Neue Rheinische Zeitung. Nr. 202. Köln, 22. Januar 1849. Beilage.Beilage zu Nr. 202 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Montag 22. Januar 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] Aber wenn ihr eigensinnig dem Allgemeinen widerstrebt, wenn ihr glaubt, das Gesetz des Fortschritts der Welt biegen und brechen zu können, wenn ihr nicht selbstständig, sondern als Diener Habsburgs, unter der Fahne der Meuchler Galliziens, der Todtschläger Lombardien's, der Plünderer Wiens, der Brandmörder Krakau's, Lemberg's, ja eures Prag selbst, existiren wollt: dann täuscht ihr uns nicht über eure Thorheit, und versichertet ihr auch, um euch selbst etwas vorzulügen, ihr wolltet Oestreich hinters Licht führen. Unser Herz würde bluten vor Gram über unsere Stammbrüder, aber verführen könntet ihr uns mit alledem doch nicht. Und trotz euch blieben wir getreu bei der Standarte eines Bruderthums, hoch über alle Racenverwandtschaft, eines Bruderthums vor Gott und Menschengeschlecht. Früher suchten euch diplomatische Agenten andershin zu locken; dieselben Diplomaten, die den schon freigeschlagenen Serbiern das türkische Joch wieder aufluden und als Herrscher den Dienstmann des Czaren, den Milosch Obrenowitsch, aufdrangen, den Mörder des populärsten, patriotischsten Helden, Georg des Schwarzen, von Serbien. Man versprach euch damals Nationalität mit czarischer Oberaufsicht. Aber wir und andere warnten euch bei Zeiten, und ihr schluget den Antrag aus. Und heute stellt man euch einen ebenso hinterlistigen, als könne und wolle Habsburg euch gegen Moskau schirmen. O Brüder, hört noch ein Mal unser Freundeswort: hinter dem Oesterreicher lauert der Moskowiter, sein Bundesgenoß und Mitverbrecher. Der Oestreicher verräth euch, und dann sinket ihr ohne Rettung in die Arme des Russen; denn wahrhaftig, es ist nicht abzusehen weshalb ihr nicht dem bluts- und sprachverwandten Russen als Knechte unterthan sein solltet, nachdem ihr euch einem Tyrannen verkauft hattet, den weder sprachliche noch stammliche Bande mit euch verknüpfen. Seht, dahin kann es mit euch bald kommen, wenn ihr fortfahrt auf dem Wege des Mißtrauens gegen euch selber. Zum Zarismus, ja zum Zarismus führt euch gradezu der Abhang an dem ihr steht; folglich dürft ihr uns nicht von Freiheit, von Bruderliebe reden; diese hohen Worte sind eure Verdammung: O, weit, weit hinweg die Romanow und die Habsburger. Ein andres, ein besseres Schlachtwort bieten wir euch an, wohlverstanden von allen Völkern des Westens und Ostens, von Franzosen, Deutschen, Italienern, Ungaren: es ist Polen. Dieses Land hat Einheit wenn in ihm auch Verschiedenheit der Rasse und jetzt Territorialzerstückelung verhanden ist; von Ausländern niedergejocht, fraternisirt es dennoch mit den Völkern des Auslands, und gar nie hat es den unfreien-Völkern die Greuel ihrer tückischen, betrügerischen Regierungen untergeschoben. Polen ist vorläufig zu Grabe gegangen ebenso sehr an seiner inländischen Aristokratie als an den Einbrüchen der Ausländer; es ist so zusagen die Personificirung des dreieinigen Prinzips welches einst die Welt beherrschen wird: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Und um bei der Allegorie zu verweilen: eure Schwester Polonia wird, wenn Habsburg und Romanow am Boden sich krümmen, aus dem Grabe steigen; und wie Christus der Heiland auferstanden hinter sich die auferweckten und alten Patriarchen führte in die Wohnungen seines himmlischen Vaters: so wird Polen, auferstanden, die übrigen slawischen Schwestern allesammt bei Namen rufen und neben sich setzen am großen Bankette der in heiligem Bruderbunde vereinten Nationen. Polen wird nicht die Gebieterin der andern Slawenvölker sein. Es wird aber zu ihrem Gebrauche die aufgehäuften Früchte seiner Arbeiten, seines hundertjährigen Schmerzes, stellen; seiner geschichtlichen Erfahrnisse und selbst seiner Schwächen und Gebrechen. Seine durch Nationalerhebung verjüngten Kräfte wird es zur gemeinsamen Vertheidigung der gemeinsamen Interessen anwenden. Wenn an jenem großen Tage allseitigen Bruderthums noch finstere Erinnerungen auftauchten von einem slawischen Widerstreben gegen die allgemeine Fortschrittsbewegung: wenn der Deutsche, der Italiener, der Magyar erbebte beim Anblicke seines Blutes auf der Hand des Kroaten, des Tschechen, des Moskowiters: dann werden wir polnische Demokraten mit unserem für die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit so lange verströmten Blut, mit unserem Märtyrium dazwischen treten und die Sünden der Stammesbrüder lösen mit dem Aufweisen unserer Wunden für die Menschheit; wir wollen dann die Vermittler, die Versöhner sein und der Bundesknoten in der unstörbaren, wahrhaft heiligen Völkerallianz zwischen Aufgang und Niedergang. Wohlan, wenn ihr wollt, daß unsere Vermittlung wirksam sei und wir zum Menschengeschlechte sprechen können: "Vergieb diesen da, sie wußten ja nicht, was sie thaten, o Mutter der Völker!" so müßt ihr vom heutigen Tage ab genau unterscheiden lernen zwischen der Sache der Nationen und den Schandthaten ihrer Regierungen. Ihr dürfet fortan in den deutschen Beamten, wie wir in den russischen und tschechischen, nicht mehr Vertreter des Volks erblicken, welches eben sie von sich stößt, sondern Werkzeuge der Hierarchie des Bureaukratenthums, wodurch jene Beamten nach seinem Ebenbilde geknetet worden sind. Ihr müßt fortan die Hand geben dem Volke, und wo es unterdrückt wird, dahin eilt und helft, wie wir den Ungarn und Italienern zu Hülfe gezogen, und wie wir auch euch zum Beistande eilen würden, wenn euer gutes Recht bedroht wäre und ihr nicht die Hand nach dem Recht des Nebenmenschen ausgestreckt. Ihr müßt schlechterdings mit uns für die Fehler eines Volkes selbst Verzeihung haben und sprechen: "sie wissen nicht, was sie thun." Vor Allem aber haben wir Polen Befugniß zu fordern, daß ihr euern vollen Zorn auf den Stifter allen Unheils, auf das verruchte Haupt der verbrecherischen Bande, auf den k. k. östreichischen Thron, entladet, der euch einst so namenlos elend machte und so lange in der Verzweiflung am Boden liegen ließ; diesen ehrlosen Thron, der unter der Wucht seiner Greuel und unter dem Fluche des Menschheitsgenius bereits knackt und Risse bekommt, ja schon sich senkt. Wahrlich er wäre bereits zusammengebrochen in einen Haufen Getrümmer, hätte allen euren slawischen Nationalitäten die Freiheit des Sichentfaltens gewährt, wenn ihr zu eurem und der Welt Unglück ihn nicht mit euren Schultern gestützt hättet! Slawische Brüder! ihr wollt Freiheit. Gut, laßt euren Kerker in Ruinen fallen. Wisset, der slawische Namensbund der Völker wird nur auf dem Schutte dieses Kerkers. Wisset, knechtische Völker sind durch die Glieder ihrer Kette, an die sie geschmiedet, verbunden. Freie Völker verbindet die Bruderliebe. Im Namen der polnischen Demokratie: Miroslawski. Worcell. Darasz. Ordenga. Chrystowski. Die Adresse der Londoner Fraternal Democrats an das Proletariat von England, signirt Julian Harney, Kydd u. s. w., erhält in mehrern departementalen Demokratenblättern großes Lob. Ein Toulouser Blatt sagt: "In dieser Weise wird das englische Volk nicht nur uns, sondern der ganzen Menschheit lieb und theuer, und der englische Name, bisher ein Gräuel, ja ein Fluch für jedes französische Ohr, wird groß und schön. Wir freuen uns mehr als unsre Zunge es auszudrücken vermag, über diese Glorie der englischen Nationalität, in deren Schooß, tief im Grunde des schauerlichsten Privilegiumswustes, die Blume reinster Humanität, energischster Revolutionskraft, sinnigster Emancipation und edelster Sympathie für nachbarliche Leiden und Freuden emporgewachsen ist. Möge dieses Gewächs erstarken, möge der Konflikt der äußerlichen Umstände ihm freundlich entgegenkommen und durch einen starken politischen See- wie Landkrieg, worin die verruchte, gottselige englische Aristokratie und Plutokratie verwickelt werden muß, das englische bisher unterdrückte Proletariat in Manchester, Birmingham, Leeds, Liverpool, Glasgow u. s. w. endlich in die Möglichkeit gesetzt werden, das impertinenteste Joch das je auf einer Arbeitsklasse gelastet, mit einem socialistischen Rucke zu sprengen. Frankreich's, Europa's Proletariat würde dafür dem englischen ewig erkenntlich sein" u. s. w. -- Mehrere Artikel der Neuen Rheinischen Zeitung über diesen Gegenstand findet man gleichfalls in der französischen Presse wiedergegeben. -- Die Wühlerei der Völkeraufhetzer ist im besten Gange; in der That breiten die hiesigen Royalisten wieder aus, Deutschland's Demokraten stachelten gegen Frankreich. Nur durch immer genaueres, energischeres Sympathisiren der Demokratieen dies- und jenseits des Rheines kann diesen schuftigen Insinuationen des Herrn Veron, Capo de Feuillide, Armand Bertin, Lavalette (auch an dem Blatt "Assemblee nationale" angestellt) und Delamare von "La Patrie" begegnet werden. Dazu ist jedwedes mündliches wie schriftliches Mittel zu benutzen. Mit dem Blatte des Herrn Alexander Weill indeß, dem "hundsföttischen Corsaire" (wie "Peuple souverain" neulich meinte), "muß man sich weiter auf keine ernste Widerlegung einlassen, denn wer Unrath angreift, besudelt sich unnützerweise". -- Jetzt ist es hier soweit gekommen, daß man in Cafe's z. B. ganz laut die ehedem so plattgeschlagenen Königs- und Klerusknechte auf "die Demokraten" losziehen, das Wort "Demokrat" in maliziöser Anwendung mißbrauchen, Hunde und Stubenkatzen "Kommissär" (zur angenehmen Rache post festum an den Ledrü-Rollin'schen Revolutionsemissären und Departementalkommissären) taufen hören kann. Haben diese Schurken doch neulich durch Bestechung -- denn dazu wissen sie stets klingendes Geld aufzutreiben -- sich in das Gitter der ehemaligen Reiterstatue des Herzogs Orleans, auf dem Hofe des Louvrepalastes, hineinzuschleichen und dort Nachts die Halfte der auf dem Piedestal eingegrabenen bescheidenen Inschrift: "den am 23. und 24. Februar 1848 für die Freiheit verbluteten Bürgern das erkenntliche Vaterland" abzumeißeln verstanden. Die Erklärung, das Winterwetter sei allein Schuld am Abfallen der Steinmasse, ist nicht stichhaltig. Jetzt setzt man den Schaden wieder in Stand, aber an eine scharfe Untersuchung wird nicht gedacht; und doch wäre sie so leicht! Den reichen dickbäuchigen Herrn Pförtner des Louvre beim Kragen gepackt und auf 24 Stunden "bei Seite gesperrt", den wachhabenden Herrn Nationalgardenoffizier citirt, und das Ding durch die Presse in's gehörige Schandlicht gestellt: -- in 24 Stunden wäre der Thäter entdeckt. Aber du lieber Himmel, wir sind weit vom Februar 1848, und der Februar 1849 ist noch nicht angelangt. Also Geduld. Nebenbei naturlich Umsicht, Auge und Ohr uberall, die Personen sich gemerkt, die Sachen beobachtet, damit, wenn die Reihe wieder an uns kommt, wir's besser machen als im Februar 1848. -- Das Kunststuck, worauf heute freilich sehr viel, um nicht zu sagen Alles, ankommt, ist, die französischen Bauern zu gewinnen. Es geschieht gewissermaßen den Herrn Ideo-Demokraten ganz recht, wenn besagter Jaques Bonhomme (uralter Beinamen des gallischen Landmanns) wie'n Stier jetzt durch ihre rührenden Syllogismen und Sentimentalitäten rennt, und diese holdselige zarte Jungfrau Republique francaise democratique (das ist laut Marrast'schem