Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 254. Köln, 24. März 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

nach alter Art reconstituirt ist, und wo auf jeden Demokraten, zehn Soldaten und drei Staatsbediente kommen. "In Erfurt ist gut wohnen," sagte Dalberg, und die Brunnenkresse, Buffbohnen und Nudeln scheinen auch in diesem Jahre wieder eine gesegnete Ernte anzubahnen.

127 Langensalza, 19. März.

"Unser herrliches Kriegsheer," dessen "Ruhm der Pflichttreue und Disciplin, unbeschreiblich ist, es wäre denn durch die Adresse der ersten Kammer: hat gestern hier neue Siegeszeichen erfochten. Da gestern Abend zur Feier des 18. Märzes ein Fackelzug erwartet wurde, und es gerade Sonntag und hübsches Wetter war, so hatte sich am Mühlhäuser Thore eine Menge Volk versammelt. Diese Versammlung sollte von der Polizei auseinander getrieben werden; das gelang nicht sogleich. Alsbald wurden Kürassiere kommandirt, die ohne Weiteres auf die Menge scharf einhieben. Es sind etwa zehn Personen mehr oder weniger erheblich verwundert, und "blos ein Mensch," welchem mit dem Pallasch der Kopf förmlich durchbohrt wurde, getödtet worden. Die Verwundeten und der Getödtete waren wehr- und waffenlos. Die Kürassiere sind vom 8 Regiment, erste und zweite Schwadron, unter v. Unruh, d. h. dem Major v. Unruh. Das Kürassier-Regiment gehört zu der Division des General v. Voß, welcher Erfurt belagert hält.

068 Wien, 19. März.

Gegen die Octroyirungsmaßregeln erhebt sich die schärfste Opposition in den südslavischen Landestheilen. Als Organe dieser Opposition treten insbesondere die "südslavische Zeitung" und die " Agramer Zeitung" hervor. Letzteres Journal schreibt u. A.:

"In allen Theilen unserer Heimath, vorzüglich aber in der Militärgränze und serbischen Woiwodschaft hat die Octroyirung einer mit den Erwartungen der Südslaven in gar keiner Harmonie stehenden Verfassung den tiefsten, einer schmerzlichen Kränkung nicht unähnlichen Eindruck hinterlassen. Man findet sich bitter enttäuscht. Hätte man uns wenigstens aufgefordert, im Wege des Landtages in die großen Opfer, die für den Gesammtstaat gefordert werden, einzuwilligen, so wäre dieser Schlag nicht halb so schmerzhaft. Aber in dieser Zeit unserer allgemeinen Aufopferung wie die Rebellen in Ungarn und Italien behandelt zu werden, das ist in der Welt noch nicht da gewesen."

Von den Sereschanern sind bereits viele wieder fort, zum größten Theil nach Ungarn. Ihr Korps hat gerade im ungarischen Kriege sehr gelitten. Ihre Tapferkeit wird übrigens im Vergleich mit andern östreichischen Truppen nicht in erste Reihe gestellt. Dagegen sind sie im Plündern der Lebendigen und Todten unübertrefflich. Bei den letzten Ereignissen in Wien konnte man sich mit eignen Augen überzeugen, wie die auf die Friedhöfe gebrachten Särge von den Kroaten geöffnet und mit Blitzesschnelle die Todten der für überflüssig erachteten Leibeswäsche entkleidet wurden.

Wie Nachrichten aus Ungarn und Krakau besagen, soll die an den Gränzen aufgestellte und sich täglich vermehrende russische Armee dieselben überschreiten, und nicht nur in Ungarn, sondern auch in allen Städten der Monarchie, einschließlich Wiens, die Besatzungen bilden. Damit will der russische Kaiser den Oestreichern die Möglichkeit verschaffen, alle ihre verfügbaren Streitkräfte gegen Ungarn und Italien zu verwenden.

074 Troppau, 17. März.

Zur Feier der standrechtlich oktroyirten Verfassung fanden auch hier im ganzen Lande Schlesien und Mähren offizielle Feierlichkeiten statt, die Ortschaften mußten illuminirt, in den Theatern mußten Habsburg-tamerlan'sche Prologe gesprochen werden. Gleichzeitig wurden Gerüchte verbreitet, daß eine französisch-deutsche Expedition gegen Oestreich im Anrücken sei, um im ganzen Lande eine neue Revolution zu provoziren. Pfaffen, Polizei und Standrechtsbestien arbeiten unermüdlich an der Erfindung solcher und ähnlicher Gerüchte.

An sämmtliche Ortsbehörden aller Provinzen ist übrigens der geheime Befehl ergangen, auf die s. g. Ausländer, d. h. auf jeden Mißliebigen, nicht östreichisch-standrechtlich Organisirten zu vigiliren, die Polizei hat jedem einzelnen Bürger dazu das Recht eingeräumt, diejenigen sofort verhaften zu lassen, welche eine ihnen bedenkliche Aeußerung wagen würden. Wie das gehandhabt wird, können Sie sich vorstellen. Die Klügern erkennen zwar, daß die oktroyirten Küchenlappen nur dazu dienen sollen, das Blut der Gemordeten wegzuwischen und den Untergang zur ewigen Knute, zum ewigen Standrecht und zum ewigen Belagerungszustand vorzubereiten. Die Tamerlans-Dynastieen Deutschlands sehen nämlich, daß im Reiche der Knutenmajestät von Irkutz und Tobolzk hübsch Ruhe geblieben ist; sie denken daher, wir müssen bei uns dasselbe Regiment einführen, wollen wir die Revolution auf ewig los werden. Sie können Recht haben: wenn der Deutsche einmal die oktroyirten Kosakenknödel verdauen gelernt hat, verdaut er auch die Knute.

213 Dresden, 19. März.

Wo die Freiheit das Grundprinzip die Größe des Staats ausmacht, sind auch die Hallen der Freiheit danach. Unsere deutschen Kammern gleichen darum meist den Hochverrathsstuben, in welchen man den Journalisten kaum einen Platz einräumt. So ist's namentlich hier. Die Journalisten müssen sich mit Plätzen im Publikum begnügen: die ganze zweite Kammer ist nicht so geräumig, als die erste beste Bierkneipe der Stadt. Wie im Kleinen, so im Großen und umgekehrt, die Erbärmlichkeit ist und bleibt immer die wahrste Seite in Deutschland.

Die heutige Sitzung zweiten Kammer wurde nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls wieder mit einigen Vertrauens-Adressen an die Kammer, mit Petitionen um Verschonung mit Reichstruppen, und um unentgeldliche Aufhebung aller Feudallasten eröffnet.

Hierauf beklagte sich Tzschiruer, daß das Ministerium die von ihm in Betreff der Blum'schen Angelegenheit gestellte Interpellation noch nicht beantwortet habe, und forderte dasselbe auf, die Geschäftsordnung und diese Sache besser in's Auge zu fassen und Antwort zu geben. Der Staatsminister von Ehrenstein versprach diese Antwort in den nächsten Tagen.

Man geht zur Tagesordnung über. Ein Antrag Mayers über Aufhebung der Steuerexekutionen durch's Militär wird nach einigen Bemerkungen des Antragstellers an den zweiten Ausschuß verwiesen.

Im Namen des vierten Ausschusses erstattet sodann Feldner Bericht über die Gesuche um Erlassung einer Amnestie für politische und Preßvergehen. Nach einer langen Debatte, die der komischen Intermezzo's manche darbot, wurde folgender Antrag Tzschirners nebst zwei Zusätzen Blöde's und Köchly's angenommen: daß die Kammer im Verein mit der ersten Kammer die Regierung ersuche, bei der Krone zu bevorworten, daß für alle politischen und Preßvergehen vom Jahre 1848, und für andere solche Vergehen, insofern sie in der Bewegung des vorigen Jahrs ihre Entstehung haben, und was die Preßvergehen betrifft, insofern sie nicht gegen Privatpersonen gerichtet sind, Amnestie ertheilt werde; Vergehen aber, bei denen es zweifelhaft ist, ob sie in diese Kategorie gehören, an Schwurgerichte zu verweisen sind.

213 Dresden, 20. März.

Unsere Majestät eilt morgen unter sein glorreiches in Leipzig versammeltes Schleswig-Holstein-Sachsen-Heer, um vor ihm einige Abschieds- -- vielleicht auch Oktroyirungs- und Belagerungsthränen zu heulen.

Die östreichische Regierung hat der dänischen erklärt, daß sie sich niemals dazu hergeben werde, die rebellischen Unterthanen Sr. Dänenmajestät in ihrem verbrecherischen Bestreben zu unterstützen, vielmehr alles aufbieten würde, der Sache ein Ende zu machen. Bedenkt man, daß Oestreichs Tamerlan sich gegen jede andere deutsche Gewalt als Centralstandrechtsgewalt gebährdet und alle gekrönten Bestien wieder um den alten Dudelsackpfeifer Metternich tanzen, so könnte man diese Erklärung dem deutschen Blödsinn und seinen Geistesorganen als Kommentar empfehlen, allein die Arbeit würde vergeblich sein, da die 45 Millionen Knochen kaum dann etwas begreifen, wenn man ihnen auch mit der Axt auf den Schädel schlägt. Kurz und gut, die Sachsen ziehen nach Schleswig-Holstein, trotz alledem und alledem.

Auf der Registrande der zweiten Kammer standen heute wieder mehre Vertrauensadressen an die Majorität, namentlich aber viele Proteste gegen den Einmarsch der Reichskroaten und Reichsbarbaren in Sachsen. Die Sachsen riechen Lunte und merken, daß man sie wie Schleswig-Holsteiner behandeln will. Der Präsident rügte hierauf das Benehmen des Publikums in der gestrigen Sitzung. Dem Abgeordneten Bauer, einem kroatisirten Genie des Standrechts, soll nämlich von der Gallerie herab auf die Glatze gespieen worden sein. Die erbärmliche Kleinheit der Landtagsstube und der ganz verrückte Bau der Gallerien können so etwas wohl möglich gemacht haben, und es nimmt uns sogar Wunder, daß nicht schon andere Projektilen auf die Schädel der Herren Abgeordneten gefallen sind, ohne daß im Volke die mindeste Absichtlichkeit dazu vorhanden gewesen. Wäre mir's doch heute fast selbst geschehen, daß meine Brieftasche das Haupt eines Ministers zerschlagen hätte.

Wehner interpellirte das Gesammtministerium über ein Gerücht, wonach die allgemein verhaßte Leipziger Bank eine Erneuerung ihres Bourgeois-Privilegiums auf 10 Jahre ohne Genehmigung der Kammern erhalten habe.

Minister Weinlig mußte dies Gerücht bestätigen, betheuerte indessen, daß die Erneuerung schon unter dem abgetretenen Ministerium stattgefunden habe. Auf diese Weise umgeht das Ministerium die Kammer und eskamotirt mit seinen Spießgesellen und Bourgeois die Rechte des Volks. Die Erklärung verursachte sowohl im Publikum wie in der Kammer eine allgemeine Indignation.

Die Tagesordnung veranlaßte eine mehrstündige schleppende Debatte, in welcher die krähwinkelnde Duodezstaatenbildung so recht zur Schau kam. Es handelte sich vorzüglich um die Gehaltsabzüge der zu Abgeordneten gewählten Staatsbeamten.

15 Kassel, 17. März.

Die Verhandlungen unseres selbst vernichtenden Landtag's, sind wahrhaft ergötzlich. Gestatten Sie mir einen kurzen Rückblick auf die Ergebnisse hauptsächlich der Büdgetberathung.

Die Kosten des Landgestütes und die Anstellung eines Directors mit 1400 bis 1800 Thalern veranlaßten den Abgeordneten Winckelblech zu einem Vergleiche der Kosten der Menschenzucht mit der Pferdezucht. Ein Schullehrer erhalte auf dem Lande 100, wenn's hoch kommt 120 Thaler, in der Stadt 150--200 Thaler, ein ordentlicher Professor beziehe 600, -- ein Landgestüte-Direktor 1800 Thaler. Das nenne er demokratische Grundlagen! Die Versammlung von ihrem Steuerbewilligungsrechte Gebrauch machend, bewilligte für den Direktor einen Gehalt von 1200 bis 1600 Thalern, schnitt also 200 (!) Thaler ab. -- In derselben Sitzung stellte Winckelblech den Antrag, sämmtlichen Gefangenen alsbald unbeschränkte literarische Beschäftigung und zwei Stunden tägliche Bewegung im Freien zu gestatten. Die Versammlung ging zur motivirten (!) Tagesordnung über, weil literarische Beschäftigung nicht für alle Gefangenen tauge (!).

Die Sändeversammlung hat endlich begriffen, wie sie ihrer Aufgabe der Selbstvernichtung am Besten genüge, ohne sich selbst zu vernichten. Sie hat auf den Antrag des Bierbrauers Lederer beschlossen, die Regierung um Vorlage eines "unpräjudicirlichen Einführungs-Gesetzentwurfs zu dem neuen Wahlgesetze" zu ersuchen, wonach die Ständeversammlung bis nach Ablauf der dreijährigen Landtagsperiode und unmittelbar bis zum Zusammentritt der neuen Versammlung ihre verfassungsmäßige Eigenschaft behalte. Also noch drei volle Jahre hätten wir Aussicht, diese Käuze hier tagen zu sehen, ein Bischen lange. -- Abg. Wolff interpellirte, ob nach Publication der Grundrechte bei uns die Stellvertretung noch fortbestehe? Darauf meinte der Landtagskommissar das Recrutirungs-Gesetz sei ja in diesem Punkte so liberal, daß die Grundrechte gar keine Aenderung nothwendig machten (!).

