Neue Rheinische Zeitung. Nr. 195. Köln, 14. Januar 1849. Zweite Ausgabe.ersten Tage, wo deutsche Regierungen faktisch gegen die Grundrechte protestirt haben, seinen Märzmännern mit einigen Dutzend von Dr. Eisenmann patentirten Reaktionsbrillen zu Hülfe gekommen wäre? 68 Frankfurt, 12. Jan. 150. Sitzung der N.-V. In der östreichischen Frage ist weiter debattirt, aber noch nicht zur Abstimmung geschritten worden. Altona, 8. Jan. Von Seiten des preuß. Oberpost-Amts in Hamburg ist an die Redaktion der "Schleswig-Holsteinischen Zeitung" die Anzeige gelangt, daß Berliner Bestellungen auf dieselbe nicht ferner ausgeführt werden können, da die "Schlesw.-Holstein. Ztg" dort nicht mehr eingeführt werden dürfe. Dänemark. Kopenhagen, 6. Jan. In der heutigen Reichsversammlung trug Grundtvig darauf an, dieselbe möge im Namen des dänischen Volkes den Wunsch aussprechen, daß die Regierung ohne fruchtlose Friedensverhandlungen die ganze Kraft des Reiches aufbieten möge, um baldmöglichst den schlesw.-holst. Aufruhr zu unterdrücken und Dänemark volle Gewalt über das Herzogthum Schleswig, als das alte Südjütland, zu verschaffen. Dieser Antrag wurde mit 103 Stimmen gegen 28 abgelehnt. -- Italien. 68 Rom. General Zucchi, Bevilacqua und Ricci de Camerata, vom Pabst zu Mitgliedern der Regierung ernannt, haben sich weder mit ihm noch mit dem Cardinals-Collegium verständigen können und sind von Gaeta mit der Erklärung abgereist, daß sie dem Pabst nicht länger dienen könnten. 68 Turin. Das neue Parlament wird den 1. Februar eröffnet werden. Belgien. X Brüssel, 12. Januar. Die Repräsentanten-Kammer des "Musterstaats" will dies Jahr auch in Betreff des Budgets ein "Muster" aufstellen. Bei der immer blässer werdenden Finanznoth des Landes, die bisher nur durch successive gaunerische Finanzkniffe einigermaßen verhüllt worden, muß man den Steuerzahlern schließlich noch mit "Ersparungen" Sand in die Augen streuen. Man fängt aber nicht da an, wo am Meisten zu sparen wäre: beim Militär und den hohen Civilbesoldungen und Sinekuren, sondern bei dem Gehalt der Bischöfe. Diese armen Bischöfe, von denen Einige so kugelrund sind, daß man um sie nach jeder Richtung hin konzentrische Kreise beschreiben könnte, sollen nun als Sündenböcke der Finanznoth herhalten und zur vilis materia dienen, an welcher man die Ersparungs-Experimente vornimmt. Diesen armen Bischöfen, die bisher jährlich die pauvre Summe von 30,000 Fr. -- alle Accidenzien abgerechnet -- bezogen, will man einige Tausend Frs. abknapsen und sie dem über hohe Steuern knurrenden Volk hinwerfen, um damit zu sagen: seht, wie wir auf Erleichterungen bedacht sind! In der gestrigen Sitzung der Repräsentanten schlug die Stunde der erzbischöflichen Passionszeit. Die religiösen Productionskosten hatten wegen ihrer Höhe schon bei der Centralsection keine Gnade gefunden. Das mit 30,000 Fr. angesetzte Jahresgehalt des heiligen Erz-Bischofs von Mecheln schien ihr eine Verminderung bis zu 21,000 Fr. zuzulassen. Während der hierüber entstandenen Diskussion wollte Hr. Lelievre es gar auf 18,000 Fr. (4800 Rh. Pr. C.) und das Gehalt der Bischöfe auf 12,000 Fr. festgesetzt wissen. Der als komische Person wohlbekannte Hr. Merode bewies aus Shakespeare, daß die Besoldung des Erzbischofs unangetastet bleiben, eigentlich aber erhöht werden müsse. Hr. Haerne (ein Geistlicher) betrachtet die vorgeschlagene Verminderung als eine wahre "Gottlosigkeit" (impiete). Allein trotz aller Anstrengungen der Vorgenannten, wie der Herren de Theux, Deschamps, De Decker etc. wird das erzbischöfliche Gehalt nach dem Antrag der Centralsection auf 21,000 Fr. vermindert. Dagegen bleibt das Gehalt der Bischöfe (75,500 Fr.) unverkürzt. Nach glücklicher Beendigung dieses Ersparungs-Experiments begeben sich die Herren Repräsentanten, mehr satisfaitsdenn je, nach Hause. Unser "Musterstaat", dessen 18jährige Erbweisheit dem gottbegnadeten Königthum von Potsdam zur Unterlage dienen muß, liefert ein erbauliches Bild, wenn man die Sterblichkeitstabellen von 1841 bis 1847 vergleicht. Die von 1848 sind noch nicht erschienen, sonst würde die Erbauung noch größer sein. Vergleicht man die Zahl der Gestorbenen in den beiden Jahren 1846 u. 1847 mit einander: so finden sich unter den neun Provinzen nur zwei, in welchen die Sterblichkeit nicht auf erstaunliche Weise zugenommen hat. In den sieben andern Provinzen stellt sich das Verhältniß der Sterbefälle zur Bevölkerung wie folgt:
Also starb von 1841-45 in Ostflandern durchschnittlich Einer jedes Jahr unter 41 Einwohnern, in Westflandern Einer unter 37 Einwohnern. Im Jahre 1846 zählt Ostflandern 1 Todesfall auf 35 Einw., Westflandern auf je 31 Seelen. 1847 dagegen stirbt in Ostflandern schon jeder 30ste und in Westflandern -- jeder 26ste Mensch. Die Sterblichkeit in beiden Provinzen hat während der beiden Jahre (46 und 47) gegen die durchschnittliche der vorangehenden 5 Jahre um 8 1/2 % zugenommen. Das ist ein kleines Pröbchen aus der "prosperite toujours croissante" (dem immer steigenden Wohlstande), mit welchem der Koburger jedes Jahr die Kammern eröffnet und den die ministeriellen Journale tagtäglich dem geliebten Volke anzupreisen wissen. Jener "immerfort steigende Wohlstand" wird noch besser in die Augen springen, wenn wir die Sterblichkeit einzelner Arrondissements folgen lassen:
Die Sterblichkeit wuchs noch in den ersten Monaten des Jahres 1848. Im ganzen Lande starben während 1846 u. 47 nicht weniger als 228,003 Menschen und die Gesammtbevölkerung betrug 4 Mill. 337,196 Seelen. Sehen wir uns jetzt die "immer steigende Wohlfahrt" des koburgisch-rogier'schen Musterstaates in der Rubrik der Geburten an. In Westflandern gab es 1845 noch 20,796 Geburten, 1846 blos 17,431 u. 1847 nur 16,328.
Für ganz Belgien betrug die Zahl der Geburten im J. 1845 noch 137,012; dagegen im nächsten Jahre nur 119,610 und 1847 blos 118,106. Während der Jahre von 1841-45 kam im Durchschnitt jährlich 1 Geburt auf 32, im J. 1846 auf 36 und 1847 auf 3673 Einwohner. Für die beiden Flandern stellt sich das Verhältniß wie folgt:
Für Limburg, das von 1841-45 jedes Jahr durchschnittlich 1 Geburt auf 34 1/2 Einw. zählte, gab es 1847 nur 1 Geburt auf 41 1/2 Einw. Es läßt sich denken, daß der immer wachsende Wohlstand des hochgepriesenen Musterstaats auch in Betreff der Heirathen hervortritt. In einer 10jährigen Periode (1836-45) wurden jedes Jahr durchschnittlich 29,591 Ehen abgeschlossen; im J. 1846 nur 25,670 u. 1847 blos 24,145. Von 1836-45 kam 1 Heirath auf je 139 E.; 1846 auf je 169 E. u. 1847 auf je 180 Einwohner. Für Westflandern insbesondere:
Für Ostflandern insbesondere:
Der Leser wird den Sinn dieser Zahlen begreifen und aus ihnen die Großsprechereien der vom Ministerium inspirirten "Independance" zu würdigen wissen. So stieß dieses Blättchen erst kürzlich wieder in die Posaune der "prosperite toujours croissante", weil -- nun weil die Gallerien St. Hubert floriren! Ein weniger schamloses Blatt, als L'Independance" würde über diesen Gegenstand lieber geschwiegen, ihn wenigstens nicht als einen Beweis für die steigende Wohlfahrt Belgiens benutzt haben. Denn mit diesen Gallerien hat es die eigene Bewandniß, daß sie das Gegentheil beweisen. Die Geschäftsleute aller Art waren gezwungen, sich in den Gallerien St. Hubert, da sie einmal gebaut waren, ein Lokal zu miethen. Sie mußten nach diesem Mittelpunkt der Stadt ziehen, da sich hier der Hauptverkehr konzentrirte. In ihren bisherigen Verkaufsläden hätten sie bald ihrer eignen Käufer werden müssen. In den Gallerien zusammengedängt haben sie zwar mehr oder weniger Käufer, werden aber bei den hohen Miethpreisen etc., desto schneller bankerott, um immer neuen Miethern Platz zu machen. Nur Einzelne, die mit großen Mitteln operiren und es zum Aushalten haben, machen gute Geschäfte; die übrigen fallen auch hier den Geldsäcken oder der täglich "wachsenden koburgischen Wohlfahrt" zum Opfer. Großbritannien. 