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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 206. Köln, 27. Januar 1849.

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Gotha, 22. Jan.

In der heutigen Sitzung der Abgeordneten-Versammlung wurden so viele gewichtige Stimmen, die ein Antrag des Abg. Brückner geweckt hatte, gegen Preußen laut, daß man daraus die eigentliche Stimmung des Volks, welches nur geringe Sympathien für Preußen hegt, unläugbar erkennen konnte. Es sind nämlich, wie schon berichtet, Unterhandlungen im Werke, welche die thüringischen Staaten und das Königreich Sachsen zu einem Reichskreise, jedoch mit ungefährdeter Selbstständigkeit der einzelnen Länder, vereinigen sollen. In Bezug darauf wurde heute beantragt, an die herzogl. Staatsregierung die Erklärung abzugeben, daß sie die Selbstständigkeit unsers Landes zu erhalten sich bemühen solle, soweit dieselbe in Rücksicht auf Deutschlands Einheit und auf solche Verwaltungszweige, deren Durchführung das Herzogthum Gotha nicht füglich verwirklichen könne, keine nothwendige Beschränkung erleiden müsse, daß aber in Bezug auf solche gemeinsame Einrichtungen nicht eine Verbindung mit den übrigen thüringischen Staaten und dem Königreiche Sachsen, sondern vielmehr mit dem benachbarten Preußen eingegangen werde. Diese Ansicht fand jedoch vielseitigen Widerspruch. Der Abg. Henneberg sprach sich überhaupt für Mediatisirung der kleinern Staaten aus; der Abg. Ritz erklärte sich entschieden über reaktionäre Tendenzen der preußischen Krone; und als der Abg. Schwerdt in die Worte ausbrach: "Wenn wir einmal nicht mehr auf eignen Füßen stehen können, so wollen wir uns lieber unter den sächsischen Rautenkranz als unter die Fänge des preußischen Adlers flüchten!" da wurde selbst unter der sonst schweigsamen Zuhörerschaft eine so beifällige Bewegung laut, daß man wohl daraus schließen darf, es würden nicht einmal materielle Vortheile, welche ein Anschluß unseres Herzogthums an Preußen gewähren dürfte, den Widerwillen gegen Preußens Politik, der sich in dem Herzen des Volks festgenistet, aufwiegen können. Darum lasse sich durch die Stimmen, welche auch aus Thüringen für Preußens Hegemonie laut geworden sind, Niemand täuschen. Sie sind entweder von der politischen Rathlosigkeit der Gegenwart oder von engherzigen Interessen dictirt.

(D. A. Z.)
* Kremsier, 19. Jan.

In der heutigen Sitzung des Reichstags wurde eine von 46 gallizischen Abgeordneten unterstützte Interpellation durch Machalski verlesen. Sie enthält folgende 4 Punkte:

1) Welche Schritte hat das Ministerium Sr. Maj. eingeleitet, damit die Urheber des Unglücks, welches der Stadt Lemberg und ihren Einwohnern durch das Bombardement zugekommen ist, zur Verantwortung gezogen werden?

2) Welche dermaligen Verhältnisse Galiziens sind es, die den Commandirenden Frhrn. v. Hammerstein und den Landesgouverneur Zalewsky bewogen haben, über die drei Gebiete des Landes in einer Ausdehnung von 1500 Quadratmeilen, und über die Bevölkerung von 5 Mill. Einwohnern die Suspension aller constitutionellen Freiheiten, den Kriegszustand und alle Schrecken des Stand- und Kriegsrechts zu verhängen?

3) Sind die Zustände in Galizien von der Art, daß sie die allgemeine, unbedingte Entwaffnung des Landes, selbst derjenigen Theile desselben gebieterisch verlangen, die wegen ihrer Lage, längs der Grenze des Königreichs Polen und Rußlands in den gebirgigen und waldigen Gegenden des Landes auf einzeln stehenden Gehöften und Meierhöfen durch die Entwaffnung jedes Schutzes gegen gefährliche Landstreicher und wilde Thiere, die in dieser Jahreszeit in jenen Gegenden in Fülle vorkommen, beraubt sind?

4) Haben die Gefahren für den Staat in Galizien die Höhe erreicht, daß sie die gänzliche, ausnahmslose Unterdrückung der Preßfreiheit und andere Ausnahmeverordnungen, welche wegen ihrer unbestimmten, der vielseitigsten Deutung fähigen Fassung Decrete des französischen Convents in Erinnerung bringen, erfordern?

Von sämmtlichen Ministern war heute keiner zu sehen; sie hatten sich am frühen Morgen nach Olmütz begeben.

* Kremsier, 20. Jan.

Der Reichstag hatte auf der heutigen Tagesordnung die Präsidentenwahl stehen. Nach 3 maliger Abstimmung wurde Smolka, Kandidat der Linken, mit 201 Stimmen ernannt, während sein Gegenkandidat Strobach nur 104 Stimmen erhielt. So hat denn die Linke ihren Präsidenten wieder durchgesetzt, der in den Wiener Oktobertagen die Glocke führte. Bei der Wahl der beiden Vizepräsidenten siegte die Linke gleichfalls, indem sie Hein (Troppau) und Prettis (ital. Tirol) gegen resp. einen Tschechen und einen Ruthenen durchsetzte.

Ungarn.
* Pesth, 18. Januar.

Es läuft ein k. k. Standrechts-Gerücht um, daß sich Kossuth mit seinem Korps nach Großwardein begeben habe. In den Kriegsoperationen des 1. und 2. Armeekorps hat die schlechte Witterung einen Stillstand veranlaßt; die Truppen werden einige Zeit in Winterquartieren bleiben. Die k. k. Horden haben Schemnitz besetzt. Die von Windischgrätz an die ungarischen Truppen, d. d. 12. Jan., erlassene Proklamation, worin zur Rückkehr unter die Blutfahne des Standrechtkaisers ermuntert wird, hat nicht den gewünschten Erfolg.

Preßburg, 19. Januar.

"Daniel Christian Dreßler, auch Kurz genannt, von Preßburg gebürtig, 34 Jahre alt, hat sich als Mitglied des früher hier bestandenen demokratischen Vereins, und auch nach dem Einrücken der Kaiserl. Truppen durch Schimpfreden gegen das Allerhöchste Kaiserhaus des Verbrechens der beleidigten Majestät, und durch mündliche Aufreizung gegen die Regierung der Empörung schuldig gemacht, und ist dessen durch Zeugenaussagen und selbst durch eigenes Geständniß überwiesen. Derselbe wurde mittelst Standrecht zum Tode durch den Strang verurtheilt, jedoch zum Tode mit Pulver und Blei begnadigt, welches Urtheil gestern an demselben vollzogen wurde."

Agram, 18. Januar.

Die Landeskommission hat einen Gesetzvorschlag über die Organisation des verantwortlichen Landeskonsiliums (die Königreiche Kroatien, Slawonien und Dalmatien) verfaßt. Hiernach übt in allen zur innern Verwaltung dieser Königreiche gehörigen Angelegenheiten der Ban als Stellvertreter des Königs die Executivgewalt aus. Alle diesfälligen Anordnungen, Beschlüsse oder Ernennungen sind nur dann gültig, wenn sie vom Ban unterzeichnet und von einem der Staatsräthe gegengezeichnet sind. In den Umkreis des Staatsrath gehören ohne Ausnahme alle Zweige der Staatsverwaltung, inwiefern sie diese Königreiche betrifft. Nur die auswärtigen Angelegenheiten des Staats, inwiefern dieses die Einheit der Monarchie den übrigen europäischen Staaten gegenüber erheischt, die Finanzen, insoweit dieses die gemeinschaftliche Staatsökonomie erfordert, und die Kriegsgeschäfte, inwiefern dieses die äußere und innere Sicherheit des österreichischen Gesammtstaats bedingt, sind dem Centralministerium der Gesammtmonarchie überwiesen und werden in Bezug auf diese Königreiche von demselben unter Gegenzeichnung eines für diese Königreiche bestellten Ministers verwaltet. Jeder Staatsrath ist für Alles, was er im Bereiche seiner Amtssphäre anordnet oder unterzeichnet, oder dem Gesetze zuwider unterläßt, dem heimischen Landtage verantwortlich. Der Staatsrath hat in Agram seinen Sitz. Bei der Centralregierung wird von Seite dieser Königreiche stets ein Minister sich befinden, der alle Anordnungen und Entschließungen des Königs sowohl als auch der Centralregierung, inwiefern sie diese Königreiche betreffen, gegenzeichnen wird. Alle Staatsbeamten, deren Ernennung bisher dem Könige zustand, werden auf Vorschlag des Bans vom König unter Gegenzeichnung des für diese Königreiche bestellten Ministers ernannt. Der Ban ist Präsident des Staatsraths. Die Staatsräthe haben Sitz beim Landtag und müssen auf ihr Verlangen angehört werden. Auf Verlangen des Landtags sind die Staatsräthe schuldig, vor demselben zu erscheinen und die gewünschten Aufklärungen zu geben. Ein Staatsrath kann zur Verantwortung gezogen werden. (Folgen die Bedingungen, unter welchen dies geschehen kann.) Der Landtag entscheidet mit zwei Drittheilen der Stimmen, ob ein Staatsrath in Anklagestand zu versetzen sei. Das diesfällige Richteramt übt der oberste Gerichtshof dieser Königreiche. Das Verfahren wird durch ein besonderes Gesetz festgesetzt. Der verurtheilte Staatsrath kann nur auf ausdrückliches Verlangen der Nation der Strafe enthoben werden. Der Staatsrath hat dem Landtage zur Genehmigung a) den Einkommen- und Kostenvoranschlag für das künftige Jahr, und b) einen genauen und ausführlichen Rechnungsausweis der Landeseinkünfte, die er im verflossenen Jahre verwaltet hat, alljährlich vorzulegen.

(Agr. Ztg.)
Italien.
* Mailand, 16. Jan.

Das Hauptquartier Redatzki's wird nach Cremona verlegt. Die Kriegskasse ist bereits hingeschafft.

* Rom, 14. Januar.

Das Frühjahr ist das Hervorkeimen der frischen Revolution. Von allen Seiten neue Rüstungen, neuer Muth, neue revolutionäre Energie. Eine enventuelle Intervention Frankreichs zu Gunsten des Pabstes erregt von allen Seiten gerechten Unwillen. Man weigert sich diesem Gerüchte Glauben beizumessen, und ist fest überzeugt, daß die franz. Soldaten nur für die Republik, für die Freiheit, für Rom, nicht aber für den Pabst, für Windischgrätz und Oestreich kämpfen würden. Der Pabst! Was soll man von dem "guten Willen" eines Mannes halten, der in einem Briefe an Zucchi, alle diejenigen Soldaten Verräther nennt, die am 10. November in Rom waren! Und was thut Zucchi? In einem Tagesbefehl ermahnt er die Soldaten, treu zu bleiben der Sache seines Herrn und Meisters!

Der Mann des "guten Willens" zählt auf Hülfe von Seiten des Staates der Inquisition. Spanien soll eine Flotte nach Civita-Vecchia schicken. Daß die unschuldige Isabella den guten Willen hat, stellt Niemand in Abrede. Aber damit Spanien Hülfe schicken kann, müßte ein Wunder geschehn. Der Pabst glaubt an das Wunder, aber die Römer haben allen Glauben an Wunder verloren, seitdem die päbstliche Bulle ihre Wunderkraft verloren hat.

Der Prinz von Canino, Sohn Lucian Bonaparte's und Vetter des Präsidenten, ist entschlossen, eine Reihe von Briefen zu veröffentlichen, die dem Verfasser, dem jetzigen Präsidenten Frankreichs, ungemein schaden könnten. Was ihn zu diesem Schritte bewegt, ist die hier allgemein verbreitete Meinung einer französischen Intervention.

Der Kardinal Antonelli hat einen Kommentar zu der Protestation von Pius IX. an die Repräsentanten der fremden Mächte gesandt. Die päbstliche Regierung erkennt, daß sie das Volk, die Nationalgarde und die Armee gegen sich hat, und trotz dem sieht sie nur Rebellen! Diese "Rebellen" appelliren an das allgemeine Stimmrecht, und sind bereit, die päbstliche Gewalt wieder einzusetzen, wenn das Stimmrecht sich gegen sie ausspricht! Aber der Pabst will das Stimmrecht der "Rebellen" hintertreiben. Die Rebellen dürfen kein "Stimmrecht ausüben! Und Pius IX. appellirt seinerseits an die Oestreicher!

Rom, 15. Jan.

Die Regierung setzt so eben einen Wohlfahrtsausschuß ein, der Jeden richten soll, welcher es wage, der Constituante entgegenzuarbeiten. Jedes derartige Individuum wird als Vaterlandsverräther behandelt.

Wie es heißt, hat dieses Revolutionstribunal in der Entdeckung einer Verschwörung seinen Grund, welche die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Pabstes zum Zweck hatte.

