Neue Rheinische Zeitung. Nr. 249. Köln, 18. März 1849. Zweite Ausgabe.Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 [unleserliches Material] Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. -- Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 249. Köln, Sonntag, den 18. März 1849. Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April -- Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen. Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen. Zweite Ausgabe. Deutschland. * Köln, 17. März. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 18. März. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 18. März. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. X Aachen, 15. Februar. Dunker, der königlich preußische Ueberall und Nirgends, befindet sich seit einiger Zeit in unseren Mauern. Er ist mager geworden und alt, wie sein königlicher Herr und Meister. Der hiesige Fabrikant Bischof gab jüngst ihm zu Ehren ein großes Mittagsmahl, welches lukullisch ausgestattet gewesen sein soll. Er konversirt viel in Damengesellschaften und erzählt dort, sehr wichtigthuend, seine Gaunerstückchen. So erzählte er neulich einer angesehenen Dame mit der größten Bonhommie von der Welt, daß er, als kathol. Priester verkleidet, in Gefängnissen armer Angeschuldigten Beichte gehört habe. Wem mag er bei uns wohl Beichte hören wollen? 8 Eschweiler, 17. März. Wie stark die Frechheit der Büreaukratie in unserm Orte ist, mögen Sie daraus entnehmen, daß auf Requisition eines Urheulers, des hiesigen Dr. med. L., Organs des hiesigen eingefleischt-büreaukratischen Bürgermeisters, gegen den Willen der ganzen Bürgerschaft und ohne Wissen des Gemeinderaths, vielleicht nur im Einklange mit wenigen Gesinnungsgenossen des hiesigen konstitutionellen Vereins für die Tage des 18. und 19. März, an welchen der demokratische Verein eine den Tagen würdige Feier veranstaltet hatte, Militär hierher verlegt worden. Der hiesige demokratische Verein hat sofort beschlossen, daß er es unter seiner Würde halte, unter den Bajonetten das Fest zu feiern und hat es deshalb vertagt. Da voraussichtlich mehrere Tausend Menschen aus der Umgegend zu dem Feste herbeigeeilt wären so verliert Eschweiler, welches durch den Stillstand der Fabriken ohnedies genug gelitten, durch die Schuld jener Heuler nebenbei eine Einnahme von mehreren tausend Thalern und hat dabei die Last der Einquartierung zu tragen. Es lebe die die Büreaukratie! * Berlin, 16. März. Die Vossische Zeitung am 20. März 1848. Extrablatt der Freude. Der Kampf der letzten Tage war nicht, wie der beliebte Ausdruck lautet: "Eine Emeute des Pöbels." Es war eine Erhebung der Bürger. Auf vielen Barrikaden kommandirten die achtbarsten Kommunalbeamten. Das Eigenthum wurde mit einer bewunderungswürdigen Achtung respektirt und geschützt. Alles focht für den Zweck der allgemeinen Begeisterung. Am 7. April 1848. ... Die Revolution ist ein schäumender Bach, der sich aus der erweiterten Rechtsquelle ergießt, die Reaktion eine gährende Pfütze, deren Zusammenhang mit der Quelle vertrocknet ist. Die Revolution ist die Empörung des wahren Rechtes gegen das falsche, die Reaktion der Widerstand des falschen Rechtes gegen das wahre. Aber die Pflicht gebietet nur Unterordnung unter dieses, nicht unter jenes. Den auf historischem Boden stehenden Legalitätsmännern, welche an dieser Lehre von der Revolution Anstoß nehmen, können wir nicht verargen, daß sie da still stehen, wo das Ende ihrer Philosophie ist; und es ist auch natürlich, daß sie dieses Ende für das Ende der Welt halten, aber -- die Welt hat kein Ende. Am 4. April. ... Wir haben ein heiliges Recht, die Nacht des 18. März als einen großen Akt der Sühne zu betrachten. In dem furchtbaren Gericht jener Nacht lag eine tiefe historische Nothwendigkeit. Uns konnte die Freiheit nicht geschenkt, sie konnte nur von uns erobert werden; nur im härtesten Zusammenstoß konnte der militärische, schroffe, hochfahrende Geist des alten Preußens dem jungen Geiste des freien Bürgerthums erliegen. Dennoch stürmte unser Volk mit dem festen, kühnen Muthe der Freiheit gegen ihn an und es hat ihn gefällt. In dieser Nacht haben wir alle alten dunkeln Traditionen geschlagen, das Erbe langer trauriger Jahre von uns gestoßen, und durch eine große Bluttaufe unser Volk im Geiste des wiedergeborenen Deutschlands neu geweiht. Die Vossische Zeitung am 15. März 1849. ... Jetzt ist das Gewebe längst durchschaut, Niemand glaubt mehr an die grobe Lüge und Fabel von dem Schießen auf das Volk, welches damals durch den absichtlich zur wildesten Flamme angeblasenen Funken des Gerüchts aus zwei zufälligen (?) Schüssen wenige Sekunden darnach, und wenige hundert Schritte davon, Bataillonssalven schuf. Ebenso entstellt und übertrieben waren, durch längst vorbereitete Absicht, die mit jeglicher Gewalt herausgeforderten andern Einschreitungen. Das Mordgeschrei -- wo Niemand verletzt, Niemand gefallen war -- tobte durch die Gassen, der Mord selbst folgte unmittelbar , aber an unschuldigen Schildwachen; die Fahnen in deutscher Farbe, die planmäßigen Barrikaden, wuchsen wie durch Zauberschlag überall in der Stadt aus der Erde -- und so wurde dem Volke der bis zum Wahnsinn berauschende verderbliche Trank gemischt, der es dahin trieb, wohin es nimmer gewollt und gedacht hatte. Das ist die Wahrheit des achtzehnten März, nach zwei Uhr Mittags! Soll und darf dieser gefeiert werden? Nein, unbedingt und dreifach Nein! -- Aus giftiger Saat kann nur eine giftige Frucht reifen. Dieser achtzehnte März, über den wir selbst an jenem Tage tief getäuscht waren, ihn einzig für das unselige Erzeugniß der Wahnverblendung hielten, während seine Wurzel mit arger Besonnenheit eingesenkt und herangenährt war, dieser achtzehnte März ist denn auch der Quell aller späteren unglückseligen Thaten und Ereignisse geworden, die das Vaterland dem Abgrund nahe gebracht. ...: ... Freilich, die Partei, welche nur auf dem fortwuchernden Giftboden der frevelhaften Revolution Fuß zu fassen vermocht, und daher die gesetzliche Umgestaltung in wilder Anfeindung verwarf, diese Partei mußte auch die finstern Kräfte der Revolution ausbeuten. Vor dem wärmenden, segensreichen Licht der Umbildung des Staates auf gesetzlichen Wegen, trug sie Scheu; ihr frommte nur die Brandfackel des Frevels einer anarchischen Umwälzung .... ... Eine Feier des achtzehnten März, im Sinne seiner blutigen Katastrophe -- wir ersparen uns jetzt die nähere Untersuchung, wer dabei betheiligt gewesen und wen die Gräber des Friedrichshain's außer den Verblendeten jenes Tages noch sonst bedecken -- eine solche Feier wäre eine Bekräftigung, eine Besiegelung jener Anerkennung. Darum nochmals auf die Frage: Soll und darf diese Feier begangen werden? ein unbedingtes dreifaches Nein! * Berlin, 16. März.