68 London, 12. Januar. Zu Manchester fand vorgestern ein großes "Finanzial-Reform-Meeting" statt, auf welchem Cobden zu Gunsten seines neuen Finanzplans eine lange, von der heutigen Times ausführlich mitgetheilte Rede hielt. Wie es sich mehr und mehr herausstellt, ist die Cholera in dem Drouet'schen Armen-Etablissement zu Tooting einzig eine Folge schnöder Bourgeois-Spekulation. Nicht nur war die Anstalt überfüllt, auch die Nahrung und die übrige Verpflegung war schlecht. Anfänglich wurde ein beliebiger Graben in der Nachbarschaft als Grund des Uebels vorgeschützt: die mephitischen Dünste desselben ließen aber die Bewohner von Dorf Tooting gänzlich verschont, und in Drouet's Institut fielen überdies nur die Armenkinder als Opfer der Seuche, kein einziger Erwachsener, nicht eine einzige Person vom Personal des Hrn. Drouet. Herr Drouet wird einen schweren Stand vor den Gerichten haben. Die Bourgeois, obgleich nicht besser als er selbst, sind wüthend, daß er der asiatischen Seuche solchen Vorschub geleistet. 24 London, 11. Januar. Die "Fraternal Demokrats" (die ver"bürderten Demokraten") haben in der neuesten Nummer des "Northern Star" folgende Adresse an die arbeitende Klasse Großbritanniens erlassen: "Brüder Proletarier! Beim Eintritt eines neuen Jahres glauben wir das Stillschweigen brechen zu müssen, das uns seit einiger Zeit durch ungünstige Umstände aufgenöthigt worden. Die Schläge der Tyrannei haben unsre Reihen gelichtet. Schwache Hoffnungen wurden von bittern Täuschungen abgelöst. Gleichwohl begeben wir uns, voll Vertrauen auf unsere Prinzipien und von der Nothwendigkeit rastloser Propaganda tiefüberzeugt, mit steigender Begeisterung von Neuem an's Werk, und sind fest entschlossen, unser Ziel zu verfolgen, bis die Gerechtigkeit ihren vollständigen Triumph feiert. Als an jenem ewig denkwürdigen Tage des 24. Februar die Proletarier von Paris die in Louis Philipp verkörperte Tyrannei und Korruption zu Boden stürzten, da wurden durch Frankreich's Siegesruf und Freudenjubel die Nationen Europa's aus ihrem Schlummer, aus ihrer Betäubung geweckt. Ueberall stand das Volk auf und forderte Anerkennung seiner unveräußerlichen Rechte und den Besitz seiner allzu lang mißkannten und niedergetretnen Freiheiten. In mehrern Gegenden siegte das Volk. Die in der Praxis des Unrechts und aller Schändlichkeiten ergrauten Staatsmänner ententzogen sich fliehend den Ausbrüchen der Rache und dem Zorne des Volks, dessen Geduld sie endlich ermüdet hatten. Die Könige senkten das Haupt vor einer Bewegung, der sie offen die Stirn zu bieten nicht den Muth hatten. Meistens gaben sie nur nach, weil sie die Macht aus ihren Händen gleiten sahen. Das Volk vergaß nach Beendigung des Kampfes ihre Verbrechen und beging den Fehler, denen sein Vertrauen zu bewilligen, die es so lang in Fesseln gehalten. O unheilvoller Irrthum! Vernünftiger wäre es noch, an die Menschlichkeit eines Tigers als an die Freisinnigkeit eines besiegten Gewaltherrschers zu glauben. Eher wär's dem Leoparden möglich, seine Wildheit abzulegen und dem Mohren, seine Haut weiß zu waschen, als den Mördern der Nationen, die Wege der Gerechtigkeit, Humanität und Wahrheit lieb zu gewinnen. Sollte man dieser Behauptung zu widersprechen wagen? Nein, die ganze Geschichte ist da, um darauf zu antworten, falls die Ereignisse der letzten Monate noch nicht hinreichende Belehrung geben sollten! Denkt an die Junitage! Erinnert Euch der an den besiegten Polen im Großherzogthum Posen verübten Scheußlichkeiten! Erinnert Euch der Opfer des Radetzki'schen Triumpheinzuges in Mailand, der Plünderung Messina's auf Befehl eines Königs! Ruft Euch ins Gedächtniß das Bombardement und die Inbrandsteckung Wien's nebst den darauf folgenden Metzeleien durch's Bajonnet oder auf Geheiß der Kriegsgerichte. Ihr, Blum, Messenhauser und Ihr übrigen zahlreichen Opfer, deren rauchendes Blut Rache schreit, Ihr seid die Beweiszeugen, was den Völkern die verderbliche Thorheit der "Vereinbarung" kostet! Wie wahr ist jener Ausspruch Robespierre's: "Wer halbe Revolutionen macht, gräbt sich sein eignes Grab." Die Adresse geht nun zur Schilderung der Zustände Großbritanniens zur Lage der Arbeiter in England über. Sie setzt die Leiden des englischen Volkes und die Verbrechen der beiden Aristokratieen -- der Adels- und der Geldsack-Aristokratie -- unter denen das Volk schmachtet, auseinander. Es wird nachgewiesen, daß es nur des kräftigen Willens bedürfe, um die Unterdrücker zu Boden zu schlagen und endlich wird die Art und Weise entwickelt, in welcher von Seiten der "Fraternal Democrats" die Agitation organisirt werden soll. Die Adresse schließt, wie folgt: "Wir haben uns vorgenommen, den 24. Februar als einen heiligen Tag durch ein Bankett festlich zu begehen. Wir werden alle Demokraten der Hauptstadt dabei vereinigen, um den Heroen der 3 Februartage und den in den 4 Junitagen geschlagenen aber nicht besiegten Prinzipien den Tribut unsrer Dankbarkeit und Huldigung darzubringen. Gruß und Bruderschaft! London, 1. Januar 1849. Spanien. 68 Madrid, 6. Januar. (Cortes) Der ministerielle Sieg ist vollständig. Der Adressentwurf wurde mit 147 gegen 40 Stimmen angenommen. Die Blätter füllen sich mit den langen Reden der einzelnen Parteiführer. Besonders die Gaceta spreizt sich mit einer Rede Narvaez's in Erwiderung Cortina's. Lessepes, Vertreter der französischen Republik, gibt heute einen großen Ball. Die Gerüchte, welche Concha in seinen Kämpfen gegen Cabrera in Catalonien durch den General Villa Longa ersetzen ließen, sind durchaus falsch. Französische Republik. * Paris, 11. Januar. In einer der letzten Sitzungen der Academie des Sciences kam eine interessante Erfindung zur Sprache, die von einem jungen Ingenieur, Namens Testud de Beauregard, herrührt. Er hat eine Dampfmaschine konstruirt, die durch den Dampf des im "sphäroidalen" Zustande befindlichen Wassers bewegt wird. Zum Verständniß muß hierbei bemerkt werden, daß, wenn Wasser auf eine rothglühende Metallplatte gegossen wird, es nicht mit einem Male verdampft, sondern sich in eine Kugelgestalt formt, und, wiewohl mit großer Schnelligkeit sich über die erhitzte Oberfläche bewegend, doch vergleichungsweise langsam verdunstet Dies heißt der "sphäroidale" Zustand; in ihm hört die gewöhnliche Macht der chemischen Affinität auf, und der so erzeugte Dampf scheint andern Gesetzen zu gehorchen, als der gewöhnliche. Beauregard's eben gedachte Maschine ist nur eine Pferdekraft stark, und der Kessel so klein, daß man ihn allenfalls in einer Tasche forttragen kann. Zwei andere ähnliche Maschinen sind in Arbeit, und eine dritte von 400 Pferdekraft wird in England angefertigt. Wie "La Presse" von einem Sachverständigen erfahren hat, wird der Kessel in ein Bad geschmolzenen Bleies gestellt und auf die erhitzte Oberfläche des letzteren Wasser in jedesmal kleiner Quantität gespritzt. Dadurch wird der "sphäroidale" Zustand erzeugt. Obgleich die Temperatur des Wassers hierbei niemals über 190 Grad steigt, so zeigt sich doch die elastische Kraft des Dampfes viel größer als bei dem in gewöhnlicher Art erzeugten Dampfe. -- Wir können sonach erwarten, daß in der Benutzung der Hitze als einer bewegenden Kraft bald eine große Verbesserung eintreten wird. 12 Paris, 10. Jan. (Schluß.) Wenn Guizot in seiner Einleitung sagt, daß er sich selbst vergißt, so wird jedoch der Leser jeden Augenblick an ihn erinnert. Wenn Guizot im Laufe der Entwicklung nachzuweisen sucht, daß die Staaten, welche in die Demokraten d. h. nach Guizot "die Entladung der ganzen menschlichen Natur mit ihren guten und bösen Leidenschaften" hereingebrochen, deshalb gefallen, weil die Regierung ihre Schuldigkeit nicht gethan, weil es ihr an Festigkeit gefehlt, im Kampfe der guten und schlechten Leidenschaften, die erstern festzuhalten und die letztern zu bekämpfen, so ist man jeden Augenblick geneigt zu fragen: und warum ist Guizot gefallen? Oder aber nimmt er seinen Fall als ein fait accompli an, und datirt das Hereinbrechen der Demokratie von dem Siege der Februar-Revolution an? Recht! dann wäre also die paix sociale dasjenige, welches von nun an ein fait accompli noch werden soll. Wie wird aber die paix sociale ein fait accompli? Guizot zeigt es durch Beispiele: Mitten in der Entladung der demokratischen Leidenschaften, mitten "in dem kranken Zustande" kommt irgend ein Napoleon, ein Genie, das mit Gewalt Ordnung und Ruhe herstellt. "Das