Früher war der Landesherr in Kurhessen oberster Militärchef und der Kriegsminister demselben untergeordnet. Nun ist das zwar abgeändert, gleichwohl aber figuriren noch immer auf dem Militär-Etat die Flügeladjutanten mit 8280 Thlr. Der Ausschuß hatte beantragt, den Posten ausdrücklich zu streichen. Dies zog ihm aber eine derbe Lection Seitens des Regierungs-Kommissars und des Ministers des Innern zu. Diese Stellen wie die dafür ausgeworfenen Gehalte beruhten auf Vereinbarung und könnten von den Ständen nicht einseitig abgeändert werden, das Steuerbewilligungsrecht influire hierauf nicht. Die Versammlung genehmigte natürlich pflichtgemäßigst die 8000 Thlr., jedoch mit dem unterthänigsten Ansuchen in Zukunft nicht so hoch zu greifen. Auf Antrag Bayrhoffer's wurde zugleich beschlossen, die Regierung um Aufhebung der Adjutantur zu ersuchen. Wer diese beiden Beschlüsse zusammen reimen kann, vermag viel: Aber bei Gott und den kurhessischen Ständen ist kein Ding unmöglich. -- Uebrigens ist unsere Militär-Verwaltung eine heitere Wirthschaft zu nennen. Seit den Märzerrungenschaften hat das kurhessische Vaterland nicht mehr als 11 Kriegsminister gehen und kommen sehen. Alle 8 Tage eine andere Uniform, alle 8 Tage ein anderer Kriegsminister, dermalen Major Bödicker, der kurhessische Wrangel, welcher die erste fliegende Colonne gegen das revolutionäre Hanau führte. -- Die Ständeversammlung wünschte die Aufhebung unserer kostspieligen Militärkinder-Versorgungsanstalt des Cadettenhauses. Die Regierung meinte, das sei nicht thunlich. Die Gelder wurden devotest verwilligt.

In der Sitzung vom 16. interpellirte der Abg. Theobald, ob es begründet, daß unter den Nachbarstaaten Frankfurts bezüglich der Verfolgung von Verbrechern ein Kartell abgeschlossen sei. Der Landtagskommissar bejahte dies und die ganze Sache ward wegen der von mehrern Abgeordneten bezweifelten Verfassungsmäßigkeit dem Rechtsausschusse überwiesen. Zum Schlusse beantragte der Bürger und Bierbrauer Lederer den Kurfürsten durch Zahlen (wörtlich) von der Nothwendigkeit einer Verminderung der Civilliste zu überzeugen. Wird angenommen.

PS. Das Schützenbataillon kurhessischer Truppen ist bereits heute mit der Eisenbahn nach Schleswig-Holstein abgegangen und wurde durch eine Rede Serenissimi von "angestammter Treue", "hessischer Tapferkeit", "Anhänglichkeit an das Fürstenhaus" etc. zum Abschiede begrüßt. Ein Waggon antwortete mit mattem: "Es lebe unser Kurfürst", die übrigen Angesichts Sr. königlichen Hoheit mit dem um so stürmischern Rufe: "Es lebe die Republik" (!). Uebermorgen sollen weitere Truppen folgen und dann werden Preußen, die nicht weit von der kurhessischen Grenze ein Lager bezogen haben, mit dem Belagerungszustande hier einrücken.

15 Kassel, 19. März.

Ich melde Ihnen heute ein Pröbchen kurfürstlich-hessischer Märzerrungenschaften, wie wir es wirklich weder vor noch nach der Märzrevolution erlebt haben. In Preußen mögen wohl schon öfter Anklagen auf Majestätsbeleidigung resp. Hochverrath erhoben worden sein, wenn man bei einem Toast auf den gottbegnadeten König nicht aufstand, in Kurhessen aber sind trotz des 60 Ellen langen Zopfs dergleichen Histörchen lange nicht mehr vorgekommen. Doch gehen wir zur Sache. In dem ungefähr vier Stunden von hier belegenen Oertchen Gudensberg hielt kürzlich der dortige Volksverein in einem Wirthshause bei gedrängtvollem Saale Sitzung. In dem Gewühle fiel zufälliger Weise das an der Wand hängende Bild des Kurfürsten herunter und wurde von den Füßen der Anwesenden nicht gerade zärtlich mitgenommen. Dies erboste einen anwesenden Spion, der dem ganzen Verlaufe zugesehen hatte, so sehr, daß er die Sache dem öffentlichen Ankläger hinterbrachte, welcher dann auch sofort in seinem blinden Amtseifer Klage auf Majestätsbeleidigung erhob. Derselbe Herr Ankläger war von seinem Vorhaben nicht abzubringen, als er selbst zugeben mußte, daß die Sache zufällig geschehen sei. Er meinte, zufällige Majestätsbeleidigung sollte noch härter bestraft werden, weil es einen erschrecklichen Mangel an Ehrfurcht vor dem Staatsoberhaupte bekunde, nicht einmal nachzuforschen, ob nicht etwa ein Bildniß desselben an dem Orte dieses wilden Treibens sei, da eigentlich in jedes Haus wenigstens ein Bild des Landesherrn gehöre. Märzerrungenschaften.

15 Kassel, 19. März.

In der heutigen Sitzung der Ständeversammlung ist die Civilliste wiederum Gegenstand der Debatte gewesen. Nach vielen langweiligen Erörterungen, wobei sich hauptsächlich die sogenannte demokratische Partei unseres Landtags durch ihre Zerrissenheit auszeichnete, einigte man sich endlich dahin, einen Ausschuß behufs Entwerfung einer neuen Adresse an den Kurfürsten zu wählen, bis nach erfolgter Antwort aber jegliche Beschlußnahme über diesen Gegenstand auszusetzen. Damit hat der Landtag sein "entscheidendes Wort" gesprochen, er hat gesagt, wenn ihm wieder eine Rückäußerung auf seine Ansprache vorbehalten werden sollte, würde das Finanzgesetz nicht zu Stande kommen, somit das Budget nicht abgeschlossen werden können. Nun ist im Voraus zu sehen, wie eine etwaige Antwort Sr. Königl. Hoheit ausfallen dürfte: "Auf das Gesuch Meiner Stände kann nicht eingegangen werden." In diesem Falle aber sind die Stände fest entschlossen, den ganzen Posten zu streichen. Daraus würde dann Auflösung der Versammlung, und nach konstitutionellem Vocabularum "Berufung an das Volk" folgen, was freilich den höchsten Herrn aus dem Regen in die Traufe brächte, da in diesem Punkte die Parteien des Hessen-Ländchens einhellig sind. Bei der originellen Hartnäckigkeit der Hoheit von Ihrem Einkommen Nichts nachzulassen, hätten wir dann den Belagerungszustand, womit man uns schon längst drohte, in sehr naher und reeller Aussicht, zumal das preußische Truppenlager im Paderbornischen (sehr nahe an der kurhessischen Gränze) dem gelobten Lande immer näher rückt, während die vaterländischen Krieger des letztern sich nach Schleswig-Holstein theils schon entfernt haben, theils noch mehr entfernen werden.

!!! Frankfurt, 21. März.

National-Versammlung.

Schluß der Kaisersitzung.

Simson eröffnet um 1/2 10 Uhr die Sitzung.

Man geht sofort zur Tagesordnung und der Berichterstatter der Minorität des Ausschusses Römer (aus Würtemberg) erhält das Wort zur Empfehlung des ersten Minoritätserachtens, welches Tagesordnung über die Welkerschen Anträge beantragt und von Schüler (Jena), Schreiner, Wigard, Römer gestellt ist. Zuvörderst berichtigt er nochmals die irrige Behauptung Wurms, als habe im März vorigen Jahres Würtemberg geradezu den Preußen zum deutschen Kaiser machen wollen -- erklärt aber, sollte dennoch der Hohenzoller gewählt werden, so wird Würtemberg nicht aufhören, seine Pflichten gegen Deutschland zu erfüllen. Zu dem Beweis der Verwerflichkeit der Welkerschen Anträge fügt er nichts Neues hinzu. Sein Vortrag ist der eines bereits Besiegten. Er giebt zu, daß Oestreich jetzt nicht in Deutschland eintreten könne, unter den von der östreichischen Verfassung gegebenen Bedingungen, aber Oestreichs octroyirte Verfassung werde vor einem Jahre nicht zur Ausführung kommen und in diesem Jahre könnte viel passiren! Römer wünscht noch eine Frist für Oestreich, zu einer Ueberrumpelung wie durch den Welkerschen Antrag sei keine Veranlassung. Die Stimmung des Volkes sei eine solche in Deutschland, daß wenn man die Verfassung nach Welkers Beschluß jetzt in Bausch und Bogen annehme und der nächsten Vertretung Deutschlands zur Revision überließe, leicht eine Vertretung zusammen kommen würde, die von unserer Verfassung keinen Stein auf dem andern lassen möchte, und dagegen eine machen, die Ihnen nicht gefiele. (Bravo links und Gallerien.) Das Volk werde noch erbitterter werden, wenn es sieht, daß man es mit dem Erbkaiser u. s. w. überrumpeln wolle!

Schüler von Jena empfiehlt das zweite Minoritätserachten "über die Verfassung in zweiter Lesung paragraphenweise abzustimmen." Welkers Antrag sei ein Terrorismus der Mehrheit, verübt an der Minderheit, ein unerhörter parlamentarischer Terrorismus. Aller krankhafte Partikularismus in Deutschland ist ein dynastischer. Dieser würde Nahrung bekommen durch die Wahl des Preußen und die dadurch für ewig erregte Eifersucht der Dynasten. Und dies nennen Sie Herstellung der deutschen Einheit? Ich frage, sagt Schüler, die Preußen in dieser Versammlung, würde Preußen sich unterwerfen, wenn man die Kaiserkrone an Baiern oder Würtemberg übertrüge? (Links: Sehr wahr!) Die klarste Folge ist der Bürgerkrieg zwischen dem Norden und Süden. Und diese Spaltung in zwei Theile nennen Sie Einheit? Sie wollen ein Schwert schaffen für Deutschland -- ich fürchte, Sie werden nach wie vor eins schaffen zur Unterdrückung der Freiheit. Der Preuße, wenn er annimmt, d. h. nicht von uns, sondern von den Regierungen, wird nicht ein Kaiser des deutschen Volkes, sondern der deutschen Fürsten sein! Noch nie hat ein Volk einen solchen Verrath an seiner Freiheit begangen, daß es sich einem Monarchen nur wegen seiner großen Hausmacht unterworfen hätte. Nur der Theil des Volkes will Ihren Kaiser, welcher sagt: "ich wollte es wäre Schlafenszeit" (und ich könnte mich auf meinen Geldsack legen). (Bravo links.) Schließlich erklärt Schüler, daß nur die alte Kabinetspolitik und gänzliche Reaktion uns zu so verrätherischen Schritten führen können, wie Welker sie vorschlägt. Wenn einmal der traurige Bürgerkrieg eine Unvermeidlichkeit geworden ist, dann wollen wir ihn doch lieber machen, um Oestreich an uns zu ziehen, als es von uns zu stoßen! Ich werde unter keiner Bedingung nun und nimmer für einen Erbkaiser stimmen. (Langer Beifall von der Linken und Gallerien)

Was Riesser zur Begründung der Majoritätsanträge des Ausschusses noch als Berichterstatter sprach und mit Hülfe Bassermanns zusammengearbeitet hatte, werden Sie mir füglich erlassen. Die patriotischen Tugendphrasen dieses Hamburger liberalen Schmeerbauchs vom reinsten Wasser dienen gewiß nicht dazu, die bis zum Ekel erschöpfte Diskussion zu beleben. Der Beifall der Centren und der Preußen war natürlich ungemessen. Jucho und einige andere zarte Seelen weinten glühende Thränen. Riesser sprach über zwei Stunden.

Aber das muß ich doch erwähnen, daß dieser schönrednerische Hamburger auf eine Weise den Berliner Straßenkampf und die Berliner Märzrevolution schmähte, die jedem Ehrenmann die Röthe des Zornes auf die Wangen treiben mußte. Nun, die Zukunft wird ihm ein Sürrogat für den Beifall der Frankfurter Centren und Frankfurter Preußen bringen.

Beim Herabsteigen von der Tribüne fiel Bassermann und seine Clique über Riesser mit wahnsinnigem Entzücken her. Gagern erhob sich von der Ministerbank umarmte und küßte ihn. (Das ist wörtlich wahr.) Ueber diese Umarmung schlug die Linke ein Hohngelächter auf und hinter mir sagte ein schlichter Blousenmann: "Das ist der Judaskuß, mit dem die deutsche Freiheit verrathen wird!"

Radowitz geht vor der Abstimmung auf die Tribüne und erklärt, seine Partei werde sich aus höheren Rücksichten (soll heißen telegraphische Nachrichten) den Anträgen des Ausschusses anschließen.

Raveaux erklärt dies für einen Mißbrauch nach Schluß der Debatte.

Folgen endlich die Abstimmungen (um 1/22 Uhr). Zuerst über die einfache Tagesordnung über Welkers Anträge.

Es stimmten unter andern

für die Tagesordnung:

Uhland. Trützschler. Braun aus Bonn. Kolb aus Speyer. Graf Deym. Kotschi. Linde. Detmold. Lewisohn. Martiny. Alle drei Simons. Edel. Eisenmann. Maifeld Temme. Giskra. Gompard. Melly. Trabert. Heckscher. Möhring. M. Mohl. Trampusch. v. Hermann. Mohr. Mühlfeld. Kirchgessner. Neuwall. Kahlert. Pfeu[unleserliches Material]er. Phillips. Raveaux. Reichenbach. Richter (Achern) Rödinger Rösler (Oels). Roßmäßler. Schaffrath. Scharre. Shauß. Schlöffel. Schmerling. Schüler (Jena). Schulz (Darmstadt und Weilburg). Schütz. Sepp. Sommaruga. Fürst Waldburg-Zeil. Welker. Wulfen. Wuttke. Wirth. Zimmermann aus Stuttgart. Spandow.

Gegen die Tagesordnung u. A.:

Reh. Rösler (Wien). Schneer Servais. Simner. Tellkampf. Treskow. Venedey!! (Pfui! Pfui! über diesen elenden Phrasenhelden. -- Tumult erhob sich.) Beseler aus Schleswig. Bürgers. Cetto. Knyrim (Linke). Drechsler (Linke). Droysen u. Esmarch (Schleswiger). Federer

nach alter Art reconstituirt ist, und wo auf jeden Demokraten, zehn Soldaten und drei Staatsbediente kommen. „In Erfurt ist gut wohnen,“ sagte Dalberg, und die Brunnenkresse, Buffbohnen und Nudeln scheinen auch in diesem Jahre wieder eine gesegnete Ernte anzubahnen.

