Neue Rheinische Zeitung. Nr. 222. Köln, 15. Februar 1849.lassung des Justizkommissarius Gierse zu Münster, wird in diesen Tagen durch eine Deputation an das Staatsministerium befördert werden. 141 Arnsberg, 12. Febr. Eine neue Heldenthat preußischer Gerichtspersonen verdient, der Oeffentlichkeit übergeben zu werden. Vier Mitglieder des Kriminalsenats hiesigen Oberlandesgerichts, die Räthe v. Arnstedt, v. Mengershausen, Wermuth und Assessor v. Buttler hatten an den Geheimen Rath Kindermann ein Mißtrauensvotum abgefaßt, in welchem sie denselben in nicht gerade höflichen Worten auffordern, seinen Abschied zu nehmen. Denn es sei unter ihrer Würde, mit einem Manne, der das Interesse des Volks dem seiner Feinde vorzieht, in einem Senate zu sitzen. Das saubere Unternehmen scheiterte jedoch an der Ehrenhaftigkeit des Direktors Wichmann, der sich einer solchen Taktik entschieden widersetzte. Wehe dem politisch Verfolgten, der solchen Justizleuten in die Hände geräth. Gestern Abend wurde dem hier suspendirten und nach einem andern Oberlandesgerichte versetzten Referendarius Heine, von einer zahlreichen Bürgerschaft Arnsberg's, als Zeichen ihrer Anerkennung für die der Volkssache bewiesene Thätigkeit, eine Serenade gebracht. Heine war mit den früher erwähnten Referendarien Kindermann und Schmidts aus denselben Gründen in Untersuchung verwickelt, Durch Beschluß des hiesigen Collegs, in welchem der Vater des etc. Heine (derselbe ist Geheimrath) mehr Freunde hatte als der Vater des Kindermann, erhielt Heine blos die Strafe, an ein anderes Gericht versetzt zu werden, während Kindermann und Schmidts entlassen wurden. Diese herrliche Verfügung des Richterkollegiums wurde vom Justizminister bestätigt. Für die Krautjunker- und Geldsack-Kammer wurden heute hierselbst gewählt: 1) Landrath v. Dolfs in Soest. 2) Geheimrath v. Bernuth in Berlin. 3) Oberbergrath Böcking in Trier Sie wurden gewählt mit 12 Stimmen (die Hr. Dr. Sommer als General in's Feld führte) gegen 11 Stimmen. 61 Wien, 10. Febr. Beim Empfang meines Berichts wird Ihnen die vom 4. d. Mts. datirte Antwort unserer k. k. Strang-Pulver und Blei-Regierung auf die in allen Blättern Michels breitgeplärrte k. k. preußische Note bereits bekannt geworden sein. Erlauben Sie mir aber darüber von unserm Standpunkte aus einige Bemerkungen, von welchen mich der tiefste Ekel, den ich dabei verspüre, zurückzuhalten nicht im Stande ist, wenn ich erwäge, daß die fabelhafte deutsche Flachköpfigkeit und Bourgeoismattheit sich mit den Thaten des Gesammtscheusals Oestreich bereits wieder zu versöhnen anfängt, statt mit aller Entschiedenheit wieder dieselben aufgestanden zu sein. Mögen die tetes quarrees und 45 Millionen Michel mitleidig lächeln, meine Ihnen über Oestreich gemachten Voraussagungen haben sich sämmtlich bestätigt, wenn bei manchen auch die hochgeistige Wurfweite unserer gemüthlichen sogenannten demokratischen Blätter sich erst jetzt weidlich darüber zu erstaunen beginnt, indem ihr nun erst die Thatsache klar wird. Die Deutschen sind überall geborene Krähwinkler, sie glauben eine Revolution gemacht zu haben, wenn sie den Detaildreck unmittelbar vor ihrer Thüre zusammengekehrt und zum großen Haufen mitten in der Straße gebracht haben. Die Note vom 4 Febr. hat hier nicht den geringsten Eindruck gemacht, ist nicht einmal allseits bekannt geworden. Der Oestreicher, so dumm er ist, hat längst erkannt, daß der deutsche Ochse ganz wie früher wieder am östreichischen Karren zieht, während der Ochse Gott weiß was für eine hochdeutsche Arbeit zu thun glaubt. Seitdem der Oestreicher den deutschen Ochsen, den er eine Zeit lang für ein Wunderthier zu halten beliebte, näher besehen, hat er gemerkt, daß er ein noch siecherer Ochse ist, als der östreichische, und kümmert sich nun weiter nicht mehr um ihn. Er findet die Note vom 4. Febr. daher ganz natürlich, durchaus nicht auffallend und meint, sie passe vortrefflich zu den Windischgrätzischen Fußtritten, zu welchen sie den Kommentar bilde. Die Note vom 4. Febr., denkt der Oestreicher, ist sammt der frühern preußischen das Fabrikat ein und desselben Teufels, Metternichs. Die europäischen Fürsten bereuen es schon längst, daß sie den Oberpriester, der ihnen die Völker zu Füßen werfen half, in rebellischer Verblendung von sich gestoßen, sie haben längst vor ihm Abbitte gethan, und lassen ihn wieder allein gewähren. Hier sehe ich den deutschen Stumpfsinn mitleidig lächeln, aber ich tröste mich, wie der Oestreicher, mit der Parole: "Mocht nix! S'is olles ahns!" -- Die preußische und die östreichische Note, so versicherte mir heute ein Metternichianer, sind weiter nichts, als der diplomatische Schnupftaback, welchen die wieder Metternich gehorchenden Regierungen ihren Unterthanen, namentlich aber den nach Frankfurt gewählten Fröschen hingeworfen haben, damit sie solange davon genießen, und ihre Köpfe darüber zerbrechen, bis der ehemalige Hans Urian Metternich's, der heilige deutsche Bund, ganz unverholen wieder hervortreten kann, um ihnen mit einem kräftigen Hieb auf die Flachschädel für immer das Quaken zu verleiden. Ich habe Ihnen schon vor sechs Wochen geschrieben, daß die preußische Kaisersauce nur für ein zwischen Metternich und den sich wieder vor ihm und seinem Systeme verneigenden kronenbegnadeten Erdengöttern verabredetes Manöver gehalten wird. Die beiden Noten bestätigen diese Behauptung. Nicht nur daß man mit diesem Kniff Michels politische Unterhaltung vor dem deutschen Wein-, Bier-, und Branntwein-Krug aus dem demokratischen Gefasel, wieder auf die rechte Fährte brachte, auf die gottbegnadete König- und Kaiserlichkeit, wurde damit gleichzeitig auch die Gehirnlosigkeit der Frankfurter Muhmen zum legitimen Klappern gebracht, und stupefait gemacht. Metternich verstand, den Naturfehler des Frankfurter grundrechtlich-ohnmächtigen Leierkastens trefflich zu benutzen. Er ließ Oestreichs Tamerlan sagen: "Ich bin die kaiserliche Centralsonne und dulde keine andere neben mir!" Dann ließ er den Potsdamer Uranus dem glotzenden Michel in's Ohr raunen: "Ich möchte gerne, aber der andere will nicht!" Darauf entstand unter den 45 Millionen Micheln über beide Erklärungen die interessanteste Unterhaltung von der Welt. Während dieser Zeit krochen alle Henker aus ihren Verstecken hervor, wurden von Metternich's Königen gefüttert, stahlen und stehlen durch Belagerungszustände, Strang, Pulver und Blei, Kerker und Eisen alle im März ihnen abgejagte Freiheit und schlagen die Männer todt, die diese Freiheit vertreten. Das ist die Bedeutung des preußisch-deutschen Kaiserthums, die Bedeutung der Noten, und für lange noch die Bedeutung alles dessen, was in ähnlicher Art geschieht. Der letzte Athemzug des deutschen Bundes, so spricht die Note, ist auch ferner Oesterreichs deutsches Piedestal. Alles, was dawider, ist Rebellion, die wir standrechtlich behandeln und damit unsere "Bundespflicht" erfüllen. Wir fühlen, spricht die Note, daß Deutschland, d. h. der um Oesterreich zur Abwehr der revolutionären Cholera gezogene österreichische Kordon, welcher sich Deutschland zu nennen beliebt, einer "engern Einigung, einer neuen Bundesbehörde, einer Wiedergeburt" zum Systeme des großen Satan-Meisters bedarf, und werden ihm, haben wir nur im Innern die Hände frei, mit unsern Radetzky's und Windischgrätzen dazu verhelfen, wenn wir nicht vorziehen, unsern preußischen oder bairischen "Vize-König" mit der plumpern Exekution zu beauftragen. "Die Einheit Deutschlands ist weder ausführbar noch wünschenswerth"; der Beweis dafür steckt in unsern und der heiligen Allianz Kanonen, aber ihr matten Rebellen Frankfurts mögt euch einstweilen immerhin noch das Gehirn darüber anstrengen. -- Unser Tamerlan und sein Hohepriester Metternich, das ist der einzige Brennpunkt, um welchen ihr Frankfurter Revolutionärs euch zu drehen habt, und wir werden's euch mit Pulver und Blei verleiden, solltet ihr wagen, einen andern "künstlichen Brennpunkt" zu schaffen. -- Schon die Demokratie der §.§. 2 und 3 eurer lächerlichen Grundrechte genügt uns, eure Wirksamkeit zu verfluchen und wir haben darum das Standrecht angewendet, daß unser Volk einen "Schrei des Unwillens" dawider erhebe, den ihr verpflichtet seid für den allein wahren zu halten. Oesterreich, ihr Esel, ist ein "deutsches, ein europäisches Bedürfniß", darum darf Deutschland niemals etwas anderes sein, als ein metternichisch-österreichischer Gürtel, vor welchem selbst Europa, namentlich aber die Rebellenstadt Paris, erzittert. Mit andern Worten, Oesterreich ist ein deutsches Bedürfniß, weil die Knutung Deutschland's ein österreichisches Bedürfniß ist. Oesterreich ist die "erste deutsche Macht", weil es die zwar wenigsten Deutsche, aber doch die größten antideutschen Rekrutenställe hat, mit welchen es die deutschen Ohnmachten zerprügeln kann. Oesterreich's Tamerlan ordnet sich daher keinem andern unter, am wenigsten einem preußischen. Oesterreich und sein Tamerlan sind der Kühnheit gegenüber in diesem Augenblicke zwar völlige Ohnmachten, allein das hindert nicht, daß sie deutschen Hundeseelen gegenüber derbe Sprache führen. Preußen ist mit Oesterreich zu sehr einverstanden, als daß Oesterreich sich an dasselbe zu wenden hätte, darum wendet Oesterreich sich an den programmatischen Gagern mit dem kühnen Griff, und befiehlt ihm, seine germanische Schafheerde zu Frankfurt solange mit Knollen zu bewerfen, bis sie zur metternichisch-österreichischen Glückseligkeit zurückgekehrt ist. So spricht Oesterreich in seiner Note vom 4. Februar; es spricht immer nur die alte Sprache. * Wien, 10. Februar. Daß die Freiheits- oder Selbstständigkeitsregungen unter den Slaven, und namentlich jetzt in Kroatien, der Kamarilla höchst ungelegen kommen, davon geben die standrechtlichen Blätter fast täglich mehr als einen Beweis. Sie sprechen erbittert von den "Uebergriffen" der slavischen Partei und bezeichnen das Streben der letzteren als "Weismacherei gewisse-philologischer Schwärmer". Ueber die Slavenpartei in Kremsier drückt sich die "Presse" -- um nur eine ihrer vielen hierauf ber züglichen Stellen zu zitiren -- folgendermaßen aus: "Es bildet sich eine neue, durch die Uebergriffe der Czechen nöthig gewordene Koalition -- die der deutschen Linken mit dem linken und rechten Centrum. -- So erfreulich dieser Beweis des raschen Erfassens dessen, was noth thut, einerseits auch ist, so traurig berührt es andererseits jeden wahren Vaterlandsfreund, wenn er gewahrt, wie die czechische und polnische Fraktion der Reichsversammlung den nationalen Interessen alle übrigen unterordnet, wie insbesondere die Erstgenannte schnurstraks das Förderativprinzip zu realisiren trachtet, das Förderativprinzip, dessen Verwirklichung der Anfang von Oesterreich's Ende wäre. Beharren die Czechen auf ihrer unseligen Politik, dann ist die Revolution in Oesterreich permanent, der Belagerungszustand wird über sämmtliche Provinzen der Reihe nach verhängt werden müssen, und die konstitutionellen Freiheiten werden durch die ewigen Ausnahmszustände im eigentlichen Sinne des Wortes zur Lüge." In Lichtenstein, einer der hiesigen Vorstädte, fand dieser Tage eine Katzenmusik Statt, nicht in der Nacht, sondern bei hellem Sonnenschein. Als das Militär anlangte, hatten sich die Musikanten bereits zerstreut. Nicht weniger als 2000 Wohnungen stehen leer. Handel und Wandel stocken fürchterlich, und mehr als in irgend einer Zeit zwischen März und Oktober vorigen Jahres. Das greift den Philistern an's Herz. Sie