eine Reunion bei Sobrier statt? Zeuge. Hr. Präsident, das Haus Sobriers war eine Kaserne und die Reunionen waren permanent bei ihm. Zeuge Meymel, 52 Jahre alt, Ingenieur einer Gaskompagnie. In unsern Ateliers hatten wir einen Arbeiter, Namens Decroix, der längere Zeit in die Garde Sobrier's eingeschrieben war, und die übrigen Arbeiter zu der Manifestation einlud. Unsere Leute folgten dieser Aufforderung; Decroix wurde nach der Juni-Affaire verhaftet. Zeuge Pesme, 29 Jahr alt, Auctionscommissär aus Troyes, erklärt, am 15. Mai einer Versammlung der Departemental-Abgeordneten im Saal Montesquieu beigewohnt zu haben, in welcher zwei Delegirte der Sobrier'schen „Commune de Paris“ erschienen, um die provinzialen Nationalgarden-Delegirten zur Theilnahme an der polnischen Demonstration aufzufordern. Ein Mitgiied des Bureaus habe erwidert, daß solche Demonstrationen nicht der Zweck ihrer Mission seien. Einige Augenblicke darauf aber sei ein Mann im Gefolge von 5-6 Montagnards eingetreten, den man ihm als Sobrier bezeichnet habe, und den er als solchen hier wiedererkenne. Derselbe habe abermals die Versammlung zum Anschluß an die Polen-Demonstration aufgefordert, die Weigerung derselben als einen Volksverrath erklärt und ihnen mit der Volksjustiz der Pariser gedroht. Zeuge Panisse, 37 Jahr alt, Director der öffentlichen Sicherheit. Am 15. Mai begab ich mich nach Ordre des Ministers des Innern, Hrn. Recurt, zu Hrn. Buchez, um über die getroffenen Maßregeln Erkundigungen einzuziehen. Als ich zurück auf das Ministerium kam, traf ich den Unterstaatssecretär Carterel, welcher einen von 2 Mitgliedern der Executivkommission unterzeichneten Verhaftsbefehl gegen Blanqui, Flotte und Lacambre in Händen hatte und mich mit sofortiger Mittheilung desselben an den Polizei-Präfekten beauftragte. Der Zutritt zu dem Polizei-Präfekten wurde mir sehr schwer; ich traf ihn angekleidet auf dem Bett liegen, worüber er sich wegen eines kranken Knie's entschuldigte. Als ich ihm die Verhaftsbefehle producirte, schien es mir, als ob Herr Caussidière eine sehr böse Miene verzöge; er behauptete, daß die Ordre nicht in der Ordnung sei, daß sie keine zwei Unterschriften trüge, und gab mir Hrn. Monnier zur weiteren Besprechung mit dem Minister des Innern mit. Ich ließ Hrn. Monnier bei dem Minister, und kehrte in mein Büreau zurück. Als ich einige Minuten später in das Büreau des Ministers wiedereintreten wollte, stürmte die Menge das Cabinet. Blanqui. Ich bemerke bei Gelegenheit dieser Zeugenaussage die verächtlichen Leidenschaften, mit denen ich von den Machthabern beehrt wurde. Man hat einen Verhaftsbefehl gegen mich und zwei meiner Freunde gegeben, von denen der eine, Lacambre, in Folge dessen der besondere Liebling des Parket's wurde. Zeuge Panisse. Ich glaube, daß Blanqui die ganze Demonstration des 15. Mai überstürzt hat. Blanqui. Beweis, mein Lieber, Beweis! Zeuge. Mein Beweis ist die öffentliche Meinung. Ich habe keine Thatsachen, aber ich halte Sie für den gefährlichsten ihrer Partei. Blanqui. Das wird dem Gericht genügen. Generalprokurator Baroche. Ich bemerke in Betreff Lacambre's, daß derselbe wegen der Juni-Insurrektion verurtheilt wurde, und sich der Strafe durch die Flucht entzogen hat. Blanqui. Er hat wohlgethan. Wegen der Maigeschichte ist er außer Verfolgung gesetzt; jetzt aber, wo er der Rache der Juni-Helden entwischt ist, will man ihn durch ein hundsföttisches Intriguensystem wieder in den 15. Mai ziehen. Es handelt sich nicht um einen Aufrührer, es handelt sich um einen Freund Blanqui's, und das genügt. Nach Vernehmung der weiteren Zeugen und Deputirten Nulhoux und Adelswaerd, deren Aussagen von keinem Interesse sind, wird die Sitzung um 6 Uhr geschlossen. * Bourges, 17. März. (Prozeßverhandlung.) Vor Beginn des Zeugenverhörs läßt Raspail eine neue Deposition gegen die Polizeinote wider ihn verlesen. Diese Deposition eines ehemaligen Hierzu eine Beilage. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar254_026" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="1426"/> sandig wie in Berlin, noch so steinig wie in Wien. Auch beträgt die Minorität hier etwas mehr, als in den beiden deutschen Städten. Sie erreichte bereits gestern Abend 359 gegen 378, und wäre zur Majorität geworden, wenn die Jüstemilianer Duclerc, Pagnerre und Comp. nicht mit der Rechten gestimmt hätten und täglich in's Elysée liefen, um dem Präsidenten für eine gute Stelle die Glacéhandschuhe zu küssen.</p> <p>— 3 1/2 Uhr. Eben kommen Berg und Linke wieder in den Saal und stimmen!!!</p> </div> <div xml:id="ar254_027" type="jArticle"> <head>Paris, 21. März.</head> <p>Das Handelsministerium benachrichtigt die Handelswelt durch den Moniteur von dem Wiederbeginn der Blokade der schleswig-holsteinschen Häfen. Diese Blokade, hat Dänemark dem Vertreter der französ. Republik in Copenhagen am 7. März erklärt, habe keinen anderen Zweck als die Wiederherstellung der dänischen Obrigkeit auf allen Punkten, wo dieselbe mißkannt worden sei und sie würde wieder gehoben werden, sobald das <hi rendition="#g">königliche Ansehen</hi> wieder etablirt worden.</p> <p>— Der dänische Krieg beschäftigt das Elysée viel weniger, als das gestrige Votum in der Clubfrage. Die Nationalversammlung hat am Schlusse ihrer gestrigen Sitzung die Clubs nur mit 378 gegen 359 Kugeln <hi rendition="#g">untersagt,</hi> d. h. die ersten drei Worte des Amendements der Minorität in zweiter Lesung angenommen. Mit einer solchen Majorität würde sich jedes normale Ministerium zurückziehen; da wir aber noch in revolutionärem Zustande uns befinden, so will Bonaparte vor den Wahlen seine Minister nicht wechseln. Welche Glückseligkeiten uns <hi rendition="#g">nach</hi> den Wahlen bescheert sein werden, soll natürlich vom Ausfall der Wahlen selbst abhängen. Unsere größten politischen Sterndeuter meinen: die nächste Kammer werde ungefähr 500 vollblütige Conservatoren (große Grundbesitzer, anerkannte Royalisten, alte Minister etc.), 150 Justemilianer (aus der Boutique des National) und etwa 100 Galgenstricke, wie man im Faubourg St. Germain die Socialisten nennt, zählen: vorausgesetzt, daß der italische und der deutsche Reichskrieg nicht die Köpfe der Wähler plötzlich verrückte. Qui vivra, verra.