war das große Verdienst des Despoten", daß er nach innen die Ruhe und nach außen die Nationalität hergestellt hat. Als man in der Kammer den Minister Guizot interpellirte, warum er 1815 die Sache Napoleons, die Sache der nationalen Ehre verlassen und in Gent zur Restauration der Bourbonen intriguirt habe, antwortete er, weil er den Fall Napoleons voraussah. Also Napoleon hatte damals die "paix sociale" gebracht und Guizot verließ ihn, ehe er fiel, weil er seinen Fall voraussah, weil er einen Andern kommen sah, der eine andere "paix sociale" bringen konnte. Wir sehen, daß, wenn wir selbst auf der moralischen Grundlage des Herrn Guizot stehen bleiben, wir zunächst immer einen Intriguanten, einen moralischen Intriguanten entdecken, dessen Sieg über die schlechten Leidenschaften darin besteht, daß er ihnen andere substituirt, daß er an ihre Stelle andere Leidenschaften setzt, die gleichbedeutend mit den erstern, d. h. eben so schlecht sind. Das anfängliche Schlechte, das war die Windhose, die Guizot über's Meer geschleudert hat. Guizot ist über dem Meer; er kann die Windhose nicht wegläugnen: die Windhose ist das fait accompli. Das anfänglich Schlechte ist das Gute geworden. In der Demokratie, welche mit der Windhose das Gute und Schlechte hereingebracht, handelt es sich, das erstere festzuhalten und das letztere zu verbannen. Napoleon, der Kaiser, indem er als Despot auftritt, erreicht dieses Ziel: und derselbe Guizot hat nothwendig, um sich und seine Vergangenheit zu retten, Napoleon zu verläugnen, nachdem er ihn 1815 verrathen hatte. Aber warum wählt der unglückliche Guizot auch das Beispiel Napoleon's? Warum erinnert er an diese unglücklichen Rückerinnerungen? Etwa, weil ein Neffe des Kaisers Präsident der Republik geworden? Sicherlich, der austere intriguant ist lächerlich geworden, das schlimmste, was Einem in Frankreich passiren kann. Er hätte besser gethan, sich an dem Beispiel Washington's zu halten, der die eigentliche Bedeutung der paix sociale so gut gekannt haben soll, weil er gewußt habe, daß man nicht "von unten nach oben regiert". Wir seh'n, Guizot wird immer bestimmter im Feststellen der "paix sociale": die schlimmen Leidenschaften ist das "unten", und dagegen müsse man von oben aus reagiren. Fast sollte man glauben, einen Hansemann-Camphausen sprechen zu hören. Guizot kann nicht leiden, daß man von sozialer Brüderlichkeit spricht. "Nichts führe mehr die Völker ihrem Abgrunde zu, als mit Worten sich abzahlen zu lassen". Es muß heißen: ersten Tage, wo deutsche Regierungen faktisch gegen die Grundrechte protestirt haben, seinen Märzmännern mit einigen Dutzend von Dr. Eisenmann patentirten Reaktionsbrillen zu Hülfe gekommen wäre? 68 Frankfurt, 12. Jan. 150. Sitzung der N.-V. In der östreichischen Frage ist weiter debattirt, aber noch nicht zur Abstimmung geschritten worden. Altona, 8. Jan. Von Seiten des preuß. Oberpost-Amts in Hamburg ist an die Redaktion der „Schleswig-Holsteinischen Zeitung“ die Anzeige gelangt, daß Berliner Bestellungen auf dieselbe nicht ferner ausgeführt werden können, da die „Schlesw.-Holstein. Ztg“ dort nicht mehr eingeführt werden dürfe. Dänemark. Kopenhagen, 6. Jan. In der heutigen Reichsversammlung trug Grundtvig darauf an, dieselbe möge im Namen des dänischen Volkes den Wunsch aussprechen, daß die Regierung ohne fruchtlose Friedensverhandlungen die ganze Kraft des Reiches aufbieten möge, um baldmöglichst den schlesw.-holst. Aufruhr zu unterdrücken und Dänemark volle Gewalt über das Herzogthum Schleswig, als das alte Südjütland, zu verschaffen. Dieser Antrag wurde mit 103 Stimmen gegen 28 abgelehnt. — Italien. 68 Rom. General Zucchi, Bevilacqua und Ricci de Camerata, vom Pabst zu Mitgliedern der Regierung ernannt, haben sich weder mit ihm noch mit dem Cardinals-Collegium verständigen können und sind von Gaeta mit der Erklärung abgereist, daß sie dem Pabst nicht länger dienen könnten. 68 Turin. Das neue Parlament wird den 1. Februar eröffnet werden. Belgien. X Brüssel, 12. Januar. Die Repräsentanten-Kammer des „Musterstaats“ will dies Jahr auch in Betreff des Budgets ein „Muster“ aufstellen. Bei der immer blässer werdenden Finanznoth des Landes, die bisher nur durch successive gaunerische Finanzkniffe einigermaßen verhüllt worden, muß man den Steuerzahlern schließlich noch mit „Ersparungen“ Sand in die Augen streuen. Man fängt aber nicht da an, wo am Meisten zu sparen wäre: beim Militär und den hohen Civilbesoldungen und Sinekuren, sondern bei dem Gehalt der Bischöfe. Diese armen Bischöfe, von denen Einige so kugelrund sind, daß man um sie nach jeder Richtung hin konzentrische Kreise beschreiben könnte, sollen nun als Sündenböcke der Finanznoth herhalten und zur vilis materia dienen, an welcher man die Ersparungs-Experimente vornimmt. Diesen armen Bischöfen, die bisher jährlich die pauvre Summe von 30,000 Fr. — alle Accidenzien abgerechnet — bezogen, will man einige Tausend Frs. abknapsen und sie dem über hohe Steuern knurrenden Volk hinwerfen, um damit zu sagen: seht, wie wir auf Erleichterungen bedacht sind! In der gestrigen Sitzung der Repräsentanten schlug die Stunde der erzbischöflichen Passionszeit. Die religiösen Productionskosten hatten wegen ihrer Höhe schon bei der Centralsection keine Gnade gefunden. Das mit 30,000 Fr. angesetzte Jahresgehalt des heiligen Erz-Bischofs von Mecheln schien ihr eine Verminderung bis zu 21,000 Fr. zuzulassen. Während der hierüber entstandenen Diskussion wollte Hr. Lelièvre es gar auf 18,000 Fr. (4800 Rh. Pr. C.) und das Gehalt der Bischöfe auf 12,000 Fr. festgesetzt wissen. Der als komische Person wohlbekannte Hr. Mérode bewies aus Shakespeare, daß die Besoldung des Erzbischofs unangetastet bleiben, eigentlich aber erhöht werden müsse. Hr. Haerne (ein Geistlicher) betrachtet die vorgeschlagene Verminderung als eine wahre „Gottlosigkeit“ (impiété). Allein trotz aller Anstrengungen der Vorgenannten, wie der Herren de Theux, Deschamps, De Decker etc. wird das erzbischöfliche Gehalt nach dem Antrag der Centralsection auf 21,000 Fr. vermindert. Dagegen bleibt das Gehalt der Bischöfe (75,500 Fr.) unverkürzt. Nach glücklicher Beendigung dieses Ersparungs-Experiments begeben sich die Herren Repräsentanten, mehr satisfaitsdenn je, nach Hause. Unser „Musterstaat“, dessen 18jährige Erbweisheit dem gottbegnadeten Königthum von Potsdam zur Unterlage dienen muß, liefert ein erbauliches Bild, wenn man die Sterblichkeitstabellen von 1841 bis 1847 vergleicht. Die von 1848 sind noch nicht erschienen, sonst würde die Erbauung noch größer sein. Vergleicht man die Zahl der Gestorbenen in den beiden Jahren 1846 u. 1847 mit einander: so finden sich unter den neun Provinzen nur zwei, in welchen die Sterblichkeit nicht auf erstaunliche Weise zugenommen hat. In den sieben andern Provinzen stellt sich das Verhältniß der Sterbefälle zur Bevölkerung wie folgt:
Also starb von 1841-45 in Ostflandern durchschnittlich Einer jedes Jahr unter 41 Einwohnern, in Westflandern Einer unter 37 Einwohnern. Im Jahre 1846 zählt Ostflandern 1 Todesfall auf 35 Einw., Westflandern auf je 31 Seelen. 1847 dagegen stirbt in Ostflandern schon jeder 30ste und in Westflandern — jeder 26ste Mensch. Die Sterblichkeit in beiden Provinzen hat während der beiden Jahre (46 und 47) gegen die durchschnittliche der vorangehenden 5 Jahre um 8 1/2 % zugenommen. Das ist ein kleines Pröbchen aus der »prospérité toujours croissante“ (dem immer steigenden Wohlstande), mit welchem der Koburger jedes Jahr die Kammern eröffnet und den die ministeriellen Journale tagtäglich dem geliebten Volke anzupreisen wissen. Jener „immerfort steigende Wohlstand“ wird noch besser in die Augen springen, wenn wir die Sterblichkeit einzelner Arrondissements folgen lassen:
Die Sterblichkeit wuchs noch in den ersten Monaten des Jahres 1848. Im ganzen Lande starben während 1846 u. 47 nicht weniger als 228,003 Menschen und die Gesammtbevölkerung betrug 4 Mill. 337,196 Seelen. Sehen wir uns jetzt die „immer steigende Wohlfahrt“ des koburgisch-rogier'schen Musterstaates in der Rubrik der Geburten an. In Westflandern gab es 1845 noch 20,796 Geburten, 1846 blos 17,431 u. 1847 nur 16,328.