fangen an, über die ungeheuern Segnungen des Belagerungszustandes stutzig zu werden. Möge er noch so lange andauern, bis dieses Gelichter vollständig ruinirt und für seinen gemeinen Verrath an der Volkssache einigermaßen gezüchtigt worden. Daß der Ministerpräsident, Fürst von Schwarzenberg, bei der Wahl eines Abgeordneten nach Kremsier im 2. Stadtbezirk so kläglich durchgefallen -- er bekam nur 5 Stimmen: ist eine Pille, die dem Ministerium bitter zu Halse geht. Die hiesige Besatzung wird gewechselt werden. Für die nach Italien abmarschirenden Truppen kommen 16,000 Kroaten hieher. Möglich, daß die ganze Besatzung sehr bald nur noch aus Mitgliedern der gottbegnadeten Kroatei bestehen wird. 143 München, 10. Februar. Zu dem Staatsstreich, welchen das Ministerium durch seine Entlassungseingabe am 8. machte, gesellte sich gestern ein noch nicht dagewesener Streich der hiesigen noch immer sogenannten Ultramontanen und übrigen Anhänger der Camarilla, der jedoch, Dank der ruhigen Haltung des demokratisch gesinnten Theiles der Bevölkerung, seinen Zweck nicht nur nicht gänzlich verfehlte, sondern auch noch von dem gesunden Sinne des Volkes mit Verachtung gestraft wurde. Gestern gegen Abend nämlich ladet ein nicht unterzeichneter Maueranschlag zur zahlreichen Betheiligung an einem dem Könige(!), als dem alleinigen Beschützer(!) der gesetzlichen Freiheit und Ordnung, zu bringenden, von der protest. Kirche ausgehenden, Fackelzug ein. Auch wird der Aufruf in alle Häuser getragenund bald darauf erscheint ein vom Demokratischen- und Märzverein ausgehender Anschlag, der die "deutschen Männer" zur Ruhe ermahnt und Ihnen räth, nicht in die Falle zu gehen, die ihnen die Reaktion stelle. Um 7 Uhr setzt sich nun, von ruhigen und nur höhnisch lachenden Zuschauern begleitet, der so schlau improvisirte Fackelzug von erwähnter Kirche aus über den Karlsplatz, Dultplatz und durch die Prannersgasse nach dem Platz vor den Arkaden und dem Hofgarten in Bewegung. Wenngleich, fast eine halbe Stunde lang und von mehreren Musikchören begleitet (1000 Fackeln allein hat der "constitutionelle Verein für religiöse Freiheit und gesetzliche Ordnung," 400 der Magistrat vertheilen und gratis anbieten lassen), so erschien uns doch diese Demonstration, gegen den Robert Blum'schen Fackelzug betrachtet, auch äußerlich erbärmlich. Und damals kaufte doch Jeder seine Fackel für 36 Kr., wogegen hier jedem Proletarier 36 Kr. gegeben wurden, wenn er nur eine umsonst annahm. Wir betrachteten uns die ersten Männer, die lichtscheuen und dummen Physiognomien. Außer Pfaffen und Pfaffenknechten, Kirchendienern, Almosensammlern, Hofheubindern, Hoflakaien, Laternenanzündern, Bedienten der Aristokratie und Bureaukratie u. s. w. waren auch eine Menge des Troßes aus der Bourgeoisie und Beamtenwelt bei dem Zuge kompromittirt. Das schöne Ziel desselben war der Hofgarten, wo er der sich mehrmals zeigenden Königl. bairischen Bier-Majestät, welche die Deputation huldvoll empfing, einige Lebehoch brachte, in das sich nur einzelnes Pfeifen mischte, was etliche Arretirungen zur Folge hatte. Sie wissen, daß in den letzten Tagen die Rechte Schlag auf Schlag durchfiel und ich brauche Ihnen also einen weitern Commentar wohl nicht zu geben. Die Quelle wird als von Abel ausgehend genannt. Und doch war die Majorität des Münchener Volkes nicht auf Seiten der Rechten. Hr. v. Abel, so schreibt uns der heutige "Münchener Punch", erfreut sich der besten Gesundheit, indem er seine Spaziergänge von München nach Nymphenburg und zurück ununterbrochen fortsetzt. Er ist mit den dortigen Schwänen so vertraut, daß sie ihm bis zur Hälfte des Kanals entgegen schwimmen. Auch kündigt obiges Blatt ein neues Schauspiel des Hof- und Kammertheaters an: (neu einstudirt!) Abelino, der große Bandit, oder wer zuletzt lacht, lacht am besten! !!! Frankfurt, 12. Febr. National-Versammlung. Präsiden Simson. Auf der Tagesordnung steht der Rest der Grundrechte: Artikel 9 und Artikel 12 § 43-48. Gagern theilt in einer Zuschrift an den Präsidenten Simson, die von Schmerling überreichte österreichische Note vom 4. Februar mit. Sie wird vom Schriftführer verlesen. Simson will sie dem Verfassungsausschuß zur geeigneten Berücksichtigung verweisen. Ueber die Frage, was mit derselben vorläufig anzufangen, entspinnt sich eine lange Debatte. Eisenmann meint, eine Erklärung über dieselbe abzugeben, sei Pflicht der Versammlung, und dies sei Sache des Verfassungsausschusses. Er fügt seiner Begründung den Vorwurf bei, es habe sich in der Versammlung eine ministerielle Coterie gebildet, die außerhalb der Versammlung den Gang derselben, die Tagesordnungen etc. bestimmt, und giebt nicht undeutlich zu verstehen, daß die Versammlung somit fast nur noch die Drathpuppe dieser Coterie ist. (Die Herren aus dieser Coterie, Cafe Milani etc., fühlen sich getroffen und machen Lärm. Links: Ruhe!) So sei schon im Voraus festgesetzt, daß die zweite Lesung der Verfassung am 19. dieses Monats beginnen solle. Reichensperger beantragt: "Die National-Versammlung nimmt Akt von der österreichischen Note und wird sie geeigneten Orts berücksichtigen." Ihm scheint aus der Note hervorzugehen, daß Oesterreich die Ansicht, als wolle es nicht in den deutschen Staatenverband eintreten, desavouirt. (Lärm. Verhöhnendes Bravo. Verschiedenartiger Tumult), Giskra will die Note an den Ausschuß zur Begutachtung des Gagernschen Programms verweisen, und meint, die Note sei die erste Frucht der Unterhandlungen mit Oesterreich a la Gagern. (Gelächter und Bravo links). Jahn beantragt Tagesordnung. Beseler ist der Ansicht Simson's. Der Minister v. Gagern geht auf die Tribüne, um die Vorwürfe Eisenmann's und Giskra's zurückzuweisen. Rösler von Oels will den Ausschuß des Gagernschen Programms. Rüder will den Verfassungsausschuß. Den interessantesten Vorschlag macht der Doktor Berger aus Wien (äußerst links). Er beantragt die Bildung eines neuen sogenannten Vereinbarungsausschusses, da die Versammlung doch bereits faktisch in den Winkel der Vereinbarung eingepfercht ist. (Dieser bitteren Verhöhnung und tiefen Wahrheit folgt lauter Beifall und längere Heiterkeit). Fuchs (rechtes Centrum) erklärt wüthend, nein! -- zu Vereinbarern seien sie noch nicht herabgesunken, sonst wäre es Zeit, wie Martiny neulich gesagt: "nach Hause zu gehen!" (Langes Bravo auf den Gallerien -- nicht dem Redner, sondern dem "Nachhausegehen" geltend). Venedey erklärt mit Entrüstung, es sei für die Versammlung die Zeit gekommen, gegenüber dieser Note Deutschland zu zeigen, was sie sei -- keine Vereinbarer, sondern die deutsche konstituirende National-Versammlung! (Bravo im Centrum). Nachdem sich endlich Riesser für die Ansicht des Präsidenten Simson ausgesprochen, wird die Debatte geschlossen und die Note nach dem Antrag des letzteren dem "Verfassungsausschuß" übergeben. Martiny interpellirt den Minister des Aeußern in Betreff der italienischen Angelegenheiten 1. ob das Ministerium Schritte gethan, und welche, zur Betheiligung der deutschen Centralgewalt an den Verhandlungen des Brüsseler Kongresses? 2. Welche Instruktionen es den Bevollmächtigten der Centralgewalt gegeben oder zu geben denkt? 3. Welchen Standpunkt es bei den lombardisch-österreichischen, den römischen und sizilischen Verhältnissen einzunehmen gedenkt. (Rechts und Centrum Gelächter). Justizminister Mohl zeigt an, daß er zwei Interpellationen, die er heut beantworten wollte, erst Donnerstag beantworten wird. Hierauf gelangt man (um 11 1/4 Uhr) zur Tagesordnung, zu § 43 (Artikel 9) der Grundrechte, welcher lautet: "Jede deutsche Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung: Minoritäts-Erachten: a. die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter mit Ausschluß des Bestätigungsrechtes der Staatsberhörde. (Wigard, Blum, Römer, Schüler, Simon). Man eröffnet eine Diskussion über diesen Paragraphen. Die Redner werden ohne Theilnahme angehört. Nachdem Nagel aus Baiern, Evertsbusch und der Berichterstatter Beseler für die Fassung des Ausschusses, Schulz aus Weilburg, Rheinwald, Rüder und Naumann theils für erweiternde, theils für abändernde Amendements gesprochen haben, wird § 43 ganz nach der Majorität des Ausschusses angenommen. Für das Minoritäts-Erachten und alle im Sinne der Freiheit erweiternden Amendements stimmten fruchtlos die Linke und die Hälfte des linken Centrums. Punkt e (die allgemeine Bürgerwehr) wurde dem Paragraph abgeschnitten. (Volk! das sind deine Vertreter!!!) Der Schlußsatz fiel natürlich auch weg. § 44. "Jedes Grundstück muß einem Gemeindeverbande angehören. "Beschränkungen wegen Waldungen und Wüsteneien sind der Landesgesetzgebung vorbehalten." Minoritäts-Erachten: "Unterzeichnete finden diesen Paragraphen (44) zur Aufnahme in die Grundrechte nicht geeignet." (Deiters. Andrian. Mühlfeld. Bassermann). M Mohl will den zweiten Punkt des Paragraphen gestrichen wissen. Würth von Sigmaringen ist der entgegengesetzten Ansicht. Beseler, der Berichterstatter, will auch den Punkt zwei. Der erste Satz des Paragraphen wird hierauf angenommen. Der zweite mit 181 Stimmen gegen 157 ebenfalls. Die Linke stimmte dagegen. Der Zusatz: "Jeder Deutsche muß einer Gemeinde angehören," wurde abgelehnt. Hierauf vertagte man sich kurz nach 1 Uhr. * Wiesbaden, 10. Febr. Nach dem Amte Hadamar sind Truppen abgegangen, weil dort mehrere Dorfgemeinden die Steuern verweigern und die Gerichtsvollzieher seit einiger Zeit regelmäßig durchprügeln. 27 Aus Thüringen, 9. Februar. Der Magistrat der guten Stadt Erfurt hat heute dem Kommandanten durch eine Verordnung für die Bürgerschaft eine große Freude gemacht. Hoffentlich wird diese Verordnung auch andern Leuten einige Erheiterung verschaffen; und wir theilen dieselbe um so lieber mit, als wir überzeugt sind, hierdurch dem löblichen Magistrate eine nicht geringe Gefälligkeit zu erweisen: "Auf Anordnung der königl. hochlöblichen Kommandantur wird das hiesige Publikum bei angemessener Polizeistrafe und bei sofortiger Verhaftung verwarnt, auswärts gedruckte Schriften, welche die Maßregeln der Regierung verdächtigen oder gar in gehässiger Opposition angreifen und auf diese Weise dahin wirken, die Gemüther der Einwohnerschaft der bestehenden konstitutionellen Regierung zu entfremden oder auch geeignet sind, Erbitterung gegen gewisse Einwohnerklassen und dadurch Aufregung und Unfrieden in hiesiger Stadt hervorzurufen, hier zu verbreiten oder zu affichiren." Das Aktenstück spricht deutlich genug. Es bedarf keines Kommentars. Wenn es der "Wiener Zeitung" entnommen wäre, so würde es kaum lieblicher klingen. Zärtliche Sorgfalt um die Gemüthsruhe der braven Thüringer! 068 Hannover, 10. Februar. Der zweiten Kammer wurde gegen Ende ihrer heutigen Sitzung ein Schreiben des Ministeriums mitgetheilt, welches die Einwendungen der Regierung gegen die Grundrechte enthält und erklärt, daß es deren Gültigkeit nicht an lassung des Justizkommissarius Gierse zu Münster, wird in diesen Tagen durch eine Deputation an das Staatsministerium befördert werden. 