Konstitutionstaufzettel jetzt ihr liebwerthester Name) mit den druidischen Hörnern unsanft bei Seite schiebt. Um solchem Jammer abzuhelfen, geschieht jetzt viel, aber noch lange nicht genug; die neue Societät Propagande socialiste (Nr. 15 Straße Coquilliere) sendet regelmäßig große Pakete von bereitsgelesenen Pariser Demokratenblättern, die jetzt nur einen Sou kosten (Peuple, Republique, Revolution u. s. w.) an ihre Freunde in den Provinzen die sie sofort an die Bauergemeinden gratis vertheilen; was Geld kostet, liest nämlich kein französischer Bauer. Uebrigens stellen sich sehr böse Schwierigkeiten dabei heraus; es finden sich z. B. im Dorf manchmal nur drei Menschenkinder, die lesen können, Priester, Schulz und not' bourgeois, d. h. "unser wohlhabender Nachbar," wie die Bauern den Hauptgläubiger im Dorf nennen, der obendrein wohl gar ein Notar ist; dieses Kleeblatt ist schwerlich sehr geeignet, den Bauern demokratische Zeitungen vorzulesen. Zudem schindet sich der französische Bauer, bei dem zerstückelten Privatbesitz, durch meist fruchtloses Arbeiten dermaßen ab, daß er fortwährend mürrisch, vor dem Hypothekenzinstage zitternd, und Abends todtmüde auf seine Spreu schleicht. Wenn man, im Falle einer glücklichen Proletariatsinsurrektion zu Paris, diesem Menschenschlage z. B. Ablösung der Hypotheken durch Staatspapier u. dgl. unter Trommelschlag und rother Fahne verkündete, so ist noch sehr die Frage, ob der unglücklige Stier das Ding glauben, und nicht vorläufig in Berserkerwuth auf die rothe Fahne losgehen würde. Der Plan aber ist löblich, durch die von Pariser und andern großstädtischen Arbeitern bereits gelesenen Demokratenjournale vor dem Verschleudertwerden zu retten und nochmals zu benutzen; er verdient in Deutschland Nachahmung. Bernard, Herve, Mace und andere tüchtige Klubpräsidenten sind Stifter dieser Propaganda. 17 Paris, 19. Januar. Die Bourgeoisrache zittert, schnaubt und geifert; das Proletariat aber, rechtsbewußt und über den nächsten Kriegsplan, der besser sein muß denn der im Juni, nachsinnend, steht in gesammelter Haltung wie der marmorne Spartakus im Tuileriengarten. An Einzelheiten ist dies erkennbar genug; z. B. in folgender Zuschrift der Juniverurtheilten an Bonaparte: "Bürger Präsident, Unterzeichnete, die politischen Gefangenen im Kerker St. Pelagie, guten Muthes und reinen Gewissens, hegen noch immer die Ansicht, in den französischen Landen sei, trotz aller reaktionärer Bestrebungen, sogar heute noch etwas Gerechtigkeit zu finden. Und so nehmen sie sich die Ehre, Ihnen, Präsident der Republik, zu sagen, daß nach einer jetzt beispiellosen (nur im Mittelalter geschah ähnliches) und von Martern mannichfachster Art durchwebten Haft, allem menschlichen Gesetze entgegen, kraft eines in ihrer Kompetenz von ihnen geleugneten Militärgerichts, sie im Begriff stehen, von ihren Frauen und Kindern Abschied nehmen zu müssen. Fast alle sind hülflos, und viele dieser Kinder liegen in der Wiege, der öffentlichen Mildthätigkeit anheimgegeben. Wir wandern dermalen in das Bagno (Galeeren) oder werden bei lebendigem Leibe, sozusagen, eingescharrt in den Todeslöchern des Mont Saint Michel. Schon hat man elf unsrer Brüder heimlich abgeholt, ohne sie zum letzten Händedruck der ihnen theuersten Personen zuzulassen. Wohlan, Präsident, ist das das Ende von dem schönen Liede, welches Sie, als Kandidat der Präsidentur, unsern Angehörigen vorgesungen: nun, so allerwärmsten Dank! .. Unsere Weiber und Kinder werden auch ohne Sie Kraft zum Dulden und Hoffen finden, und über das künftige Geschick der Republik seufzen. Wir protestiren folglich vor Frankreich, vor ganz Europa gegen das Urtheil. Gruß und Bruderschaft: Racarie, zu den Galeeren auf Lebenszeit verurtheilt; Guerineau, Largilliere, Gros: zu den Galeeren auf 10 Jahre; Mauras, Cornu, Husson, Chamel, Maupilet, Vandeberghen, Vosier, Jaquot, Couderc, Guerin, Bisson (Historienmaler)" u. s. w. Und aus demselben Pelagiegefängniß erscheint folgender Brief vom 17. Jan.: "Elf Monate sind verflossen seit Neugründung der französischen Republik, und seit 8 Monaten schmachten ihre Gründer im Kerker. Erst jetzt bekümmert man sich um sie, indem man sie auf die Galeeren und in die Centralgefängnisse versendet. In das Bagno der Galeerensträflinge zu Rochefort kommen die auf Lebenslang und auf 20 Jahre verdammten. In Rochefort nämlich stapelt man seit lange alle sogenannten unverbesserlichen Galeerensklaven von Toulon und Brest zusammen; Krankheiten der schlimmsten Sorte grassiren somit im Rocheforter Bagno und tödten selbst den stärksten Körper. Auf diese schlaue Weise bändigt man Kraft des Fiebers diese künstlich krankgemachten wilden Männer. Und aus dem nämlichen Motiv schickt man eben nach Rochefort uns politische Verurtheilte. Doch ist man so gnädig, uns zu verheißen, die nur zu 10 Jahren verdammten kämen auf die Galeeren von Brest und Toulon. Ein alter Kniff ist, niemals zwei politische Gefangene, sondern einen politischen und einen kriminellen Gefangenen, also einen Juniinsurgenten und einen Wegelagrer, oder Dieb, oder Nothzüchtler, oder Mordbrenner, oder Schriftfälscher, oder Falschmünzer, an eine und die nämliche Kette zu schmieden. Man nennt das eine Maßregel von allgemeiner Sicherheit! Nichts also wird gespart, wie man sieht, um die ehernen Charaktere zu bändigen und wo möglich zu brechen, die für die Republik in die Schranken getreten waren, und deren Name allein schon Uebelkeiten und Gliederzappeln bei den heute triumphirenden Feinden des Volkes erregt, und diesen den Spaß des Sieges schnöde verleidet. Gegen Abend gingen auf die Bagno's unsre Kampfgenossen Milon, Husson, Vo[i]sombrot, Jaquot, Lefevre, Chamel, Racarie, Largilliere, Guerineau. Auch Testulat und der Exgraf Fouchecourt sollten mit, doch ist jener zu krank, und der Herr Graf ist ein feuriger Legitimist, hat folglich höchste Ansprüche auf Gnade, und so kam dann wirklich Nachts 2 Uhr der Befehl, den Herrn Grafen, diesen Erzfeind der Republik, mit der Galeerenstrafe höflichst zu verschonen; sie ist in zwanzig Jahre Ketten umgewandelt." (Es versteht sich am Rande, daß so ein Herr Graf sehr bald durch hohe Verwendung der Ketten entledigt und in angenehme Zimmer gesetzt, nach einem Jährchen ganz entlassen wird). "Mit großem Muth hielten unsre Leidensgenossen die schaurige Prüfung des Abschiednehmens von Weib und Kind im Kerkerhofe aus, ja spendeten noch ganz besonders Worte des Trostes. Dies gewaltige und zugleich rührende Schaustück hätte vielleicht sogar auf die allerfrechsten und cynischsten unserer Feinde, der Reactionäre, seine Wirkung nicht verfehlt. Die Reactionäre salbadern bekanntlich gern von Heiligkeit der Familie; vermuthlich eben deshalb wüthen sie mit fanatischen Richtersprüchen gegen das Familienglück der Junimänner, und murmeln geifernd sich in's Ohr: das Volk hat uns die Republik auf den Hals geworfen, Fluch, dreimal Fluch diesem Pöbel! Und oben drein Louis Philipp's letzter Minister, verschwand er nicht lächerlich zwischen zwei Barrikaden? Das mag Herr Odilon Barrot nimmer verzeihen. -- Um 4 Uhr früh kam der Zellenwagen; man legte die Eisen an die Füße der Abreisenden. Um 5 Uhr trabten die Pferde schleunig fort. Wir folgen ihnen bald. Also Muth und Hoffnung! G. D." Geht das so weiter, nur noch ein Jahr, und frißt der Krebs des Handelssiechthums noch ein Jahr in's Fleisch der Bourgeoisie, so wird letztere total nicht nur ruinirt, sondern auch demoralisirt, "bis zu Krämpfen geängstigt und bis zum Wahnsinn geärgert"; dann ist die Stunde des Sieges der Arbeiter da, und es wird sich keiner mehr finden, der den Volksvertheidigern Ketten um's Bein schmieden oder Kutscher sein will auf dem Zellenwagen der sie in die Bagnos führen soll. Die Bourgeoisie ist krank durch und durch; obige Phrase des "Peuple souverain" von Lyon ist richtig. Die Arbeiterassociationen blühen empor, und die Associ[i]rten agiren mit merkwürdigem Taktgriff, wie alte Militärs, z. B. die Association der Sattler in der Straße Fontaine St. Georges hatte wegen verspäteter Einzahlungen keinen Heller in der Kasse, sollte aber 4000 Fr. abtragen; sie rief die Mitglieder durch Circulare auf und siehe, man schleppte Wäsche und Kleider aufs Leihhaus, die Weiber gaben ihren Schmuck, und in 3 Stunden agen 2000 Fr. mehr als erforderlich da. "In Gegenwart solcher einfachen, jetzt schon zahlreichen, Thatsachen kneift die Bourgeoisie die Augen zu wie der Vogel Strauß, aber trotz dem bleibt das Faktum. Diese Bourgeoisie in Paris ist in ihren höhern Regionen, als Finanzerie durch und durch verderbt und zukunftsuntauglich; gegen diese Familien, deren Patriarchen im Verwaltungsrath der Bank Frankreichs thronen, 4/5 der großen Eisenbahn- und Industriekapitalien in der Tasche haben und damit über die Hypothekbelasteten Kleinbauerngütchen, auf denen die kleine Summe von nur elftausend Millionen ruht, vollständig verfügen, gegen diese großen Nichtsthuer und reichen Faulenzer wird sich die Volksjustiz zunächst richten. Sie sind unverbesserlich: grausam, eigensinnig, bornirten Fassungsvermögens, und hoffärthig. Wir haben unter Louis-Philipp schon nicht an sogenannte friedliche Bekehrungen unter diesem reichen Adels- und Bourgeoisgesindel geglaubt, wenn die Cabetisten und Fourieristen gottesfürchtigen Choralgesang anhuben und sanftmüthiglich und brüderlich unter den Reichen, die ja viel schwerer zu behandeln als ein Kameel, Propaganda machten, wie sie meinten... Unter jener -rein reactionären, maliziösen Pluto-Aristo- und Bureaukratie höherer Region, dehnt sich die Mittelbourgeoisie aus und die Kleinbourgeoisie, die letztere ist mit der Arbeitsklasse bereits vielfach verzweigt. Diese untern Theile der Bourgeoisie sind die Ladenmiether die unter Louis Philipp zuletzt von der Hochbourgeoisie sehr gequält, die Wahlreformbanketts in allen 86 Departements zu Wege brachten und am 24. Februar auf fatale Weise statt eines gemüthlichen Reförmchens die Republik zu genießen bekamen, Abends sechs Uhr auf dem Hotel de Ville-Platz beim Flackern der angezündeten Wachthäuser der geschlagenen Polizei-Soldateska. Daß in dieser Mittel- und Kleinbourgeoisie gar manche Demokraten sind, wissen wir, aber wir leugnen von vorherein, daß sie in Masse socialistisch sei und sein werde. Möglich, daß wenn durch kommerzielle und Bankieroperationen wieder mehrere tausend Familien aus ihr hinab zum Proletariat geschleudert worden, diese die Sache des Proletariats zur ihrigen machen, aber was sonst bei noch wohlhäbigen Bourgeois sich von Socialismus, d. h. Eigenthumsreform, zeigt, ist und bleibt unseres Dafürhaltens nur rare Ausnahme." (Constituant.) Interessant und belehrend für die Charakterisirung der obern pariser Finanzokratie und ihrer Domestiken (zu letztern rechne man ja auch alle Courtiers, Zwischenhändler, Arbeitszersplitterer und Beilage zu Nr. 202 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Montag 22. Januar 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] Aber wenn ihr eigensinnig dem Allgemeinen widerstrebt, wenn ihr glaubt, das Gesetz des Fortschritts der Welt biegen und brechen zu können, wenn ihr nicht selbstständig, sondern als Diener Habsburgs, unter der Fahne der Meuchler Galliziens, der Todtschläger Lombardien's, der Plünderer Wiens, der Brandmörder