</p> <p>— Eine Ordonnanz des Polizeipräfekten, die gestern zum großen Erstaunen der Menge angeklebt wurde, widerruft die den Straßen-Journalverkäufern seit dem Februar v. J. verliehenen Patente. Aus den Gründen, die der Ordonnanz vorher geschickt sind, erfährt man, daß dieser fliegende Journalverkauf den Straßenverkehr hindere (!).</p> <p>— Sämmtliche rothe Journale und selbst der National erheben ein fürchterliches Geschrei gegen die neuesten ministeriellen Maßregeln. Erst die Clubs, dann die Presse durch Entziehung des öffentlichen Verkaufs und Wiedereinführung des Stempels tödten — rufen sie, das ist der große Plan des neuen Feldzuges. Quo nos dominateurs le sachent, ce jeu est plus dangereux qu'ils ne le pensent erklärt die <hi rendition="#g">Revolution</hi> in ihrer heutigen Nummer.</p> <p>— Im Rauchzimmer der Nationalversammlung ging es während der Clubdebatte nicht weniger stürmisch zu als im Saale selbst. Clement Thomas und <hi rendition="#g">einige Bonapartisten</hi> faßten einander fast bei den Ohren. Es sei schändlich, sagte Clement Thomas, daß Louis Bonaparte den Daix und Lahr wie gemeine Mörder habe hinrichten lassen! Ihr Verbrechen, so schauderhaft es auch immer sei, habe doch während eines Bürgerkrieges stattgefunden und gehöre in die Kategorie politischer Verbrechen. Aber gerade Louis Napoleon hätte es am allerwenigsten wagen dürfen, ihr Todesurtheil zu unterschreiben, denn er selbst habe seine politische Bahn in Frankreich mit Pistolenschüssen auf die Brust französ. Offiziere und Soldaten in Straßburg u. Boulogne begonnen und sei darum ebenfalls ein politischer Meuchelmörder…. Bei diesen Worten näherte sich Pierre Bonaparte, der sog. rothe Republikaner, dem Redner und stellte ihn zur Rechenschaft im Namen seines Vetters, des erlauchten Präsidenten. Clement Thomas erklärte, daß Herr Peter nur die Akten des Pairshofes nachzulesen brauche. Diese lakonische Kürze erhitzte die beiden Raucher dergestalt, daß ohne das Dazwischenspringen des Obersten Guinard (vom Berge) sich die beiden Pseudorepublikaner an den Köpfen gepackt hätten. Wahrscheinlich wird sich diese Angelegenheit im Gehölz von Boulogne durch einen Zweikampf auflösen. Thomas hat, wie man hört, erklärt, daß er sich nur mit dem eigentlich Beleidigten, mit dem Präsidenten selbst schießen wolle.</p> <p>— Die Gazette des Tribunaux will wissen, daß Barrot qua Justizminister die Geranten des Peuple und der Revolution direkt vor die Seine-Assisen stellen lassen werde.</p> <p>Das Cabinet ist fest entschlossen, diese beiden demokratischen Hauptschreier zu erdrosseln.</p> <p>— Die „Assemblée“ schreit: Die sozialistische Propaganda unter den Soldaten nimmt einen so drohenden Charakter an, daß wir darauf antragen, Jeden vor ein Kriegsgericht zu stellen, der es wagen sollte, einen Soldaten zum Sozialismus zu bekehren!</p> <p>— Düchatel ist glücklich in Paris eingetroffen. Auch der Jesuitengeneral Rothaan ist hier.</p> <p>— Aus Marseille meldet man vom 18., daß ein telegraphischer Befehl die Rüstungen suspendire.</p> <p>— Aus Lyon schreibt man vom 20.: noch keine Bewegung der Alpenarmee. Dagegen ist Bugeaud auf einer Inspektions-Reise nach Grenoble, Valence etc. begriffen.</p> <p>Im Ministerium trägt man sich mit der Idee, daß sich eine gewaltige rothe Verschwörung von Madrid bis Berlin, Neapel und Wien etc. erstreckt, die im Anfange des April zum Ausbruch kommen solle. Lächerlich!</p> <p>Die kleinern Pariser Morgenblätter wollen gehört haben, daß die Diplomatie (Mercier für Frankreich) eine neue Verlängerung des Waffenstillstandes zwischen Piemont und Radetzki erreicht hätte. Frankreich und England wollen Piemont die Addalinie und die Herzogthümer Parma und Modena zusprechen. Zu spät!</p> <p>— <hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 21. März. Corbon eröffnet die Sitzung zum ersten Male um 11 1/2 Uhr.</p> <p>Die Bänke sind ziemlich besetzt, aber bei Gelegenheit eines Lokalgesetzes gehen die Urnen herum und die bedruckten Zettel weisen nur die Anwesenheit von 485 Gliedern nach.</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Corbon</hi>: Inzwischen haben sich wohl mehrere Glieder eingefunden und wir können also die Clubdebatte fortsetzen.</p> <p>Stimme links: Wir sind noch nicht beschlußfähig. Die Zahl der Stimmzettel sagt es Ihnen ja.</p> <p>Stimme rechts: Wir sind allerdings beschlußfähig. Es sitzen mehr als 500 Glieder auf ihren Plätzen.</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Corbon</hi>: Es ist klar, daß die Versammlung beschlußfähig ist. Ich schreite zur Fortsetzung der Debatte über die zweite Lesung des Clubgesetzes.</p> <p><hi rendition="#g">Valette</hi> besteigt die Bühne. Ich erscheine, um den ersten Artikel zu bekämpfen.</p> <p>Rechts: Der erste Artikel ist angenommen.</p> <p><hi rendition="#g">Valette</hi>: Nur der erste Satz: „Die Clubs sind untersagt,“ ist angenommen. Ich will aber den ganzen Artikel bekämpfen. Ich habe ein Recht hierzu. Der ganze Artikel wirft das Vereins- und Associationsrecht nieder; er ist ein Verfassungsbruch. Ich kann diesem Bruch meine Zustimmung nicht geben. (Lärm zur Rechten).</p> <p><hi rendition="#g">Cremieux</hi>: Als der Ausschuß bei Prüfung des Clubentwurfs ein neues Gesetz dem Regierungsentwurf gegenüber vorlegte, hatte er die Absicht, das Vereinsrecht zu regeln. Er verwarf den ministeriellen Entwurf, weil er das Vereinsrecht radikal abschafft, indem er mit den Worten beginnt: „die Clubs sind untersagt.“ Inmittelst hat das Ministerium transigirt und den Entwurf der Minorität angenommen, der sich von dem seinigen um nichts scheidet. Die Majorität des Ausschusses kann sich einem solchen Verfassungsbruch nicht beigesellen. Sie zieht darum ihren Entwurf zurück und erklärt, einen Theil mehr an der Debatte zu nehmen. (Agitation im Saale).</p> <p><hi rendition="#g">De Charencey</hi> protestirt im Namen der Minorität des Clubgesetzausschusses gegen dieses Verfahren und erklärt dasselbe für gefährlich. (Heftige Unterbrechungen).