Für ganz Belgien betrug die Zahl der Geburten im J. 1845 noch 137,012; dagegen im nächsten Jahre nur 119,610 und 1847 blos 118,106. Während der Jahre von 1841-45 kam im Durchschnitt jährlich 1 Geburt auf 32, im J. 1846 auf 36 und 1847 auf 3673 Einwohner. Für die beiden Flandern stellt sich das Verhältniß wie folgt:
Für Limburg, das von 1841-45 jedes Jahr durchschnittlich 1 Geburt auf 34 1/2 Einw. zählte, gab es 1847 nur 1 Geburt auf 41 1/2 Einw. Es läßt sich denken, daß der immer wachsende Wohlstand des hochgepriesenen Musterstaats auch in Betreff der Heirathen hervortritt. In einer 10jährigen Periode (1836-45) wurden jedes Jahr durchschnittlich 29,591 Ehen abgeschlossen; im J. 1846 nur 25,670 u. 1847 blos 24,145. Von 1836-45 kam 1 Heirath auf je 139 E.; 1846 auf je 169 E. u. 1847 auf je 180 Einwohner. Für Westflandern insbesondere:
Für Ostflandern insbesondere:
Der Leser wird den Sinn dieser Zahlen begreifen und aus ihnen die Großsprechereien der vom Ministerium inspirirten „Indépendance“ zu würdigen wissen. So stieß dieses Blättchen erst kürzlich wieder in die Posaune der „prospérité toujours croissante“, weil — nun weil die Gallerien St. Hubert floriren! Ein weniger schamloses Blatt, als L'Indépendance“ würde über diesen Gegenstand lieber geschwiegen, ihn wenigstens nicht als einen Beweis für die steigende Wohlfahrt Belgiens benutzt haben. Denn mit diesen Gallerien hat es die eigene Bewandniß, daß sie das Gegentheil beweisen. Die Geschäftsleute aller Art waren gezwungen, sich in den Gallerien St. Hubert, da sie einmal gebaut waren, ein Lokal zu miethen. Sie mußten nach diesem Mittelpunkt der Stadt ziehen, da sich hier der Hauptverkehr konzentrirte. In ihren bisherigen Verkaufsläden hätten sie bald ihrer eignen Käufer werden müssen. In den Gallerien zusammengedängt haben sie zwar mehr oder weniger Käufer, werden aber bei den hohen Miethpreisen etc., desto schneller bankerott, um immer neuen Miethern Platz zu machen. Nur Einzelne, die mit großen Mitteln operiren und es zum Aushalten haben, machen gute Geschäfte; die übrigen fallen auch hier den Geldsäcken oder der täglich „wachsenden koburgischen Wohlfahrt“ zum Opfer. Großbritannien. 68 London, 12. Januar. Zu Manchester fand vorgestern ein großes „Finanzial-Reform-Meeting“ statt, auf welchem Cobden zu Gunsten seines neuen Finanzplans eine lange, von der heutigen Times ausführlich mitgetheilte Rede hielt. Wie es sich mehr und mehr herausstellt, ist die Cholera in dem Drouet'schen Armen-Etablissement zu Tooting einzig eine Folge schnöder Bourgeois-Spekulation. Nicht nur war die Anstalt überfüllt, auch die Nahrung und die übrige Verpflegung war schlecht. Anfänglich wurde ein beliebiger Graben in der Nachbarschaft als Grund des Uebels vorgeschützt: die mephitischen Dünste desselben ließen aber die Bewohner von Dorf Tooting gänzlich verschont, und in Drouet's Institut fielen überdies nur die Armenkinder als Opfer der Seuche, kein einziger Erwachsener, nicht eine einzige Person vom Personal des Hrn. Drouet. Herr Drouet wird einen schweren Stand vor den Gerichten haben. Die Bourgeois, obgleich nicht besser als er selbst, sind wüthend, daß er der asiatischen Seuche solchen Vorschub geleistet. 24 London, 11. Januar. Die „Fraternal Demokrats“ (die ver„bürderten Demokraten“) haben in der neuesten Nummer des „Northern Star“ folgende Adresse an die arbeitende Klasse Großbritanniens erlassen: „Brüder Proletarier! Beim Eintritt eines neuen Jahres glauben wir das Stillschweigen brechen zu müssen, das uns seit einiger Zeit durch ungünstige Umstände aufgenöthigt worden. Die Schläge der Tyrannei haben unsre Reihen gelichtet. Schwache Hoffnungen wurden von bittern Täuschungen abgelöst. Gleichwohl begeben wir uns, voll Vertrauen auf unsere Prinzipien und von der Nothwendigkeit rastloser Propaganda tiefüberzeugt, mit steigender Begeisterung von Neuem an's Werk, und sind fest entschlossen, unser Ziel zu verfolgen, bis die Gerechtigkeit ihren vollständigen Triumph feiert. Als an jenem ewig denkwürdigen Tage des 24. Februar die Proletarier von Paris die in Louis Philipp verkörperte Tyrannei und Korruption zu Boden stürzten, da wurden durch Frankreich's Siegesruf und Freudenjubel die Nationen Europa's aus ihrem Schlummer, aus ihrer Betäubung geweckt. Ueberall stand das Volk auf und forderte Anerkennung seiner unveräußerlichen Rechte und den Besitz seiner allzu lang mißkannten und niedergetretnen Freiheiten. In mehrern Gegenden siegte das Volk. Die in der Praxis des Unrechts und aller Schändlichkeiten ergrauten Staatsmänner ententzogen sich fliehend den Ausbrüchen der Rache und dem Zorne des Volks, dessen Geduld sie endlich ermüdet hatten. Die Könige senkten das Haupt vor einer Bewegung, der sie offen die Stirn zu bieten nicht den Muth hatten. Meistens gaben sie nur nach, weil sie die Macht aus ihren Händen gleiten sahen. Das Volk vergaß nach Beendigung des Kampfes ihre Verbrechen und beging den Fehler, denen sein Vertrauen zu bewilligen, die es so lang in Fesseln gehalten. O unheilvoller Irrthum! Vernünftiger wäre es noch, an die Menschlichkeit eines Tigers als an die Freisinnigkeit eines besiegten Gewaltherrschers zu glauben. Eher wär's dem Leoparden möglich, seine Wildheit abzulegen und dem Mohren, seine Haut weiß zu waschen, als den Mördern der Nationen, die Wege der Gerechtigkeit, Humanität und Wahrheit lieb zu gewinnen. Sollte man dieser Behauptung zu widersprechen wagen? Nein, die ganze Geschichte ist da, um darauf zu antworten, falls die Ereignisse der letzten Monate noch nicht hinreichende Belehrung geben sollten! Denkt an die Junitage! Erinnert Euch der an den besiegten Polen im Großherzogthum Posen verübten Scheußlichkeiten! Erinnert Euch der Opfer des Radetzki'schen Triumpheinzuges in Mailand, der Plünderung Messina's auf Befehl eines Königs! Ruft Euch ins Gedächtniß das Bombardement und die Inbrandsteckung Wien's nebst den darauf folgenden Metzeleien durch's Bajonnet oder auf Geheiß der Kriegsgerichte. Ihr, Blum, Messenhauser und Ihr übrigen zahlreichen Opfer, deren rauchendes Blut Rache schreit, Ihr seid die Beweiszeugen, was den Völkern die verderbliche Thorheit der „Vereinbarung“ kostet! Wie wahr ist jener Ausspruch Robespierre's: „Wer halbe Revolutionen macht, gräbt sich sein eignes Grab.“ Die Adresse geht nun zur Schilderung der Zustände Großbritanniens zur Lage der Arbeiter in England über. Sie setzt die Leiden des englischen Volkes und die Verbrechen der beiden Aristokratieen — der Adels- und der Geldsack-Aristokratie — unter denen das Volk schmachtet, auseinander. Es wird nachgewiesen, daß es nur des kräftigen Willens bedürfe, um die Unterdrücker zu Boden zu schlagen und endlich wird die Art und Weise entwickelt, in welcher von Seiten der „Fraternal Democrats“ die Agitation organisirt werden soll. Die Adresse schließt, wie folgt: „Wir haben uns vorgenommen, den 24. Februar als einen heiligen Tag durch ein Bankett festlich zu begehen. Wir werden alle Demokraten der Hauptstadt dabei vereinigen, um den Heroen der 3 Februartage und den in den 4 Junitagen geschlagenen aber nicht besiegten Prinzipien den Tribut unsrer Dankbarkeit und Huldigung darzubringen. Gruß und Bruderschaft! London, 1. Januar 1849. Spanien. 68 Madrid, 6. Januar. (Cortes) Der ministerielle Sieg ist vollständig. Der Adressentwurf wurde mit 147 gegen 40 Stimmen angenommen. Die Blätter füllen sich mit den langen Reden der einzelnen Parteiführer. Besonders die Gaceta spreizt sich mit einer Rede Narvaez's in Erwiderung Cortina's. Lessepes, Vertreter der französischen Republik, gibt heute einen großen Ball. Die Gerüchte, welche Concha in seinen Kämpfen gegen Cabrera in Catalonien durch den General Villa Longa ersetzen ließen, sind durchaus falsch. Französische Republik. * Paris, 11. Januar. In einer der letzten Sitzungen der Académie des Sciences kam eine interessante Erfindung zur Sprache, die von einem jungen Ingenieur, Namens Testud de Beauregard, herrührt. Er hat eine Dampfmaschine konstruirt, die durch den Dampf des im „sphäroidalen“ Zustande befindlichen Wassers bewegt wird. Zum Verständniß muß hierbei bemerkt werden, daß, wenn Wasser auf eine rothglühende Metallplatte gegossen wird, es nicht mit einem Male verdampft, sondern sich in eine Kugelgestalt formt, und, wiewohl mit großer Schnelligkeit sich über die erhitzte Oberfläche bewegend, doch vergleichungsweise langsam verdunstet Dies heißt der „sphäroidale“ Zustand; in ihm hört die gewöhnliche Macht der chemischen Affinität auf, und der so erzeugte Dampf scheint andern Gesetzen zu gehorchen, als der gewöhnliche. Beauregard's eben gedachte Maschine ist nur eine Pferdekraft stark, und der Kessel so klein, daß man ihn allenfalls in einer Tasche forttragen kann. Zwei andere ähnliche Maschinen sind in Arbeit, und eine dritte von 400 Pferdekraft wird in England angefertigt. Wie „La Presse“ von einem Sachverständigen erfahren hat, wird der Kessel in ein Bad geschmolzenen Bleies gestellt und auf die erhitzte Oberfläche des letzteren Wasser in jedesmal kleiner Quantität gespritzt. Dadurch wird der „sphäroidale“ Zustand erzeugt. Obgleich die Temperatur des Wassers hierbei niemals über 190 Grad steigt, so zeigt sich doch die elastische Kraft des Dampfes viel größer als bei dem in gewöhnlicher Art erzeugten