Krakau's, Lemberg's, ja eures Prag selbst, existiren wollt: dann täuscht ihr uns nicht über eure Thorheit, und versichertet ihr auch, um euch selbst etwas vorzulügen, ihr wolltet Oestreich hinters Licht führen. Unser Herz würde bluten vor Gram über unsere Stammbrüder, aber verführen könntet ihr uns mit alledem doch nicht. Und trotz euch blieben wir getreu bei der Standarte eines Bruderthums, hoch über alle Racenverwandtschaft, eines Bruderthums vor Gott und Menschengeschlecht. Früher suchten euch diplomatische Agenten andershin zu locken; dieselben Diplomaten, die den schon freigeschlagenen Serbiern das türkische Joch wieder aufluden und als Herrscher den Dienstmann des Czaren, den Milosch Obrenowitsch, aufdrangen, den Mörder des populärsten, patriotischsten Helden, Georg des Schwarzen, von Serbien. Man versprach euch damals Nationalität mit czarischer Oberaufsicht. Aber wir und andere warnten euch bei Zeiten, und ihr schluget den Antrag aus. Und heute stellt man euch einen ebenso hinterlistigen, als könne und wolle Habsburg euch gegen Moskau schirmen. O Brüder, hört noch ein Mal unser Freundeswort: hinter dem Oesterreicher lauert der Moskowiter, sein Bundesgenoß und Mitverbrecher. Der Oestreicher verräth euch, und dann sinket ihr ohne Rettung in die Arme des Russen; denn wahrhaftig, es ist nicht abzusehen weshalb ihr nicht dem bluts- und sprachverwandten Russen als Knechte unterthan sein solltet, nachdem ihr euch einem Tyrannen verkauft hattet, den weder sprachliche noch stammliche Bande mit euch verknüpfen. Seht, dahin kann es mit euch bald kommen, wenn ihr fortfahrt auf dem Wege des Mißtrauens gegen euch selber. Zum Zarismus, ja zum Zarismus führt euch gradezu der Abhang an dem ihr steht; folglich dürft ihr uns nicht von Freiheit, von Bruderliebe reden; diese hohen Worte sind eure Verdammung: O, weit, weit hinweg die Romanow und die Habsburger. Ein andres, ein besseres Schlachtwort bieten wir euch an, wohlverstanden von allen Völkern des Westens und Ostens, von Franzosen, Deutschen, Italienern, Ungaren: es ist Polen. Dieses Land hat Einheit wenn in ihm auch Verschiedenheit der Rasse und jetzt Territorialzerstückelung verhanden ist; von Ausländern niedergejocht, fraternisirt es dennoch mit den Völkern des Auslands, und gar nie hat es den unfreien-Völkern die Greuel ihrer tückischen, betrügerischen Regierungen untergeschoben. Polen ist vorläufig zu Grabe gegangen ebenso sehr an seiner inländischen Aristokratie als an den Einbrüchen der Ausländer; es ist so zusagen die Personificirung des dreieinigen Prinzips welches einst die Welt beherrschen wird: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Und um bei der Allegorie zu verweilen: eure Schwester Polonia wird, wenn Habsburg und Romanow am Boden sich krümmen, aus dem Grabe steigen; und wie Christus der Heiland auferstanden hinter sich die auferweckten und alten Patriarchen führte in die Wohnungen seines himmlischen Vaters: so wird Polen, auferstanden, die übrigen slawischen Schwestern allesammt bei Namen rufen und neben sich setzen am großen Bankette der in heiligem Bruderbunde vereinten Nationen. Polen wird nicht die Gebieterin der andern Slawenvölker sein. Es wird aber zu ihrem Gebrauche die aufgehäuften Früchte seiner Arbeiten, seines hundertjährigen Schmerzes, stellen; seiner geschichtlichen Erfahrnisse und selbst seiner Schwächen und Gebrechen. Seine durch Nationalerhebung verjüngten Kräfte wird es zur gemeinsamen Vertheidigung der gemeinsamen Interessen anwenden. Wenn an jenem großen Tage allseitigen Bruderthums noch finstere Erinnerungen auftauchten von einem slawischen Widerstreben gegen die allgemeine Fortschrittsbewegung: wenn der Deutsche, der Italiener, der Magyar erbebte beim Anblicke seines Blutes auf der Hand des Kroaten, des Tschechen, des Moskowiters: dann werden wir polnische Demokraten mit unserem für die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit so lange verströmten Blut, mit unserem Märtyrium dazwischen treten und die Sünden der Stammesbrüder lösen mit dem Aufweisen unserer Wunden für die Menschheit; wir wollen dann die Vermittler, die Versöhner sein und der Bundesknoten in der unstörbaren, wahrhaft heiligen Völkerallianz zwischen Aufgang und Niedergang. Wohlan, wenn ihr wollt, daß unsere Vermittlung wirksam sei und wir zum Menschengeschlechte sprechen können: „Vergieb diesen da, sie wußten ja nicht, was sie thaten, o Mutter der Völker!“ so müßt ihr vom heutigen Tage ab genau unterscheiden lernen zwischen der Sache der Nationen und den Schandthaten ihrer Regierungen. Ihr dürfet fortan in den deutschen Beamten, wie wir in den russischen und tschechischen, nicht mehr Vertreter des Volks erblicken, welches eben sie von sich stößt, sondern Werkzeuge der Hierarchie des Bureaukratenthums, wodurch jene Beamten nach seinem Ebenbilde geknetet worden sind. Ihr müßt fortan die Hand geben dem Volke, und wo es unterdrückt wird, dahin eilt und helft, wie wir den Ungarn und Italienern zu Hülfe gezogen, und wie wir auch euch zum Beistande eilen würden, wenn euer gutes Recht bedroht wäre und ihr nicht die Hand nach dem Recht des Nebenmenschen ausgestreckt. Ihr müßt schlechterdings mit uns für die Fehler eines Volkes selbst Verzeihung haben und sprechen: „sie wissen nicht, was sie thun.“ Vor Allem aber haben wir Polen Befugniß zu fordern, daß ihr euern vollen Zorn auf den Stifter allen Unheils, auf das verruchte Haupt der verbrecherischen Bande, auf den k. k. östreichischen Thron, entladet, der euch einst so namenlos elend machte und so lange in der Verzweiflung am Boden liegen ließ; diesen ehrlosen Thron, der unter der Wucht seiner Greuel und unter dem Fluche des Menschheitsgenius bereits knackt und Risse bekommt, ja schon sich senkt. Wahrlich er wäre bereits zusammengebrochen in einen Haufen Getrümmer, hätte allen euren slawischen Nationalitäten die Freiheit des Sichentfaltens gewährt, wenn ihr zu eurem und der Welt Unglück ihn nicht mit euren Schultern gestützt hättet! Slawische Brüder! ihr wollt Freiheit. Gut, laßt euren Kerker in Ruinen fallen. Wisset, der slawische Namensbund der Völker wird nur auf dem Schutte dieses Kerkers. Wisset, knechtische Völker sind durch die Glieder ihrer Kette, an die sie geschmiedet, verbunden. Freie Völker verbindet die Bruderliebe. Im Namen der polnischen Demokratie: Miroslawski. Worcell. Darasz. Ordenga. Chrystowski. Die Adresse der Londoner Fraternal Democrats an das Proletariat von England, signirt Julian Harney, Kydd u. s. w., erhält in mehrern departementalen Demokratenblättern großes Lob. Ein Toulouser Blatt sagt: „In dieser Weise wird das englische Volk nicht nur uns, sondern der ganzen Menschheit lieb und theuer, und der englische Name, bisher ein Gräuel, ja ein Fluch für jedes französische Ohr, wird groß und schön. Wir freuen uns mehr als unsre Zunge es auszudrücken vermag, über diese Glorie der englischen Nationalität, in deren Schooß, tief im Grunde des schauerlichsten Privilegiumswustes, die Blume reinster Humanität, energischster Revolutionskraft, sinnigster Emancipation und edelster Sympathie für nachbarliche Leiden und Freuden emporgewachsen ist. Möge dieses Gewächs erstarken, möge der Konflikt der äußerlichen Umstände ihm freundlich entgegenkommen und durch einen starken politischen See- wie Landkrieg, worin die verruchte, gottselige englische Aristokratie und Plutokratie verwickelt werden muß, das englische bisher unterdrückte Proletariat in Manchester, Birmingham, Leeds, Liverpool, Glasgow u. s. w. endlich in die Möglichkeit gesetzt werden, das impertinenteste Joch das je auf einer Arbeitsklasse gelastet, mit einem socialistischen Rucke zu sprengen. Frankreich's, Europa's Proletariat würde dafür dem englischen ewig erkenntlich sein“ u. s. w. — Mehrere Artikel der Neuen Rheinischen Zeitung über diesen Gegenstand findet man gleichfalls in der französischen Presse wiedergegeben. — Die Wühlerei der Völkeraufhetzer ist im besten Gange; in der That breiten die hiesigen Royalisten wieder aus, Deutschland's Demokraten stachelten gegen Frankreich. Nur durch immer genaueres, energischeres Sympathisiren der Demokratieen dies- und jenseits des Rheines kann diesen schuftigen Insinuationen des Herrn Véron, Capo de Feuillide, Armand Bertin, Lavalette (auch an dem Blatt „Assemblée nationale“ angestellt) und Delamare von „La Patrie“ begegnet werden. Dazu ist jedwedes mündliches wie schriftliches Mittel zu benutzen. Mit dem Blatte des Herrn Alexander Weill indeß, dem „hundsföttischen Corsaire“ (wie „Peuple souverain“ neulich meinte), „muß man sich weiter auf keine ernste Widerlegung einlassen, denn wer Unrath angreift, besudelt sich unnützerweise“. — Jetzt ist es hier soweit gekommen, daß man in Café's z. B. ganz laut die ehedem so plattgeschlagenen Königs- und Klerusknechte auf „die Demokraten“ losziehen, das Wort „Demokrat“ in maliziöser Anwendung mißbrauchen, Hunde und Stubenkatzen „Kommissär“ (zur angenehmen Rache post festum an den Ledrü-Rollin'schen Revolutionsemissären und Departementalkommissären) taufen hören kann. Haben diese Schurken doch neulich durch Bestechung — denn dazu wissen sie stets klingendes Geld aufzutreiben — sich in das Gitter der ehemaligen Reiterstatue des Herzogs Orleans, auf dem Hofe des Louvrepalastes, hineinzuschleichen und dort Nachts die Halfte der auf dem Piedestal eingegrabenen bescheidenen Inschrift: „den am 23. und 24. Februar 1848 für die Freiheit verbluteten Bürgern das erkenntliche Vaterland“ abzumeißeln verstanden. Die Erklärung, das Winterwetter sei allein Schuld am Abfallen der Steinmasse, ist nicht stichhaltig. Jetzt setzt man den Schaden wieder in Stand, aber an eine scharfe Untersuchung wird nicht gedacht; und doch wäre sie so leicht! Den reichen dickbäuchigen Herrn Pförtner des Louvre beim Kragen gepackt und auf 24 Stunden „bei Seite gesperrt“, den wachhabenden Herrn Nationalgardenoffizier citirt, und das Ding durch die Presse in's gehörige Schandlicht gestellt: — in 24 Stunden wäre der Thäter entdeckt. Aber du lieber Himmel, wir sind weit vom Februar 1848, und der Februar 1849 ist noch nicht angelangt. Also Geduld. Nebenbei naturlich Umsicht, Auge und Ohr uberall, die Personen sich gemerkt, die Sachen beobachtet, damit, wenn die Reihe wieder an uns kommt, wir's besser machen als im Februar 1848. — Das Kunststuck, worauf heute freilich sehr viel, um nicht zu sagen Alles, ankommt, ist, die französischen Bauern zu gewinnen. Es geschieht gewissermaßen den Herrn Ideo-Demokraten ganz recht, wenn besagter Jaques Bonhomme (uralter Beinamen des gallischen Landmanns) wie'n Stier jetzt durch ihre rührenden Syllogismen und Sentimentalitäten rennt, und diese holdselige zarte Jungfrau République francaise démocratique (das ist laut Marrast'schem Konstitutionstaufzettel jetzt ihr liebwerthester Name) mit den druidischen Hörnern unsanft bei Seite schiebt. Um solchem Jammer abzuhelfen, geschieht jetzt viel, aber noch lange nicht genug; die neue Societät Propagande socialiste (Nr. 15 Straße Coquillière) sendet regelmäßig große Pakete von bereitsgelesenen Pariser Demokratenblättern, die jetzt nur einen Sou kosten (Peuple, Republique, Revolution u. s. w.) an ihre Freunde in den Provinzen die sie sofort an die Bauergemeinden gratis vertheilen; was Geld kostet, liest nämlich kein französischer Bauer. Uebrigens stellen sich sehr böse Schwierigkeiten dabei heraus; es finden sich z. B. im Dorf manchmal nur drei Menschenkinder, die lesen können, Priester, Schulz und not' bourgeois, d. h. „unser wohlhabender Nachbar,“ wie die Bauern den Hauptgläubiger im Dorf nennen, der obendrein wohl gar ein Notar ist; dieses Kleeblatt ist schwerlich sehr geeignet, den Bauern demokratische Zeitungen vorzulesen. Zudem schindet sich der französische Bauer, bei dem zerstückelten Privatbesitz, durch meist fruchtloses Arbeiten dermaßen ab, daß er fortwährend mürrisch, vor dem Hypothekenzinstage zitternd, und Abends todtmüde auf seine Spreu schleicht. Wenn man, im Falle einer glücklichen Proletariatsinsurrektion zu Paris, diesem Menschenschlage z. B. Ablösung der Hypotheken durch Staatspapier u. dgl. unter Trommelschlag und rother Fahne verkündete, so ist noch sehr die Frage, ob der unglücklige Stier das Ding glauben, und nicht vorläufig in Berserkerwuth auf die rothe Fahne losgehen würde. Der Plan aber ist löblich, durch die von Pariser und andern großstädtischen Arbeitern bereits gelesenen Demokratenjournale vor dem Verschleudertwerden zu retten und nochmals zu benutzen; er verdient in Deutschland Nachahmung. Bernard, Hervé, Macé und andere tüchtige Klubpräsidenten sind Stifter dieser Propaganda. 