141 Arnsberg, 12. Febr. Eine neue Heldenthat preußischer Gerichtspersonen verdient, der Oeffentlichkeit übergeben zu werden. Vier Mitglieder des Kriminalsenats hiesigen Oberlandesgerichts, die Räthe v. Arnstedt, v. Mengershausen, Wermuth und Assessor v. Buttler hatten an den Geheimen Rath Kindermann ein Mißtrauensvotum abgefaßt, in welchem sie denselben in nicht gerade höflichen Worten auffordern, seinen Abschied zu nehmen. Denn es sei unter ihrer Würde, mit einem Manne, der das Interesse des Volks dem seiner Feinde vorzieht, in einem Senate zu sitzen. Das saubere Unternehmen scheiterte jedoch an der Ehrenhaftigkeit des Direktors Wichmann, der sich einer solchen Taktik entschieden widersetzte. Wehe dem politisch Verfolgten, der solchen Justizleuten in die Hände geräth. Gestern Abend wurde dem hier suspendirten und nach einem andern Oberlandesgerichte versetzten Referendarius Heine, von einer zahlreichen Bürgerschaft Arnsberg's, als Zeichen ihrer Anerkennung für die der Volkssache bewiesene Thätigkeit, eine Serenade gebracht. Heine war mit den früher erwähnten Referendarien Kindermann und Schmidts aus denselben Gründen in Untersuchung verwickelt, Durch Beschluß des hiesigen Collegs, in welchem der Vater des etc. Heine (derselbe ist Geheimrath) mehr Freunde hatte als der Vater des Kindermann, erhielt Heine blos die Strafe, an ein anderes Gericht versetzt zu werden, während Kindermann und Schmidts entlassen wurden. Diese herrliche Verfügung des Richterkollegiums wurde vom Justizminister bestätigt. Für die Krautjunker- und Geldsack-Kammer wurden heute hierselbst gewählt: 1) Landrath v. Dolfs in Soest. 2) Geheimrath v. Bernuth in Berlin. 3) Oberbergrath Böcking in Trier Sie wurden gewählt mit 12 Stimmen (die Hr. Dr. Sommer als General in's Feld führte) gegen 11 Stimmen. 61 Wien, 10. Febr. Beim Empfang meines Berichts wird Ihnen die vom 4. d. Mts. datirte Antwort unserer k. k. Strang-Pulver und Blei-Regierung auf die in allen Blättern Michels breitgeplärrte k. k. preußische Note bereits bekannt geworden sein. Erlauben Sie mir aber darüber von unserm Standpunkte aus einige Bemerkungen, von welchen mich der tiefste Ekel, den ich dabei verspüre, zurückzuhalten nicht im Stande ist, wenn ich erwäge, daß die fabelhafte deutsche Flachköpfigkeit und Bourgeoismattheit sich mit den Thaten des Gesammtscheusals Oestreich bereits wieder zu versöhnen anfängt, statt mit aller Entschiedenheit wieder dieselben aufgestanden zu sein. Mögen die têtes quarrées und 45 Millionen Michel mitleidig lächeln, meine Ihnen über Oestreich gemachten Voraussagungen haben sich sämmtlich bestätigt, wenn bei manchen auch die hochgeistige Wurfweite unserer gemüthlichen sogenannten demokratischen Blätter sich erst jetzt weidlich darüber zu erstaunen beginnt, indem ihr nun erst die Thatsache klar wird. Die Deutschen sind überall geborene Krähwinkler, sie glauben eine Revolution gemacht zu haben, wenn sie den Detaildreck unmittelbar vor ihrer Thüre zusammengekehrt und zum großen Haufen mitten in der Straße gebracht haben. Die Note vom 4 Febr. hat hier nicht den geringsten Eindruck gemacht, ist nicht einmal allseits bekannt geworden. Der Oestreicher, so dumm er ist, hat längst erkannt, daß der deutsche Ochse ganz wie früher wieder am östreichischen Karren zieht, während der Ochse Gott weiß was für eine hochdeutsche Arbeit zu thun glaubt. Seitdem der Oestreicher den deutschen Ochsen, den er eine Zeit lang für ein Wunderthier zu halten beliebte, näher besehen, hat er gemerkt, daß er ein noch siecherer Ochse ist, als der östreichische, und kümmert sich nun weiter nicht mehr um ihn. Er findet die Note vom 4. Febr. daher ganz natürlich, durchaus nicht auffallend und meint, sie passe vortrefflich zu den Windischgrätzischen Fußtritten, zu welchen sie den Kommentar bilde. Die Note vom 4. Febr., denkt der Oestreicher, ist sammt der frühern preußischen das Fabrikat ein und desselben Teufels, Metternichs. Die europäischen Fürsten bereuen es schon längst, daß sie den Oberpriester, der ihnen die Völker zu Füßen werfen half, in rebellischer Verblendung von sich gestoßen, sie haben längst vor ihm Abbitte gethan, und lassen ihn wieder allein gewähren. Hier sehe ich den deutschen Stumpfsinn mitleidig lächeln, aber ich tröste mich, wie der Oestreicher, mit der Parole: „Mocht nix! S'is olles ahns!“ — Die preußische und die östreichische Note, so versicherte mir heute ein Metternichianer, sind weiter nichts, als der diplomatische Schnupftaback, welchen die wieder Metternich gehorchenden Regierungen ihren Unterthanen, namentlich aber den nach Frankfurt gewählten Fröschen hingeworfen haben, damit sie solange davon genießen, und ihre Köpfe darüber zerbrechen, bis der ehemalige Hans Urian Metternich's, der heilige deutsche Bund, ganz unverholen wieder hervortreten kann, um ihnen mit einem kräftigen Hieb auf die Flachschädel für immer das Quaken zu verleiden. Ich habe Ihnen schon vor sechs Wochen geschrieben, daß die preußische Kaisersauce nur für ein zwischen Metternich und den sich wieder vor ihm und seinem Systeme verneigenden kronenbegnadeten Erdengöttern verabredetes Manöver gehalten wird. Die beiden Noten bestätigen diese Behauptung. Nicht nur daß man mit diesem Kniff Michels politische Unterhaltung vor dem deutschen Wein-, Bier-, und Branntwein-Krug aus dem demokratischen Gefasel, wieder auf die rechte Fährte brachte, auf die gottbegnadete König- und Kaiserlichkeit, wurde damit gleichzeitig auch die Gehirnlosigkeit der Frankfurter Muhmen zum legitimen Klappern gebracht, und stupéfait gemacht. Metternich verstand, den Naturfehler des Frankfurter grundrechtlich-ohnmächtigen Leierkastens trefflich zu benutzen. Er ließ Oestreichs Tamerlan sagen: „Ich bin die kaiserliche Centralsonne und dulde keine andere neben mir!“ Dann ließ er den Potsdamer Uranus dem glotzenden Michel in's Ohr raunen: „Ich möchte gerne, aber der andere will nicht!“ Darauf entstand unter den 45 Millionen Micheln über beide Erklärungen die interessanteste Unterhaltung von der Welt. Während dieser Zeit krochen alle Henker aus ihren Verstecken hervor, wurden von Metternich's Königen gefüttert, stahlen und stehlen durch Belagerungszustände, Strang, Pulver und Blei, Kerker und Eisen alle im März ihnen abgejagte Freiheit und schlagen die Männer todt, die diese Freiheit vertreten. Das ist die Bedeutung des preußisch-deutschen Kaiserthums, die Bedeutung der Noten, und für lange noch die Bedeutung alles dessen, was in ähnlicher Art geschieht. Der letzte Athemzug des deutschen Bundes, so spricht die Note, ist auch ferner Oesterreichs deutsches Piedestal. Alles, was dawider, ist Rebellion, die wir standrechtlich behandeln und damit unsere „Bundespflicht“ erfüllen. Wir fühlen, spricht die Note, daß Deutschland, d. h. der um Oesterreich zur Abwehr der revolutionären Cholera gezogene österreichische Kordon, welcher sich Deutschland zu nennen beliebt, einer „engern Einigung, einer neuen Bundesbehörde, einer Wiedergeburt“ zum Systeme des großen Satan-Meisters bedarf, und werden ihm, haben wir nur im Innern die Hände frei, mit unsern Radetzky's und Windischgrätzen dazu verhelfen, wenn wir nicht vorziehen, unsern preußischen oder bairischen „Vize-König“ mit der plumpern Exekution zu beauftragen. „Die Einheit Deutschlands ist weder ausführbar noch wünschenswerth“; der Beweis dafür steckt in unsern und der heiligen Allianz Kanonen, aber ihr matten Rebellen Frankfurts mögt euch einstweilen immerhin noch das Gehirn darüber anstrengen. — Unser Tamerlan und sein Hohepriester Metternich, das ist der einzige Brennpunkt, um welchen ihr Frankfurter Revolutionärs euch zu drehen habt, und wir werden's euch mit Pulver und Blei verleiden, solltet ihr wagen, einen andern „künstlichen Brennpunkt“ zu schaffen. — Schon die Demokratie der §.§. 2 und 3 eurer lächerlichen Grundrechte genügt uns, eure Wirksamkeit zu verfluchen und wir haben darum das Standrecht angewendet, daß unser Volk einen „Schrei des Unwillens“ dawider erhebe, den ihr verpflichtet seid für den allein wahren zu halten. Oesterreich, ihr Esel, ist ein „deutsches, ein europäisches Bedürfniß“, darum darf Deutschland niemals etwas anderes sein, als ein metternichisch-österreichischer Gürtel, vor welchem selbst Europa, namentlich aber die Rebellenstadt Paris, erzittert. Mit andern Worten, Oesterreich ist ein deutsches Bedürfniß, weil die Knutung Deutschland's ein österreichisches Bedürfniß ist. Oesterreich ist die „erste deutsche Macht“, weil es die zwar wenigsten Deutsche, aber doch die größten antideutschen Rekrutenställe hat, mit welchen es die deutschen Ohnmachten zerprügeln kann. Oesterreich's Tamerlan ordnet sich daher keinem andern unter, am wenigsten einem preußischen. Oesterreich und sein Tamerlan sind der Kühnheit gegenüber in diesem Augenblicke zwar völlige Ohnmachten, allein das hindert nicht, daß sie deutschen Hundeseelen gegenüber derbe Sprache führen. Preußen ist mit Oesterreich zu sehr einverstanden, als daß Oesterreich sich an dasselbe zu wenden hätte, darum wendet Oesterreich sich an den programmatischen Gagern mit dem kühnen Griff, und befiehlt ihm, seine germanische Schafheerde zu Frankfurt solange mit Knollen zu bewerfen, bis sie zur metternichisch-österreichischen Glückseligkeit zurückgekehrt ist. So spricht Oesterreich in seiner Note vom 4. Februar; es spricht immer nur die alte Sprache. * Wien, 10. Februar. Daß die Freiheits- oder Selbstständigkeitsregungen unter den Slaven, und namentlich jetzt in Kroatien, der Kamarilla höchst ungelegen kommen, davon geben die standrechtlichen Blätter fast täglich mehr als einen Beweis. Sie sprechen erbittert von den „Uebergriffen“ der slavischen Partei und bezeichnen das Streben der letzteren als „Weismacherei gewisse-philologischer Schwärmer“. Ueber die Slavenpartei in Kremsier drückt sich die „Presse“ — um nur eine ihrer vielen hierauf ber züglichen Stellen zu zitiren — folgendermaßen aus: „Es bildet sich eine neue, durch die Uebergriffe der Czechen nöthig gewordene Koalition — die der deutschen Linken mit dem linken und rechten Centrum. — So erfreulich dieser Beweis des raschen Erfassens dessen, was noth thut, einerseits auch ist, so traurig berührt es andererseits jeden wahren Vaterlandsfreund, wenn er gewahrt, wie die czechische und polnische Fraktion der Reichsversammlung den nationalen Interessen alle übrigen unterordnet, wie insbesondere die Erstgenannte schnurstraks das Förderativprinzip zu realisiren trachtet, das Förderativprinzip, dessen Verwirklichung der Anfang von Oesterreich's Ende wäre. Beharren die Czechen auf ihrer unseligen Politik, dann ist die Revolution in Oesterreich permanent, der Belagerungszustand wird über sämmtliche Provinzen der Reihe nach verhängt werden müssen, und die konstitutionellen Freiheiten werden durch die ewigen Ausnahmszustände im eigentlichen Sinne des Wortes zur Lüge.