</p> <p>Bouhier de l'Ecluse, sagt <hi rendition="#g">Corbon</hi>, hat im Gegensatz zur Minorität den Nachsatz gestellt (wörtlich):</p> <p rendition="#et">„Als Club wird betrachtet, jede Organisation von Individuen mit öffentlichen periodischen Sitzungen, oder zu unbestimmten Zeiträumen, mit Rednern, Mitgliedern, Associirten etc. und deren gewöhnlicher Gegenstand die Berathung von Theorien oder Thesen ist, welche die Rechte des Nächsten und die öffentliche Sicherheit stören könnten.“</p> <p><hi rendition="#g">De la Boulie</hi> schließt sich im Namen der Minorität dieser Fassung an und dringt auf Abstimmung</p> <p>Vom Berge: Zettelabstimmung!</p> <p>Die Abstimmung, bei vollen Bänken, ergiebt 422 Stimmende, von denen 402 dafür und 20 dagegen stimmten.</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Corbon:</hi> Das Resultat ist null!</p> <p><hi rendition="#g">Luneau</hi> und Andere: Unerhört. Wir beantragen Kugelabstimmung.</p> <p>Diese Kugelabstimmung mit Namensruf ruft ungeheure Agitation im Saaale hervor. Der Berg stimmt nicht. (Pause)</p> <p>Der ganze Artikel geht endlich mit 404 und 303 Stimmen durch.</p> <p>Ducoux unterbricht die Debatte.</p> <p>Die Kugelabstimmung mit Namensruf dauert bekanntlich zwei Stunden. Während dieser Zeit konspirirt der Berg mit der Linken in einem Bureausaale. (S. oben.)</p> <p>Nachdem die Linke sich wieder eingefunden und der berüchtigte ganze Artikel des Minoritätsentwurfs mit 404 gegen 303 Stimmen durchgegangen, unterbricht Ducoux die Debatte.</p> <p><hi rendition="#g">Ducoux:</hi> Ich nehme mir die Freiheit, das Ministerium wegen eines Faktums zu interpelliren, das die Familie des Präsidenten Bonaparte interessirt. (Hört! Hört!) In der Rue Saint Honore existirt ein Wahlbureau, das wöchentlich Rundschreiben in alle Departements sendet, worin den Bauern eine neue Generation, ein Wahlkaiserthum auf 10 Jahre und sonstige schöne Dinge versprochen werden. (Die herbeigeeilte Linke klatscht Beifall. Die Rechte murrt ) Sie sehen Mitbürger, daß die Republik in demselben Augenblick von den fanatischen Anhängern der Familie Bonaparte größere Gefahr läuft als in den Clubs, die etwa hie und da noch ihre einsame Existenz fristen. Ich verlange Auskunft vom Ministerium. (Der Redner besitzt mehrere solche Rundschreiben).</p> <p><hi rendition="#g">Barrot</hi>. Ich erkläre, daß die Regierung nicht die geringste Kenntniß vom angeregten Faktum hat. Sie beklagt sich mit vollem Recht, daß der Interpellant sie nicht vorher benachrichtigte, damit sie sich unterrichten konnte. (Oh! Oh!) Ich erkläre, daß kein Wahlausschuß der besondern Gönnerschaft des Ministeriums genieße (?). Ist das Faktum wahr, so wird die Regierung ihre Pflicht erfüllen.</p> <p>Nach diesem Incident kehrt die Versammlung zum Art. 2 des Clubgesetzes zurück.</p> <p>Victor Lefranc, Balette, Dupont (Bussac) und Andere stellen dem Ministerium die Frage : ob dieser Artikel nicht dem Associationsrecht schade.</p> <p><hi rendition="#g">Barrot</hi> erwidert: Keineswegs. Das Associationsrecht ist von dem Clubrecht gesondert. Nur dürfen die Associationen keine Clubs bilden.</p> <p><hi rendition="#g">Etienne Arago</hi> findet dies nicht klar genug. Indessen bricht die Versammlung die Debatte ab und trennt sich in großer Aufregung um 5 3/4 Uhr.</p> </div> <div xml:id="ar254_028" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Bourges, 15. März.</head> <p>(Prozeß der Mai-Angeklagten.)Die Tribünen sind stark von honetten Leuten besetzt, da es heißt, Lamartine werde heute als Zeuge erscheinen.</p> <p>Die Zeugen Bassac und Degousée werden ihrer gestrigen Aussagen wegen confrontirt. Degousée erklärt, daß die Mobilgarde ihm allerdings, wie er gestern behauptet, den Gehorsam verweigert habe, doch sei es vermuthlich geschehen, weil er seine Insignien als Deputirter nicht getragen. (Aufregung.) Der Zeuge Bassac versichert, daß er und sein Bataillon nichts von Herrn Degousée gesehen hätten. Degousée bleibt dabei, daß die Mobilgarden nur bis zu dem Augenblick, wo Courtais die Bajonette habe abnehmen lassen, eine „gute Haltung“ gezeigt hätten.</p> <p>Ein Geschworener. Zu welcher Stunde hat Hr. Degousée als Quästor der Nationalversammlung dem Hrn. Arago die Ordre ertheilt, den Saal räumen zu lassen?</p> <p>Zeuge Degousée. Ich habe eine solche Ordre nicht ertheilt, sondern Hrn. Arago blos gesagt, 2 Bataillone am Invalidenplatz aufzusuchen; es war 1 1/2 Uhr.</p> <p>(Man präsentirt dem Zeugen Degousée die schriftliche Ordre, welche er Arago zur Ergreifung aller für die Räumung des Saales nöthigen Maßregeln ertheilt hat. Der Zeuge erkennt sie an.)</p> <p>Blanqui. Seit der Eröffnung der Debatten unterhält man uns mit Bagatellen; gestern, als sich eine Gelegenheit bot, in die wirkliche Geschichte des 15. Mai einzudrängen, hat man sich schnell derselben entzogen.</p> <p>Ich habe gestern von Hrn. Degousée zu wissen verlangt, was er mit der Bemerkung sagen wollte: der General Courtais habe unter dem Einfluß einer geheimen Macht gehandelt. Ich habe es nicht erfahren können, aber Hr. Degousée hat uns zu verstehen gegeben, daß er den geheimen Schlüssel des Prozesses besitze; er hat sich nicht darüber auslassen wollen, und auf den 16. April und 17. März verwiesen. Ich bitte Hrn. Degousée sich zu erklären.</p> <p>Zeuge. Als ich sagte, daß der 17. März, welcher im Sinne der provisorischen Regierung organisirt war, <hi rendition="#g">gegen</hi> dieselbe gerichtet wurde, und zwar durch die nämlichen Menschen, welche den 15. Mai dirigirten, glaubte ich, daß diese Leute durch alle Mittel die ihnen am 25. Februar entgangene Gewalt an sich reißen wollten.</p> <p>Blanqui. Diese Antwort paßt gar nicht auf die Frage; Herr Degousée verdreht die Worte.</p> <p>Generalprokurator Baroche. Hr. Degousée hat nicht nöthig, die Worte Blanqui's zu verdrehen. (Tumult im Publikum.)