17 Paris, 19. Januar. Die Bourgeoisrache zittert, schnaubt und geifert; das Proletariat aber, rechtsbewußt und über den nächsten Kriegsplan, der besser sein muß denn der im Juni, nachsinnend, steht in gesammelter Haltung wie der marmorne Spartakus im Tuileriengarten. An Einzelheiten ist dies erkennbar genug; z. B. in folgender Zuschrift der Juniverurtheilten an Bonaparte: „Bürger Präsident, Unterzeichnete, die politischen Gefangenen im Kerker St. Pelagie, guten Muthes und reinen Gewissens, hegen noch immer die Ansicht, in den französischen Landen sei, trotz aller reaktionärer Bestrebungen, sogar heute noch etwas Gerechtigkeit zu finden. Und so nehmen sie sich die Ehre, Ihnen, Präsident der Republik, zu sagen, daß nach einer jetzt beispiellosen (nur im Mittelalter geschah ähnliches) und von Martern mannichfachster Art durchwebten Haft, allem menschlichen Gesetze entgegen, kraft eines in ihrer Kompetenz von ihnen geleugneten Militärgerichts, sie im Begriff stehen, von ihren Frauen und Kindern Abschied nehmen zu müssen. Fast alle sind hülflos, und viele dieser Kinder liegen in der Wiege, der öffentlichen Mildthätigkeit anheimgegeben. Wir wandern dermalen in das Bagno (Galeeren) oder werden bei lebendigem Leibe, sozusagen, eingescharrt in den Todeslöchern des Mont Saint Michel. Schon hat man elf unsrer Brüder heimlich abgeholt, ohne sie zum letzten Händedruck der ihnen theuersten Personen zuzulassen. Wohlan, Präsident, ist das das Ende von dem schönen Liede, welches Sie, als Kandidat der Präsidentur, unsern Angehörigen vorgesungen: nun, so allerwärmsten Dank! ‥ Unsere Weiber und Kinder werden auch ohne Sie Kraft zum Dulden und Hoffen finden, und über das künftige Geschick der Republik seufzen. Wir protestiren folglich vor Frankreich, vor ganz Europa gegen das Urtheil. Gruß und Bruderschaft: Racarie, zu den Galeeren auf Lebenszeit verurtheilt; Guérineau, Largillière, Gros: zu den Galeeren auf 10 Jahre; Mauras, Cornu, Husson, Chamel, Maupilet, Vandeberghen, Vosier, Jaquot, Couderc, Guèrin, Bisson (Historienmaler)“ u. s. w. Und aus demselben Pelagiegefängniß erscheint folgender Brief vom 17. Jan.: „Elf Monate sind verflossen seit Neugründung der französischen Republik, und seit 8 Monaten schmachten ihre Gründer im Kerker. Erst jetzt bekümmert man sich um sie, indem man sie auf die Galeeren und in die Centralgefängnisse versendet. In das Bagno der Galeerensträflinge zu Rochefort kommen die auf Lebenslang und auf 20 Jahre verdammten. In Rochefort nämlich stapelt man seit lange alle sogenannten unverbesserlichen Galeerensklaven von Toulon und Brest zusammen; Krankheiten der schlimmsten Sorte grassiren somit im Rocheforter Bagno und tödten selbst den stärksten Körper. Auf diese schlaue Weise bändigt man Kraft des Fiebers diese künstlich krankgemachten wilden Männer. Und aus dem nämlichen Motiv schickt man eben nach Rochefort uns politische Verurtheilte. Doch ist man so gnädig, uns zu verheißen, die nur zu 10 Jahren verdammten kämen auf die Galeeren von Brest und Toulon. Ein alter Kniff ist, niemals zwei politische Gefangene, sondern einen politischen und einen kriminellen Gefangenen, also einen Juniinsurgenten und einen Wegelagrer, oder Dieb, oder Nothzüchtler, oder Mordbrenner, oder Schriftfälscher, oder Falschmünzer, an eine und die nämliche Kette zu schmieden. Man nennt das eine Maßregel von allgemeiner Sicherheit! Nichts also wird gespart, wie man sieht, um die ehernen Charaktere zu bändigen und wo möglich zu brechen, die für die Republik in die Schranken getreten waren, und deren Name allein schon Uebelkeiten und Gliederzappeln bei den heute triumphirenden Feinden des Volkes erregt, und diesen den Spaß des Sieges schnöde verleidet. Gegen Abend gingen auf die Bagno's unsre Kampfgenossen Milon, Husson, Vo[i]sombrot, Jaquot, Lefevre, Chamel, Racarie, Largillière, Guérineau. Auch Testulat und der Exgraf Fouchecourt sollten mit, doch ist jener zu krank, und der Herr Graf ist ein feuriger Legitimist, hat folglich höchste Ansprüche auf Gnade, und so kam dann wirklich Nachts 2 Uhr der Befehl, den Herrn Grafen, diesen Erzfeind der Republik, mit der Galeerenstrafe höflichst zu verschonen; sie ist in zwanzig Jahre Ketten umgewandelt.“ (Es versteht sich am Rande, daß so ein Herr Graf sehr bald durch hohe Verwendung der Ketten entledigt und in angenehme Zimmer gesetzt, nach einem Jährchen ganz entlassen wird). „Mit großem Muth hielten unsre Leidensgenossen die schaurige Prüfung des Abschiednehmens von Weib und Kind im Kerkerhofe aus, ja spendeten noch ganz besonders Worte des Trostes. Dies gewaltige und zugleich rührende Schaustück hätte vielleicht sogar auf die allerfrechsten und cynischsten unserer Feinde, der Reactionäre, seine Wirkung nicht verfehlt. Die Reactionäre salbadern bekanntlich gern von Heiligkeit der Familie; vermuthlich eben deshalb wüthen sie mit fanatischen Richtersprüchen gegen das Familienglück der Junimänner, und murmeln geifernd sich in's Ohr: das Volk hat uns die Republik auf den Hals geworfen, Fluch, dreimal Fluch diesem Pöbel! Und oben drein Louis Philipp's letzter Minister, verschwand er nicht lächerlich zwischen zwei Barrikaden? Das mag Herr Odilon Barrot nimmer verzeihen. — Um 4 Uhr früh kam der Zellenwagen; man legte die Eisen an die Füße der Abreisenden. Um 5 Uhr trabten die Pferde schleunig fort. Wir folgen ihnen bald. Also Muth und Hoffnung! G. D.“ Geht das so weiter, nur noch ein Jahr, und frißt der Krebs des Handelssiechthums noch ein Jahr in's Fleisch der Bourgeoisie, so wird letztere total nicht nur ruinirt, sondern auch demoralisirt, „bis zu Krämpfen geängstigt und bis zum Wahnsinn geärgert“; dann ist die Stunde des Sieges der Arbeiter da, und es wird sich keiner mehr finden, der den Volksvertheidigern Ketten um's Bein schmieden oder Kutscher sein will auf dem Zellenwagen der sie in die Bagnos führen soll. Die Bourgeoisie ist krank durch und durch; obige Phrase des „Peuple souverain“ von Lyon ist richtig. Die Arbeiterassociationen blühen empor, und die Associ[i]rten agiren mit merkwürdigem Taktgriff, wie alte Militärs, z. B. die Association der Sattler in der Straße Fontaine St. Georges hatte wegen verspäteter Einzahlungen keinen Heller in der Kasse, sollte aber 4000 Fr. abtragen; sie rief die Mitglieder durch Circulare auf und siehe, man schleppte Wäsche und Kleider aufs Leihhaus, die Weiber gaben ihren Schmuck, und in 3 Stunden agen 2000 Fr. mehr als erforderlich da. „In Gegenwart solcher einfachen, jetzt schon zahlreichen, Thatsachen kneift die Bourgeoisie die Augen zu wie der Vogel Strauß, aber trotz dem bleibt das Faktum. Diese Bourgeoisie in Paris ist in ihren höhern Regionen, als Finanzerie durch und durch verderbt und zukunftsuntauglich; gegen diese Familien, deren Patriarchen im Verwaltungsrath der Bank Frankreichs thronen, 4/5 der großen Eisenbahn- und Industriekapitalien in der Tasche haben und damit über die Hypothekbelasteten Kleinbauerngütchen, auf denen die kleine Summe von nur elftausend Millionen ruht, vollständig verfügen, gegen diese großen Nichtsthuer und reichen Faulenzer wird sich die Volksjustiz zunächst richten. Sie sind unverbesserlich: grausam, eigensinnig, bornirten Fassungsvermögens, und hoffärthig. Wir haben unter Louis-Philipp schon nicht an sogenannte friedliche Bekehrungen unter diesem reichen Adels- und Bourgeoisgesindel geglaubt, wenn die Cabetisten und Fourieristen gottesfürchtigen Choralgesang anhuben und sanftmüthiglich und brüderlich unter den Reichen, die ja viel schwerer zu behandeln als ein Kameel, Propaganda machten, wie sie meinten.‥ Unter jener -rein reactionären, maliziösen Pluto-Aristo- und Bureaukratie höherer Region, dehnt sich die Mittelbourgeoisie aus und die Kleinbourgeoisie, die letztere ist mit der Arbeitsklasse bereits vielfach verzweigt. Diese untern Theile der Bourgeoisie sind die Ladenmiether die unter Louis Philipp zuletzt von der Hochbourgeoisie sehr gequält, die Wahlreformbanketts in allen 86 Departements zu Wege brachten und am 24. Februar auf fatale Weise statt eines gemüthlichen Reförmchens die Republik zu genießen bekamen, Abends sechs Uhr auf dem Hotel de Ville-Platz beim Flackern der angezündeten Wachthäuser der geschlagenen Polizei-Soldateska. Daß in dieser Mittel- und Kleinbourgeoisie gar manche Demokraten sind, wissen wir, aber wir leugnen von vorherein, daß sie in Masse socialistisch sei und sein werde. Möglich, daß wenn durch kommerzielle und Bankieroperationen wieder mehrere tausend Familien aus ihr hinab zum Proletariat geschleudert worden, diese die Sache des Proletariats zur ihrigen machen, aber was sonst bei noch wohlhäbigen Bourgeois sich von Socialismus, d. h. Eigenthumsreform, zeigt, ist und bleibt unseres Dafürhaltens nur rare Ausnahme.“ (Constituant.) Interessant und belehrend für die Charakterisirung der obern pariser Finanzokratie und ihrer Domestiken (zu letztern rechne man ja auch alle Courtiers, Zwischenhändler, Arbeitszersplitterer und <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1105"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 202 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Montag 22. Januar 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>[Französische Republik]</head> <div xml:id="ar202b_001" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Aber wenn ihr eigensinnig dem Allgemeinen widerstrebt, wenn ihr glaubt, das Gesetz des Fortschritts der Welt biegen und brechen zu können, wenn ihr nicht selbstständig, sondern als Diener Habsburgs, unter der Fahne der Meuchler Galliziens, der Todtschläger Lombardien's, der Plünderer Wiens, der Brandmörder Krakau's, Lemberg's, ja eures Prag selbst, existiren wollt: dann täuscht ihr uns nicht über eure Thorheit, und versichertet ihr auch, um euch selbst etwas vorzulügen, ihr wolltet Oestreich hinters Licht führen. Unser Herz würde bluten vor Gram über unsere Stammbrüder, aber verführen könntet ihr uns mit alledem doch nicht. Und trotz euch blieben wir getreu bei der Standarte eines Bruderthums, hoch über alle Racenverwandtschaft, eines Bruderthums vor Gott und Menschengeschlecht.