“ In Lichtenstein, einer der hiesigen Vorstädte, fand dieser Tage eine Katzenmusik Statt, nicht in der Nacht, sondern bei hellem Sonnenschein. Als das Militär anlangte, hatten sich die Musikanten bereits zerstreut. Nicht weniger als 2000 Wohnungen stehen leer. Handel und Wandel stocken fürchterlich, und mehr als in irgend einer Zeit zwischen März und Oktober vorigen Jahres. Das greift den Philistern an's Herz. Sie fangen an, über die ungeheuern Segnungen des Belagerungszustandes stutzig zu werden. Möge er noch so lange andauern, bis dieses Gelichter vollständig ruinirt und für seinen gemeinen Verrath an der Volkssache einigermaßen gezüchtigt worden. Daß der Ministerpräsident, Fürst von Schwarzenberg, bei der Wahl eines Abgeordneten nach Kremsier im 2. Stadtbezirk so kläglich durchgefallen — er bekam nur 5 Stimmen: ist eine Pille, die dem Ministerium bitter zu Halse geht. Die hiesige Besatzung wird gewechselt werden. Für die nach Italien abmarschirenden Truppen kommen 16,000 Kroaten hieher. Möglich, daß die ganze Besatzung sehr bald nur noch aus Mitgliedern der gottbegnadeten Kroatei bestehen wird. 143 München, 10. Februar. Zu dem Staatsstreich, welchen das Ministerium durch seine Entlassungseingabe am 8. machte, gesellte sich gestern ein noch nicht dagewesener Streich der hiesigen noch immer sogenannten Ultramontanen und übrigen Anhänger der Camarilla, der jedoch, Dank der ruhigen Haltung des demokratisch gesinnten Theiles der Bevölkerung, seinen Zweck nicht nur nicht gänzlich verfehlte, sondern auch noch von dem gesunden Sinne des Volkes mit Verachtung gestraft wurde. Gestern gegen Abend nämlich ladet ein nicht unterzeichneter Maueranschlag zur zahlreichen Betheiligung an einem dem Könige(!), als dem alleinigen Beschützer(!) der gesetzlichen Freiheit und Ordnung, zu bringenden, von der protest. Kirche ausgehenden, Fackelzug ein. Auch wird der Aufruf in alle Häuser getragenund bald darauf erscheint ein vom Demokratischen- und Märzverein ausgehender Anschlag, der die „deutschen Männer“ zur Ruhe ermahnt und Ihnen räth, nicht in die Falle zu gehen, die ihnen die Reaktion stelle. Um 7 Uhr setzt sich nun, von ruhigen und nur höhnisch lachenden Zuschauern begleitet, der so schlau improvisirte Fackelzug von erwähnter Kirche aus über den Karlsplatz, Dultplatz und durch die Prannersgasse nach dem Platz vor den Arkaden und dem Hofgarten in Bewegung. Wenngleich, fast eine halbe Stunde lang und von mehreren Musikchören begleitet (1000 Fackeln allein hat der „constitutionelle Verein für religiöse Freiheit und gesetzliche Ordnung,“ 400 der Magistrat vertheilen und gratis anbieten lassen), so erschien uns doch diese Demonstration, gegen den Robert Blum'schen Fackelzug betrachtet, auch äußerlich erbärmlich. Und damals kaufte doch Jeder seine Fackel für 36 Kr., wogegen hier jedem Proletarier 36 Kr. gegeben wurden, wenn er nur eine umsonst annahm. Wir betrachteten uns die ersten Männer, die lichtscheuen und dummen Physiognomien. Außer Pfaffen und Pfaffenknechten, Kirchendienern, Almosensammlern, Hofheubindern, Hoflakaien, Laternenanzündern, Bedienten der Aristokratie und Bureaukratie u. s. w. waren auch eine Menge des Troßes aus der Bourgeoisie und Beamtenwelt bei dem Zuge kompromittirt. Das schöne Ziel desselben war der Hofgarten, wo er der sich mehrmals zeigenden Königl. bairischen Bier-Majestät, welche die Deputation huldvoll empfing, einige Lebehoch brachte, in das sich nur einzelnes Pfeifen mischte, was etliche Arretirungen zur Folge hatte. Sie wissen, daß in den letzten Tagen die Rechte Schlag auf Schlag durchfiel und ich brauche Ihnen also einen weitern Commentar wohl nicht zu geben. Die Quelle wird als von Abel ausgehend genannt. Und doch war die Majorität des Münchener Volkes nicht auf Seiten der Rechten. Hr. v. Abel, so schreibt uns der heutige „Münchener Punch“, erfreut sich der besten Gesundheit, indem er seine Spaziergänge von München nach Nymphenburg und zurück ununterbrochen fortsetzt. Er ist mit den dortigen Schwänen so vertraut, daß sie ihm bis zur Hälfte des Kanals entgegen schwimmen. Auch kündigt obiges Blatt ein neues Schauspiel des Hof- und Kammertheaters an: (neu einstudirt!) Abelino, der große Bandit, oder wer zuletzt lacht, lacht am besten! !!! Frankfurt, 12. Febr. National-Versammlung. Präsiden Simson. Auf der Tagesordnung steht der Rest der Grundrechte: Artikel 9 und Artikel 12 § 43-48. Gagern theilt in einer Zuschrift an den Präsidenten Simson, die von Schmerling überreichte österreichische Note vom 4. Februar mit. Sie wird vom Schriftführer verlesen. Simson will sie dem Verfassungsausschuß zur geeigneten Berücksichtigung verweisen. Ueber die Frage, was mit derselben vorläufig anzufangen, entspinnt sich eine lange Debatte. Eisenmann meint, eine Erklärung über dieselbe abzugeben, sei Pflicht der Versammlung, und dies sei Sache des Verfassungsausschusses. Er fügt seiner Begründung den Vorwurf bei, es habe sich in der Versammlung eine ministerielle Coterie gebildet, die außerhalb der Versammlung den Gang derselben, die Tagesordnungen etc. bestimmt, und giebt nicht undeutlich zu verstehen, daß die Versammlung somit fast nur noch die Drathpuppe dieser Coterie ist. (Die Herren aus dieser Coterie, Cafe Milani etc., fühlen sich getroffen und machen Lärm. Links: Ruhe!) So sei schon im Voraus festgesetzt, daß die zweite Lesung der Verfassung am 19. dieses Monats beginnen solle. Reichensperger beantragt: „Die National-Versammlung nimmt Akt von der österreichischen Note und wird sie geeigneten Orts berücksichtigen.“ Ihm scheint aus der Note hervorzugehen, daß Oesterreich die Ansicht, als wolle es nicht in den deutschen Staatenverband eintreten, desavouirt. (Lärm. Verhöhnendes Bravo. Verschiedenartiger Tumult), Giskra will die Note an den Ausschuß zur Begutachtung des Gagernschen Programms verweisen, und meint, die Note sei die erste Frucht der Unterhandlungen mit Oesterreich à la Gagern. (Gelächter und Bravo links). Jahn beantragt Tagesordnung. Beseler ist der Ansicht Simson's. Der Minister v. Gagern geht auf die Tribüne, um die Vorwürfe Eisenmann's und Giskra's zurückzuweisen. Rösler von Oels will den Ausschuß des Gagernschen Programms. Rüder will den Verfassungsausschuß. Den interessantesten Vorschlag macht der Doktor Berger aus Wien (äußerst links). Er beantragt die Bildung eines neuen sogenannten Vereinbarungsausschusses, da die Versammlung doch bereits faktisch in den Winkel der Vereinbarung eingepfercht ist. (Dieser bitteren Verhöhnung und tiefen Wahrheit folgt lauter Beifall und längere Heiterkeit). Fuchs (rechtes Centrum) erklärt wüthend, nein! — zu Vereinbarern seien sie noch nicht herabgesunken, sonst wäre es Zeit, wie Martiny neulich gesagt: „nach Hause zu gehen!“ (Langes Bravo auf den Gallerien — nicht dem Redner, sondern dem „Nachhausegehen“ geltend). Venedey erklärt mit Entrüstung, es sei für die Versammlung die Zeit gekommen, gegenüber dieser Note Deutschland zu zeigen, was sie sei — keine Vereinbarer, sondern die deutsche konstituirende National-Versammlung! (Bravo im Centrum). Nachdem sich endlich Riesser für die Ansicht des Präsidenten Simson ausgesprochen, wird die Debatte geschlossen und die Note nach dem Antrag des letzteren dem „Verfassungsausschuß“ übergeben. Martiny interpellirt den Minister des Aeußern in Betreff der italienischen Angelegenheiten 1. ob das Ministerium Schritte gethan, und welche, zur Betheiligung der deutschen Centralgewalt an den Verhandlungen des Brüsseler Kongresses? 2. Welche Instruktionen es den Bevollmächtigten der Centralgewalt gegeben oder zu geben denkt? 3. Welchen Standpunkt es bei den lombardisch-österreichischen, den römischen und sizilischen Verhältnissen einzunehmen gedenkt. (Rechts und Centrum Gelächter). Justizminister Mohl zeigt an, daß er zwei Interpellationen, die er heut beantworten wollte, erst Donnerstag beantworten wird. Hierauf gelangt man (um 11 1/4 Uhr) zur Tagesordnung, zu § 43 (Artikel 9) der Grundrechte, welcher lautet: „Jede deutsche Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung: Minoritäts-Erachten: a. die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter mit Ausschluß des Bestätigungsrechtes der Staatsberhörde. (Wigard, Blum, Römer, Schüler, Simon). Man eröffnet eine Diskussion über diesen Paragraphen. Die Redner werden ohne Theilnahme angehört. Nachdem Nagel aus Baiern, Evertsbusch und der Berichterstatter Beseler für die Fassung des Ausschusses, Schulz aus Weilburg, Rheinwald, Rüder und Naumann theils für erweiternde, theils für abändernde Amendements gesprochen haben, wird § 43 ganz nach der Majorität des Ausschusses angenommen. Für das Minoritäts-Erachten und alle im Sinne der Freiheit erweiternden Amendements stimmten fruchtlos die Linke und die Hälfte des linken Centrums. Punkt e (die allgemeine Bürgerwehr) wurde dem Paragraph abgeschnitten. (Volk! das sind deine Vertreter!!!) Der Schlußsatz fiel natürlich auch weg. § 44. „Jedes Grundstück muß einem Gemeindeverbande angehören. „Beschränkungen wegen Waldungen und Wüsteneien sind der Landesgesetzgebung vorbehalten.“ Minoritäts-Erachten: „Unterzeichnete finden diesen Paragraphen (44) zur Aufnahme in die Grundrechte nicht geeignet.“ (Deiters. Andrian. Mühlfeld. Bassermann). M Mohl will den zweiten Punkt des Paragraphen gestrichen wissen. Würth von Sigmaringen ist der entgegengesetzten Ansicht. Beseler, der Berichterstatter, will auch den Punkt zwei. Der erste Satz des Paragraphen wird hierauf angenommen. Der zweite mit 181 Stimmen gegen 157 ebenfalls. Die Linke stimmte dagegen. Der Zusatz: „Jeder Deutsche muß einer Gemeinde angehören,“ wurde abgelehnt. Hierauf vertagte man sich kurz nach 1 Uhr. * Wiesbaden, 10. Febr. Nach dem Amte Hadamar sind Truppen abgegangen, weil dort mehrere Dorfgemeinden die Steuern verweigern und die Gerichtsvollzieher seit einiger Zeit regelmäßig durchprügeln. 27 Aus Thüringen, 9. Februar. Der Magistrat der guten Stadt Erfurt hat heute dem Kommandanten durch eine Verordnung für die Bürgerschaft eine große Freude gemacht. Hoffentlich wird diese Verordnung auch andern Leuten einige Erheiterung verschaffen; und wir theilen dieselbe um so lieber mit, als wir überzeugt sind, hierdurch dem löblichen Magistrate eine nicht geringe Gefälligkeit zu erweisen: „Auf Anordnung der königl. hochlöblichen Kommandantur wird das hiesige Publikum bei angemessener Polizeistrafe und bei sofortiger Verhaftung verwarnt, auswärts gedruckte Schriften, welche die Maßregeln der Regierung verdächtigen oder gar in gehässiger Opposition angreifen und auf diese Weise dahin wirken, die Gemüther der Einwohnerschaft der bestehenden konstitutionellen Regierung zu entfremden oder auch geeignet sind, Erbitterung gegen gewisse Einwohnerklassen und dadurch Aufregung und Unfrieden in hiesiger Stadt hervorzurufen, hier zu verbreiten oder zu affichiren.“ Das Aktenstück spricht deutlich genug. Es bedarf keines Kommentars. Wenn es der „Wiener Zeitung“ entnommen wäre, so würde es kaum lieblicher klingen. Zärtliche Sorgfalt um die Gemüthsruhe der braven Thüringer! 068 Hannover, 10. Februar. Der zweiten Kammer wurde gegen Ende ihrer heutigen Sitzung ein Schreiben des Ministeriums mitgetheilt, welches die Einwendungen der Regierung gegen die Grundrechte enthält und erklärt, daß es deren Gültigkeit nicht an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar222_010" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="1219"/> lassung des Justizkommissarius Gierse zu Münster, wird in diesen Tagen durch eine Deputation an das Staatsministerium befördert werden.</p> </div> <div xml:id="ar222_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>141</author></bibl> Arnsberg, 12. Febr.</head> <p>Eine neue Heldenthat preußischer Gerichtspersonen verdient, der Oeffentlichkeit übergeben zu werden. Vier Mitglieder des Kriminalsenats hiesigen Oberlandesgerichts, die Räthe v. Arnstedt, v. Mengershausen, Wermuth und Assessor v. Buttler hatten an den Geheimen Rath Kindermann ein Mißtrauensvotum abgefaßt, in welchem sie denselben in nicht gerade höflichen Worten auffordern, seinen Abschied zu nehmen. Denn es sei unter ihrer Würde, mit einem Manne, der das Interesse des Volks dem seiner Feinde vorzieht, in einem Senate zu sitzen.</p> <p>Das saubere Unternehmen scheiterte jedoch an der Ehrenhaftigkeit des Direktors Wichmann, der sich einer solchen Taktik entschieden widersetzte.</p> <p>Wehe dem politisch Verfolgten, der solchen Justizleuten in die Hände geräth.