Spanien.
Madrid, 18. Jan.

Die Regierung ist vom Einfall zweier neuer Insurrektionscorps in Navarra offiziell unterrichtet worden.

Die baskischen Provinzen sind in Belagerungsstand erklärt worden. Diese Maaßregel, die wir einem französ. Gränzblatt entnehmen, gäbe, findet sie sich bestätigt, der Carlistisch-Progressistischen Bewegung einen ernsten Charakter.

Belgien.
127 Lüttich, 24. Jan.

Die einzige Person, die seit einiger Zeit frei und ungehindert in Belgien reisen kann, ist die Cholera. Sie treibt sich seit einem Monate im Wallonenlande herum und hat bereits an vielen Thüren angeklopft. Da die Luft der Ausländer, den Musterstaat kennen zu lernen, allmählig nachläßt, und die Zahl der Reisenden sich von Tag zu Tag vermindert, so hat man um so mehr Ursache, den Besuch der asiatischen Dame geheim zu halten. Sie sucht auch nur die schlechteste Gesellschaft auf, d. h. sie mordet namentlich Arbeiter; aber wie gesagt, ganz incognito. Wie man versichert, sind gestern die Fabriken von Seraing theilweise geschlossen, worden, weil die Krankheit so rasche Fortschritte unter dem Proletariate machte, daß man gerechte Befürchtungen hegen mußte, sie möge sich auch allmälig bis zu den höhern Klassen der Gesellschaft versteigen.

Schade, daß die Cholera keine politisch Flüchtige ist, man würde sie sonst auch in den Mammelocker einsperren. Jedenfalls muß ich noch auf den merkwürdigen Umstand aufmerksam machen, daß die Cholera ohne Paß die Gränze zu passiren wußte.

Die Gränzgensd'armerie soll vom Gouvernement eine bedeutende Nase erhalten haben.

Französische Republik.
12 Paris, 23. Jan.

Wäre es nur, um die Partei des National ein- für allemal zu stürzen, so müßte man schon aus diesem Grunde wünschen, daß die Nationalversammlung aufgelöst werde. Wer ist wieder Schuld, daß die Angeklagten vom 15. Mai vor ein exceptionelles Gericht, vor den sogenannten hohen Gerichtshof gestellt werden? Anders keiner als der National. Der National haßt die Partei des Napoleon, er haßt die Partei Thiers, Mole, er haßt die Orleanisten und Bourbonen und Kaiserlichen -- das begreift sich; er haßt die Montagne und die Partei Ledru-Rollins, dagegen läßt sich nichts einwenden. Daß er aber, zwischen dem Hasse beider Parteien getheilt, sich zur erstern schlug, als es galt, die Freunde der letzteren in Anklagezustand zu setzen, daß er dem Ministerium Recht gab in seinen exceptionellen Maßregeln, und dadurch die ihm bei der Vertheidigung der jetzigen Kammer Verbündeten in dem Stich ließ, daß er mit einem Worte die gewöhnlichen Geschwornen nicht zulänglich fand für die Bestrafung des Attentats vom 15. Mai, das läßt sich kaum begreifen, wenn man bedenkt, daß die Gefahr, welche dem National von Seiten des Ministeriums droht, weit größer ist, als die, welche ihm am 15. Mai bevorstand.

Als unter der Herrschaft Guizots die geheimen Gesellschaften sich über die Maßregeln besprachen, welche man im Falle eines glücklichen Ereignisses vor allen zu nehmen habe, da soll Ledru-Rollin ohne Zaudern geantwortet haben: Hängt die Kammer. -- "Die ganze Kammer, ohne Ausnahme?" -- "Ja, ohne eine einzige Ausnahme, alle, mich mitbegriffen."

Als am 15. Mai die Proletarier in die neue republikanische Kammer drangen, und die alten Männer der Bourgeoisie erblickten, da ergriff sie eine Wuth, die unbeschreiblich. Es waren ihrer über 200,000 Mann, sie waren siegreich und die Kammer war in ihren Händen. Die Partei des National war damals diejenige, die am zahlreichsten sich vertreten fand. Aber die Partei des National hatte noch keinen Cavaignac und sie beherrschte die Partei Thiers-Mole-Barrot durch die Neuheit möchte man sagen, durch die Namen der Republik, hinter welcher man Republikaner aller Art als Vertheidiger wähnte. Der Angriff am 15. Mai scheiterte nicht an den Feinden, sondern an den Freunden, die sich innerhalb der Kammer befanden.

Statt die Kammer faktisch aufzuheben, begnügte man sich, sie aufzulösen. Nach zwei Stunden war sie wieder zusammen, und der National konnte es der Montagne nie verzeihen, daß sie Männer hatte, welche mit seinen Feinden fraternisirten. Als am 10. Dezbr. Napoleon zum Präsidenten proklamirt und die ganze Partei des National mit einem Schlage aus dem Sattel gehoben wurde, da wurde sie durch ihr gemeinsames Schicksal mit der Partei der Reform dieser Partei wieder zugeführt, und "National und Reforme" bekämpften gemeinsam den Entwurf zur Auflösung der konstituirenden Versammlung. Kaum aber kommt eine Maßregel zur Sprache, die vielleicht den frühern Feinden des National einigen Vorschub leisten könnte, so tritt diese Partei zurück, und wirft sich ihren Todfeinden in die Arme. Gewiß, es bleibt nichts anders übrig, als die Auflösung der Kammer.

Der National hat dieselbe beschleunigt, und es ist unmöglich, daß die Organe der Montagne länger noch eine Kammer beschützen können, die ganz zu denselben exceptionellen Maßregeln ihre Zuflucht nimmt, wie die Kammern zur Zeit der beiden Bourbonen. Bedenkt man nun noch, daß die Anordnung des Gerichtshofes nach der Vollbringung des Verbrechens stattfand, daß man so dem Gesetze eine rückwirkende Kraft beilegt, so muß man sich freuen, daß durch den Beschluß dem Proletariat die Gelegenheit geboten ward, seine letzten Illusionen über die Kammer zu verlieren. Was nun den hohen Gerichtshof selbst anbetrifft, wie er von der Kammer beschlossen worden, so kann derselbe nicht mehr Empörung hervorrufen, als die Kriegsgerichte, die noch beständig gegen die Juni-Insurgenten funktioniren. In dieser Hinsicht hat Odilon-Barrot ganz Recht. Die Kammer war von ihrem Beginne an eine Bourgeoiskammer, und ihre revolutionären Anfälle betrafen nur die Fragen über ihre eigene Existenz.

Der hohe Gerichtshof soll in Bourges zusammenkommen. Der hohe Gerichtshof, wo der Prozeß Baboeuf's verhandelt wurde, hatte seinen Sitz zu Vendome.

12 Paris, 24. Januar.

Wie die Sachen jetzt stehen, können sie nicht fortbestehn: darüber sind alle Parteien einig. So ein gänzliches Stillstehn in der "Regierungsmaschine" ist noch nicht vorgekommen. Alles ist gelähmt, und die öffentliche Macht ist so ohnmächtig geworden, daß man sie über Nacht überrumpeln kann: d. h. man kann vom Abend bis Morgen sich träumen lassen, Napoleon, Louis Philipp oder Heinrich V zu sein. Die Republik mit ihrem Präsidenten, Ministerium und ihrer Kammer hat sich festgefahren, und der erste beste, der Hand an sie legt, hat sie: ob er sie behalten wird, das ist eine andere Frage. Die Franzosen sind so weit gekommen, daß sie recht gut einsehn, wie wenig in diesem Augenblick eine Regierungsform, die mit verschollenen Namen heranrückt, etwas ausrichten kann. Sie lachen daher über die verschiedenen Parteien, die mit ihren Götzen heranrücken. Es handelt sich um einen Klassenkampf; es steht ein Kampf bevor zwischen dem vereinigten Proletariate und den zersplitterten Bourgeoispartrien: je mehr sich letztere daher zersplittern, desto besser. Am 24. Februar ist das Jahresfest der Republik, wie soll das Jahresfest gefeiert werden? Durch die Wittwen mit ihren Waisen! antworten die Einen! Nein, antworten die Andern, ich lasse meinen Burschen kommen; der muß daran; er hat länger gewartet als Eure Knäblein. Während so die Parteien ganz offen ihr Spiel treiben, rückt das Jahresfest der Revolution immer näher heran. Das Jahresfest der Revolution ist nicht die Verjährung der Revolution, wohl aber die Verjährung der Republik, d. h. der honetten Republik, der Bourgeois-Republik, der Republik, die aus Verzweiflung sich festgefahren hat in Napoleon. Louis Napoleon ist das Ende der Bourgeois-Republik: er war die letzte Vertröstung der "Confiance", des Credits, und mit ihm stürzt Alles, was noch an Dynastie, an Personen erinnert, möge es Namen haben: Orleans oder Henri V.

17 Paris, 24. Jan.

Die neugestiftete Societät "der Freunde des demokratischen Polens" hat an die, als korrespondirende Mitglieder derselben kürzlich beigetretene Kommission des deutschen pariser Vereins, Folgendes in französischer Sprache erlassen:

"Meine Herren von der Kommission! Ich habe Ihre Zuschrift erhalten, worin Sie Ihr Beitreten anzeigen. Ich eile, Ihnen in meinem und aller Polenfreunde Namen unsre Erkenntlichkeit öffentlich darzulegen für die Unterstützung, die Sie hiermit uns anbieten. Dies abermalige Unterpfand der Verbrüderung wird seine guten Früchte tragen. Ihr freiwilliges Beitreten und das gemeinsame wohlverstandene Interesse stellen dafür sichere Gewähr. Als korrespondirende Mitglieder können Sie nunmehr ungemein viel wirken, um die Bande der Sympathie beider Nachbarvölker, des deutschen und des polnischen, fest und immer fester zu schlingen. Der gemeinschaftliche Erbfeind bemüht sich, dieses Band fortwährend zu lockern, aber Sie, meine Herren, können fortan viel zum Bekämpfen des Zwistes und Zwiespalts beitragen, den die gegen die wahre Völkerentwicklung verschwornen Zwingherrn im Norden unaufhörlich zwischen beiden Nationen zu erregen trachten, natürlich in keiner andern Absicht, als um jede derselben desto bequemer knechten zu können. Endlich wird es Ihnen, meine Herren, auch möglich werden, die zwei Gespenster zu bannen, die man den Panslavismus und den Pangermanismus nennt; diese zwei Gespenster, die von den Tyrannen heraufbeschworen und als Schreckgebilde zwischen die germanische und slavische Völkerfamilie gepflanzt wurden, zu dem alleinigen Zweck, das Annähern beider zu verhüten und eine durch die andere zu tyrannisiren. Deutschlands Volk hat noch nicht jene Schuld vergessen, die abzutragen seit der Befreiung Wiens vom Türkenjoche durch polnische Säbel, ihm auferlegt worden ist. Das deutsche Volk hat stets die Zerreißungen Polens als eine Schmach, als einen Frevel betrachtet. Sobald folglich das deutsche Volk freie Stimme fühlte, sprach es dies frank und frei aus vor aller Welt. Seither ist Deutschland freilich wieder hinabgestiegen, aber alle andern auch. Dieselbe Hand, die die polnischen Demokraten schlug, hat Robert Blum und Messenhauser und so viele sonstige deutsche Demokraten erwürgt. Gemeinsamkeit im Leiden, Gemeinsamkeit im Märtyrerthum sichert dem polnischen und dem deutschen Volke eine gemeinsame Befreiung. Was die Zwingmeister lösen und trennen, das zu binden und zu verschmelzen ist die heilige Aufgabe der Demokratie. Gruß und Brüderschaft: V. Chauffour, Volksvertreter, Sekretär des Büreaus der Societät der Freunde des demokratischen Polens." Wie gefällt das der Neupreußischen Galgenzeitung? Die französischen frivolen Blätter verhöhnen sie jämmerlich; der Constituant de Toulouse gab neulich einen Bericht über das Spitzbubenblättchen zu Potsdam: "Die Herren vom schwarzen Adler im Sande an der Spree wollen offenbar den Champagnerfeldzug von 1792 wiederholen; komisch dabei ist sehr vielerlei, darunter auch, daß der erhabene Monarch, der gegen unsre jugendliche Freiheit damals das Schwert zog und die Schaaren seiner tapfern, aber unaufgeklärten, gefuchtelten, in krankmachende Uniformen gepreßte Krieger gegen das freie Volk Frankreichs trieb, ein Champagnerfreund und heitrer, aber frommer Prinz war, und trotzdem,

Gotha, 22. Jan.

