Neue Rheinische Zeitung. Nr. 205. Köln, 26. Januar 1849.versucht und durchgeführt und in vielen Provinzen des Landes ein ärgeres Regiment ausgeübt, als wenn bereits Kosaken und Panduren uns in Beschlag genommen hätten? Es geschah, weil wir im vorigen Mai eine Masse Leute als Vertreter nach Berlin schickten -- von den offenen Volksfeinden und Volksverräthern gänzlich abgesehen -- die weder kalt noch warm, weder Fisch noch Fleisch, sondern erbärmliche Buttermilch-Seelen waren, denen erst dann ein kleines Licht aufging und einiger Muth, einige Energie nöthig schien, als sie durch ihre eigene Schuld die Feinde des Volkes hatten Kräfte sammeln lassen, mit einem Wort als es zu spät war. Ohne jene saft- und kraftlosen, hin- und herschwankenden, zum Theil nur vom spießbürgerlichsten Ehrgeiz getriebenen Zwitterwesen, namentlich auf den Bänken des linken Centrums und theilweise auch der Linken, wäre der contrerevolutionären Partei nicht so der Kamm geschwollen, nicht Zeit und Mittel gelassen worden, um den Staatsstreich nach allen Seiten hin einzufädeln und für eine, wenn auch kurze Zeit, erfolgreich durchzuführen. Weit mehr noch, als im Mai, thut jetzt die Wahl ganz entschiedener Abgeordneten Noth. Damals war das absolute König-, das Beamten- und Junkerthum voll Unschlüssigkeit und Angst, gedemüthigt und rathlos. Gegenwärtig hat es alle alten Positionen wieder gewonnen, die alte Frechheit ist zurückgekehrt und die ganze saubere vormärzliche Wirthschaft hat eine neue und vermehrte Auflage erlebt, die sich von der früheren nur durch einige konstitutionelle Phrasen und durch größere Brutalität unterscheidet. Die gottbegnadete Regierungspartei hat ihre entschlossensten Anhänger hingestellt, Leute, deren An- und Absichten für Niemanden ein Geheimniß sind; sie operirt mit ihren Wrangels, Manteufels, Ladenberg-Eichhorns, Hinkeldei's etc., um sich wieder recht festzusetzen. Es liegt nun den wahrhaft freigesinnten, den demokratischen Wahlmännern ob: jener Schaar der russisch-österreichisch-preußischen Allianz Volksvertreter entgegen zu stellen, die den Gottesbegnadeten an Klarheit, Entschiedenheit und Festigkeit mindestens gewachsen sind. Dazu ist sorgfältige Prüfung und Berathung und schließlich Einigung über die zu Wählenden nöthig. Daß Niemand zum Deputirten tauglich ist, der sich nicht dem Protest gegen die mit Kanonen und Bajonetten aufgezwungne Verfassung vom 5. Dezbr. anschließt und sich verpflichtet, sie unter keiner Bedingung zu genehmigen, weil sie das Werk der List und Gewalt und ihr Zweck des Volkes Verderben ist, das versteht sich von selbst, das ist das Mindeste, was von einem Volksvertreter verlangt werden muß. Allein der zu Wählende muß uns auch Garantien bieten, daß er nur für Eine Kammer und für direkte Wahlen, für Aufhebung sämmtlicher Feudallasten und Steuerbefreiungen, sowie des Adels überhaupt stimmen, dagegen jeden Census bei den Wahlen der Volksvertreter, Gemeinde- und Kreisbeamten, der Geschwornen etc. bekämpfen wird. Vor allem aber muß der Kandidat die Energie und die Entschiedenheit der politischen Ansichten besitzen, welche erforderlich sind, um der contre-revolutionären Gewaltherrschaft mit Erfolg entgegenzutreten. Wahlmänner! Benutzt die Zeit bis zum 5. Februar. Auf Euch lastet eine große Verantwortlichkeit. Ihr habt sie übernommen, täuscht nicht das Euch geschenkte Vertrauen. Das Volk erwartet von Euch, daß Ihr Männer der entschiedensten Farbe und des entschiedensten Charakters wählt. Denn unsre Vertreter werden nicht nur ihre entschiedene Gesinnung, sie werden auch, den Bajonetten gegenüber, ihren revolutionären Muth zu beweisen haben. * Köln, 25. Jan. Zu unsern bisherigen Wahlberichten fügen wir folgende Notizen hinzu: In Ratingen sind sämmtliche Wahlen, 16 an der Zahl, auf Demokraten gefallen. In der bedeutenden Bürgermeisterei Gerresheim ist nur ein einziger "Konstitutioneller" durchgegangen, außer ihm nur Demokraten. Was Düsseldorf anlangt, so sind unter seinen 167 Wahlmännern 141 Demokraten und 26 "Konstitutionelle" (Reaktionäre). In Dahlen und Viersen 3/4, in Geilenkirchen, Glehn, Dormagen alle Wahlmänner Demokraten. In den Moselortschaften von Croev bis Bernkastel vollständiger Sieg der Demokratie, im Kreise Wittlich desgleichen. Und was Trier anlangt, so wird über den Ausgang der dortigen Wahlen sich Niemand wundern, als höchstens die "Heuler", die vielleicht geglaubt haben, daß ihre schändlichen Mittel am Ende doch einige Wirkung haben könnten. Sie sind enttäuscht. Die demokratische Partei hat in sämmtlichen 18 Wahlbezirken, mit Ausnahme des 12ten den vollständigsten Sieg erhalten. Im 12ten Bezirk allein setzten die Heuler ihre Kandidaten durch, allein nur mit einer Stimme Majorität. Kurz, alle Nachrichten aus der Rheinprovinz stimmen darin überein, daß überall die Demokraten gesiegt haben, mit Ausnahme von Crefeld und Barmen. Was Westphalen anbetrifft, so sind die Siege der Demokraten hier noch überraschender, ja gänzlich unerwartet. Es gehörte die ganze Brutalität einer Manteufflischen Verfolgungswuth dazu, die "lieben guten Westphalen" aus ihrer politischen Indolenz aufzustacheln. Aber es ist vollständig gelungen; die Dezemberverfolgungen, unerhört selbst in den Annalen der vormärzlichen Landrechtspraxis, haben ihre Früchte getragen. In Münster sind 4/5, in Paderborn 8/9, in Bocholt 4/5, in Bielefeld 3/4 der Wahlmänner Demokraten. Auch hier haben wir bisher nur aus dem Kreise Hagen schlechte Nachrichten erhalten. Damit stelle man zusammen was wir aus Berlin, Potsdam, Breslau, Magdeburg etc. etc. berichten, und dann sage man ob wir, wie Ehren-Brüggemann sich tröstet, "zu früh frohlockt" haben! 133 Geilenkirchen, 23. Januar. Die hiesigen Wahlen sind ganz zu Gunsten der Demokratie ausgefallen. Sechs Wahlmänner waren hier zu wählen; alle sechs Wahlen fielen auf die Kandidaten des hiesigen Bürgervereins. Wir hatten den Triumph, daß zuerst der Vorsitzende des hiesigen Bürgervereins, Herr Eduard Nacken, mit glänzender Majorität durchkam gegen den von der Gegenpartei aufgestellten Kommissarius, Herrn von Cynatten, der früher gegen den Verein inquirirt hatte. Unter den Gewählten ist ebenfalls der Märtyrer der Inquisition, Herr Richter Kampmann. In unsern umliegenden Ortschaften ist im allgemeinen ein gleiches Resultat zu erwarten. * Glehn, Kreis Neuß. Hier sind alle Wahlen im demokratischen Sinne ausgefallen. 134 Dormagen. Auch hier gehören die sechs Wahlmänner sämmtlich der demokratischen Partei an. 119 Bielefeld, 22. Jan. Die Wahlurne hat sich geleert, und es ist nichts darin zurückgeblieben als die enttäuschten Hoffnungen der hiesigen sogenannten konstitutionellen Partei. Alle Umtriebe, die ganze Sündfluth von Flugblättern, alle Agitationen des Wahlcomite's, alle süßen Ansprachen vermeintlich einflußreicher Personen sind vergeblich gewesen. Stark über 2/3 der Wahlmänner in unserem sonst als so konservativ bekannten Kreise sind im demokratischen Sinne ausgefallen. Ja das Unglaublichste ist geschehen! Der hiesige hochwohlweise Bürgermeister hat die Konkurrenz mit einem Maurer-Gesellen nicht bestehen können. Im 1. Wahlbezirke, zu welchem nur Einwohner hiesiger Stadt und zwar größtentheils Bourgeois vom reinsten Wasser und konservativem Vollblut gehörten, steht die Wahl al pari, in dem zwei von der demokratischen Partei aufgestellte Kandidaten durchkamen. Die Wahl des 5. Wahlmanns ist ungültig, da zwei Brüder zu den Urwählern zählten und nicht alle Stimmzettel den Vornamen oder eine sonstige nähere Bezeichnung des einen oder andern enthielten. Mit welcher Habgier dieser konstitutionelle Wahlmann festgehalten wurde, geht daraus hervor, daß der Wahlvorsteher Herr J. R. B., welcher zugleich der Leithammel der hiesigen konstitutionellen Partei ist, die Wahl aus dem Grunde zu salviren suchte, weil in der Vorwahl am seligen Polterabend nur Einer von den 2 Brüdern gewählt worden und daher auch dieser bei der officiellen Wahl als gemeint zu betrachten sei! Man sieht die octroyirte Logik! Das Wahlbüreau erklärte die Wahl indeß für gültig. Der dagegen sofort erhobene schriftliche Protest wird jedoch bei den klaren Worten des Gesetzes hoffentlich Berücksichtigung finden. Daß in den Bezirken, worin das Militär die bedeutende Mehrzahl ausmacht, mehr Wahlmänner als in den übrigen Bezirken und nur Ultra-Reaktionäre gewählt werden mußten, versteht sich von selbst. X Münster, 22. Jan. Die "treue, wahre und feste" Stadt, war nach der Aufregung des November wieder ruhig geworden; selbst die Trias v. Bodelschwingh, v. Olfers und Tüshaus schlief getrost. Die Soldaten hatten ja die treuen, wahren und festen Bürger gehörig durchgeledert, ohne bestraft worden zu sein und die Führer des Volks lagen im Kerker. Warum sollte die Trias nicht nach Berlin schreiben: "Die Maßregeln haben superbe gefruchtet, die guten Burger erkennen in Manteuffel den Engel des Friedens u. s. w." Aber heute! das durch preußische Kniffe zusammengehaltene Kartenhaus hat der Wind umgeweht, auf 98 Wahlmänner sind über achtzig Kandidaten der liberalen Partei, durchgegangen. Selbst die klerikale Partei ist völlig geschlagen, was freilich der kath. Verein durch alberne Plakate sehr befördert hat. -- Nur in der Nähe der Kaserne sind einige Leute wie Windhorst gewählt, aber kein Olfers, kein Tüshaus! Die Bürgerwehr hatte schon früher beschlossen, letzteren aus ihrer Mitte auszustoßen. Darauf soll er die Lage des Münsterlandes als höchst gefährlich geschildert, und auf Untersuchung gedrungen haben. Es ist unbestritten, daß die Stimmung in Münster im November sehr gefahrdrohend war und ist es noch, ja sie wird es bleiben, so lange die Regierung Münsters in den Händen solcher mißliebiger Männer ist. Die Plakate des kath. Vereins wurden vom Volke zerrissen, denn es fühlte die Gemeinheit, daß darin unverblümt die politischen Gefangenen Verschwörer genannt waren -- selbst in den Kirchen ist über die Predigten lautes Gemurmel entstanden. Die Herren Pfaffen haben es gesehen: Münster ist kein Luzern. Daß die Wahlen im Münsterlande überall gut ausgefallen sind, läßt sich nicht bezweifeln. Hier ist kein Mittel unversucht gelassen, das Volk zu hintergehen. -- Der Merkur hatte die Schamlosigkeit am Tage vor den Wahlen anzuzeigen: der kath. Geheimrath Aulike in Berlin, ein Münstersches Kind, sei -- -- Oberpräsident geworden. Man hat mit Verlegung der Behörden gedroht! Alles vergebens! Ja alles vergebens 83 gegen 15! *) X Münster, 23. Jan. Hr. Temme sitzt noch immer im Zuchthause, er ist bereits seit 14 Tagen erkrankt, so daß er fortwährende ärztliche Hülfe nöthig hat. Diese Haft verschuldet aber der Justizminister Rintelen, ein früherer Freund Temmes. Hr. Justizminister Rinteln hatte nicht die Befugniß, die Temmesche Untersuchung an das Ob.-L.-Gericht in Paderborn aus dem Grunde zu verweisen, "um allen Schein der Parteilichkeit zu vermeiden." Das war ein Akt der Willkür! Der Justizminister mußte sich erklären, ob er das Perhorrescenzgesuch des Temme gesetzlich für begründet hielt, und dann konnte sich das O.-L.-G. zu Paderborn nicht entbrechen, die Sache vor sein Forum zu ziehen, denn die Kriminalordnung ist in Westphalen nicht aufgehoben, und nach ihr hat der Gerichtsstand des begangenen Verbrechens höchstens die Befugniß, niemals die Pflicht, eine Untersuchung von dem Gerichtsstande der Person zu avoziren. Die Sache ist die, daß nach dem Gesetz auch das Kammergericht sich für inkompetent erklären muß. Solche Verwickelungen dürften nicht zum Nachtheil des Herrn Temme gereichen. Als die Perhorrescenz des hiesigen Gerichts genehmigt war, mußte Temme sofort entlassen werden, denn eine gültige Untersuchung existirte nicht mehr. Jetzt schwebt die Sache zwischen Himmel und Hölle, und die Regierung benutzt nicht einmal die Gelegenheit, durch beschleunigte Einsendung der Akten nach Frankfurt die Erlösung Temmes herbeizuführen. Immer aber bleibt die Suspension Temmes bestehen! Nachdem das hiesige Ob.