</p> <p>Früher suchten euch diplomatische Agenten andershin zu locken; dieselben Diplomaten, die den schon freigeschlagenen Serbiern das türkische Joch wieder aufluden und als Herrscher den Dienstmann des Czaren, den Milosch Obrenowitsch, aufdrangen, den Mörder des populärsten, patriotischsten Helden, Georg des Schwarzen, von Serbien. Man versprach euch damals Nationalität mit czarischer Oberaufsicht. Aber wir und andere warnten euch bei Zeiten, und ihr schluget den Antrag aus. Und heute stellt man euch einen ebenso hinterlistigen, als könne und wolle Habsburg euch gegen Moskau schirmen.</p> <p>O Brüder, hört noch ein Mal unser Freundeswort: hinter dem Oesterreicher lauert der Moskowiter, sein Bundesgenoß und Mitverbrecher. Der Oestreicher verräth euch, und dann sinket ihr ohne Rettung in die Arme des Russen; denn wahrhaftig, es ist nicht abzusehen weshalb ihr nicht dem bluts- und sprachverwandten Russen als Knechte unterthan sein solltet, nachdem ihr euch einem Tyrannen verkauft hattet, den weder sprachliche noch stammliche Bande mit euch verknüpfen. Seht, dahin kann es mit euch bald kommen, wenn ihr fortfahrt auf dem Wege des Mißtrauens gegen euch selber. Zum Zarismus, ja zum Zarismus führt euch gradezu der Abhang an dem ihr steht; folglich dürft ihr uns nicht von Freiheit, von Bruderliebe reden; diese hohen Worte sind eure Verdammung: O, weit, weit hinweg die Romanow und die Habsburger. Ein andres, ein besseres Schlachtwort bieten wir euch an, wohlverstanden von allen Völkern des Westens und Ostens, von Franzosen, Deutschen, Italienern, Ungaren: es ist <hi rendition="#g">Polen</hi>.</p> <p>Dieses Land hat Einheit wenn in ihm auch Verschiedenheit der Rasse und jetzt Territorialzerstückelung verhanden ist; von Ausländern niedergejocht, fraternisirt es dennoch mit den Völkern des Auslands, und gar nie hat es den unfreien-Völkern die Greuel ihrer tückischen, betrügerischen Regierungen untergeschoben. Polen ist vorläufig zu Grabe gegangen ebenso sehr an seiner inländischen Aristokratie als an den Einbrüchen der Ausländer; es ist so zusagen die Personificirung des dreieinigen Prinzips welches einst die Welt beherrschen wird: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Und um bei der Allegorie zu verweilen: eure Schwester Polonia wird, wenn Habsburg und Romanow am Boden sich krümmen, aus dem Grabe steigen; und wie Christus der Heiland auferstanden hinter sich die auferweckten und alten Patriarchen führte in die Wohnungen seines himmlischen Vaters: so wird Polen, auferstanden, die übrigen slawischen Schwestern allesammt bei Namen rufen und neben sich setzen am großen Bankette der in heiligem Bruderbunde vereinten Nationen. Polen wird nicht die Gebieterin der andern Slawenvölker sein. Es wird aber zu ihrem Gebrauche die aufgehäuften Früchte seiner Arbeiten, seines hundertjährigen Schmerzes, stellen; seiner geschichtlichen Erfahrnisse und selbst seiner Schwächen und Gebrechen. Seine durch Nationalerhebung verjüngten Kräfte wird es zur gemeinsamen Vertheidigung der gemeinsamen Interessen anwenden.</p> <p>Wenn an jenem großen Tage allseitigen Bruderthums noch finstere Erinnerungen auftauchten von einem slawischen Widerstreben gegen die allgemeine Fortschrittsbewegung: wenn der Deutsche, der Italiener, der Magyar erbebte beim Anblicke seines Blutes auf der Hand des Kroaten, des Tschechen, des Moskowiters: dann werden wir polnische Demokraten mit unserem für die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit so lange verströmten Blut, mit unserem Märtyrium dazwischen treten und die Sünden der Stammesbrüder lösen mit dem Aufweisen unserer Wunden für die Menschheit; wir wollen dann die Vermittler, die Versöhner sein und der Bundesknoten in der unstörbaren, wahrhaft heiligen Völkerallianz zwischen Aufgang und Niedergang. Wohlan, wenn ihr wollt, daß unsere Vermittlung wirksam sei und wir zum Menschengeschlechte sprechen können: „Vergieb diesen da, sie wußten ja nicht, was sie thaten, o Mutter der Völker!“ so müßt ihr vom heutigen Tage ab genau unterscheiden lernen zwischen der Sache der Nationen und den Schandthaten ihrer Regierungen. Ihr dürfet fortan in den deutschen Beamten, wie wir in den russischen und tschechischen, nicht mehr Vertreter des Volks erblicken, welches eben sie von sich stößt, sondern Werkzeuge der Hierarchie des Bureaukratenthums, wodurch jene Beamten nach seinem Ebenbilde geknetet worden sind. Ihr müßt fortan die Hand geben dem Volke, und wo es unterdrückt wird, dahin eilt und helft, wie wir den Ungarn und Italienern zu Hülfe gezogen, und wie wir auch euch zum Beistande eilen würden, wenn euer gutes Recht bedroht wäre und ihr nicht die Hand nach dem Recht des Nebenmenschen ausgestreckt. Ihr müßt schlechterdings mit uns für die Fehler eines Volkes selbst Verzeihung haben und sprechen: „sie wissen nicht, was sie thun.“ Vor Allem aber haben wir Polen Befugniß zu fordern, daß ihr euern vollen Zorn auf den Stifter allen Unheils, auf das verruchte Haupt der verbrecherischen Bande, auf den k. k. östreichischen Thron, entladet, der euch einst so namenlos elend machte und so lange in der Verzweiflung am Boden liegen ließ; diesen ehrlosen Thron, der unter der Wucht seiner Greuel und unter dem Fluche des Menschheitsgenius bereits knackt und Risse bekommt, ja schon sich senkt. Wahrlich er wäre bereits zusammengebrochen in einen Haufen Getrümmer, hätte allen euren slawischen Nationalitäten die Freiheit des Sichentfaltens gewährt, wenn ihr zu eurem und der Welt Unglück ihn nicht mit euren Schultern gestützt hättet!</p> <p>Slawische Brüder! ihr wollt Freiheit. Gut, laßt euren Kerker in Ruinen fallen. Wisset, der slawische Namensbund der Völker wird nur auf dem Schutte dieses Kerkers. Wisset, knechtische Völker sind durch die Glieder ihrer Kette, an die sie geschmiedet, verbunden. Freie Völker verbindet die Bruderliebe.</p> <p>Im Namen der polnischen Demokratie:</p> <p><hi rendition="#g">Miroslawski. Worcell. Darasz. Ordenga. Chrystowski</hi>.</p> <p>Die Adresse der Londoner Fraternal Democrats an das Proletariat von England, signirt Julian Harney, Kydd u. s. w., erhält in mehrern departementalen Demokratenblättern großes Lob. Ein Toulouser Blatt sagt: „In dieser Weise wird das englische Volk nicht nur uns, sondern der ganzen Menschheit lieb und theuer, und der englische Name, bisher ein Gräuel, ja ein Fluch für jedes französische Ohr, wird groß und schön. Wir freuen uns mehr als unsre Zunge es auszudrücken vermag, über diese Glorie der englischen Nationalität, in deren Schooß, tief im Grunde des schauerlichsten Privilegiumswustes, die Blume reinster Humanität, energischster Revolutionskraft, sinnigster Emancipation und edelster Sympathie für nachbarliche Leiden und Freuden emporgewachsen ist. Möge dieses Gewächs erstarken, möge der Konflikt der äußerlichen Umstände ihm freundlich entgegenkommen und durch einen starken <hi rendition="#g">politischen</hi> See- wie Landkrieg, worin die verruchte, gottselige englische Aristokratie und Plutokratie verwickelt werden muß, das englische bisher unterdrückte Proletariat in Manchester, Birmingham, Leeds, Liverpool, Glasgow u. s. w. endlich in die Möglichkeit gesetzt werden, das impertinenteste Joch das je auf einer Arbeitsklasse gelastet, mit einem <hi rendition="#g">socialistischen</hi> Rucke zu sprengen. Frankreich's, Europa's Proletariat würde dafür dem englischen ewig erkenntlich sein“ u. s. w. — Mehrere Artikel der Neuen Rheinischen Zeitung über diesen Gegenstand findet man gleichfalls in der französischen Presse wiedergegeben. — Die Wühlerei der Völkeraufhetzer ist im besten Gange; in der That breiten die hiesigen Royalisten wieder aus, Deutschland's Demokraten stachelten gegen Frankreich. Nur durch immer genaueres, energischeres Sympathisiren der Demokratieen dies- und jenseits des Rheines kann diesen schuftigen Insinuationen des Herrn Véron, Capo de Feuillide, Armand Bertin, Lavalette (auch an dem Blatt „Assemblée nationale“ angestellt) und Delamare von „La Patrie“ begegnet werden. Dazu ist jedwedes mündliches wie schriftliches Mittel zu benutzen. Mit dem Blatte des Herrn Alexander Weill indeß, dem „hundsföttischen Corsaire“ (wie „Peuple souverain“ neulich meinte), „muß man sich weiter auf keine ernste Widerlegung einlassen, denn wer Unrath angreift, besudelt sich unnützerweise“. — Jetzt ist es hier soweit gekommen, daß man in Café's z. B. ganz laut die ehedem so plattgeschlagenen Königs- und Klerusknechte auf „die Demokraten“ losziehen, das Wort „Demokrat“ in maliziöser Anwendung mißbrauchen, Hunde und Stubenkatzen „Kommissär“ (zur angenehmen Rache post festum an den Ledrü-Rollin'schen Revolutionsemissären und Departementalkommissären) taufen hören kann. Haben diese Schurken doch neulich durch Bestechung — denn dazu wissen sie stets klingendes Geld aufzutreiben — sich in das Gitter der ehemaligen Reiterstatue des Herzogs Orleans, auf dem Hofe des Louvrepalastes, hineinzuschleichen und dort Nachts die Halfte der auf dem Piedestal eingegrabenen bescheidenen Inschrift: „den am 23. und 24. Februar 1848 für die Freiheit verbluteten Bürgern das erkenntliche Vaterland“ abzumeißeln verstanden. Die Erklärung, das Winterwetter sei allein Schuld am Abfallen der Steinmasse, ist nicht stichhaltig. Jetzt setzt man den Schaden wieder in Stand, aber an eine scharfe Untersuchung wird nicht gedacht; und doch wäre sie so leicht! Den reichen dickbäuchigen Herrn Pförtner des Louvre beim Kragen gepackt und auf 24 Stunden „bei Seite gesperrt“, den wachhabenden Herrn Nationalgardenoffizier citirt, und das Ding durch die Presse in's gehörige Schandlicht gestellt: — in 24 Stunden wäre der Thäter entdeckt. Aber du lieber Himmel, wir sind weit vom Februar 1848, und der Februar 1849 ist noch nicht angelangt. Also Geduld. Nebenbei naturlich Umsicht, Auge und Ohr uberall, die Personen sich gemerkt, die Sachen beobachtet, damit, wenn die Reihe wieder an uns kommt, wir's besser machen als im Februar 1848. — Das Kunststuck, worauf heute freilich sehr viel, um nicht zu sagen Alles, ankommt, ist, die französischen Bauern zu gewinnen. Es geschieht gewissermaßen den Herrn Ideo-Demokraten ganz recht, wenn besagter Jaques Bonhomme (uralter Beinamen des gallischen Landmanns) wie'n Stier jetzt durch ihre rührenden Syllogismen und Sentimentalitäten rennt, und diese holdselige zarte Jungfrau République francaise démocratique (das ist laut Marrast'schem Konstitutionstaufzettel jetzt ihr liebwerthester Name) mit den druidischen Hörnern unsanft bei Seite schiebt. Um solchem Jammer abzuhelfen, geschieht jetzt viel, aber noch lange nicht genug; die neue Societät Propagande socialiste (Nr. 15 Straße Coquillière) sendet regelmäßig große Pakete von bereitsgelesenen Pariser Demokratenblättern, die jetzt nur einen Sou kosten (Peuple, Republique, Revolution u. s. w.) an ihre Freunde in den Provinzen die sie sofort an die Bauergemeinden gratis vertheilen; was Geld kostet, liest nämlich kein französischer Bauer. Uebrigens stellen sich sehr böse Schwierigkeiten dabei heraus; es finden sich z. B. im Dorf manchmal nur drei Menschenkinder, die lesen können, Priester, Schulz und not' bourgeois, d. h. „unser wohlhabender Nachbar,“ wie die Bauern den Hauptgläubiger im Dorf nennen, der obendrein wohl gar ein Notar ist; dieses Kleeblatt ist schwerlich sehr geeignet, den Bauern demokratische Zeitungen vorzulesen. Zudem schindet sich der französische Bauer, bei dem zerstückelten Privatbesitz, durch meist fruchtloses Arbeiten dermaßen ab, daß er fortwährend mürrisch, vor dem Hypothekenzinstage zitternd, und Abends todtmüde auf seine Spreu schleicht. Wenn man, im Falle einer glücklichen Proletariatsinsurrektion zu Paris, diesem Menschenschlage z. B. Ablösung der Hypotheken durch Staatspapier u. dgl. unter Trommelschlag und rother Fahne verkündete, so ist noch sehr die Frage, ob der unglücklige Stier das Ding glauben, und nicht vorläufig in Berserkerwuth auf die rothe Fahne losgehen würde. Der Plan aber ist löblich, durch die von Pariser und andern großstädtischen Arbeitern bereits gelesenen Demokratenjournale vor dem Verschleudertwerden zu retten und nochmals zu benutzen; er verdient in Deutschland Nachahmung. Bernard, Hervé, Macé und andere tüchtige Klubpräsidenten sind Stifter dieser Propaganda.