127 Langensalza, 19. März.

„Unser herrliches Kriegsheer,“ dessen „Ruhm der Pflichttreue und Disciplin, unbeschreiblich ist, es wäre denn durch die Adresse der ersten Kammer: hat gestern hier neue Siegeszeichen erfochten. Da gestern Abend zur Feier des 18. Märzes ein Fackelzug erwartet wurde, und es gerade Sonntag und hübsches Wetter war, so hatte sich am Mühlhäuser Thore eine Menge Volk versammelt. Diese Versammlung sollte von der Polizei auseinander getrieben werden; das gelang nicht sogleich. Alsbald wurden Kürassiere kommandirt, die ohne Weiteres auf die Menge scharf einhieben. Es sind etwa zehn Personen mehr oder weniger erheblich verwundert, und „blos ein Mensch,“ welchem mit dem Pallasch der Kopf förmlich durchbohrt wurde, getödtet worden. Die Verwundeten und der Getödtete waren wehr- und waffenlos. Die Kürassiere sind vom 8 Regiment, erste und zweite Schwadron, unter v. Unruh, d. h. dem Major v. Unruh. Das Kürassier-Regiment gehört zu der Division des General v. Voß, welcher Erfurt belagert hält.

068 Wien, 19. März.

Gegen die Octroyirungsmaßregeln erhebt sich die schärfste Opposition in den südslavischen Landestheilen. Als Organe dieser Opposition treten insbesondere die „südslavische Zeitung“ und die „ Agramer Zeitung“ hervor. Letzteres Journal schreibt u. A.:

„In allen Theilen unserer Heimath, vorzüglich aber in der Militärgränze und serbischen Woiwodschaft hat die Octroyirung einer mit den Erwartungen der Südslaven in gar keiner Harmonie stehenden Verfassung den tiefsten, einer schmerzlichen Kränkung nicht unähnlichen Eindruck hinterlassen. Man findet sich bitter enttäuscht. Hätte man uns wenigstens aufgefordert, im Wege des Landtages in die großen Opfer, die für den Gesammtstaat gefordert werden, einzuwilligen, so wäre dieser Schlag nicht halb so schmerzhaft. Aber in dieser Zeit unserer allgemeinen Aufopferung wie die Rebellen in Ungarn und Italien behandelt zu werden, das ist in der Welt noch nicht da gewesen.“

Von den Sereschanern sind bereits viele wieder fort, zum größten Theil nach Ungarn. Ihr Korps hat gerade im ungarischen Kriege sehr gelitten. Ihre Tapferkeit wird übrigens im Vergleich mit andern östreichischen Truppen nicht in erste Reihe gestellt. Dagegen sind sie im Plündern der Lebendigen und Todten unübertrefflich. Bei den letzten Ereignissen in Wien konnte man sich mit eignen Augen überzeugen, wie die auf die Friedhöfe gebrachten Särge von den Kroaten geöffnet und mit Blitzesschnelle die Todten der für überflüssig erachteten Leibeswäsche entkleidet wurden.

Wie Nachrichten aus Ungarn und Krakau besagen, soll die an den Gränzen aufgestellte und sich täglich vermehrende russische Armee dieselben überschreiten, und nicht nur in Ungarn, sondern auch in allen Städten der Monarchie, einschließlich Wiens, die Besatzungen bilden. Damit will der russische Kaiser den Oestreichern die Möglichkeit verschaffen, alle ihre verfügbaren Streitkräfte gegen Ungarn und Italien zu verwenden.

074 Troppau, 17. März.

Zur Feier der standrechtlich oktroyirten Verfassung fanden auch hier im ganzen Lande Schlesien und Mähren offizielle Feierlichkeiten statt, die Ortschaften mußten illuminirt, in den Theatern mußten Habsburg-tamerlan'sche Prologe gesprochen werden. Gleichzeitig wurden Gerüchte verbreitet, daß eine französisch-deutsche Expedition gegen Oestreich im Anrücken sei, um im ganzen Lande eine neue Revolution zu provoziren. Pfaffen, Polizei und Standrechtsbestien arbeiten unermüdlich an der Erfindung solcher und ähnlicher Gerüchte.

An sämmtliche Ortsbehörden aller Provinzen ist übrigens der geheime Befehl ergangen, auf die s. g. Ausländer, d. h. auf jeden Mißliebigen, nicht östreichisch-standrechtlich Organisirten zu vigiliren, die Polizei hat jedem einzelnen Bürger dazu das Recht eingeräumt, diejenigen sofort verhaften zu lassen, welche eine ihnen bedenkliche Aeußerung wagen würden. Wie das gehandhabt wird, können Sie sich vorstellen. Die Klügern erkennen zwar, daß die oktroyirten Küchenlappen nur dazu dienen sollen, das Blut der Gemordeten wegzuwischen und den Untergang zur ewigen Knute, zum ewigen Standrecht und zum ewigen Belagerungszustand vorzubereiten. Die Tamerlans-Dynastieen Deutschlands sehen nämlich, daß im Reiche der Knutenmajestät von Irkutz und Tobolzk hübsch Ruhe geblieben ist; sie denken daher, wir müssen bei uns dasselbe Regiment einführen, wollen wir die Revolution auf ewig los werden. Sie können Recht haben: wenn der Deutsche einmal die oktroyirten Kosakenknödel verdauen gelernt hat, verdaut er auch die Knute.

213 Dresden, 19. März.

Wo die Freiheit das Grundprinzip die Größe des Staats ausmacht, sind auch die Hallen der Freiheit danach. Unsere deutschen Kammern gleichen darum meist den Hochverrathsstuben, in welchen man den Journalisten kaum einen Platz einräumt. So ist's namentlich hier. Die Journalisten müssen sich mit Plätzen im Publikum begnügen: die ganze zweite Kammer ist nicht so geräumig, als die erste beste Bierkneipe der Stadt. Wie im Kleinen, so im Großen und umgekehrt, die Erbärmlichkeit ist und bleibt immer die wahrste Seite in Deutschland.

Die heutige Sitzung zweiten Kammer wurde nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls wieder mit einigen Vertrauens-Adressen an die Kammer, mit Petitionen um Verschonung mit Reichstruppen, und um unentgeldliche Aufhebung aller Feudallasten eröffnet.

Hierauf beklagte sich Tzschiruer, daß das Ministerium die von ihm in Betreff der Blum'schen Angelegenheit gestellte Interpellation noch nicht beantwortet habe, und forderte dasselbe auf, die Geschäftsordnung und diese Sache besser in's Auge zu fassen und Antwort zu geben. Der Staatsminister von Ehrenstein versprach diese Antwort in den nächsten Tagen.

Man geht zur Tagesordnung über. Ein Antrag Mayers über Aufhebung der Steuerexekutionen durch's Militär wird nach einigen Bemerkungen des Antragstellers an den zweiten Ausschuß verwiesen.

Im Namen des vierten Ausschusses erstattet sodann Feldner Bericht über die Gesuche um Erlassung einer Amnestie für politische und Preßvergehen. Nach einer langen Debatte, die der komischen Intermezzo's manche darbot, wurde folgender Antrag Tzschirners nebst zwei Zusätzen Blöde's und Köchly's angenommen: daß die Kammer im Verein mit der ersten Kammer die Regierung ersuche, bei der Krone zu bevorworten, daß für alle politischen und Preßvergehen vom Jahre 1848, und für andere solche Vergehen, insofern sie in der Bewegung des vorigen Jahrs ihre Entstehung haben, und was die Preßvergehen betrifft, insofern sie nicht gegen Privatpersonen gerichtet sind, Amnestie ertheilt werde; Vergehen aber, bei denen es zweifelhaft ist, ob sie in diese Kategorie gehören, an Schwurgerichte zu verweisen sind.

213 Dresden, 20. März.

Unsere Majestät eilt morgen unter sein glorreiches in Leipzig versammeltes Schleswig-Holstein-Sachsen-Heer, um vor ihm einige Abschieds- — vielleicht auch Oktroyirungs- und Belagerungsthränen zu heulen.

Die östreichische Regierung hat der dänischen erklärt, daß sie sich niemals dazu hergeben werde, die rebellischen Unterthanen Sr. Dänenmajestät in ihrem verbrecherischen Bestreben zu unterstützen, vielmehr alles aufbieten würde, der Sache ein Ende zu machen. Bedenkt man, daß Oestreichs Tamerlan sich gegen jede andere deutsche Gewalt als Centralstandrechtsgewalt gebährdet und alle gekrönten Bestien wieder um den alten Dudelsackpfeifer Metternich tanzen, so könnte man diese Erklärung dem deutschen Blödsinn und seinen Geistesorganen als Kommentar empfehlen, allein die Arbeit würde vergeblich sein, da die 45 Millionen Knochen kaum dann etwas begreifen, wenn man ihnen auch mit der Axt auf den Schädel schlägt. Kurz und gut, die Sachsen ziehen nach Schleswig-Holstein, trotz alledem und alledem.

Auf der Registrande der zweiten Kammer standen heute wieder mehre Vertrauensadressen an die Majorität, namentlich aber viele Proteste gegen den Einmarsch der Reichskroaten und Reichsbarbaren in Sachsen. Die Sachsen riechen Lunte und merken, daß man sie wie Schleswig-Holsteiner behandeln will. Der Präsident rügte hierauf das Benehmen des Publikums in der gestrigen Sitzung. Dem Abgeordneten Bauer, einem kroatisirten Genie des Standrechts, soll nämlich von der Gallerie herab auf die Glatze gespieen worden sein. Die erbärmliche Kleinheit der Landtagsstube und der ganz verrückte Bau der Gallerien können so etwas wohl möglich gemacht haben, und es nimmt uns sogar Wunder, daß nicht schon andere Projektilen auf die Schädel der Herren Abgeordneten gefallen sind, ohne daß im Volke die mindeste Absichtlichkeit dazu vorhanden gewesen. Wäre mir's doch heute fast selbst geschehen, daß meine Brieftasche das Haupt eines Ministers zerschlagen hätte.

Wehner interpellirte das Gesammtministerium über ein Gerücht, wonach die allgemein verhaßte Leipziger Bank eine Erneuerung ihres Bourgeois-Privilegiums auf 10 Jahre ohne Genehmigung der Kammern erhalten habe.

Minister Weinlig mußte dies Gerücht bestätigen, betheuerte indessen, daß die Erneuerung schon unter dem abgetretenen Ministerium stattgefunden habe. Auf diese Weise umgeht das Ministerium die Kammer und eskamotirt mit seinen Spießgesellen und Bourgeois die Rechte des Volks. Die Erklärung verursachte sowohl im Publikum wie in der Kammer eine allgemeine Indignation.

Die Tagesordnung veranlaßte eine mehrstündige schleppende Debatte, in welcher die krähwinkelnde Duodezstaatenbildung so recht zur Schau kam. Es handelte sich vorzüglich um die Gehaltsabzüge der zu Abgeordneten gewählten Staatsbeamten.

15 Kassel, 17. März.

Die Verhandlungen unseres selbst vernichtenden Landtag's, sind wahrhaft ergötzlich. Gestatten Sie mir einen kurzen Rückblick auf die Ergebnisse hauptsächlich der Büdgetberathung.

Die Kosten des Landgestütes und die Anstellung eines Directors mit 1400 bis 1800 Thalern veranlaßten den Abgeordneten Winckelblech zu einem Vergleiche der Kosten der Menschenzucht mit der Pferdezucht. Ein Schullehrer erhalte auf dem Lande 100, wenn's hoch kommt 120 Thaler, in der Stadt 150—200 Thaler, ein ordentlicher Professor beziehe 600, — ein Landgestüte-Direktor 1800 Thaler. Das nenne er demokratische Grundlagen! Die Versammlung von ihrem Steuerbewilligungsrechte Gebrauch machend, bewilligte für den Direktor einen Gehalt von 1200 bis 1600 Thalern, schnitt also 200 (!) Thaler ab. — In derselben Sitzung stellte Winckelblech den Antrag, sämmtlichen Gefangenen alsbald unbeschränkte literarische Beschäftigung und zwei Stunden tägliche Bewegung im Freien zu gestatten. Die Versammlung ging zur motivirten (!) Tagesordnung über, weil literarische Beschäftigung nicht für alle Gefangenen tauge (!).

Die Sändeversammlung hat endlich begriffen, wie sie ihrer Aufgabe der Selbstvernichtung am Besten genüge, ohne sich selbst zu vernichten. Sie hat auf den Antrag des Bierbrauers Lederer beschlossen, die Regierung um Vorlage eines „unpräjudicirlichen Einführungs-Gesetzentwurfs zu dem neuen Wahlgesetze“ zu ersuchen, wonach die Ständeversammlung bis nach Ablauf der dreijährigen Landtagsperiode und unmittelbar bis zum Zusammentritt der neuen Versammlung ihre verfassungsmäßige Eigenschaft behalte. Also noch drei volle Jahre hätten wir Aussicht, diese Käuze hier tagen zu sehen, ein Bischen lange. — Abg. Wolff interpellirte, ob nach Publication der Grundrechte bei uns die Stellvertretung noch fortbestehe? Darauf meinte der Landtagskommissar das Recrutirungs-Gesetz sei ja in diesem Punkte so liberal, daß die Grundrechte gar keine Aenderung nothwendig machten (!).

Früher war der Landesherr in Kurhessen oberster Militärchef und der Kriegsminister demselben untergeordnet. Nun ist das zwar abgeändert, gleichwohl aber figuriren noch immer auf dem Militär-Etat die Flügeladjutanten mit 8280 Thlr. Der Ausschuß hatte beantragt, den Posten ausdrücklich zu streichen. Dies zog ihm aber eine derbe Lection Seitens des Regierungs-Kommissars und des Ministers des Innern zu. Diese Stellen wie die dafür ausgeworfenen Gehalte beruhten auf Vereinbarung und könnten von den Ständen nicht einseitig abgeändert werden, das Steuerbewilligungsrecht influire hierauf nicht. Die Versammlung genehmigte natürlich pflichtgemäßigst die 8000 Thlr., jedoch mit dem unterthänigsten Ansuchen in Zukunft nicht so hoch zu greifen. Auf Antrag Bayrhoffer's wurde zugleich beschlossen, die Regierung um Aufhebung der Adjutantur zu ersuchen. Wer diese beiden Beschlüsse zusammen reimen kann, vermag viel: Aber bei Gott und den kurhessischen Ständen ist kein Ding unmöglich. — Uebrigens ist unsere Militär-Verwaltung eine heitere Wirthschaft zu nennen. Seit den Märzerrungenschaften hat das kurhessische Vaterland nicht mehr als 11 Kriegsminister gehen und kommen sehen. Alle 8 Tage eine andere Uniform, alle 8 Tage ein anderer Kriegsminister, dermalen Major Bödicker, der kurhessische Wrangel, welcher die erste fliegende Colonne gegen das revolutionäre Hanau führte. — Die Ständeversammlung wünschte die Aufhebung unserer kostspieligen Militärkinder-Versorgungsanstalt des Cadettenhauses. Die Regierung meinte, das sei nicht thunlich. Die Gelder wurden devotest verwilligt.