Dampfe. — Wir können sonach erwarten, daß in der Benutzung der Hitze als einer bewegenden Kraft bald eine große Verbesserung eintreten wird. 12 Paris, 10. Jan. (Schluß.) Wenn Guizot in seiner Einleitung sagt, daß er sich selbst vergißt, so wird jedoch der Leser jeden Augenblick an ihn erinnert. Wenn Guizot im Laufe der Entwicklung nachzuweisen sucht, daß die Staaten, welche in die Demokraten d. h. nach Guizot „die Entladung der ganzen menschlichen Natur mit ihren guten und bösen Leidenschaften“ hereingebrochen, deshalb gefallen, weil die Regierung ihre Schuldigkeit nicht gethan, weil es ihr an Festigkeit gefehlt, im Kampfe der guten und schlechten Leidenschaften, die erstern festzuhalten und die letztern zu bekämpfen, so ist man jeden Augenblick geneigt zu fragen: und warum ist Guizot gefallen? Oder aber nimmt er seinen Fall als ein fait accompli an, und datirt das Hereinbrechen der Demokratie von dem Siege der Februar-Revolution an? Recht! dann wäre also die paix sociale dasjenige, welches von nun an ein fait accompli noch werden soll. Wie wird aber die paix sociale ein fait accompli? Guizot zeigt es durch Beispiele: Mitten in der Entladung der demokratischen Leidenschaften, mitten „in dem kranken Zustande“ kommt irgend ein Napoleon, ein Genie, das mit Gewalt Ordnung und Ruhe herstellt. „Das war das große Verdienst des Despoten“, daß er nach innen die Ruhe und nach außen die Nationalität hergestellt hat. Als man in der Kammer den Minister Guizot interpellirte, warum er 1815 die Sache Napoleons, die Sache der nationalen Ehre verlassen und in Gent zur Restauration der Bourbonen intriguirt habe, antwortete er, weil er den Fall Napoleons voraussah. Also Napoleon hatte damals die „paix sociale“ gebracht und Guizot verließ ihn, ehe er fiel, weil er seinen Fall voraussah, weil er einen Andern kommen sah, der eine andere „paix sociale“ bringen konnte. Wir sehen, daß, wenn wir selbst auf der moralischen Grundlage des Herrn Guizot stehen bleiben, wir zunächst immer einen Intriguanten, einen moralischen Intriguanten entdecken, dessen Sieg über die schlechten Leidenschaften darin besteht, daß er ihnen andere substituirt, daß er an ihre Stelle andere Leidenschaften setzt, die gleichbedeutend mit den erstern, d. h. eben so schlecht sind. Das anfängliche Schlechte, das war die Windhose, die Guizot über's Meer geschleudert hat. Guizot ist über dem Meer; er kann die Windhose nicht wegläugnen: die Windhose ist das fait accompli. Das anfänglich Schlechte ist das Gute geworden. In der Demokratie, welche mit der Windhose das Gute und Schlechte hereingebracht, handelt es sich, das erstere festzuhalten und das letztere zu verbannen. Napoleon, der Kaiser, indem er als Despot auftritt, erreicht dieses Ziel: und derselbe Guizot hat nothwendig, um sich und seine Vergangenheit zu retten, Napoleon zu verläugnen, nachdem er ihn 1815 verrathen hatte. Aber warum wählt der unglückliche Guizot auch das Beispiel Napoleon's? Warum erinnert er an diese unglücklichen Rückerinnerungen? Etwa, weil ein Neffe des Kaisers Präsident der Republik geworden? Sicherlich, der austère intriguant ist lächerlich geworden, das schlimmste, was Einem in Frankreich passiren kann. Er hätte besser gethan, sich an dem Beispiel Washington's zu halten, der die eigentliche Bedeutung der paix sociale so gut gekannt haben soll, weil er gewußt habe, daß man nicht „von unten nach oben regiert“. Wir seh'n, Guizot wird immer bestimmter im Feststellen der „paix sociale“: die schlimmen Leidenschaften ist das „unten“, und dagegen müsse man von oben aus reagiren. Fast sollte man glauben, einen Hansemann-Camphausen sprechen zu hören. Guizot kann nicht leiden, daß man von sozialer Brüderlichkeit spricht. „Nichts führe mehr die Völker ihrem Abgrunde zu, als mit Worten sich abzahlen zu lassen“. Es muß heißen: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar195-2_002" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1060"/> ersten Tage, wo deutsche Regierungen faktisch gegen die Grundrechte protestirt haben, seinen Märzmännern mit einigen Dutzend von Dr. Eisenmann patentirten Reaktionsbrillen zu Hülfe gekommen wäre?</p> </div> <div xml:id="ar195-2_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>68</author></bibl> Frankfurt, 12. Jan.</head> <p>150. Sitzung der N.-V. In der östreichischen Frage ist weiter debattirt, aber noch nicht zur Abstimmung geschritten worden.</p> </div> <div xml:id="ar195-2_004" type="jArticle"> <head>Altona, 8. Jan.</head> <p>Von Seiten des preuß. Oberpost-Amts in Hamburg ist an die Redaktion der „Schleswig-Holsteinischen Zeitung“ die Anzeige gelangt, daß Berliner Bestellungen auf dieselbe nicht ferner ausgeführt werden können, da die „Schlesw.-Holstein. Ztg“ dort nicht mehr eingeführt werden dürfe.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Dänemark.</head> <div xml:id="ar195-2_005" type="jArticle"> <head>Kopenhagen, 6. Jan.</head> <p>In der heutigen Reichsversammlung trug Grundtvig darauf an, dieselbe möge im Namen des dänischen Volkes den Wunsch aussprechen, daß die Regierung ohne fruchtlose Friedensverhandlungen die ganze Kraft des Reiches aufbieten möge, um baldmöglichst den schlesw.-holst. Aufruhr zu unterdrücken und Dänemark volle Gewalt über das Herzogthum Schleswig, als das alte Südjütland, zu verschaffen. Dieser Antrag wurde mit 103 Stimmen gegen 28 abgelehnt. —</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar195-2_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>68</author></bibl> Rom.</head> <p>General Zucchi, Bevilacqua und Ricci de Camerata, vom Pabst zu Mitgliedern der Regierung ernannt, haben sich weder mit ihm noch mit dem Cardinals-Collegium verständigen können und sind von Gaeta mit der Erklärung abgereist, daß sie dem Pabst nicht länger dienen könnten.</p> </div> <div xml:id="ar195-2_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>68</author></bibl> Turin.</head> <p>Das neue Parlament wird den 1. Februar eröffnet werden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Belgien.</head> <div xml:id="ar195-2_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Brüssel, 12. Januar.</head> <p>Die Repräsentanten-Kammer des „Musterstaats“ will dies Jahr auch in Betreff des Budgets ein „Muster“ aufstellen. Bei der immer blässer werdenden Finanznoth des Landes, die bisher nur durch successive gaunerische Finanzkniffe einigermaßen verhüllt worden, muß man den Steuerzahlern schließlich noch mit „Ersparungen“ Sand in die Augen streuen. Man fängt aber nicht da an, wo am Meisten zu sparen wäre: beim Militär und den hohen Civilbesoldungen und Sinekuren, sondern bei dem Gehalt der Bischöfe.</p> <p>Diese armen Bischöfe, von denen Einige so kugelrund sind, daß man um sie nach jeder Richtung hin konzentrische Kreise beschreiben könnte, sollen nun als Sündenböcke der Finanznoth herhalten und zur vilis materia dienen, an welcher man die Ersparungs-Experimente vornimmt. Diesen armen Bischöfen, die bisher jährlich die pauvre Summe von 30,000 Fr. — alle Accidenzien abgerechnet — bezogen, will man einige Tausend Frs. abknapsen und sie dem über hohe Steuern knurrenden Volk hinwerfen, um damit zu sagen: seht, wie wir auf Erleichterungen bedacht sind!</p> <p>In der gestrigen Sitzung der Repräsentanten schlug die Stunde der erzbischöflichen Passionszeit. Die religiösen Productionskosten hatten wegen ihrer Höhe schon bei der Centralsection keine Gnade gefunden. Das mit 30,000 Fr. angesetzte Jahresgehalt des heiligen Erz-Bischofs von Mecheln schien ihr eine Verminderung bis zu 21,000 Fr. zuzulassen. Während der hierüber entstandenen Diskussion wollte Hr. Lelièvre es gar auf 18,000 Fr. (4800 Rh. Pr. C.) und das Gehalt der Bischöfe auf 12,000 Fr. festgesetzt wissen. Der als komische Person wohlbekannte Hr. Mérode bewies aus Shakespeare, daß die Besoldung des Erzbischofs unangetastet bleiben, eigentlich aber erhöht werden müsse. Hr. Haerne (ein Geistlicher) betrachtet die vorgeschlagene Verminderung als eine wahre „Gottlosigkeit“ (impiété). Allein trotz aller Anstrengungen der Vorgenannten, wie der Herren de Theux, Deschamps, De Decker etc. wird das erzbischöfliche Gehalt nach dem Antrag der Centralsection auf 21,000 Fr. vermindert. Dagegen bleibt das Gehalt der Bischöfe (75,500 Fr.) unverkürzt. Nach glücklicher Beendigung dieses Ersparungs-Experiments begeben sich die Herren Repräsentanten, mehr satisfaitsdenn je, nach Hause.</p> <p>Unser „Musterstaat“, dessen 18jährige Erbweisheit dem gottbegnadeten Königthum von Potsdam zur Unterlage dienen muß, liefert ein erbauliches Bild, wenn man die Sterblichkeitstabellen von 1841 bis 1847 vergleicht. Die von 1848 sind noch nicht erschienen, sonst würde die Erbauung noch größer sein.