</p> </div> <div xml:id="ar202b_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 19. Januar.</head> <p>Die Bourgeoisrache zittert, schnaubt und geifert; das Proletariat aber, rechtsbewußt und über den nächsten Kriegsplan, der besser sein muß denn der im Juni, nachsinnend, steht in gesammelter Haltung wie der marmorne Spartakus im Tuileriengarten. An Einzelheiten ist dies erkennbar genug; z. B. in folgender Zuschrift der Juniverurtheilten an Bonaparte: „Bürger Präsident, Unterzeichnete, die politischen Gefangenen im Kerker St. Pelagie, guten Muthes und reinen Gewissens, hegen noch immer die Ansicht, in den französischen Landen sei, trotz aller reaktionärer Bestrebungen, sogar heute noch etwas Gerechtigkeit zu finden. Und so nehmen sie sich die Ehre, Ihnen, Präsident der Republik, zu sagen, daß nach einer jetzt beispiellosen (nur im Mittelalter geschah ähnliches) und von Martern mannichfachster Art durchwebten Haft, allem menschlichen Gesetze entgegen, kraft eines in ihrer Kompetenz von ihnen geleugneten Militärgerichts, sie im Begriff stehen, von ihren Frauen und Kindern Abschied nehmen zu müssen. Fast alle sind hülflos, und viele dieser Kinder liegen in der Wiege, der öffentlichen Mildthätigkeit anheimgegeben. Wir wandern dermalen in das Bagno (Galeeren) oder werden bei lebendigem Leibe, sozusagen, eingescharrt in den Todeslöchern des Mont Saint Michel. Schon hat man elf unsrer Brüder heimlich abgeholt, <hi rendition="#g">ohne sie zum letzten Händedruck der ihnen theuersten Personen zuzulassen</hi>. Wohlan, Präsident, ist das das Ende von dem schönen Liede, welches Sie, als Kandidat der Präsidentur, unsern Angehörigen vorgesungen: <hi rendition="#g">nun, so allerwärmsten Dank</hi>! ‥ Unsere Weiber und Kinder werden auch ohne Sie Kraft zum Dulden und Hoffen finden, und über das künftige Geschick der Republik seufzen. Wir protestiren folglich vor Frankreich, vor ganz Europa gegen das Urtheil. Gruß und Bruderschaft: Racarie, zu den Galeeren auf Lebenszeit verurtheilt; Guérineau, Largillière, Gros: zu den Galeeren auf 10 Jahre; Mauras, Cornu, Husson, Chamel, Maupilet, Vandeberghen, Vosier, Jaquot, Couderc, Guèrin, Bisson (Historienmaler)“ u. s. w. Und aus demselben Pelagiegefängniß erscheint folgender Brief vom 17. Jan.: „Elf Monate sind verflossen seit Neugründung der französischen Republik, und seit 8 Monaten schmachten ihre Gründer im Kerker. Erst jetzt bekümmert man sich um sie, indem man sie auf die Galeeren und in die Centralgefängnisse versendet. In das Bagno der Galeerensträflinge zu Rochefort kommen die auf Lebenslang und auf 20 Jahre verdammten. In Rochefort nämlich stapelt man seit lange alle sogenannten unverbesserlichen Galeerensklaven von Toulon und Brest zusammen; Krankheiten der schlimmsten Sorte grassiren somit im Rocheforter Bagno und tödten selbst den stärksten Körper. Auf diese schlaue Weise bändigt man Kraft des Fiebers diese künstlich krankgemachten wilden Männer. Und aus dem nämlichen Motiv schickt man eben nach Rochefort uns politische Verurtheilte. Doch ist man so gnädig, uns zu verheißen, die nur zu 10 Jahren verdammten kämen auf die Galeeren von Brest und Toulon. Ein alter Kniff ist, niemals zwei politische Gefangene, sondern einen politischen und einen kriminellen Gefangenen, also einen Juniinsurgenten und einen Wegelagrer, oder Dieb, oder Nothzüchtler, oder Mordbrenner, oder Schriftfälscher, oder Falschmünzer, an eine und die nämliche Kette zu schmieden. Man nennt das eine Maßregel von allgemeiner Sicherheit! Nichts also wird gespart, wie man sieht, um die ehernen Charaktere zu bändigen und wo möglich zu brechen, die für die Republik in die Schranken getreten waren, und deren Name allein schon Uebelkeiten und Gliederzappeln bei den heute triumphirenden Feinden des Volkes erregt, und diesen den Spaß des Sieges schnöde verleidet. Gegen Abend gingen auf die Bagno's unsre Kampfgenossen Milon, Husson, Vo[i]sombrot, Jaquot, Lefevre, Chamel, Racarie, Largillière, Guérineau. Auch Testulat und der Exgraf Fouchecourt sollten mit, doch ist jener zu krank, und der Herr Graf ist ein feuriger Legitimist, hat folglich höchste Ansprüche auf Gnade, und so kam dann wirklich Nachts 2 Uhr der Befehl, den Herrn Grafen, diesen Erzfeind der Republik, mit der Galeerenstrafe höflichst zu verschonen; sie ist in zwanzig Jahre Ketten umgewandelt.“ (Es versteht sich am Rande, daß so ein Herr Graf sehr bald durch hohe Verwendung der Ketten entledigt und in angenehme Zimmer gesetzt, nach einem Jährchen ganz entlassen wird). „Mit großem Muth hielten unsre Leidensgenossen die schaurige Prüfung des Abschiednehmens von Weib und Kind im Kerkerhofe aus, ja spendeten noch ganz besonders Worte des Trostes. Dies gewaltige und zugleich rührende Schaustück hätte vielleicht sogar auf die allerfrechsten und cynischsten unserer Feinde, der Reactionäre, seine Wirkung nicht verfehlt. Die Reactionäre salbadern bekanntlich gern von Heiligkeit der Familie; vermuthlich eben deshalb wüthen sie mit fanatischen Richtersprüchen gegen das Familienglück der Junimänner, und murmeln geifernd sich in's Ohr: das Volk hat uns die Republik auf den Hals geworfen, Fluch, dreimal Fluch diesem Pöbel! Und oben drein Louis Philipp's letzter Minister, verschwand er nicht lächerlich zwischen zwei Barrikaden? Das mag Herr Odilon Barrot nimmer verzeihen. — Um 4 Uhr früh kam der Zellenwagen; man legte die Eisen an die Füße der Abreisenden. Um 5 Uhr trabten die Pferde schleunig fort. Wir folgen ihnen bald. Also Muth und Hoffnung! G. D.“ Geht das so weiter, nur noch ein Jahr, und frißt der Krebs des Handelssiechthums noch ein Jahr in's Fleisch der Bourgeoisie, so wird letztere total nicht nur ruinirt, sondern auch demoralisirt, „bis zu Krämpfen geängstigt und bis zum Wahnsinn geärgert“; dann ist die Stunde des Sieges der Arbeiter da, und es wird sich keiner mehr finden, der den Volksvertheidigern Ketten um's Bein schmieden oder Kutscher sein will auf dem Zellenwagen der sie in die Bagnos führen soll. Die Bourgeoisie ist krank durch und durch; obige Phrase des „Peuple souverain“ von Lyon ist richtig. Die Arbeiterassociationen blühen empor, und die Associ[i]rten agiren mit merkwürdigem Taktgriff, wie alte Militärs, z. B. die Association der Sattler in der Straße Fontaine St. Georges hatte wegen verspäteter Einzahlungen keinen Heller in der Kasse, sollte aber 4000 Fr. abtragen; sie rief die Mitglieder durch Circulare auf und siehe, man schleppte Wäsche und Kleider aufs Leihhaus, die Weiber gaben ihren Schmuck, und in 3 Stunden agen 2000 Fr. mehr als erforderlich da. „In Gegenwart solcher einfachen, jetzt schon zahlreichen, Thatsachen kneift die Bourgeoisie die Augen zu wie der Vogel Strauß, aber trotz dem bleibt das Faktum. Diese Bourgeoisie in Paris ist in ihren höhern Regionen, als Finanzerie durch und durch verderbt und zukunftsuntauglich; gegen diese Familien, deren Patriarchen im Verwaltungsrath der Bank Frankreichs thronen, 4/5 der großen Eisenbahn- und Industriekapitalien in der Tasche haben und damit über die Hypothekbelasteten Kleinbauerngütchen, auf denen die kleine Summe von nur elftausend Millionen ruht, vollständig verfügen, gegen diese großen Nichtsthuer und reichen Faulenzer wird sich die Volksjustiz zunächst richten. Sie sind unverbesserlich: grausam, eigensinnig, bornirten Fassungsvermögens, und hoffärthig. Wir haben unter Louis-Philipp schon nicht an sogenannte friedliche Bekehrungen unter diesem reichen Adels- und Bourgeoisgesindel geglaubt, wenn die Cabetisten und Fourieristen gottesfürchtigen Choralgesang anhuben und sanftmüthiglich und brüderlich unter den Reichen, die ja viel schwerer zu behandeln als ein Kameel, Propaganda machten, wie sie meinten.‥ Unter jener -rein reactionären, maliziösen Pluto-Aristo- und Bureaukratie höherer Region, dehnt sich die Mittelbourgeoisie aus und die Kleinbourgeoisie, die letztere ist mit der Arbeitsklasse bereits vielfach verzweigt. Diese untern Theile der Bourgeoisie sind die Ladenmiether die unter Louis Philipp zuletzt von der Hochbourgeoisie sehr gequält, die Wahlreformbanketts in allen 86 Departements zu Wege brachten und am 24. Februar auf fatale Weise statt eines gemüthlichen Reförmchens die Republik zu genießen bekamen, Abends sechs Uhr auf dem Hotel de Ville-Platz beim Flackern der angezündeten Wachthäuser der geschlagenen Polizei-Soldateska.</p> <p>Daß in dieser Mittel- und Kleinbourgeoisie gar manche Demokraten sind, wissen wir, aber wir leugnen von vorherein, daß sie in Masse socialistisch sei und sein werde. Möglich, daß wenn durch kommerzielle und Bankieroperationen wieder mehrere tausend Familien aus ihr hinab zum Proletariat geschleudert worden, diese die Sache des Proletariats zur ihrigen machen, aber was sonst bei noch wohlhäbigen Bourgeois sich von Socialismus, d. h. Eigenthumsreform, zeigt, ist und bleibt unseres Dafürhaltens <hi rendition="#g">nur rare Ausnahme</hi>.“ (Constituant.)</p> <p>Interessant und belehrend für die Charakterisirung der obern pariser Finanzokratie und ihrer Domestiken (zu letztern rechne man ja auch alle Courtiers, Zwischenhändler, Arbeitszersplitterer und </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1105/0001]
Beilage zu Nr. 202 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Montag 22. Januar 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] Aber wenn ihr eigensinnig dem Allgemeinen widerstrebt, wenn ihr glaubt, das Gesetz des Fortschritts der Welt biegen und brechen zu können, wenn ihr nicht selbstständig, sondern als Diener Habsburgs, unter der Fahne der Meuchler Galliziens, der Todtschläger Lombardien's, der Plünderer Wiens, der Brandmörder Krakau's, Lemberg's, ja eures Prag selbst, existiren wollt: dann täuscht ihr uns nicht über eure Thorheit, und versichertet ihr auch, um euch selbst etwas vorzulügen, ihr wolltet Oestreich hinters Licht führen. Unser Herz würde bluten vor Gram über unsere Stammbrüder, aber verführen könntet ihr uns mit alledem doch nicht. Und trotz euch blieben wir getreu bei der Standarte eines Bruderthums, hoch über alle Racenverwandtschaft, eines Bruderthums vor Gott und Menschengeschlecht.