In der heutigen Sitzung der Abgeordneten-Versammlung wurden so viele gewichtige Stimmen, die ein Antrag des Abg. Brückner geweckt hatte, gegen Preußen laut, daß man daraus die eigentliche Stimmung des Volks, welches nur geringe Sympathien für Preußen hegt, unläugbar erkennen konnte. Es sind nämlich, wie schon berichtet, Unterhandlungen im Werke, welche die thüringischen Staaten und das Königreich Sachsen zu einem Reichskreise, jedoch mit ungefährdeter Selbstständigkeit der einzelnen Länder, vereinigen sollen. In Bezug darauf wurde heute beantragt, an die herzogl. Staatsregierung die Erklärung abzugeben, daß sie die Selbstständigkeit unsers Landes zu erhalten sich bemühen solle, soweit dieselbe in Rücksicht auf Deutschlands Einheit und auf solche Verwaltungszweige, deren Durchführung das Herzogthum Gotha nicht füglich verwirklichen könne, keine nothwendige Beschränkung erleiden müsse, daß aber in Bezug auf solche gemeinsame Einrichtungen nicht eine Verbindung mit den übrigen thüringischen Staaten und dem Königreiche Sachsen, sondern vielmehr mit dem benachbarten Preußen eingegangen werde. Diese Ansicht fand jedoch vielseitigen Widerspruch. Der Abg. Henneberg sprach sich überhaupt für Mediatisirung der kleinern Staaten aus; der Abg. Ritz erklärte sich entschieden über reaktionäre Tendenzen der preußischen Krone; und als der Abg. Schwerdt in die Worte ausbrach: „Wenn wir einmal nicht mehr auf eignen Füßen stehen können, so wollen wir uns lieber unter den sächsischen Rautenkranz als unter die Fänge des preußischen Adlers flüchten!“ da wurde selbst unter der sonst schweigsamen Zuhörerschaft eine so beifällige Bewegung laut, daß man wohl daraus schließen darf, es würden nicht einmal materielle Vortheile, welche ein Anschluß unseres Herzogthums an Preußen gewähren dürfte, den Widerwillen gegen Preußens Politik, der sich in dem Herzen des Volks festgenistet, aufwiegen können. Darum lasse sich durch die Stimmen, welche auch aus Thüringen für Preußens Hegemonie laut geworden sind, Niemand täuschen. Sie sind entweder von der politischen Rathlosigkeit der Gegenwart oder von engherzigen Interessen dictirt.

(D. A. Z.)
* Kremsier, 19. Jan.

In der heutigen Sitzung des Reichstags wurde eine von 46 gallizischen Abgeordneten unterstützte Interpellation durch Machalski verlesen. Sie enthält folgende 4 Punkte:

1) Welche Schritte hat das Ministerium Sr. Maj. eingeleitet, damit die Urheber des Unglücks, welches der Stadt Lemberg und ihren Einwohnern durch das Bombardement zugekommen ist, zur Verantwortung gezogen werden?

2) Welche dermaligen Verhältnisse Galiziens sind es, die den Commandirenden Frhrn. v. Hammerstein und den Landesgouverneur Zalewsky bewogen haben, über die drei Gebiete des Landes in einer Ausdehnung von 1500 Quadratmeilen, und über die Bevölkerung von 5 Mill. Einwohnern die Suspension aller constitutionellen Freiheiten, den Kriegszustand und alle Schrecken des Stand- und Kriegsrechts zu verhängen?

3) Sind die Zustände in Galizien von der Art, daß sie die allgemeine, unbedingte Entwaffnung des Landes, selbst derjenigen Theile desselben gebieterisch verlangen, die wegen ihrer Lage, längs der Grenze des Königreichs Polen und Rußlands in den gebirgigen und waldigen Gegenden des Landes auf einzeln stehenden Gehöften und Meierhöfen durch die Entwaffnung jedes Schutzes gegen gefährliche Landstreicher und wilde Thiere, die in dieser Jahreszeit in jenen Gegenden in Fülle vorkommen, beraubt sind?

4) Haben die Gefahren für den Staat in Galizien die Höhe erreicht, daß sie die gänzliche, ausnahmslose Unterdrückung der Preßfreiheit und andere Ausnahmeverordnungen, welche wegen ihrer unbestimmten, der vielseitigsten Deutung fähigen Fassung Decrete des französischen Convents in Erinnerung bringen, erfordern?

Von sämmtlichen Ministern war heute keiner zu sehen; sie hatten sich am frühen Morgen nach Olmütz begeben.

* Kremsier, 20. Jan.

Der Reichstag hatte auf der heutigen Tagesordnung die Präsidentenwahl stehen. Nach 3 maliger Abstimmung wurde Smolka, Kandidat der Linken, mit 201 Stimmen ernannt, während sein Gegenkandidat Strobach nur 104 Stimmen erhielt. So hat denn die Linke ihren Präsidenten wieder durchgesetzt, der in den Wiener Oktobertagen die Glocke führte. Bei der Wahl der beiden Vizepräsidenten siegte die Linke gleichfalls, indem sie Hein (Troppau) und Prettis (ital. Tirol) gegen resp. einen Tschechen und einen Ruthenen durchsetzte.

Ungarn.
* Pesth, 18. Januar.

Es läuft ein k. k. Standrechts-Gerücht um, daß sich Kossuth mit seinem Korps nach Großwardein begeben habe. In den Kriegsoperationen des 1. und 2. Armeekorps hat die schlechte Witterung einen Stillstand veranlaßt; die Truppen werden einige Zeit in Winterquartieren bleiben. Die k. k. Horden haben Schemnitz besetzt. Die von Windischgrätz an die ungarischen Truppen, d. d. 12. Jan., erlassene Proklamation, worin zur Rückkehr unter die Blutfahne des Standrechtkaisers ermuntert wird, hat nicht den gewünschten Erfolg.

Preßburg, 19. Januar.

„Daniel Christian Dreßler, auch Kurz genannt, von Preßburg gebürtig, 34 Jahre alt, hat sich als Mitglied des früher hier bestandenen demokratischen Vereins, und auch nach dem Einrücken der Kaiserl. Truppen durch Schimpfreden gegen das Allerhöchste Kaiserhaus des Verbrechens der beleidigten Majestät, und durch mündliche Aufreizung gegen die Regierung der Empörung schuldig gemacht, und ist dessen durch Zeugenaussagen und selbst durch eigenes Geständniß überwiesen. Derselbe wurde mittelst Standrecht zum Tode durch den Strang verurtheilt, jedoch zum Tode mit Pulver und Blei begnadigt, welches Urtheil gestern an demselben vollzogen wurde.“

Agram, 18. Januar.

Die Landeskommission hat einen Gesetzvorschlag über die Organisation des verantwortlichen Landeskonsiliums (die Königreiche Kroatien, Slawonien und Dalmatien) verfaßt. Hiernach übt in allen zur innern Verwaltung dieser Königreiche gehörigen Angelegenheiten der Ban als Stellvertreter des Königs die Executivgewalt aus. Alle diesfälligen Anordnungen, Beschlüsse oder Ernennungen sind nur dann gültig, wenn sie vom Ban unterzeichnet und von einem der Staatsräthe gegengezeichnet sind. In den Umkreis des Staatsrath gehören ohne Ausnahme alle Zweige der Staatsverwaltung, inwiefern sie diese Königreiche betrifft. Nur die auswärtigen Angelegenheiten des Staats, inwiefern dieses die Einheit der Monarchie den übrigen europäischen Staaten gegenüber erheischt, die Finanzen, insoweit dieses die gemeinschaftliche Staatsökonomie erfordert, und die Kriegsgeschäfte, inwiefern dieses die äußere und innere Sicherheit des österreichischen Gesammtstaats bedingt, sind dem Centralministerium der Gesammtmonarchie überwiesen und werden in Bezug auf diese Königreiche von demselben unter Gegenzeichnung eines für diese Königreiche bestellten Ministers verwaltet. Jeder Staatsrath ist für Alles, was er im Bereiche seiner Amtssphäre anordnet oder unterzeichnet, oder dem Gesetze zuwider unterläßt, dem heimischen Landtage verantwortlich. Der Staatsrath hat in Agram seinen Sitz. Bei der Centralregierung wird von Seite dieser Königreiche stets ein Minister sich befinden, der alle Anordnungen und Entschließungen des Königs sowohl als auch der Centralregierung, inwiefern sie diese Königreiche betreffen, gegenzeichnen wird. Alle Staatsbeamten, deren Ernennung bisher dem Könige zustand, werden auf Vorschlag des Bans vom König unter Gegenzeichnung des für diese Königreiche bestellten Ministers ernannt. Der Ban ist Präsident des Staatsraths. Die Staatsräthe haben Sitz beim Landtag und müssen auf ihr Verlangen angehört werden. Auf Verlangen des Landtags sind die Staatsräthe schuldig, vor demselben zu erscheinen und die gewünschten Aufklärungen zu geben. Ein Staatsrath kann zur Verantwortung gezogen werden. (Folgen die Bedingungen, unter welchen dies geschehen kann.) Der Landtag entscheidet mit zwei Drittheilen der Stimmen, ob ein Staatsrath in Anklagestand zu versetzen sei. Das diesfällige Richteramt übt der oberste Gerichtshof dieser Königreiche. Das Verfahren wird durch ein besonderes Gesetz festgesetzt. Der verurtheilte Staatsrath kann nur auf ausdrückliches Verlangen der Nation der Strafe enthoben werden. Der Staatsrath hat dem Landtage zur Genehmigung a) den Einkommen- und Kostenvoranschlag für das künftige Jahr, und b) einen genauen und ausführlichen Rechnungsausweis der Landeseinkünfte, die er im verflossenen Jahre verwaltet hat, alljährlich vorzulegen.

(Agr. Ztg.)
Italien.
* Mailand, 16. Jan.

Das Hauptquartier Redatzki's wird nach Cremona verlegt. Die Kriegskasse ist bereits hingeschafft.

* Rom, 14. Januar.

Das Frühjahr ist das Hervorkeimen der frischen Revolution. Von allen Seiten neue Rüstungen, neuer Muth, neue revolutionäre Energie. Eine enventuelle Intervention Frankreichs zu Gunsten des Pabstes erregt von allen Seiten gerechten Unwillen. Man weigert sich diesem Gerüchte Glauben beizumessen, und ist fest überzeugt, daß die franz. Soldaten nur für die Republik, für die Freiheit, für Rom, nicht aber für den Pabst, für Windischgrätz und Oestreich kämpfen würden. Der Pabst! Was soll man von dem „guten Willen“ eines Mannes halten, der in einem Briefe an Zucchi, alle diejenigen Soldaten Verräther nennt, die am 10. November in Rom waren! Und was thut Zucchi? In einem Tagesbefehl ermahnt er die Soldaten, treu zu bleiben der Sache seines Herrn und Meisters!

Der Mann des „guten Willens“ zählt auf Hülfe von Seiten des Staates der Inquisition. Spanien soll eine Flotte nach Civita-Vecchia schicken. Daß die unschuldige Isabella den guten Willen hat, stellt Niemand in Abrede. Aber damit Spanien Hülfe schicken kann, müßte ein Wunder geschehn. Der Pabst glaubt an das Wunder, aber die Römer haben allen Glauben an Wunder verloren, seitdem die päbstliche Bulle ihre Wunderkraft verloren hat.

Der Prinz von Canino, Sohn Lucian Bonaparte's und Vetter des Präsidenten, ist entschlossen, eine Reihe von Briefen zu veröffentlichen, die dem Verfasser, dem jetzigen Präsidenten Frankreichs, ungemein schaden könnten. Was ihn zu diesem Schritte bewegt, ist die hier allgemein verbreitete Meinung einer französischen Intervention.

Der Kardinal Antonelli hat einen Kommentar zu der Protestation von Pius IX. an die Repräsentanten der fremden Mächte gesandt. Die päbstliche Regierung erkennt, daß sie das Volk, die Nationalgarde und die Armee gegen sich hat, und trotz dem sieht sie nur Rebellen! Diese „Rebellen“ appelliren an das allgemeine Stimmrecht, und sind bereit, die päbstliche Gewalt wieder einzusetzen, wenn das Stimmrecht sich gegen sie ausspricht! Aber der Pabst will das Stimmrecht der „Rebellen“ hintertreiben. Die Rebellen dürfen kein „Stimmrecht ausüben! Und Pius IX. appellirt seinerseits an die Oestreicher!

Rom, 15. Jan.

Die Regierung setzt so eben einen Wohlfahrtsausschuß ein, der Jeden richten soll, welcher es wage, der Constituante entgegenzuarbeiten. Jedes derartige Individuum wird als Vaterlandsverräther behandelt.

Wie es heißt, hat dieses Revolutionstribunal in der Entdeckung einer Verschwörung seinen Grund, welche die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Pabstes zum Zweck hatte.

Spanien.
Madrid, 18. Jan.

Die Regierung ist vom Einfall zweier neuer Insurrektionscorps in Navarra offiziell unterrichtet worden.

Die baskischen Provinzen sind in Belagerungsstand erklärt worden. Diese Maaßregel, die wir einem französ. Gränzblatt entnehmen, gäbe, findet sie sich bestätigt, der Carlistisch-Progressistischen Bewegung einen ernsten Charakter.