In der Sitzung vom 16. interpellirte der Abg. Theobald, ob es begründet, daß unter den Nachbarstaaten Frankfurts bezüglich der Verfolgung von Verbrechern ein Kartell abgeschlossen sei. Der Landtagskommissar bejahte dies und die ganze Sache ward wegen der von mehrern Abgeordneten bezweifelten Verfassungsmäßigkeit dem Rechtsausschusse überwiesen. Zum Schlusse beantragte der Bürger und Bierbrauer Lederer den Kurfürsten durch Zahlen (wörtlich) von der Nothwendigkeit einer Verminderung der Civilliste zu überzeugen. Wird angenommen.

PS. Das Schützenbataillon kurhessischer Truppen ist bereits heute mit der Eisenbahn nach Schleswig-Holstein abgegangen und wurde durch eine Rede Serenissimi von „angestammter Treue“, „hessischer Tapferkeit“, „Anhänglichkeit an das Fürstenhaus“ etc. zum Abschiede begrüßt. Ein Waggon antwortete mit mattem: „Es lebe unser Kurfürst“, die übrigen Angesichts Sr. königlichen Hoheit mit dem um so stürmischern Rufe: „Es lebe die Republik“ (!). Uebermorgen sollen weitere Truppen folgen und dann werden Preußen, die nicht weit von der kurhessischen Grenze ein Lager bezogen haben, mit dem Belagerungszustande hier einrücken.

15 Kassel, 19. März.

Ich melde Ihnen heute ein Pröbchen kurfürstlich-hessischer Märzerrungenschaften, wie wir es wirklich weder vor noch nach der Märzrevolution erlebt haben. In Preußen mögen wohl schon öfter Anklagen auf Majestätsbeleidigung resp. Hochverrath erhoben worden sein, wenn man bei einem Toast auf den gottbegnadeten König nicht aufstand, in Kurhessen aber sind trotz des 60 Ellen langen Zopfs dergleichen Histörchen lange nicht mehr vorgekommen. Doch gehen wir zur Sache. In dem ungefähr vier Stunden von hier belegenen Oertchen Gudensberg hielt kürzlich der dortige Volksverein in einem Wirthshause bei gedrängtvollem Saale Sitzung. In dem Gewühle fiel zufälliger Weise das an der Wand hängende Bild des Kurfürsten herunter und wurde von den Füßen der Anwesenden nicht gerade zärtlich mitgenommen. Dies erboste einen anwesenden Spion, der dem ganzen Verlaufe zugesehen hatte, so sehr, daß er die Sache dem öffentlichen Ankläger hinterbrachte, welcher dann auch sofort in seinem blinden Amtseifer Klage auf Majestätsbeleidigung erhob. Derselbe Herr Ankläger war von seinem Vorhaben nicht abzubringen, als er selbst zugeben mußte, daß die Sache zufällig geschehen sei. Er meinte, zufällige Majestätsbeleidigung sollte noch härter bestraft werden, weil es einen erschrecklichen Mangel an Ehrfurcht vor dem Staatsoberhaupte bekunde, nicht einmal nachzuforschen, ob nicht etwa ein Bildniß desselben an dem Orte dieses wilden Treibens sei, da eigentlich in jedes Haus wenigstens ein Bild des Landesherrn gehöre. Märzerrungenschaften.

15 Kassel, 19. März.

In der heutigen Sitzung der Ständeversammlung ist die Civilliste wiederum Gegenstand der Debatte gewesen. Nach vielen langweiligen Erörterungen, wobei sich hauptsächlich die sogenannte demokratische Partei unseres Landtags durch ihre Zerrissenheit auszeichnete, einigte man sich endlich dahin, einen Ausschuß behufs Entwerfung einer neuen Adresse an den Kurfürsten zu wählen, bis nach erfolgter Antwort aber jegliche Beschlußnahme über diesen Gegenstand auszusetzen. Damit hat der Landtag sein „entscheidendes Wort“ gesprochen, er hat gesagt, wenn ihm wieder eine Rückäußerung auf seine Ansprache vorbehalten werden sollte, würde das Finanzgesetz nicht zu Stande kommen, somit das Budget nicht abgeschlossen werden können. Nun ist im Voraus zu sehen, wie eine etwaige Antwort Sr. Königl. Hoheit ausfallen dürfte: „Auf das Gesuch Meiner Stände kann nicht eingegangen werden.“ In diesem Falle aber sind die Stände fest entschlossen, den ganzen Posten zu streichen. Daraus würde dann Auflösung der Versammlung, und nach konstitutionellem Vocabularum „Berufung an das Volk“ folgen, was freilich den höchsten Herrn aus dem Regen in die Traufe brächte, da in diesem Punkte die Parteien des Hessen-Ländchens einhellig sind. Bei der originellen Hartnäckigkeit der Hoheit von Ihrem Einkommen Nichts nachzulassen, hätten wir dann den Belagerungszustand, womit man uns schon längst drohte, in sehr naher und reeller Aussicht, zumal das preußische Truppenlager im Paderbornischen (sehr nahe an der kurhessischen Gränze) dem gelobten Lande immer näher rückt, während die vaterländischen Krieger des letztern sich nach Schleswig-Holstein theils schon entfernt haben, theils noch mehr entfernen werden.

!!! Frankfurt, 21. März.

National-Versammlung.

Schluß der Kaisersitzung.

Simson eröffnet um 1/2 10 Uhr die Sitzung.

Man geht sofort zur Tagesordnung und der Berichterstatter der Minorität des Ausschusses Römer (aus Würtemberg) erhält das Wort zur Empfehlung des ersten Minoritätserachtens, welches Tagesordnung über die Welkerschen Anträge beantragt und von Schüler (Jena), Schreiner, Wigard, Römer gestellt ist. Zuvörderst berichtigt er nochmals die irrige Behauptung Wurms, als habe im März vorigen Jahres Würtemberg geradezu den Preußen zum deutschen Kaiser machen wollen — erklärt aber, sollte dennoch der Hohenzoller gewählt werden, so wird Würtemberg nicht aufhören, seine Pflichten gegen Deutschland zu erfüllen. Zu dem Beweis der Verwerflichkeit der Welkerschen Anträge fügt er nichts Neues hinzu. Sein Vortrag ist der eines bereits Besiegten. Er giebt zu, daß Oestreich jetzt nicht in Deutschland eintreten könne, unter den von der östreichischen Verfassung gegebenen Bedingungen, aber Oestreichs octroyirte Verfassung werde vor einem Jahre nicht zur Ausführung kommen und in diesem Jahre könnte viel passiren! Römer wünscht noch eine Frist für Oestreich, zu einer Ueberrumpelung wie durch den Welkerschen Antrag sei keine Veranlassung. Die Stimmung des Volkes sei eine solche in Deutschland, daß wenn man die Verfassung nach Welkers Beschluß jetzt in Bausch und Bogen annehme und der nächsten Vertretung Deutschlands zur Revision überließe, leicht eine Vertretung zusammen kommen würde, die von unserer Verfassung keinen Stein auf dem andern lassen möchte, und dagegen eine machen, die Ihnen nicht gefiele. (Bravo links und Gallerien.) Das Volk werde noch erbitterter werden, wenn es sieht, daß man es mit dem Erbkaiser u. s. w. überrumpeln wolle!

Schüler von Jena empfiehlt das zweite Minoritätserachten „über die Verfassung in zweiter Lesung paragraphenweise abzustimmen.“ Welkers Antrag sei ein Terrorismus der Mehrheit, verübt an der Minderheit, ein unerhörter parlamentarischer Terrorismus. Aller krankhafte Partikularismus in Deutschland ist ein dynastischer. Dieser würde Nahrung bekommen durch die Wahl des Preußen und die dadurch für ewig erregte Eifersucht der Dynasten. Und dies nennen Sie Herstellung der deutschen Einheit? Ich frage, sagt Schüler, die Preußen in dieser Versammlung, würde Preußen sich unterwerfen, wenn man die Kaiserkrone an Baiern oder Würtemberg übertrüge? (Links: Sehr wahr!) Die klarste Folge ist der Bürgerkrieg zwischen dem Norden und Süden. Und diese Spaltung in zwei Theile nennen Sie Einheit? Sie wollen ein Schwert schaffen für Deutschland — ich fürchte, Sie werden nach wie vor eins schaffen zur Unterdrückung der Freiheit. Der Preuße, wenn er annimmt, d. h. nicht von uns, sondern von den Regierungen, wird nicht ein Kaiser des deutschen Volkes, sondern der deutschen Fürsten sein! Noch nie hat ein Volk einen solchen Verrath an seiner Freiheit begangen, daß es sich einem Monarchen nur wegen seiner großen Hausmacht unterworfen hätte. Nur der Theil des Volkes will Ihren Kaiser, welcher sagt: „ich wollte es wäre Schlafenszeit“ (und ich könnte mich auf meinen Geldsack legen). (Bravo links.) Schließlich erklärt Schüler, daß nur die alte Kabinetspolitik und gänzliche Reaktion uns zu so verrätherischen Schritten führen können, wie Welker sie vorschlägt. Wenn einmal der traurige Bürgerkrieg eine Unvermeidlichkeit geworden ist, dann wollen wir ihn doch lieber machen, um Oestreich an uns zu ziehen, als es von uns zu stoßen! Ich werde unter keiner Bedingung nun und nimmer für einen Erbkaiser stimmen. (Langer Beifall von der Linken und Gallerien)

Was Riesser zur Begründung der Majoritätsanträge des Ausschusses noch als Berichterstatter sprach und mit Hülfe Bassermanns zusammengearbeitet hatte, werden Sie mir füglich erlassen. Die patriotischen Tugendphrasen dieses Hamburger liberalen Schmeerbauchs vom reinsten Wasser dienen gewiß nicht dazu, die bis zum Ekel erschöpfte Diskussion zu beleben. Der Beifall der Centren und der Preußen war natürlich ungemessen. Jucho und einige andere zarte Seelen weinten glühende Thränen. Riesser sprach über zwei Stunden.

Aber das muß ich doch erwähnen, daß dieser schönrednerische Hamburger auf eine Weise den Berliner Straßenkampf und die Berliner Märzrevolution schmähte, die jedem Ehrenmann die Röthe des Zornes auf die Wangen treiben mußte. Nun, die Zukunft wird ihm ein Sürrogat für den Beifall der Frankfurter Centren und Frankfurter Preußen bringen.

Beim Herabsteigen von der Tribüne fiel Bassermann und seine Clique über Riesser mit wahnsinnigem Entzücken her. Gagern erhob sich von der Ministerbank umarmte und küßte ihn. (Das ist wörtlich wahr.) Ueber diese Umarmung schlug die Linke ein Hohngelächter auf und hinter mir sagte ein schlichter Blousenmann: „Das ist der Judaskuß, mit dem die deutsche Freiheit verrathen wird!“

Radowitz geht vor der Abstimmung auf die Tribüne und erklärt, seine Partei werde sich aus höheren Rücksichten (soll heißen telegraphische Nachrichten) den Anträgen des Ausschusses anschließen.

Raveaux erklärt dies für einen Mißbrauch nach Schluß der Debatte.

Folgen endlich die Abstimmungen (um 1/22 Uhr). Zuerst über die einfache Tagesordnung über Welkers Anträge.

Es stimmten unter andern

für die Tagesordnung:

Uhland. Trützschler. Braun aus Bonn. Kolb aus Speyer. Graf Deym. Kotschi. Linde. Detmold. Lewisohn. Martiny. Alle drei Simons. Edel. Eisenmann. Maifeld Temme. Giskra. Gompard. Melly. Trabert. Heckscher. Möhring. M. Mohl. Trampusch. v. Hermann. Mohr. Mühlfeld. Kirchgessner. Neuwall. Kahlert. Pfeu[unleserliches Material]er. Phillips. Raveaux. Reichenbach. Richter (Achern) Rödinger Rösler (Oels). Roßmäßler. Schaffrath. Scharre. Shauß. Schlöffel. Schmerling. Schüler (Jena). Schulz (Darmstadt und Weilburg). Schütz. Sepp. Sommaruga. Fürst Waldburg-Zeil. Welker. Wulfen. Wuttke. Wirth. Zimmermann aus Stuttgart. Spandow.