</p> <p>Vergleicht man die Zahl der Gestorbenen in den beiden Jahren 1846 u. 1847 mit einander: so finden sich unter den neun Provinzen nur zwei, in welchen die Sterblichkeit nicht auf erstaunliche Weise zugenommen hat. In den sieben andern Provinzen stellt sich das Verhältniß der Sterbefälle zur Bevölkerung wie folgt:</p> <table> <row> <cell/> <cell/> <cell>Im Durchschnitt<lb/> 5 Jahre von</cell> <cell>für die<lb/> 1841-45</cell> <cell>für<lb/> 1846</cell> <cell>für<lb/> 1847</cell> </row> <row> <cell>Brabant</cell> <cell/> <cell>4341</cell> <cell>— —</cell> <cell>3980</cell> <cell> 3703</cell> </row> <row> <cell>Ostflandern</cell> <cell/> <cell>3720</cell> <cell>— —</cell> <cell>3137</cell> <cell> 2588</cell> </row> <row> <cell>Westflandern</cell> <cell/> <cell>4124</cell> <cell>— —</cell> <cell>3549</cell> <cell> 3052</cell> </row> <row> <cell>Hennegau</cell> <cell/> <cell>4862</cell> <cell>— —</cell> <cell>4640</cell> <cell> 4397</cell> </row> <row> <cell>Lüttich</cell> <cell/> <cell>4540</cell> <cell>— —</cell> <cell>4540</cell> <cell> 4043</cell> </row> <row> <cell>Limburg</cell> <cell/> <cell>4617</cell> <cell>— —</cell> <cell>4684</cell> <cell> 4143</cell> </row> <row> <cell>Namur</cell> <cell/> <cell>5723</cell> <cell>— —</cell> <cell>5592</cell> <cell> 4974</cell> </row> </table> <p>Also starb von 1841-45 in Ostflandern durchschnittlich Einer jedes Jahr unter 41 Einwohnern, in Westflandern Einer unter 37 Einwohnern.</p> <p>Im Jahre 1846 zählt Ostflandern 1 Todesfall auf 35 Einw., Westflandern auf je 31 Seelen.</p> <p>1847 dagegen stirbt in Ostflandern schon jeder 30ste und in Westflandern — jeder 26ste Mensch. Die Sterblichkeit in beiden Provinzen hat während der beiden Jahre (46 und 47) gegen die durchschnittliche der vorangehenden 5 Jahre um 8 1/2 % zugenommen. Das ist ein kleines Pröbchen aus der »prospérité toujours croissante“ (dem immer steigenden Wohlstande), mit welchem der Koburger jedes Jahr die Kammern eröffnet und den die ministeriellen Journale tagtäglich dem geliebten Volke anzupreisen wissen.</p> <p>Jener „immerfort steigende Wohlstand“ wird noch besser in die Augen springen, wenn wir die Sterblichkeit einzelner Arrondissements folgen lassen:</p> <table> <row> <cell>Im J. 1847 starb im</cell> </row> <row> <cell>Arrondissement von Thielt (<hi rendition="#g">Westflandern</hi>) jeder 19te Mensch.</cell> </row> <row> <cell>Arrondissement von Roulers (<hi rendition="#g">Westflandern</hi>) jeder 20ste Mensch.</cell> </row> <row> <cell>Arrondissement von Kortryk (<hi rendition="#g">Westflandern</hi>) jeder 25ste Mensch.</cell> </row> <row> <cell>Arrondissement von Brügge (<hi rendition="#g">Westflandern</hi>) jeder 30ste Mensch.</cell> </row> </table> <p>Die Sterblichkeit wuchs noch in den ersten Monaten des Jahres 1848.</p> <p>Im ganzen Lande starben während 1846 u. 47 nicht weniger als 228,003 Menschen und die Gesammtbevölkerung betrug 4 Mill. 337,196 Seelen.</p> <p>Sehen wir uns jetzt die „immer steigende Wohlfahrt“ des koburgisch-rogier'schen Musterstaates in der Rubrik der <hi rendition="#g">Geburten</hi> an.</p> <p>In Westflandern gab es 1845 noch 20,796 Geburten, 1846 blos 17,431 u. 1847 nur 16,328.</p> <table> <row> <cell> In Ostflandern wurden 1845 geboren: 24,458</cell> </row> <row> <cell>In Ostflandern wurden 1846 geboren: 20,807</cell> </row> <row> <cell>In Ostflandern wurden 1847 geboren: 19,686</cell> </row> <row> <cell>Prov. <hi rendition="#g">Limburg</hi>. Im J. 1845 geboren: 5352</cell> </row> <row> <cell>Im J. 1846 geboren: 4810</cell> </row> <row> <cell>Im J. 1847 geboren: 4491</cell> </row> <row> <cell>Prov. <hi rendition="#g">Hennegau</hi>. Im J. 1845 geboren: 21,858</cell> </row> <row> <cell>Im J. 1846 geboren: 19,364</cell> </row> <row> <cell>Im J. 1847 geboren: 19,400</cell> </row> </table> <p>Für ganz Belgien betrug die Zahl der Geburten im J. 1845 noch 137,012; dagegen im nächsten Jahre nur 119,610 und 1847 blos 118,106. Während der Jahre von 1841-45 kam im Durchschnitt jährlich 1 Geburt auf 32, im J. 1846 auf 36 und 1847 auf 3673 Einwohner.</p> <p>Für die beiden Flandern stellt sich das Verhältniß wie folgt:</p> <table> <row> <cell>von 1841-45 durchschnittl. jedes Jahr 1 Geburt auf 32 Einw.</cell> </row> <row> <cell>im Jahr 1846 1 Geburt auf 37 1/2 Einw.</cell> </row> <row> <cell>im Jahr 1847 1 Geburt auf 39 3/4 Einw.</cell> </row> <row> <cell>Für Ostflandern speziell:</cell> </row> <row> <cell>im Jahr 1846 1 Geburt auf 38 Einw.</cell> </row> <row> <cell>im Jahr 1847 1 Geburt auf 40 Einw.</cell> </row> </table> <p>Für Limburg, das von 1841-45 jedes Jahr durchschnittlich 1 Geburt auf 34 1/2 Einw. zählte, gab es 1847 nur 1 Geburt auf 41 1/2 Einw.</p> <p>Es läßt sich denken, daß der immer wachsende Wohlstand des hochgepriesenen Musterstaats auch in Betreff der Heirathen hervortritt.</p> <p>In einer 10jährigen Periode (1836-45) wurden jedes Jahr durchschnittlich 29,591 Ehen abgeschlossen; im J. 1846 nur 25,670 u. 1847 blos 24,145.</p> <p>Von 1836-45 kam 1 Heirath auf je 139 E.; 1846 auf je 169 E. u. 1847 auf je 180 Einwohner.</p> <p>Für <hi rendition="#g">Westflandern</hi> insbesondere:</p> <table> <row> <cell>im Jahre 1845 zählte es 1 Heirath auf 158 Einwohner</cell> </row> <row> <cell>im Jahre 1846 zählte es 1 Heirath auf 192 Einwohner</cell> </row> <row> <cell>im Jahre 1847 zählte es 1 Heirath auf 213 Einwohner</cell> </row> </table> <p>Für <hi rendition="#g">Ostflandern</hi> insbesondere:</p> <table> <row> <cell>im J. 1845 zählte es 1 Heirath auf 162 Einwohner</cell> </row> <row> <cell>im J. 1846 zählte es 1 Heirath auf 196 Einwohner</cell> </row> <row> <cell>im J. 1847 zählte es 1 Heirath auf 224 Einwohner</cell> </row> </table> <p>Der Leser wird den Sinn dieser Zahlen begreifen und aus ihnen die Großsprechereien der vom Ministerium inspirirten „Indépendance“ zu würdigen wissen. So stieß dieses Blättchen erst kürzlich wieder in die Posaune der „prospérité toujours croissante“, weil — nun weil die Gallerien St. Hubert floriren! Ein weniger schamloses Blatt, als L'Indépendance“ würde über diesen Gegenstand lieber geschwiegen, ihn wenigstens nicht als einen Beweis für die steigende Wohlfahrt Belgiens benutzt haben. Denn mit diesen Gallerien hat es die eigene Bewandniß, daß sie das Gegentheil beweisen. Die Geschäftsleute aller Art waren gezwungen, sich in den Gallerien St. Hubert, da sie einmal gebaut waren, ein Lokal zu miethen. Sie mußten nach diesem Mittelpunkt der Stadt ziehen, da sich hier der Hauptverkehr konzentrirte. In ihren bisherigen Verkaufsläden hätten sie bald ihrer eignen Käufer werden müssen. In den Gallerien zusammengedängt haben sie zwar mehr oder weniger Käufer, werden aber bei den hohen Miethpreisen etc., desto schneller bankerott, um immer neuen Miethern Platz zu machen. Nur Einzelne, die mit großen Mitteln operiren und es zum Aushalten haben, machen gute Geschäfte; die übrigen fallen auch hier den Geldsäcken oder der täglich „wachsenden koburgischen Wohlfahrt“ zum Opfer.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar195-2_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>68</author></bibl> London, 12. Januar.</head> <p>Zu Manchester fand vorgestern ein großes „Finanzial-Reform-Meeting“ statt, auf welchem Cobden zu Gunsten seines neuen Finanzplans eine lange, von der heutigen Times ausführlich mitgetheilte Rede hielt.</p> <p>Wie es sich mehr und mehr herausstellt, ist die Cholera in dem Drouet'schen Armen-Etablissement zu Tooting einzig eine Folge schnöder Bourgeois-Spekulation. Nicht nur war die Anstalt überfüllt, auch die Nahrung und die übrige Verpflegung war schlecht. Anfänglich wurde ein beliebiger Graben in der Nachbarschaft als Grund des Uebels vorgeschützt: die mephitischen Dünste desselben ließen aber die Bewohner von <hi rendition="#g">Dorf</hi> Tooting gänzlich verschont, und in Drouet's Institut fielen überdies <hi rendition="#g">nur</hi> die Armenkinder als Opfer der Seuche, kein einziger Erwachsener, nicht eine einzige Person vom Personal des Hrn. Drouet. Herr Drouet wird einen schweren Stand vor den Gerichten haben. Die Bourgeois, obgleich nicht besser als er selbst, sind wüthend, daß er der asiatischen Seuche solchen Vorschub geleistet.</p> </div> <div xml:id="ar195-2_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> London, 11. Januar.</head> <p>Die „Fraternal Demokrats“ (die ver„bürderten Demokraten“) haben in der neuesten Nummer des „Northern Star“ folgende Adresse an die arbeitende Klasse Großbritanniens erlassen:</p> <p>„Brüder Proletarier!</p> <p>Beim Eintritt eines neuen Jahres glauben wir das Stillschweigen brechen zu müssen, das uns seit einiger Zeit durch ungünstige Umstände aufgenöthigt worden.</p> <p>Die Schläge der Tyrannei haben unsre Reihen gelichtet. Schwache Hoffnungen wurden von bittern Täuschungen abgelöst. Gleichwohl begeben wir uns, voll Vertrauen auf unsere Prinzipien und von der Nothwendigkeit rastloser Propaganda tiefüberzeugt, mit steigender Begeisterung von Neuem an's Werk, und sind fest entschlossen, unser Ziel zu verfolgen, bis die Gerechtigkeit ihren vollständigen Triumph feiert.</p> <p>Als an jenem ewig denkwürdigen Tage des 24. Februar die Proletarier von Paris die in Louis Philipp verkörperte Tyrannei und Korruption zu Boden stürzten, da wurden durch Frankreich's Siegesruf und Freudenjubel die Nationen Europa's aus ihrem Schlummer, aus ihrer Betäubung geweckt. Ueberall stand das Volk auf und forderte Anerkennung seiner unveräußerlichen Rechte und den Besitz seiner allzu lang mißkannten und niedergetretnen Freiheiten.