</p> <p>Gestern Abend wurde dem hier suspendirten und nach einem andern Oberlandesgerichte versetzten Referendarius <hi rendition="#g">Heine,</hi> von einer zahlreichen Bürgerschaft Arnsberg's, als Zeichen ihrer Anerkennung für die der Volkssache bewiesene Thätigkeit, eine Serenade gebracht. Heine war mit den früher erwähnten Referendarien Kindermann und Schmidts aus denselben Gründen in Untersuchung verwickelt, Durch Beschluß des hiesigen Collegs, in welchem der Vater des etc. Heine (derselbe ist Geheimrath) mehr Freunde hatte als der Vater des Kindermann, erhielt Heine blos die Strafe, an ein anderes Gericht versetzt zu werden, während Kindermann und Schmidts entlassen wurden.</p> <p>Diese herrliche Verfügung des Richterkollegiums wurde vom Justizminister bestätigt.</p> <p>Für die Krautjunker- und Geldsack-Kammer wurden heute hierselbst gewählt:</p> <p>1) Landrath v. Dolfs in Soest.</p> <p>2) Geheimrath v. Bernuth in Berlin.</p> <p>3) Oberbergrath Böcking in Trier</p> <p>Sie wurden gewählt mit 12 Stimmen (die Hr. Dr. Sommer als General in's Feld führte) gegen 11 Stimmen.</p> </div> <div xml:id="ar222_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 10. Febr.</head> <p>Beim Empfang meines Berichts wird Ihnen die vom 4. d. Mts. datirte Antwort unserer k. k. Strang-Pulver und Blei-Regierung auf die in allen Blättern Michels breitgeplärrte k. k. preußische Note bereits bekannt geworden sein. Erlauben Sie mir aber darüber von unserm Standpunkte aus einige Bemerkungen, von welchen mich der tiefste Ekel, den ich dabei verspüre, zurückzuhalten nicht im Stande ist, wenn ich erwäge, daß die fabelhafte deutsche Flachköpfigkeit und Bourgeoismattheit sich mit den Thaten des Gesammtscheusals Oestreich bereits wieder zu versöhnen anfängt, statt mit aller Entschiedenheit wieder dieselben aufgestanden zu sein. Mögen die têtes quarrées und 45 Millionen Michel mitleidig lächeln, meine Ihnen über Oestreich gemachten Voraussagungen haben sich sämmtlich bestätigt, wenn bei manchen auch die hochgeistige Wurfweite unserer gemüthlichen sogenannten demokratischen Blätter sich erst jetzt weidlich darüber zu erstaunen beginnt, indem ihr nun erst die Thatsache klar wird. Die Deutschen sind überall geborene Krähwinkler, sie glauben eine Revolution gemacht zu haben, wenn sie den Detaildreck unmittelbar vor ihrer Thüre zusammengekehrt und zum großen Haufen mitten in der Straße gebracht haben.</p> <p>Die Note vom 4 Febr. hat hier nicht den geringsten Eindruck gemacht, ist nicht einmal allseits bekannt geworden. Der Oestreicher, so dumm er ist, hat längst erkannt, daß der deutsche Ochse ganz wie früher wieder am östreichischen Karren zieht, während der Ochse Gott weiß was für eine hochdeutsche Arbeit zu thun glaubt. Seitdem der Oestreicher den deutschen Ochsen, den er eine Zeit lang für ein Wunderthier zu halten beliebte, näher besehen, hat er gemerkt, daß er ein noch siecherer Ochse ist, als der östreichische, und kümmert sich nun weiter nicht mehr um ihn. Er findet die Note vom 4. Febr. daher ganz natürlich, durchaus nicht auffallend und meint, sie passe vortrefflich zu den Windischgrätzischen Fußtritten, zu welchen sie den Kommentar bilde.</p> <p>Die Note vom 4. Febr., denkt der Oestreicher, ist sammt der frühern preußischen das Fabrikat ein und desselben Teufels, Metternichs. Die europäischen Fürsten bereuen es schon längst, daß sie den Oberpriester, der ihnen die Völker zu Füßen werfen half, in rebellischer Verblendung von sich gestoßen, sie haben längst vor ihm Abbitte gethan, und lassen ihn wieder allein gewähren. Hier sehe ich den deutschen Stumpfsinn mitleidig lächeln, aber ich tröste mich, wie der Oestreicher, mit der Parole: „Mocht nix! S'is olles ahns!“ — Die preußische und die östreichische Note, so versicherte mir heute ein Metternichianer, sind weiter nichts, als der diplomatische Schnupftaback, welchen die wieder Metternich gehorchenden Regierungen ihren Unterthanen, namentlich aber den nach Frankfurt gewählten Fröschen hingeworfen haben, damit sie solange davon genießen, und ihre Köpfe darüber zerbrechen, bis der ehemalige Hans Urian Metternich's, der heilige deutsche Bund, ganz unverholen wieder hervortreten kann, um ihnen mit einem kräftigen Hieb auf die Flachschädel für immer das Quaken zu verleiden. Ich habe Ihnen schon vor sechs Wochen geschrieben, daß die preußische Kaisersauce nur für ein zwischen Metternich und den sich wieder vor ihm und seinem Systeme verneigenden kronenbegnadeten Erdengöttern verabredetes Manöver gehalten wird. Die beiden Noten bestätigen diese Behauptung.</p> <p>Nicht nur daß man mit diesem Kniff Michels politische Unterhaltung vor dem deutschen Wein-, Bier-, und Branntwein-Krug aus dem demokratischen Gefasel, wieder auf die rechte Fährte brachte, auf die gottbegnadete König- und Kaiserlichkeit, wurde damit gleichzeitig auch die Gehirnlosigkeit der Frankfurter Muhmen zum legitimen Klappern gebracht, und stupéfait gemacht. Metternich verstand, den Naturfehler des Frankfurter grundrechtlich-ohnmächtigen Leierkastens trefflich zu benutzen. Er ließ Oestreichs Tamerlan sagen: „Ich bin die kaiserliche Centralsonne und dulde keine andere neben mir!“ Dann ließ er den Potsdamer Uranus dem glotzenden Michel in's Ohr raunen: „Ich möchte gerne, aber der andere will nicht!“ Darauf entstand unter den 45 Millionen Micheln über beide Erklärungen die interessanteste Unterhaltung von der Welt. Während dieser Zeit krochen alle Henker aus ihren Verstecken hervor, wurden von Metternich's Königen gefüttert, stahlen und stehlen durch Belagerungszustände, Strang, Pulver und Blei, Kerker und Eisen alle im März ihnen abgejagte Freiheit und schlagen die Männer todt, die diese Freiheit vertreten.</p> <p>Das ist die Bedeutung des preußisch-deutschen Kaiserthums, die Bedeutung der Noten, und für lange noch die Bedeutung alles dessen, was in ähnlicher Art geschieht.</p> <p>Der letzte Athemzug des deutschen Bundes, so spricht die Note, ist auch ferner Oesterreichs deutsches Piedestal. Alles, was dawider, ist Rebellion, die wir standrechtlich behandeln und damit unsere „Bundespflicht“ erfüllen. Wir fühlen, spricht die Note, daß Deutschland, d. h. der um Oesterreich zur Abwehr der revolutionären Cholera gezogene österreichische Kordon, welcher sich Deutschland zu nennen beliebt, einer „engern Einigung, einer neuen Bundesbehörde, einer Wiedergeburt“ zum Systeme des großen Satan-Meisters bedarf, und werden ihm, haben wir nur im Innern die Hände frei, mit unsern Radetzky's und Windischgrätzen dazu verhelfen, wenn wir nicht vorziehen, unsern preußischen oder bairischen „Vize-König“ mit der plumpern Exekution zu beauftragen.</p> <p>„Die Einheit Deutschlands ist weder ausführbar noch wünschenswerth“; der Beweis dafür steckt in unsern und der heiligen Allianz Kanonen, aber ihr matten Rebellen Frankfurts mögt euch einstweilen immerhin noch das Gehirn darüber anstrengen. — Unser Tamerlan und sein Hohepriester Metternich, das ist der einzige Brennpunkt, um welchen ihr Frankfurter Revolutionärs euch zu drehen habt, und wir werden's euch mit Pulver und Blei verleiden, solltet ihr wagen, einen andern „künstlichen Brennpunkt“ zu schaffen. — Schon die Demokratie der §.§. 2 und 3 eurer lächerlichen Grundrechte genügt uns, eure Wirksamkeit zu verfluchen und wir haben darum das Standrecht angewendet, daß unser Volk einen „Schrei des Unwillens“ dawider erhebe, den ihr verpflichtet seid für den allein wahren zu halten.</p> <p>Oesterreich, ihr Esel, ist ein „deutsches, ein europäisches Bedürfniß“, darum darf Deutschland niemals etwas anderes sein, als ein metternichisch-österreichischer Gürtel, vor welchem selbst Europa, namentlich aber die Rebellenstadt Paris, erzittert. Mit andern Worten, Oesterreich ist ein deutsches Bedürfniß, weil die Knutung Deutschland's ein österreichisches Bedürfniß ist. Oesterreich ist die „erste deutsche Macht“, weil es die zwar wenigsten Deutsche, aber doch die größten antideutschen Rekrutenställe hat, mit welchen es die deutschen Ohnmachten zerprügeln kann. Oesterreich's Tamerlan ordnet sich daher keinem andern unter, am wenigsten einem preußischen. Oesterreich und sein Tamerlan sind der Kühnheit gegenüber in diesem Augenblicke zwar völlige Ohnmachten, allein das hindert nicht, daß sie deutschen Hundeseelen gegenüber derbe Sprache führen. Preußen ist mit Oesterreich zu sehr einverstanden, als daß Oesterreich sich an dasselbe zu wenden hätte, darum wendet Oesterreich sich an den programmatischen Gagern mit dem kühnen Griff, und befiehlt ihm, seine germanische Schafheerde zu Frankfurt solange mit Knollen zu bewerfen, bis sie zur metternichisch-österreichischen Glückseligkeit zurückgekehrt ist.</p> <p>So spricht Oesterreich in seiner Note vom 4. Februar; es spricht immer nur die alte Sprache.</p> </div> <div xml:id="ar222_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 10. Februar.</head> <p>Daß die Freiheits- oder Selbstständigkeitsregungen unter den Slaven, und namentlich jetzt in Kroatien, der Kamarilla höchst ungelegen kommen, davon geben die standrechtlichen Blätter fast täglich mehr als einen Beweis. Sie sprechen erbittert von den „Uebergriffen“ der <hi rendition="#g">slavischen</hi> Partei und bezeichnen das Streben der letzteren als „Weismacherei gewisse-philologischer Schwärmer“. Ueber die Slavenpartei in Kremsier drückt sich die „Presse“ — um nur eine ihrer vielen hierauf ber züglichen Stellen zu zitiren — folgendermaßen aus:</p> <p>„Es bildet sich eine neue, durch die Uebergriffe der Czechen nöthig gewordene Koalition — die der deutschen Linken mit dem linken und rechten Centrum. — So erfreulich dieser Beweis des raschen Erfassens dessen, was noth thut, einerseits auch ist, so traurig berührt es andererseits jeden wahren Vaterlandsfreund, wenn er gewahrt, wie die czechische und polnische Fraktion der Reichsversammlung den nationalen Interessen alle übrigen unterordnet, wie insbesondere die Erstgenannte schnurstraks das Förderativprinzip zu realisiren trachtet, das Förderativprinzip, dessen Verwirklichung der Anfang von Oesterreich's Ende wäre. Beharren die Czechen auf ihrer unseligen Politik, dann ist die Revolution in Oesterreich permanent, der Belagerungszustand wird über sämmtliche Provinzen der Reihe nach verhängt werden müssen, und die konstitutionellen Freiheiten werden durch die ewigen Ausnahmszustände im eigentlichen Sinne des Wortes zur Lüge.“</p> <p>In Lichtenstein, einer der hiesigen Vorstädte, fand dieser Tage eine Katzenmusik Statt, nicht in der Nacht, sondern bei hellem Sonnenschein. Als das Militär anlangte, hatten sich die Musikanten bereits zerstreut.</p> <p>Nicht weniger als 2000 Wohnungen stehen leer. Handel und Wandel stocken fürchterlich, und mehr als in irgend einer Zeit zwischen März und Oktober vorigen Jahres. Das greift den Philistern an's Herz. Sie fangen an, über die ungeheuern Segnungen des Belagerungszustandes stutzig zu werden. Möge er noch so lange andauern, bis dieses Gelichter vollständig ruinirt und für seinen gemeinen Verrath an der Volkssache einigermaßen gezüchtigt worden.</p> <p>Daß der Ministerpräsident, Fürst von Schwarzenberg, bei der Wahl eines Abgeordneten nach Kremsier im 2. Stadtbezirk so kläglich durchgefallen — er bekam nur 5 Stimmen: ist eine Pille, die dem Ministerium bitter zu Halse geht.</p> <p>Die hiesige Besatzung wird gewechselt werden. Für die nach Italien abmarschirenden Truppen kommen 16,000 Kroaten hieher. Möglich, daß die ganze Besatzung sehr bald nur noch aus Mitgliedern der gottbegnadeten Kroatei bestehen wird.