Gegen die Tagesordnung u. A.:

Reh. Rösler (Wien). Schneer Servais. Simner. Tellkampf. Treskow. Venedey!! (Pfui! Pfui! über diesen elenden Phrasenhelden. — Tumult erhob sich.) Beseler aus Schleswig. Bürgers. Cetto. Knyrim (Linke). Drechsler (Linke). Droysen u. Esmarch (Schleswiger). Federer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div xml:id="ar254_006" type="jArticle">
          <p><pb facs="#f0002" n="1424"/>
nach alter Art reconstituirt ist, und wo auf jeden Demokraten, zehn Soldaten und drei Staatsbediente kommen. &#x201E;In Erfurt ist gut wohnen,&#x201C; sagte Dalberg, und die Brunnenkresse, Buffbohnen und Nudeln scheinen auch in diesem Jahre wieder eine gesegnete Ernte anzubahnen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar254_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>127</author></bibl> Langensalza, 19. März.</head>
          <p>&#x201E;Unser herrliches Kriegsheer,&#x201C; dessen &#x201E;Ruhm der Pflichttreue und Disciplin, unbeschreiblich ist, es wäre denn durch die Adresse der ersten Kammer: hat gestern hier neue Siegeszeichen erfochten. Da gestern Abend zur Feier des 18. Märzes ein Fackelzug erwartet wurde, und es gerade Sonntag und hübsches Wetter war, so hatte sich am Mühlhäuser Thore eine Menge Volk versammelt. Diese Versammlung sollte von der Polizei auseinander getrieben werden; das gelang nicht sogleich. Alsbald wurden Kürassiere kommandirt, die ohne Weiteres auf die Menge scharf einhieben. Es sind etwa zehn Personen mehr oder weniger erheblich verwundert, und &#x201E;blos ein Mensch,&#x201C; welchem mit dem Pallasch der Kopf förmlich durchbohrt wurde, getödtet worden. Die Verwundeten und der Getödtete waren wehr- und waffenlos. Die Kürassiere sind vom 8 Regiment, erste und zweite Schwadron, unter v. Unruh, d. h. dem Major v. Unruh. Das Kürassier-Regiment gehört zu der Division des General v. Voß, welcher Erfurt belagert hält.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar254_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Wien, 19. März.</head>
          <p>Gegen die Octroyirungsmaßregeln erhebt sich die schärfste Opposition in den südslavischen Landestheilen. Als Organe dieser Opposition treten insbesondere die &#x201E;südslavische Zeitung&#x201C; und die &#x201E; Agramer Zeitung&#x201C; hervor. Letzteres Journal schreibt u. A.:</p>
          <p>&#x201E;In allen Theilen unserer Heimath, vorzüglich aber in der Militärgränze und serbischen Woiwodschaft hat die Octroyirung einer mit den Erwartungen der Südslaven in gar keiner Harmonie stehenden Verfassung den tiefsten, einer schmerzlichen Kränkung nicht unähnlichen Eindruck hinterlassen. Man findet sich bitter enttäuscht. Hätte man uns wenigstens aufgefordert, im Wege des Landtages in die großen Opfer, die für den Gesammtstaat gefordert werden, einzuwilligen, so wäre dieser Schlag nicht halb so schmerzhaft. Aber in dieser Zeit unserer allgemeinen Aufopferung wie die Rebellen in Ungarn und Italien behandelt zu werden, das ist in der Welt noch nicht da gewesen.&#x201C;</p>
          <p>Von den Sereschanern sind bereits viele wieder fort, zum größten Theil nach Ungarn. Ihr Korps hat gerade im ungarischen Kriege sehr gelitten. Ihre Tapferkeit wird übrigens im Vergleich mit andern östreichischen Truppen nicht in erste Reihe gestellt. Dagegen sind sie im Plündern der Lebendigen und Todten unübertrefflich. Bei den letzten Ereignissen in Wien konnte man sich mit eignen Augen überzeugen, wie die auf die Friedhöfe gebrachten Särge von den Kroaten geöffnet und mit Blitzesschnelle die Todten der für überflüssig erachteten Leibeswäsche entkleidet wurden.</p>
          <p>Wie Nachrichten aus Ungarn und Krakau besagen, soll die an den Gränzen aufgestellte und sich täglich vermehrende russische Armee dieselben überschreiten, und nicht nur in Ungarn, sondern auch in allen Städten der Monarchie, einschließlich Wiens, die Besatzungen bilden. Damit will der russische Kaiser den Oestreichern die Möglichkeit verschaffen, alle ihre verfügbaren Streitkräfte gegen Ungarn und Italien zu verwenden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar254_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>074</author></bibl> Troppau, 17. März.</head>
          <p>Zur Feier der standrechtlich oktroyirten Verfassung fanden auch hier im ganzen Lande Schlesien und Mähren offizielle Feierlichkeiten statt, die Ortschaften mußten illuminirt, in den Theatern mußten Habsburg-tamerlan'sche Prologe gesprochen werden. Gleichzeitig wurden Gerüchte verbreitet, daß eine französisch-deutsche Expedition gegen Oestreich im Anrücken sei, um im ganzen Lande eine neue Revolution zu provoziren. Pfaffen, Polizei und Standrechtsbestien arbeiten unermüdlich an der Erfindung solcher und ähnlicher Gerüchte.</p>
          <p>An sämmtliche Ortsbehörden aller Provinzen ist übrigens der geheime Befehl ergangen, auf die s. g. Ausländer, d. h. auf jeden Mißliebigen, nicht östreichisch-standrechtlich Organisirten zu vigiliren, die Polizei hat jedem einzelnen Bürger dazu das Recht eingeräumt, diejenigen sofort verhaften zu lassen, welche eine ihnen bedenkliche Aeußerung wagen würden. Wie das gehandhabt wird, können Sie sich vorstellen. Die Klügern erkennen zwar, daß die oktroyirten Küchenlappen nur dazu dienen sollen, das Blut der Gemordeten wegzuwischen und den Untergang zur ewigen Knute, zum ewigen Standrecht und zum ewigen Belagerungszustand vorzubereiten. Die Tamerlans-Dynastieen Deutschlands sehen nämlich, daß im Reiche der Knutenmajestät von Irkutz und Tobolzk hübsch Ruhe geblieben ist; sie denken daher, wir müssen bei uns dasselbe Regiment einführen, wollen wir die Revolution auf ewig los werden. Sie können Recht haben: wenn der Deutsche einmal die oktroyirten Kosakenknödel verdauen gelernt hat, verdaut er auch die Knute.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar254_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>213</author></bibl> Dresden, 19. März.</head>
          <p>Wo die Freiheit das Grundprinzip die Größe des Staats ausmacht, sind auch die Hallen der Freiheit danach. Unsere deutschen Kammern gleichen darum meist den Hochverrathsstuben, in welchen man den Journalisten kaum einen Platz einräumt. So ist's namentlich hier. Die Journalisten müssen sich mit Plätzen im Publikum begnügen: die ganze zweite Kammer ist nicht so geräumig, als die erste beste Bierkneipe der Stadt. Wie im Kleinen, so im Großen und umgekehrt, die Erbärmlichkeit ist und bleibt immer die wahrste Seite in Deutschland.</p>
          <p>Die heutige Sitzung zweiten Kammer wurde nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls wieder mit einigen Vertrauens-Adressen an die Kammer, mit Petitionen um Verschonung mit Reichstruppen, und um <hi rendition="#g">unentgeldliche</hi> Aufhebung aller Feudallasten eröffnet.</p>
          <p>Hierauf beklagte sich Tzschiruer, daß das Ministerium die von ihm in Betreff der Blum'schen Angelegenheit gestellte Interpellation noch nicht beantwortet habe, und forderte dasselbe auf, die Geschäftsordnung und diese Sache besser in's Auge zu fassen und Antwort zu geben. Der Staatsminister von Ehrenstein versprach diese Antwort in den nächsten Tagen.</p>
          <p>Man geht zur Tagesordnung über. Ein Antrag Mayers über Aufhebung der Steuerexekutionen durch's Militär wird nach einigen Bemerkungen des Antragstellers an den zweiten Ausschuß verwiesen.</p>
          <p>Im Namen des vierten Ausschusses erstattet sodann Feldner Bericht über die Gesuche um Erlassung einer Amnestie für politische und Preßvergehen. Nach einer langen Debatte, die der komischen Intermezzo's manche darbot, wurde folgender Antrag Tzschirners nebst zwei Zusätzen Blöde's und Köchly's angenommen: daß die Kammer im Verein mit der ersten Kammer die Regierung ersuche, bei der Krone zu bevorworten, daß für alle politischen und Preßvergehen vom Jahre 1848, und für andere solche Vergehen, insofern sie in der Bewegung des vorigen Jahrs ihre Entstehung haben, und was die Preßvergehen betrifft, insofern sie nicht gegen Privatpersonen gerichtet sind, Amnestie ertheilt werde; Vergehen aber, bei denen es zweifelhaft ist, ob sie in diese Kategorie gehören, an Schwurgerichte zu verweisen sind.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar254_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>213</author></bibl> Dresden, 20. März.</head>
          <p>Unsere Majestät eilt morgen unter sein glorreiches in Leipzig versammeltes Schleswig-Holstein-Sachsen-Heer, um vor ihm einige Abschieds- &#x2014; vielleicht auch Oktroyirungs- und Belagerungsthränen zu heulen.</p>
          <p>Die östreichische Regierung hat der dänischen erklärt, daß sie sich niemals dazu hergeben werde, die rebellischen Unterthanen Sr. Dänenmajestät in ihrem verbrecherischen Bestreben zu unterstützen, vielmehr alles aufbieten würde, der Sache ein Ende zu machen. Bedenkt man, daß Oestreichs Tamerlan sich gegen jede andere deutsche Gewalt als Centralstandrechtsgewalt gebährdet und alle gekrönten Bestien wieder um den alten Dudelsackpfeifer Metternich tanzen, so könnte man diese Erklärung dem deutschen Blödsinn und seinen Geistesorganen als Kommentar empfehlen, allein die Arbeit würde vergeblich sein, da die 45 Millionen Knochen kaum dann etwas begreifen, wenn man ihnen auch mit der Axt auf den Schädel schlägt. Kurz und gut, die Sachsen ziehen nach Schleswig-Holstein, trotz alledem und alledem.</p>
          <p>Auf der Registrande der zweiten Kammer standen heute wieder mehre Vertrauensadressen an die Majorität, namentlich aber viele Proteste gegen den Einmarsch der Reichskroaten und Reichsbarbaren in Sachsen. Die Sachsen riechen Lunte und merken, daß man sie wie Schleswig-Holsteiner behandeln will. Der Präsident rügte hierauf das Benehmen des Publikums in der gestrigen Sitzung. Dem Abgeordneten Bauer, einem kroatisirten Genie des Standrechts, soll nämlich von der Gallerie herab auf die Glatze gespieen worden sein. Die erbärmliche Kleinheit der Landtagsstube und der ganz verrückte Bau der Gallerien können so etwas wohl möglich gemacht haben, und es nimmt uns sogar Wunder, daß nicht schon andere Projektilen auf die Schädel der Herren Abgeordneten gefallen sind, ohne daß im Volke die mindeste Absichtlichkeit dazu vorhanden gewesen. Wäre mir's doch heute fast selbst geschehen, daß meine Brieftasche das Haupt eines Ministers zerschlagen hätte.</p>
          <p>Wehner interpellirte das Gesammtministerium über ein Gerücht, wonach die allgemein verhaßte Leipziger Bank eine Erneuerung ihres Bourgeois-Privilegiums auf 10 Jahre ohne Genehmigung der Kammern erhalten habe.</p>
          <p>Minister Weinlig mußte dies Gerücht bestätigen, betheuerte indessen, daß die Erneuerung schon unter dem abgetretenen Ministerium stattgefunden habe. Auf diese Weise umgeht das Ministerium die Kammer und eskamotirt mit seinen Spießgesellen und Bourgeois die Rechte des Volks. Die Erklärung verursachte sowohl im Publikum wie in der Kammer eine allgemeine Indignation.</p>
          <p>Die Tagesordnung veranlaßte eine mehrstündige schleppende Debatte, in welcher die krähwinkelnde Duodezstaatenbildung so recht zur Schau kam. Es handelte sich vorzüglich um die Gehaltsabzüge der zu Abgeordneten gewählten Staatsbeamten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar254_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Kassel, 17. März.</head>
          <p>Die Verhandlungen unseres selbst vernichtenden Landtag's, sind wahrhaft ergötzlich. Gestatten Sie mir einen kurzen Rückblick auf die Ergebnisse hauptsächlich der Büdgetberathung.</p>
          <p>Die Kosten des Landgestütes und die Anstellung eines Directors mit 1400 bis 1800 Thalern veranlaßten den Abgeordneten Winckelblech zu einem Vergleiche der Kosten der Menschenzucht mit der Pferdezucht. Ein Schullehrer erhalte auf dem Lande 100, wenn's hoch kommt 120 Thaler, in der Stadt 150&#x2014;200 Thaler, ein ordentlicher Professor beziehe 600, &#x2014; ein Landgestüte-Direktor 1800 Thaler. Das nenne er demokratische Grundlagen! Die Versammlung von ihrem Steuerbewilligungsrechte Gebrauch machend, bewilligte für den Direktor einen Gehalt von 1200 bis 1600 Thalern, schnitt also 200 (!) Thaler ab. &#x2014; In derselben Sitzung stellte Winckelblech den Antrag, sämmtlichen Gefangenen alsbald unbeschränkte literarische Beschäftigung und zwei Stunden tägliche Bewegung im Freien zu gestatten. Die Versammlung ging zur motivirten (!) Tagesordnung über, weil literarische Beschäftigung nicht für alle Gefangenen tauge (!).</p>