</p> <p>Blanqui. Hr. Degousen ist hier nichts als Zeuge und ich darf seine Aussagen als Verdrehungen bezeichnen. Hr. Degousen hat in seiner ersten Erklärung nicht an die Klubs gedacht. Die Klubs können keinen geheimen Einfluß geübt haben, denn sie waren öffentlich. Man will hier die Wahrheit im Interesse der wahren Schuldigen verbergen und an politischen Opfern Rache üben.</p> <p>Zeuge Degousen. Wir haben die Klubs hinlänglich studirt, um zu wissen, daß nicht immer das, was offen am Tage diskutirt wurde, befolgt wurde. Alle Welt weiß, daß der Druck der Klubs lange Zeit auf die Handlungen der provisorischen Regierung Einfluß übte.</p> <p>Blanqui. Ich bin erfreut, die Zeugen selbst den jungfräulichen Schleier lüften zu sehen, mit dem man sie durch die Eidesleistung bedecken will.</p> <p>Präsident. Hr. Blanqui, injuriiren Sie nicht.</p> <p>Zeuge. Die Injurien Blanquis ehren mich.</p> <p>Blanqui. Und umgekehrt.</p> <p>Präsident. Ich entziehe Ihnen das Wort.</p> <p>Blanqui. Ich habe nach Art. 319 der Cr.-Pr.-O. das Recht, alles was mir nützlich scheint, gegen die Zeugen vorzubringen. Hr. Degousen spricht von geheimer Wirksamkeit der Klubs, während das ganze Verhalten der Klubs die Unwahrheit dieser Behauptung beweis't. Hr. Degousen zeigt durch solche unerwiesene ganz allgemeine Behauptungen, daß er nicht als Zeuge von bestimmten Thatsachen, sondern als Mann politischer Leidenschaften gegen seine Gegner spricht.</p> <p>Zeuge Alphons Marie Louis Lamartine, 56 Jahr alt. Ich kann Ihnen über den 15. Mai nur allgemeine, bekannte Thatsachen erzählen.</p> <p>Auf Befragen nach Albert erklärt Lamartine, daß er denselben in der salle des Colonnes an der Spitze mehrerer Individuen gesehen, und sie aufgefordert habe, die Assemblée zu verlassen. Ein junger Mensch habe geantwortet, das Volk habe kein Vertrauen mehr in Lamartine; Albert habe nur gesagt: Wir haben nicht die Absicht, die Assemblée zu stürmen; wir wollen nur das Recht behaupten, Petitionen an die Barre der Assemblée zu bringen. Diese Aeußerung sei durchaus nicht heftig und leidenschaftlich gewesen. Quentin habe einige Worte in demselben Sinne an ihn gerichtet; seine Sprache sei lebhaft, aber entfernt nicht drohend gewesen. Auf einige Ermahnungen von seiner, Lamartine's, Seite habe sich der Trupp zurückgezogen, und er sei in die Versammlung gegangen, wo er Zeuge der Erstürmung wurde.</p> <p>In Betreff des General Courtais versichert der Zeuge, daß derselbe jeder Art von Komplott, wenn überhaupt ein solches bestanden, fremd gewesen sei. Courtais habe mehrmals zu dem Volk gesprochen, und es aufgefordert, sich zurückzuziehen; als er die Erstürmung der Assemblée gesehen, sei er in Verzweiflung gewesen.</p> <p>Präsident. Was trug sich nach der Erstürmung zu?</p> <p>Lamartine. Ich sah noch einmal den General Courtais das Volk zum Rückzug auffordern, das Volk, welches ich nicht als Insurgenten betrachten kann, denn nach meiner Ansicht war der Tag des 15. Mai wohl eine Unbesonnenheit, aber nicht das Werk eines Complotts.</p> <p>Ueber die Demonstration des 17. März befragt, erklärt Lamartine noch, daß die Clubisten einen „moralischen Einfluß“ auf das Gouvernement hätten üben wollen, aber an „materielle Gewaltthätigkeiten“ nicht gedacht hätten. Sobrier und Barbés seien zwischen die Mitglieder der provisorischen Regierung und einige exaltirte Blousenmänner getreten; Blanqui's Erscheinen sei zurückgehalten und besonnen gewesen.</p> <p>Die Aussagen Lamartine's werden im Publikum mit der größten Aufregung angehört.</p> <p>Schluß der Sitzung 5 Uhr.</p> </div> <div xml:id="ar254_029" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Bourges, 16. März.</head> <p>(Prozeßverhandlungen.) Zeuge Huet, 63 Jahr alt, Portier in dem Hause Nr. 16 in der Rue Rivoli.</p> <p>Präsident. Hatten Sie einen Wachtposten an Ihrem Hause?</p> <p>Zeuge. Ja wohl, einen Wachtposten von vierzehn Mann republikanischer Garden. Die Wache war auch am 15. Mai vorhanden. Am Abend kam die Mobilgarde an, besetzte die Wohnung und legte Beschlag auf die Papiere.</p> <p>Präsident. Waren Patronen in dem Kamin?</p> <p>Zeuge. Ich weiß nicht; aber man hat es mir später so erzählt.</p> <p>Präsident. Hat man ihnen nicht am Morgen einige Andeutungen von dem gegeben, was sich im Laufe des Tages ereignen würde?</p> <p>Zeuge. Ich hörte sagen, daß Sobrier heute im Ministerium schlafen werde.</p> <p>Advokat Baud. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Zeugin Caulaud den Ursprung dieser Worte erst nach der Ueberrumpelung der Assemblée datirt. Die Geschwornen haben ohne Zweifel zwischen den beiden Zeugen zu wählen, von welchen auf der einen Seite präcise, auf der andern schwankende Zeitbestimmungen angegeben werden. Jedenfalls erinnere ich daran, das gerade die <hi rendition="#g">Anklage</hi> die unbestimmten Zeugnisse producirt.</p> <p>Zeuge Royer, Doktor der Medizin, 40 Jahre alt, will Sobrier als einen sehr friedliebenden Mann kennen, bei dem er nur von Andern gewaltthätige Pläne vernommen habe. Einige Tage vor dem 15. Mai habe er Sobrier und seine Freunde auf das Energischste der Demonstration entgegentreten gesehen, und wenn die Anklage behaupte, daß Sobrier unter den ersten die Nationalversammlung gestürmt habe, so könne der Zeuge versichern, daß er selbst mit Sobrier noch zur Zeit der Erstürmung auf dem Revolutionsplatz gewesen sei.</p> <p>Präsident. Fand am 14. Mai eine Reunion bei Sobrier statt?</p> <p>Zeuge. Hr. Präsident, das Haus Sobriers war eine Kaserne und die Reunionen waren permanent bei ihm.</p> <p>Zeuge Meymel, 52 Jahre alt, Ingenieur einer Gaskompagnie. In unsern Ateliers hatten wir einen Arbeiter, Namens Decroix, der längere Zeit in die Garde Sobrier's eingeschrieben war, und die übrigen Arbeiter zu der Manifestation einlud. Unsere Leute folgten dieser Aufforderung; Decroix wurde nach der Juni-Affaire verhaftet.