-L.-Gericht dadurch vor ihm gesichert ist, hat es jetzt die Entlassung beantragt, man sagt auf einen Wink von Oben. Inzwischen haben die Untersuchungen gegen die übrigen Angeklagten ihre Nachtmütze aufgesetzt, d. h. sie geruhen gänzlich zu ruhen! Es ist faktisch, daß auf alle Beschwerden und Entlassungsgesuche der Angeklagten nicht einmal eine Antwort erfolgt -- und die ist doch selbst ein Verbrecher berechtigt zu fordern. Wir wünschen dem Ministerium Brandenburg-Rintelen -- langes Leben! zum Heil der Demokratie! 103 Breslau, 22. Jan. Die hiesigen "Heuler" aller Schattirungen, unter der Firma "Konstitutionelle" mit einander verbunden, haben das Herzeleid erlebt, daß ihnen alle Mittel -- und selbst die niederträchtigsten sind in reichlicher Menge benutzt worden -- am Ende dennoch fehlgeschlagen. Traurig, aber wahr! An der Disciplin der hiesigen Parteien kann man sich übrigens an andern Orten ein Beispiel nehmen. Es war Alles so organisirt, daß die meisten der durchgebrachten Kandidaten auf der einen wie andern Seite immer gleich beim ersten Scrutinium erwählt wurden. Engere Wahlen bildeten eine seltene Ausnahme. Die Zahl der in den Listen verzeichneten Urwähler betrug 23,894. Um das Wahlresultat kurz zusammen zu fassen, theile ich Ihnen mit, daß zwei Drittel der Wahlmänner zur demokratischen, und nur ein Drittel zur reaktionären oder sich so nennenden "konstitutionellen" Partei gehört! Aus Brieg erfahre ich so eben, daß unter den dortigen 49 Wahlmännern 48 Demokraten sind und -- 1 Konstitutioneller! O, wie traurig. Er kann nun singen: "Einsam bin ich ganz alleine etc." So weit wir bis jetzt Nachrichten aus der Provinz haben, lauten sie insgesammt günstig. 105 Münster, 23. Januar. Die hiesigen Dezembergefangenen haben folgende Adresse an den Justizminister Rintelen erlassen: Excellenz! Seit länger als fünf Wochen werden wir hier in Haft gehalten. Unsere Gesundheit leidet schwer unter dieser Geistes- und Körperqual, aber noch mehr leidet unser Rechtsgefühl unter dem peinigenden Bewußtsein, das Opfer einer eben so ungerechten als schmachvollen Behandlung zu sein. Bei Ew. Excellenz haben wir bereits vor vier Wochen auf Aufhebung der Haft angetragen. Ew. Excellenz haben nicht darauf geantwortet. Wir wiederholen jetzt den Antrag. Ew. Excellenz verkündigen unter dem 11. d., daß nicht von Ihnen die Anweisung zu den gerichtlichen Verfolgungen der Abgeordneten der aufgelösten National-Versammlung ausgehe, sondern daß die Gerichte selbstständig, nach eigenem Ermessen handeln. Ew. Excellenz aber werden endlich, als oberster Wächter des Rechts, dem nicht durch ein Erkenntniß, sondern durch eine Verfügung der Gerichte entstandenen Unrecht entgegen treten. Als das Ministerium Brandenburg durch seine Schritte gegen die National-Versammlung die Brandung der Aufregung in das ganze Volk warf, als fast Jedermann die konstitutionelle Freiheit in ihren Grundfesten bedroht sah: da regten öffentliche Blätter, insbesondere auch die gewiß konservativ Kölnische Zeitung, die Idee eines Gemeindetages in jeder Provinz an, damit die öffentliche Meinung sich unbeirrt ausspreche. Auch in Münster bildete sich ein Centralcomite, welches durch die Zeitungen einen Kongreß von Abgeordneten der Stadt- und Landgemeinden, Bürgerwehren und Vereinen nach Münster berief. Dieser Kongreß wurde beschickt von acht Stadö- und Landgemeinden, neun Bürgerwehren, zwanzig konstitutionellen Vereinen, sieben Volksvereinen, vierzehn demokratischen Vereinen und zehn Volksversammlungen, und seine Mitglieder waren: 5 Justizkommissarien, 4 Assessoren, 11 Referendarien, 5 Offiziere a. D., 9 Aerzte, 2 Apotheker, 35 Kaufleute, 14 Gewerbsleute, 2 Fabrikanten, 6 Lehrer und 30 Gutsbesitzer, Schulten und Ackerwirthe, 8 Stadtverordnete oder Stadträthe, ein Regierungsrath, Kanonikus, Ober-Landesgerichts-Sekretär, Bau-Inspektor, Geometer, Amtmann, Rentmeister, Postexpediteur, Mechaniker u. s. w. Ihre große Mehrzahl bestand nicht aus heißkopfigen jungen Leuten, sondern aus besonnenen, mit Familie und Vermögen ansässigen Männern. Dieser Kongreß tagte am 18. und 19. November öffentlich und unter den Augen der Behörden, seine Protokolle wurden für die Oeffentlichkeit bestimmt, seine Verhandlungen waren ernst und gemessen, keine Schmähung wider die Krone, kein Angriff wider die Persönlichkeit irgend Jemandes, kein feindseliges Wort gegen die konstitutionelle Staatsverfassung wurde auf diesem Kongresse laut, und sein Resultat waren Beschlüsse über einige Erklärungen und Aufrufe, wie sie in jener Zeit in vielen tausend Adressen und Versammlungen in allen Theilen des Staates viel stärker gegeben wurden. Der Congreß hielt sich durchaus auf konstitutionellem Rechtsboden. Er wollte von vornherein nichts anders thun und that nichts anderes, als daß er einerseits der National-Versammlung in ihrem Kampfe mit dem Ministerium Brandenburg eine moralische Unterstützung gewährte, und daß er andererseits ungesetzliche Ausbrüche des Volsunwillens verhütete, indem er der allgemeinen Aufregung ein gesetzliches und friedliches Mittel darbot, sich auszusprechen. Ohne diesen Congreß wäre Westphalen vielleicht nicht so sehr von Ruhestörungen verschont geblieben. Gleich nach Beendigung der Verhandlungen reisten die Mitglieder in ihre Heimath zurück, es trat der politische Umschwung ein, der Congreß war wie verschollen, keiner der beschlossenen Aufrufe wurde erlassen, nur einzelnen Mitgliedern wurde zum Andenken noch der gedruckte Protokollauszug zugesandt. Kein Mensch hatte einen Gedanken daran, daß dieser Congreß der politischen Verfolgung einen Anlaß bieten könne. Man hätte den gesunden Menschenverstand erst an sich irre machen müssen, um ihn begreifen zu lassen, daß auf diesem Congresse Hochverrath begangen sei. Indessen das Unbegreifliche geschah. Am Ende November überfiel hier, wie auch in andern Städten ein Haufen Soldaten mit Säbeln mörderisch eine ruhige Volksversammlung von unbewaffneten Bürgern, gleichsam um einen Aufstand hervorzurufen; sodann wurde eine Generalanweisung des Ministers des Innern ruchbar, die Führer der Volkspartei durch Verhaftungen und auf andere Weise in ihrer Wirksamkeit hemmen zu lassen; der Regierungspräsident v. Bodelschwingh hielt darauf zu Hamm eine geheime Versammlung mit Landräthen, und gleich darauf beschloß das hiesige Land- und Stadtgericht die Untersuchung und Verhaftung "wegen Unternehmens einer Umwälzung der preußischen Staatsverfassung" gegen zwanzig Mitglieder des Congresses. Die Verhafteten kommen guten Muths in die dumpfen Gefängnißzellen, sie konnten nicht anders denken, als daß irgend eine lächerliche Anklage einer gräßlichen Verschwörung gegen sie vorgebracht sei, welche bald in ihr Nichts zergehen müsse. Da aber Verhör auf Verhör nur die Congreßbeschlüsse zum Gegenstande nahm, konnte dies Anfangs nur Heiterkeit erregen. Dieser folgte jedoch, als die Kerkerleiden, die Angst um die Familie, die folternden Gedanken über solch einen Criminalprozeß einen nach dem andern auf das Krankenlager warfen, der Groll und die Empörung des Gefühls über so maßloses Unrecht. Des Congresses wegen verhaftet sind jetzt: Lehrer Blumenfeld aus Essen, die Ober-Landesgerichts-Referendarien Jacobi, Hammacher und Reinhardt, Justizkommissar Gierse, Stadtverordneter Hartmann aus Münster, Dr. Graumann und Eisenbahningenieur v. Mirbach aus Dortmund, Justizrath Groneweg aus Gütersloh, O.-L.-G.-Ref. Löher aus Paderborn, Kanonikus v. Schmitz aus Soest. Der 72jährige Lieutenant a. D., Stricker, ist, weil der Kerker ihn zu tödten drohte, entlassen. Die Verhaftung konnte nicht vollstreckt werden gegen die abwesenden Prem.-Lieut. a. D. Henze aus Hamm, O.-L.-G.-A. Möllenhoff, O.-L.-G.-R. Bansi und Stierlin aus Münster, Kaufmann Rempel aus Bielefeld, O.-L.-G.-R. Rohling aus Rheine. Warum aber, fragt jeder, wurden von den 158 Congreßmitgliedern nur gegen diese zwanzig Verhaftsbefehle erlassen? Waren sie schuldiger als die übrigen? Unmöglich, es sind mehrere darunter, welche keineswegs auf dem Congresse hervortraten. Oder sind etwa sammtliche Redner verhaftet? Nein! Sämmtliche Antragsteller? Nein! Sämmtliche Mitglieder des Centralausschusses? Nein! Sämmtliche Urheber und Berufer des Congresses? Nein! Warum denn grade diese zwanzig? Man erräth es nicht, es ist kein Grund denkbar, als, um es mit einem gelinden Ausdrucke zu bezeichnen, die höchste Einseitigkeit. Durch den Congreß soll Hochverrath begangen sein, -- nach den ausdrücklichen Bestimmungen der §§. 94, 96, 97 A. L.-R. II. 20 sollen alle Urnehmer und Theilnehmer, alle, welche auch auf entferntere Art mit Rath und That dabei behülflich gewesen sind, alle, welche von dem Vorhaben Nachricht gehabt und der Obrigkeit nicht schleunigst Anzeige gemacht haben, -- von den härtesten Leibes- und Lebensstrafen getroffen werden. Es müßten also nicht allein alle Theilnehmer, sondern auch alle Zuhörer des Congresses, alle, die darum wußten, ja die Behörden selbst, die ihn auch am zweiten Tage nicht verhinderten, verhaftet werden. Man sieht, die Sache geht ins Ungeheuerliche, weil die Anklage ungereimt ist. Doch nein, es wurden nur jene zwanzig verfolgt, nur sie verfolgt der unablässige Gedanke, daß sie ein Opfer der rechtslosesten Willkühr werden. Aber was verbrachen sie denn auf dem Congresse? Sie beschlossen Erklärungen und Aufrufe. Der §. 92 sagt: Ein Unternehmen, welches auf eine gewaltsame Umwälzung der Verfassung des Staats oder gegen das Leben oder die Freiheit seines Oberhauptes abzielt, ist Hochverrath. Sind bloße Erklärungen und Aufrufe, hinter welchen durchaus keine gewaltsame, keine ungesetzliche That droht, schon ein hochverrätherisches Unternehmen? Mit demselben Rechte wie diese könnte jeder Zeitungsartikel, der eine Veränderung der Verfassung verlangt, zum Hochverrathe gestempelt werden. Ehe jemand dieses schwersten der Verbrechen beschuldigt wird, muß doch seine feindselige Absicht, die Verfassung gewaltsam umzuwälzen, und eine Handlung, welche diese Absicht ausführen soll, bekannt sein. Fand sich dergleichen auf dem Congresse? Keine Rede, kein Beschluß deudet nur im Entferntesten darauf hin. Der Beschluß, auf welchen die Anklage sich hauptsächlich stützt, lautet: 1. Die preußische National-Versammlung hat in der Sitzung vom 15. November einstimmig beschlosses, daß das Ministerium Brandenburg nicht berechtigt sei, über die Staatsgelder zu verfügen und die Steuern zu erheben, so lange als die National-Versammlung in Berlin nicht ungestört ihre Berathungen fortzusetzen vermag. Nimmt man auch an, was noch unbewiesen ist, daß der Congreß diesen Beschluß grade so gefaßt habe, so ist er doch von Hochverrath weit entfernt. Die National-Versammlung hatte nicht beschlossen, daß überhaupt keine Steuern mehr bezahlt werden sollten, sondern nur: daß das Ministerium Brandenburg sie nicht erheben könne, so lange es die National-Versammlung nicht ungestört lasse. Der Congreß fordert nicht zur Steuerverweigerung auf, sondern er wiederholt nur den Beschluß der National-Versammlung, und giebt einfach seine Ansicht zu erkennen, daß er ihn für eine gesetzliche Maaßregel halte. Dieser Beschluß der National-Versammlung war nicht gegen Krone und Verfassung, sondern ausdrücklich nur gegen ein Ministerium und auch gegen dieses nur unter einer Bedingung gerichtet, welche das Ministerium jeden Augenblick erfüllen konnte. Gewiß gab es in Preußen keinen Vernünftigen, der ernstlich ein beständiges Aufhören der Steuerzahlung wollte, wohl aber wollte die überwiegende Mehrheit des Volkes, wie die National-Versammlung in Frankfurt, das Abtreten des Ministeriums Brandenburg bewirken. -- Doch gesetzt, der Congreß habe zur Steuerverweigerung aufgefordert, be- *) Der fragliche Artikel ist uns noch nicht zugekommen.