          <p>Die Sändeversammlung hat endlich begriffen, wie sie ihrer Aufgabe der Selbstvernichtung am Besten genüge, ohne sich selbst zu vernichten. Sie hat auf den Antrag des Bierbrauers Lederer beschlossen, die Regierung um Vorlage eines &#x201E;unpräjudicirlichen Einführungs-Gesetzentwurfs zu dem neuen Wahlgesetze&#x201C; zu ersuchen, wonach die Ständeversammlung bis nach Ablauf der dreijährigen Landtagsperiode und unmittelbar bis zum Zusammentritt der neuen Versammlung ihre verfassungsmäßige Eigenschaft behalte. Also noch drei volle Jahre hätten wir Aussicht, diese Käuze hier tagen zu sehen, ein Bischen lange. &#x2014; Abg. Wolff interpellirte, ob nach Publication der Grundrechte bei uns die Stellvertretung noch fortbestehe? Darauf meinte der Landtagskommissar das Recrutirungs-Gesetz sei ja in diesem Punkte so liberal, daß die Grundrechte gar keine Aenderung nothwendig machten (!).</p>
          <p>Früher war der Landesherr in Kurhessen oberster Militärchef und der Kriegsminister demselben untergeordnet. Nun ist das zwar abgeändert, gleichwohl aber figuriren noch immer auf dem Militär-Etat die Flügeladjutanten mit 8280 Thlr. Der Ausschuß hatte beantragt, den Posten ausdrücklich zu streichen. Dies zog ihm aber eine derbe Lection Seitens des Regierungs-Kommissars und des Ministers des Innern zu. Diese Stellen wie die dafür ausgeworfenen Gehalte beruhten auf Vereinbarung und könnten von den Ständen nicht einseitig abgeändert werden, das Steuerbewilligungsrecht influire hierauf nicht. Die Versammlung genehmigte natürlich pflichtgemäßigst die 8000 Thlr., jedoch mit dem unterthänigsten Ansuchen in Zukunft nicht so hoch zu greifen. Auf Antrag Bayrhoffer's wurde zugleich beschlossen, die Regierung um Aufhebung der Adjutantur zu ersuchen. Wer diese beiden Beschlüsse zusammen reimen kann, vermag viel: Aber bei Gott und den kurhessischen Ständen ist kein Ding unmöglich. &#x2014; Uebrigens ist unsere Militär-Verwaltung eine heitere Wirthschaft zu nennen. Seit den Märzerrungenschaften hat das kurhessische Vaterland nicht mehr als 11 Kriegsminister gehen und kommen sehen. Alle 8 Tage eine andere Uniform, alle 8 Tage ein anderer Kriegsminister, dermalen Major Bödicker, der kurhessische Wrangel, welcher die erste fliegende Colonne gegen das revolutionäre Hanau führte. &#x2014; Die Ständeversammlung wünschte die Aufhebung unserer kostspieligen Militärkinder-Versorgungsanstalt des Cadettenhauses. Die Regierung meinte, das sei nicht thunlich. Die Gelder wurden devotest verwilligt.</p>
          <p>In der Sitzung vom 16. interpellirte der Abg. Theobald, ob es begründet, daß unter den Nachbarstaaten Frankfurts bezüglich der Verfolgung von Verbrechern ein Kartell abgeschlossen sei. Der Landtagskommissar bejahte dies und die ganze Sache ward wegen der von mehrern Abgeordneten bezweifelten Verfassungsmäßigkeit dem Rechtsausschusse überwiesen. Zum Schlusse beantragte der Bürger und Bierbrauer Lederer den Kurfürsten durch Zahlen (wörtlich) von der Nothwendigkeit einer Verminderung der Civilliste zu überzeugen. Wird angenommen.</p>
          <p>PS. Das Schützenbataillon kurhessischer Truppen ist bereits heute mit der Eisenbahn nach Schleswig-Holstein abgegangen und wurde durch eine Rede Serenissimi von &#x201E;angestammter Treue&#x201C;, &#x201E;hessischer Tapferkeit&#x201C;, &#x201E;Anhänglichkeit an das Fürstenhaus&#x201C; etc. zum Abschiede begrüßt. Ein Waggon antwortete mit mattem: &#x201E;Es lebe unser Kurfürst&#x201C;, die übrigen Angesichts Sr. königlichen Hoheit mit dem um so stürmischern Rufe: &#x201E;Es lebe die Republik&#x201C; (!). Uebermorgen sollen weitere Truppen folgen und dann werden Preußen, die nicht weit von der kurhessischen Grenze ein Lager bezogen haben, mit dem Belagerungszustande hier einrücken.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar254_013" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Kassel, 19. März.</head>
          <p>Ich melde Ihnen heute ein Pröbchen kurfürstlich-hessischer Märzerrungenschaften, wie wir es wirklich weder vor noch nach der Märzrevolution erlebt haben. In Preußen mögen wohl schon öfter Anklagen auf Majestätsbeleidigung resp. Hochverrath erhoben worden sein, wenn man bei einem Toast auf den gottbegnadeten König nicht aufstand, in Kurhessen aber sind trotz des 60 Ellen langen Zopfs dergleichen Histörchen lange nicht mehr vorgekommen. Doch gehen wir zur Sache. In dem ungefähr vier Stunden von hier belegenen Oertchen Gudensberg hielt kürzlich der dortige Volksverein in einem Wirthshause bei gedrängtvollem Saale Sitzung. In dem Gewühle fiel zufälliger Weise das an der Wand hängende Bild des Kurfürsten herunter und wurde von den Füßen der Anwesenden nicht gerade zärtlich mitgenommen. Dies erboste einen anwesenden Spion, der dem ganzen Verlaufe zugesehen hatte, so sehr, daß er die Sache dem öffentlichen Ankläger hinterbrachte, welcher dann auch sofort in seinem blinden Amtseifer Klage auf Majestätsbeleidigung erhob. Derselbe Herr Ankläger war von seinem Vorhaben nicht abzubringen, als er selbst zugeben mußte, daß die Sache zufällig geschehen sei. Er meinte, zufällige Majestätsbeleidigung sollte noch härter bestraft werden, weil es einen erschrecklichen Mangel an Ehrfurcht vor dem Staatsoberhaupte bekunde, nicht einmal nachzuforschen, ob nicht etwa ein Bildniß desselben an dem Orte dieses wilden Treibens sei, da eigentlich in jedes Haus wenigstens ein Bild des Landesherrn gehöre. Märzerrungenschaften.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar254_014" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Kassel, 19. März.</head>
          <p>In der heutigen Sitzung der Ständeversammlung ist die Civilliste wiederum Gegenstand der Debatte gewesen. Nach vielen langweiligen Erörterungen, wobei sich hauptsächlich die sogenannte demokratische Partei unseres Landtags durch ihre Zerrissenheit auszeichnete, einigte man sich endlich dahin, einen Ausschuß behufs Entwerfung einer neuen Adresse an den Kurfürsten zu wählen, bis nach erfolgter Antwort aber jegliche Beschlußnahme über diesen Gegenstand auszusetzen. Damit hat der Landtag sein &#x201E;entscheidendes Wort&#x201C; gesprochen, er hat gesagt, wenn ihm wieder eine Rückäußerung auf seine Ansprache vorbehalten werden sollte, würde das Finanzgesetz nicht zu Stande kommen, somit das Budget nicht abgeschlossen werden können. Nun ist im Voraus zu sehen, wie eine etwaige Antwort Sr. Königl. Hoheit ausfallen dürfte: &#x201E;Auf das Gesuch Meiner Stände kann nicht eingegangen werden.&#x201C; In diesem Falle aber sind die Stände fest entschlossen, den ganzen Posten zu streichen. Daraus würde dann Auflösung der Versammlung, und nach konstitutionellem Vocabularum &#x201E;Berufung an das Volk&#x201C; folgen, was freilich den höchsten Herrn aus dem Regen in die Traufe brächte, da in diesem Punkte die Parteien des Hessen-Ländchens einhellig sind. Bei der originellen Hartnäckigkeit der Hoheit von Ihrem Einkommen Nichts nachzulassen, hätten wir dann den Belagerungszustand, womit man uns schon längst drohte, in sehr naher und reeller Aussicht, zumal das preußische Truppenlager im Paderbornischen (sehr nahe an der kurhessischen Gränze) dem gelobten Lande immer näher rückt, während die vaterländischen Krieger des letztern sich nach Schleswig-Holstein theils schon entfernt haben, theils noch mehr entfernen werden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar254_015" type="jArticle">
          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 21. März.</head>
          <p>National-Versammlung.</p>
          <p>Schluß der Kaisersitzung.</p>
          <p>Simson eröffnet um 1/2 10 Uhr die Sitzung.</p>
          <p>Man geht sofort zur Tagesordnung und der Berichterstatter der Minorität des Ausschusses <hi rendition="#g">Römer</hi> (aus Würtemberg) erhält das Wort zur Empfehlung des ersten Minoritätserachtens, welches Tagesordnung über die Welkerschen Anträge beantragt und von Schüler (Jena), Schreiner, Wigard, Römer gestellt ist. Zuvörderst berichtigt er nochmals die irrige Behauptung Wurms, als habe im März vorigen Jahres Würtemberg geradezu den Preußen zum deutschen Kaiser machen wollen &#x2014; erklärt aber, sollte dennoch der Hohenzoller gewählt werden, so wird Würtemberg nicht aufhören, seine Pflichten gegen Deutschland zu erfüllen. Zu dem Beweis der Verwerflichkeit der Welkerschen Anträge fügt er nichts Neues hinzu. Sein Vortrag ist der eines bereits Besiegten. Er giebt zu, daß Oestreich jetzt nicht in Deutschland eintreten könne, unter den von der östreichischen Verfassung gegebenen Bedingungen, aber Oestreichs octroyirte Verfassung werde vor einem Jahre nicht zur Ausführung kommen und in diesem Jahre könnte viel passiren! Römer wünscht noch eine Frist für Oestreich, zu einer Ueberrumpelung wie durch den Welkerschen Antrag sei keine Veranlassung. Die Stimmung des Volkes sei eine solche in Deutschland, daß wenn man die Verfassung nach Welkers Beschluß jetzt in Bausch und Bogen annehme und der nächsten Vertretung Deutschlands zur Revision überließe, leicht eine Vertretung zusammen kommen würde, die von unserer Verfassung keinen Stein auf dem andern lassen möchte, und dagegen eine machen, die Ihnen nicht gefiele. (Bravo links und Gallerien.) Das Volk werde noch erbitterter werden, wenn es sieht, daß man es mit dem Erbkaiser u. s. w. überrumpeln wolle!</p>
          <p><hi rendition="#g">Schüler</hi> von Jena empfiehlt das zweite Minoritätserachten &#x201E;über die Verfassung in zweiter Lesung paragraphenweise abzustimmen.&#x201C; Welkers Antrag sei ein Terrorismus der Mehrheit, verübt an der Minderheit, ein unerhörter parlamentarischer Terrorismus. Aller krankhafte Partikularismus in Deutschland ist ein dynastischer. Dieser würde Nahrung bekommen durch die Wahl des Preußen und die dadurch für ewig erregte Eifersucht der Dynasten. Und dies nennen Sie Herstellung der deutschen Einheit? Ich frage, sagt Schüler, die Preußen in dieser Versammlung, würde Preußen sich unterwerfen, wenn man die Kaiserkrone an Baiern oder Würtemberg übertrüge? (Links: Sehr wahr!) Die klarste Folge ist der Bürgerkrieg zwischen dem Norden und Süden. Und diese Spaltung in zwei Theile nennen Sie Einheit? Sie wollen ein Schwert schaffen für Deutschland &#x2014; ich fürchte, Sie werden nach wie vor eins schaffen zur Unterdrückung der Freiheit. Der Preuße, wenn er annimmt, d. h. nicht von uns, sondern von den Regierungen, wird nicht ein Kaiser des deutschen Volkes, sondern der deutschen Fürsten sein! Noch nie hat ein Volk einen solchen Verrath an seiner Freiheit begangen, daß es sich einem Monarchen nur wegen seiner großen Hausmacht unterworfen hätte. Nur der Theil des Volkes will Ihren Kaiser, welcher sagt: &#x201E;ich wollte es wäre Schlafenszeit&#x201C; (und ich könnte mich auf meinen Geldsack legen). (Bravo links.) Schließlich erklärt Schüler, daß nur die alte Kabinetspolitik und gänzliche Reaktion uns zu so verrätherischen Schritten führen können, wie Welker sie vorschlägt. Wenn einmal der traurige Bürgerkrieg eine Unvermeidlichkeit geworden ist, dann wollen wir ihn doch lieber machen, um Oestreich an uns zu ziehen, als es von uns zu stoßen! Ich werde unter keiner Bedingung nun und nimmer für einen Erbkaiser stimmen. (Langer Beifall von der Linken und Gallerien)</p>
          <p>Was <hi rendition="#g">Riesser</hi> zur Begründung der Majoritätsanträge des Ausschusses noch als Berichterstatter sprach und mit Hülfe Bassermanns zusammengearbeitet hatte, werden Sie mir füglich erlassen. Die patriotischen Tugendphrasen dieses Hamburger liberalen Schmeerbauchs vom reinsten Wasser dienen gewiß nicht dazu, die bis zum Ekel erschöpfte Diskussion zu beleben. Der Beifall der Centren und der Preußen war natürlich ungemessen. Jucho und einige andere zarte Seelen weinten glühende Thränen. Riesser sprach über zwei Stunden.</p>
          <p>Aber das muß ich doch erwähnen, daß dieser schönrednerische Hamburger auf eine Weise den Berliner Straßenkampf und die Berliner Märzrevolution schmähte, die jedem Ehrenmann die Röthe des Zornes auf die Wangen treiben mußte. Nun, die Zukunft wird ihm ein Sürrogat für den Beifall der Frankfurter Centren und Frankfurter Preußen bringen.</p>
          <p>Beim Herabsteigen von der Tribüne fiel Bassermann und seine Clique über Riesser mit wahnsinnigem Entzücken her. Gagern erhob sich von der Ministerbank umarmte und küßte ihn. (Das ist wörtlich wahr.) Ueber diese Umarmung schlug die Linke ein Hohngelächter auf und hinter mir sagte ein schlichter Blousenmann: &#x201E;Das ist der Judaskuß, mit dem die deutsche Freiheit verrathen wird!&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Radowitz</hi> geht vor der Abstimmung auf die Tribüne und erklärt, seine Partei werde sich aus höheren Rücksichten (soll heißen telegraphische Nachrichten) den Anträgen des Ausschusses anschließen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Raveaux</hi> erklärt dies für einen Mißbrauch nach Schluß der Debatte.</p>