</p> <p>Zeuge Pesme, 29 Jahr alt, Auctionscommissär aus Troyes, erklärt, am 15. Mai einer Versammlung der Departemental-Abgeordneten im Saal Montesquieu beigewohnt zu haben, in welcher zwei Delegirte der Sobrier'schen „Commune de Paris“ erschienen, um die provinzialen Nationalgarden-Delegirten zur Theilnahme an der polnischen Demonstration aufzufordern. Ein Mitgiied des Bureaus habe erwidert, daß solche Demonstrationen nicht der Zweck ihrer Mission seien. Einige Augenblicke darauf aber sei ein Mann im Gefolge von 5-6 Montagnards eingetreten, den man ihm als Sobrier bezeichnet habe, und den er als solchen hier wiedererkenne. Derselbe habe abermals die Versammlung zum Anschluß an die Polen-Demonstration aufgefordert, die Weigerung derselben als einen Volksverrath erklärt und ihnen mit der Volksjustiz der Pariser gedroht.</p> <p>Zeuge Panisse, 37 Jahr alt, Director der öffentlichen Sicherheit. Am 15. Mai begab ich mich nach Ordre des Ministers des Innern, Hrn. Recurt, zu Hrn. Buchez, um über die getroffenen Maßregeln Erkundigungen einzuziehen. Als ich zurück auf das Ministerium kam, traf ich den Unterstaatssecretär Carterel, welcher einen von 2 Mitgliedern der Executivkommission unterzeichneten Verhaftsbefehl gegen Blanqui, Flotte und Lacambre in Händen hatte und mich mit sofortiger Mittheilung desselben an den Polizei-Präfekten beauftragte.</p> <p>Der Zutritt zu dem Polizei-Präfekten wurde mir sehr schwer; ich traf ihn angekleidet auf dem Bett liegen, worüber er sich wegen eines kranken Knie's entschuldigte. Als ich ihm die Verhaftsbefehle producirte, schien es mir, als ob Herr Caussidière eine sehr böse Miene verzöge; er behauptete, daß die Ordre nicht in der Ordnung sei, daß sie keine zwei Unterschriften trüge, und gab mir Hrn. Monnier zur weiteren Besprechung mit dem Minister des Innern mit. Ich ließ Hrn. Monnier bei dem Minister, und kehrte in mein Büreau zurück. Als ich einige Minuten später in das Büreau des Ministers wiedereintreten wollte, stürmte die Menge das Cabinet.</p> <p>Blanqui. Ich bemerke bei Gelegenheit dieser Zeugenaussage die verächtlichen Leidenschaften, mit denen ich von den Machthabern beehrt wurde. Man hat einen Verhaftsbefehl gegen mich und zwei meiner Freunde gegeben, von denen der eine, Lacambre, in Folge dessen der besondere Liebling des Parket's wurde.</p> <p>Zeuge Panisse. Ich glaube, daß Blanqui die ganze Demonstration des 15. Mai überstürzt hat.</p> <p>Blanqui. Beweis, mein Lieber, Beweis!</p> <p>Zeuge. Mein Beweis ist die öffentliche Meinung. Ich habe keine Thatsachen, aber ich halte Sie für den gefährlichsten ihrer Partei.</p> <p>Blanqui. Das wird dem Gericht genügen.</p> <p>Generalprokurator Baroche. Ich bemerke in Betreff Lacambre's, daß derselbe wegen der Juni-Insurrektion verurtheilt wurde, und sich der Strafe durch die Flucht entzogen hat.</p> <p>Blanqui. Er hat wohlgethan. Wegen der Maigeschichte ist er außer Verfolgung gesetzt; jetzt aber, wo er der Rache der Juni-Helden entwischt ist, will man ihn durch ein hundsföttisches Intriguensystem wieder in den 15. Mai ziehen. Es handelt sich nicht um einen Aufrührer, es handelt sich um einen Freund Blanqui's, und das genügt.</p> <p>Nach Vernehmung der weiteren Zeugen und Deputirten Nulhoux und Adelswaerd, deren Aussagen von keinem Interesse sind, wird die Sitzung um 6 Uhr geschlossen.</p> </div> <div xml:id="ar254_030" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Bourges, 17. März.</head> <p>(Prozeßverhandlung.) Vor Beginn des Zeugenverhörs läßt Raspail eine neue Deposition gegen die Polizeinote wider ihn verlesen. Diese Deposition eines ehemaligen</p> <p> <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1426/0004]
sandig wie in Berlin, noch so steinig wie in Wien. Auch beträgt die Minorität hier etwas mehr, als in den beiden deutschen Städten. Sie erreichte bereits gestern Abend 359 gegen 378, und wäre zur Majorität geworden, wenn die Jüstemilianer Duclerc, Pagnerre und Comp. nicht mit der Rechten gestimmt hätten und täglich in's Elysée liefen, um dem Präsidenten für eine gute Stelle die Glacéhandschuhe zu küssen.
— 3 1/2 Uhr. Eben kommen Berg und Linke wieder in den Saal und stimmen!!!
Paris, 21. März. Das Handelsministerium benachrichtigt die Handelswelt durch den Moniteur von dem Wiederbeginn der Blokade der schleswig-holsteinschen Häfen. Diese Blokade, hat Dänemark dem Vertreter der französ. Republik in Copenhagen am 7. März erklärt, habe keinen anderen Zweck als die Wiederherstellung der dänischen Obrigkeit auf allen Punkten, wo dieselbe mißkannt worden sei und sie würde wieder gehoben werden, sobald das königliche Ansehen wieder etablirt worden.
— Der dänische Krieg beschäftigt das Elysée viel weniger, als das gestrige Votum in der Clubfrage. Die Nationalversammlung hat am Schlusse ihrer gestrigen Sitzung die Clubs nur mit 378 gegen 359 Kugeln untersagt, d. h. die ersten drei Worte des Amendements der Minorität in zweiter Lesung angenommen. Mit einer solchen Majorität würde sich jedes normale Ministerium zurückziehen; da wir aber noch in revolutionärem Zustande uns befinden, so will Bonaparte vor den Wahlen seine Minister nicht wechseln. Welche Glückseligkeiten uns nach den Wahlen bescheert sein werden, soll natürlich vom Ausfall der Wahlen selbst abhängen. Unsere größten politischen Sterndeuter meinen: die nächste Kammer werde ungefähr 500 vollblütige Conservatoren (große Grundbesitzer, anerkannte Royalisten, alte Minister etc.), 150 Justemilianer (aus der Boutique des National) und etwa 100 Galgenstricke, wie man im Faubourg St. Germain die Socialisten nennt, zählen: vorausgesetzt, daß der italische und der deutsche Reichskrieg nicht die Köpfe der Wähler plötzlich verrückte. Qui vivra, verra.
— Eine Ordonnanz des Polizeipräfekten, die gestern zum großen Erstaunen der Menge angeklebt wurde, widerruft die den Straßen-Journalverkäufern seit dem Februar v. J. verliehenen Patente. Aus den Gründen, die der Ordonnanz vorher geschickt sind, erfährt man, daß dieser fliegende Journalverkauf den Straßenverkehr hindere (!).
— Sämmtliche rothe Journale und selbst der National erheben ein fürchterliches Geschrei gegen die neuesten ministeriellen Maßregeln. Erst die Clubs, dann die Presse durch Entziehung des öffentlichen Verkaufs und Wiedereinführung des Stempels tödten — rufen sie, das ist der große Plan des neuen Feldzuges. Quo nos dominateurs le sachent, ce jeu est plus dangereux qu'ils ne le pensent erklärt die Revolution in ihrer heutigen Nummer.