(A. d. Red. f. d. Hrn. Corresp.) versucht und durchgeführt und in vielen Provinzen des Landes ein ärgeres Regiment ausgeübt, als wenn bereits Kosaken und Panduren uns in Beschlag genommen hätten? Es geschah, weil wir im vorigen Mai eine Masse Leute als Vertreter nach Berlin schickten — von den offenen Volksfeinden und Volksverräthern gänzlich abgesehen — die weder kalt noch warm, weder Fisch noch Fleisch, sondern erbärmliche Buttermilch-Seelen waren, denen erst dann ein kleines Licht aufging und einiger Muth, einige Energie nöthig schien, als sie durch ihre eigene Schuld die Feinde des Volkes hatten Kräfte sammeln lassen, mit einem Wort als es zu spät war. Ohne jene saft- und kraftlosen, hin- und herschwankenden, zum Theil nur vom spießbürgerlichsten Ehrgeiz getriebenen Zwitterwesen, namentlich auf den Bänken des linken Centrums und theilweise auch der Linken, wäre der contrerevolutionären Partei nicht so der Kamm geschwollen, nicht Zeit und Mittel gelassen worden, um den Staatsstreich nach allen Seiten hin einzufädeln und für eine, wenn auch kurze Zeit, erfolgreich durchzuführen. Weit mehr noch, als im Mai, thut jetzt die Wahl ganz entschiedener Abgeordneten Noth. Damals war das absolute König-, das Beamten- und Junkerthum voll Unschlüssigkeit und Angst, gedemüthigt und rathlos. Gegenwärtig hat es alle alten Positionen wieder gewonnen, die alte Frechheit ist zurückgekehrt und die ganze saubere vormärzliche Wirthschaft hat eine neue und vermehrte Auflage erlebt, die sich von der früheren nur durch einige konstitutionelle Phrasen und durch größere Brutalität unterscheidet. Die gottbegnadete Regierungspartei hat ihre entschlossensten Anhänger hingestellt, Leute, deren An- und Absichten für Niemanden ein Geheimniß sind; sie operirt mit ihren Wrangels, Manteufels, Ladenberg-Eichhorns, Hinkeldei's etc., um sich wieder recht festzusetzen. Es liegt nun den wahrhaft freigesinnten, den demokratischen Wahlmännern ob: jener Schaar der russisch-österreichisch-preußischen Allianz Volksvertreter entgegen zu stellen, die den Gottesbegnadeten an Klarheit, Entschiedenheit und Festigkeit mindestens gewachsen sind. Dazu ist sorgfältige Prüfung und Berathung und schließlich Einigung über die zu Wählenden nöthig. Daß Niemand zum Deputirten tauglich ist, der sich nicht dem Protest gegen die mit Kanonen und Bajonetten aufgezwungne Verfassung vom 5. Dezbr. anschließt und sich verpflichtet, sie unter keiner Bedingung zu genehmigen, weil sie das Werk der List und Gewalt und ihr Zweck des Volkes Verderben ist, das versteht sich von selbst, das ist das Mindeste, was von einem Volksvertreter verlangt werden muß. Allein der zu Wählende muß uns auch Garantien bieten, daß er nur für Eine Kammer und für direkte Wahlen, für Aufhebung sämmtlicher Feudallasten und Steuerbefreiungen, sowie des Adels überhaupt stimmen, dagegen jeden Census bei den Wahlen der Volksvertreter, Gemeinde- und Kreisbeamten, der Geschwornen etc. bekämpfen wird. Vor allem aber muß der Kandidat die Energie und die Entschiedenheit der politischen Ansichten besitzen, welche erforderlich sind, um der contre-revolutionären Gewaltherrschaft mit Erfolg entgegenzutreten. Wahlmänner! Benutzt die Zeit bis zum 5. Februar. Auf Euch lastet eine große Verantwortlichkeit. Ihr habt sie übernommen, täuscht nicht das Euch geschenkte Vertrauen. Das Volk erwartet von Euch, daß Ihr Männer der entschiedensten Farbe und des entschiedensten Charakters wählt. Denn unsre Vertreter werden nicht nur ihre entschiedene Gesinnung, sie werden auch, den Bajonetten gegenüber, ihren revolutionären Muth zu beweisen haben. * Köln, 25. Jan. Zu unsern bisherigen Wahlberichten fügen wir folgende Notizen hinzu: In Ratingen sind sämmtliche Wahlen, 16 an der Zahl, auf Demokraten gefallen. In der bedeutenden Bürgermeisterei Gerresheim ist nur ein einziger „Konstitutioneller“ durchgegangen, außer ihm nur Demokraten. Was Düsseldorf anlangt, so sind unter seinen 167 Wahlmännern 141 Demokraten und 26 „Konstitutionelle“ (Reaktionäre). In Dahlen und Viersen 3/4, in Geilenkirchen, Glehn, Dormagen alle Wahlmänner Demokraten. In den Moselortschaften von Croev bis Bernkastel vollständiger Sieg der Demokratie, im Kreise Wittlich desgleichen. Und was Trier anlangt, so wird über den Ausgang der dortigen Wahlen sich Niemand wundern, als höchstens die „Heuler“, die vielleicht geglaubt haben, daß ihre schändlichen Mittel am Ende doch einige Wirkung haben könnten. Sie sind enttäuscht. Die demokratische Partei hat in sämmtlichen 18 Wahlbezirken, mit Ausnahme des 12ten den vollständigsten Sieg erhalten. Im 12ten Bezirk allein setzten die Heuler ihre Kandidaten durch, allein nur mit einer Stimme Majorität. Kurz, alle Nachrichten aus der Rheinprovinz stimmen darin überein, daß überall die Demokraten gesiegt haben, mit Ausnahme von Crefeld und Barmen. Was Westphalen anbetrifft, so sind die Siege der Demokraten hier noch überraschender, ja gänzlich unerwartet. Es gehörte die ganze Brutalität einer Manteufflischen Verfolgungswuth dazu, die „lieben guten Westphalen“ aus ihrer politischen Indolenz aufzustacheln. Aber es ist vollständig gelungen; die Dezemberverfolgungen, unerhört selbst in den Annalen der vormärzlichen Landrechtspraxis, haben ihre Früchte getragen. In Münster sind 4/5, in Paderborn 8/9, in Bocholt 4/5, in Bielefeld 3/4 der Wahlmänner Demokraten. Auch hier haben wir bisher nur aus dem Kreise Hagen schlechte Nachrichten erhalten. Damit stelle man zusammen was wir aus Berlin, Potsdam, Breslau, Magdeburg etc. etc. berichten, und dann sage man ob wir, wie Ehren-Brüggemann sich tröstet, „zu früh frohlockt“ haben! 133 Geilenkirchen, 23. Januar. Die hiesigen Wahlen sind ganz zu Gunsten der Demokratie ausgefallen. Sechs Wahlmänner waren hier zu wählen; alle sechs Wahlen fielen auf die Kandidaten des hiesigen Bürgervereins. Wir hatten den Triumph, daß zuerst der Vorsitzende des hiesigen Bürgervereins, Herr Eduard Nacken, mit glänzender Majorität durchkam gegen den von der Gegenpartei aufgestellten Kommissarius, Herrn von Cynatten, der früher gegen den Verein inquirirt hatte. Unter den Gewählten ist ebenfalls der Märtyrer der Inquisition, Herr Richter Kampmann. In unsern umliegenden Ortschaften ist im allgemeinen ein gleiches Resultat zu erwarten. * Glehn, Kreis Neuß. Hier sind alle Wahlen im demokratischen Sinne ausgefallen. 134 Dormagen. Auch hier gehören die sechs Wahlmänner sämmtlich der demokratischen Partei an. 119 Bielefeld, 22. Jan. Die Wahlurne hat sich geleert, und es ist nichts darin zurückgeblieben als die enttäuschten Hoffnungen der hiesigen sogenannten konstitutionellen Partei. Alle Umtriebe, die ganze Sündfluth von Flugblättern, alle Agitationen des Wahlcomité's, alle süßen Ansprachen vermeintlich einflußreicher Personen sind vergeblich gewesen. Stark über 2/3 der Wahlmänner in unserem sonst als so konservativ bekannten Kreise sind im demokratischen Sinne ausgefallen. Ja das Unglaublichste ist geschehen! Der hiesige hochwohlweise Bürgermeister hat die Konkurrenz mit einem Maurer-Gesellen nicht bestehen können. Im 1. Wahlbezirke, zu welchem nur Einwohner hiesiger Stadt und zwar größtentheils Bourgeois vom reinsten Wasser und konservativem Vollblut gehörten, steht die Wahl al pari, in dem zwei von der demokratischen Partei aufgestellte Kandidaten durchkamen. Die Wahl des 5. Wahlmanns ist ungültig, da zwei Brüder zu den Urwählern zählten und nicht alle Stimmzettel den Vornamen oder eine sonstige nähere Bezeichnung des einen oder andern enthielten. Mit welcher Habgier dieser konstitutionelle Wahlmann festgehalten wurde, geht daraus hervor, daß der Wahlvorsteher Herr J. R. B., welcher zugleich der Leithammel der hiesigen konstitutionellen Partei ist, die Wahl aus dem Grunde zu salviren suchte, weil in der Vorwahl am seligen Polterabend nur Einer von den 2 Brüdern gewählt worden und daher auch dieser bei der officiellen Wahl als gemeint zu betrachten sei! Man sieht die octroyirte Logik! Das Wahlbüreau erklärte die Wahl indeß für gültig. Der dagegen sofort erhobene schriftliche Protest wird jedoch bei den klaren Worten des Gesetzes hoffentlich Berücksichtigung finden. Daß in den Bezirken, worin das Militär die bedeutende Mehrzahl ausmacht, mehr Wahlmänner als in den übrigen Bezirken und nur Ultra-Reaktionäre gewählt werden mußten, versteht sich von selbst. X Münster, 22. Jan. Die „treue, wahre und feste“ Stadt, war nach der Aufregung des November wieder ruhig geworden; selbst die Trias v. Bodelschwingh, v. Olfers und Tüshaus schlief getrost. Die Soldaten hatten ja die treuen, wahren und festen Bürger gehörig durchgeledert, ohne bestraft worden zu sein und die Führer des Volks lagen im Kerker. Warum sollte die Trias nicht nach Berlin schreiben: „Die Maßregeln haben superbe gefruchtet, die guten Burger erkennen in Manteuffel den Engel des Friedens u. s. w.“ Aber heute! das durch preußische Kniffe zusammengehaltene Kartenhaus hat der Wind umgeweht, auf 98 Wahlmänner sind über achtzig Kandidaten der liberalen Partei, durchgegangen. Selbst die klerikale Partei ist völlig geschlagen, was freilich der kath. Verein durch alberne Plakate sehr befördert hat. — Nur in der Nähe der Kaserne sind einige Leute wie Windhorst gewählt, aber kein Olfers, kein Tüshaus! Die Bürgerwehr hatte schon früher beschlossen, letzteren aus ihrer Mitte auszustoßen. Darauf soll er die Lage des Münsterlandes als höchst gefährlich geschildert, und auf Untersuchung gedrungen haben. Es ist unbestritten, daß die Stimmung in Münster im November sehr gefahrdrohend war und ist es noch, ja sie wird es bleiben, so lange die Regierung Münsters in den Händen solcher mißliebiger Männer ist. Die Plakate des kath. Vereins wurden vom Volke zerrissen, denn es fühlte die Gemeinheit, daß darin unverblümt die politischen Gefangenen Verschwörer genannt waren — selbst in den Kirchen ist über die Predigten lautes Gemurmel entstanden. Die Herren Pfaffen haben es gesehen: Münster ist kein Luzern. Daß die Wahlen im Münsterlande überall gut ausgefallen sind, läßt sich nicht bezweifeln. Hier ist kein Mittel unversucht gelassen, das Volk zu hintergehen. — Der Merkur hatte die Schamlosigkeit am Tage vor den Wahlen anzuzeigen: der kath. Geheimrath Aulike in Berlin, ein Münstersches Kind, sei — — Oberpräsident geworden. Man hat mit Verlegung der Behörden gedroht! Alles vergebens! Ja alles vergebens 83 gegen 15! *) X Münster, 23. Jan. Hr. Temme sitzt noch immer im Zuchthause, er ist bereits seit 14 Tagen erkrankt, so daß er fortwährende ärztliche Hülfe nöthig hat. Diese Haft verschuldet aber der Justizminister Rintelen, ein früherer Freund Temmes. Hr. Justizminister Rinteln hatte nicht die Befugniß, die Temmesche Untersuchung an das Ob.-L.-Gericht in Paderborn aus dem Grunde zu verweisen, „um allen Schein der Parteilichkeit zu vermeiden.“ Das war ein Akt der Willkür! Der Justizminister mußte sich erklären, ob er das Perhorrescenzgesuch des Temme gesetzlich für begründet hielt, und dann konnte sich das O.-L.-G. zu Paderborn nicht entbrechen, die Sache vor sein Forum zu ziehen, denn die Kriminalordnung ist in Westphalen nicht aufgehoben, und nach ihr hat der Gerichtsstand des begangenen Verbrechens höchstens die Befugniß, niemals die Pflicht, eine Untersuchung von dem Gerichtsstande der Person zu avoziren. Die Sache ist die, daß nach dem Gesetz auch das Kammergericht sich für inkompetent erklären muß. Solche Verwickelungen dürften nicht zum Nachtheil des Herrn Temme gereichen. Als die Perhorrescenz des hiesigen Gerichts genehmigt war, mußte Temme sofort entlassen werden, denn eine gültige Untersuchung existirte nicht mehr. Jetzt schwebt die Sache zwischen Himmel und Hölle, und die Regierung benutzt nicht einmal die Gelegenheit, durch beschleunigte Einsendung der Akten nach Frankfurt die Erlösung Temmes herbeizuführen. Immer aber bleibt die Suspension Temmes bestehen! Nachdem das hiesige Ob.