In der Sitzung der ersten Kammer ist heute die Stylübung des Herrn Gruppe (o-Korrespondent der Vossischen) angenommen worden. Die Linke hatte an einer Stelle ein Komma beantragt, wodurch eine sehr lebhafte Debatte hervorgerufen wurde, da das Ministerium eine Kabinetsfrage daraus machte und von der Rechten darin unterstützt wurde. Endlich also ein Prinzip bei Manteuffel und Komp. Das Komma, eine Frage, deren verneinende Beantwortung die Auflösung der Kammern hervorgerufen hätte! Armes Komma! Aermeres Ministerium, welches durch ein Komma gestürzt werden kann! Wenn es noch ein Punkt, ein Semikolon wäre, aber ein Komma?! Der Präsident liest einen Brief des Grafen Brandenburg vor, daß der König bereit sei, die Adreßdeputation am 17. d. in seinem Schloß zu empfangen. Durch das Loos gehören zu ihr: Bergemann, Meyer, Bornemann, Böcking, Baumstark, Rösler, Stahl, v. Borries, Knoblauch, v. Itzenplitz, Thym, v. Pilarski, v. Forkenbeck, Walter, Denzin, Hermann, v. Wittgenstein, v. Ammon, Wilhelm Be[unleserliches Material], Triest. Le jeune Saedt. I. Gestern fand vor dem hiesigen Zuchtpolizeigericht die Verhandlung einer Anklage Statt, die wegen ihrer excessiven Lächerlichkeit berichtet zu werden verdient. Es war nämlich wieder einmal die Gräfin v. Hatzfeld, gegen welche das öffentliche Ministerium eine Verfolgung "wegen Bestechung von Gensd'armen" zu erheben beliebt hatte. Das derselben zu Grunde liegende Faktum war nach der eignen Aussage der Belastungszeugen, der Gensd'armen, folgendes: Am 4. August 1848 als die Assisenverhandlungen gegen Herrn Lassalle eröffnet wurden, holten die Gensd'armen denselben in einem Wagen aus dem Gefängniß nach dem Assisensaale ab. Unweit des Gefängnisses hatte sich auch die Gräfin Hatzfeldt eingefunden; sie grüßte Herrn Lassalle als er einstieg mit der Hand; (!) Herr Lassalle rief ihr zu, sie möchte beim Assisenpräsidenten die Erlaubniß nachsuchen ihn zu sprechen (!!) und dann auch für einen andern Wagen Sorge tragen. In dem Augenblick als der Wagen an ihr nun vorbeirollte, warf die Gräfin einen Thaler in denselben hinein (!!!). Die Gensdarmen constatirten zugleich, daß die Gräfin während des ganzen Vorgangs kein Wort gesprochen und eben so wenig als sie den Thaler in den Wagen warf, irgend ein Verlangen gestellt oder irgend eine Aeußerung gemacht habe. Der Thaler war somit vielleicht für Herrn Lassalle bestimmt; vielleicht war er es auch für die Gensdarmen. Im letzteren Falle war er, da kein Gegenverlangen für die Verabreichung desselben gestellt war, eine reine Liberalität, ein Geschenk! Und auf diesen Thatbestand hin hatte das öffentliche Ministerium eine Correctionnel-Verfolgung wegen Bestechung von Beamten (Art. 177, 179 Code penal) erhoben! Auch wurde die Anklage von dem Vertreter des öffentlichen Ministeriums Hrn. Saedt auf das lebhafteste soutinirt und mit einem Strafantrage glücklich gekrönt. Wir sehen hier gänzlich von der totalen Bodenlosigkeit der Anklage in juristischer Hinsicht ab; wir sind nicht so vielverlangend, eine einigermaaßen eindringende Gesetzkenntniß von den Vertretern unseres öffentlichen Ministeriums zu beanspruchen. Aber Eins hätten Sie nicht übersehen dürfen, Herr Saedt, Sie dessen haarscharfe Logik in der Kinkelschen Procedur sogar die berühmte Unterscheidung erfand, man dürfe ihre Requisitorien wohl widerlegen, aber nicht critisiren, -- Eins hätten Sie nicht übersehen dürfen, nämlich: den Unterschied zwischen einem ohne ein Verlangen zu äußern gemachten Geschenk und einer Bestechung! Wie konnte Hr. Saedt bei seinem angeblichen Unterscheidungstalent dieser Unterschied entgehen! Eine Bestechung, Hr. Saedt, ist nichts mehr und nichts weniger als ein abgeschlossenes oder mindestens versuchtes Geschäft, mit dem einzigen Zusatz, daß es ein vom Gesetz verbotenes Geschäft ist. Was aber ein Geschäft ist, Hr. Saedt -- wie viele Handlungs-Commis gibt es nicht in Köln, die Ihnen das gesagt haben würden?! Ein Geschäft würden sie Ihnen gesagt haben, ist eine Leistung, eine Valuta, für welche eine Gegenleistung, eine Gegenvaluta (sei es nun eine Waare, oder ein anderer Werth, wie z. B. eine Handlung) erlangt oder beansprucht wird. Eine Leistung, welche keine Gegenleistung beansprucht, ist ein Geschenk und kein Handel ergo auch keine Bestechung. Est-ce clair, Hr. Saedt? Z. B. wenn ein Mädchen geschwängert wird von einem öffentlichen Wächter der Sittlichkeit, ohne baar bezahlt worden zu sein, oder baare Bezahlung im Austausch gegen ihre Unschuld verlangt zu haben, so ist die Hingebung des Mädchens ein Geschenk und kein Geschäft, namentlich unter französischem Gesetze, wo die Alimentationsgelder gesetzlich nicht oktroyirt sind. Est-ce clair Hr. Saedt? Es ändert natürlich bei diesem Verhältnisse nichts, wenn irgend ein Instruktionsrichter den Zwischenträger gespielt hat zwischen der Unschuld und der Verführung. Während der Zeugenvernehmung hatte noch ein interessantes Incident Statt. Hr. Saedt fragte nämlich den deponirenden Gensd'armen: (Hört!) "Ob die Gräfin nicht Hrn. Lasalle eine Kußhand zugeworfen habe?" Die Kußhand reduzirte sich nun auf einen Gruß mit der Hand more italico. Wenn es nun aber auch eine Kußhand gewesen wäre, Hr. Saedt, -- gewiß es ist etwas sehr Pikantes um eine solche Kußhand -- aber was kümmerte das die Bestechungsprozedur, Hr. Staatsprokurator? Eine Kußhand besticht immer nur den, an den sie gerichtet ist, nicht aber zusehende Gensd'armen, eine Kußhand ist nichts Correktionelles; eine Kußhand ist nichts konfiscirliches, eine Kußhand kümmert sich nicht um den Code penal; frei und ätherisch schwimmt sie einher in würziger Luft, unendlich erhaben über die Requisitorien eines Staatsprokurators; sie kann nicht nur nicht kritisirt, sie kann nicht einmal widerlegt werden! Gewiß, diese Kußhand wäre höchst pikant gewesen! Sie war ein interessanter Gegenstand für das Feuilleton der N. Rh. Ztg. -- Sie aber, Hr. Saedt, Sie, ein homme pose, ein Mann in Amt und Würden, -- was wollten Sie mit der Kußhand? Es gelang Hrn. Saedt leider nicht, die Kußhand zu konstatiren! Wir aber versichern Hrn. Saedt zur Entschädigung, daß wir sehr wohl konstatirte, noch weit pikantere, sehr küßliche Geschichten besitzen. Erzählen wir sie hier nicht, so geschieht es aus dem einfachen Grunde, weil sie mit der Sache nichts zu thun haben, und wir gewohnt sind, Alles an seinen Platz zu stellen, was auch Hr. Saedt hätte bedenken sollen bei seiner correktionellen Prozedur. Vielleicht aber öffnen wir nächstens in unserm Feuilleton unsern Taubenschlag, und wenn sie dann herausflattern die lieben Kuß- und Kußhandsgeschichten, gewiß dann wird sich Hr. Saedt mit Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 [unleserliches Material] Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 249. Köln, Sonntag, den 18. März 1849. Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April — Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen. Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen. Zweite Ausgabe. Deutschland. * Köln, 17. März. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 18. März. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 18. März. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. X Aachen, 15. Februar. Dunker, der königlich preußische Ueberall und Nirgends, befindet sich seit einiger Zeit in unseren Mauern. Er ist mager geworden und alt, wie sein königlicher Herr und Meister. Der hiesige Fabrikant Bischof gab jüngst ihm zu Ehren ein großes Mittagsmahl, welches lukullisch ausgestattet gewesen sein soll. Er konversirt viel in Damengesellschaften und erzählt dort, sehr wichtigthuend, seine Gaunerstückchen. So erzählte er neulich einer angesehenen Dame mit der größten Bonhommie von der Welt, daß er, als kathol. Priester verkleidet, in Gefängnissen armer Angeschuldigten Beichte gehört habe. Wem mag er bei uns wohl Beichte hören wollen? 8 Eschweiler, 17. März. Wie stark die Frechheit der Büreaukratie in unserm Orte ist, mögen Sie daraus entnehmen, daß auf Requisition eines Urheulers, des hiesigen Dr. med. L., Organs des hiesigen eingefleischt-büreaukratischen Bürgermeisters, gegen den Willen der ganzen Bürgerschaft und ohne Wissen des Gemeinderaths, vielleicht nur im Einklange mit wenigen Gesinnungsgenossen des hiesigen konstitutionellen Vereins für die Tage des 18. und 19. März, an welchen der demokratische Verein eine den Tagen würdige Feier veranstaltet hatte, Militär hierher verlegt worden. Der hiesige demokratische Verein hat sofort beschlossen, daß er es unter seiner Würde halte, unter den Bajonetten das Fest zu feiern und hat es deshalb vertagt. Da voraussichtlich mehrere Tausend Menschen aus der Umgegend zu dem Feste herbeigeeilt wären so verliert Eschweiler, welches durch den Stillstand der Fabriken ohnedies genug gelitten, durch die Schuld jener Heuler nebenbei eine Einnahme von mehreren tausend Thalern und hat dabei die Last der Einquartierung zu tragen. Es lebe die die Büreaukratie! * Berlin, 16. März. Die Vossische Zeitung am 20. März 1848. Extrablatt der Freude. Der Kampf der letzten Tage war nicht, wie der beliebte Ausdruck lautet: „Eine Emeute des Pöbels.“ Es war eine Erhebung der Bürger. Auf vielen Barrikaden kommandirten die achtbarsten Kommunalbeamten. Das Eigenthum wurde mit einer bewunderungswürdigen Achtung respektirt und geschützt. Alles focht für den Zweck der allgemeinen Begeisterung. Am 7. April 1848. … Die Revolution ist ein schäumender Bach, der sich aus der erweiterten Rechtsquelle ergießt, die Reaktion eine gährende Pfütze, deren Zusammenhang mit der Quelle vertrocknet ist. Die Revolution ist die Empörung des wahren Rechtes gegen das falsche, die Reaktion der Widerstand des falschen Rechtes gegen das wahre. Aber die Pflicht gebietet nur Unterordnung unter dieses, nicht unter jenes. Den auf historischem Boden stehenden Legalitätsmännern, welche an dieser Lehre von der Revolution Anstoß nehmen, können wir nicht verargen, daß sie da still stehen, wo das Ende ihrer Philosophie ist; und es ist auch natürlich, daß sie dieses Ende für das Ende der Welt halten, aber — die Welt hat kein Ende. Am 4. April. … Wir haben ein heiliges Recht, die Nacht des 18. März als einen großen Akt der Sühne zu betrachten. In dem furchtbaren Gericht jener Nacht lag eine tiefe historische Nothwendigkeit. Uns konnte die Freiheit nicht geschenkt, sie konnte nur von uns erobert werden; nur im härtesten Zusammenstoß konnte der militärische, schroffe, hochfahrende Geist des alten Preußens dem jungen Geiste des freien Bürgerthums erliegen. Dennoch stürmte unser Volk mit dem festen, kühnen Muthe der Freiheit gegen ihn an und es hat ihn gefällt. In dieser Nacht haben wir alle alten dunkeln Traditionen geschlagen, das Erbe langer trauriger Jahre von uns gestoßen, und durch eine große Bluttaufe unser Volk im Geiste des wiedergeborenen Deutschlands neu geweiht. Die Vossische Zeitung am 15. März 1849. … Jetzt ist das Gewebe längst durchschaut, Niemand glaubt mehr an die grobe Lüge und Fabel von dem Schießen auf das Volk, welches damals durch den absichtlich zur wildesten Flamme angeblasenen Funken des Gerüchts aus zwei zufälligen (?) Schüssen wenige Sekunden darnach, und wenige hundert Schritte davon, Bataillonssalven schuf. Ebenso entstellt und übertrieben waren, durch längst vorbereitete Absicht, die mit jeglicher Gewalt herausgeforderten andern Einschreitungen. Das Mordgeschrei — wo Niemand verletzt, Niemand gefallen war — tobte durch die Gassen, der Mord selbst folgte unmittelbar , aber an unschuldigen Schildwachen; die Fahnen in deutscher Farbe, die planmäßigen Barrikaden, wuchsen wie durch Zauberschlag überall in der Stadt aus der Erde — und so wurde dem Volke der bis zum Wahnsinn berauschende verderbliche Trank gemischt, der es dahin trieb, wohin es nimmer gewollt und gedacht hatte. Das ist die Wahrheit des achtzehnten März, nach zwei Uhr Mittags! Soll und darf dieser gefeiert werden? Nein, unbedingt und dreifach Nein! — Aus giftiger Saat kann nur eine giftige Frucht reifen. Dieser achtzehnte März, über den wir selbst an jenem Tage tief getäuscht waren, ihn einzig für das unselige Erzeugniß der Wahnverblendung hielten, während seine Wurzel mit arger Besonnenheit eingesenkt und herangenährt war, dieser achtzehnte März ist denn auch der Quell aller späteren unglückseligen Thaten und Ereignisse geworden, die das Vaterland dem Abgrund nahe gebracht. …: … Freilich, die Partei, welche nur auf dem fortwuchernden Giftboden der frevelhaften Revolution Fuß zu fassen vermocht, und daher die gesetzliche Umgestaltung in wilder Anfeindung verwarf, diese Partei mußte auch die finstern Kräfte der Revolution ausbeuten. Vor dem wärmenden, segensreichen Licht der Umbildung des Staates auf gesetzlichen Wegen, trug sie Scheu; ihr frommte nur die Brandfackel des Frevels einer anarchischen Umwälzung ‥‥ … Eine Feier des achtzehnten März, im Sinne seiner blutigen Katastrophe — wir ersparen uns jetzt die nähere Untersuchung, wer dabei betheiligt gewesen und wen die Gräber des Friedrichshain's außer den Verblendeten jenes Tages noch sonst bedecken — eine solche Feier wäre eine Bekräftigung, eine Besiegelung jener Anerkennung. Darum nochmals auf die Frage: Soll und darf diese Feier begangen werden? ein unbedingtes dreifaches Nein! * Berlin, 16. März.