— Im Rauchzimmer der Nationalversammlung ging es während der Clubdebatte nicht weniger stürmisch zu als im Saale selbst. Clement Thomas und einige Bonapartisten faßten einander fast bei den Ohren. Es sei schändlich, sagte Clement Thomas, daß Louis Bonaparte den Daix und Lahr wie gemeine Mörder habe hinrichten lassen! Ihr Verbrechen, so schauderhaft es auch immer sei, habe doch während eines Bürgerkrieges stattgefunden und gehöre in die Kategorie politischer Verbrechen. Aber gerade Louis Napoleon hätte es am allerwenigsten wagen dürfen, ihr Todesurtheil zu unterschreiben, denn er selbst habe seine politische Bahn in Frankreich mit Pistolenschüssen auf die Brust französ. Offiziere und Soldaten in Straßburg u. Boulogne begonnen und sei darum ebenfalls ein politischer Meuchelmörder…. Bei diesen Worten näherte sich Pierre Bonaparte, der sog. rothe Republikaner, dem Redner und stellte ihn zur Rechenschaft im Namen seines Vetters, des erlauchten Präsidenten. Clement Thomas erklärte, daß Herr Peter nur die Akten des Pairshofes nachzulesen brauche. Diese lakonische Kürze erhitzte die beiden Raucher dergestalt, daß ohne das Dazwischenspringen des Obersten Guinard (vom Berge) sich die beiden Pseudorepublikaner an den Köpfen gepackt hätten. Wahrscheinlich wird sich diese Angelegenheit im Gehölz von Boulogne durch einen Zweikampf auflösen. Thomas hat, wie man hört, erklärt, daß er sich nur mit dem eigentlich Beleidigten, mit dem Präsidenten selbst schießen wolle.
— Die Gazette des Tribunaux will wissen, daß Barrot qua Justizminister die Geranten des Peuple und der Revolution direkt vor die Seine-Assisen stellen lassen werde.
Das Cabinet ist fest entschlossen, diese beiden demokratischen Hauptschreier zu erdrosseln.
— Die „Assemblée“ schreit: Die sozialistische Propaganda unter den Soldaten nimmt einen so drohenden Charakter an, daß wir darauf antragen, Jeden vor ein Kriegsgericht zu stellen, der es wagen sollte, einen Soldaten zum Sozialismus zu bekehren!
— Düchatel ist glücklich in Paris eingetroffen. Auch der Jesuitengeneral Rothaan ist hier.
— Aus Marseille meldet man vom 18., daß ein telegraphischer Befehl die Rüstungen suspendire.
— Aus Lyon schreibt man vom 20.: noch keine Bewegung der Alpenarmee. Dagegen ist Bugeaud auf einer Inspektions-Reise nach Grenoble, Valence etc. begriffen.
Im Ministerium trägt man sich mit der Idee, daß sich eine gewaltige rothe Verschwörung von Madrid bis Berlin, Neapel und Wien etc. erstreckt, die im Anfange des April zum Ausbruch kommen solle. Lächerlich!
Die kleinern Pariser Morgenblätter wollen gehört haben, daß die Diplomatie (Mercier für Frankreich) eine neue Verlängerung des Waffenstillstandes zwischen Piemont und Radetzki erreicht hätte. Frankreich und England wollen Piemont die Addalinie und die Herzogthümer Parma und Modena zusprechen. Zu spät!
— National-Versammlung. Sitzung vom 21. März. Corbon eröffnet die Sitzung zum ersten Male um 11 1/2 Uhr.
Die Bänke sind ziemlich besetzt, aber bei Gelegenheit eines Lokalgesetzes gehen die Urnen herum und die bedruckten Zettel weisen nur die Anwesenheit von 485 Gliedern nach.
Präsident Corbon: Inzwischen haben sich wohl mehrere Glieder eingefunden und wir können also die Clubdebatte fortsetzen.
Stimme links: Wir sind noch nicht beschlußfähig. Die Zahl der Stimmzettel sagt es Ihnen ja.
Stimme rechts: Wir sind allerdings beschlußfähig. Es sitzen mehr als 500 Glieder auf ihren Plätzen.
Präsident Corbon: Es ist klar, daß die Versammlung beschlußfähig ist. Ich schreite zur Fortsetzung der Debatte über die zweite Lesung des Clubgesetzes.
Valette besteigt die Bühne. Ich erscheine, um den ersten Artikel zu bekämpfen.
Rechts: Der erste Artikel ist angenommen.
Valette: Nur der erste Satz: „Die Clubs sind untersagt,“ ist angenommen. Ich will aber den ganzen Artikel bekämpfen. Ich habe ein Recht hierzu. Der ganze Artikel wirft das Vereins- und Associationsrecht nieder; er ist ein Verfassungsbruch. Ich kann diesem Bruch meine Zustimmung nicht geben. (Lärm zur Rechten).
Cremieux: Als der Ausschuß bei Prüfung des Clubentwurfs ein neues Gesetz dem Regierungsentwurf gegenüber vorlegte, hatte er die Absicht, das Vereinsrecht zu regeln. Er verwarf den ministeriellen Entwurf, weil er das Vereinsrecht radikal abschafft, indem er mit den Worten beginnt: „die Clubs sind untersagt.“ Inmittelst hat das Ministerium transigirt und den Entwurf der Minorität angenommen, der sich von dem seinigen um nichts scheidet. Die Majorität des Ausschusses kann sich einem solchen Verfassungsbruch nicht beigesellen. Sie zieht darum ihren Entwurf zurück und erklärt, einen Theil mehr an der Debatte zu nehmen. (Agitation im Saale).
De Charencey protestirt im Namen der Minorität des Clubgesetzausschusses gegen dieses Verfahren und erklärt dasselbe für gefährlich. (Heftige Unterbrechungen).
Bouhier de l'Ecluse, sagt Corbon, hat im Gegensatz zur Minorität den Nachsatz gestellt (wörtlich):
„Als Club wird betrachtet, jede Organisation von Individuen mit öffentlichen periodischen Sitzungen, oder zu unbestimmten Zeiträumen, mit Rednern, Mitgliedern, Associirten etc. und deren gewöhnlicher Gegenstand die Berathung von Theorien oder Thesen ist, welche die Rechte des Nächsten und die öffentliche Sicherheit stören könnten.“
De la Boulie schließt sich im Namen der Minorität dieser Fassung an und dringt auf Abstimmung
Vom Berge: Zettelabstimmung!
Die Abstimmung, bei vollen Bänken, ergiebt 422 Stimmende, von denen 402 dafür und 20 dagegen stimmten.
Präsident Corbon: Das Resultat ist null!
Luneau und Andere: Unerhört. Wir beantragen Kugelabstimmung.
Diese Kugelabstimmung mit Namensruf ruft ungeheure Agitation im Saaale hervor. Der Berg stimmt nicht. (Pause)
Der ganze Artikel geht endlich mit 404 und 303 Stimmen durch.
Ducoux unterbricht die Debatte.
Die Kugelabstimmung mit Namensruf dauert bekanntlich zwei Stunden. Während dieser Zeit konspirirt der Berg mit der Linken in einem Bureausaale. (S. oben.)
Nachdem die Linke sich wieder eingefunden und der berüchtigte ganze Artikel des Minoritätsentwurfs mit 404 gegen 303 Stimmen durchgegangen, unterbricht Ducoux die Debatte.
Ducoux: Ich nehme mir die Freiheit, das Ministerium wegen eines Faktums zu interpelliren, das die Familie des Präsidenten Bonaparte interessirt. (Hört! Hört!) In der Rue Saint Honore existirt ein Wahlbureau, das wöchentlich Rundschreiben in alle Departements sendet, worin den Bauern eine neue Generation, ein Wahlkaiserthum auf 10 Jahre und sonstige schöne Dinge versprochen werden. (Die herbeigeeilte Linke klatscht Beifall. Die Rechte murrt ) Sie sehen Mitbürger, daß die Republik in demselben Augenblick von den fanatischen Anhängern der Familie Bonaparte größere Gefahr läuft als in den Clubs, die etwa hie und da noch ihre einsame Existenz fristen. Ich verlange Auskunft vom Ministerium. (Der Redner besitzt mehrere solche Rundschreiben).