</p> </div> <div xml:id="ar222_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>143</author></bibl> München, 10. Februar.</head> <p>Zu dem Staatsstreich, welchen das Ministerium durch seine Entlassungseingabe am 8. machte, gesellte sich gestern ein noch nicht dagewesener Streich der hiesigen noch immer sogenannten Ultramontanen und übrigen Anhänger der Camarilla, der jedoch, Dank der ruhigen Haltung des demokratisch gesinnten Theiles der Bevölkerung, seinen Zweck nicht nur nicht gänzlich verfehlte, sondern auch noch von dem gesunden Sinne des Volkes mit Verachtung gestraft wurde. Gestern gegen Abend nämlich ladet ein nicht unterzeichneter Maueranschlag zur zahlreichen Betheiligung an einem dem Könige(!), als dem alleinigen Beschützer(!) der gesetzlichen Freiheit und Ordnung, zu bringenden, von der protest. Kirche ausgehenden, Fackelzug ein. Auch wird der Aufruf in alle Häuser getragenund bald darauf erscheint ein vom Demokratischen- und Märzverein ausgehender Anschlag, der die „deutschen Männer“ zur Ruhe ermahnt und Ihnen räth, nicht in die Falle zu gehen, die ihnen die Reaktion stelle. Um 7 Uhr setzt sich nun, von ruhigen und nur höhnisch lachenden Zuschauern begleitet, der so schlau improvisirte Fackelzug von erwähnter Kirche aus über den Karlsplatz, Dultplatz und durch die Prannersgasse nach dem Platz vor den Arkaden und dem Hofgarten in Bewegung. Wenngleich, fast eine halbe Stunde lang und von mehreren Musikchören begleitet (1000 Fackeln allein hat der „constitutionelle Verein für religiöse Freiheit und gesetzliche Ordnung,“ 400 der Magistrat vertheilen und gratis anbieten lassen), so erschien uns doch diese Demonstration, gegen den Robert Blum'schen Fackelzug betrachtet, auch äußerlich erbärmlich. Und damals kaufte doch Jeder seine Fackel für 36 Kr., wogegen hier jedem Proletarier 36 Kr. gegeben wurden, wenn er nur eine umsonst annahm.</p> <p>Wir betrachteten uns die ersten Männer, die lichtscheuen und dummen Physiognomien. Außer Pfaffen und Pfaffenknechten, Kirchendienern, Almosensammlern, Hofheubindern, Hoflakaien, Laternenanzündern, Bedienten der Aristokratie und Bureaukratie u. s. w. waren auch eine Menge des Troßes aus der Bourgeoisie und Beamtenwelt bei dem Zuge kompromittirt. Das schöne Ziel desselben war der Hofgarten, wo er der sich mehrmals zeigenden Königl. bairischen Bier-Majestät, welche die Deputation huldvoll empfing, einige Lebehoch brachte, in das sich nur einzelnes Pfeifen mischte, was etliche Arretirungen zur Folge hatte.</p> <p>Sie wissen, daß in den letzten Tagen die Rechte Schlag auf Schlag durchfiel und ich brauche Ihnen also einen weitern Commentar wohl nicht zu geben. Die Quelle wird als von Abel ausgehend genannt. Und doch war die Majorität des Münchener Volkes nicht auf Seiten der Rechten.</p> <p>Hr. v. <hi rendition="#g">Abel,</hi> so schreibt uns der heutige „Münchener Punch“, erfreut sich der besten Gesundheit, indem er seine Spaziergänge von München nach Nymphenburg und zurück ununterbrochen fortsetzt. Er ist mit den dortigen Schwänen so vertraut, daß sie ihm bis zur Hälfte des Kanals entgegen schwimmen. Auch kündigt obiges Blatt ein neues Schauspiel des Hof- und Kammertheaters an: (neu einstudirt!) <hi rendition="#g">Abelino,</hi> der große Bandit, <hi rendition="#g">oder wer zuletzt lacht, lacht am besten!</hi> </p> </div> <div xml:id="ar222_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 12. Febr.</head> <p>National-Versammlung. 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(Die Herren aus dieser Coterie, Cafe Milani etc., fühlen sich getroffen und machen Lärm. Links: Ruhe!) So sei schon im Voraus festgesetzt, daß die zweite Lesung der Verfassung am 19. dieses Monats beginnen solle.</p> <p><hi rendition="#g">Reichensperger</hi> beantragt:</p> <p rendition="#et">„Die National-Versammlung nimmt Akt von der österreichischen Note und wird sie geeigneten Orts berücksichtigen.“</p> <p>Ihm scheint aus der Note hervorzugehen, daß Oesterreich die Ansicht, als wolle es nicht in den deutschen Staatenverband eintreten, desavouirt. (Lärm. Verhöhnendes Bravo. Verschiedenartiger Tumult),</p> <p><hi rendition="#g">Giskra</hi> will die Note an den Ausschuß zur Begutachtung des Gagernschen Programms verweisen, und meint, die Note sei die erste Frucht der Unterhandlungen mit Oesterreich à la Gagern. (Gelächter und Bravo links).</p> <p><hi rendition="#g">Jahn</hi> beantragt Tagesordnung.</p> <p><hi rendition="#g">Beseler</hi> ist der Ansicht Simson's.</p> <p>Der Minister v. <hi rendition="#g">Gagern</hi> geht auf die Tribüne, um die Vorwürfe Eisenmann's und Giskra's zurückzuweisen.</p> <p><hi rendition="#g">Rösler</hi> von Oels will den Ausschuß des Gagernschen Programms.</p> <p><hi rendition="#g">Rüder</hi> will den Verfassungsausschuß.</p> <p>Den interessantesten Vorschlag macht der Doktor <hi rendition="#g">Berger</hi> aus Wien (äußerst links). Er beantragt die Bildung eines neuen sogenannten Vereinbarungsausschusses, da die Versammlung doch bereits faktisch in den Winkel der Vereinbarung eingepfercht ist. (Dieser bitteren Verhöhnung und tiefen Wahrheit folgt lauter Beifall und längere Heiterkeit).</p> <p><hi rendition="#g">Fuchs</hi> (rechtes Centrum) erklärt wüthend, nein! — zu Vereinbarern seien sie noch nicht herabgesunken, sonst wäre es Zeit, wie Martiny neulich gesagt: „nach Hause zu gehen!“ (Langes Bravo auf den Gallerien — nicht dem Redner, sondern dem „Nachhausegehen“ geltend).</p> <p><hi rendition="#g">Venedey</hi> erklärt mit Entrüstung, es sei für die Versammlung die Zeit gekommen, gegenüber dieser Note Deutschland zu zeigen, was sie sei — keine Vereinbarer, sondern die deutsche konstituirende National-Versammlung! (Bravo im Centrum).</p> <p>Nachdem sich endlich <hi rendition="#g">Riesser</hi> für die Ansicht des Präsidenten Simson ausgesprochen, wird die Debatte geschlossen und die Note nach dem Antrag des letzteren dem „Verfassungsausschuß“ übergeben.</p> <p><hi rendition="#g">Martiny</hi> interpellirt den Minister des Aeußern in Betreff der italienischen Angelegenheiten 1. ob das Ministerium Schritte gethan, und welche, zur Betheiligung der deutschen Centralgewalt an den Verhandlungen des Brüsseler Kongresses? 2. Welche Instruktionen es den Bevollmächtigten der Centralgewalt gegeben oder zu geben denkt? 3. Welchen Standpunkt es bei den lombardisch-österreichischen, den römischen und sizilischen Verhältnissen einzunehmen gedenkt. (Rechts und Centrum Gelächter).</p> <p>Justizminister <hi rendition="#g">Mohl</hi> zeigt an, daß er zwei Interpellationen, die er heut beantworten wollte, erst Donnerstag beantworten wird.</p> <p>Hierauf gelangt man (um 11 1/4 Uhr) zur Tagesordnung, zu § 43 (Artikel 9) der Grundrechte, welcher lautet:</p> <p rendition="#et">„Jede deutsche Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung:<lb/> a. die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter,<lb/> b. die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei,<lb/> c. die Veröffentlichung ihres Gemeindehaushaltes,<lb/> d. Oeffentlichkeit der Verhandlungen, soweit die Rücksichten auf besondere Verhältnisse es gestatten,<lb/> e. allgemeine Bürgerwehr.<lb/> „Die Ordnung der Bürgerwehr und ihr Verhältniß zur allgemeinen Wehrpflicht wird ein Reichsgesetz bestimmen.“</p> <p>Minoritäts-Erachten:</p> <p rendition="#et">a. die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter mit Ausschluß des Bestätigungsrechtes der Staatsberhörde. (Wigard, Blum, Römer, Schüler, Simon).</p> <p>Man eröffnet eine Diskussion über diesen Paragraphen. Die Redner werden ohne Theilnahme angehört.</p> <p>Nachdem Nagel aus Baiern, Evertsbusch und der Berichterstatter Beseler für die Fassung des Ausschusses, Schulz aus Weilburg, Rheinwald, Rüder und Naumann theils für erweiternde, theils für abändernde Amendements gesprochen haben, wird § 43 ganz nach der Majorität des Ausschusses angenommen.</p> <p>Für das Minoritäts-Erachten und alle im Sinne der Freiheit erweiternden Amendements stimmten fruchtlos die Linke und die Hälfte des linken Centrums. Punkt e (die allgemeine Bürgerwehr) wurde dem Paragraph abgeschnitten. (Volk! das sind deine Vertreter!!!) Der Schlußsatz fiel natürlich auch weg.</p> <p rendition="#c">§ 44.</p> <p rendition="#et">„Jedes Grundstück muß einem Gemeindeverbande angehören. „Beschränkungen wegen Waldungen und Wüsteneien sind der Landesgesetzgebung vorbehalten.“</p> <p>Minoritäts-Erachten:</p> <p rendition="#et">„Unterzeichnete finden diesen Paragraphen (44) zur Aufnahme in die Grundrechte nicht geeignet.“ (Deiters. Andrian. Mühlfeld. Bassermann).</p> <p>M <hi rendition="#g">Mohl</hi> will den zweiten Punkt des Paragraphen gestrichen wissen.</p> <p><hi rendition="#g">Würth</hi> von Sigmaringen ist der entgegengesetzten Ansicht.</p> <p><hi rendition="#g">Beseler,</hi> der Berichterstatter, will auch den Punkt zwei.</p> <p>Der erste Satz des Paragraphen wird hierauf angenommen. Der zweite mit 181 Stimmen gegen 157 ebenfalls.</p> <p>Die Linke stimmte dagegen. Der Zusatz: <hi rendition="#et">„Jeder Deutsche muß einer Gemeinde angehören,“</hi> wurde abgelehnt.</p> <p>Hierauf vertagte man sich kurz nach 1 Uhr.</p> </div> <div xml:id="ar222_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wiesbaden, 10. Febr.</head> <p>Nach dem Amte <hi rendition="#g">Hadamar</hi> sind Truppen abgegangen, weil dort mehrere Dorfgemeinden die Steuern verweigern und die Gerichtsvollzieher seit einiger Zeit regelmäßig durchprügeln.</p> </div> <div xml:id="ar222_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>27</author></bibl> Aus Thüringen, 9. Februar.</head> <p>Der Magistrat der guten Stadt Erfurt hat heute dem Kommandanten durch eine Verordnung für die Bürgerschaft eine große Freude gemacht. Hoffentlich wird diese Verordnung auch andern Leuten einige Erheiterung verschaffen; und wir theilen dieselbe um so lieber mit, als wir überzeugt sind, hierdurch dem löblichen Magistrate eine nicht geringe Gefälligkeit zu erweisen:</p> <p rendition="#et">„Auf Anordnung der königl. hochlöblichen Kommandantur wird das hiesige Publikum bei <hi rendition="#g">angemessener Polizeistrafe und bei sofortiger Verhaftung</hi> verwarnt, auswärts gedruckte Schriften, welche die Maßregeln der Regierung <hi rendition="#g">verdächtigen</hi> oder gar in <hi rendition="#g">gehässiger</hi> Opposition angreifen und auf diese Weise dahin wirken, die <hi rendition="#g">Gemüther</hi> der Einwohnerschaft der bestehenden konstitutionellen Regierung zu entfremden oder auch <hi rendition="#g">geeignet</hi> sind, Erbitterung gegen <hi rendition="#g">gewisse</hi> Einwohnerklassen und dadurch Aufregung und Unfrieden in hiesiger Stadt hervorzurufen, hier zu verbreiten oder zu affichiren.“</p> <p>Das Aktenstück spricht deutlich genug. Es bedarf keines Kommentars. Wenn es der „Wiener Zeitung“ entnommen wäre, so würde es kaum lieblicher klingen. Zärtliche Sorgfalt um die Gemüthsruhe der braven Thüringer!</p> </div> <div xml:id="ar222_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Hannover, 10. Februar.</head> <p>Der zweiten Kammer wurde gegen Ende ihrer heutigen Sitzung ein Schreiben des Ministeriums mitgetheilt, welches die Einwendungen der Regierung gegen die Grundrechte enthält und erklärt, daß es deren Gültigkeit nicht an </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1219/0003]
lassung des Justizkommissarius Gierse zu Münster, wird in diesen Tagen durch eine Deputation an das Staatsministerium befördert werden.