In der Sitzung der ersten Kammer ist heute die Stylübung des Herrn Gruppe (o-Korrespondent der Vossischen) angenommen worden. Die Linke hatte an einer Stelle ein Komma beantragt, wodurch eine sehr lebhafte Debatte hervorgerufen wurde, da das Ministerium eine Kabinetsfrage daraus machte und von der Rechten darin unterstützt wurde. Endlich also ein Prinzip bei Manteuffel und Komp. Das Komma, eine Frage, deren verneinende Beantwortung die Auflösung der Kammern hervorgerufen hätte! Armes Komma! Aermeres Ministerium, welches durch ein Komma gestürzt werden kann! Wenn es noch ein Punkt, ein Semikolon wäre, aber ein Komma?! Der Präsident liest einen Brief des Grafen Brandenburg vor, daß der König bereit sei, die Adreßdeputation am 17. d. in seinem Schloß zu empfangen. Durch das Loos gehören zu ihr: Bergemann, Meyer, Bornemann, Böcking, Baumstark, Rösler, Stahl, v. Borries, Knoblauch, v. Itzenplitz, Thym, v. Pilarski, v. Forkenbeck, Walter, Denzin, Hermann, v. Wittgenstein, v. Ammon, Wilhelm Be[unleserliches Material], Triest. Le jeune Saedt. I. Gestern fand vor dem hiesigen Zuchtpolizeigericht die Verhandlung einer Anklage Statt, die wegen ihrer excessiven Lächerlichkeit berichtet zu werden verdient. Es war nämlich wieder einmal die Gräfin v. Hatzfeld, gegen welche das öffentliche Ministerium eine Verfolgung „wegen Bestechung von Gensd'armen“ zu erheben beliebt hatte. Das derselben zu Grunde liegende Faktum war nach der eignen Aussage der Belastungszeugen, der Gensd'armen, folgendes: Am 4. August 1848 als die Assisenverhandlungen gegen Herrn Lassalle eröffnet wurden, holten die Gensd'armen denselben in einem Wagen aus dem Gefängniß nach dem Assisensaale ab. Unweit des Gefängnisses hatte sich auch die Gräfin Hatzfeldt eingefunden; sie grüßte Herrn Lassalle als er einstieg mit der Hand; (!) Herr Lassalle rief ihr zu, sie möchte beim Assisenpräsidenten die Erlaubniß nachsuchen ihn zu sprechen (!!) und dann auch für einen andern Wagen Sorge tragen. In dem Augenblick als der Wagen an ihr nun vorbeirollte, warf die Gräfin einen Thaler in denselben hinein (!!!). Die Gensdarmen constatirten zugleich, daß die Gräfin während des ganzen Vorgangs kein Wort gesprochen und eben so wenig als sie den Thaler in den Wagen warf, irgend ein Verlangen gestellt oder irgend eine Aeußerung gemacht habe. Der Thaler war somit vielleicht für Herrn Lassalle bestimmt; vielleicht war er es auch für die Gensdarmen. Im letzteren Falle war er, da kein Gegenverlangen für die Verabreichung desselben gestellt war, eine reine Liberalität, ein Geschenk! Und auf diesen Thatbestand hin hatte das öffentliche Ministerium eine Correctionnel-Verfolgung wegen Bestechung von Beamten (Art. 177, 179 Code pénal) erhoben! Auch wurde die Anklage von dem Vertreter des öffentlichen Ministeriums Hrn. Saedt auf das lebhafteste soutinirt und mit einem Strafantrage glücklich gekrönt. Wir sehen hier gänzlich von der totalen Bodenlosigkeit der Anklage in juristischer Hinsicht ab; wir sind nicht so vielverlangend, eine einigermaaßen eindringende Gesetzkenntniß von den Vertretern unseres öffentlichen Ministeriums zu beanspruchen. Aber Eins hätten Sie nicht übersehen dürfen, Herr Saedt, Sie dessen haarscharfe Logik in der Kinkelschen Procedur sogar die berühmte Unterscheidung erfand, man dürfe ihre Requisitorien wohl widerlegen, aber nicht critisiren, — Eins hätten Sie nicht übersehen dürfen, nämlich: den Unterschied zwischen einem ohne ein Verlangen zu äußern gemachten Geschenk und einer Bestechung! Wie konnte Hr. Saedt bei seinem angeblichen Unterscheidungstalent dieser Unterschied entgehen! Eine Bestechung, Hr. Saedt, ist nichts mehr und nichts weniger als ein abgeschlossenes oder mindestens versuchtes Geschäft, mit dem einzigen Zusatz, daß es ein vom Gesetz verbotenes Geschäft ist. Was aber ein Geschäft ist, Hr. Saedt — wie viele Handlungs-Commis gibt es nicht in Köln, die Ihnen das gesagt haben würden?! Ein Geschäft würden sie Ihnen gesagt haben, ist eine Leistung, eine Valuta, für welche eine Gegenleistung, eine Gegenvaluta (sei es nun eine Waare, oder ein anderer Werth, wie z. B. eine Handlung) erlangt oder beansprucht wird. Eine Leistung, welche keine Gegenleistung beansprucht, ist ein Geschenk und kein Handel ergo auch keine Bestechung. Est-ce clair, Hr. Saedt? Z. B. wenn ein Mädchen geschwängert wird von einem öffentlichen Wächter der Sittlichkeit, ohne baar bezahlt worden zu sein, oder baare Bezahlung im Austausch gegen ihre Unschuld verlangt zu haben, so ist die Hingebung des Mädchens ein Geschenk und kein Geschäft, namentlich unter französischem Gesetze, wo die Alimentationsgelder gesetzlich nicht oktroyirt sind. Est-ce clair Hr. Saedt? Es ändert natürlich bei diesem Verhältnisse nichts, wenn irgend ein Instruktionsrichter den Zwischenträger gespielt hat zwischen der Unschuld und der Verführung. Während der Zeugenvernehmung hatte noch ein interessantes Incident Statt. Hr. Saedt fragte nämlich den deponirenden Gensd'armen: (Hört!) „Ob die Gräfin nicht Hrn. Lasalle eine Kußhand zugeworfen habe?“ Die Kußhand reduzirte sich nun auf einen Gruß mit der Hand more italico. Wenn es nun aber auch eine Kußhand gewesen wäre, Hr. Saedt, — gewiß es ist etwas sehr Pikantes um eine solche Kußhand — aber was kümmerte das die Bestechungsprozedur, Hr. Staatsprokurator? 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Erzählen wir sie hier nicht, so geschieht es aus dem einfachen Grunde, weil sie mit der Sache nichts zu thun haben, und wir gewohnt sind, Alles an seinen Platz zu stellen, was auch Hr. Saedt hätte bedenken sollen bei seiner correktionellen Prozedur. Vielleicht aber öffnen wir nächstens in unserm Feuilleton unsern Taubenschlag, und wenn sie dann herausflattern die lieben Kuß- und Kußhandsgeschichten, gewiß dann wird sich Hr. Saedt mit <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1397"/> <front> <div type="jExpedition"> <p>Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 <gap reason="illegible"/> Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. 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Er konversirt viel in Damengesellschaften und erzählt dort, sehr wichtigthuend, seine Gaunerstückchen. So erzählte er neulich einer angesehenen Dame mit der größten Bonhommie von der Welt, daß er, als kathol. Priester verkleidet, in Gefängnissen armer Angeschuldigten Beichte gehört habe. Wem mag er bei uns wohl Beichte hören wollen?</p> </div> <div xml:id="ar249-2_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>8</author></bibl> Eschweiler, 17. März.