Barrot. Ich erkläre, daß die Regierung nicht die geringste Kenntniß vom angeregten Faktum hat. Sie beklagt sich mit vollem Recht, daß der Interpellant sie nicht vorher benachrichtigte, damit sie sich unterrichten konnte. (Oh! Oh!) Ich erkläre, daß kein Wahlausschuß der besondern Gönnerschaft des Ministeriums genieße (?). Ist das Faktum wahr, so wird die Regierung ihre Pflicht erfüllen.
Nach diesem Incident kehrt die Versammlung zum Art. 2 des Clubgesetzes zurück.
Victor Lefranc, Balette, Dupont (Bussac) und Andere stellen dem Ministerium die Frage : ob dieser Artikel nicht dem Associationsrecht schade.
Barrot erwidert: Keineswegs. Das Associationsrecht ist von dem Clubrecht gesondert. Nur dürfen die Associationen keine Clubs bilden.
Etienne Arago findet dies nicht klar genug. Indessen bricht die Versammlung die Debatte ab und trennt sich in großer Aufregung um 5 3/4 Uhr.
* Bourges, 15. März. (Prozeß der Mai-Angeklagten.)Die Tribünen sind stark von honetten Leuten besetzt, da es heißt, Lamartine werde heute als Zeuge erscheinen.
Die Zeugen Bassac und Degousée werden ihrer gestrigen Aussagen wegen confrontirt. Degousée erklärt, daß die Mobilgarde ihm allerdings, wie er gestern behauptet, den Gehorsam verweigert habe, doch sei es vermuthlich geschehen, weil er seine Insignien als Deputirter nicht getragen. (Aufregung.) Der Zeuge Bassac versichert, daß er und sein Bataillon nichts von Herrn Degousée gesehen hätten. Degousée bleibt dabei, daß die Mobilgarden nur bis zu dem Augenblick, wo Courtais die Bajonette habe abnehmen lassen, eine „gute Haltung“ gezeigt hätten.
Ein Geschworener. Zu welcher Stunde hat Hr. Degousée als Quästor der Nationalversammlung dem Hrn. Arago die Ordre ertheilt, den Saal räumen zu lassen?
Zeuge Degousée. Ich habe eine solche Ordre nicht ertheilt, sondern Hrn. Arago blos gesagt, 2 Bataillone am Invalidenplatz aufzusuchen; es war 1 1/2 Uhr.
(Man präsentirt dem Zeugen Degousée die schriftliche Ordre, welche er Arago zur Ergreifung aller für die Räumung des Saales nöthigen Maßregeln ertheilt hat. Der Zeuge erkennt sie an.)
Blanqui. Seit der Eröffnung der Debatten unterhält man uns mit Bagatellen; gestern, als sich eine Gelegenheit bot, in die wirkliche Geschichte des 15. Mai einzudrängen, hat man sich schnell derselben entzogen.
Ich habe gestern von Hrn. Degousée zu wissen verlangt, was er mit der Bemerkung sagen wollte: der General Courtais habe unter dem Einfluß einer geheimen Macht gehandelt. Ich habe es nicht erfahren können, aber Hr. Degousée hat uns zu verstehen gegeben, daß er den geheimen Schlüssel des Prozesses besitze; er hat sich nicht darüber auslassen wollen, und auf den 16. April und 17. März verwiesen. Ich bitte Hrn. Degousée sich zu erklären.
Zeuge. Als ich sagte, daß der 17. März, welcher im Sinne der provisorischen Regierung organisirt war, gegen dieselbe gerichtet wurde, und zwar durch die nämlichen Menschen, welche den 15. Mai dirigirten, glaubte ich, daß diese Leute durch alle Mittel die ihnen am 25. Februar entgangene Gewalt an sich reißen wollten.
Blanqui. Diese Antwort paßt gar nicht auf die Frage; Herr Degousée verdreht die Worte.
Generalprokurator Baroche. Hr. Degousée hat nicht nöthig, die Worte Blanqui's zu verdrehen. (Tumult im Publikum.)
Blanqui. Hr. Degousen ist hier nichts als Zeuge und ich darf seine Aussagen als Verdrehungen bezeichnen. Hr. Degousen hat in seiner ersten Erklärung nicht an die Klubs gedacht. Die Klubs können keinen geheimen Einfluß geübt haben, denn sie waren öffentlich. Man will hier die Wahrheit im Interesse der wahren Schuldigen verbergen und an politischen Opfern Rache üben.
Zeuge Degousen. Wir haben die Klubs hinlänglich studirt, um zu wissen, daß nicht immer das, was offen am Tage diskutirt wurde, befolgt wurde. Alle Welt weiß, daß der Druck der Klubs lange Zeit auf die Handlungen der provisorischen Regierung Einfluß übte.
Blanqui. Ich bin erfreut, die Zeugen selbst den jungfräulichen Schleier lüften zu sehen, mit dem man sie durch die Eidesleistung bedecken will.
Präsident. Hr. Blanqui, injuriiren Sie nicht.
Zeuge. Die Injurien Blanquis ehren mich.
Blanqui. Und umgekehrt.
Präsident. Ich entziehe Ihnen das Wort.
Blanqui. Ich habe nach Art. 319 der Cr.-Pr.-O. das Recht, alles was mir nützlich scheint, gegen die Zeugen vorzubringen. Hr. Degousen spricht von geheimer Wirksamkeit der Klubs, während das ganze Verhalten der Klubs die Unwahrheit dieser Behauptung beweis't. Hr. Degousen zeigt durch solche unerwiesene ganz allgemeine Behauptungen, daß er nicht als Zeuge von bestimmten Thatsachen, sondern als Mann politischer Leidenschaften gegen seine Gegner spricht.
Zeuge Alphons Marie Louis Lamartine, 56 Jahr alt. Ich kann Ihnen über den 15. Mai nur allgemeine, bekannte Thatsachen erzählen.
Auf Befragen nach Albert erklärt Lamartine, daß er denselben in der salle des Colonnes an der Spitze mehrerer Individuen gesehen, und sie aufgefordert habe, die Assemblée zu verlassen. Ein junger Mensch habe geantwortet, das Volk habe kein Vertrauen mehr in Lamartine; Albert habe nur gesagt: Wir haben nicht die Absicht, die Assemblée zu stürmen; wir wollen nur das Recht behaupten, Petitionen an die Barre der Assemblée zu bringen. Diese Aeußerung sei durchaus nicht heftig und leidenschaftlich gewesen. Quentin habe einige Worte in demselben Sinne an ihn gerichtet; seine Sprache sei lebhaft, aber entfernt nicht drohend gewesen. Auf einige Ermahnungen von seiner, Lamartine's, Seite habe sich der Trupp zurückgezogen, und er sei in die Versammlung gegangen, wo er Zeuge der Erstürmung wurde.
In Betreff des General Courtais versichert der Zeuge, daß derselbe jeder Art von Komplott, wenn überhaupt ein solches bestanden, fremd gewesen sei. Courtais habe mehrmals zu dem Volk gesprochen, und es aufgefordert, sich zurückzuziehen; als er die Erstürmung der Assemblée gesehen, sei er in Verzweiflung gewesen.
Präsident. Was trug sich nach der Erstürmung zu?
Lamartine. Ich sah noch einmal den General Courtais das Volk zum Rückzug auffordern, das Volk, welches ich nicht als Insurgenten betrachten kann, denn nach meiner Ansicht war der Tag des 15. Mai wohl eine Unbesonnenheit, aber nicht das Werk eines Complotts.