Belgien.
127 Lüttich, 24. Jan.

Die einzige Person, die seit einiger Zeit frei und ungehindert in Belgien reisen kann, ist die Cholera. Sie treibt sich seit einem Monate im Wallonenlande herum und hat bereits an vielen Thüren angeklopft. Da die Luft der Ausländer, den Musterstaat kennen zu lernen, allmählig nachläßt, und die Zahl der Reisenden sich von Tag zu Tag vermindert, so hat man um so mehr Ursache, den Besuch der asiatischen Dame geheim zu halten. Sie sucht auch nur die schlechteste Gesellschaft auf, d. h. sie mordet namentlich Arbeiter; aber wie gesagt, ganz incognito. Wie man versichert, sind gestern die Fabriken von Seraing theilweise geschlossen, worden, weil die Krankheit so rasche Fortschritte unter dem Proletariate machte, daß man gerechte Befürchtungen hegen mußte, sie möge sich auch allmälig bis zu den höhern Klassen der Gesellschaft versteigen.

Schade, daß die Cholera keine politisch Flüchtige ist, man würde sie sonst auch in den Mammelocker einsperren. Jedenfalls muß ich noch auf den merkwürdigen Umstand aufmerksam machen, daß die Cholera ohne Paß die Gränze zu passiren wußte.

Die Gränzgensd'armerie soll vom Gouvernement eine bedeutende Nase erhalten haben.

Französische Republik.
12 Paris, 23. Jan.

Wäre es nur, um die Partei des National ein- für allemal zu stürzen, so müßte man schon aus diesem Grunde wünschen, daß die Nationalversammlung aufgelöst werde. Wer ist wieder Schuld, daß die Angeklagten vom 15. Mai vor ein exceptionelles Gericht, vor den sogenannten hohen Gerichtshof gestellt werden? Anders keiner als der National. Der National haßt die Partei des Napoleon, er haßt die Partei Thiers, Molé, er haßt die Orleanisten und Bourbonen und Kaiserlichen — das begreift sich; er haßt die Montagne und die Partei Ledru-Rollins, dagegen läßt sich nichts einwenden. Daß er aber, zwischen dem Hasse beider Parteien getheilt, sich zur erstern schlug, als es galt, die Freunde der letzteren in Anklagezustand zu setzen, daß er dem Ministerium Recht gab in seinen exceptionellen Maßregeln, und dadurch die ihm bei der Vertheidigung der jetzigen Kammer Verbündeten in dem Stich ließ, daß er mit einem Worte die gewöhnlichen Geschwornen nicht zulänglich fand für die Bestrafung des Attentats vom 15. Mai, das läßt sich kaum begreifen, wenn man bedenkt, daß die Gefahr, welche dem National von Seiten des Ministeriums droht, weit größer ist, als die, welche ihm am 15. Mai bevorstand.

Als unter der Herrschaft Guizots die geheimen Gesellschaften sich über die Maßregeln besprachen, welche man im Falle eines glücklichen Ereignisses vor allen zu nehmen habe, da soll Ledru-Rollin ohne Zaudern geantwortet haben: Hängt die Kammer. — „Die ganze Kammer, ohne Ausnahme?“ — „Ja, ohne eine einzige Ausnahme, alle, mich mitbegriffen.“

Als am 15. Mai die Proletarier in die neue republikanische Kammer drangen, und die alten Männer der Bourgeoisie erblickten, da ergriff sie eine Wuth, die unbeschreiblich. Es waren ihrer über 200,000 Mann, sie waren siegreich und die Kammer war in ihren Händen. Die Partei des National war damals diejenige, die am zahlreichsten sich vertreten fand. Aber die Partei des National hatte noch keinen Cavaignac und sie beherrschte die Partei Thiers-Mole-Barrot durch die Neuheit möchte man sagen, durch die Namen der Republik, hinter welcher man Republikaner aller Art als Vertheidiger wähnte. Der Angriff am 15. Mai scheiterte nicht an den Feinden, sondern an den Freunden, die sich innerhalb der Kammer befanden.

Statt die Kammer faktisch aufzuheben, begnügte man sich, sie aufzulösen. Nach zwei Stunden war sie wieder zusammen, und der National konnte es der Montagne nie verzeihen, daß sie Männer hatte, welche mit seinen Feinden fraternisirten. Als am 10. Dezbr. Napoleon zum Präsidenten proklamirt und die ganze Partei des National mit einem Schlage aus dem Sattel gehoben wurde, da wurde sie durch ihr gemeinsames Schicksal mit der Partei der Reform dieser Partei wieder zugeführt, und „National und Reforme“ bekämpften gemeinsam den Entwurf zur Auflösung der konstituirenden Versammlung. Kaum aber kommt eine Maßregel zur Sprache, die vielleicht den frühern Feinden des National einigen Vorschub leisten könnte, so tritt diese Partei zurück, und wirft sich ihren Todfeinden in die Arme. Gewiß, es bleibt nichts anders übrig, als die Auflösung der Kammer.

Der National hat dieselbe beschleunigt, und es ist unmöglich, daß die Organe der Montagne länger noch eine Kammer beschützen können, die ganz zu denselben exceptionellen Maßregeln ihre Zuflucht nimmt, wie die Kammern zur Zeit der beiden Bourbonen. Bedenkt man nun noch, daß die Anordnung des Gerichtshofes nach der Vollbringung des Verbrechens stattfand, daß man so dem Gesetze eine rückwirkende Kraft beilegt, so muß man sich freuen, daß durch den Beschluß dem Proletariat die Gelegenheit geboten ward, seine letzten Illusionen über die Kammer zu verlieren. Was nun den hohen Gerichtshof selbst anbetrifft, wie er von der Kammer beschlossen worden, so kann derselbe nicht mehr Empörung hervorrufen, als die Kriegsgerichte, die noch beständig gegen die Juni-Insurgenten funktioniren. In dieser Hinsicht hat Odilon-Barrot ganz Recht. Die Kammer war von ihrem Beginne an eine Bourgeoiskammer, und ihre revolutionären Anfälle betrafen nur die Fragen über ihre eigene Existenz.

Der hohe Gerichtshof soll in Bourges zusammenkommen. Der hohe Gerichtshof, wo der Prozeß Baboeuf's verhandelt wurde, hatte seinen Sitz zu Vendôme.

12 Paris, 24. Januar.

Wie die Sachen jetzt stehen, können sie nicht fortbestehn: darüber sind alle Parteien einig. So ein gänzliches Stillstehn in der „Regierungsmaschine“ ist noch nicht vorgekommen. Alles ist gelähmt, und die öffentliche Macht ist so ohnmächtig geworden, daß man sie über Nacht überrumpeln kann: d. h. man kann vom Abend bis Morgen sich träumen lassen, Napoleon, Louis Philipp oder Heinrich V zu sein. Die Republik mit ihrem Präsidenten, Ministerium und ihrer Kammer hat sich festgefahren, und der erste beste, der Hand an sie legt, hat sie: ob er sie behalten wird, das ist eine andere Frage. Die Franzosen sind so weit gekommen, daß sie recht gut einsehn, wie wenig in diesem Augenblick eine Regierungsform, die mit verschollenen Namen heranrückt, etwas ausrichten kann. Sie lachen daher über die verschiedenen Parteien, die mit ihren Götzen heranrücken. Es handelt sich um einen Klassenkampf; es steht ein Kampf bevor zwischen dem vereinigten Proletariate und den zersplitterten Bourgeoispartrien: je mehr sich letztere daher zersplittern, desto besser. Am 24. Februar ist das Jahresfest der Republik, wie soll das Jahresfest gefeiert werden? Durch die Wittwen mit ihren Waisen! antworten die Einen! Nein, antworten die Andern, ich lasse meinen Burschen kommen; der muß daran; er hat länger gewartet als Eure Knäblein. Während so die Parteien ganz offen ihr Spiel treiben, rückt das Jahresfest der Revolution immer näher heran. Das Jahresfest der Revolution ist nicht die Verjährung der Revolution, wohl aber die Verjährung der Republik, d. h. der honetten Republik, der Bourgeois-Republik, der Republik, die aus Verzweiflung sich festgefahren hat in Napoleon. Louis Napoleon ist das Ende der Bourgeois-Republik: er war die letzte Vertröstung der „Confiance“, des Credits, und mit ihm stürzt Alles, was noch an Dynastie, an Personen erinnert, möge es Namen haben: Orleans oder Henri V.

17 Paris, 24. Jan.

Die neugestiftete Societät „der Freunde des demokratischen Polens“ hat an die, als korrespondirende Mitglieder derselben kürzlich beigetretene Kommission des deutschen pariser Vereins, Folgendes in französischer Sprache erlassen:

„Meine Herren von der Kommission! Ich habe Ihre Zuschrift erhalten, worin Sie Ihr Beitreten anzeigen. Ich eile, Ihnen in meinem und aller Polenfreunde Namen unsre Erkenntlichkeit öffentlich darzulegen für die Unterstützung, die Sie hiermit uns anbieten. Dies abermalige Unterpfand der Verbrüderung wird seine guten Früchte tragen. Ihr freiwilliges Beitreten und das gemeinsame wohlverstandene Interesse stellen dafür sichere Gewähr. Als korrespondirende Mitglieder können Sie nunmehr ungemein viel wirken, um die Bande der Sympathie beider Nachbarvölker, des deutschen und des polnischen, fest und immer fester zu schlingen. Der gemeinschaftliche Erbfeind bemüht sich, dieses Band fortwährend zu lockern, aber Sie, meine Herren, können fortan viel zum Bekämpfen des Zwistes und Zwiespalts beitragen, den die gegen die wahre Völkerentwicklung verschwornen Zwingherrn im Norden unaufhörlich zwischen beiden Nationen zu erregen trachten, natürlich in keiner andern Absicht, als um jede derselben desto bequemer knechten zu können. Endlich wird es Ihnen, meine Herren, auch möglich werden, die zwei Gespenster zu bannen, die man den Panslavismus und den Pangermanismus nennt; diese zwei Gespenster, die von den Tyrannen heraufbeschworen und als Schreckgebilde zwischen die germanische und slavische Völkerfamilie gepflanzt wurden, zu dem alleinigen Zweck, das Annähern beider zu verhüten und eine durch die andere zu tyrannisiren. Deutschlands Volk hat noch nicht jene Schuld vergessen, die abzutragen seit der Befreiung Wiens vom Türkenjoche durch polnische Säbel, ihm auferlegt worden ist. Das deutsche Volk hat stets die Zerreißungen Polens als eine Schmach, als einen Frevel betrachtet. Sobald folglich das deutsche Volk freie Stimme fühlte, sprach es dies frank und frei aus vor aller Welt. Seither ist Deutschland freilich wieder hinabgestiegen, aber alle andern auch. Dieselbe Hand, die die polnischen Demokraten schlug, hat Robert Blum und Messenhauser und so viele sonstige deutsche Demokraten erwürgt. Gemeinsamkeit im Leiden, Gemeinsamkeit im Märtyrerthum sichert dem polnischen und dem deutschen Volke eine gemeinsame Befreiung. Was die Zwingmeister lösen und trennen, das zu binden und zu verschmelzen ist die heilige Aufgabe der Demokratie. Gruß und Brüderschaft: V. Chauffour, Volksvertreter, Sekretär des Büreaus der Societät der Freunde des demokratischen Polens.“ Wie gefällt das der Neupreußischen Galgenzeitung? Die französischen frivolen Blätter verhöhnen sie jämmerlich; der Constituant de Toulouse gab neulich einen Bericht über das Spitzbubenblättchen zu Potsdam: „Die Herren vom schwarzen Adler im Sande an der Spree wollen offenbar den Champagnerfeldzug von 1792 wiederholen; komisch dabei ist sehr vielerlei, darunter auch, daß der erhabene Monarch, der gegen unsre jugendliche Freiheit damals das Schwert zog und die Schaaren seiner tapfern, aber unaufgeklärten, gefuchtelten, in krankmachende Uniformen gepreßte Krieger gegen das freie Volk Frankreichs trieb, ein Champagnerfreund und heitrer, aber frommer Prinz war, und trotzdem,