</head> <p>Wie stark die Frechheit der Büreaukratie in unserm Orte ist, mögen Sie daraus entnehmen, daß auf Requisition <hi rendition="#g">eines</hi> Urheulers, des hiesigen Dr. med. L., Organs des hiesigen eingefleischt-büreaukratischen Bürgermeisters, gegen den Willen der ganzen Bürgerschaft und ohne Wissen des Gemeinderaths, vielleicht nur im Einklange mit wenigen Gesinnungsgenossen des hiesigen konstitutionellen Vereins für die Tage des 18. und 19. März, an welchen der demokratische Verein eine den Tagen würdige Feier veranstaltet hatte, Militär hierher verlegt worden. Der hiesige demokratische Verein hat sofort beschlossen, daß er es unter seiner Würde halte, unter den Bajonetten das Fest zu feiern und hat es deshalb vertagt. Da voraussichtlich mehrere Tausend Menschen aus der Umgegend zu dem Feste herbeigeeilt wären so verliert Eschweiler, welches durch den Stillstand der Fabriken ohnedies genug gelitten, durch die Schuld jener Heuler nebenbei eine Einnahme von mehreren tausend Thalern und hat dabei die Last der Einquartierung zu tragen. Es lebe die die Büreaukratie!</p> </div> <div xml:id="ar249-2_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 16. März.</head> <p>Die Vossische Zeitung am 20. März 1848.</p> <p>Extrablatt der Freude. Der Kampf der letzten Tage war nicht, wie der beliebte Ausdruck lautet: „Eine Emeute des Pöbels.“ Es war eine Erhebung der Bürger. Auf vielen Barrikaden kommandirten die achtbarsten Kommunalbeamten. Das Eigenthum wurde mit einer bewunderungswürdigen Achtung respektirt und geschützt. Alles focht für den Zweck der allgemeinen Begeisterung.</p> <p>Am 7. April 1848.</p> <p>… Die Revolution ist ein schäumender Bach, der sich aus der erweiterten Rechtsquelle ergießt, die Reaktion eine gährende Pfütze, deren Zusammenhang mit der Quelle vertrocknet ist. Die Revolution ist die Empörung des wahren Rechtes gegen das falsche, die Reaktion der Widerstand des falschen Rechtes gegen das wahre. Aber die Pflicht gebietet nur Unterordnung unter dieses, nicht unter jenes. Den auf historischem Boden stehenden Legalitätsmännern, welche an dieser Lehre von der Revolution Anstoß nehmen, können wir nicht verargen, daß sie da still stehen, wo das Ende ihrer Philosophie ist; und es ist auch natürlich, daß sie dieses Ende für das Ende der Welt halten, aber — die Welt hat kein Ende.</p> <p>Am 4. April.</p> <p>… Wir haben ein heiliges Recht, die Nacht des 18. März als einen großen Akt der Sühne zu betrachten. In dem furchtbaren Gericht jener Nacht lag eine tiefe historische Nothwendigkeit. <hi rendition="#g">Uns konnte die Freiheit nicht geschenkt, sie konnte nur von uns erobert werden</hi>; nur im härtesten Zusammenstoß konnte der militärische, schroffe, hochfahrende Geist des alten Preußens dem jungen Geiste des freien Bürgerthums erliegen. Dennoch stürmte unser Volk mit dem festen, kühnen Muthe der Freiheit gegen ihn an und es hat ihn gefällt. In dieser Nacht haben wir alle alten dunkeln Traditionen geschlagen, das Erbe langer trauriger Jahre von uns gestoßen, und durch eine große Bluttaufe unser Volk im Geiste des wiedergeborenen Deutschlands neu geweiht.</p> <p>Die Vossische Zeitung am 15. März 1849.</p> <p>… <hi rendition="#g">Jetzt</hi> ist das Gewebe längst durchschaut, Niemand glaubt mehr an die grobe Lüge und Fabel von dem Schießen auf das Volk, welches damals durch den absichtlich zur wildesten Flamme angeblasenen Funken des Gerüchts aus zwei <hi rendition="#g">zufälligen</hi> (?) Schüssen wenige Sekunden darnach, und wenige hundert Schritte davon, Bataillonssalven schuf. Ebenso entstellt und übertrieben waren, durch längst vorbereitete Absicht, die mit jeglicher Gewalt herausgeforderten andern Einschreitungen. Das Mordgeschrei — wo Niemand verletzt, Niemand gefallen war — tobte durch die Gassen, der Mord selbst folgte unmittelbar , aber an unschuldigen Schildwachen; die Fahnen in deutscher Farbe, die planmäßigen Barrikaden, wuchsen wie durch Zauberschlag überall in der Stadt aus der Erde — und so wurde dem Volke der bis zum Wahnsinn berauschende verderbliche Trank gemischt, der es dahin trieb, wohin es nimmer gewollt und gedacht hatte. Das ist die <hi rendition="#g">Wahrheit des achtzehnten März, nach zwei Uhr Mittags!</hi> Soll und darf <hi rendition="#g">dieser</hi> gefeiert werden? <hi rendition="#g">Nein,</hi> unbedingt und <hi rendition="#g">dreifach Nein!</hi> — Aus giftiger Saat kann nur eine giftige Frucht reifen. <hi rendition="#g">Dieser</hi> achtzehnte März, über den wir selbst an jenem Tage tief getäuscht waren, ihn <hi rendition="#g">einzig</hi> für das unselige Erzeugniß der Wahnverblendung hielten, während seine Wurzel mit arger Besonnenheit eingesenkt und herangenährt war, <hi rendition="#g">dieser</hi> achtzehnte März ist denn auch der Quell aller späteren unglückseligen Thaten und Ereignisse geworden, die das Vaterland dem Abgrund nahe gebracht. …:</p> <p>… Freilich, die Partei, welche nur auf dem fortwuchernden Giftboden der <hi rendition="#g">frevelhaften</hi> Revolution Fuß zu fassen vermocht, und daher die gesetzliche Umgestaltung in wilder Anfeindung verwarf, diese Partei mußte auch die finstern Kräfte der Revolution ausbeuten. Vor dem wärmenden, segensreichen Licht der Umbildung des Staates auf gesetzlichen Wegen, trug sie Scheu; ihr frommte nur die Brandfackel des Frevels einer <hi rendition="#g">anarchischen Umwälzung</hi> ‥‥</p> <p>… Eine Feier des achtzehnten März, im Sinne seiner blutigen Katastrophe — wir ersparen uns jetzt die nähere Untersuchung, wer dabei betheiligt gewesen und wen die Gräber des Friedrichshain's außer den <hi rendition="#g">Verblendeten</hi> jenes Tages noch sonst bedecken — eine solche Feier wäre eine Bekräftigung, eine Besiegelung jener Anerkennung. Darum nochmals auf die Frage: <hi rendition="#g">Soll</hi> und <hi rendition="#g">darf diese</hi> Feier begangen werden? ein <hi rendition="#g">unbedingtes dreifaches Nein!</hi> </p> </div> <div xml:id="ar249-2_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 16. März.</head> <p>In der Sitzung der ersten Kammer ist heute die Stylübung des Herrn Gruppe (o-Korrespondent der Vossischen) angenommen worden. Die Linke hatte an einer Stelle ein Komma beantragt, wodurch eine sehr lebhafte Debatte hervorgerufen wurde, da das Ministerium eine Kabinetsfrage daraus machte und von der Rechten darin unterstützt wurde. Endlich also ein Prinzip bei Manteuffel und Komp. Das Komma, eine Frage, deren verneinende Beantwortung die Auflösung der Kammern hervorgerufen hätte!</p> <p>Armes Komma! Aermeres Ministerium, welches durch ein Komma gestürzt werden kann! Wenn es noch ein Punkt, ein Semikolon wäre, aber ein Komma?!</p> <p>Der <hi rendition="#g">Präsident</hi> liest einen Brief des Grafen Brandenburg vor, daß der König bereit sei, die Adreßdeputation am 17. d. in seinem Schloß zu empfangen. Durch das Loos gehören zu ihr: Bergemann, Meyer, Bornemann, Böcking, Baumstark, Rösler, Stahl, v. Borries, Knoblauch, v. Itzenplitz, Thym, v. Pilarski, v. Forkenbeck, Walter, Denzin, Hermann, v. Wittgenstein, v. Ammon, Wilhelm Be<gap reason="illegible"/>, Triest.