-L.-Gericht dadurch vor ihm gesichert ist, hat es jetzt die Entlassung beantragt, man sagt auf einen Wink von Oben. Inzwischen haben die Untersuchungen gegen die übrigen Angeklagten ihre Nachtmütze aufgesetzt, d. h. sie geruhen gänzlich zu ruhen! Es ist faktisch, daß auf alle Beschwerden und Entlassungsgesuche der Angeklagten nicht einmal eine Antwort erfolgt — und die ist doch selbst ein Verbrecher berechtigt zu fordern. Wir wünschen dem Ministerium Brandenburg-Rintelen — langes Leben! zum Heil der Demokratie! 103 Breslau, 22. Jan. Die hiesigen „Heuler“ aller Schattirungen, unter der Firma „Konstitutionelle“ mit einander verbunden, haben das Herzeleid erlebt, daß ihnen alle Mittel — und selbst die niederträchtigsten sind in reichlicher Menge benutzt worden — am Ende dennoch fehlgeschlagen. Traurig, aber wahr! An der Disciplin der hiesigen Parteien kann man sich übrigens an andern Orten ein Beispiel nehmen. Es war Alles so organisirt, daß die meisten der durchgebrachten Kandidaten auf der einen wie andern Seite immer gleich beim ersten Scrutinium erwählt wurden. Engere Wahlen bildeten eine seltene Ausnahme. Die Zahl der in den Listen verzeichneten Urwähler betrug 23,894. Um das Wahlresultat kurz zusammen zu fassen, theile ich Ihnen mit, daß zwei Drittel der Wahlmänner zur demokratischen, und nur ein Drittel zur reaktionären oder sich so nennenden „konstitutionellen“ Partei gehört! Aus Brieg erfahre ich so eben, daß unter den dortigen 49 Wahlmännern 48 Demokraten sind und — 1 Konstitutioneller! O, wie traurig. Er kann nun singen: „Einsam bin ich ganz alleine etc.“ So weit wir bis jetzt Nachrichten aus der Provinz haben, lauten sie insgesammt günstig. 105 Münster, 23. Januar. Die hiesigen Dezembergefangenen haben folgende Adresse an den Justizminister Rintelen erlassen: Excellenz! Seit länger als fünf Wochen werden wir hier in Haft gehalten. Unsere Gesundheit leidet schwer unter dieser Geistes- und Körperqual, aber noch mehr leidet unser Rechtsgefühl unter dem peinigenden Bewußtsein, das Opfer einer eben so ungerechten als schmachvollen Behandlung zu sein. Bei Ew. Excellenz haben wir bereits vor vier Wochen auf Aufhebung der Haft angetragen. Ew. Excellenz haben nicht darauf geantwortet. Wir wiederholen jetzt den Antrag. Ew. Excellenz verkündigen unter dem 11. d., daß nicht von Ihnen die Anweisung zu den gerichtlichen Verfolgungen der Abgeordneten der aufgelösten National-Versammlung ausgehe, sondern daß die Gerichte selbstständig, nach eigenem Ermessen handeln. Ew. Excellenz aber werden endlich, als oberster Wächter des Rechts, dem nicht durch ein Erkenntniß, sondern durch eine Verfügung der Gerichte entstandenen Unrecht entgegen treten. Als das Ministerium Brandenburg durch seine Schritte gegen die National-Versammlung die Brandung der Aufregung in das ganze Volk warf, als fast Jedermann die konstitutionelle Freiheit in ihren Grundfesten bedroht sah: da regten öffentliche Blätter, insbesondere auch die gewiß konservativ Kölnische Zeitung, die Idee eines Gemeindetages in jeder Provinz an, damit die öffentliche Meinung sich unbeirrt ausspreche. Auch in Münster bildete sich ein Centralcomite, welches durch die Zeitungen einen Kongreß von Abgeordneten der Stadt- und Landgemeinden, Bürgerwehren und Vereinen nach Münster berief. Dieser Kongreß wurde beschickt von acht Stadö- und Landgemeinden, neun Bürgerwehren, zwanzig konstitutionellen Vereinen, sieben Volksvereinen, vierzehn demokratischen Vereinen und zehn Volksversammlungen, und seine Mitglieder waren: 5 Justizkommissarien, 4 Assessoren, 11 Referendarien, 5 Offiziere a. D., 9 Aerzte, 2 Apotheker, 35 Kaufleute, 14 Gewerbsleute, 2 Fabrikanten, 6 Lehrer und 30 Gutsbesitzer, Schulten und Ackerwirthe, 8 Stadtverordnete oder Stadträthe, ein Regierungsrath, Kanonikus, Ober-Landesgerichts-Sekretär, Bau-Inspektor, Geometer, Amtmann, Rentmeister, Postexpediteur, Mechaniker u. s. w. Ihre große Mehrzahl bestand nicht aus heißkopfigen jungen Leuten, sondern aus besonnenen, mit Familie und Vermögen ansässigen Männern. Dieser Kongreß tagte am 18. und 19. November öffentlich und unter den Augen der Behörden, seine Protokolle wurden für die Oeffentlichkeit bestimmt, seine Verhandlungen waren ernst und gemessen, keine Schmähung wider die Krone, kein Angriff wider die Persönlichkeit irgend Jemandes, kein feindseliges Wort gegen die konstitutionelle Staatsverfassung wurde auf diesem Kongresse laut, und sein Resultat waren Beschlüsse über einige Erklärungen und Aufrufe, wie sie in jener Zeit in vielen tausend Adressen und Versammlungen in allen Theilen des Staates viel stärker gegeben wurden. Der Congreß hielt sich durchaus auf konstitutionellem Rechtsboden. Er wollte von vornherein nichts anders thun und that nichts anderes, als daß er einerseits der National-Versammlung in ihrem Kampfe mit dem Ministerium Brandenburg eine moralische Unterstützung gewährte, und daß er andererseits ungesetzliche Ausbrüche des Volsunwillens verhütete, indem er der allgemeinen Aufregung ein gesetzliches und friedliches Mittel darbot, sich auszusprechen. Ohne diesen Congreß wäre Westphalen vielleicht nicht so sehr von Ruhestörungen verschont geblieben. Gleich nach Beendigung der Verhandlungen reisten die Mitglieder in ihre Heimath zurück, es trat der politische Umschwung ein, der Congreß war wie verschollen, keiner der beschlossenen Aufrufe wurde erlassen, nur einzelnen Mitgliedern wurde zum Andenken noch der gedruckte Protokollauszug zugesandt. Kein Mensch hatte einen Gedanken daran, daß dieser Congreß der politischen Verfolgung einen Anlaß bieten könne. Man hätte den gesunden Menschenverstand erst an sich irre machen müssen, um ihn begreifen zu lassen, daß auf diesem Congresse Hochverrath begangen sei. Indessen das Unbegreifliche geschah. Am Ende November überfiel hier, wie auch in andern Städten ein Haufen Soldaten mit Säbeln mörderisch eine ruhige Volksversammlung von unbewaffneten Bürgern, gleichsam um einen Aufstand hervorzurufen; sodann wurde eine Generalanweisung des Ministers des Innern ruchbar, die Führer der Volkspartei durch Verhaftungen und auf andere Weise in ihrer Wirksamkeit hemmen zu lassen; der Regierungspräsident v. Bodelschwingh hielt darauf zu Hamm eine geheime Versammlung mit Landräthen, und gleich darauf beschloß das hiesige Land- und Stadtgericht die Untersuchung und Verhaftung „wegen Unternehmens einer Umwälzung der preußischen Staatsverfassung“ gegen zwanzig Mitglieder des Congresses. Die Verhafteten kommen guten Muths in die dumpfen Gefängnißzellen, sie konnten nicht anders denken, als daß irgend eine lächerliche Anklage einer gräßlichen Verschwörung gegen sie vorgebracht sei, welche bald in ihr Nichts zergehen müsse. Da aber Verhör auf Verhör nur die Congreßbeschlüsse zum Gegenstande nahm, konnte dies Anfangs nur Heiterkeit erregen. Dieser folgte jedoch, als die Kerkerleiden, die Angst um die Familie, die folternden Gedanken über solch einen Criminalprozeß einen nach dem andern auf das Krankenlager warfen, der Groll und die Empörung des Gefühls über so maßloses Unrecht. Des Congresses wegen verhaftet sind jetzt: Lehrer Blumenfeld aus Essen, die Ober-Landesgerichts-Referendarien Jacobi, Hammacher und Reinhardt, Justizkommissar Gierse, Stadtverordneter Hartmann aus Münster, Dr. Graumann und Eisenbahningenieur v. Mirbach aus Dortmund, Justizrath Groneweg aus Gütersloh, O.-L.-G.-Ref. Löher aus Paderborn, Kanonikus v. Schmitz aus Soest. Der 72jährige Lieutenant a. D., Stricker, ist, weil der Kerker ihn zu tödten drohte, entlassen. Die Verhaftung konnte nicht vollstreckt werden gegen die abwesenden Prem.-Lieut. a. D. Henze aus Hamm, O.-L.-G.-A. Möllenhoff, O.-L.-G.-R. Bansi und Stierlin aus Münster, Kaufmann Rempel aus Bielefeld, O.-L.-G.-R. Rohling aus Rheine. Warum aber, fragt jeder, wurden von den 158 Congreßmitgliedern nur gegen diese zwanzig Verhaftsbefehle erlassen? Waren sie schuldiger als die übrigen? Unmöglich, es sind mehrere darunter, welche keineswegs auf dem Congresse hervortraten. Oder sind etwa sammtliche Redner verhaftet? Nein! Sämmtliche Antragsteller? Nein! Sämmtliche Mitglieder des Centralausschusses? Nein! Sämmtliche Urheber und Berufer des Congresses? Nein! Warum denn grade diese zwanzig? Man erräth es nicht, es ist kein Grund denkbar, als, um es mit einem gelinden Ausdrucke zu bezeichnen, die höchste Einseitigkeit. Durch den Congreß soll Hochverrath begangen sein, — nach den ausdrücklichen Bestimmungen der §§. 94, 96, 97 A. L.-R. II. 20 sollen alle Urnehmer und Theilnehmer, alle, welche auch auf entferntere Art mit Rath und That dabei behülflich gewesen sind, alle, welche von dem Vorhaben Nachricht gehabt und der Obrigkeit nicht schleunigst Anzeige gemacht haben, — von den härtesten Leibes- und Lebensstrafen getroffen werden. Es müßten also nicht allein alle Theilnehmer, sondern auch alle Zuhörer des Congresses, alle, die darum wußten, ja die Behörden selbst, die ihn auch am zweiten Tage nicht verhinderten, verhaftet werden. Man sieht, die Sache geht ins Ungeheuerliche, weil die Anklage ungereimt ist. Doch nein, es wurden nur jene zwanzig verfolgt, nur sie verfolgt der unablässige Gedanke, daß sie ein Opfer der rechtslosesten Willkühr werden. Aber was verbrachen sie denn auf dem Congresse? Sie beschlossen Erklärungen und Aufrufe. Der §. 92 sagt: Ein Unternehmen, welches auf eine gewaltsame Umwälzung der Verfassung des Staats oder gegen das Leben oder die Freiheit seines Oberhauptes abzielt, ist Hochverrath. Sind bloße Erklärungen und Aufrufe, hinter welchen durchaus keine gewaltsame, keine ungesetzliche That droht, schon ein hochverrätherisches Unternehmen? Mit demselben Rechte wie diese könnte jeder Zeitungsartikel, der eine Veränderung der Verfassung verlangt, zum Hochverrathe gestempelt werden. Ehe jemand dieses schwersten der Verbrechen beschuldigt wird, muß doch seine feindselige Absicht, die Verfassung gewaltsam umzuwälzen, und eine Handlung, welche diese Absicht ausführen soll, bekannt sein. Fand sich dergleichen auf dem Congresse? Keine Rede, kein Beschluß deudet nur im Entferntesten darauf hin. Der Beschluß, auf welchen die Anklage sich hauptsächlich stützt, lautet: 1. Die preußische National-Versammlung hat in der Sitzung vom 15. November einstimmig beschlosses, daß das Ministerium Brandenburg nicht berechtigt sei, über die Staatsgelder zu verfügen und die Steuern zu erheben, so lange als die National-Versammlung in Berlin nicht ungestört ihre Berathungen fortzusetzen vermag. Nimmt man auch an, was noch unbewiesen ist, daß der Congreß diesen Beschluß grade so gefaßt habe, so ist er doch von Hochverrath weit entfernt. Die National-Versammlung hatte nicht beschlossen, daß überhaupt keine Steuern mehr bezahlt werden sollten, sondern nur: daß das Ministerium Brandenburg sie nicht erheben könne, so lange es die National-Versammlung nicht ungestört lasse. Der Congreß fordert nicht zur Steuerverweigerung auf, sondern er wiederholt nur den Beschluß der National-Versammlung, und giebt einfach seine Ansicht zu erkennen, daß er ihn für eine gesetzliche Maaßregel halte. Dieser Beschluß der National-Versammlung war nicht gegen Krone und Verfassung, sondern ausdrücklich nur gegen ein Ministerium und auch gegen dieses nur unter einer Bedingung gerichtet, welche das Ministerium jeden Augenblick erfüllen konnte. Gewiß gab es in Preußen keinen Vernünftigen, der ernstlich ein beständiges Aufhören der Steuerzahlung wollte, wohl aber wollte die überwiegende Mehrheit des Volkes, wie die National-Versammlung in Frankfurt, das Abtreten des Ministeriums Brandenburg bewirken. — Doch gesetzt, der Congreß habe zur Steuerverweigerung aufgefordert, be- *) Der fragliche Artikel ist uns noch nicht zugekommen.