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          <head>Gotha, 22. Jan.</head>
          <p>In der heutigen Sitzung der Abgeordneten-Versammlung wurden so viele gewichtige Stimmen, die ein Antrag des Abg. Brückner geweckt hatte, gegen Preußen laut, daß man daraus die eigentliche Stimmung des Volks, welches nur geringe Sympathien für Preußen hegt, unläugbar erkennen konnte. Es sind nämlich, wie schon berichtet, Unterhandlungen im Werke, welche die thüringischen Staaten und das Königreich Sachsen zu einem Reichskreise, jedoch mit ungefährdeter Selbstständigkeit der einzelnen Länder, vereinigen sollen. In Bezug darauf wurde heute beantragt, an die herzogl. Staatsregierung die Erklärung abzugeben, daß sie die Selbstständigkeit unsers Landes zu erhalten sich bemühen solle, soweit dieselbe in Rücksicht auf Deutschlands Einheit und auf solche Verwaltungszweige, deren Durchführung das Herzogthum Gotha nicht füglich verwirklichen könne, keine nothwendige Beschränkung erleiden müsse, daß aber in Bezug auf solche gemeinsame Einrichtungen nicht eine Verbindung mit den übrigen thüringischen Staaten und dem Königreiche Sachsen, sondern vielmehr mit dem benachbarten Preußen eingegangen werde. Diese Ansicht fand jedoch vielseitigen Widerspruch. Der Abg. Henneberg sprach sich überhaupt für Mediatisirung der kleinern Staaten aus; der Abg. Ritz erklärte sich entschieden über reaktionäre Tendenzen der preußischen Krone; und als der Abg. Schwerdt in die Worte ausbrach: &#x201E;Wenn wir einmal nicht mehr auf eignen Füßen stehen können, so wollen wir uns lieber unter den sächsischen Rautenkranz als unter die Fänge des preußischen Adlers flüchten!&#x201C; da wurde selbst unter der sonst schweigsamen Zuhörerschaft eine so beifällige Bewegung laut, daß man wohl daraus schließen darf, es würden nicht einmal materielle Vortheile, welche ein Anschluß unseres Herzogthums an Preußen gewähren dürfte, den Widerwillen gegen Preußens Politik, der sich in dem Herzen des Volks festgenistet, aufwiegen können. Darum lasse sich durch die Stimmen, welche auch aus Thüringen für Preußens Hegemonie laut geworden sind, Niemand täuschen. Sie sind entweder von der politischen Rathlosigkeit der Gegenwart oder von engherzigen Interessen dictirt.</p>
          <bibl>(D. A. Z.)</bibl>
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        <div xml:id="ar206_028" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Kremsier, 19. Jan.</head>
          <p>In der heutigen Sitzung des Reichstags wurde eine von 46 gallizischen Abgeordneten unterstützte Interpellation durch Machalski verlesen. Sie enthält folgende 4 Punkte:</p>
          <p>1) Welche Schritte hat das Ministerium Sr. Maj. eingeleitet, damit die Urheber des Unglücks, welches der Stadt Lemberg und ihren Einwohnern durch das Bombardement zugekommen ist, zur Verantwortung gezogen werden?</p>
          <p>2) Welche dermaligen Verhältnisse Galiziens sind es, die den Commandirenden Frhrn. v. Hammerstein und den Landesgouverneur Zalewsky bewogen haben, über die drei Gebiete des Landes in einer Ausdehnung von 1500 Quadratmeilen, und über die Bevölkerung von 5 Mill. Einwohnern die Suspension aller constitutionellen Freiheiten, den Kriegszustand und alle Schrecken des Stand- und Kriegsrechts zu verhängen?</p>
          <p>3) Sind die Zustände in Galizien von der Art, daß sie die allgemeine, unbedingte Entwaffnung des Landes, selbst derjenigen Theile desselben gebieterisch verlangen, die wegen ihrer Lage, längs der Grenze des Königreichs Polen und Rußlands in den gebirgigen und waldigen Gegenden des Landes auf einzeln stehenden Gehöften und Meierhöfen durch die Entwaffnung jedes Schutzes gegen gefährliche Landstreicher und wilde Thiere, die in dieser Jahreszeit in jenen Gegenden in Fülle vorkommen, beraubt sind?</p>
          <p>4) Haben die Gefahren für den Staat in Galizien die Höhe erreicht, daß sie die gänzliche, ausnahmslose Unterdrückung der Preßfreiheit und andere Ausnahmeverordnungen, welche wegen ihrer unbestimmten, der vielseitigsten Deutung fähigen Fassung Decrete des französischen Convents in Erinnerung bringen, erfordern?</p>
          <p>Von sämmtlichen Ministern war heute keiner zu sehen; sie hatten sich am frühen Morgen nach Olmütz begeben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar206_029" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Kremsier, 20. Jan.</head>
          <p>Der <hi rendition="#g">Reichstag</hi> hatte auf der heutigen Tagesordnung die <hi rendition="#g">Präsidentenwahl</hi> stehen. Nach 3 maliger Abstimmung wurde <hi rendition="#g">Smolka,</hi> Kandidat der Linken, mit 201 Stimmen ernannt, während sein Gegenkandidat <hi rendition="#g">Strobach</hi> nur 104 Stimmen erhielt. So hat denn die Linke ihren Präsidenten wieder durchgesetzt, der in den Wiener Oktobertagen die Glocke führte. Bei der Wahl der beiden Vizepräsidenten siegte die Linke gleichfalls, indem sie <hi rendition="#g">Hein</hi> (Troppau) und <hi rendition="#g">Prettis</hi> (ital. Tirol) gegen resp. einen Tschechen und einen Ruthenen durchsetzte.</p>
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        <head>Ungarn.</head>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Pesth, 18. Januar.</head>
          <p>Es läuft ein k. k. Standrechts-Gerücht um, daß sich Kossuth mit seinem Korps nach Großwardein begeben habe. In den Kriegsoperationen des 1. und 2. Armeekorps hat die schlechte Witterung einen Stillstand veranlaßt; die Truppen werden einige Zeit in Winterquartieren bleiben. Die k. k. Horden haben Schemnitz besetzt. Die von Windischgrätz an die ungarischen Truppen, d. d. 12. Jan., erlassene Proklamation, worin zur Rückkehr unter die Blutfahne des Standrechtkaisers ermuntert wird, hat nicht den gewünschten Erfolg.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar206_031" type="jArticle">
          <head>Preßburg, 19. Januar.</head>
          <p>&#x201E;Daniel Christian Dreßler, auch Kurz genannt, von Preßburg gebürtig, 34 Jahre alt, hat sich als Mitglied des früher hier bestandenen demokratischen Vereins, und auch nach dem Einrücken der Kaiserl. Truppen durch Schimpfreden gegen das Allerhöchste Kaiserhaus des Verbrechens der beleidigten Majestät, und durch mündliche Aufreizung gegen die Regierung der Empörung schuldig gemacht, und ist dessen durch Zeugenaussagen und selbst durch eigenes Geständniß überwiesen. Derselbe wurde mittelst Standrecht zum Tode durch den Strang verurtheilt, jedoch zum Tode mit Pulver und Blei begnadigt, welches Urtheil gestern an demselben vollzogen wurde.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar206_032" type="jArticle">
          <head>Agram, 18. Januar.</head>
          <p>Die Landeskommission hat einen Gesetzvorschlag über die Organisation des verantwortlichen Landeskonsiliums (die Königreiche Kroatien, Slawonien und Dalmatien) verfaßt. Hiernach übt in allen zur innern Verwaltung dieser Königreiche gehörigen Angelegenheiten der Ban als Stellvertreter des Königs die Executivgewalt aus. Alle diesfälligen Anordnungen, Beschlüsse oder Ernennungen sind nur dann gültig, wenn sie vom Ban unterzeichnet und von einem der Staatsräthe gegengezeichnet sind. In den Umkreis des Staatsrath gehören ohne Ausnahme alle Zweige der Staatsverwaltung, inwiefern sie diese Königreiche betrifft. Nur die auswärtigen Angelegenheiten des Staats, inwiefern dieses die Einheit der Monarchie den übrigen europäischen Staaten gegenüber erheischt, die Finanzen, insoweit dieses die gemeinschaftliche Staatsökonomie erfordert, und die Kriegsgeschäfte, inwiefern dieses die äußere und innere Sicherheit des österreichischen Gesammtstaats bedingt, sind dem Centralministerium der Gesammtmonarchie überwiesen und werden in Bezug auf diese Königreiche von demselben unter Gegenzeichnung eines für diese Königreiche bestellten Ministers verwaltet. Jeder Staatsrath ist für Alles, was er im Bereiche seiner Amtssphäre anordnet oder unterzeichnet, oder dem Gesetze zuwider unterläßt, dem heimischen Landtage verantwortlich. Der Staatsrath hat in Agram seinen Sitz. Bei der Centralregierung wird von Seite dieser Königreiche stets ein Minister sich befinden, der alle Anordnungen und Entschließungen des Königs sowohl als auch der Centralregierung, inwiefern sie diese Königreiche betreffen, gegenzeichnen wird. Alle Staatsbeamten, deren Ernennung bisher dem Könige zustand, werden auf Vorschlag des Bans vom König unter Gegenzeichnung des für diese Königreiche bestellten Ministers ernannt. Der Ban ist Präsident des Staatsraths. Die Staatsräthe haben Sitz beim Landtag und müssen auf ihr Verlangen angehört werden. Auf Verlangen des Landtags sind die Staatsräthe schuldig, vor demselben zu erscheinen und die gewünschten Aufklärungen zu geben. Ein Staatsrath kann zur Verantwortung gezogen werden. (Folgen die Bedingungen, unter welchen dies geschehen kann.) Der Landtag entscheidet mit zwei Drittheilen der Stimmen, ob ein Staatsrath in Anklagestand zu versetzen sei. Das diesfällige Richteramt übt der oberste Gerichtshof dieser Königreiche. Das Verfahren wird durch ein besonderes Gesetz festgesetzt. Der verurtheilte Staatsrath kann nur auf ausdrückliches Verlangen der Nation der Strafe enthoben werden. Der Staatsrath hat dem Landtage zur Genehmigung a) den Einkommen- und Kostenvoranschlag für das künftige Jahr, und b) einen genauen und ausführlichen Rechnungsausweis der Landeseinkünfte, die er im verflossenen Jahre verwaltet hat, alljährlich vorzulegen.</p>
          <bibl>(Agr. Ztg.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar206_033" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Mailand, 16. Jan.</head>
          <p>Das Hauptquartier Redatzki's wird nach Cremona verlegt. Die Kriegskasse ist bereits hingeschafft.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar206_034" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 14. Januar.</head>
          <p>Das Frühjahr ist das Hervorkeimen der frischen Revolution. Von allen Seiten neue Rüstungen, neuer Muth, neue revolutionäre Energie. Eine enventuelle Intervention Frankreichs zu Gunsten des Pabstes erregt von allen Seiten gerechten Unwillen. Man weigert sich diesem Gerüchte Glauben beizumessen, und ist fest überzeugt, daß die franz. Soldaten nur für die Republik, für die Freiheit, für Rom, nicht aber für den Pabst, für Windischgrätz und Oestreich kämpfen würden. Der Pabst! Was soll man von dem &#x201E;guten Willen&#x201C; eines Mannes halten, der in einem Briefe an Zucchi, alle diejenigen Soldaten Verräther nennt, die am 10. November in Rom waren! Und was thut Zucchi? In einem Tagesbefehl ermahnt er die Soldaten, treu zu bleiben der Sache seines Herrn und Meisters!</p>
          <p>Der Mann des &#x201E;guten Willens&#x201C; zählt auf Hülfe von Seiten des Staates der Inquisition. Spanien soll eine Flotte nach Civita-Vecchia schicken. Daß die unschuldige Isabella den guten Willen hat, stellt Niemand in Abrede. Aber damit Spanien Hülfe schicken kann, müßte ein Wunder geschehn. Der Pabst glaubt an das Wunder, aber die Römer haben allen Glauben an Wunder verloren, seitdem die päbstliche Bulle ihre Wunderkraft verloren hat.</p>
          <p>Der Prinz von Canino, Sohn Lucian Bonaparte's und Vetter des Präsidenten, ist entschlossen, eine Reihe von Briefen zu veröffentlichen, die dem Verfasser, dem jetzigen Präsidenten Frankreichs, ungemein schaden könnten. Was ihn zu diesem Schritte bewegt, ist die hier allgemein verbreitete Meinung einer französischen Intervention.</p>