</p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar249-2_008" type="jArticle"> <head>Le jeune Saedt.</head> <p> <hi rendition="#b">I.</hi> </p> <p>Gestern fand vor dem hiesigen Zuchtpolizeigericht die Verhandlung einer Anklage Statt, die wegen ihrer excessiven Lächerlichkeit berichtet zu werden verdient. Es war nämlich wieder einmal die Gräfin v. Hatzfeld, gegen welche das öffentliche Ministerium eine Verfolgung „wegen Bestechung von Gensd'armen“ zu erheben beliebt hatte. Das derselben zu Grunde liegende Faktum war nach der eignen Aussage der Belastungszeugen, der Gensd'armen, folgendes: Am 4. August 1848 als die Assisenverhandlungen gegen Herrn Lassalle eröffnet wurden, holten die Gensd'armen denselben in einem Wagen aus dem Gefängniß nach dem Assisensaale ab. Unweit des Gefängnisses hatte sich auch die Gräfin Hatzfeldt eingefunden; sie grüßte Herrn Lassalle als er einstieg mit der Hand; (!) Herr Lassalle rief ihr zu, sie möchte beim Assisenpräsidenten die Erlaubniß nachsuchen ihn zu sprechen (!!) und dann auch für einen andern Wagen Sorge tragen. In dem Augenblick als der Wagen an ihr nun vorbeirollte, <hi rendition="#g">warf die Gräfin einen Thaler in denselben hinein</hi> (!!!). Die Gensdarmen constatirten zugleich, daß die Gräfin während <hi rendition="#g">des ganzen Vorgangs kein Wort gesprochen</hi> und eben so wenig als sie den Thaler in den Wagen warf, irgend ein Verlangen gestellt oder irgend eine Aeußerung gemacht habe. Der Thaler war somit <hi rendition="#g">vielleicht</hi> für Herrn Lassalle bestimmt; <hi rendition="#g">vielleicht</hi> war er es auch für die Gensdarmen. Im letzteren Falle war er, da kein <hi rendition="#g">Gegenverlangen</hi> für die Verabreichung desselben gestellt war, eine reine <hi rendition="#g">Liberalität,</hi> ein Geschenk!</p> <p>Und auf <hi rendition="#g">diesen</hi> Thatbestand hin hatte das öffentliche Ministerium eine Correctionnel-Verfolgung wegen <hi rendition="#g">Bestechung von Beamten</hi> (Art. 177, 179 Code pénal) erhoben! Auch wurde die Anklage von dem Vertreter des öffentlichen Ministeriums Hrn. <hi rendition="#g">Saedt</hi> auf das lebhafteste soutinirt und mit einem Strafantrage glücklich gekrönt. Wir sehen hier gänzlich von der totalen Bodenlosigkeit der Anklage in juristischer Hinsicht ab; wir sind nicht so vielverlangend, eine einigermaaßen eindringende Gesetzkenntniß von den Vertretern unseres öffentlichen Ministeriums zu beanspruchen. Aber <hi rendition="#g">Eins</hi> hätten Sie nicht übersehen dürfen, Herr Saedt, Sie dessen haarscharfe Logik in der Kinkelschen Procedur sogar die berühmte Unterscheidung erfand, man dürfe ihre Requisitorien wohl widerlegen, aber nicht critisiren, — <hi rendition="#g">Eins</hi> hätten Sie nicht übersehen dürfen, nämlich: den Unterschied zwischen einem ohne ein Verlangen zu äußern gemachten Geschenk und einer Bestechung!</p> <p>Wie konnte Hr. Saedt bei seinem angeblichen Unterscheidungstalent dieser Unterschied entgehen! Eine <hi rendition="#g">Bestechung,</hi> Hr. Saedt, ist nichts mehr und nichts weniger als ein abgeschlossenes oder mindestens versuchtes <hi rendition="#g">Geschäft,</hi> mit dem einzigen Zusatz, daß es ein vom Gesetz verbotenes <hi rendition="#g">Geschäft</hi> ist. Was aber ein <hi rendition="#g">Geschäft</hi> ist, Hr. Saedt — wie viele Handlungs-Commis gibt es nicht in Köln, die Ihnen das gesagt haben würden?! Ein <hi rendition="#g">Geschäft</hi> würden sie Ihnen gesagt haben, ist eine <hi rendition="#g">Leistung</hi>, eine Valuta, für welche eine <hi rendition="#g">Gegenleistung,</hi> eine Gegenvaluta (sei es nun eine Waare, oder ein anderer <hi rendition="#g">Werth,</hi> wie z. B. eine <hi rendition="#g">Handlung</hi>) erlangt oder beansprucht wird. Eine Leistung, welche <hi rendition="#g">keine Gegen</hi>leistung beansprucht, ist ein <hi rendition="#g">Geschenk</hi> und kein <hi rendition="#g">Handel</hi> ergo auch keine Bestechung. Est-ce clair, Hr. Saedt? Z. B. wenn ein Mädchen geschwängert wird von einem öffentlichen Wächter der Sittlichkeit, ohne baar bezahlt worden zu sein, oder baare Bezahlung im Austausch gegen ihre Unschuld verlangt zu haben, so ist die Hingebung des Mädchens ein <hi rendition="#g">Geschenk</hi> und kein <hi rendition="#g">Geschäft,</hi> namentlich unter französischem Gesetze, wo die Alimentationsgelder gesetzlich nicht oktroyirt sind. Est-ce clair Hr. Saedt? Es ändert natürlich bei diesem Verhältnisse nichts, wenn irgend ein Instruktionsrichter den Zwischenträger gespielt hat zwischen der Unschuld und der Verführung.</p> <p>Während der Zeugenvernehmung hatte noch ein interessantes Incident Statt. Hr. Saedt fragte nämlich den deponirenden Gensd'armen: (Hört!) „Ob die Gräfin nicht Hrn. Lasalle eine Kußhand zugeworfen habe?“ Die Kußhand reduzirte sich nun auf einen Gruß mit der Hand more italico. Wenn es nun aber auch eine Kußhand gewesen wäre, Hr. Saedt, — gewiß es ist etwas sehr Pikantes um eine solche Kußhand — aber was kümmerte das die Bestechungsprozedur, Hr. Staatsprokurator? Eine Kußhand besticht immer nur den, an den sie gerichtet ist, nicht aber zusehende Gensd'armen, eine Kußhand ist nichts Correktionelles; eine Kußhand ist nichts konfiscirliches, eine Kußhand kümmert sich nicht um den Code penal; frei und ätherisch schwimmt sie einher in würziger Luft, unendlich erhaben über die Requisitorien eines Staatsprokurators; sie kann nicht nur nicht kritisirt, sie kann nicht einmal <hi rendition="#g">widerlegt</hi> werden!</p> <p>Gewiß, diese Kußhand wäre höchst pikant gewesen! Sie war ein interessanter Gegenstand für das Feuilleton der N. Rh. Ztg. — Sie aber, Hr. Saedt, Sie, ein homme posé, ein Mann in Amt und Würden, — was wollten <hi rendition="#g">Sie</hi> mit der Kußhand?</p> <p>Es gelang Hrn. Saedt leider nicht, die Kußhand zu konstatiren!</p> <p>Wir aber versichern Hrn. Saedt zur Entschädigung, daß wir <hi rendition="#g">sehr wohl konstatirte,</hi> noch weit pikantere, sehr küßliche Geschichten besitzen. Erzählen wir sie hier nicht, so geschieht es aus dem einfachen Grunde, weil sie mit der Sache nichts zu thun haben, und wir gewohnt sind, Alles an seinen Platz zu stellen, was auch Hr. Saedt hätte bedenken sollen bei seiner correktionellen Prozedur.</p> <p>Vielleicht aber öffnen wir nächstens in unserm Feuilleton unsern Taubenschlag, und wenn sie dann herausflattern die lieben Kuß- und Kußhandsgeschichten, gewiß dann wird sich Hr. Saedt mit </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1397/0001]
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Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 249. Köln, Sonntag, den 18. März 1849. Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April — Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.