          <p>Folgen endlich die Abstimmungen (um 1/22 Uhr). Zuerst über die einfache Tagesordnung über Welkers Anträge.</p>
          <p>Es stimmten unter andern</p>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#g">für die Tagesordnung:</hi> </p>
          <p>Uhland. Trützschler. Braun aus Bonn. Kolb aus Speyer. Graf Deym. Kotschi. Linde. Detmold. Lewisohn. Martiny. Alle drei Simons. Edel. Eisenmann. Maifeld  Temme. Giskra. Gompard. Melly. Trabert. Heckscher. Möhring. M. Mohl. Trampusch. v. Hermann. Mohr. Mühlfeld. Kirchgessner. Neuwall. Kahlert. Pfeu<gap reason="illegible"/>er. Phillips. Raveaux. Reichenbach. Richter (Achern) Rödinger  Rösler (Oels). Roßmäßler. Schaffrath. Scharre. Shauß. Schlöffel. Schmerling. Schüler (Jena). Schulz (Darmstadt und Weilburg). Schütz. Sepp. Sommaruga. Fürst Waldburg-Zeil. Welker. Wulfen. Wuttke. Wirth. Zimmermann aus Stuttgart. Spandow.</p>
          <p>Gegen die Tagesordnung u. A.:</p>
          <p>Reh. Rösler (Wien). Schneer Servais. Simner. Tellkampf. Treskow. <hi rendition="#g">Venedey!!</hi> (Pfui! Pfui! über diesen elenden Phrasenhelden. &#x2014; Tumult erhob sich.) Beseler aus Schleswig. Bürgers. Cetto. Knyrim (Linke). Drechsler (Linke). Droysen u. Esmarch (Schleswiger). Federer
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1424/0002] nach alter Art reconstituirt ist, und wo auf jeden Demokraten, zehn Soldaten und drei Staatsbediente kommen. „In Erfurt ist gut wohnen,“ sagte Dalberg, und die Brunnenkresse, Buffbohnen und Nudeln scheinen auch in diesem Jahre wieder eine gesegnete Ernte anzubahnen. 127 Langensalza, 19. März. „Unser herrliches Kriegsheer,“ dessen „Ruhm der Pflichttreue und Disciplin, unbeschreiblich ist, es wäre denn durch die Adresse der ersten Kammer: hat gestern hier neue Siegeszeichen erfochten. Da gestern Abend zur Feier des 18. Märzes ein Fackelzug erwartet wurde, und es gerade Sonntag und hübsches Wetter war, so hatte sich am Mühlhäuser Thore eine Menge Volk versammelt. Diese Versammlung sollte von der Polizei auseinander getrieben werden; das gelang nicht sogleich. Alsbald wurden Kürassiere kommandirt, die ohne Weiteres auf die Menge scharf einhieben. Es sind etwa zehn Personen mehr oder weniger erheblich verwundert, und „blos ein Mensch,“ welchem mit dem Pallasch der Kopf förmlich durchbohrt wurde, getödtet worden. Die Verwundeten und der Getödtete waren wehr- und waffenlos. Die Kürassiere sind vom 8 Regiment, erste und zweite Schwadron, unter v. Unruh, d. h. dem Major v. Unruh. Das Kürassier-Regiment gehört zu der Division des General v. Voß, welcher Erfurt belagert hält. 068 Wien, 19. März. Gegen die Octroyirungsmaßregeln erhebt sich die schärfste Opposition in den südslavischen Landestheilen. Als Organe dieser Opposition treten insbesondere die „südslavische Zeitung“ und die „ Agramer Zeitung“ hervor. Letzteres Journal schreibt u. A.: „In allen Theilen unserer Heimath, vorzüglich aber in der Militärgränze und serbischen Woiwodschaft hat die Octroyirung einer mit den Erwartungen der Südslaven in gar keiner Harmonie stehenden Verfassung den tiefsten, einer schmerzlichen Kränkung nicht unähnlichen Eindruck hinterlassen. Man findet sich bitter enttäuscht. Hätte man uns wenigstens aufgefordert, im Wege des Landtages in die großen Opfer, die für den Gesammtstaat gefordert werden, einzuwilligen, so wäre dieser Schlag nicht halb so schmerzhaft. Aber in dieser Zeit unserer allgemeinen Aufopferung wie die Rebellen in Ungarn und Italien behandelt zu werden, das ist in der Welt noch nicht da gewesen.“ Von den Sereschanern sind bereits viele wieder fort, zum größten Theil nach Ungarn. Ihr Korps hat gerade im ungarischen Kriege sehr gelitten. Ihre Tapferkeit wird übrigens im Vergleich mit andern östreichischen Truppen nicht in erste Reihe gestellt. Dagegen sind sie im Plündern der Lebendigen und Todten unübertrefflich. Bei den letzten Ereignissen in Wien konnte man sich mit eignen Augen überzeugen, wie die auf die Friedhöfe gebrachten Särge von den Kroaten geöffnet und mit Blitzesschnelle die Todten der für überflüssig erachteten Leibeswäsche entkleidet wurden. Wie Nachrichten aus Ungarn und Krakau besagen, soll die an den Gränzen aufgestellte und sich täglich vermehrende russische Armee dieselben überschreiten, und nicht nur in Ungarn, sondern auch in allen Städten der Monarchie, einschließlich Wiens, die Besatzungen bilden. Damit will der russische Kaiser den Oestreichern die Möglichkeit verschaffen, alle ihre verfügbaren Streitkräfte gegen Ungarn und Italien zu verwenden. 074 Troppau, 17. März. Zur Feier der standrechtlich oktroyirten Verfassung fanden auch hier im ganzen Lande Schlesien und Mähren offizielle Feierlichkeiten statt, die Ortschaften mußten illuminirt, in den Theatern mußten Habsburg-tamerlan'sche Prologe gesprochen werden. Gleichzeitig wurden Gerüchte verbreitet, daß eine französisch-deutsche Expedition gegen Oestreich im Anrücken sei, um im ganzen Lande eine neue Revolution zu provoziren. Pfaffen, Polizei und Standrechtsbestien arbeiten unermüdlich an der Erfindung solcher und ähnlicher Gerüchte. An sämmtliche Ortsbehörden aller Provinzen ist übrigens der geheime Befehl ergangen, auf die s. g. Ausländer, d. h. auf jeden Mißliebigen, nicht östreichisch-standrechtlich Organisirten zu vigiliren, die Polizei hat jedem einzelnen Bürger dazu das Recht eingeräumt, diejenigen sofort verhaften zu lassen, welche eine ihnen bedenkliche Aeußerung wagen würden. Wie das gehandhabt wird, können Sie sich vorstellen. Die Klügern erkennen zwar, daß die oktroyirten Küchenlappen nur dazu dienen sollen, das Blut der Gemordeten wegzuwischen und den Untergang zur ewigen Knute, zum ewigen Standrecht und zum ewigen Belagerungszustand vorzubereiten. Die Tamerlans-Dynastieen Deutschlands sehen nämlich, daß im Reiche der Knutenmajestät von Irkutz und Tobolzk hübsch Ruhe geblieben ist; sie denken daher, wir müssen bei uns dasselbe Regiment einführen, wollen wir die Revolution auf ewig los werden. Sie können Recht haben: wenn der Deutsche einmal die oktroyirten Kosakenknödel verdauen gelernt hat, verdaut er auch die Knute. 213 Dresden, 19. März. Wo die Freiheit das Grundprinzip die Größe des Staats ausmacht, sind auch die Hallen der Freiheit danach. Unsere deutschen Kammern gleichen darum meist den Hochverrathsstuben, in welchen man den Journalisten kaum einen Platz einräumt. So ist's namentlich hier. Die Journalisten müssen sich mit Plätzen im Publikum begnügen: die ganze zweite Kammer ist nicht so geräumig, als die erste beste Bierkneipe der Stadt. Wie im Kleinen, so im Großen und umgekehrt, die Erbärmlichkeit ist und bleibt immer die wahrste Seite in Deutschland. Die heutige Sitzung zweiten Kammer wurde nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls wieder mit einigen Vertrauens-Adressen an die Kammer, mit Petitionen um Verschonung mit Reichstruppen, und um unentgeldliche Aufhebung aller Feudallasten eröffnet. Hierauf beklagte sich Tzschiruer, daß das Ministerium die von ihm in Betreff der Blum'schen Angelegenheit gestellte Interpellation noch nicht beantwortet habe, und forderte dasselbe auf, die Geschäftsordnung und diese Sache besser in's Auge zu fassen und Antwort zu geben. Der Staatsminister von Ehrenstein versprach diese Antwort in den nächsten Tagen. Man geht zur Tagesordnung über. Ein Antrag Mayers über Aufhebung der Steuerexekutionen durch's Militär wird nach einigen Bemerkungen des Antragstellers an den zweiten Ausschuß verwiesen. Im Namen des vierten Ausschusses erstattet sodann Feldner Bericht über die Gesuche um Erlassung einer Amnestie für politische und Preßvergehen. Nach einer langen Debatte, die der komischen Intermezzo's manche darbot, wurde folgender Antrag Tzschirners nebst zwei Zusätzen Blöde's und Köchly's angenommen: daß die Kammer im Verein mit der ersten Kammer die Regierung ersuche, bei der Krone zu bevorworten, daß für alle politischen und Preßvergehen vom Jahre 1848, und für andere solche Vergehen, insofern sie in der Bewegung des vorigen Jahrs ihre Entstehung haben, und was die Preßvergehen betrifft, insofern sie nicht gegen Privatpersonen gerichtet sind, Amnestie ertheilt werde; Vergehen aber, bei denen es zweifelhaft ist, ob sie in diese Kategorie gehören, an Schwurgerichte zu verweisen sind. 213 Dresden, 20. März. Unsere Majestät eilt morgen unter sein glorreiches in Leipzig versammeltes Schleswig-Holstein-Sachsen-Heer, um vor ihm einige Abschieds- — vielleicht auch Oktroyirungs- und Belagerungsthränen zu heulen. Die östreichische Regierung hat der dänischen erklärt, daß sie sich niemals dazu hergeben werde, die rebellischen Unterthanen Sr. Dänenmajestät in ihrem verbrecherischen Bestreben zu unterstützen, vielmehr alles aufbieten würde, der Sache ein Ende zu machen. Bedenkt man, daß Oestreichs Tamerlan sich gegen jede andere deutsche Gewalt als Centralstandrechtsgewalt gebährdet und alle gekrönten Bestien wieder um den alten Dudelsackpfeifer Metternich tanzen, so könnte man diese Erklärung dem deutschen Blödsinn und seinen Geistesorganen als Kommentar empfehlen, allein die Arbeit würde vergeblich sein, da die 45 Millionen Knochen kaum dann etwas begreifen, wenn man ihnen auch mit der Axt auf den Schädel schlägt. Kurz und gut, die Sachsen ziehen nach Schleswig-Holstein, trotz alledem und alledem. Auf der Registrande der zweiten Kammer standen heute wieder mehre Vertrauensadressen an die Majorität, namentlich aber viele Proteste gegen den Einmarsch der Reichskroaten und Reichsbarbaren in Sachsen. Die Sachsen riechen Lunte und merken, daß man sie wie Schleswig-Holsteiner behandeln will. Der Präsident rügte hierauf das Benehmen des Publikums in der gestrigen Sitzung. Dem Abgeordneten Bauer, einem kroatisirten Genie des Standrechts, soll nämlich von der Gallerie herab auf die Glatze gespieen worden sein. Die erbärmliche Kleinheit der Landtagsstube und der ganz verrückte Bau der Gallerien können so etwas wohl möglich gemacht haben, und es nimmt uns sogar Wunder, daß nicht schon andere Projektilen auf die Schädel der Herren Abgeordneten gefallen sind, ohne daß im Volke die mindeste Absichtlichkeit dazu vorhanden gewesen. Wäre mir's doch heute fast selbst geschehen, daß meine Brieftasche das Haupt eines Ministers zerschlagen hätte. Wehner interpellirte das Gesammtministerium über ein Gerücht, wonach die allgemein verhaßte Leipziger Bank eine Erneuerung ihres Bourgeois-Privilegiums auf 10 Jahre ohne Genehmigung der Kammern erhalten habe. Minister Weinlig mußte dies Gerücht bestätigen, betheuerte indessen, daß die Erneuerung schon unter dem abgetretenen Ministerium stattgefunden habe. Auf diese Weise umgeht das Ministerium die Kammer und eskamotirt mit seinen Spießgesellen und Bourgeois die Rechte des Volks. Die Erklärung verursachte sowohl im Publikum wie in der Kammer eine allgemeine Indignation. Die Tagesordnung veranlaßte eine mehrstündige schleppende Debatte, in welcher die krähwinkelnde Duodezstaatenbildung so recht zur Schau kam. Es handelte sich vorzüglich um die Gehaltsabzüge der zu Abgeordneten gewählten Staatsbeamten. 