141 Arnsberg, 12. Febr. Eine neue Heldenthat preußischer Gerichtspersonen verdient, der Oeffentlichkeit übergeben zu werden. Vier Mitglieder des Kriminalsenats hiesigen Oberlandesgerichts, die Räthe v. Arnstedt, v. Mengershausen, Wermuth und Assessor v. Buttler hatten an den Geheimen Rath Kindermann ein Mißtrauensvotum abgefaßt, in welchem sie denselben in nicht gerade höflichen Worten auffordern, seinen Abschied zu nehmen. Denn es sei unter ihrer Würde, mit einem Manne, der das Interesse des Volks dem seiner Feinde vorzieht, in einem Senate zu sitzen.
Das saubere Unternehmen scheiterte jedoch an der Ehrenhaftigkeit des Direktors Wichmann, der sich einer solchen Taktik entschieden widersetzte.
Wehe dem politisch Verfolgten, der solchen Justizleuten in die Hände geräth.
Gestern Abend wurde dem hier suspendirten und nach einem andern Oberlandesgerichte versetzten Referendarius Heine, von einer zahlreichen Bürgerschaft Arnsberg's, als Zeichen ihrer Anerkennung für die der Volkssache bewiesene Thätigkeit, eine Serenade gebracht. Heine war mit den früher erwähnten Referendarien Kindermann und Schmidts aus denselben Gründen in Untersuchung verwickelt, Durch Beschluß des hiesigen Collegs, in welchem der Vater des etc. Heine (derselbe ist Geheimrath) mehr Freunde hatte als der Vater des Kindermann, erhielt Heine blos die Strafe, an ein anderes Gericht versetzt zu werden, während Kindermann und Schmidts entlassen wurden.
Diese herrliche Verfügung des Richterkollegiums wurde vom Justizminister bestätigt.
Für die Krautjunker- und Geldsack-Kammer wurden heute hierselbst gewählt:
1) Landrath v. Dolfs in Soest.
2) Geheimrath v. Bernuth in Berlin.
3) Oberbergrath Böcking in Trier
Sie wurden gewählt mit 12 Stimmen (die Hr. Dr. Sommer als General in's Feld führte) gegen 11 Stimmen.
61 Wien, 10. Febr. Beim Empfang meines Berichts wird Ihnen die vom 4. d. Mts. datirte Antwort unserer k. k. Strang-Pulver und Blei-Regierung auf die in allen Blättern Michels breitgeplärrte k. k. preußische Note bereits bekannt geworden sein. Erlauben Sie mir aber darüber von unserm Standpunkte aus einige Bemerkungen, von welchen mich der tiefste Ekel, den ich dabei verspüre, zurückzuhalten nicht im Stande ist, wenn ich erwäge, daß die fabelhafte deutsche Flachköpfigkeit und Bourgeoismattheit sich mit den Thaten des Gesammtscheusals Oestreich bereits wieder zu versöhnen anfängt, statt mit aller Entschiedenheit wieder dieselben aufgestanden zu sein. Mögen die têtes quarrées und 45 Millionen Michel mitleidig lächeln, meine Ihnen über Oestreich gemachten Voraussagungen haben sich sämmtlich bestätigt, wenn bei manchen auch die hochgeistige Wurfweite unserer gemüthlichen sogenannten demokratischen Blätter sich erst jetzt weidlich darüber zu erstaunen beginnt, indem ihr nun erst die Thatsache klar wird. Die Deutschen sind überall geborene Krähwinkler, sie glauben eine Revolution gemacht zu haben, wenn sie den Detaildreck unmittelbar vor ihrer Thüre zusammengekehrt und zum großen Haufen mitten in der Straße gebracht haben.
Die Note vom 4 Febr. hat hier nicht den geringsten Eindruck gemacht, ist nicht einmal allseits bekannt geworden. Der Oestreicher, so dumm er ist, hat längst erkannt, daß der deutsche Ochse ganz wie früher wieder am östreichischen Karren zieht, während der Ochse Gott weiß was für eine hochdeutsche Arbeit zu thun glaubt. Seitdem der Oestreicher den deutschen Ochsen, den er eine Zeit lang für ein Wunderthier zu halten beliebte, näher besehen, hat er gemerkt, daß er ein noch siecherer Ochse ist, als der östreichische, und kümmert sich nun weiter nicht mehr um ihn. Er findet die Note vom 4. Febr. daher ganz natürlich, durchaus nicht auffallend und meint, sie passe vortrefflich zu den Windischgrätzischen Fußtritten, zu welchen sie den Kommentar bilde.
Die Note vom 4. Febr., denkt der Oestreicher, ist sammt der frühern preußischen das Fabrikat ein und desselben Teufels, Metternichs. Die europäischen Fürsten bereuen es schon längst, daß sie den Oberpriester, der ihnen die Völker zu Füßen werfen half, in rebellischer Verblendung von sich gestoßen, sie haben längst vor ihm Abbitte gethan, und lassen ihn wieder allein gewähren. Hier sehe ich den deutschen Stumpfsinn mitleidig lächeln, aber ich tröste mich, wie der Oestreicher, mit der Parole: „Mocht nix! S'is olles ahns!“ — Die preußische und die östreichische Note, so versicherte mir heute ein Metternichianer, sind weiter nichts, als der diplomatische Schnupftaback, welchen die wieder Metternich gehorchenden Regierungen ihren Unterthanen, namentlich aber den nach Frankfurt gewählten Fröschen hingeworfen haben, damit sie solange davon genießen, und ihre Köpfe darüber zerbrechen, bis der ehemalige Hans Urian Metternich's, der heilige deutsche Bund, ganz unverholen wieder hervortreten kann, um ihnen mit einem kräftigen Hieb auf die Flachschädel für immer das Quaken zu verleiden. Ich habe Ihnen schon vor sechs Wochen geschrieben, daß die preußische Kaisersauce nur für ein zwischen Metternich und den sich wieder vor ihm und seinem Systeme verneigenden kronenbegnadeten Erdengöttern verabredetes Manöver gehalten wird. Die beiden Noten bestätigen diese Behauptung.
Nicht nur daß man mit diesem Kniff Michels politische Unterhaltung vor dem deutschen Wein-, Bier-, und Branntwein-Krug aus dem demokratischen Gefasel, wieder auf die rechte Fährte brachte, auf die gottbegnadete König- und Kaiserlichkeit, wurde damit gleichzeitig auch die Gehirnlosigkeit der Frankfurter Muhmen zum legitimen Klappern gebracht, und stupéfait gemacht. Metternich verstand, den Naturfehler des Frankfurter grundrechtlich-ohnmächtigen Leierkastens trefflich zu benutzen. Er ließ Oestreichs Tamerlan sagen: „Ich bin die kaiserliche Centralsonne und dulde keine andere neben mir!“ Dann ließ er den Potsdamer Uranus dem glotzenden Michel in's Ohr raunen: „Ich möchte gerne, aber der andere will nicht!“ Darauf entstand unter den 45 Millionen Micheln über beide Erklärungen die interessanteste Unterhaltung von der Welt. Während dieser Zeit krochen alle Henker aus ihren Verstecken hervor, wurden von Metternich's Königen gefüttert, stahlen und stehlen durch Belagerungszustände, Strang, Pulver und Blei, Kerker und Eisen alle im März ihnen abgejagte Freiheit und schlagen die Männer todt, die diese Freiheit vertreten.
Das ist die Bedeutung des preußisch-deutschen Kaiserthums, die Bedeutung der Noten, und für lange noch die Bedeutung alles dessen, was in ähnlicher Art geschieht.
Der letzte Athemzug des deutschen Bundes, so spricht die Note, ist auch ferner Oesterreichs deutsches Piedestal. Alles, was dawider, ist Rebellion, die wir standrechtlich behandeln und damit unsere „Bundespflicht“ erfüllen. Wir fühlen, spricht die Note, daß Deutschland, d. h. der um Oesterreich zur Abwehr der revolutionären Cholera gezogene österreichische Kordon, welcher sich Deutschland zu nennen beliebt, einer „engern Einigung, einer neuen Bundesbehörde, einer Wiedergeburt“ zum Systeme des großen Satan-Meisters bedarf, und werden ihm, haben wir nur im Innern die Hände frei, mit unsern Radetzky's und Windischgrätzen dazu verhelfen, wenn wir nicht vorziehen, unsern preußischen oder bairischen „Vize-König“ mit der plumpern Exekution zu beauftragen.
„Die Einheit Deutschlands ist weder ausführbar noch wünschenswerth“; der Beweis dafür steckt in unsern und der heiligen Allianz Kanonen, aber ihr matten Rebellen Frankfurts mögt euch einstweilen immerhin noch das Gehirn darüber anstrengen. — Unser Tamerlan und sein Hohepriester Metternich, das ist der einzige Brennpunkt, um welchen ihr Frankfurter Revolutionärs euch zu drehen habt, und wir werden's euch mit Pulver und Blei verleiden, solltet ihr wagen, einen andern „künstlichen Brennpunkt“ zu schaffen. — Schon die Demokratie der §.§. 2 und 3 eurer lächerlichen Grundrechte genügt uns, eure Wirksamkeit zu verfluchen und wir haben darum das Standrecht angewendet, daß unser Volk einen „Schrei des Unwillens“ dawider erhebe, den ihr verpflichtet seid für den allein wahren zu halten.
Oesterreich, ihr Esel, ist ein „deutsches, ein europäisches Bedürfniß“, darum darf Deutschland niemals etwas anderes sein, als ein metternichisch-österreichischer Gürtel, vor welchem selbst Europa, namentlich aber die Rebellenstadt Paris, erzittert. Mit andern Worten, Oesterreich ist ein deutsches Bedürfniß, weil die Knutung Deutschland's ein österreichisches Bedürfniß ist. Oesterreich ist die „erste deutsche Macht“, weil es die zwar wenigsten Deutsche, aber doch die größten antideutschen Rekrutenställe hat, mit welchen es die deutschen Ohnmachten zerprügeln kann. Oesterreich's Tamerlan ordnet sich daher keinem andern unter, am wenigsten einem preußischen. Oesterreich und sein Tamerlan sind der Kühnheit gegenüber in diesem Augenblicke zwar völlige Ohnmachten, allein das hindert nicht, daß sie deutschen Hundeseelen gegenüber derbe Sprache führen. Preußen ist mit Oesterreich zu sehr einverstanden, als daß Oesterreich sich an dasselbe zu wenden hätte, darum wendet Oesterreich sich an den programmatischen Gagern mit dem kühnen Griff, und befiehlt ihm, seine germanische Schafheerde zu Frankfurt solange mit Knollen zu bewerfen, bis sie zur metternichisch-österreichischen Glückseligkeit zurückgekehrt ist.
So spricht Oesterreich in seiner Note vom 4. Februar; es spricht immer nur die alte Sprache.
* Wien, 10. Februar. Daß die Freiheits- oder Selbstständigkeitsregungen unter den Slaven, und namentlich jetzt in Kroatien, der Kamarilla höchst ungelegen kommen, davon geben die standrechtlichen Blätter fast täglich mehr als einen Beweis. Sie sprechen erbittert von den „Uebergriffen“ der slavischen Partei und bezeichnen das Streben der letzteren als „Weismacherei gewisse-philologischer Schwärmer“. Ueber die Slavenpartei in Kremsier drückt sich die „Presse“ — um nur eine ihrer vielen hierauf ber züglichen Stellen zu zitiren — folgendermaßen aus:
„Es bildet sich eine neue, durch die Uebergriffe der Czechen nöthig gewordene Koalition — die der deutschen Linken mit dem linken und rechten Centrum. — So erfreulich dieser Beweis des raschen Erfassens dessen, was noth thut, einerseits auch ist, so traurig berührt es andererseits jeden wahren Vaterlandsfreund, wenn er gewahrt, wie die czechische und polnische Fraktion der Reichsversammlung den nationalen Interessen alle übrigen unterordnet, wie insbesondere die Erstgenannte schnurstraks das Förderativprinzip zu realisiren trachtet, das Förderativprinzip, dessen Verwirklichung der Anfang von Oesterreich's Ende wäre. Beharren die Czechen auf ihrer unseligen Politik, dann ist die Revolution in Oesterreich permanent, der Belagerungszustand wird über sämmtliche Provinzen der Reihe nach verhängt werden müssen, und die konstitutionellen Freiheiten werden durch die ewigen Ausnahmszustände im eigentlichen Sinne des Wortes zur Lüge.“
In Lichtenstein, einer der hiesigen Vorstädte, fand dieser Tage eine Katzenmusik Statt, nicht in der Nacht, sondern bei hellem Sonnenschein. Als das Militär anlangte, hatten sich die Musikanten bereits zerstreut.
Nicht weniger als 2000 Wohnungen stehen leer. Handel und Wandel stocken fürchterlich, und mehr als in irgend einer Zeit zwischen März und Oktober vorigen Jahres. Das greift den Philistern an's Herz. Sie fangen an, über die ungeheuern Segnungen des Belagerungszustandes stutzig zu werden. Möge er noch so lange andauern, bis dieses Gelichter vollständig ruinirt und für seinen gemeinen Verrath an der Volkssache einigermaßen gezüchtigt worden.