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Zweite Ausgabe.
Deutschland. * Köln, 17. März. _ * Köln, 18. März. _ * Köln, 18. März. _ X Aachen, 15. Februar. Dunker, der königlich preußische Ueberall und Nirgends, befindet sich seit einiger Zeit in unseren Mauern. Er ist mager geworden und alt, wie sein königlicher Herr und Meister. Der hiesige Fabrikant Bischof gab jüngst ihm zu Ehren ein großes Mittagsmahl, welches lukullisch ausgestattet gewesen sein soll. Er konversirt viel in Damengesellschaften und erzählt dort, sehr wichtigthuend, seine Gaunerstückchen. So erzählte er neulich einer angesehenen Dame mit der größten Bonhommie von der Welt, daß er, als kathol. Priester verkleidet, in Gefängnissen armer Angeschuldigten Beichte gehört habe. Wem mag er bei uns wohl Beichte hören wollen?
8 Eschweiler, 17. März. Wie stark die Frechheit der Büreaukratie in unserm Orte ist, mögen Sie daraus entnehmen, daß auf Requisition eines Urheulers, des hiesigen Dr. med. L., Organs des hiesigen eingefleischt-büreaukratischen Bürgermeisters, gegen den Willen der ganzen Bürgerschaft und ohne Wissen des Gemeinderaths, vielleicht nur im Einklange mit wenigen Gesinnungsgenossen des hiesigen konstitutionellen Vereins für die Tage des 18. und 19. März, an welchen der demokratische Verein eine den Tagen würdige Feier veranstaltet hatte, Militär hierher verlegt worden. Der hiesige demokratische Verein hat sofort beschlossen, daß er es unter seiner Würde halte, unter den Bajonetten das Fest zu feiern und hat es deshalb vertagt. Da voraussichtlich mehrere Tausend Menschen aus der Umgegend zu dem Feste herbeigeeilt wären so verliert Eschweiler, welches durch den Stillstand der Fabriken ohnedies genug gelitten, durch die Schuld jener Heuler nebenbei eine Einnahme von mehreren tausend Thalern und hat dabei die Last der Einquartierung zu tragen. Es lebe die die Büreaukratie!
* Berlin, 16. März. Die Vossische Zeitung am 20. März 1848.
Extrablatt der Freude. Der Kampf der letzten Tage war nicht, wie der beliebte Ausdruck lautet: „Eine Emeute des Pöbels.“ Es war eine Erhebung der Bürger. Auf vielen Barrikaden kommandirten die achtbarsten Kommunalbeamten. Das Eigenthum wurde mit einer bewunderungswürdigen Achtung respektirt und geschützt. Alles focht für den Zweck der allgemeinen Begeisterung.
Am 7. April 1848.
… Die Revolution ist ein schäumender Bach, der sich aus der erweiterten Rechtsquelle ergießt, die Reaktion eine gährende Pfütze, deren Zusammenhang mit der Quelle vertrocknet ist. Die Revolution ist die Empörung des wahren Rechtes gegen das falsche, die Reaktion der Widerstand des falschen Rechtes gegen das wahre. Aber die Pflicht gebietet nur Unterordnung unter dieses, nicht unter jenes. Den auf historischem Boden stehenden Legalitätsmännern, welche an dieser Lehre von der Revolution Anstoß nehmen, können wir nicht verargen, daß sie da still stehen, wo das Ende ihrer Philosophie ist; und es ist auch natürlich, daß sie dieses Ende für das Ende der Welt halten, aber — die Welt hat kein Ende.
Am 4. April.
… Wir haben ein heiliges Recht, die Nacht des 18. März als einen großen Akt der Sühne zu betrachten. In dem furchtbaren Gericht jener Nacht lag eine tiefe historische Nothwendigkeit. Uns konnte die Freiheit nicht geschenkt, sie konnte nur von uns erobert werden; nur im härtesten Zusammenstoß konnte der militärische, schroffe, hochfahrende Geist des alten Preußens dem jungen Geiste des freien Bürgerthums erliegen. Dennoch stürmte unser Volk mit dem festen, kühnen Muthe der Freiheit gegen ihn an und es hat ihn gefällt. In dieser Nacht haben wir alle alten dunkeln Traditionen geschlagen, das Erbe langer trauriger Jahre von uns gestoßen, und durch eine große Bluttaufe unser Volk im Geiste des wiedergeborenen Deutschlands neu geweiht.
Die Vossische Zeitung am 15. März 1849.
… Jetzt ist das Gewebe längst durchschaut, Niemand glaubt mehr an die grobe Lüge und Fabel von dem Schießen auf das Volk, welches damals durch den absichtlich zur wildesten Flamme angeblasenen Funken des Gerüchts aus zwei zufälligen (?) Schüssen wenige Sekunden darnach, und wenige hundert Schritte davon, Bataillonssalven schuf. Ebenso entstellt und übertrieben waren, durch längst vorbereitete Absicht, die mit jeglicher Gewalt herausgeforderten andern Einschreitungen. Das Mordgeschrei — wo Niemand verletzt, Niemand gefallen war — tobte durch die Gassen, der Mord selbst folgte unmittelbar , aber an unschuldigen Schildwachen; die Fahnen in deutscher Farbe, die planmäßigen Barrikaden, wuchsen wie durch Zauberschlag überall in der Stadt aus der Erde — und so wurde dem Volke der bis zum Wahnsinn berauschende verderbliche Trank gemischt, der es dahin trieb, wohin es nimmer gewollt und gedacht hatte. Das ist die Wahrheit des achtzehnten März, nach zwei Uhr Mittags! Soll und darf dieser gefeiert werden? Nein, unbedingt und dreifach Nein! — Aus giftiger Saat kann nur eine giftige Frucht reifen. Dieser achtzehnte März, über den wir selbst an jenem Tage tief getäuscht waren, ihn einzig für das unselige Erzeugniß der Wahnverblendung hielten, während seine Wurzel mit arger Besonnenheit eingesenkt und herangenährt war, dieser achtzehnte März ist denn auch der Quell aller späteren unglückseligen Thaten und Ereignisse geworden, die das Vaterland dem Abgrund nahe gebracht. …:
… Freilich, die Partei, welche nur auf dem fortwuchernden Giftboden der frevelhaften Revolution Fuß zu fassen vermocht, und daher die gesetzliche Umgestaltung in wilder Anfeindung verwarf, diese Partei mußte auch die finstern Kräfte der Revolution ausbeuten. Vor dem wärmenden, segensreichen Licht der Umbildung des Staates auf gesetzlichen Wegen, trug sie Scheu; ihr frommte nur die Brandfackel des Frevels einer anarchischen Umwälzung ‥‥
… Eine Feier des achtzehnten März, im Sinne seiner blutigen Katastrophe — wir ersparen uns jetzt die nähere Untersuchung, wer dabei betheiligt gewesen und wen die Gräber des Friedrichshain's außer den Verblendeten jenes Tages noch sonst bedecken — eine solche Feier wäre eine Bekräftigung, eine Besiegelung jener Anerkennung. Darum nochmals auf die Frage: Soll und darf diese Feier begangen werden? ein unbedingtes dreifaches Nein!
* Berlin, 16. März. In der Sitzung der ersten Kammer ist heute die Stylübung des Herrn Gruppe (o-Korrespondent der Vossischen) angenommen worden. Die Linke hatte an einer Stelle ein Komma beantragt, wodurch eine sehr lebhafte Debatte hervorgerufen wurde, da das Ministerium eine Kabinetsfrage daraus machte und von der Rechten darin unterstützt wurde. Endlich also ein Prinzip bei Manteuffel und Komp. Das Komma, eine Frage, deren verneinende Beantwortung die Auflösung der Kammern hervorgerufen hätte!