Früher suchten euch diplomatische Agenten andershin zu locken; dieselben Diplomaten, die den schon freigeschlagenen Serbiern das türkische Joch wieder aufluden und als Herrscher den Dienstmann des Czaren, den Milosch Obrenowitsch, aufdrangen, den Mörder des populärsten, patriotischsten Helden, Georg des Schwarzen, von Serbien. Man versprach euch damals Nationalität mit czarischer Oberaufsicht. Aber wir und andere warnten euch bei Zeiten, und ihr schluget den Antrag aus. Und heute stellt man euch einen ebenso hinterlistigen, als könne und wolle Habsburg euch gegen Moskau schirmen.
O Brüder, hört noch ein Mal unser Freundeswort: hinter dem Oesterreicher lauert der Moskowiter, sein Bundesgenoß und Mitverbrecher. Der Oestreicher verräth euch, und dann sinket ihr ohne Rettung in die Arme des Russen; denn wahrhaftig, es ist nicht abzusehen weshalb ihr nicht dem bluts- und sprachverwandten Russen als Knechte unterthan sein solltet, nachdem ihr euch einem Tyrannen verkauft hattet, den weder sprachliche noch stammliche Bande mit euch verknüpfen. Seht, dahin kann es mit euch bald kommen, wenn ihr fortfahrt auf dem Wege des Mißtrauens gegen euch selber. Zum Zarismus, ja zum Zarismus führt euch gradezu der Abhang an dem ihr steht; folglich dürft ihr uns nicht von Freiheit, von Bruderliebe reden; diese hohen Worte sind eure Verdammung: O, weit, weit hinweg die Romanow und die Habsburger. Ein andres, ein besseres Schlachtwort bieten wir euch an, wohlverstanden von allen Völkern des Westens und Ostens, von Franzosen, Deutschen, Italienern, Ungaren: es ist Polen.
Dieses Land hat Einheit wenn in ihm auch Verschiedenheit der Rasse und jetzt Territorialzerstückelung verhanden ist; von Ausländern niedergejocht, fraternisirt es dennoch mit den Völkern des Auslands, und gar nie hat es den unfreien-Völkern die Greuel ihrer tückischen, betrügerischen Regierungen untergeschoben. Polen ist vorläufig zu Grabe gegangen ebenso sehr an seiner inländischen Aristokratie als an den Einbrüchen der Ausländer; es ist so zusagen die Personificirung des dreieinigen Prinzips welches einst die Welt beherrschen wird: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Und um bei der Allegorie zu verweilen: eure Schwester Polonia wird, wenn Habsburg und Romanow am Boden sich krümmen, aus dem Grabe steigen; und wie Christus der Heiland auferstanden hinter sich die auferweckten und alten Patriarchen führte in die Wohnungen seines himmlischen Vaters: so wird Polen, auferstanden, die übrigen slawischen Schwestern allesammt bei Namen rufen und neben sich setzen am großen Bankette der in heiligem Bruderbunde vereinten Nationen. Polen wird nicht die Gebieterin der andern Slawenvölker sein. Es wird aber zu ihrem Gebrauche die aufgehäuften Früchte seiner Arbeiten, seines hundertjährigen Schmerzes, stellen; seiner geschichtlichen Erfahrnisse und selbst seiner Schwächen und Gebrechen. Seine durch Nationalerhebung verjüngten Kräfte wird es zur gemeinsamen Vertheidigung der gemeinsamen Interessen anwenden.
Wenn an jenem großen Tage allseitigen Bruderthums noch finstere Erinnerungen auftauchten von einem slawischen Widerstreben gegen die allgemeine Fortschrittsbewegung: wenn der Deutsche, der Italiener, der Magyar erbebte beim Anblicke seines Blutes auf der Hand des Kroaten, des Tschechen, des Moskowiters: dann werden wir polnische Demokraten mit unserem für die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit so lange verströmten Blut, mit unserem Märtyrium dazwischen treten und die Sünden der Stammesbrüder lösen mit dem Aufweisen unserer Wunden für die Menschheit; wir wollen dann die Vermittler, die Versöhner sein und der Bundesknoten in der unstörbaren, wahrhaft heiligen Völkerallianz zwischen Aufgang und Niedergang. Wohlan, wenn ihr wollt, daß unsere Vermittlung wirksam sei und wir zum Menschengeschlechte sprechen können: „Vergieb diesen da, sie wußten ja nicht, was sie thaten, o Mutter der Völker!“ so müßt ihr vom heutigen Tage ab genau unterscheiden lernen zwischen der Sache der Nationen und den Schandthaten ihrer Regierungen. Ihr dürfet fortan in den deutschen Beamten, wie wir in den russischen und tschechischen, nicht mehr Vertreter des Volks erblicken, welches eben sie von sich stößt, sondern Werkzeuge der Hierarchie des Bureaukratenthums, wodurch jene Beamten nach seinem Ebenbilde geknetet worden sind. Ihr müßt fortan die Hand geben dem Volke, und wo es unterdrückt wird, dahin eilt und helft, wie wir den Ungarn und Italienern zu Hülfe gezogen, und wie wir auch euch zum Beistande eilen würden, wenn euer gutes Recht bedroht wäre und ihr nicht die Hand nach dem Recht des Nebenmenschen ausgestreckt. Ihr müßt schlechterdings mit uns für die Fehler eines Volkes selbst Verzeihung haben und sprechen: „sie wissen nicht, was sie thun.“ Vor Allem aber haben wir Polen Befugniß zu fordern, daß ihr euern vollen Zorn auf den Stifter allen Unheils, auf das verruchte Haupt der verbrecherischen Bande, auf den k. k. östreichischen Thron, entladet, der euch einst so namenlos elend machte und so lange in der Verzweiflung am Boden liegen ließ; diesen ehrlosen Thron, der unter der Wucht seiner Greuel und unter dem Fluche des Menschheitsgenius bereits knackt und Risse bekommt, ja schon sich senkt. Wahrlich er wäre bereits zusammengebrochen in einen Haufen Getrümmer, hätte allen euren slawischen Nationalitäten die Freiheit des Sichentfaltens gewährt, wenn ihr zu eurem und der Welt Unglück ihn nicht mit euren Schultern gestützt hättet!
Slawische Brüder! ihr wollt Freiheit. Gut, laßt euren Kerker in Ruinen fallen. Wisset, der slawische Namensbund der Völker wird nur auf dem Schutte dieses Kerkers. Wisset, knechtische Völker sind durch die Glieder ihrer Kette, an die sie geschmiedet, verbunden. Freie Völker verbindet die Bruderliebe.
Im Namen der polnischen Demokratie:
Miroslawski. Worcell. Darasz. Ordenga. Chrystowski.
Die Adresse der Londoner Fraternal Democrats an das Proletariat von England, signirt Julian Harney, Kydd u. s. w., erhält in mehrern departementalen Demokratenblättern großes Lob. Ein Toulouser Blatt sagt: „In dieser Weise wird das englische Volk nicht nur uns, sondern der ganzen Menschheit lieb und theuer, und der englische Name, bisher ein Gräuel, ja ein Fluch für jedes französische Ohr, wird groß und schön. Wir freuen uns mehr als unsre Zunge es auszudrücken vermag, über diese Glorie der englischen Nationalität, in deren Schooß, tief im Grunde des schauerlichsten Privilegiumswustes, die Blume reinster Humanität, energischster Revolutionskraft, sinnigster Emancipation und edelster Sympathie für nachbarliche Leiden und Freuden emporgewachsen ist. Möge dieses Gewächs erstarken, möge der Konflikt der äußerlichen Umstände ihm freundlich entgegenkommen und durch einen starken politischen See- wie Landkrieg, worin die verruchte, gottselige englische Aristokratie und Plutokratie verwickelt werden muß, das englische bisher unterdrückte Proletariat in Manchester, Birmingham, Leeds, Liverpool, Glasgow u. s. w. endlich in die Möglichkeit gesetzt werden, das impertinenteste Joch das je auf einer Arbeitsklasse gelastet, mit einem socialistischen Rucke zu sprengen. Frankreich's, Europa's Proletariat würde dafür dem englischen ewig erkenntlich sein“ u. s. w. — Mehrere Artikel der Neuen Rheinischen Zeitung über diesen Gegenstand findet man gleichfalls in der französischen Presse wiedergegeben. — Die Wühlerei der Völkeraufhetzer ist im besten Gange; in der That breiten die hiesigen Royalisten wieder aus, Deutschland's Demokraten stachelten gegen Frankreich. Nur durch immer genaueres, energischeres Sympathisiren der Demokratieen dies- und jenseits des Rheines kann diesen schuftigen Insinuationen des Herrn Véron, Capo de Feuillide, Armand Bertin, Lavalette (auch an dem Blatt „Assemblée nationale“ angestellt) und Delamare von „La Patrie“ begegnet werden. Dazu ist jedwedes mündliches wie schriftliches Mittel zu benutzen. Mit dem Blatte des Herrn Alexander Weill indeß, dem „hundsföttischen Corsaire“ (wie „Peuple souverain“ neulich meinte), „muß man sich weiter auf keine ernste Widerlegung einlassen, denn wer Unrath angreift, besudelt sich unnützerweise“. — Jetzt ist es hier soweit gekommen, daß man in Café's z. B. ganz laut die ehedem so plattgeschlagenen Königs- und Klerusknechte auf „die Demokraten“ losziehen, das Wort „Demokrat“ in maliziöser Anwendung mißbrauchen, Hunde und Stubenkatzen „Kommissär“ (zur angenehmen Rache post festum an den Ledrü-Rollin'schen Revolutionsemissären und Departementalkommissären) taufen hören kann. Haben diese Schurken doch neulich durch Bestechung — denn dazu wissen sie stets klingendes Geld aufzutreiben — sich in das Gitter der ehemaligen Reiterstatue des Herzogs Orleans, auf dem Hofe des Louvrepalastes, hineinzuschleichen und dort Nachts die Halfte der auf dem Piedestal eingegrabenen bescheidenen Inschrift: „den am 23. und 24. Februar 1848 für die Freiheit verbluteten Bürgern das erkenntliche Vaterland“ abzumeißeln verstanden. Die Erklärung, das Winterwetter sei allein Schuld am Abfallen der Steinmasse, ist nicht stichhaltig. Jetzt setzt man den Schaden wieder in Stand, aber an eine scharfe Untersuchung wird nicht gedacht; und doch wäre sie so leicht! Den reichen dickbäuchigen Herrn Pförtner des Louvre beim Kragen gepackt und auf 24 Stunden „bei Seite gesperrt“, den wachhabenden Herrn Nationalgardenoffizier citirt, und das Ding durch die Presse in's gehörige Schandlicht gestellt: — in 24 Stunden wäre der Thäter entdeckt. Aber du lieber Himmel, wir sind weit vom Februar 1848, und der Februar 1849 ist noch nicht angelangt. Also Geduld. Nebenbei naturlich Umsicht, Auge und Ohr uberall, die Personen sich gemerkt, die Sachen beobachtet, damit, wenn die Reihe wieder an uns kommt, wir's besser machen als im Februar 1848. — Das Kunststuck, worauf heute freilich sehr viel, um nicht zu sagen Alles, ankommt, ist, die französischen Bauern zu gewinnen. Es geschieht gewissermaßen den Herrn Ideo-Demokraten ganz recht, wenn besagter Jaques Bonhomme (uralter Beinamen des gallischen Landmanns) wie'n Stier jetzt durch ihre rührenden Syllogismen und Sentimentalitäten rennt, und diese holdselige zarte Jungfrau République francaise démocratique (das ist laut Marrast'schem Konstitutionstaufzettel jetzt ihr liebwerthester Name) mit den druidischen Hörnern unsanft bei Seite schiebt. Um solchem Jammer abzuhelfen, geschieht jetzt viel, aber noch lange nicht genug; die neue Societät Propagande socialiste (Nr. 15 Straße Coquillière) sendet regelmäßig große Pakete von bereitsgelesenen Pariser Demokratenblättern, die jetzt nur einen Sou kosten (Peuple, Republique, Revolution u. s. w.) an ihre Freunde in den Provinzen die sie sofort an die Bauergemeinden gratis vertheilen; was Geld kostet, liest nämlich kein französischer Bauer. Uebrigens stellen sich sehr böse Schwierigkeiten dabei heraus; es finden sich z. B. im Dorf manchmal nur drei Menschenkinder, die lesen können, Priester, Schulz und not' bourgeois, d. h. „unser wohlhabender Nachbar,“ wie die Bauern den Hauptgläubiger im Dorf nennen, der obendrein wohl gar ein Notar ist; dieses Kleeblatt ist schwerlich sehr geeignet, den Bauern demokratische Zeitungen vorzulesen. Zudem schindet sich der französische Bauer, bei dem zerstückelten Privatbesitz, durch meist fruchtloses Arbeiten dermaßen ab, daß er fortwährend mürrisch, vor dem Hypothekenzinstage zitternd, und Abends todtmüde auf seine Spreu schleicht. Wenn man, im Falle einer glücklichen Proletariatsinsurrektion zu Paris, diesem Menschenschlage z. B. Ablösung der Hypotheken durch Staatspapier u. dgl. unter Trommelschlag und rother Fahne verkündete, so ist noch sehr die Frage, ob der unglücklige Stier das Ding glauben, und nicht vorläufig in Berserkerwuth auf die rothe Fahne losgehen würde. Der Plan aber ist löblich, durch die von Pariser und andern großstädtischen Arbeitern bereits gelesenen Demokratenjournale vor dem Verschleudertwerden zu retten und nochmals zu benutzen; er verdient in Deutschland Nachahmung. Bernard, Hervé, Macé und andere tüchtige Klubpräsidenten sind Stifter dieser Propaganda.