          <p>Der Kardinal Antonelli hat einen Kommentar zu der Protestation von Pius IX. an die Repräsentanten der fremden Mächte gesandt. Die päbstliche Regierung erkennt, daß sie das Volk, die Nationalgarde und die Armee gegen sich hat, und trotz dem sieht sie nur Rebellen! Diese &#x201E;Rebellen&#x201C; appelliren an das allgemeine Stimmrecht, und sind bereit, die päbstliche Gewalt wieder einzusetzen, wenn das Stimmrecht sich gegen sie ausspricht! Aber der Pabst will das Stimmrecht der &#x201E;Rebellen&#x201C; hintertreiben. Die Rebellen dürfen kein &#x201E;Stimmrecht ausüben! Und Pius IX. appellirt seinerseits an die Oestreicher!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar206_035" type="jArticle">
          <head>Rom, 15. Jan.</head>
          <p>Die Regierung setzt so eben einen Wohlfahrtsausschuß ein, der Jeden richten soll, welcher es wage, der Constituante entgegenzuarbeiten. Jedes derartige Individuum wird als Vaterlandsverräther behandelt.</p>
          <p>Wie es heißt, hat dieses Revolutionstribunal in der Entdeckung einer Verschwörung seinen Grund, welche die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Pabstes zum Zweck hatte.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Spanien.</head>
        <div xml:id="ar206_036" type="jArticle">
          <head>Madrid, 18. Jan.</head>
          <p>Die Regierung ist vom Einfall zweier neuer Insurrektionscorps in Navarra offiziell unterrichtet worden.</p>
          <p>Die <hi rendition="#g">baskischen</hi> Provinzen sind in Belagerungsstand erklärt worden. Diese Maaßregel, die wir einem französ. Gränzblatt entnehmen, gäbe, findet sie sich bestätigt, der Carlistisch-Progressistischen Bewegung einen ernsten Charakter.</p>
        </div>
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        <head>Belgien.</head>
        <div xml:id="ar206_037" type="jArticle">
          <head><bibl><author>127</author></bibl> Lüttich, 24. Jan.</head>
          <p>Die einzige Person, die seit einiger Zeit frei und ungehindert in Belgien reisen kann, ist die Cholera. Sie treibt sich seit einem Monate im Wallonenlande herum und hat bereits an vielen Thüren angeklopft. Da die Luft der Ausländer, den Musterstaat kennen zu lernen, allmählig nachläßt, und die Zahl der Reisenden sich von Tag zu Tag vermindert, so hat man um so mehr Ursache, den Besuch der asiatischen Dame geheim zu halten. Sie sucht auch nur die schlechteste Gesellschaft auf, d. h. sie mordet namentlich Arbeiter; aber wie gesagt, ganz incognito. Wie man versichert, sind gestern die Fabriken von Seraing theilweise geschlossen, worden, weil die Krankheit so rasche Fortschritte unter dem Proletariate machte, daß man gerechte Befürchtungen hegen mußte, sie möge sich auch allmälig bis zu den höhern Klassen der Gesellschaft versteigen.</p>
          <p>Schade, daß die Cholera keine politisch Flüchtige ist, man würde sie sonst auch in den Mammelocker einsperren. Jedenfalls muß ich noch auf den merkwürdigen Umstand aufmerksam machen, daß die Cholera ohne Paß die Gränze zu passiren wußte.</p>
          <p>Die Gränzgensd'armerie soll vom Gouvernement eine bedeutende Nase erhalten haben.</p>
        </div>
      </div>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 23. Jan.</head>
          <p>Wäre es nur, um die Partei des National ein- für allemal zu stürzen, so müßte man schon aus diesem Grunde wünschen, daß die Nationalversammlung aufgelöst werde. Wer ist wieder Schuld, daß die Angeklagten vom 15. Mai vor ein exceptionelles Gericht, vor den sogenannten hohen Gerichtshof gestellt werden? Anders keiner als der National. Der National haßt die Partei des Napoleon, er haßt die Partei Thiers, Molé, er haßt die Orleanisten und Bourbonen und Kaiserlichen &#x2014; das begreift sich; er haßt die Montagne und die Partei Ledru-Rollins, dagegen läßt sich nichts einwenden. Daß er aber, zwischen dem Hasse beider Parteien getheilt, sich zur erstern schlug, als es galt, die Freunde der letzteren in Anklagezustand zu setzen, daß er dem Ministerium Recht gab in seinen exceptionellen Maßregeln, und dadurch die ihm bei der Vertheidigung der jetzigen Kammer Verbündeten in dem Stich ließ, daß er mit einem Worte die gewöhnlichen Geschwornen nicht zulänglich fand für die Bestrafung des Attentats vom 15. Mai, das läßt sich kaum begreifen, wenn man bedenkt, daß die Gefahr, welche dem National von Seiten des Ministeriums droht, weit größer ist, als die, welche ihm am 15. Mai bevorstand.</p>
          <p>Als unter der Herrschaft Guizots die geheimen Gesellschaften sich über die Maßregeln besprachen, welche man im Falle eines glücklichen Ereignisses vor allen zu nehmen habe, da soll Ledru-Rollin ohne Zaudern geantwortet haben: Hängt die Kammer. &#x2014; &#x201E;Die ganze Kammer, ohne Ausnahme?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ja, ohne eine einzige Ausnahme, alle, mich mitbegriffen.&#x201C;</p>
          <p>Als am 15. Mai die Proletarier in die neue republikanische Kammer drangen, und die alten Männer der Bourgeoisie erblickten, da ergriff sie eine Wuth, die unbeschreiblich. Es waren ihrer über 200,000 Mann, sie waren siegreich und die Kammer war in ihren Händen. Die Partei des National war damals diejenige, die am zahlreichsten sich vertreten fand. Aber die Partei des National hatte noch keinen Cavaignac und sie beherrschte die Partei Thiers-Mole-Barrot durch die Neuheit möchte man sagen, durch die Namen der Republik, hinter welcher man Republikaner aller Art als Vertheidiger wähnte. Der Angriff am 15. Mai scheiterte nicht an den Feinden, sondern an den Freunden, die sich innerhalb der Kammer befanden.</p>
          <p>Statt die Kammer faktisch aufzuheben, begnügte man sich, sie aufzulösen. Nach zwei Stunden war sie wieder zusammen, und der National konnte es der Montagne nie verzeihen, daß sie Männer hatte, welche mit seinen Feinden fraternisirten. Als am 10. Dezbr. Napoleon zum Präsidenten proklamirt und die ganze Partei des National mit einem Schlage aus dem Sattel gehoben wurde, da wurde sie durch ihr gemeinsames Schicksal mit der Partei der Reform dieser Partei wieder zugeführt, und &#x201E;National und Reforme&#x201C; bekämpften gemeinsam den Entwurf zur Auflösung der konstituirenden Versammlung. Kaum aber kommt eine Maßregel zur Sprache, die vielleicht den frühern Feinden des National einigen Vorschub leisten könnte, so tritt diese Partei zurück, und wirft sich ihren Todfeinden in die Arme. Gewiß, es bleibt nichts anders übrig, als die Auflösung der Kammer.</p>
          <p>Der National hat dieselbe beschleunigt, und es ist unmöglich, daß die Organe der Montagne länger noch eine Kammer beschützen können, die ganz zu denselben exceptionellen Maßregeln ihre Zuflucht nimmt, wie die Kammern zur Zeit der beiden Bourbonen. Bedenkt man nun noch, daß die Anordnung des Gerichtshofes nach der Vollbringung des Verbrechens stattfand, daß man so dem Gesetze eine rückwirkende Kraft beilegt, so muß man sich freuen, daß durch den Beschluß dem Proletariat die Gelegenheit geboten ward, seine letzten Illusionen über die Kammer zu verlieren. Was nun den hohen Gerichtshof selbst anbetrifft, wie er von der Kammer beschlossen worden, so kann derselbe nicht mehr Empörung hervorrufen, als die Kriegsgerichte, die noch beständig gegen die Juni-Insurgenten funktioniren. In dieser Hinsicht hat Odilon-Barrot ganz Recht. Die Kammer war von ihrem Beginne an eine Bourgeoiskammer, und ihre revolutionären Anfälle betrafen nur die Fragen über ihre eigene Existenz.</p>
          <p>Der hohe Gerichtshof soll in Bourges zusammenkommen. Der hohe Gerichtshof, wo der Prozeß Baboeuf's verhandelt wurde, hatte seinen Sitz zu Vendôme.</p>
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 24. Januar.</head>
          <p>Wie die Sachen jetzt stehen, können sie nicht fortbestehn: darüber sind alle Parteien einig. So ein gänzliches Stillstehn in der &#x201E;Regierungsmaschine&#x201C; ist noch nicht vorgekommen. Alles ist gelähmt, und die öffentliche Macht ist so ohnmächtig geworden, daß man sie über Nacht überrumpeln kann: d. h. man kann vom Abend bis Morgen sich träumen lassen, Napoleon, Louis Philipp oder Heinrich V zu sein. Die Republik mit ihrem Präsidenten, Ministerium und ihrer Kammer hat sich festgefahren, und der erste beste, der Hand an sie legt, hat sie: ob er sie behalten wird, das ist eine andere Frage. Die Franzosen sind so weit gekommen, daß sie recht gut einsehn, wie wenig in diesem Augenblick eine Regierungsform, die mit verschollenen Namen heranrückt, etwas ausrichten kann. Sie lachen daher über die verschiedenen Parteien, die mit ihren Götzen heranrücken. Es handelt sich um einen Klassenkampf; es steht ein Kampf bevor zwischen dem vereinigten Proletariate und den zersplitterten Bourgeoispartrien: je mehr sich letztere daher zersplittern, desto besser. Am 24. Februar ist das Jahresfest der Republik, wie soll das Jahresfest gefeiert werden? Durch die Wittwen mit ihren Waisen! antworten die Einen! Nein, antworten die Andern, ich lasse meinen Burschen kommen; der muß daran; er hat länger gewartet als Eure Knäblein. Während so die Parteien ganz offen ihr Spiel treiben, rückt das Jahresfest der Revolution immer näher heran. Das Jahresfest der Revolution ist nicht die Verjährung der Revolution, wohl aber die Verjährung der Republik, d. h. der honetten Republik, der Bourgeois-Republik, der Republik, die aus Verzweiflung sich festgefahren hat in Napoleon. Louis Napoleon ist das Ende der Bourgeois-Republik: er war die letzte Vertröstung der &#x201E;Confiance&#x201C;, des Credits, und mit ihm stürzt Alles, was noch an Dynastie, an Personen erinnert, möge es Namen haben: Orleans oder Henri V.</p>
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          <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 24. Jan.</head>
          <p>Die neugestiftete Societät &#x201E;der Freunde des demokratischen Polens&#x201C; hat an die, als korrespondirende Mitglieder derselben kürzlich beigetretene Kommission des deutschen pariser Vereins, Folgendes in französischer Sprache erlassen:</p>
          <p>&#x201E;Meine Herren von der Kommission! Ich habe Ihre Zuschrift erhalten, worin Sie Ihr Beitreten anzeigen. Ich eile, Ihnen in meinem und aller Polenfreunde Namen unsre Erkenntlichkeit öffentlich darzulegen für die Unterstützung, die Sie hiermit uns anbieten. Dies abermalige Unterpfand der Verbrüderung wird seine guten Früchte tragen. Ihr freiwilliges Beitreten und das gemeinsame wohlverstandene Interesse stellen dafür sichere Gewähr. Als korrespondirende Mitglieder können Sie nunmehr ungemein viel wirken, um die Bande der Sympathie beider Nachbarvölker, des deutschen und des polnischen, fest und immer fester zu schlingen. Der gemeinschaftliche Erbfeind bemüht sich, dieses Band fortwährend zu lockern, aber Sie, meine Herren, können fortan viel zum Bekämpfen des Zwistes und Zwiespalts beitragen, den die gegen die wahre Völkerentwicklung verschwornen Zwingherrn im Norden unaufhörlich zwischen beiden Nationen zu erregen trachten, natürlich in keiner andern Absicht, als um jede derselben desto bequemer knechten zu können. Endlich wird es Ihnen, meine Herren, auch möglich werden, die zwei Gespenster zu bannen, die man den Panslavismus und den Pangermanismus nennt; diese zwei Gespenster, die von den Tyrannen heraufbeschworen und als Schreckgebilde zwischen die germanische und slavische Völkerfamilie gepflanzt wurden, zu dem alleinigen Zweck, das Annähern beider zu verhüten und eine durch die andere zu tyrannisiren. Deutschlands Volk hat noch nicht jene Schuld vergessen, die abzutragen seit der Befreiung Wiens vom Türkenjoche durch polnische Säbel, ihm auferlegt worden ist. Das deutsche Volk hat stets die Zerreißungen Polens als eine Schmach, als einen Frevel betrachtet. Sobald folglich das deutsche Volk freie Stimme fühlte, sprach es dies frank und frei aus vor aller Welt. Seither ist Deutschland freilich wieder hinabgestiegen, aber alle andern auch. Dieselbe Hand, die die polnischen Demokraten schlug, hat Robert Blum und Messenhauser und so viele sonstige deutsche Demokraten erwürgt. Gemeinsamkeit im Leiden, Gemeinsamkeit im Märtyrerthum sichert dem polnischen und dem deutschen Volke eine gemeinsame Befreiung. Was die Zwingmeister lösen und trennen, das zu binden und zu verschmelzen ist die heilige Aufgabe der Demokratie. Gruß und Brüderschaft: V. <hi rendition="#g">Chauffour</hi>, Volksvertreter, Sekretär des Büreaus der Societät der Freunde des demokratischen Polens.&#x201C; Wie gefällt das der Neupreußischen Galgenzeitung? Die französischen frivolen Blätter verhöhnen sie jämmerlich; der Constituant de Toulouse gab neulich einen Bericht über das Spitzbubenblättchen zu Potsdam: &#x201E;Die Herren vom schwarzen Adler im Sande an der Spree wollen offenbar den Champagnerfeldzug von 1792 wiederholen; komisch dabei ist sehr vielerlei, darunter auch, daß der erhabene Monarch, der gegen unsre jugendliche Freiheit damals das Schwert zog und die Schaaren seiner tapfern, aber unaufgeklärten, gefuchtelten, in krankmachende Uniformen gepreßte Krieger gegen das freie Volk Frankreichs trieb, ein Champagnerfreund und heitrer, aber frommer Prinz war, und trotzdem,