15 Kassel, 17. März. Die Verhandlungen unseres selbst vernichtenden Landtag's, sind wahrhaft ergötzlich. Gestatten Sie mir einen kurzen Rückblick auf die Ergebnisse hauptsächlich der Büdgetberathung. Die Kosten des Landgestütes und die Anstellung eines Directors mit 1400 bis 1800 Thalern veranlaßten den Abgeordneten Winckelblech zu einem Vergleiche der Kosten der Menschenzucht mit der Pferdezucht. Ein Schullehrer erhalte auf dem Lande 100, wenn's hoch kommt 120 Thaler, in der Stadt 150—200 Thaler, ein ordentlicher Professor beziehe 600, — ein Landgestüte-Direktor 1800 Thaler. Das nenne er demokratische Grundlagen! Die Versammlung von ihrem Steuerbewilligungsrechte Gebrauch machend, bewilligte für den Direktor einen Gehalt von 1200 bis 1600 Thalern, schnitt also 200 (!) Thaler ab. — In derselben Sitzung stellte Winckelblech den Antrag, sämmtlichen Gefangenen alsbald unbeschränkte literarische Beschäftigung und zwei Stunden tägliche Bewegung im Freien zu gestatten. Die Versammlung ging zur motivirten (!) Tagesordnung über, weil literarische Beschäftigung nicht für alle Gefangenen tauge (!). Die Sändeversammlung hat endlich begriffen, wie sie ihrer Aufgabe der Selbstvernichtung am Besten genüge, ohne sich selbst zu vernichten. Sie hat auf den Antrag des Bierbrauers Lederer beschlossen, die Regierung um Vorlage eines „unpräjudicirlichen Einführungs-Gesetzentwurfs zu dem neuen Wahlgesetze“ zu ersuchen, wonach die Ständeversammlung bis nach Ablauf der dreijährigen Landtagsperiode und unmittelbar bis zum Zusammentritt der neuen Versammlung ihre verfassungsmäßige Eigenschaft behalte. Also noch drei volle Jahre hätten wir Aussicht, diese Käuze hier tagen zu sehen, ein Bischen lange. — Abg. Wolff interpellirte, ob nach Publication der Grundrechte bei uns die Stellvertretung noch fortbestehe? Darauf meinte der Landtagskommissar das Recrutirungs-Gesetz sei ja in diesem Punkte so liberal, daß die Grundrechte gar keine Aenderung nothwendig machten (!). Früher war der Landesherr in Kurhessen oberster Militärchef und der Kriegsminister demselben untergeordnet. Nun ist das zwar abgeändert, gleichwohl aber figuriren noch immer auf dem Militär-Etat die Flügeladjutanten mit 8280 Thlr. Der Ausschuß hatte beantragt, den Posten ausdrücklich zu streichen. Dies zog ihm aber eine derbe Lection Seitens des Regierungs-Kommissars und des Ministers des Innern zu. Diese Stellen wie die dafür ausgeworfenen Gehalte beruhten auf Vereinbarung und könnten von den Ständen nicht einseitig abgeändert werden, das Steuerbewilligungsrecht influire hierauf nicht. Die Versammlung genehmigte natürlich pflichtgemäßigst die 8000 Thlr., jedoch mit dem unterthänigsten Ansuchen in Zukunft nicht so hoch zu greifen. Auf Antrag Bayrhoffer's wurde zugleich beschlossen, die Regierung um Aufhebung der Adjutantur zu ersuchen. Wer diese beiden Beschlüsse zusammen reimen kann, vermag viel: Aber bei Gott und den kurhessischen Ständen ist kein Ding unmöglich. — Uebrigens ist unsere Militär-Verwaltung eine heitere Wirthschaft zu nennen. Seit den Märzerrungenschaften hat das kurhessische Vaterland nicht mehr als 11 Kriegsminister gehen und kommen sehen. Alle 8 Tage eine andere Uniform, alle 8 Tage ein anderer Kriegsminister, dermalen Major Bödicker, der kurhessische Wrangel, welcher die erste fliegende Colonne gegen das revolutionäre Hanau führte. — Die Ständeversammlung wünschte die Aufhebung unserer kostspieligen Militärkinder-Versorgungsanstalt des Cadettenhauses. Die Regierung meinte, das sei nicht thunlich. Die Gelder wurden devotest verwilligt. In der Sitzung vom 16. interpellirte der Abg. Theobald, ob es begründet, daß unter den Nachbarstaaten Frankfurts bezüglich der Verfolgung von Verbrechern ein Kartell abgeschlossen sei. Der Landtagskommissar bejahte dies und die ganze Sache ward wegen der von mehrern Abgeordneten bezweifelten Verfassungsmäßigkeit dem Rechtsausschusse überwiesen. Zum Schlusse beantragte der Bürger und Bierbrauer Lederer den Kurfürsten durch Zahlen (wörtlich) von der Nothwendigkeit einer Verminderung der Civilliste zu überzeugen. Wird angenommen. PS. Das Schützenbataillon kurhessischer Truppen ist bereits heute mit der Eisenbahn nach Schleswig-Holstein abgegangen und wurde durch eine Rede Serenissimi von „angestammter Treue“, „hessischer Tapferkeit“, „Anhänglichkeit an das Fürstenhaus“ etc. zum Abschiede begrüßt. Ein Waggon antwortete mit mattem: „Es lebe unser Kurfürst“, die übrigen Angesichts Sr. königlichen Hoheit mit dem um so stürmischern Rufe: „Es lebe die Republik“ (!). Uebermorgen sollen weitere Truppen folgen und dann werden Preußen, die nicht weit von der kurhessischen Grenze ein Lager bezogen haben, mit dem Belagerungszustande hier einrücken. 15 Kassel, 19. März. Ich melde Ihnen heute ein Pröbchen kurfürstlich-hessischer Märzerrungenschaften, wie wir es wirklich weder vor noch nach der Märzrevolution erlebt haben. In Preußen mögen wohl schon öfter Anklagen auf Majestätsbeleidigung resp. Hochverrath erhoben worden sein, wenn man bei einem Toast auf den gottbegnadeten König nicht aufstand, in Kurhessen aber sind trotz des 60 Ellen langen Zopfs dergleichen Histörchen lange nicht mehr vorgekommen. Doch gehen wir zur Sache. In dem ungefähr vier Stunden von hier belegenen Oertchen Gudensberg hielt kürzlich der dortige Volksverein in einem Wirthshause bei gedrängtvollem Saale Sitzung. In dem Gewühle fiel zufälliger Weise das an der Wand hängende Bild des Kurfürsten herunter und wurde von den Füßen der Anwesenden nicht gerade zärtlich mitgenommen. Dies erboste einen anwesenden Spion, der dem ganzen Verlaufe zugesehen hatte, so sehr, daß er die Sache dem öffentlichen Ankläger hinterbrachte, welcher dann auch sofort in seinem blinden Amtseifer Klage auf Majestätsbeleidigung erhob. Derselbe Herr Ankläger war von seinem Vorhaben nicht abzubringen, als er selbst zugeben mußte, daß die Sache zufällig geschehen sei. Er meinte, zufällige Majestätsbeleidigung sollte noch härter bestraft werden, weil es einen erschrecklichen Mangel an Ehrfurcht vor dem Staatsoberhaupte bekunde, nicht einmal nachzuforschen, ob nicht etwa ein Bildniß desselben an dem Orte dieses wilden Treibens sei, da eigentlich in jedes Haus wenigstens ein Bild des Landesherrn gehöre. Märzerrungenschaften. 15 Kassel, 19. März. In der heutigen Sitzung der Ständeversammlung ist die Civilliste wiederum Gegenstand der Debatte gewesen. Nach vielen langweiligen Erörterungen, wobei sich hauptsächlich die sogenannte demokratische Partei unseres Landtags durch ihre Zerrissenheit auszeichnete, einigte man sich endlich dahin, einen Ausschuß behufs Entwerfung einer neuen Adresse an den Kurfürsten zu wählen, bis nach erfolgter Antwort aber jegliche Beschlußnahme über diesen Gegenstand auszusetzen. Damit hat der Landtag sein „entscheidendes Wort“ gesprochen, er hat gesagt, wenn ihm wieder eine Rückäußerung auf seine Ansprache vorbehalten werden sollte, würde das Finanzgesetz nicht zu Stande kommen, somit das Budget nicht abgeschlossen werden können. Nun ist im Voraus zu sehen, wie eine etwaige Antwort Sr. Königl. Hoheit ausfallen dürfte: „Auf das Gesuch Meiner Stände kann nicht eingegangen werden.“ In diesem Falle aber sind die Stände fest entschlossen, den ganzen Posten zu streichen. Daraus würde dann Auflösung der Versammlung, und nach konstitutionellem Vocabularum „Berufung an das Volk“ folgen, was freilich den höchsten Herrn aus dem Regen in die Traufe brächte, da in diesem Punkte die Parteien des Hessen-Ländchens einhellig sind. Bei der originellen Hartnäckigkeit der Hoheit von Ihrem Einkommen Nichts nachzulassen, hätten wir dann den Belagerungszustand, womit man uns schon längst drohte, in sehr naher und reeller Aussicht, zumal das preußische Truppenlager im Paderbornischen (sehr nahe an der kurhessischen Gränze) dem gelobten Lande immer näher rückt, während die vaterländischen Krieger des letztern sich nach Schleswig-Holstein theils schon entfernt haben, theils noch mehr entfernen werden. !!! Frankfurt, 21. März. National-Versammlung. Schluß der Kaisersitzung. Simson eröffnet um 1/2 10 Uhr die Sitzung. Man geht sofort zur Tagesordnung und der Berichterstatter der Minorität des Ausschusses Römer (aus Würtemberg) erhält das Wort zur Empfehlung des ersten Minoritätserachtens, welches Tagesordnung über die Welkerschen Anträge beantragt und von Schüler (Jena), Schreiner, Wigard, Römer gestellt ist. Zuvörderst berichtigt er nochmals die irrige Behauptung Wurms, als habe im März vorigen Jahres Würtemberg geradezu den Preußen zum deutschen Kaiser machen wollen — erklärt aber, sollte dennoch der Hohenzoller gewählt werden, so wird Würtemberg nicht aufhören, seine Pflichten gegen Deutschland zu erfüllen. Zu dem Beweis der Verwerflichkeit der Welkerschen Anträge fügt er nichts Neues hinzu. Sein Vortrag ist der eines bereits Besiegten. Er giebt zu, daß Oestreich jetzt nicht in Deutschland eintreten könne, unter den von der östreichischen Verfassung gegebenen Bedingungen, aber Oestreichs octroyirte Verfassung werde vor einem Jahre nicht zur Ausführung kommen und in diesem Jahre könnte viel passiren! Römer wünscht noch eine Frist für Oestreich, zu einer Ueberrumpelung wie durch den Welkerschen Antrag sei keine Veranlassung. Die Stimmung des Volkes sei eine solche in Deutschland, daß wenn man die Verfassung nach Welkers Beschluß jetzt in Bausch und Bogen annehme und der nächsten Vertretung Deutschlands zur Revision überließe, leicht eine Vertretung zusammen kommen würde, die von unserer Verfassung keinen Stein auf dem andern lassen möchte, und dagegen eine machen, die Ihnen nicht gefiele. (Bravo links und Gallerien.) Das Volk werde noch erbitterter werden, wenn es sieht, daß man es mit dem Erbkaiser u. s. w. überrumpeln wolle! Schüler von Jena empfiehlt das zweite Minoritätserachten „über die Verfassung in zweiter Lesung paragraphenweise abzustimmen.“ Welkers Antrag sei ein Terrorismus der Mehrheit, verübt an der Minderheit, ein unerhörter parlamentarischer Terrorismus. Aller krankhafte Partikularismus in Deutschland ist ein dynastischer. Dieser würde Nahrung bekommen durch die Wahl des Preußen und die dadurch für ewig erregte Eifersucht der Dynasten. Und dies nennen Sie Herstellung der deutschen Einheit? Ich frage, sagt Schüler, die Preußen in dieser Versammlung, würde Preußen sich unterwerfen, wenn man die Kaiserkrone an Baiern oder Würtemberg übertrüge? (Links: Sehr wahr!) Die klarste Folge ist der Bürgerkrieg zwischen dem Norden und Süden. Und diese Spaltung in zwei Theile nennen Sie Einheit? Sie wollen ein Schwert schaffen für Deutschland — ich fürchte, Sie werden nach wie vor eins schaffen zur Unterdrückung der Freiheit. Der Preuße, wenn er annimmt, d. h. nicht von uns, sondern von den Regierungen, wird nicht ein Kaiser des deutschen Volkes, sondern der deutschen Fürsten sein! Noch nie hat ein Volk einen solchen Verrath an seiner Freiheit begangen, daß es sich einem Monarchen nur wegen seiner großen Hausmacht unterworfen hätte. Nur der Theil des Volkes will Ihren Kaiser, welcher sagt: „ich wollte es wäre Schlafenszeit“ (und ich könnte mich auf meinen Geldsack legen). (Bravo links.) Schließlich erklärt Schüler, daß nur die alte Kabinetspolitik und gänzliche Reaktion uns zu so verrätherischen Schritten führen können, wie Welker sie vorschlägt. Wenn einmal der traurige Bürgerkrieg eine Unvermeidlichkeit geworden ist, dann wollen wir ihn doch lieber machen, um Oestreich an uns zu ziehen, als es von uns zu stoßen! Ich werde unter keiner Bedingung nun und nimmer für einen Erbkaiser stimmen. (Langer Beifall von der Linken und Gallerien) Was Riesser zur Begründung der Majoritätsanträge des Ausschusses noch als Berichterstatter sprach und mit Hülfe Bassermanns zusammengearbeitet hatte, werden Sie mir füglich erlassen. Die patriotischen Tugendphrasen dieses Hamburger liberalen Schmeerbauchs vom reinsten Wasser dienen gewiß nicht dazu, die bis zum Ekel erschöpfte Diskussion zu beleben. Der Beifall der Centren und der Preußen war natürlich ungemessen. Jucho und einige andere zarte Seelen weinten glühende Thränen. Riesser sprach über zwei Stunden. Aber das muß ich doch erwähnen, daß dieser schönrednerische Hamburger auf eine Weise den Berliner Straßenkampf und die Berliner Märzrevolution schmähte, die jedem Ehrenmann die Röthe des Zornes auf die Wangen treiben mußte. Nun, die Zukunft wird ihm ein Sürrogat für den Beifall der Frankfurter Centren und Frankfurter Preußen bringen. Beim Herabsteigen von der Tribüne fiel Bassermann und seine Clique über Riesser mit wahnsinnigem Entzücken her. Gagern erhob sich von der Ministerbank umarmte und küßte ihn. (Das ist wörtlich wahr.) Ueber diese Umarmung schlug die Linke ein Hohngelächter auf und hinter mir sagte ein schlichter Blousenmann: „Das ist der Judaskuß, mit dem die deutsche Freiheit verrathen wird!“ Radowitz geht vor der Abstimmung auf die Tribüne und erklärt, seine Partei werde sich aus höheren Rücksichten (soll heißen telegraphische Nachrichten) den Anträgen des Ausschusses anschließen. Raveaux erklärt dies für einen Mißbrauch nach Schluß der Debatte. Folgen endlich die Abstimmungen (um 1/22 Uhr). Zuerst über die einfache Tagesordnung über Welkers Anträge. Es stimmten unter andern für die Tagesordnung: Uhland. Trützschler. Braun aus Bonn. Kolb aus Speyer. Graf Deym. Kotschi. Linde. Detmold. Lewisohn. Martiny. Alle drei Simons. Edel. Eisenmann. Maifeld Temme. Giskra. Gompard. Melly. Trabert. Heckscher. Möhring. M. Mohl. Trampusch. v. Hermann. Mohr. Mühlfeld. Kirchgessner. Neuwall. Kahlert. Pfeu_ er. Phillips. Raveaux. Reichenbach. Richter (Achern) Rödinger Rösler (Oels). Roßmäßler. Schaffrath. Scharre. Shauß. Schlöffel. Schmerling. Schüler (Jena). Schulz (Darmstadt und Weilburg). Schütz. Sepp. Sommaruga. Fürst Waldburg-Zeil. Welker. Wulfen. Wuttke. Wirth. Zimmermann aus Stuttgart. Spandow. Gegen die Tagesordnung u. A.: Reh. Rösler (Wien). Schneer Servais. Simner. Tellkampf. Treskow. Venedey!! (Pfui! Pfui! über diesen elenden Phrasenhelden. — Tumult erhob sich.) Beseler aus Schleswig. Bürgers. Cetto. Knyrim (Linke). Drechsler (Linke). Droysen u. Esmarch (Schleswiger). Federer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz254_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz254_1849/2
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 254. Köln, 24. März 1849, S. 1424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz254_1849/2>, abgerufen am 26.12.2024.