(A. d. Red. f. d. Hrn. Corresp.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar205_002" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1118"/> versucht und durchgeführt und in vielen Provinzen des Landes ein ärgeres Regiment ausgeübt, als wenn bereits Kosaken und Panduren uns in Beschlag genommen hätten?</p> <p>Es geschah, weil wir im vorigen Mai eine Masse Leute als Vertreter nach Berlin schickten — von den offenen Volksfeinden und Volksverräthern gänzlich abgesehen — die weder kalt noch warm, weder Fisch noch Fleisch, sondern erbärmliche Buttermilch-Seelen waren, denen erst dann ein kleines Licht aufging und einiger Muth, einige Energie nöthig schien, als sie durch ihre eigene Schuld die Feinde des Volkes hatten Kräfte sammeln lassen, mit einem Wort als es zu <hi rendition="#g">spät</hi> war.</p> <p>Ohne jene saft- und kraftlosen, hin- und herschwankenden, zum Theil nur vom spießbürgerlichsten Ehrgeiz getriebenen Zwitterwesen, namentlich auf den Bänken des linken Centrums und theilweise auch der Linken, wäre der contrerevolutionären Partei nicht so der Kamm geschwollen, nicht Zeit und Mittel gelassen worden, um den Staatsstreich nach allen Seiten hin einzufädeln und für eine, wenn auch kurze Zeit, erfolgreich durchzuführen.</p> <p>Weit mehr noch, als im Mai, thut jetzt die Wahl ganz entschiedener Abgeordneten Noth.</p> <p>Damals war das absolute König-, das Beamten- und Junkerthum voll Unschlüssigkeit und Angst, gedemüthigt und rathlos. Gegenwärtig hat es alle alten Positionen wieder gewonnen, die alte Frechheit ist zurückgekehrt und die ganze saubere vormärzliche Wirthschaft hat eine neue und vermehrte Auflage erlebt, die sich von der früheren nur durch einige konstitutionelle Phrasen und durch größere Brutalität unterscheidet.</p> <p>Die gottbegnadete Regierungspartei hat ihre entschlossensten Anhänger hingestellt, Leute, deren An- und Absichten für Niemanden ein Geheimniß sind; sie operirt mit ihren Wrangels, Manteufels, Ladenberg-Eichhorns, Hinkeldei's etc., um sich wieder recht festzusetzen.</p> <p>Es liegt nun den wahrhaft freigesinnten, den <hi rendition="#g">demokratischen</hi> Wahlmännern ob: jener Schaar der russisch-österreichisch-preußischen Allianz Volksvertreter entgegen zu stellen, die den Gottesbegnadeten an Klarheit, Entschiedenheit und Festigkeit mindestens gewachsen sind.</p> <p>Dazu ist sorgfältige Prüfung und Berathung und schließlich Einigung über die zu Wählenden nöthig.</p> <p>Daß Niemand zum Deputirten tauglich ist, der sich nicht dem Protest gegen die mit Kanonen und Bajonetten aufgezwungne Verfassung vom 5. Dezbr. anschließt und sich verpflichtet, sie unter keiner Bedingung zu genehmigen, weil sie das Werk der List und Gewalt und ihr Zweck des Volkes Verderben ist, das versteht sich von selbst, das ist das Mindeste, was von einem Volksvertreter verlangt werden muß.</p> <p>Allein der zu Wählende muß uns auch Garantien bieten, daß er nur für Eine Kammer und für <hi rendition="#g">direkte</hi> Wahlen, für Aufhebung sämmtlicher Feudallasten und Steuerbefreiungen, sowie des Adels überhaupt stimmen, dagegen jeden Census bei den Wahlen der Volksvertreter, Gemeinde- und Kreisbeamten, der Geschwornen etc. bekämpfen wird.</p> <p>Vor allem aber muß der Kandidat die Energie und die Entschiedenheit der politischen Ansichten besitzen, welche erforderlich sind, um der contre-revolutionären Gewaltherrschaft mit Erfolg entgegenzutreten.</p> <p>Wahlmänner! Benutzt die Zeit bis zum 5. Februar. Auf Euch lastet eine große Verantwortlichkeit. Ihr habt sie übernommen, täuscht nicht das Euch geschenkte Vertrauen. Das Volk erwartet von Euch, daß Ihr Männer der entschiedensten Farbe und des entschiedensten Charakters wählt. Denn unsre Vertreter werden nicht nur ihre entschiedene Gesinnung, sie werden auch, den Bajonetten gegenüber, ihren revolutionären <hi rendition="#g">Muth</hi> zu beweisen haben.</p> </div> <div xml:id="ar205_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 25. Jan.</head> <p>Zu unsern bisherigen Wahlberichten fügen wir folgende Notizen hinzu: In <hi rendition="#g">Ratingen</hi> sind sämmtliche Wahlen, 16 an der Zahl, auf Demokraten gefallen. In der bedeutenden Bürgermeisterei <hi rendition="#g">Gerresheim</hi> ist nur ein einziger „Konstitutioneller“ durchgegangen, außer ihm nur Demokraten. Was Düsseldorf anlangt, so sind unter seinen 167 Wahlmännern 141 Demokraten und 26 „Konstitutionelle“ (Reaktionäre). In <hi rendition="#g">Dahlen</hi> und <hi rendition="#g">Viersen</hi> 3/4, in Geilenkirchen, Glehn, Dormagen alle Wahlmänner Demokraten. In den Moselortschaften von Croev bis Bernkastel vollständiger Sieg der Demokratie, im Kreise <hi rendition="#g">Wittlich</hi> desgleichen. Und was <hi rendition="#g">Trier</hi> anlangt, so wird über den Ausgang der dortigen Wahlen sich Niemand wundern, als höchstens die „Heuler“, die vielleicht geglaubt haben, daß ihre schändlichen Mittel am Ende doch einige Wirkung haben könnten. Sie sind enttäuscht. Die demokratische Partei hat in sämmtlichen 18 Wahlbezirken, mit Ausnahme des 12ten den vollständigsten Sieg erhalten. Im 12ten Bezirk allein setzten die Heuler ihre Kandidaten durch, allein nur mit <hi rendition="#g">einer</hi> Stimme Majorität.</p> <p>Kurz, alle Nachrichten aus der Rheinprovinz stimmen darin überein, daß überall die Demokraten gesiegt haben, mit Ausnahme von Crefeld und Barmen.</p> <p>Was Westphalen anbetrifft, so sind die Siege der Demokraten hier noch überraschender, ja gänzlich unerwartet. Es gehörte die ganze Brutalität einer Manteufflischen Verfolgungswuth dazu, die „lieben guten Westphalen“ aus ihrer politischen Indolenz aufzustacheln. Aber es ist vollständig gelungen; die Dezemberverfolgungen, unerhört selbst in den Annalen der vormärzlichen Landrechtspraxis, haben ihre Früchte getragen.</p> <p>In <hi rendition="#g">Münster</hi> sind 4/5, in Paderborn 8/9, in Bocholt 4/5, in Bielefeld 3/4 der Wahlmänner Demokraten. Auch hier haben wir bisher nur aus dem Kreise Hagen schlechte Nachrichten erhalten.</p> <p>Damit stelle man zusammen was wir aus Berlin, Potsdam, Breslau, Magdeburg etc. etc. berichten, und dann sage man ob wir, wie Ehren-Brüggemann sich tröstet, „zu früh frohlockt“ haben!</p> </div> <div xml:id="ar205_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>133</author></bibl> Geilenkirchen, 23. Januar.</head> <p>Die hiesigen Wahlen sind <hi rendition="#g">ganz zu Gunsten der Demokratie</hi> ausgefallen. Sechs Wahlmänner waren hier zu wählen; alle sechs Wahlen fielen auf die Kandidaten des hiesigen Bürgervereins. Wir hatten den Triumph, daß <hi rendition="#g">zuerst</hi> der Vorsitzende des hiesigen Bürgervereins, Herr Eduard Nacken, mit glänzender Majorität durchkam gegen den von der Gegenpartei aufgestellten Kommissarius, Herrn von Cynatten, der früher gegen den Verein inquirirt hatte. Unter den Gewählten ist ebenfalls der Märtyrer der Inquisition, Herr Richter Kampmann.</p> <p>In unsern umliegenden Ortschaften ist im allgemeinen ein gleiches Resultat zu erwarten.</p> </div> <div xml:id="ar205_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Glehn, Kreis Neuß.</head> <p>Hier sind <hi rendition="#g">alle</hi> Wahlen im <hi rendition="#g">demokratischen</hi> Sinne ausgefallen.</p> </div> <div xml:id="ar205_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>134</author></bibl> Dormagen.</head> <p>Auch hier gehören die sechs Wahlmänner sämmtlich der demokratischen Partei an.</p> </div> <div xml:id="ar205_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>119</author></bibl> Bielefeld, 22. Jan.</head> <p>Die Wahlurne hat sich geleert, und es ist nichts darin zurückgeblieben als die enttäuschten Hoffnungen der hiesigen sogenannten konstitutionellen Partei. Alle Umtriebe, die ganze Sündfluth von Flugblättern, alle Agitationen des Wahlcomité's, alle süßen Ansprachen vermeintlich einflußreicher Personen sind vergeblich gewesen. Stark über 2/3 der Wahlmänner in unserem sonst als so konservativ bekannten Kreise sind im demokratischen Sinne ausgefallen.</p> <p>Ja das Unglaublichste ist geschehen! Der hiesige hochwohlweise Bürgermeister hat die Konkurrenz mit einem Maurer-Gesellen nicht bestehen können. Im 1. Wahlbezirke, zu welchem nur Einwohner hiesiger Stadt und zwar größtentheils Bourgeois vom reinsten Wasser und konservativem Vollblut gehörten, steht die Wahl al pari, in dem zwei von der demokratischen Partei aufgestellte Kandidaten durchkamen. Die Wahl des 5. Wahlmanns ist ungültig, da zwei Brüder zu den Urwählern zählten und nicht alle Stimmzettel den Vornamen oder eine sonstige nähere Bezeichnung des einen oder andern enthielten. Mit welcher Habgier dieser konstitutionelle Wahlmann festgehalten wurde, geht daraus hervor, daß der Wahlvorsteher Herr J. R. B., welcher zugleich der Leithammel der hiesigen konstitutionellen Partei ist, die Wahl aus dem Grunde zu salviren suchte, weil in der Vorwahl am seligen Polterabend nur Einer von den 2 Brüdern gewählt worden und daher auch dieser bei der officiellen Wahl als gemeint zu betrachten sei! Man sieht die octroyirte Logik! Das Wahlbüreau erklärte die Wahl indeß für gültig. Der dagegen sofort erhobene schriftliche Protest wird jedoch bei den klaren Worten des Gesetzes hoffentlich Berücksichtigung finden.</p> <p>Daß in den Bezirken, worin das Militär die bedeutende Mehrzahl ausmacht, mehr Wahlmänner als in den übrigen Bezirken und nur Ultra-Reaktionäre gewählt werden mußten, versteht sich von selbst.</p> </div> <div xml:id="ar205_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Münster, 22. Jan.</head> <p>Die „treue, wahre und feste“ Stadt, war nach der Aufregung des November wieder ruhig geworden; selbst die Trias v. Bodelschwingh, v. Olfers und Tüshaus schlief getrost. Die Soldaten hatten ja die treuen, wahren und festen Bürger gehörig durchgeledert, ohne bestraft worden zu sein und die Führer des Volks lagen im Kerker. Warum sollte die Trias nicht nach Berlin schreiben:</p> <p>„Die Maßregeln haben superbe gefruchtet, die guten Burger erkennen in Manteuffel den Engel des Friedens u. s. w.“</p> <p>Aber heute! das durch preußische Kniffe zusammengehaltene Kartenhaus hat der Wind umgeweht, auf 98 Wahlmänner sind über achtzig Kandidaten der liberalen Partei, durchgegangen.</p> <p>Selbst die klerikale Partei ist völlig geschlagen, was freilich der kath. Verein durch alberne Plakate sehr befördert hat. — Nur in der Nähe der Kaserne sind einige Leute wie Windhorst gewählt, aber kein Olfers, kein Tüshaus!</p> <p>Die Bürgerwehr hatte schon früher beschlossen, letzteren aus ihrer Mitte auszustoßen.</p> <p>Darauf soll er die Lage des Münsterlandes als höchst gefährlich geschildert, und auf Untersuchung gedrungen haben.</p> <p>Es ist unbestritten, daß die Stimmung in Münster im November sehr gefahrdrohend war und ist es noch, ja sie wird es bleiben, so lange die Regierung Münsters in den Händen solcher mißliebiger Männer ist.</p> <p>Die Plakate des kath. Vereins wurden vom Volke zerrissen, denn es fühlte die Gemeinheit, daß darin unverblümt die politischen Gefangenen Verschwörer genannt waren — selbst in den Kirchen ist über die Predigten lautes Gemurmel entstanden. Die Herren Pfaffen haben es gesehen: Münster ist kein Luzern.</p> <p>Daß die Wahlen im Münsterlande <hi rendition="#g">überall</hi> gut ausgefallen sind, läßt sich nicht bezweifeln. Hier ist kein Mittel unversucht gelassen, das Volk zu hintergehen. — Der Merkur hatte die Schamlosigkeit am Tage vor den Wahlen anzuzeigen: der kath. Geheimrath Aulike in Berlin, ein Münstersches Kind, sei — — Oberpräsident geworden.</p> <p>Man hat mit Verlegung der Behörden gedroht! Alles vergebens! Ja alles vergebens 83 gegen 15! *) <note place="foot">*) Der fragliche Artikel ist uns noch nicht zugekommen.<lb/> (A. d. Red. f. d. Hrn. Corresp.)</note> </p> </div> <div xml:id="ar205_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Münster, 23. Jan.</head> <p>Hr. <hi rendition="#g">Temme</hi> sitzt noch immer im Zuchthause, er ist bereits seit 14 Tagen erkrankt, so daß er fortwährende ärztliche Hülfe nöthig hat.</p> <p>Diese Haft verschuldet aber der Justizminister Rintelen, ein früherer Freund Temmes.</p> <p>Hr. Justizminister Rinteln hatte nicht die Befugniß, die Temmesche Untersuchung an das Ob.-L.-Gericht in Paderborn aus dem Grunde zu verweisen, „um allen Schein der Parteilichkeit zu vermeiden.“</p> <p>Das war ein Akt der Willkür!</p> <p>Der Justizminister mußte sich erklären, ob er das Perhorrescenzgesuch des Temme <hi rendition="#g">gesetzlich</hi> für begründet hielt, und dann konnte sich das O.-L.-G. zu Paderborn nicht entbrechen, die Sache vor sein Forum zu ziehen, denn die Kriminalordnung ist in Westphalen nicht aufgehoben, und nach ihr hat der Gerichtsstand des begangenen Verbrechens höchstens die <hi rendition="#g">Befugniß</hi>, <hi rendition="#b">niemals</hi> die <hi rendition="#g">Pflicht</hi>, eine Untersuchung von dem Gerichtsstande der Person zu avoziren.</p> <p>Die Sache ist die, daß nach dem Gesetz auch das Kammergericht sich für inkompetent erklären muß.</p> <p>Solche Verwickelungen dürften nicht zum Nachtheil des Herrn Temme gereichen.