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[1125/0003] Gotha, 22. Jan. In der heutigen Sitzung der Abgeordneten-Versammlung wurden so viele gewichtige Stimmen, die ein Antrag des Abg. Brückner geweckt hatte, gegen Preußen laut, daß man daraus die eigentliche Stimmung des Volks, welches nur geringe Sympathien für Preußen hegt, unläugbar erkennen konnte. Es sind nämlich, wie schon berichtet, Unterhandlungen im Werke, welche die thüringischen Staaten und das Königreich Sachsen zu einem Reichskreise, jedoch mit ungefährdeter Selbstständigkeit der einzelnen Länder, vereinigen sollen. In Bezug darauf wurde heute beantragt, an die herzogl. Staatsregierung die Erklärung abzugeben, daß sie die Selbstständigkeit unsers Landes zu erhalten sich bemühen solle, soweit dieselbe in Rücksicht auf Deutschlands Einheit und auf solche Verwaltungszweige, deren Durchführung das Herzogthum Gotha nicht füglich verwirklichen könne, keine nothwendige Beschränkung erleiden müsse, daß aber in Bezug auf solche gemeinsame Einrichtungen nicht eine Verbindung mit den übrigen thüringischen Staaten und dem Königreiche Sachsen, sondern vielmehr mit dem benachbarten Preußen eingegangen werde. Diese Ansicht fand jedoch vielseitigen Widerspruch. Der Abg. Henneberg sprach sich überhaupt für Mediatisirung der kleinern Staaten aus; der Abg. Ritz erklärte sich entschieden über reaktionäre Tendenzen der preußischen Krone; und als der Abg. Schwerdt in die Worte ausbrach: „Wenn wir einmal nicht mehr auf eignen Füßen stehen können, so wollen wir uns lieber unter den sächsischen Rautenkranz als unter die Fänge des preußischen Adlers flüchten!“ da wurde selbst unter der sonst schweigsamen Zuhörerschaft eine so beifällige Bewegung laut, daß man wohl daraus schließen darf, es würden nicht einmal materielle Vortheile, welche ein Anschluß unseres Herzogthums an Preußen gewähren dürfte, den Widerwillen gegen Preußens Politik, der sich in dem Herzen des Volks festgenistet, aufwiegen können. Darum lasse sich durch die Stimmen, welche auch aus Thüringen für Preußens Hegemonie laut geworden sind, Niemand täuschen. Sie sind entweder von der politischen Rathlosigkeit der Gegenwart oder von engherzigen Interessen dictirt. (D. A. Z.) * Kremsier, 19. Jan. In der heutigen Sitzung des Reichstags wurde eine von 46 gallizischen Abgeordneten unterstützte Interpellation durch Machalski verlesen. Sie enthält folgende 4 Punkte: 1) Welche Schritte hat das Ministerium Sr. Maj. eingeleitet, damit die Urheber des Unglücks, welches der Stadt Lemberg und ihren Einwohnern durch das Bombardement zugekommen ist, zur Verantwortung gezogen werden? 2) Welche dermaligen Verhältnisse Galiziens sind es, die den Commandirenden Frhrn. v. Hammerstein und den Landesgouverneur Zalewsky bewogen haben, über die drei Gebiete des Landes in einer Ausdehnung von 1500 Quadratmeilen, und über die Bevölkerung von 5 Mill. Einwohnern die Suspension aller constitutionellen Freiheiten, den Kriegszustand und alle Schrecken des Stand- und Kriegsrechts zu verhängen? 3) Sind die Zustände in Galizien von der Art, daß sie die allgemeine, unbedingte Entwaffnung des Landes, selbst derjenigen Theile desselben gebieterisch verlangen, die wegen ihrer Lage, längs der Grenze des Königreichs Polen und Rußlands in den gebirgigen und waldigen Gegenden des Landes auf einzeln stehenden Gehöften und Meierhöfen durch die Entwaffnung jedes Schutzes gegen gefährliche Landstreicher und wilde Thiere, die in dieser Jahreszeit in jenen Gegenden in Fülle vorkommen, beraubt sind? 4) Haben die Gefahren für den Staat in Galizien die Höhe erreicht, daß sie die gänzliche, ausnahmslose Unterdrückung der Preßfreiheit und andere Ausnahmeverordnungen, welche wegen ihrer unbestimmten, der vielseitigsten Deutung fähigen Fassung Decrete des französischen Convents in Erinnerung bringen, erfordern? Von sämmtlichen Ministern war heute keiner zu sehen; sie hatten sich am frühen Morgen nach Olmütz begeben. * Kremsier, 20. Jan. Der Reichstag hatte auf der heutigen Tagesordnung die Präsidentenwahl stehen. Nach 3 maliger Abstimmung wurde Smolka, Kandidat der Linken, mit 201 Stimmen ernannt, während sein Gegenkandidat Strobach nur 104 Stimmen erhielt. So hat denn die Linke ihren Präsidenten wieder durchgesetzt, der in den Wiener Oktobertagen die Glocke führte. Bei der Wahl der beiden Vizepräsidenten siegte die Linke gleichfalls, indem sie Hein (Troppau) und Prettis (ital. Tirol) gegen resp. einen Tschechen und einen Ruthenen durchsetzte. Ungarn. * Pesth, 18. Januar. Es läuft ein k. k. Standrechts-Gerücht um, daß sich Kossuth mit seinem Korps nach Großwardein begeben habe. In den Kriegsoperationen des 1. und 2. Armeekorps hat die schlechte Witterung einen Stillstand veranlaßt; die Truppen werden einige Zeit in Winterquartieren bleiben. Die k. k. Horden haben Schemnitz besetzt. Die von Windischgrätz an die ungarischen Truppen, d. d. 12. Jan., erlassene Proklamation, worin zur Rückkehr unter die Blutfahne des Standrechtkaisers ermuntert wird, hat nicht den gewünschten Erfolg. Preßburg, 19. Januar. „Daniel Christian Dreßler, auch Kurz genannt, von Preßburg gebürtig, 34 Jahre alt, hat sich als Mitglied des früher hier bestandenen demokratischen Vereins, und auch nach dem Einrücken der Kaiserl. Truppen durch Schimpfreden gegen das Allerhöchste Kaiserhaus des Verbrechens der beleidigten Majestät, und durch mündliche Aufreizung gegen die Regierung der Empörung schuldig gemacht, und ist dessen durch Zeugenaussagen und selbst durch eigenes Geständniß überwiesen. Derselbe wurde mittelst Standrecht zum Tode durch den Strang verurtheilt, jedoch zum Tode mit Pulver und Blei begnadigt, welches Urtheil gestern an demselben vollzogen wurde.“ Agram, 18. Januar. Die Landeskommission hat einen Gesetzvorschlag über die Organisation des verantwortlichen Landeskonsiliums (die Königreiche Kroatien, Slawonien und Dalmatien) verfaßt. Hiernach übt in allen zur innern Verwaltung dieser Königreiche gehörigen Angelegenheiten der Ban als Stellvertreter des Königs die Executivgewalt aus. Alle diesfälligen Anordnungen, Beschlüsse oder Ernennungen sind nur dann gültig, wenn sie vom Ban unterzeichnet und von einem der Staatsräthe gegengezeichnet sind. In den Umkreis des Staatsrath gehören ohne Ausnahme alle Zweige der Staatsverwaltung, inwiefern sie diese Königreiche betrifft. Nur die auswärtigen Angelegenheiten des Staats, inwiefern dieses die Einheit der Monarchie den übrigen europäischen Staaten gegenüber erheischt, die Finanzen, insoweit dieses die gemeinschaftliche Staatsökonomie erfordert, und die Kriegsgeschäfte, inwiefern dieses die äußere und innere Sicherheit des österreichischen Gesammtstaats bedingt, sind dem Centralministerium der Gesammtmonarchie überwiesen und werden in Bezug auf diese Königreiche von demselben unter Gegenzeichnung eines für diese Königreiche bestellten Ministers verwaltet. Jeder Staatsrath ist für Alles, was er im Bereiche seiner Amtssphäre anordnet oder unterzeichnet, oder dem Gesetze zuwider unterläßt, dem heimischen Landtage verantwortlich. Der Staatsrath hat in Agram seinen Sitz. Bei der Centralregierung wird von Seite dieser Königreiche stets ein Minister sich befinden, der alle Anordnungen und Entschließungen des Königs sowohl als auch der Centralregierung, inwiefern sie diese Königreiche betreffen, gegenzeichnen wird. Alle Staatsbeamten, deren Ernennung bisher dem Könige zustand, werden auf Vorschlag des Bans vom König unter Gegenzeichnung des für diese Königreiche bestellten Ministers ernannt. Der Ban ist Präsident des Staatsraths. Die Staatsräthe haben Sitz beim Landtag und müssen auf ihr Verlangen angehört werden. Auf Verlangen des Landtags sind die Staatsräthe schuldig, vor demselben zu erscheinen und die gewünschten Aufklärungen zu geben. Ein Staatsrath kann zur Verantwortung gezogen werden. (Folgen die Bedingungen, unter welchen dies geschehen kann.) Der Landtag entscheidet mit zwei Drittheilen der Stimmen, ob ein Staatsrath in Anklagestand zu versetzen sei. Das diesfällige Richteramt übt der oberste Gerichtshof dieser Königreiche. Das Verfahren wird durch ein besonderes Gesetz festgesetzt. Der verurtheilte Staatsrath kann nur auf ausdrückliches Verlangen der Nation der Strafe enthoben werden. Der Staatsrath hat dem Landtage zur Genehmigung a) den Einkommen- und Kostenvoranschlag für das künftige Jahr, und b) einen genauen und ausführlichen Rechnungsausweis der Landeseinkünfte, die er im verflossenen Jahre verwaltet hat, alljährlich vorzulegen. (Agr. Ztg.) Italien. * Mailand, 16. Jan. Das Hauptquartier Redatzki's wird nach Cremona verlegt. Die Kriegskasse ist bereits hingeschafft. * Rom, 14. Januar. Das Frühjahr ist das Hervorkeimen der frischen Revolution. Von allen Seiten neue Rüstungen, neuer Muth, neue revolutionäre Energie. Eine enventuelle Intervention Frankreichs zu Gunsten des Pabstes erregt von allen Seiten gerechten Unwillen. Man weigert sich diesem Gerüchte Glauben beizumessen, und ist fest überzeugt, daß die franz. Soldaten nur für die Republik, für die Freiheit, für Rom, nicht aber für den Pabst, für Windischgrätz und Oestreich kämpfen würden. Der Pabst! Was soll man von dem „guten Willen“ eines Mannes halten, der in einem Briefe an Zucchi, alle diejenigen Soldaten Verräther nennt, die am 10. November in Rom waren! Und was thut Zucchi? In einem Tagesbefehl ermahnt er die Soldaten, treu zu bleiben der Sache seines Herrn und Meisters! Der Mann des „guten Willens“ zählt auf Hülfe von Seiten des Staates der Inquisition. Spanien soll eine Flotte nach Civita-Vecchia schicken. Daß die unschuldige Isabella den guten Willen hat, stellt Niemand in Abrede. Aber damit Spanien Hülfe schicken kann, müßte ein Wunder geschehn. Der Pabst glaubt an das Wunder, aber die Römer haben allen Glauben an Wunder verloren, seitdem die päbstliche Bulle ihre Wunderkraft verloren hat. Der Prinz von Canino, Sohn Lucian Bonaparte's und Vetter des Präsidenten, ist entschlossen, eine Reihe von Briefen zu veröffentlichen, die dem Verfasser, dem jetzigen Präsidenten Frankreichs, ungemein schaden könnten. Was ihn zu diesem Schritte bewegt, ist die hier allgemein verbreitete Meinung einer französischen Intervention. Der Kardinal Antonelli hat einen Kommentar zu der Protestation von Pius IX. an die Repräsentanten der fremden Mächte gesandt. Die päbstliche Regierung erkennt, daß sie das Volk, die Nationalgarde und die Armee gegen sich hat, und trotz dem sieht sie nur Rebellen! Diese „Rebellen“ appelliren an das allgemeine Stimmrecht, und sind bereit, die päbstliche Gewalt wieder einzusetzen, wenn das Stimmrecht sich gegen sie ausspricht! Aber der Pabst will das Stimmrecht der „Rebellen“ hintertreiben. Die Rebellen dürfen kein „Stimmrecht ausüben! Und Pius IX. appellirt seinerseits an die Oestreicher! Rom, 15. Jan. Die Regierung setzt so eben einen Wohlfahrtsausschuß ein, der Jeden richten soll, welcher es wage, der Constituante entgegenzuarbeiten. Jedes derartige Individuum wird als Vaterlandsverräther behandelt. Wie es heißt, hat dieses Revolutionstribunal in der Entdeckung einer Verschwörung seinen Grund, welche die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Pabstes zum Zweck hatte. Spanien. Madrid, 18. Jan. Die Regierung ist vom Einfall zweier neuer Insurrektionscorps in Navarra offiziell unterrichtet worden. Die baskischen Provinzen sind in Belagerungsstand erklärt worden. Diese Maaßregel, die wir einem französ. Gränzblatt entnehmen, gäbe, findet sie sich bestätigt, der Carlistisch-Progressistischen Bewegung einen ernsten Charakter. Belgien. 