</p> <p>In mehrern Gegenden siegte das Volk. Die in der Praxis des Unrechts und aller Schändlichkeiten ergrauten Staatsmänner ententzogen sich fliehend den Ausbrüchen der Rache und dem Zorne des Volks, dessen Geduld sie endlich ermüdet hatten. Die Könige senkten das Haupt vor einer Bewegung, der sie offen die Stirn zu bieten nicht den Muth hatten. Meistens gaben sie nur nach, weil sie die Macht aus ihren Händen gleiten sahen. Das Volk vergaß nach Beendigung des Kampfes ihre Verbrechen und beging den Fehler, denen sein Vertrauen zu bewilligen, die es so lang in Fesseln gehalten. O unheilvoller Irrthum!</p> <p>Vernünftiger wäre es noch, an die Menschlichkeit eines Tigers als an die Freisinnigkeit eines besiegten Gewaltherrschers zu glauben. Eher wär's dem Leoparden möglich, seine Wildheit abzulegen und dem Mohren, seine Haut weiß zu waschen, als den Mördern der Nationen, die Wege der Gerechtigkeit, Humanität und Wahrheit lieb zu gewinnen.</p> <p>Sollte man dieser Behauptung zu widersprechen wagen? Nein, die ganze Geschichte ist da, um darauf zu antworten, falls die Ereignisse der letzten Monate noch nicht hinreichende Belehrung geben sollten!</p> <p>Denkt an die Junitage! Erinnert Euch der an den besiegten Polen im Großherzogthum Posen verübten Scheußlichkeiten! Erinnert Euch der Opfer des Radetzki'schen Triumpheinzuges in Mailand, der Plünderung Messina's auf Befehl eines Königs! Ruft Euch ins Gedächtniß das Bombardement und die Inbrandsteckung Wien's nebst den darauf folgenden Metzeleien durch's Bajonnet oder auf Geheiß der Kriegsgerichte. Ihr, Blum, Messenhauser und Ihr übrigen zahlreichen Opfer, deren rauchendes Blut Rache schreit, Ihr seid die Beweiszeugen, was den Völkern die verderbliche Thorheit der „<hi rendition="#g">Vereinbarung</hi>“ kostet!</p> <p>Wie wahr ist jener Ausspruch Robespierre's: „Wer halbe Revolutionen macht, gräbt sich sein eignes Grab.“</p> <p>Die Adresse geht nun zur Schilderung der Zustände Großbritanniens zur Lage der Arbeiter in England über. Sie setzt die Leiden des englischen Volkes und die Verbrechen der beiden Aristokratieen — der Adels- und der Geldsack-Aristokratie — unter denen das Volk schmachtet, auseinander.</p> <p>Es wird nachgewiesen, daß es nur des kräftigen Willens bedürfe, um die Unterdrücker zu Boden zu schlagen und endlich wird die Art und Weise entwickelt, in welcher von Seiten der „Fraternal Democrats“ die Agitation organisirt werden soll. Die Adresse schließt, wie folgt:</p> <p>„Wir haben uns vorgenommen, den 24. Februar als einen heiligen Tag durch ein Bankett festlich zu begehen. Wir werden alle Demokraten der Hauptstadt dabei vereinigen, um den Heroen der 3 Februartage und den in den 4 Junitagen geschlagenen aber nicht besiegten Prinzipien den Tribut unsrer Dankbarkeit und Huldigung darzubringen.</p> <p rendition="#et">Gruß und Bruderschaft!<lb/> Das Komite.<lb/> Samuel Kydd, Henry Ross, Edwin Gill, Charles Keen, G. Julian Harney, Sekretär.“</p> <p>London, 1. Januar 1849.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Spanien.</head> <div xml:id="ar195-2_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>68</author></bibl> Madrid, 6. Januar.</head> <p>(Cortes) Der ministerielle Sieg ist vollständig. Der Adressentwurf wurde mit 147 gegen 40 Stimmen angenommen.</p> <p>Die Blätter füllen sich mit den langen Reden der einzelnen Parteiführer. Besonders die Gaceta spreizt sich mit einer Rede Narvaez's in Erwiderung Cortina's.</p> <p>Lessepes, Vertreter der französischen Republik, gibt heute einen großen Ball.</p> <p>Die Gerüchte, welche Concha in seinen Kämpfen gegen Cabrera in Catalonien durch den General Villa Longa ersetzen ließen, sind durchaus falsch.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar195-2_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris, 11. Januar.</head> <p>In einer der letzten Sitzungen der Académie des Sciences kam eine interessante Erfindung zur Sprache, die von einem jungen Ingenieur, Namens Testud de Beauregard, herrührt. Er hat eine Dampfmaschine konstruirt, die durch den Dampf des im „sphäroidalen“ Zustande befindlichen Wassers bewegt wird. Zum Verständniß muß hierbei bemerkt werden, daß, wenn Wasser auf eine rothglühende Metallplatte gegossen wird, es nicht mit einem Male verdampft, sondern sich in eine Kugelgestalt formt, und, wiewohl mit großer Schnelligkeit sich über die erhitzte Oberfläche bewegend, doch vergleichungsweise langsam verdunstet Dies heißt der „sphäroidale“ Zustand; in ihm hört die gewöhnliche Macht der chemischen Affinität auf, und der so erzeugte Dampf scheint andern Gesetzen zu gehorchen, als der gewöhnliche. Beauregard's eben gedachte Maschine ist nur eine Pferdekraft stark, und der Kessel so klein, daß man ihn allenfalls in einer Tasche forttragen kann. Zwei andere ähnliche Maschinen sind in Arbeit, und eine dritte von 400 Pferdekraft wird in England angefertigt. Wie „La Presse“ von einem Sachverständigen erfahren hat, wird der Kessel in ein Bad geschmolzenen Bleies gestellt und auf die erhitzte Oberfläche des letzteren Wasser in jedesmal kleiner Quantität gespritzt. Dadurch wird der „sphäroidale“ Zustand erzeugt. Obgleich die Temperatur des Wassers hierbei niemals über 190 Grad steigt, so zeigt sich doch die elastische Kraft des Dampfes viel größer als bei dem in gewöhnlicher Art erzeugten Dampfe. — Wir können sonach erwarten, daß in der Benutzung der Hitze als einer bewegenden Kraft bald eine große Verbesserung eintreten wird.</p> </div> <div xml:id="ar195-2_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 10. Jan.</head> <p>(<hi rendition="#g">Schluß</hi>.) Wenn Guizot in seiner Einleitung sagt, daß er sich selbst vergißt, so wird jedoch der Leser jeden Augenblick an ihn erinnert. Wenn Guizot im Laufe der Entwicklung nachzuweisen sucht, daß die Staaten, welche in die Demokraten d. h. nach Guizot „die Entladung der ganzen menschlichen Natur mit ihren guten und bösen Leidenschaften“ hereingebrochen, deshalb gefallen, weil die Regierung ihre Schuldigkeit nicht gethan, weil es ihr an Festigkeit gefehlt, im Kampfe der guten und schlechten Leidenschaften, die erstern festzuhalten und die letztern zu bekämpfen, so ist man jeden Augenblick geneigt zu fragen: und warum ist Guizot gefallen? Oder aber nimmt er seinen Fall als ein fait accompli an, und datirt das Hereinbrechen der Demokratie von dem Siege der Februar-Revolution an? Recht! dann wäre also die paix sociale dasjenige, welches von nun an ein fait accompli noch werden soll. Wie wird aber die paix sociale ein fait accompli? Guizot zeigt es durch Beispiele: Mitten in der Entladung der demokratischen Leidenschaften, mitten „in dem kranken Zustande“ kommt irgend ein Napoleon, ein Genie, das mit Gewalt Ordnung und Ruhe herstellt. „Das war das große Verdienst des Despoten“, daß er nach innen die Ruhe und nach außen die Nationalität hergestellt hat. Als man in der Kammer den Minister Guizot interpellirte, warum er 1815 die Sache Napoleons, die Sache der nationalen Ehre verlassen und in Gent zur Restauration der Bourbonen intriguirt habe, antwortete er, weil er den Fall Napoleons voraussah. Also Napoleon hatte damals die „paix sociale“ gebracht und Guizot verließ ihn, ehe er fiel, weil er seinen Fall voraussah, weil er einen Andern kommen sah, der eine andere „paix sociale“ bringen konnte. Wir sehen, daß, wenn wir selbst auf der moralischen Grundlage des Herrn Guizot stehen bleiben, wir zunächst immer einen Intriguanten, einen moralischen Intriguanten entdecken, dessen Sieg über die schlechten Leidenschaften darin besteht, daß er ihnen andere substituirt, daß er an ihre Stelle andere Leidenschaften setzt, die gleichbedeutend mit den erstern, d. h. eben so schlecht sind.</p> <p>Das anfängliche Schlechte, das war die Windhose, die Guizot über's Meer geschleudert hat. Guizot ist über dem Meer; er kann die Windhose nicht wegläugnen: die Windhose ist das fait accompli. Das anfänglich Schlechte ist das Gute geworden. In der Demokratie, welche mit der Windhose das Gute und Schlechte hereingebracht, handelt es sich, das erstere festzuhalten und das letztere zu verbannen. Napoleon, der Kaiser, indem er als Despot auftritt, erreicht dieses Ziel: und derselbe Guizot hat nothwendig, um sich und seine Vergangenheit zu retten, Napoleon zu verläugnen, nachdem er ihn 1815 verrathen hatte. Aber warum wählt der unglückliche Guizot auch das Beispiel Napoleon's? Warum erinnert er an diese unglücklichen Rückerinnerungen? Etwa, weil ein Neffe des Kaisers Präsident der Republik geworden? Sicherlich, der austère intriguant ist lächerlich geworden, das schlimmste, was Einem in Frankreich passiren kann. Er hätte besser gethan, sich an dem Beispiel Washington's zu halten, der die eigentliche Bedeutung der paix sociale so gut gekannt haben soll, weil er gewußt habe, daß man nicht „von unten nach oben regiert“. Wir seh'n, Guizot wird immer bestimmter im Feststellen der „paix sociale“: die schlimmen Leidenschaften ist das „unten“, und dagegen müsse man von oben aus reagiren.</p> <p>Fast sollte man glauben, einen Hansemann-Camphausen sprechen zu hören. Guizot kann nicht leiden, daß man von sozialer Brüderlichkeit spricht. „Nichts führe mehr die Völker ihrem Abgrunde zu, als mit Worten sich abzahlen zu lassen“. Es muß heißen: </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1060/0002]
ersten Tage, wo deutsche Regierungen faktisch gegen die Grundrechte protestirt haben, seinen Märzmännern mit einigen Dutzend von Dr. Eisenmann patentirten Reaktionsbrillen zu Hülfe gekommen wäre?