</p> <p>Als die Perhorrescenz des hiesigen Gerichts genehmigt war, mußte Temme sofort entlassen werden, denn eine gültige Untersuchung existirte nicht mehr.</p> <p>Jetzt schwebt die Sache zwischen Himmel und Hölle, und die Regierung benutzt nicht einmal die Gelegenheit, durch beschleunigte Einsendung der Akten nach Frankfurt die Erlösung Temmes herbeizuführen. Immer aber bleibt die Suspension Temmes bestehen!</p> <p>Nachdem das hiesige Ob.-L.-Gericht dadurch vor ihm gesichert ist, hat es jetzt die Entlassung beantragt, man sagt auf einen <hi rendition="#g">Wink von Oben</hi>.</p> <p>Inzwischen haben die Untersuchungen gegen die übrigen Angeklagten ihre Nachtmütze aufgesetzt, d. h. sie geruhen gänzlich zu ruhen!</p> <p>Es ist faktisch, daß auf <hi rendition="#b">alle</hi> Beschwerden und Entlassungsgesuche der Angeklagten nicht einmal eine Antwort erfolgt — und die ist doch selbst ein Verbrecher berechtigt zu fordern.</p> <p>Wir wünschen dem Ministerium Brandenburg-Rintelen — langes Leben! zum Heil der Demokratie!</p> </div> <div xml:id="ar205_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Breslau, 22. Jan.</head> <p>Die hiesigen „Heuler“ aller Schattirungen, unter der Firma „Konstitutionelle“ mit einander verbunden, haben das Herzeleid erlebt, daß ihnen alle Mittel — und selbst die niederträchtigsten sind in reichlicher Menge benutzt worden — am Ende dennoch fehlgeschlagen. Traurig, aber wahr! An der Disciplin der hiesigen Parteien kann man sich übrigens an andern Orten ein Beispiel nehmen. Es war Alles so organisirt, daß die meisten der durchgebrachten Kandidaten auf der einen wie andern Seite immer gleich beim ersten Scrutinium erwählt wurden. Engere Wahlen bildeten eine seltene Ausnahme. Die Zahl der in den Listen verzeichneten Urwähler betrug 23,894.</p> <p>Um das Wahlresultat kurz zusammen zu fassen, theile ich Ihnen mit, daß zwei Drittel der Wahlmänner zur <hi rendition="#g">demokratischen</hi>, und nur ein Drittel zur <hi rendition="#g">reaktionären</hi> oder sich so nennenden „konstitutionellen“ Partei gehört!</p> <p>Aus <hi rendition="#g">Brieg</hi> erfahre ich so eben, daß unter den dortigen 49 Wahlmännern 48 Demokraten sind und — 1 Konstitutioneller! O, wie traurig. Er kann nun singen: „Einsam bin ich ganz alleine etc.“</p> <p>So weit wir bis jetzt Nachrichten aus der Provinz haben, lauten sie insgesammt günstig.</p> </div> <div xml:id="ar205_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>105</author></bibl> Münster, 23. Januar.</head> <p>Die hiesigen Dezembergefangenen haben folgende Adresse an den Justizminister Rintelen erlassen:</p> <p> <hi rendition="#g">Excellenz!</hi> </p> <p>Seit länger als fünf Wochen werden wir hier in Haft gehalten. Unsere Gesundheit leidet schwer unter dieser Geistes- und Körperqual, aber noch mehr leidet unser Rechtsgefühl unter dem peinigenden Bewußtsein, das Opfer einer eben so ungerechten als schmachvollen Behandlung zu sein.</p> <p>Bei Ew. Excellenz haben wir bereits vor vier Wochen auf Aufhebung der Haft angetragen. Ew. Excellenz haben nicht darauf geantwortet. Wir wiederholen jetzt den Antrag. Ew. Excellenz verkündigen unter dem 11. d., daß nicht von Ihnen die Anweisung zu den gerichtlichen Verfolgungen der Abgeordneten der aufgelösten National-Versammlung ausgehe, sondern daß die Gerichte selbstständig, nach eigenem Ermessen handeln. Ew. Excellenz aber werden endlich, als oberster Wächter des Rechts, dem nicht durch ein Erkenntniß, sondern durch eine Verfügung der Gerichte entstandenen Unrecht entgegen treten.</p> <p>Als das Ministerium Brandenburg durch seine Schritte gegen die National-Versammlung die Brandung der Aufregung in das ganze Volk warf, als fast Jedermann die konstitutionelle Freiheit in ihren Grundfesten bedroht sah: da regten öffentliche Blätter, insbesondere auch die gewiß konservativ Kölnische Zeitung, die Idee eines Gemeindetages in jeder Provinz an, damit die öffentliche Meinung sich unbeirrt ausspreche. Auch in Münster bildete sich ein Centralcomite, welches durch die Zeitungen einen Kongreß von Abgeordneten der Stadt- und Landgemeinden, Bürgerwehren und Vereinen nach Münster berief. Dieser Kongreß wurde beschickt von acht Stadö- und Landgemeinden, neun Bürgerwehren, zwanzig konstitutionellen Vereinen, sieben Volksvereinen, vierzehn demokratischen Vereinen und zehn Volksversammlungen, und seine Mitglieder waren: 5 Justizkommissarien, 4 Assessoren, 11 Referendarien, 5 Offiziere a. D., 9 Aerzte, 2 Apotheker, 35 Kaufleute, 14 Gewerbsleute, 2 Fabrikanten, 6 Lehrer und 30 Gutsbesitzer, Schulten und Ackerwirthe, 8 Stadtverordnete oder Stadträthe, ein Regierungsrath, Kanonikus, Ober-Landesgerichts-Sekretär, Bau-Inspektor, Geometer, Amtmann, Rentmeister, Postexpediteur, Mechaniker u. s. w. Ihre große Mehrzahl bestand nicht aus heißkopfigen jungen Leuten, sondern aus besonnenen, mit Familie und Vermögen ansässigen Männern. Dieser Kongreß tagte am 18. und 19. November öffentlich und unter den Augen der Behörden, seine Protokolle wurden für die Oeffentlichkeit bestimmt, seine Verhandlungen waren ernst und gemessen, keine Schmähung wider die Krone, kein Angriff wider die Persönlichkeit irgend Jemandes, kein feindseliges Wort gegen die konstitutionelle Staatsverfassung wurde auf diesem Kongresse laut, und sein Resultat waren Beschlüsse über einige Erklärungen und Aufrufe, wie sie in jener Zeit in vielen tausend Adressen und Versammlungen in allen Theilen des Staates viel stärker gegeben wurden. Der Congreß hielt sich durchaus auf konstitutionellem Rechtsboden. Er wollte von vornherein nichts anders thun und that nichts anderes, als daß er einerseits der National-Versammlung in ihrem Kampfe mit dem Ministerium Brandenburg eine moralische Unterstützung gewährte, und daß er andererseits ungesetzliche Ausbrüche des Volsunwillens verhütete, indem er der allgemeinen Aufregung ein gesetzliches und friedliches Mittel darbot, sich auszusprechen. Ohne diesen Congreß wäre Westphalen vielleicht nicht so sehr von Ruhestörungen verschont geblieben. Gleich nach Beendigung der Verhandlungen reisten die Mitglieder in ihre Heimath zurück, es trat der politische Umschwung ein, der Congreß war wie verschollen, keiner der beschlossenen Aufrufe wurde erlassen, nur einzelnen Mitgliedern wurde zum Andenken noch der gedruckte Protokollauszug zugesandt.</p> <p>Kein Mensch hatte einen Gedanken daran, daß dieser Congreß der politischen Verfolgung einen Anlaß bieten könne. Man hätte den gesunden Menschenverstand erst an sich irre machen müssen, um ihn begreifen zu lassen, daß auf diesem Congresse Hochverrath begangen sei. Indessen das Unbegreifliche geschah. Am Ende November überfiel hier, wie auch in andern Städten ein Haufen Soldaten mit Säbeln mörderisch eine ruhige Volksversammlung von unbewaffneten Bürgern, gleichsam um einen Aufstand hervorzurufen; sodann wurde eine Generalanweisung des Ministers des Innern ruchbar, die Führer der Volkspartei durch Verhaftungen und auf andere Weise in ihrer Wirksamkeit hemmen zu lassen; der Regierungspräsident v. Bodelschwingh hielt darauf zu Hamm eine geheime Versammlung mit Landräthen, und gleich darauf beschloß das hiesige Land- und Stadtgericht die Untersuchung und Verhaftung „wegen Unternehmens einer Umwälzung der preußischen Staatsverfassung“ gegen zwanzig Mitglieder des Congresses. Die Verhafteten kommen guten Muths in die dumpfen Gefängnißzellen, sie konnten nicht anders denken, als daß irgend eine lächerliche Anklage einer gräßlichen Verschwörung gegen sie vorgebracht sei, welche bald in ihr Nichts zergehen müsse. Da aber Verhör auf Verhör nur die Congreßbeschlüsse zum Gegenstande nahm, konnte dies Anfangs nur Heiterkeit erregen. Dieser folgte jedoch, als die Kerkerleiden, die Angst um die Familie, die folternden Gedanken über solch einen Criminalprozeß einen nach dem andern auf das Krankenlager warfen, der Groll und die Empörung des Gefühls über so maßloses Unrecht.</p> <p>Des Congresses wegen verhaftet sind jetzt: Lehrer Blumenfeld aus Essen, die Ober-Landesgerichts-Referendarien Jacobi, Hammacher und Reinhardt, Justizkommissar Gierse, Stadtverordneter Hartmann aus Münster, Dr. Graumann und Eisenbahningenieur v. Mirbach aus Dortmund, Justizrath Groneweg aus Gütersloh, O.-L.-G.-Ref. Löher aus Paderborn, Kanonikus v. Schmitz aus Soest. Der 72jährige Lieutenant a. D., Stricker, ist, weil der Kerker ihn zu tödten drohte, entlassen. Die Verhaftung konnte nicht vollstreckt werden gegen die abwesenden Prem.-Lieut. a. D. Henze aus Hamm, O.-L.-G.-A. Möllenhoff, O.-L.-G.-R. Bansi und Stierlin aus Münster, Kaufmann Rempel aus Bielefeld, O.-L.-G.-R. Rohling aus Rheine.</p> <p>Warum aber, fragt jeder, wurden von den 158 Congreßmitgliedern nur gegen diese zwanzig Verhaftsbefehle erlassen? Waren sie schuldiger als die übrigen? Unmöglich, es sind mehrere darunter, welche keineswegs auf dem Congresse hervortraten. Oder sind etwa sammtliche Redner verhaftet? Nein! Sämmtliche Antragsteller? Nein! Sämmtliche Mitglieder des Centralausschusses? Nein! Sämmtliche Urheber und Berufer des Congresses? Nein! Warum denn grade diese zwanzig? Man erräth es nicht, es ist kein Grund denkbar, als, um es mit einem gelinden Ausdrucke zu bezeichnen, die höchste Einseitigkeit. Durch den Congreß soll Hochverrath begangen sein, — nach den ausdrücklichen Bestimmungen der §§. 94, 96, 97 A. L.-R. II. 20 sollen alle Urnehmer und Theilnehmer, alle, welche auch auf entferntere Art mit Rath und That dabei behülflich gewesen sind, alle, welche von dem Vorhaben Nachricht gehabt und der Obrigkeit nicht schleunigst Anzeige gemacht haben, — von den härtesten Leibes- und Lebensstrafen getroffen werden. Es müßten also nicht allein alle Theilnehmer, sondern auch alle Zuhörer des Congresses, alle, die darum wußten, ja die Behörden selbst, die ihn auch am zweiten Tage nicht verhinderten, verhaftet werden. Man sieht, die Sache geht ins Ungeheuerliche, weil die Anklage ungereimt ist. Doch nein, es wurden nur jene zwanzig verfolgt, nur sie verfolgt der unablässige Gedanke, daß sie ein Opfer der rechtslosesten Willkühr werden.</p> <p>Aber was verbrachen sie denn auf dem Congresse? Sie beschlossen Erklärungen und Aufrufe. Der §. 92 sagt:</p> <p rendition="#et">Ein Unternehmen, welches auf eine gewaltsame Umwälzung der Verfassung des Staats oder gegen das Leben oder die Freiheit seines Oberhauptes abzielt, ist Hochverrath.</p> <p>Sind bloße Erklärungen und Aufrufe, hinter welchen durchaus keine gewaltsame, keine ungesetzliche That droht, schon ein hochverrätherisches Unternehmen? Mit demselben Rechte wie diese könnte jeder Zeitungsartikel, der eine Veränderung der Verfassung verlangt, zum Hochverrathe gestempelt werden. Ehe jemand dieses schwersten der Verbrechen beschuldigt wird, muß doch seine feindselige Absicht, die Verfassung gewaltsam umzuwälzen, und eine Handlung, welche diese Absicht ausführen soll, bekannt sein.</p> <p>Fand sich dergleichen auf dem Congresse? Keine Rede, kein Beschluß deudet nur im Entferntesten darauf hin. Der Beschluß, auf welchen die Anklage sich hauptsächlich stützt, lautet:</p> <p rendition="#et">1. Die preußische National-Versammlung hat in der Sitzung vom 15. November einstimmig beschlosses, daß das Ministerium Brandenburg nicht berechtigt sei, über die Staatsgelder zu verfügen und die Steuern zu erheben, so lange als die National-Versammlung in Berlin nicht ungestört ihre Berathungen fortzusetzen vermag.<lb/> 2. Der westphälische Congreß zur Unterstützung der preußischen National-Versammlung erklärt, daß das Volk diesem Beschlusse seiner National-Versammlung Folge zu leisten habe.<lb/> 3. Selbstredend kann die Steuerverweigerung sich nicht auf Communalsteuer beziehen und nur so lange dauern, bis die National-Versammsammlung das Aufhören der Steuerverweigerung ausspricht.</p> <p>Nimmt man auch an, was noch unbewiesen ist, daß der Congreß diesen Beschluß grade so gefaßt habe, so ist er doch von Hochverrath weit entfernt. Die National-Versammlung hatte nicht beschlossen, daß überhaupt keine Steuern mehr bezahlt werden sollten, sondern nur: daß das Ministerium Brandenburg sie nicht erheben könne, so lange es die National-Versammlung nicht ungestört lasse. Der Congreß fordert nicht zur Steuerverweigerung auf, sondern er wiederholt nur den Beschluß der National-Versammlung, und giebt einfach seine Ansicht zu erkennen, daß er ihn für eine gesetzliche Maaßregel halte. Dieser Beschluß der National-Versammlung war nicht gegen Krone und Verfassung, sondern ausdrücklich nur gegen ein Ministerium und auch gegen dieses nur unter einer Bedingung gerichtet, welche das Ministerium jeden Augenblick erfüllen konnte. Gewiß gab es in Preußen keinen Vernünftigen, der ernstlich ein beständiges Aufhören der Steuerzahlung wollte, wohl aber wollte die überwiegende Mehrheit des Volkes, wie die National-Versammlung in Frankfurt, das Abtreten des Ministeriums Brandenburg bewirken. —</p> <p>Doch gesetzt, der Congreß habe zur Steuerverweigerung aufgefordert, be- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1118/0002]
versucht und durchgeführt und in vielen Provinzen des Landes ein ärgeres Regiment ausgeübt, als wenn bereits Kosaken und Panduren uns in Beschlag genommen hätten?