17 Paris, 19. Januar. Die Bourgeoisrache zittert, schnaubt und geifert; das Proletariat aber, rechtsbewußt und über den nächsten Kriegsplan, der besser sein muß denn der im Juni, nachsinnend, steht in gesammelter Haltung wie der marmorne Spartakus im Tuileriengarten. An Einzelheiten ist dies erkennbar genug; z. B. in folgender Zuschrift der Juniverurtheilten an Bonaparte: „Bürger Präsident, Unterzeichnete, die politischen Gefangenen im Kerker St. Pelagie, guten Muthes und reinen Gewissens, hegen noch immer die Ansicht, in den französischen Landen sei, trotz aller reaktionärer Bestrebungen, sogar heute noch etwas Gerechtigkeit zu finden. Und so nehmen sie sich die Ehre, Ihnen, Präsident der Republik, zu sagen, daß nach einer jetzt beispiellosen (nur im Mittelalter geschah ähnliches) und von Martern mannichfachster Art durchwebten Haft, allem menschlichen Gesetze entgegen, kraft eines in ihrer Kompetenz von ihnen geleugneten Militärgerichts, sie im Begriff stehen, von ihren Frauen und Kindern Abschied nehmen zu müssen. Fast alle sind hülflos, und viele dieser Kinder liegen in der Wiege, der öffentlichen Mildthätigkeit anheimgegeben. Wir wandern dermalen in das Bagno (Galeeren) oder werden bei lebendigem Leibe, sozusagen, eingescharrt in den Todeslöchern des Mont Saint Michel. Schon hat man elf unsrer Brüder heimlich abgeholt, ohne sie zum letzten Händedruck der ihnen theuersten Personen zuzulassen. Wohlan, Präsident, ist das das Ende von dem schönen Liede, welches Sie, als Kandidat der Präsidentur, unsern Angehörigen vorgesungen: nun, so allerwärmsten Dank! ‥ Unsere Weiber und Kinder werden auch ohne Sie Kraft zum Dulden und Hoffen finden, und über das künftige Geschick der Republik seufzen. Wir protestiren folglich vor Frankreich, vor ganz Europa gegen das Urtheil. Gruß und Bruderschaft: Racarie, zu den Galeeren auf Lebenszeit verurtheilt; Guérineau, Largillière, Gros: zu den Galeeren auf 10 Jahre; Mauras, Cornu, Husson, Chamel, Maupilet, Vandeberghen, Vosier, Jaquot, Couderc, Guèrin, Bisson (Historienmaler)“ u. s. w. Und aus demselben Pelagiegefängniß erscheint folgender Brief vom 17. Jan.: „Elf Monate sind verflossen seit Neugründung der französischen Republik, und seit 8 Monaten schmachten ihre Gründer im Kerker. Erst jetzt bekümmert man sich um sie, indem man sie auf die Galeeren und in die Centralgefängnisse versendet. In das Bagno der Galeerensträflinge zu Rochefort kommen die auf Lebenslang und auf 20 Jahre verdammten. In Rochefort nämlich stapelt man seit lange alle sogenannten unverbesserlichen Galeerensklaven von Toulon und Brest zusammen; Krankheiten der schlimmsten Sorte grassiren somit im Rocheforter Bagno und tödten selbst den stärksten Körper. Auf diese schlaue Weise bändigt man Kraft des Fiebers diese künstlich krankgemachten wilden Männer. Und aus dem nämlichen Motiv schickt man eben nach Rochefort uns politische Verurtheilte. Doch ist man so gnädig, uns zu verheißen, die nur zu 10 Jahren verdammten kämen auf die Galeeren von Brest und Toulon. Ein alter Kniff ist, niemals zwei politische Gefangene, sondern einen politischen und einen kriminellen Gefangenen, also einen Juniinsurgenten und einen Wegelagrer, oder Dieb, oder Nothzüchtler, oder Mordbrenner, oder Schriftfälscher, oder Falschmünzer, an eine und die nämliche Kette zu schmieden. Man nennt das eine Maßregel von allgemeiner Sicherheit! Nichts also wird gespart, wie man sieht, um die ehernen Charaktere zu bändigen und wo möglich zu brechen, die für die Republik in die Schranken getreten waren, und deren Name allein schon Uebelkeiten und Gliederzappeln bei den heute triumphirenden Feinden des Volkes erregt, und diesen den Spaß des Sieges schnöde verleidet. Gegen Abend gingen auf die Bagno's unsre Kampfgenossen Milon, Husson, Vo[i]sombrot, Jaquot, Lefevre, Chamel, Racarie, Largillière, Guérineau. Auch Testulat und der Exgraf Fouchecourt sollten mit, doch ist jener zu krank, und der Herr Graf ist ein feuriger Legitimist, hat folglich höchste Ansprüche auf Gnade, und so kam dann wirklich Nachts 2 Uhr der Befehl, den Herrn Grafen, diesen Erzfeind der Republik, mit der Galeerenstrafe höflichst zu verschonen; sie ist in zwanzig Jahre Ketten umgewandelt.“ (Es versteht sich am Rande, daß so ein Herr Graf sehr bald durch hohe Verwendung der Ketten entledigt und in angenehme Zimmer gesetzt, nach einem Jährchen ganz entlassen wird). „Mit großem Muth hielten unsre Leidensgenossen die schaurige Prüfung des Abschiednehmens von Weib und Kind im Kerkerhofe aus, ja spendeten noch ganz besonders Worte des Trostes. Dies gewaltige und zugleich rührende Schaustück hätte vielleicht sogar auf die allerfrechsten und cynischsten unserer Feinde, der Reactionäre, seine Wirkung nicht verfehlt. Die Reactionäre salbadern bekanntlich gern von Heiligkeit der Familie; vermuthlich eben deshalb wüthen sie mit fanatischen Richtersprüchen gegen das Familienglück der Junimänner, und murmeln geifernd sich in's Ohr: das Volk hat uns die Republik auf den Hals geworfen, Fluch, dreimal Fluch diesem Pöbel! Und oben drein Louis Philipp's letzter Minister, verschwand er nicht lächerlich zwischen zwei Barrikaden? Das mag Herr Odilon Barrot nimmer verzeihen. — Um 4 Uhr früh kam der Zellenwagen; man legte die Eisen an die Füße der Abreisenden. Um 5 Uhr trabten die Pferde schleunig fort. Wir folgen ihnen bald. Also Muth und Hoffnung! G. D.“ Geht das so weiter, nur noch ein Jahr, und frißt der Krebs des Handelssiechthums noch ein Jahr in's Fleisch der Bourgeoisie, so wird letztere total nicht nur ruinirt, sondern auch demoralisirt, „bis zu Krämpfen geängstigt und bis zum Wahnsinn geärgert“; dann ist die Stunde des Sieges der Arbeiter da, und es wird sich keiner mehr finden, der den Volksvertheidigern Ketten um's Bein schmieden oder Kutscher sein will auf dem Zellenwagen der sie in die Bagnos führen soll. Die Bourgeoisie ist krank durch und durch; obige Phrase des „Peuple souverain“ von Lyon ist richtig. Die Arbeiterassociationen blühen empor, und die Associ[i]rten agiren mit merkwürdigem Taktgriff, wie alte Militärs, z. B. die Association der Sattler in der Straße Fontaine St. Georges hatte wegen verspäteter Einzahlungen keinen Heller in der Kasse, sollte aber 4000 Fr. abtragen; sie rief die Mitglieder durch Circulare auf und siehe, man schleppte Wäsche und Kleider aufs Leihhaus, die Weiber gaben ihren Schmuck, und in 3 Stunden agen 2000 Fr. mehr als erforderlich da. „In Gegenwart solcher einfachen, jetzt schon zahlreichen, Thatsachen kneift die Bourgeoisie die Augen zu wie der Vogel Strauß, aber trotz dem bleibt das Faktum. Diese Bourgeoisie in Paris ist in ihren höhern Regionen, als Finanzerie durch und durch verderbt und zukunftsuntauglich; gegen diese Familien, deren Patriarchen im Verwaltungsrath der Bank Frankreichs thronen, 4/5 der großen Eisenbahn- und Industriekapitalien in der Tasche haben und damit über die Hypothekbelasteten Kleinbauerngütchen, auf denen die kleine Summe von nur elftausend Millionen ruht, vollständig verfügen, gegen diese großen Nichtsthuer und reichen Faulenzer wird sich die Volksjustiz zunächst richten. Sie sind unverbesserlich: grausam, eigensinnig, bornirten Fassungsvermögens, und hoffärthig. Wir haben unter Louis-Philipp schon nicht an sogenannte friedliche Bekehrungen unter diesem reichen Adels- und Bourgeoisgesindel geglaubt, wenn die Cabetisten und Fourieristen gottesfürchtigen Choralgesang anhuben und sanftmüthiglich und brüderlich unter den Reichen, die ja viel schwerer zu behandeln als ein Kameel, Propaganda machten, wie sie meinten.‥ Unter jener -rein reactionären, maliziösen Pluto-Aristo- und Bureaukratie höherer Region, dehnt sich die Mittelbourgeoisie aus und die Kleinbourgeoisie, die letztere ist mit der Arbeitsklasse bereits vielfach verzweigt. Diese untern Theile der Bourgeoisie sind die Ladenmiether die unter Louis Philipp zuletzt von der Hochbourgeoisie sehr gequält, die Wahlreformbanketts in allen 86 Departements zu Wege brachten und am 24. Februar auf fatale Weise statt eines gemüthlichen Reförmchens die Republik zu genießen bekamen, Abends sechs Uhr auf dem Hotel de Ville-Platz beim Flackern der angezündeten Wachthäuser der geschlagenen Polizei-Soldateska.
Daß in dieser Mittel- und Kleinbourgeoisie gar manche Demokraten sind, wissen wir, aber wir leugnen von vorherein, daß sie in Masse socialistisch sei und sein werde. Möglich, daß wenn durch kommerzielle und Bankieroperationen wieder mehrere tausend Familien aus ihr hinab zum Proletariat geschleudert worden, diese die Sache des Proletariats zur ihrigen machen, aber was sonst bei noch wohlhäbigen Bourgeois sich von Socialismus, d. h. Eigenthumsreform, zeigt, ist und bleibt unseres Dafürhaltens nur rare Ausnahme.“ (Constituant.)
Interessant und belehrend für die Charakterisirung der obern pariser Finanzokratie und ihrer Domestiken (zu letztern rechne man ja auch alle Courtiers, Zwischenhändler, Arbeitszersplitterer und
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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