Ueber die Demonstration des 17. März befragt, erklärt Lamartine noch, daß die Clubisten einen „moralischen Einfluß“ auf das Gouvernement hätten üben wollen, aber an „materielle Gewaltthätigkeiten“ nicht gedacht hätten. Sobrier und Barbés seien zwischen die Mitglieder der provisorischen Regierung und einige exaltirte Blousenmänner getreten; Blanqui's Erscheinen sei zurückgehalten und besonnen gewesen.
Die Aussagen Lamartine's werden im Publikum mit der größten Aufregung angehört.
Schluß der Sitzung 5 Uhr.
* Bourges, 16. März. (Prozeßverhandlungen.) Zeuge Huet, 63 Jahr alt, Portier in dem Hause Nr. 16 in der Rue Rivoli.
Präsident. Hatten Sie einen Wachtposten an Ihrem Hause?
Zeuge. Ja wohl, einen Wachtposten von vierzehn Mann republikanischer Garden. Die Wache war auch am 15. Mai vorhanden. Am Abend kam die Mobilgarde an, besetzte die Wohnung und legte Beschlag auf die Papiere.
Präsident. Waren Patronen in dem Kamin?
Zeuge. Ich weiß nicht; aber man hat es mir später so erzählt.
Präsident. Hat man ihnen nicht am Morgen einige Andeutungen von dem gegeben, was sich im Laufe des Tages ereignen würde?
Zeuge. Ich hörte sagen, daß Sobrier heute im Ministerium schlafen werde.
Advokat Baud. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Zeugin Caulaud den Ursprung dieser Worte erst nach der Ueberrumpelung der Assemblée datirt. Die Geschwornen haben ohne Zweifel zwischen den beiden Zeugen zu wählen, von welchen auf der einen Seite präcise, auf der andern schwankende Zeitbestimmungen angegeben werden. Jedenfalls erinnere ich daran, das gerade die Anklage die unbestimmten Zeugnisse producirt.
Zeuge Royer, Doktor der Medizin, 40 Jahre alt, will Sobrier als einen sehr friedliebenden Mann kennen, bei dem er nur von Andern gewaltthätige Pläne vernommen habe. Einige Tage vor dem 15. Mai habe er Sobrier und seine Freunde auf das Energischste der Demonstration entgegentreten gesehen, und wenn die Anklage behaupte, daß Sobrier unter den ersten die Nationalversammlung gestürmt habe, so könne der Zeuge versichern, daß er selbst mit Sobrier noch zur Zeit der Erstürmung auf dem Revolutionsplatz gewesen sei.
Präsident. Fand am 14. Mai eine Reunion bei Sobrier statt?
Zeuge. Hr. Präsident, das Haus Sobriers war eine Kaserne und die Reunionen waren permanent bei ihm.
Zeuge Meymel, 52 Jahre alt, Ingenieur einer Gaskompagnie. In unsern Ateliers hatten wir einen Arbeiter, Namens Decroix, der längere Zeit in die Garde Sobrier's eingeschrieben war, und die übrigen Arbeiter zu der Manifestation einlud. Unsere Leute folgten dieser Aufforderung; Decroix wurde nach der Juni-Affaire verhaftet.
Zeuge Pesme, 29 Jahr alt, Auctionscommissär aus Troyes, erklärt, am 15. Mai einer Versammlung der Departemental-Abgeordneten im Saal Montesquieu beigewohnt zu haben, in welcher zwei Delegirte der Sobrier'schen „Commune de Paris“ erschienen, um die provinzialen Nationalgarden-Delegirten zur Theilnahme an der polnischen Demonstration aufzufordern. Ein Mitgiied des Bureaus habe erwidert, daß solche Demonstrationen nicht der Zweck ihrer Mission seien. Einige Augenblicke darauf aber sei ein Mann im Gefolge von 5-6 Montagnards eingetreten, den man ihm als Sobrier bezeichnet habe, und den er als solchen hier wiedererkenne. Derselbe habe abermals die Versammlung zum Anschluß an die Polen-Demonstration aufgefordert, die Weigerung derselben als einen Volksverrath erklärt und ihnen mit der Volksjustiz der Pariser gedroht.
Zeuge Panisse, 37 Jahr alt, Director der öffentlichen Sicherheit. Am 15. Mai begab ich mich nach Ordre des Ministers des Innern, Hrn. Recurt, zu Hrn. Buchez, um über die getroffenen Maßregeln Erkundigungen einzuziehen. Als ich zurück auf das Ministerium kam, traf ich den Unterstaatssecretär Carterel, welcher einen von 2 Mitgliedern der Executivkommission unterzeichneten Verhaftsbefehl gegen Blanqui, Flotte und Lacambre in Händen hatte und mich mit sofortiger Mittheilung desselben an den Polizei-Präfekten beauftragte.
Der Zutritt zu dem Polizei-Präfekten wurde mir sehr schwer; ich traf ihn angekleidet auf dem Bett liegen, worüber er sich wegen eines kranken Knie's entschuldigte. Als ich ihm die Verhaftsbefehle producirte, schien es mir, als ob Herr Caussidière eine sehr böse Miene verzöge; er behauptete, daß die Ordre nicht in der Ordnung sei, daß sie keine zwei Unterschriften trüge, und gab mir Hrn. Monnier zur weiteren Besprechung mit dem Minister des Innern mit. Ich ließ Hrn. Monnier bei dem Minister, und kehrte in mein Büreau zurück. Als ich einige Minuten später in das Büreau des Ministers wiedereintreten wollte, stürmte die Menge das Cabinet.
Blanqui. Ich bemerke bei Gelegenheit dieser Zeugenaussage die verächtlichen Leidenschaften, mit denen ich von den Machthabern beehrt wurde. Man hat einen Verhaftsbefehl gegen mich und zwei meiner Freunde gegeben, von denen der eine, Lacambre, in Folge dessen der besondere Liebling des Parket's wurde.
Zeuge Panisse. Ich glaube, daß Blanqui die ganze Demonstration des 15. Mai überstürzt hat.
Blanqui. Beweis, mein Lieber, Beweis!
Zeuge. Mein Beweis ist die öffentliche Meinung. Ich habe keine Thatsachen, aber ich halte Sie für den gefährlichsten ihrer Partei.
Blanqui. Das wird dem Gericht genügen.
Generalprokurator Baroche. Ich bemerke in Betreff Lacambre's, daß derselbe wegen der Juni-Insurrektion verurtheilt wurde, und sich der Strafe durch die Flucht entzogen hat.
Blanqui. Er hat wohlgethan. Wegen der Maigeschichte ist er außer Verfolgung gesetzt; jetzt aber, wo er der Rache der Juni-Helden entwischt ist, will man ihn durch ein hundsföttisches Intriguensystem wieder in den 15. Mai ziehen. Es handelt sich nicht um einen Aufrührer, es handelt sich um einen Freund Blanqui's, und das genügt.
Nach Vernehmung der weiteren Zeugen und Deputirten Nulhoux und Adelswaerd, deren Aussagen von keinem Interesse sind, wird die Sitzung um 6 Uhr geschlossen.
* Bourges, 17. März. (Prozeßverhandlung.) Vor Beginn des Zeugenverhörs läßt Raspail eine neue Deposition gegen die Polizeinote wider ihn verlesen. Diese Deposition eines ehemaligen
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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