Daß der Ministerpräsident, Fürst von Schwarzenberg, bei der Wahl eines Abgeordneten nach Kremsier im 2. Stadtbezirk so kläglich durchgefallen — er bekam nur 5 Stimmen: ist eine Pille, die dem Ministerium bitter zu Halse geht.
Die hiesige Besatzung wird gewechselt werden. Für die nach Italien abmarschirenden Truppen kommen 16,000 Kroaten hieher. Möglich, daß die ganze Besatzung sehr bald nur noch aus Mitgliedern der gottbegnadeten Kroatei bestehen wird.
143 München, 10. Februar. Zu dem Staatsstreich, welchen das Ministerium durch seine Entlassungseingabe am 8. machte, gesellte sich gestern ein noch nicht dagewesener Streich der hiesigen noch immer sogenannten Ultramontanen und übrigen Anhänger der Camarilla, der jedoch, Dank der ruhigen Haltung des demokratisch gesinnten Theiles der Bevölkerung, seinen Zweck nicht nur nicht gänzlich verfehlte, sondern auch noch von dem gesunden Sinne des Volkes mit Verachtung gestraft wurde. Gestern gegen Abend nämlich ladet ein nicht unterzeichneter Maueranschlag zur zahlreichen Betheiligung an einem dem Könige(!), als dem alleinigen Beschützer(!) der gesetzlichen Freiheit und Ordnung, zu bringenden, von der protest. Kirche ausgehenden, Fackelzug ein. Auch wird der Aufruf in alle Häuser getragenund bald darauf erscheint ein vom Demokratischen- und Märzverein ausgehender Anschlag, der die „deutschen Männer“ zur Ruhe ermahnt und Ihnen räth, nicht in die Falle zu gehen, die ihnen die Reaktion stelle. Um 7 Uhr setzt sich nun, von ruhigen und nur höhnisch lachenden Zuschauern begleitet, der so schlau improvisirte Fackelzug von erwähnter Kirche aus über den Karlsplatz, Dultplatz und durch die Prannersgasse nach dem Platz vor den Arkaden und dem Hofgarten in Bewegung. Wenngleich, fast eine halbe Stunde lang und von mehreren Musikchören begleitet (1000 Fackeln allein hat der „constitutionelle Verein für religiöse Freiheit und gesetzliche Ordnung,“ 400 der Magistrat vertheilen und gratis anbieten lassen), so erschien uns doch diese Demonstration, gegen den Robert Blum'schen Fackelzug betrachtet, auch äußerlich erbärmlich. Und damals kaufte doch Jeder seine Fackel für 36 Kr., wogegen hier jedem Proletarier 36 Kr. gegeben wurden, wenn er nur eine umsonst annahm.
Wir betrachteten uns die ersten Männer, die lichtscheuen und dummen Physiognomien. Außer Pfaffen und Pfaffenknechten, Kirchendienern, Almosensammlern, Hofheubindern, Hoflakaien, Laternenanzündern, Bedienten der Aristokratie und Bureaukratie u. s. w. waren auch eine Menge des Troßes aus der Bourgeoisie und Beamtenwelt bei dem Zuge kompromittirt. Das schöne Ziel desselben war der Hofgarten, wo er der sich mehrmals zeigenden Königl. bairischen Bier-Majestät, welche die Deputation huldvoll empfing, einige Lebehoch brachte, in das sich nur einzelnes Pfeifen mischte, was etliche Arretirungen zur Folge hatte.
Sie wissen, daß in den letzten Tagen die Rechte Schlag auf Schlag durchfiel und ich brauche Ihnen also einen weitern Commentar wohl nicht zu geben. Die Quelle wird als von Abel ausgehend genannt. Und doch war die Majorität des Münchener Volkes nicht auf Seiten der Rechten.
Hr. v. Abel, so schreibt uns der heutige „Münchener Punch“, erfreut sich der besten Gesundheit, indem er seine Spaziergänge von München nach Nymphenburg und zurück ununterbrochen fortsetzt. Er ist mit den dortigen Schwänen so vertraut, daß sie ihm bis zur Hälfte des Kanals entgegen schwimmen. Auch kündigt obiges Blatt ein neues Schauspiel des Hof- und Kammertheaters an: (neu einstudirt!) Abelino, der große Bandit, oder wer zuletzt lacht, lacht am besten!
!!! Frankfurt, 12. Febr. National-Versammlung. Präsiden Simson.
Auf der Tagesordnung steht der Rest der Grundrechte: Artikel 9 und Artikel 12 § 43-48.
Gagern theilt in einer Zuschrift an den Präsidenten Simson, die von Schmerling überreichte österreichische Note vom 4. Februar mit. Sie wird vom Schriftführer verlesen.
Simson will sie dem Verfassungsausschuß zur geeigneten Berücksichtigung verweisen.
Ueber die Frage, was mit derselben vorläufig anzufangen, entspinnt sich eine lange Debatte.
Eisenmann meint, eine Erklärung über dieselbe abzugeben, sei Pflicht der Versammlung, und dies sei Sache des Verfassungsausschusses. Er fügt seiner Begründung den Vorwurf bei, es habe sich in der Versammlung eine ministerielle Coterie gebildet, die außerhalb der Versammlung den Gang derselben, die Tagesordnungen etc. bestimmt, und giebt nicht undeutlich zu verstehen, daß die Versammlung somit fast nur noch die Drathpuppe dieser Coterie ist. (Die Herren aus dieser Coterie, Cafe Milani etc., fühlen sich getroffen und machen Lärm. Links: Ruhe!) So sei schon im Voraus festgesetzt, daß die zweite Lesung der Verfassung am 19. dieses Monats beginnen solle.
Reichensperger beantragt:
„Die National-Versammlung nimmt Akt von der österreichischen Note und wird sie geeigneten Orts berücksichtigen.“
Ihm scheint aus der Note hervorzugehen, daß Oesterreich die Ansicht, als wolle es nicht in den deutschen Staatenverband eintreten, desavouirt. (Lärm. Verhöhnendes Bravo. Verschiedenartiger Tumult),
Giskra will die Note an den Ausschuß zur Begutachtung des Gagernschen Programms verweisen, und meint, die Note sei die erste Frucht der Unterhandlungen mit Oesterreich à la Gagern. (Gelächter und Bravo links).
Jahn beantragt Tagesordnung.
Beseler ist der Ansicht Simson's.
Der Minister v. Gagern geht auf die Tribüne, um die Vorwürfe Eisenmann's und Giskra's zurückzuweisen.
Rösler von Oels will den Ausschuß des Gagernschen Programms.
Rüder will den Verfassungsausschuß.
Den interessantesten Vorschlag macht der Doktor Berger aus Wien (äußerst links). Er beantragt die Bildung eines neuen sogenannten Vereinbarungsausschusses, da die Versammlung doch bereits faktisch in den Winkel der Vereinbarung eingepfercht ist. (Dieser bitteren Verhöhnung und tiefen Wahrheit folgt lauter Beifall und längere Heiterkeit).
Fuchs (rechtes Centrum) erklärt wüthend, nein! — zu Vereinbarern seien sie noch nicht herabgesunken, sonst wäre es Zeit, wie Martiny neulich gesagt: „nach Hause zu gehen!“ (Langes Bravo auf den Gallerien — nicht dem Redner, sondern dem „Nachhausegehen“ geltend).
Venedey erklärt mit Entrüstung, es sei für die Versammlung die Zeit gekommen, gegenüber dieser Note Deutschland zu zeigen, was sie sei — keine Vereinbarer, sondern die deutsche konstituirende National-Versammlung! (Bravo im Centrum).
Nachdem sich endlich Riesser für die Ansicht des Präsidenten Simson ausgesprochen, wird die Debatte geschlossen und die Note nach dem Antrag des letzteren dem „Verfassungsausschuß“ übergeben.
Martiny interpellirt den Minister des Aeußern in Betreff der italienischen Angelegenheiten 1. ob das Ministerium Schritte gethan, und welche, zur Betheiligung der deutschen Centralgewalt an den Verhandlungen des Brüsseler Kongresses? 2. Welche Instruktionen es den Bevollmächtigten der Centralgewalt gegeben oder zu geben denkt? 3. Welchen Standpunkt es bei den lombardisch-österreichischen, den römischen und sizilischen Verhältnissen einzunehmen gedenkt. (Rechts und Centrum Gelächter).
Justizminister Mohl zeigt an, daß er zwei Interpellationen, die er heut beantworten wollte, erst Donnerstag beantworten wird.
Hierauf gelangt man (um 11 1/4 Uhr) zur Tagesordnung, zu § 43 (Artikel 9) der Grundrechte, welcher lautet:
„Jede deutsche Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung:
a. die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter,
b. die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei,
c. die Veröffentlichung ihres Gemeindehaushaltes,
d. Oeffentlichkeit der Verhandlungen, soweit die Rücksichten auf besondere Verhältnisse es gestatten,
e. allgemeine Bürgerwehr.
„Die Ordnung der Bürgerwehr und ihr Verhältniß zur allgemeinen Wehrpflicht wird ein Reichsgesetz bestimmen.“
Minoritäts-Erachten:
a. die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter mit Ausschluß des Bestätigungsrechtes der Staatsberhörde. (Wigard, Blum, Römer, Schüler, Simon).
Man eröffnet eine Diskussion über diesen Paragraphen. Die Redner werden ohne Theilnahme angehört.
Nachdem Nagel aus Baiern, Evertsbusch und der Berichterstatter Beseler für die Fassung des Ausschusses, Schulz aus Weilburg, Rheinwald, Rüder und Naumann theils für erweiternde, theils für abändernde Amendements gesprochen haben, wird § 43 ganz nach der Majorität des Ausschusses angenommen.
Für das Minoritäts-Erachten und alle im Sinne der Freiheit erweiternden Amendements stimmten fruchtlos die Linke und die Hälfte des linken Centrums. Punkt e (die allgemeine Bürgerwehr) wurde dem Paragraph abgeschnitten. (Volk! das sind deine Vertreter!!!) Der Schlußsatz fiel natürlich auch weg.
§ 44.
„Jedes Grundstück muß einem Gemeindeverbande angehören. „Beschränkungen wegen Waldungen und Wüsteneien sind der Landesgesetzgebung vorbehalten.“
Minoritäts-Erachten:
„Unterzeichnete finden diesen Paragraphen (44) zur Aufnahme in die Grundrechte nicht geeignet.“ (Deiters. Andrian. Mühlfeld. Bassermann).
M Mohl will den zweiten Punkt des Paragraphen gestrichen wissen.
Würth von Sigmaringen ist der entgegengesetzten Ansicht.
Beseler, der Berichterstatter, will auch den Punkt zwei.
Der erste Satz des Paragraphen wird hierauf angenommen. Der zweite mit 181 Stimmen gegen 157 ebenfalls.
Die Linke stimmte dagegen. Der Zusatz: „Jeder Deutsche muß einer Gemeinde angehören,“ wurde abgelehnt.
Hierauf vertagte man sich kurz nach 1 Uhr.
* Wiesbaden, 10. Febr. Nach dem Amte Hadamar sind Truppen abgegangen, weil dort mehrere Dorfgemeinden die Steuern verweigern und die Gerichtsvollzieher seit einiger Zeit regelmäßig durchprügeln.
27 Aus Thüringen, 9. Februar. Der Magistrat der guten Stadt Erfurt hat heute dem Kommandanten durch eine Verordnung für die Bürgerschaft eine große Freude gemacht. Hoffentlich wird diese Verordnung auch andern Leuten einige Erheiterung verschaffen; und wir theilen dieselbe um so lieber mit, als wir überzeugt sind, hierdurch dem löblichen Magistrate eine nicht geringe Gefälligkeit zu erweisen:
„Auf Anordnung der königl. hochlöblichen Kommandantur wird das hiesige Publikum bei angemessener Polizeistrafe und bei sofortiger Verhaftung verwarnt, auswärts gedruckte Schriften, welche die Maßregeln der Regierung verdächtigen oder gar in gehässiger Opposition angreifen und auf diese Weise dahin wirken, die Gemüther der Einwohnerschaft der bestehenden konstitutionellen Regierung zu entfremden oder auch geeignet sind, Erbitterung gegen gewisse Einwohnerklassen und dadurch Aufregung und Unfrieden in hiesiger Stadt hervorzurufen, hier zu verbreiten oder zu affichiren.“
Das Aktenstück spricht deutlich genug. Es bedarf keines Kommentars. Wenn es der „Wiener Zeitung“ entnommen wäre, so würde es kaum lieblicher klingen. Zärtliche Sorgfalt um die Gemüthsruhe der braven Thüringer!
068 Hannover, 10. Februar. Der zweiten Kammer wurde gegen Ende ihrer heutigen Sitzung ein Schreiben des Ministeriums mitgetheilt, welches die Einwendungen der Regierung gegen die Grundrechte enthält und erklärt, daß es deren Gültigkeit nicht an
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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