127 Lüttich, 24. Jan. Die einzige Person, die seit einiger Zeit frei und ungehindert in Belgien reisen kann, ist die Cholera. Sie treibt sich seit einem Monate im Wallonenlande herum und hat bereits an vielen Thüren angeklopft. Da die Luft der Ausländer, den Musterstaat kennen zu lernen, allmählig nachläßt, und die Zahl der Reisenden sich von Tag zu Tag vermindert, so hat man um so mehr Ursache, den Besuch der asiatischen Dame geheim zu halten. Sie sucht auch nur die schlechteste Gesellschaft auf, d. h. sie mordet namentlich Arbeiter; aber wie gesagt, ganz incognito. Wie man versichert, sind gestern die Fabriken von Seraing theilweise geschlossen, worden, weil die Krankheit so rasche Fortschritte unter dem Proletariate machte, daß man gerechte Befürchtungen hegen mußte, sie möge sich auch allmälig bis zu den höhern Klassen der Gesellschaft versteigen. Schade, daß die Cholera keine politisch Flüchtige ist, man würde sie sonst auch in den Mammelocker einsperren. Jedenfalls muß ich noch auf den merkwürdigen Umstand aufmerksam machen, daß die Cholera ohne Paß die Gränze zu passiren wußte. Die Gränzgensd'armerie soll vom Gouvernement eine bedeutende Nase erhalten haben. Französische Republik. 12 Paris, 23. Jan. Wäre es nur, um die Partei des National ein- für allemal zu stürzen, so müßte man schon aus diesem Grunde wünschen, daß die Nationalversammlung aufgelöst werde. Wer ist wieder Schuld, daß die Angeklagten vom 15. Mai vor ein exceptionelles Gericht, vor den sogenannten hohen Gerichtshof gestellt werden? Anders keiner als der National. Der National haßt die Partei des Napoleon, er haßt die Partei Thiers, Molé, er haßt die Orleanisten und Bourbonen und Kaiserlichen — das begreift sich; er haßt die Montagne und die Partei Ledru-Rollins, dagegen läßt sich nichts einwenden. Daß er aber, zwischen dem Hasse beider Parteien getheilt, sich zur erstern schlug, als es galt, die Freunde der letzteren in Anklagezustand zu setzen, daß er dem Ministerium Recht gab in seinen exceptionellen Maßregeln, und dadurch die ihm bei der Vertheidigung der jetzigen Kammer Verbündeten in dem Stich ließ, daß er mit einem Worte die gewöhnlichen Geschwornen nicht zulänglich fand für die Bestrafung des Attentats vom 15. Mai, das läßt sich kaum begreifen, wenn man bedenkt, daß die Gefahr, welche dem National von Seiten des Ministeriums droht, weit größer ist, als die, welche ihm am 15. Mai bevorstand. Als unter der Herrschaft Guizots die geheimen Gesellschaften sich über die Maßregeln besprachen, welche man im Falle eines glücklichen Ereignisses vor allen zu nehmen habe, da soll Ledru-Rollin ohne Zaudern geantwortet haben: Hängt die Kammer. — „Die ganze Kammer, ohne Ausnahme?“ — „Ja, ohne eine einzige Ausnahme, alle, mich mitbegriffen.“ Als am 15. Mai die Proletarier in die neue republikanische Kammer drangen, und die alten Männer der Bourgeoisie erblickten, da ergriff sie eine Wuth, die unbeschreiblich. Es waren ihrer über 200,000 Mann, sie waren siegreich und die Kammer war in ihren Händen. Die Partei des National war damals diejenige, die am zahlreichsten sich vertreten fand. Aber die Partei des National hatte noch keinen Cavaignac und sie beherrschte die Partei Thiers-Mole-Barrot durch die Neuheit möchte man sagen, durch die Namen der Republik, hinter welcher man Republikaner aller Art als Vertheidiger wähnte. Der Angriff am 15. Mai scheiterte nicht an den Feinden, sondern an den Freunden, die sich innerhalb der Kammer befanden. Statt die Kammer faktisch aufzuheben, begnügte man sich, sie aufzulösen. Nach zwei Stunden war sie wieder zusammen, und der National konnte es der Montagne nie verzeihen, daß sie Männer hatte, welche mit seinen Feinden fraternisirten. Als am 10. Dezbr. Napoleon zum Präsidenten proklamirt und die ganze Partei des National mit einem Schlage aus dem Sattel gehoben wurde, da wurde sie durch ihr gemeinsames Schicksal mit der Partei der Reform dieser Partei wieder zugeführt, und „National und Reforme“ bekämpften gemeinsam den Entwurf zur Auflösung der konstituirenden Versammlung. Kaum aber kommt eine Maßregel zur Sprache, die vielleicht den frühern Feinden des National einigen Vorschub leisten könnte, so tritt diese Partei zurück, und wirft sich ihren Todfeinden in die Arme. Gewiß, es bleibt nichts anders übrig, als die Auflösung der Kammer. Der National hat dieselbe beschleunigt, und es ist unmöglich, daß die Organe der Montagne länger noch eine Kammer beschützen können, die ganz zu denselben exceptionellen Maßregeln ihre Zuflucht nimmt, wie die Kammern zur Zeit der beiden Bourbonen. Bedenkt man nun noch, daß die Anordnung des Gerichtshofes nach der Vollbringung des Verbrechens stattfand, daß man so dem Gesetze eine rückwirkende Kraft beilegt, so muß man sich freuen, daß durch den Beschluß dem Proletariat die Gelegenheit geboten ward, seine letzten Illusionen über die Kammer zu verlieren. Was nun den hohen Gerichtshof selbst anbetrifft, wie er von der Kammer beschlossen worden, so kann derselbe nicht mehr Empörung hervorrufen, als die Kriegsgerichte, die noch beständig gegen die Juni-Insurgenten funktioniren. In dieser Hinsicht hat Odilon-Barrot ganz Recht. Die Kammer war von ihrem Beginne an eine Bourgeoiskammer, und ihre revolutionären Anfälle betrafen nur die Fragen über ihre eigene Existenz. Der hohe Gerichtshof soll in Bourges zusammenkommen. Der hohe Gerichtshof, wo der Prozeß Baboeuf's verhandelt wurde, hatte seinen Sitz zu Vendôme. 12 Paris, 24. Januar. Wie die Sachen jetzt stehen, können sie nicht fortbestehn: darüber sind alle Parteien einig. So ein gänzliches Stillstehn in der „Regierungsmaschine“ ist noch nicht vorgekommen. Alles ist gelähmt, und die öffentliche Macht ist so ohnmächtig geworden, daß man sie über Nacht überrumpeln kann: d. h. man kann vom Abend bis Morgen sich träumen lassen, Napoleon, Louis Philipp oder Heinrich V zu sein. Die Republik mit ihrem Präsidenten, Ministerium und ihrer Kammer hat sich festgefahren, und der erste beste, der Hand an sie legt, hat sie: ob er sie behalten wird, das ist eine andere Frage. Die Franzosen sind so weit gekommen, daß sie recht gut einsehn, wie wenig in diesem Augenblick eine Regierungsform, die mit verschollenen Namen heranrückt, etwas ausrichten kann. Sie lachen daher über die verschiedenen Parteien, die mit ihren Götzen heranrücken. Es handelt sich um einen Klassenkampf; es steht ein Kampf bevor zwischen dem vereinigten Proletariate und den zersplitterten Bourgeoispartrien: je mehr sich letztere daher zersplittern, desto besser. Am 24. Februar ist das Jahresfest der Republik, wie soll das Jahresfest gefeiert werden? Durch die Wittwen mit ihren Waisen! antworten die Einen! Nein, antworten die Andern, ich lasse meinen Burschen kommen; der muß daran; er hat länger gewartet als Eure Knäblein. Während so die Parteien ganz offen ihr Spiel treiben, rückt das Jahresfest der Revolution immer näher heran. Das Jahresfest der Revolution ist nicht die Verjährung der Revolution, wohl aber die Verjährung der Republik, d. h. der honetten Republik, der Bourgeois-Republik, der Republik, die aus Verzweiflung sich festgefahren hat in Napoleon. Louis Napoleon ist das Ende der Bourgeois-Republik: er war die letzte Vertröstung der „Confiance“, des Credits, und mit ihm stürzt Alles, was noch an Dynastie, an Personen erinnert, möge es Namen haben: Orleans oder Henri V. 17 Paris, 24. Jan. Die neugestiftete Societät „der Freunde des demokratischen Polens“ hat an die, als korrespondirende Mitglieder derselben kürzlich beigetretene Kommission des deutschen pariser Vereins, Folgendes in französischer Sprache erlassen: „Meine Herren von der Kommission! Ich habe Ihre Zuschrift erhalten, worin Sie Ihr Beitreten anzeigen. Ich eile, Ihnen in meinem und aller Polenfreunde Namen unsre Erkenntlichkeit öffentlich darzulegen für die Unterstützung, die Sie hiermit uns anbieten. Dies abermalige Unterpfand der Verbrüderung wird seine guten Früchte tragen. Ihr freiwilliges Beitreten und das gemeinsame wohlverstandene Interesse stellen dafür sichere Gewähr. Als korrespondirende Mitglieder können Sie nunmehr ungemein viel wirken, um die Bande der Sympathie beider Nachbarvölker, des deutschen und des polnischen, fest und immer fester zu schlingen. Der gemeinschaftliche Erbfeind bemüht sich, dieses Band fortwährend zu lockern, aber Sie, meine Herren, können fortan viel zum Bekämpfen des Zwistes und Zwiespalts beitragen, den die gegen die wahre Völkerentwicklung verschwornen Zwingherrn im Norden unaufhörlich zwischen beiden Nationen zu erregen trachten, natürlich in keiner andern Absicht, als um jede derselben desto bequemer knechten zu können. Endlich wird es Ihnen, meine Herren, auch möglich werden, die zwei Gespenster zu bannen, die man den Panslavismus und den Pangermanismus nennt; diese zwei Gespenster, die von den Tyrannen heraufbeschworen und als Schreckgebilde zwischen die germanische und slavische Völkerfamilie gepflanzt wurden, zu dem alleinigen Zweck, das Annähern beider zu verhüten und eine durch die andere zu tyrannisiren. Deutschlands Volk hat noch nicht jene Schuld vergessen, die abzutragen seit der Befreiung Wiens vom Türkenjoche durch polnische Säbel, ihm auferlegt worden ist. Das deutsche Volk hat stets die Zerreißungen Polens als eine Schmach, als einen Frevel betrachtet. Sobald folglich das deutsche Volk freie Stimme fühlte, sprach es dies frank und frei aus vor aller Welt. Seither ist Deutschland freilich wieder hinabgestiegen, aber alle andern auch. Dieselbe Hand, die die polnischen Demokraten schlug, hat Robert Blum und Messenhauser und so viele sonstige deutsche Demokraten erwürgt. Gemeinsamkeit im Leiden, Gemeinsamkeit im Märtyrerthum sichert dem polnischen und dem deutschen Volke eine gemeinsame Befreiung. Was die Zwingmeister lösen und trennen, das zu binden und zu verschmelzen ist die heilige Aufgabe der Demokratie. Gruß und Brüderschaft: V. Chauffour, Volksvertreter, Sekretär des Büreaus der Societät der Freunde des demokratischen Polens.“ Wie gefällt das der Neupreußischen Galgenzeitung? Die französischen frivolen Blätter verhöhnen sie jämmerlich; der Constituant de Toulouse gab neulich einen Bericht über das Spitzbubenblättchen zu Potsdam: „Die Herren vom schwarzen Adler im Sande an der Spree wollen offenbar den Champagnerfeldzug von 1792 wiederholen; komisch dabei ist sehr vielerlei, darunter auch, daß der erhabene Monarch, der gegen unsre jugendliche Freiheit damals das Schwert zog und die Schaaren seiner tapfern, aber unaufgeklärten, gefuchtelten, in krankmachende Uniformen gepreßte Krieger gegen das freie Volk Frankreichs trieb, ein Champagnerfreund und heitrer, aber frommer Prinz war, und trotzdem,

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 206. Köln, 27. Januar 1849, S. 1125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz206_1849/3>, abgerufen am 21.11.2024.