Armes Komma! Aermeres Ministerium, welches durch ein Komma gestürzt werden kann! Wenn es noch ein Punkt, ein Semikolon wäre, aber ein Komma?!
Der Präsident liest einen Brief des Grafen Brandenburg vor, daß der König bereit sei, die Adreßdeputation am 17. d. in seinem Schloß zu empfangen. Durch das Loos gehören zu ihr: Bergemann, Meyer, Bornemann, Böcking, Baumstark, Rösler, Stahl, v. Borries, Knoblauch, v. Itzenplitz, Thym, v. Pilarski, v. Forkenbeck, Walter, Denzin, Hermann, v. Wittgenstein, v. Ammon, Wilhelm Be_ , Triest.
Le jeune Saedt. I.
Gestern fand vor dem hiesigen Zuchtpolizeigericht die Verhandlung einer Anklage Statt, die wegen ihrer excessiven Lächerlichkeit berichtet zu werden verdient. Es war nämlich wieder einmal die Gräfin v. Hatzfeld, gegen welche das öffentliche Ministerium eine Verfolgung „wegen Bestechung von Gensd'armen“ zu erheben beliebt hatte. Das derselben zu Grunde liegende Faktum war nach der eignen Aussage der Belastungszeugen, der Gensd'armen, folgendes: Am 4. August 1848 als die Assisenverhandlungen gegen Herrn Lassalle eröffnet wurden, holten die Gensd'armen denselben in einem Wagen aus dem Gefängniß nach dem Assisensaale ab. Unweit des Gefängnisses hatte sich auch die Gräfin Hatzfeldt eingefunden; sie grüßte Herrn Lassalle als er einstieg mit der Hand; (!) Herr Lassalle rief ihr zu, sie möchte beim Assisenpräsidenten die Erlaubniß nachsuchen ihn zu sprechen (!!) und dann auch für einen andern Wagen Sorge tragen. In dem Augenblick als der Wagen an ihr nun vorbeirollte, warf die Gräfin einen Thaler in denselben hinein (!!!). Die Gensdarmen constatirten zugleich, daß die Gräfin während des ganzen Vorgangs kein Wort gesprochen und eben so wenig als sie den Thaler in den Wagen warf, irgend ein Verlangen gestellt oder irgend eine Aeußerung gemacht habe. Der Thaler war somit vielleicht für Herrn Lassalle bestimmt; vielleicht war er es auch für die Gensdarmen. Im letzteren Falle war er, da kein Gegenverlangen für die Verabreichung desselben gestellt war, eine reine Liberalität, ein Geschenk!
Und auf diesen Thatbestand hin hatte das öffentliche Ministerium eine Correctionnel-Verfolgung wegen Bestechung von Beamten (Art. 177, 179 Code pénal) erhoben! Auch wurde die Anklage von dem Vertreter des öffentlichen Ministeriums Hrn. Saedt auf das lebhafteste soutinirt und mit einem Strafantrage glücklich gekrönt. Wir sehen hier gänzlich von der totalen Bodenlosigkeit der Anklage in juristischer Hinsicht ab; wir sind nicht so vielverlangend, eine einigermaaßen eindringende Gesetzkenntniß von den Vertretern unseres öffentlichen Ministeriums zu beanspruchen. Aber Eins hätten Sie nicht übersehen dürfen, Herr Saedt, Sie dessen haarscharfe Logik in der Kinkelschen Procedur sogar die berühmte Unterscheidung erfand, man dürfe ihre Requisitorien wohl widerlegen, aber nicht critisiren, — Eins hätten Sie nicht übersehen dürfen, nämlich: den Unterschied zwischen einem ohne ein Verlangen zu äußern gemachten Geschenk und einer Bestechung!
Wie konnte Hr. Saedt bei seinem angeblichen Unterscheidungstalent dieser Unterschied entgehen! Eine Bestechung, Hr. Saedt, ist nichts mehr und nichts weniger als ein abgeschlossenes oder mindestens versuchtes Geschäft, mit dem einzigen Zusatz, daß es ein vom Gesetz verbotenes Geschäft ist. Was aber ein Geschäft ist, Hr. Saedt — wie viele Handlungs-Commis gibt es nicht in Köln, die Ihnen das gesagt haben würden?! Ein Geschäft würden sie Ihnen gesagt haben, ist eine Leistung, eine Valuta, für welche eine Gegenleistung, eine Gegenvaluta (sei es nun eine Waare, oder ein anderer Werth, wie z. B. eine Handlung) erlangt oder beansprucht wird. Eine Leistung, welche keine Gegenleistung beansprucht, ist ein Geschenk und kein Handel ergo auch keine Bestechung. Est-ce clair, Hr. Saedt? Z. B. wenn ein Mädchen geschwängert wird von einem öffentlichen Wächter der Sittlichkeit, ohne baar bezahlt worden zu sein, oder baare Bezahlung im Austausch gegen ihre Unschuld verlangt zu haben, so ist die Hingebung des Mädchens ein Geschenk und kein Geschäft, namentlich unter französischem Gesetze, wo die Alimentationsgelder gesetzlich nicht oktroyirt sind. Est-ce clair Hr. Saedt? Es ändert natürlich bei diesem Verhältnisse nichts, wenn irgend ein Instruktionsrichter den Zwischenträger gespielt hat zwischen der Unschuld und der Verführung.
Während der Zeugenvernehmung hatte noch ein interessantes Incident Statt. Hr. Saedt fragte nämlich den deponirenden Gensd'armen: (Hört!) „Ob die Gräfin nicht Hrn. Lasalle eine Kußhand zugeworfen habe?“ Die Kußhand reduzirte sich nun auf einen Gruß mit der Hand more italico. Wenn es nun aber auch eine Kußhand gewesen wäre, Hr. Saedt, — gewiß es ist etwas sehr Pikantes um eine solche Kußhand — aber was kümmerte das die Bestechungsprozedur, Hr. Staatsprokurator? Eine Kußhand besticht immer nur den, an den sie gerichtet ist, nicht aber zusehende Gensd'armen, eine Kußhand ist nichts Correktionelles; eine Kußhand ist nichts konfiscirliches, eine Kußhand kümmert sich nicht um den Code penal; frei und ätherisch schwimmt sie einher in würziger Luft, unendlich erhaben über die Requisitorien eines Staatsprokurators; sie kann nicht nur nicht kritisirt, sie kann nicht einmal widerlegt werden!
Gewiß, diese Kußhand wäre höchst pikant gewesen! Sie war ein interessanter Gegenstand für das Feuilleton der N. Rh. Ztg. — Sie aber, Hr. Saedt, Sie, ein homme posé, ein Mann in Amt und Würden, — was wollten Sie mit der Kußhand?
Es gelang Hrn. Saedt leider nicht, die Kußhand zu konstatiren!
Wir aber versichern Hrn. Saedt zur Entschädigung, daß wir sehr wohl konstatirte, noch weit pikantere, sehr küßliche Geschichten besitzen. Erzählen wir sie hier nicht, so geschieht es aus dem einfachen Grunde, weil sie mit der Sache nichts zu thun haben, und wir gewohnt sind, Alles an seinen Platz zu stellen, was auch Hr. Saedt hätte bedenken sollen bei seiner correktionellen Prozedur.
Vielleicht aber öffnen wir nächstens in unserm Feuilleton unsern Taubenschlag, und wenn sie dann herausflattern die lieben Kuß- und Kußhandsgeschichten, gewiß dann wird sich Hr. Saedt mit
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Weitere Informationen:<p>Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.</p>
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