Es geschah, weil wir im vorigen Mai eine Masse Leute als Vertreter nach Berlin schickten — von den offenen Volksfeinden und Volksverräthern gänzlich abgesehen — die weder kalt noch warm, weder Fisch noch Fleisch, sondern erbärmliche Buttermilch-Seelen waren, denen erst dann ein kleines Licht aufging und einiger Muth, einige Energie nöthig schien, als sie durch ihre eigene Schuld die Feinde des Volkes hatten Kräfte sammeln lassen, mit einem Wort als es zu spät war.
Ohne jene saft- und kraftlosen, hin- und herschwankenden, zum Theil nur vom spießbürgerlichsten Ehrgeiz getriebenen Zwitterwesen, namentlich auf den Bänken des linken Centrums und theilweise auch der Linken, wäre der contrerevolutionären Partei nicht so der Kamm geschwollen, nicht Zeit und Mittel gelassen worden, um den Staatsstreich nach allen Seiten hin einzufädeln und für eine, wenn auch kurze Zeit, erfolgreich durchzuführen.
Weit mehr noch, als im Mai, thut jetzt die Wahl ganz entschiedener Abgeordneten Noth.
Damals war das absolute König-, das Beamten- und Junkerthum voll Unschlüssigkeit und Angst, gedemüthigt und rathlos. Gegenwärtig hat es alle alten Positionen wieder gewonnen, die alte Frechheit ist zurückgekehrt und die ganze saubere vormärzliche Wirthschaft hat eine neue und vermehrte Auflage erlebt, die sich von der früheren nur durch einige konstitutionelle Phrasen und durch größere Brutalität unterscheidet.
Die gottbegnadete Regierungspartei hat ihre entschlossensten Anhänger hingestellt, Leute, deren An- und Absichten für Niemanden ein Geheimniß sind; sie operirt mit ihren Wrangels, Manteufels, Ladenberg-Eichhorns, Hinkeldei's etc., um sich wieder recht festzusetzen.
Es liegt nun den wahrhaft freigesinnten, den demokratischen Wahlmännern ob: jener Schaar der russisch-österreichisch-preußischen Allianz Volksvertreter entgegen zu stellen, die den Gottesbegnadeten an Klarheit, Entschiedenheit und Festigkeit mindestens gewachsen sind.
Dazu ist sorgfältige Prüfung und Berathung und schließlich Einigung über die zu Wählenden nöthig.
Daß Niemand zum Deputirten tauglich ist, der sich nicht dem Protest gegen die mit Kanonen und Bajonetten aufgezwungne Verfassung vom 5. Dezbr. anschließt und sich verpflichtet, sie unter keiner Bedingung zu genehmigen, weil sie das Werk der List und Gewalt und ihr Zweck des Volkes Verderben ist, das versteht sich von selbst, das ist das Mindeste, was von einem Volksvertreter verlangt werden muß.
Allein der zu Wählende muß uns auch Garantien bieten, daß er nur für Eine Kammer und für direkte Wahlen, für Aufhebung sämmtlicher Feudallasten und Steuerbefreiungen, sowie des Adels überhaupt stimmen, dagegen jeden Census bei den Wahlen der Volksvertreter, Gemeinde- und Kreisbeamten, der Geschwornen etc. bekämpfen wird.
Vor allem aber muß der Kandidat die Energie und die Entschiedenheit der politischen Ansichten besitzen, welche erforderlich sind, um der contre-revolutionären Gewaltherrschaft mit Erfolg entgegenzutreten.
Wahlmänner! Benutzt die Zeit bis zum 5. Februar. Auf Euch lastet eine große Verantwortlichkeit. Ihr habt sie übernommen, täuscht nicht das Euch geschenkte Vertrauen. Das Volk erwartet von Euch, daß Ihr Männer der entschiedensten Farbe und des entschiedensten Charakters wählt. Denn unsre Vertreter werden nicht nur ihre entschiedene Gesinnung, sie werden auch, den Bajonetten gegenüber, ihren revolutionären Muth zu beweisen haben.
* Köln, 25. Jan. Zu unsern bisherigen Wahlberichten fügen wir folgende Notizen hinzu: In Ratingen sind sämmtliche Wahlen, 16 an der Zahl, auf Demokraten gefallen. In der bedeutenden Bürgermeisterei Gerresheim ist nur ein einziger „Konstitutioneller“ durchgegangen, außer ihm nur Demokraten. Was Düsseldorf anlangt, so sind unter seinen 167 Wahlmännern 141 Demokraten und 26 „Konstitutionelle“ (Reaktionäre). In Dahlen und Viersen 3/4, in Geilenkirchen, Glehn, Dormagen alle Wahlmänner Demokraten. In den Moselortschaften von Croev bis Bernkastel vollständiger Sieg der Demokratie, im Kreise Wittlich desgleichen. Und was Trier anlangt, so wird über den Ausgang der dortigen Wahlen sich Niemand wundern, als höchstens die „Heuler“, die vielleicht geglaubt haben, daß ihre schändlichen Mittel am Ende doch einige Wirkung haben könnten. Sie sind enttäuscht. Die demokratische Partei hat in sämmtlichen 18 Wahlbezirken, mit Ausnahme des 12ten den vollständigsten Sieg erhalten. Im 12ten Bezirk allein setzten die Heuler ihre Kandidaten durch, allein nur mit einer Stimme Majorität.
Kurz, alle Nachrichten aus der Rheinprovinz stimmen darin überein, daß überall die Demokraten gesiegt haben, mit Ausnahme von Crefeld und Barmen.
Was Westphalen anbetrifft, so sind die Siege der Demokraten hier noch überraschender, ja gänzlich unerwartet. Es gehörte die ganze Brutalität einer Manteufflischen Verfolgungswuth dazu, die „lieben guten Westphalen“ aus ihrer politischen Indolenz aufzustacheln. Aber es ist vollständig gelungen; die Dezemberverfolgungen, unerhört selbst in den Annalen der vormärzlichen Landrechtspraxis, haben ihre Früchte getragen.
In Münster sind 4/5, in Paderborn 8/9, in Bocholt 4/5, in Bielefeld 3/4 der Wahlmänner Demokraten. Auch hier haben wir bisher nur aus dem Kreise Hagen schlechte Nachrichten erhalten.
Damit stelle man zusammen was wir aus Berlin, Potsdam, Breslau, Magdeburg etc. etc. berichten, und dann sage man ob wir, wie Ehren-Brüggemann sich tröstet, „zu früh frohlockt“ haben!
133 Geilenkirchen, 23. Januar. Die hiesigen Wahlen sind ganz zu Gunsten der Demokratie ausgefallen. Sechs Wahlmänner waren hier zu wählen; alle sechs Wahlen fielen auf die Kandidaten des hiesigen Bürgervereins. Wir hatten den Triumph, daß zuerst der Vorsitzende des hiesigen Bürgervereins, Herr Eduard Nacken, mit glänzender Majorität durchkam gegen den von der Gegenpartei aufgestellten Kommissarius, Herrn von Cynatten, der früher gegen den Verein inquirirt hatte. Unter den Gewählten ist ebenfalls der Märtyrer der Inquisition, Herr Richter Kampmann.
In unsern umliegenden Ortschaften ist im allgemeinen ein gleiches Resultat zu erwarten.
* Glehn, Kreis Neuß. Hier sind alle Wahlen im demokratischen Sinne ausgefallen.
134 Dormagen. Auch hier gehören die sechs Wahlmänner sämmtlich der demokratischen Partei an.
119 Bielefeld, 22. Jan. Die Wahlurne hat sich geleert, und es ist nichts darin zurückgeblieben als die enttäuschten Hoffnungen der hiesigen sogenannten konstitutionellen Partei. Alle Umtriebe, die ganze Sündfluth von Flugblättern, alle Agitationen des Wahlcomité's, alle süßen Ansprachen vermeintlich einflußreicher Personen sind vergeblich gewesen. Stark über 2/3 der Wahlmänner in unserem sonst als so konservativ bekannten Kreise sind im demokratischen Sinne ausgefallen.
Ja das Unglaublichste ist geschehen! Der hiesige hochwohlweise Bürgermeister hat die Konkurrenz mit einem Maurer-Gesellen nicht bestehen können. Im 1. Wahlbezirke, zu welchem nur Einwohner hiesiger Stadt und zwar größtentheils Bourgeois vom reinsten Wasser und konservativem Vollblut gehörten, steht die Wahl al pari, in dem zwei von der demokratischen Partei aufgestellte Kandidaten durchkamen. Die Wahl des 5. Wahlmanns ist ungültig, da zwei Brüder zu den Urwählern zählten und nicht alle Stimmzettel den Vornamen oder eine sonstige nähere Bezeichnung des einen oder andern enthielten. Mit welcher Habgier dieser konstitutionelle Wahlmann festgehalten wurde, geht daraus hervor, daß der Wahlvorsteher Herr J. R. B., welcher zugleich der Leithammel der hiesigen konstitutionellen Partei ist, die Wahl aus dem Grunde zu salviren suchte, weil in der Vorwahl am seligen Polterabend nur Einer von den 2 Brüdern gewählt worden und daher auch dieser bei der officiellen Wahl als gemeint zu betrachten sei! Man sieht die octroyirte Logik! Das Wahlbüreau erklärte die Wahl indeß für gültig. Der dagegen sofort erhobene schriftliche Protest wird jedoch bei den klaren Worten des Gesetzes hoffentlich Berücksichtigung finden.
Daß in den Bezirken, worin das Militär die bedeutende Mehrzahl ausmacht, mehr Wahlmänner als in den übrigen Bezirken und nur Ultra-Reaktionäre gewählt werden mußten, versteht sich von selbst.
X Münster, 22. Jan. Die „treue, wahre und feste“ Stadt, war nach der Aufregung des November wieder ruhig geworden; selbst die Trias v. Bodelschwingh, v. Olfers und Tüshaus schlief getrost. Die Soldaten hatten ja die treuen, wahren und festen Bürger gehörig durchgeledert, ohne bestraft worden zu sein und die Führer des Volks lagen im Kerker. Warum sollte die Trias nicht nach Berlin schreiben:
„Die Maßregeln haben superbe gefruchtet, die guten Burger erkennen in Manteuffel den Engel des Friedens u. s. w.“
Aber heute! das durch preußische Kniffe zusammengehaltene Kartenhaus hat der Wind umgeweht, auf 98 Wahlmänner sind über achtzig Kandidaten der liberalen Partei, durchgegangen.
Selbst die klerikale Partei ist völlig geschlagen, was freilich der kath. Verein durch alberne Plakate sehr befördert hat. — Nur in der Nähe der Kaserne sind einige Leute wie Windhorst gewählt, aber kein Olfers, kein Tüshaus!
Die Bürgerwehr hatte schon früher beschlossen, letzteren aus ihrer Mitte auszustoßen.
Darauf soll er die Lage des Münsterlandes als höchst gefährlich geschildert, und auf Untersuchung gedrungen haben.
Es ist unbestritten, daß die Stimmung in Münster im November sehr gefahrdrohend war und ist es noch, ja sie wird es bleiben, so lange die Regierung Münsters in den Händen solcher mißliebiger Männer ist.
Die Plakate des kath. Vereins wurden vom Volke zerrissen, denn es fühlte die Gemeinheit, daß darin unverblümt die politischen Gefangenen Verschwörer genannt waren — selbst in den Kirchen ist über die Predigten lautes Gemurmel entstanden. Die Herren Pfaffen haben es gesehen: Münster ist kein Luzern.
Daß die Wahlen im Münsterlande überall gut ausgefallen sind, läßt sich nicht bezweifeln. Hier ist kein Mittel unversucht gelassen, das Volk zu hintergehen. — Der Merkur hatte die Schamlosigkeit am Tage vor den Wahlen anzuzeigen: der kath. Geheimrath Aulike in Berlin, ein Münstersches Kind, sei — — Oberpräsident geworden.
Man hat mit Verlegung der Behörden gedroht! Alles vergebens! Ja alles vergebens 83 gegen 15! *)
X Münster, 23. Jan. Hr. Temme sitzt noch immer im Zuchthause, er ist bereits seit 14 Tagen erkrankt, so daß er fortwährende ärztliche Hülfe nöthig hat.
Diese Haft verschuldet aber der Justizminister Rintelen, ein früherer Freund Temmes.
Hr. Justizminister Rinteln hatte nicht die Befugniß, die Temmesche Untersuchung an das Ob.-L.-Gericht in Paderborn aus dem Grunde zu verweisen, „um allen Schein der Parteilichkeit zu vermeiden.“
Das war ein Akt der Willkür!
Der Justizminister mußte sich erklären, ob er das Perhorrescenzgesuch des Temme gesetzlich für begründet hielt, und dann konnte sich das O.-L.-G. zu Paderborn nicht entbrechen, die Sache vor sein Forum zu ziehen, denn die Kriminalordnung ist in Westphalen nicht aufgehoben, und nach ihr hat der Gerichtsstand des begangenen Verbrechens höchstens die Befugniß, niemals die Pflicht, eine Untersuchung von dem Gerichtsstande der Person zu avoziren.
Die Sache ist die, daß nach dem Gesetz auch das Kammergericht sich für inkompetent erklären muß.
Solche Verwickelungen dürften nicht zum Nachtheil des Herrn Temme gereichen.
Als die Perhorrescenz des hiesigen Gerichts genehmigt war, mußte Temme sofort entlassen werden, denn eine gültige Untersuchung existirte nicht mehr.
Jetzt schwebt die Sache zwischen Himmel und Hölle, und die Regierung benutzt nicht einmal die Gelegenheit, durch beschleunigte Einsendung der Akten nach Frankfurt die Erlösung Temmes herbeizuführen. Immer aber bleibt die Suspension Temmes bestehen!
Nachdem das hiesige Ob.-L.-Gericht dadurch vor ihm gesichert ist, hat es jetzt die Entlassung beantragt, man sagt auf einen Wink von Oben.
Inzwischen haben die Untersuchungen gegen die übrigen Angeklagten ihre Nachtmütze aufgesetzt, d. h. sie geruhen gänzlich zu ruhen!
Es ist faktisch, daß auf alle Beschwerden und Entlassungsgesuche der Angeklagten nicht einmal eine Antwort erfolgt — und die ist doch selbst ein Verbrecher berechtigt zu fordern.
Wir wünschen dem Ministerium Brandenburg-Rintelen — langes Leben! zum Heil der Demokratie!
103 Breslau, 22. Jan. Die hiesigen „Heuler“ aller Schattirungen, unter der Firma „Konstitutionelle“ mit einander verbunden, haben das Herzeleid erlebt, daß ihnen alle Mittel — und selbst die niederträchtigsten sind in reichlicher Menge benutzt worden — am Ende dennoch fehlgeschlagen. Traurig, aber wahr! An der Disciplin der hiesigen Parteien kann man sich übrigens an andern Orten ein Beispiel nehmen. Es war Alles so organisirt, daß die meisten der durchgebrachten Kandidaten auf der einen wie andern Seite immer gleich beim ersten Scrutinium erwählt wurden. Engere Wahlen bildeten eine seltene Ausnahme. Die Zahl der in den Listen verzeichneten Urwähler betrug 23,894.
Um das Wahlresultat kurz zusammen zu fassen, theile ich Ihnen mit, daß zwei Drittel der Wahlmänner zur demokratischen, und nur ein Drittel zur reaktionären oder sich so nennenden „konstitutionellen“ Partei gehört!
Aus Brieg erfahre ich so eben, daß unter den dortigen 49 Wahlmännern 48 Demokraten sind und — 1 Konstitutioneller! O, wie traurig. Er kann nun singen: „Einsam bin ich ganz alleine etc.“
So weit wir bis jetzt Nachrichten aus der Provinz haben, lauten sie insgesammt günstig.
105 Münster, 23. Januar. Die hiesigen Dezembergefangenen haben folgende Adresse an den Justizminister Rintelen erlassen:
Excellenz!
Seit länger als fünf Wochen werden wir hier in Haft gehalten. Unsere Gesundheit leidet schwer unter dieser Geistes- und Körperqual, aber noch mehr leidet unser Rechtsgefühl unter dem peinigenden Bewußtsein, das Opfer einer eben so ungerechten als schmachvollen Behandlung zu sein.
Bei Ew. Excellenz haben wir bereits vor vier Wochen auf Aufhebung der Haft angetragen. Ew. Excellenz haben nicht darauf geantwortet. Wir wiederholen jetzt den Antrag. Ew. Excellenz verkündigen unter dem 11. d., daß nicht von Ihnen die Anweisung zu den gerichtlichen Verfolgungen der Abgeordneten der aufgelösten National-Versammlung ausgehe, sondern daß die Gerichte selbstständig, nach eigenem Ermessen handeln. Ew. Excellenz aber werden endlich, als oberster Wächter des Rechts, dem nicht durch ein Erkenntniß, sondern durch eine Verfügung der Gerichte entstandenen Unrecht entgegen treten.
Als das Ministerium Brandenburg durch seine Schritte gegen die National-Versammlung die Brandung der Aufregung in das ganze Volk warf, als fast Jedermann die konstitutionelle Freiheit in ihren Grundfesten bedroht sah: da regten öffentliche Blätter, insbesondere auch die gewiß konservativ Kölnische Zeitung, die Idee eines Gemeindetages in jeder Provinz an, damit die öffentliche Meinung sich unbeirrt ausspreche. Auch in Münster bildete sich ein Centralcomite, welches durch die Zeitungen einen Kongreß von Abgeordneten der Stadt- und Landgemeinden, Bürgerwehren und Vereinen nach Münster berief. Dieser Kongreß wurde beschickt von acht Stadö- und Landgemeinden, neun Bürgerwehren, zwanzig konstitutionellen Vereinen, sieben Volksvereinen, vierzehn demokratischen Vereinen und zehn Volksversammlungen, und seine Mitglieder waren: 5 Justizkommissarien, 4 Assessoren, 11 Referendarien, 5 Offiziere a. D., 9 Aerzte, 2 Apotheker, 35 Kaufleute, 14 Gewerbsleute, 2 Fabrikanten, 6 Lehrer und 30 Gutsbesitzer, Schulten und Ackerwirthe, 8 Stadtverordnete oder Stadträthe, ein Regierungsrath, Kanonikus, Ober-Landesgerichts-Sekretär, Bau-Inspektor, Geometer, Amtmann, Rentmeister, Postexpediteur, Mechaniker u. s. w. Ihre große Mehrzahl bestand nicht aus heißkopfigen jungen Leuten, sondern aus besonnenen, mit Familie und Vermögen ansässigen Männern. Dieser Kongreß tagte am 18. und 19. November öffentlich und unter den Augen der Behörden, seine Protokolle wurden für die Oeffentlichkeit bestimmt, seine Verhandlungen waren ernst und gemessen, keine Schmähung wider die Krone, kein Angriff wider die Persönlichkeit irgend Jemandes, kein feindseliges Wort gegen die konstitutionelle Staatsverfassung wurde auf diesem Kongresse laut, und sein Resultat waren Beschlüsse über einige Erklärungen und Aufrufe, wie sie in jener Zeit in vielen tausend Adressen und Versammlungen in allen Theilen des Staates viel stärker gegeben wurden. Der Congreß hielt sich durchaus auf konstitutionellem Rechtsboden. Er wollte von vornherein nichts anders thun und that nichts anderes, als daß er einerseits der National-Versammlung in ihrem Kampfe mit dem Ministerium Brandenburg eine moralische Unterstützung gewährte, und daß er andererseits ungesetzliche Ausbrüche des Volsunwillens verhütete, indem er der allgemeinen Aufregung ein gesetzliches und friedliches Mittel darbot, sich auszusprechen. Ohne diesen Congreß wäre Westphalen vielleicht nicht so sehr von Ruhestörungen verschont geblieben. Gleich nach Beendigung der Verhandlungen reisten die Mitglieder in ihre Heimath zurück, es trat der politische Umschwung ein, der Congreß war wie verschollen, keiner der beschlossenen Aufrufe wurde erlassen, nur einzelnen Mitgliedern wurde zum Andenken noch der gedruckte Protokollauszug zugesandt.
Kein Mensch hatte einen Gedanken daran, daß dieser Congreß der politischen Verfolgung einen Anlaß bieten könne. Man hätte den gesunden Menschenverstand erst an sich irre machen müssen, um ihn begreifen zu lassen, daß auf diesem Congresse Hochverrath begangen sei. Indessen das Unbegreifliche geschah. Am Ende November überfiel hier, wie auch in andern Städten ein Haufen Soldaten mit Säbeln mörderisch eine ruhige Volksversammlung von unbewaffneten Bürgern, gleichsam um einen Aufstand hervorzurufen; sodann wurde eine Generalanweisung des Ministers des Innern ruchbar, die Führer der Volkspartei durch Verhaftungen und auf andere Weise in ihrer Wirksamkeit hemmen zu lassen; der Regierungspräsident v. Bodelschwingh hielt darauf zu Hamm eine geheime Versammlung mit Landräthen, und gleich darauf beschloß das hiesige Land- und Stadtgericht die Untersuchung und Verhaftung „wegen Unternehmens einer Umwälzung der preußischen Staatsverfassung“ gegen zwanzig Mitglieder des Congresses. Die Verhafteten kommen guten Muths in die dumpfen Gefängnißzellen, sie konnten nicht anders denken, als daß irgend eine lächerliche Anklage einer gräßlichen Verschwörung gegen sie vorgebracht sei, welche bald in ihr Nichts zergehen müsse. Da aber Verhör auf Verhör nur die Congreßbeschlüsse zum Gegenstande nahm, konnte dies Anfangs nur Heiterkeit erregen. Dieser folgte jedoch, als die Kerkerleiden, die Angst um die Familie, die folternden Gedanken über solch einen Criminalprozeß einen nach dem andern auf das Krankenlager warfen, der Groll und die Empörung des Gefühls über so maßloses Unrecht.
Des Congresses wegen verhaftet sind jetzt: Lehrer Blumenfeld aus Essen, die Ober-Landesgerichts-Referendarien Jacobi, Hammacher und Reinhardt, Justizkommissar Gierse, Stadtverordneter Hartmann aus Münster, Dr. Graumann und Eisenbahningenieur v. Mirbach aus Dortmund, Justizrath Groneweg aus Gütersloh, O.-L.-G.-Ref. Löher aus Paderborn, Kanonikus v. Schmitz aus Soest. Der 72jährige Lieutenant a. D., Stricker, ist, weil der Kerker ihn zu tödten drohte, entlassen. Die Verhaftung konnte nicht vollstreckt werden gegen die abwesenden Prem.-Lieut. a. D. Henze aus Hamm, O.-L.-G.-A. Möllenhoff, O.-L.-G.-R. Bansi und Stierlin aus Münster, Kaufmann Rempel aus Bielefeld, O.-L.-G.-R. Rohling aus Rheine.
Warum aber, fragt jeder, wurden von den 158 Congreßmitgliedern nur gegen diese zwanzig Verhaftsbefehle erlassen? Waren sie schuldiger als die übrigen? Unmöglich, es sind mehrere darunter, welche keineswegs auf dem Congresse hervortraten. Oder sind etwa sammtliche Redner verhaftet? Nein! Sämmtliche Antragsteller? Nein! Sämmtliche Mitglieder des Centralausschusses? Nein! Sämmtliche Urheber und Berufer des Congresses? Nein! Warum denn grade diese zwanzig? Man erräth es nicht, es ist kein Grund denkbar, als, um es mit einem gelinden Ausdrucke zu bezeichnen, die höchste Einseitigkeit. Durch den Congreß soll Hochverrath begangen sein, — nach den ausdrücklichen Bestimmungen der §§. 94, 96, 97 A. L.-R. II. 20 sollen alle Urnehmer und Theilnehmer, alle, welche auch auf entferntere Art mit Rath und That dabei behülflich gewesen sind, alle, welche von dem Vorhaben Nachricht gehabt und der Obrigkeit nicht schleunigst Anzeige gemacht haben, — von den härtesten Leibes- und Lebensstrafen getroffen werden. Es müßten also nicht allein alle Theilnehmer, sondern auch alle Zuhörer des Congresses, alle, die darum wußten, ja die Behörden selbst, die ihn auch am zweiten Tage nicht verhinderten, verhaftet werden. Man sieht, die Sache geht ins Ungeheuerliche, weil die Anklage ungereimt ist. Doch nein, es wurden nur jene zwanzig verfolgt, nur sie verfolgt der unablässige Gedanke, daß sie ein Opfer der rechtslosesten Willkühr werden.
Aber was verbrachen sie denn auf dem Congresse? Sie beschlossen Erklärungen und Aufrufe. Der §. 92 sagt:
Ein Unternehmen, welches auf eine gewaltsame Umwälzung der Verfassung des Staats oder gegen das Leben oder die Freiheit seines Oberhauptes abzielt, ist Hochverrath.
Sind bloße Erklärungen und Aufrufe, hinter welchen durchaus keine gewaltsame, keine ungesetzliche That droht, schon ein hochverrätherisches Unternehmen? Mit demselben Rechte wie diese könnte jeder Zeitungsartikel, der eine Veränderung der Verfassung verlangt, zum Hochverrathe gestempelt werden. Ehe jemand dieses schwersten der Verbrechen beschuldigt wird, muß doch seine feindselige Absicht, die Verfassung gewaltsam umzuwälzen, und eine Handlung, welche diese Absicht ausführen soll, bekannt sein.
Fand sich dergleichen auf dem Congresse? Keine Rede, kein Beschluß deudet nur im Entferntesten darauf hin. Der Beschluß, auf welchen die Anklage sich hauptsächlich stützt, lautet:
1. Die preußische National-Versammlung hat in der Sitzung vom 15. November einstimmig beschlosses, daß das Ministerium Brandenburg nicht berechtigt sei, über die Staatsgelder zu verfügen und die Steuern zu erheben, so lange als die National-Versammlung in Berlin nicht ungestört ihre Berathungen fortzusetzen vermag.
2. Der westphälische Congreß zur Unterstützung der preußischen National-Versammlung erklärt, daß das Volk diesem Beschlusse seiner National-Versammlung Folge zu leisten habe.
3. Selbstredend kann die Steuerverweigerung sich nicht auf Communalsteuer beziehen und nur so lange dauern, bis die National-Versammsammlung das Aufhören der Steuerverweigerung ausspricht.
Nimmt man auch an, was noch unbewiesen ist, daß der Congreß diesen Beschluß grade so gefaßt habe, so ist er doch von Hochverrath weit entfernt. Die National-Versammlung hatte nicht beschlossen, daß überhaupt keine Steuern mehr bezahlt werden sollten, sondern nur: daß das Ministerium Brandenburg sie nicht erheben könne, so lange es die National-Versammlung nicht ungestört lasse. Der Congreß fordert nicht zur Steuerverweigerung auf, sondern er wiederholt nur den Beschluß der National-Versammlung, und giebt einfach seine Ansicht zu erkennen, daß er ihn für eine gesetzliche Maaßregel halte. Dieser Beschluß der National-Versammlung war nicht gegen Krone und Verfassung, sondern ausdrücklich nur gegen ein Ministerium und auch gegen dieses nur unter einer Bedingung gerichtet, welche das Ministerium jeden Augenblick erfüllen konnte. Gewiß gab es in Preußen keinen Vernünftigen, der ernstlich ein beständiges Aufhören der Steuerzahlung wollte, wohl aber wollte die überwiegende Mehrheit des Volkes, wie die National-Versammlung in Frankfurt, das Abtreten des Ministeriums Brandenburg bewirken. —
Doch gesetzt, der Congreß habe zur Steuerverweigerung aufgefordert, be-
*) Der fragliche Artikel ist uns noch nicht zugekommen.
(A. d. Red. f. d. Hrn. Corresp.)
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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