68 Frankfurt, 12. Jan. 150. Sitzung der N.-V. In der östreichischen Frage ist weiter debattirt, aber noch nicht zur Abstimmung geschritten worden.
Altona, 8. Jan. Von Seiten des preuß. Oberpost-Amts in Hamburg ist an die Redaktion der „Schleswig-Holsteinischen Zeitung“ die Anzeige gelangt, daß Berliner Bestellungen auf dieselbe nicht ferner ausgeführt werden können, da die „Schlesw.-Holstein. Ztg“ dort nicht mehr eingeführt werden dürfe.
Dänemark. Kopenhagen, 6. Jan. In der heutigen Reichsversammlung trug Grundtvig darauf an, dieselbe möge im Namen des dänischen Volkes den Wunsch aussprechen, daß die Regierung ohne fruchtlose Friedensverhandlungen die ganze Kraft des Reiches aufbieten möge, um baldmöglichst den schlesw.-holst. Aufruhr zu unterdrücken und Dänemark volle Gewalt über das Herzogthum Schleswig, als das alte Südjütland, zu verschaffen. Dieser Antrag wurde mit 103 Stimmen gegen 28 abgelehnt. —
Italien. 68 Rom. General Zucchi, Bevilacqua und Ricci de Camerata, vom Pabst zu Mitgliedern der Regierung ernannt, haben sich weder mit ihm noch mit dem Cardinals-Collegium verständigen können und sind von Gaeta mit der Erklärung abgereist, daß sie dem Pabst nicht länger dienen könnten.
68 Turin. Das neue Parlament wird den 1. Februar eröffnet werden.
Belgien. X Brüssel, 12. Januar. Die Repräsentanten-Kammer des „Musterstaats“ will dies Jahr auch in Betreff des Budgets ein „Muster“ aufstellen. Bei der immer blässer werdenden Finanznoth des Landes, die bisher nur durch successive gaunerische Finanzkniffe einigermaßen verhüllt worden, muß man den Steuerzahlern schließlich noch mit „Ersparungen“ Sand in die Augen streuen. Man fängt aber nicht da an, wo am Meisten zu sparen wäre: beim Militär und den hohen Civilbesoldungen und Sinekuren, sondern bei dem Gehalt der Bischöfe.
Diese armen Bischöfe, von denen Einige so kugelrund sind, daß man um sie nach jeder Richtung hin konzentrische Kreise beschreiben könnte, sollen nun als Sündenböcke der Finanznoth herhalten und zur vilis materia dienen, an welcher man die Ersparungs-Experimente vornimmt. Diesen armen Bischöfen, die bisher jährlich die pauvre Summe von 30,000 Fr. — alle Accidenzien abgerechnet — bezogen, will man einige Tausend Frs. abknapsen und sie dem über hohe Steuern knurrenden Volk hinwerfen, um damit zu sagen: seht, wie wir auf Erleichterungen bedacht sind!
In der gestrigen Sitzung der Repräsentanten schlug die Stunde der erzbischöflichen Passionszeit. Die religiösen Productionskosten hatten wegen ihrer Höhe schon bei der Centralsection keine Gnade gefunden. Das mit 30,000 Fr. angesetzte Jahresgehalt des heiligen Erz-Bischofs von Mecheln schien ihr eine Verminderung bis zu 21,000 Fr. zuzulassen. Während der hierüber entstandenen Diskussion wollte Hr. Lelièvre es gar auf 18,000 Fr. (4800 Rh. Pr. C.) und das Gehalt der Bischöfe auf 12,000 Fr. festgesetzt wissen. Der als komische Person wohlbekannte Hr. Mérode bewies aus Shakespeare, daß die Besoldung des Erzbischofs unangetastet bleiben, eigentlich aber erhöht werden müsse. Hr. Haerne (ein Geistlicher) betrachtet die vorgeschlagene Verminderung als eine wahre „Gottlosigkeit“ (impiété). Allein trotz aller Anstrengungen der Vorgenannten, wie der Herren de Theux, Deschamps, De Decker etc. wird das erzbischöfliche Gehalt nach dem Antrag der Centralsection auf 21,000 Fr. vermindert. Dagegen bleibt das Gehalt der Bischöfe (75,500 Fr.) unverkürzt. Nach glücklicher Beendigung dieses Ersparungs-Experiments begeben sich die Herren Repräsentanten, mehr satisfaitsdenn je, nach Hause.
Unser „Musterstaat“, dessen 18jährige Erbweisheit dem gottbegnadeten Königthum von Potsdam zur Unterlage dienen muß, liefert ein erbauliches Bild, wenn man die Sterblichkeitstabellen von 1841 bis 1847 vergleicht. Die von 1848 sind noch nicht erschienen, sonst würde die Erbauung noch größer sein.
Vergleicht man die Zahl der Gestorbenen in den beiden Jahren 1846 u. 1847 mit einander: so finden sich unter den neun Provinzen nur zwei, in welchen die Sterblichkeit nicht auf erstaunliche Weise zugenommen hat. In den sieben andern Provinzen stellt sich das Verhältniß der Sterbefälle zur Bevölkerung wie folgt:
Im Durchschnitt
5 Jahre von für die
1841-45 für
1846 für
1847
Brabant 4341 — — 3980 3703
Ostflandern 3720 — — 3137 2588
Westflandern 4124 — — 3549 3052
Hennegau 4862 — — 4640 4397
Lüttich 4540 — — 4540 4043
Limburg 4617 — — 4684 4143
Namur 5723 — — 5592 4974
Also starb von 1841-45 in Ostflandern durchschnittlich Einer jedes Jahr unter 41 Einwohnern, in Westflandern Einer unter 37 Einwohnern.
Im Jahre 1846 zählt Ostflandern 1 Todesfall auf 35 Einw., Westflandern auf je 31 Seelen.
1847 dagegen stirbt in Ostflandern schon jeder 30ste und in Westflandern — jeder 26ste Mensch. Die Sterblichkeit in beiden Provinzen hat während der beiden Jahre (46 und 47) gegen die durchschnittliche der vorangehenden 5 Jahre um 8 1/2 % zugenommen. Das ist ein kleines Pröbchen aus der »prospérité toujours croissante“ (dem immer steigenden Wohlstande), mit welchem der Koburger jedes Jahr die Kammern eröffnet und den die ministeriellen Journale tagtäglich dem geliebten Volke anzupreisen wissen.
Jener „immerfort steigende Wohlstand“ wird noch besser in die Augen springen, wenn wir die Sterblichkeit einzelner Arrondissements folgen lassen:
Im J. 1847 starb im
Arrondissement von Thielt (Westflandern) jeder 19te Mensch.
Arrondissement von Roulers (Westflandern) jeder 20ste Mensch.
Arrondissement von Kortryk (Westflandern) jeder 25ste Mensch.
Arrondissement von Brügge (Westflandern) jeder 30ste Mensch.
Die Sterblichkeit wuchs noch in den ersten Monaten des Jahres 1848.
Im ganzen Lande starben während 1846 u. 47 nicht weniger als 228,003 Menschen und die Gesammtbevölkerung betrug 4 Mill. 337,196 Seelen.
Sehen wir uns jetzt die „immer steigende Wohlfahrt“ des koburgisch-rogier'schen Musterstaates in der Rubrik der Geburten an.
In Westflandern gab es 1845 noch 20,796 Geburten, 1846 blos 17,431 u. 1847 nur 16,328.
In Ostflandern wurden 1845 geboren: 24,458
In Ostflandern wurden 1846 geboren: 20,807
In Ostflandern wurden 1847 geboren: 19,686
Prov. Limburg. Im J. 1845 geboren: 5352
Im J. 1846 geboren: 4810
Im J. 1847 geboren: 4491
Prov. Hennegau. Im J. 1845 geboren: 21,858
Im J. 1846 geboren: 19,364
Im J. 1847 geboren: 19,400
Für ganz Belgien betrug die Zahl der Geburten im J. 1845 noch 137,012; dagegen im nächsten Jahre nur 119,610 und 1847 blos 118,106. Während der Jahre von 1841-45 kam im Durchschnitt jährlich 1 Geburt auf 32, im J. 1846 auf 36 und 1847 auf 3673 Einwohner.
Für die beiden Flandern stellt sich das Verhältniß wie folgt:
von 1841-45 durchschnittl. jedes Jahr 1 Geburt auf 32 Einw.
im Jahr 1846 1 Geburt auf 37 1/2 Einw.
im Jahr 1847 1 Geburt auf 39 3/4 Einw.
Für Ostflandern speziell:
im Jahr 1846 1 Geburt auf 38 Einw.
im Jahr 1847 1 Geburt auf 40 Einw.
Für Limburg, das von 1841-45 jedes Jahr durchschnittlich 1 Geburt auf 34 1/2 Einw. zählte, gab es 1847 nur 1 Geburt auf 41 1/2 Einw.
Es läßt sich denken, daß der immer wachsende Wohlstand des hochgepriesenen Musterstaats auch in Betreff der Heirathen hervortritt.
In einer 10jährigen Periode (1836-45) wurden jedes Jahr durchschnittlich 29,591 Ehen abgeschlossen; im J. 1846 nur 25,670 u. 1847 blos 24,145.
Von 1836-45 kam 1 Heirath auf je 139 E.; 1846 auf je 169 E. u. 1847 auf je 180 Einwohner.
Für Westflandern insbesondere:
im Jahre 1845 zählte es 1 Heirath auf 158 Einwohner
im Jahre 1846 zählte es 1 Heirath auf 192 Einwohner
im Jahre 1847 zählte es 1 Heirath auf 213 Einwohner
Für Ostflandern insbesondere:
im J. 1845 zählte es 1 Heirath auf 162 Einwohner
im J. 1846 zählte es 1 Heirath auf 196 Einwohner
im J. 1847 zählte es 1 Heirath auf 224 Einwohner
Der Leser wird den Sinn dieser Zahlen begreifen und aus ihnen die Großsprechereien der vom Ministerium inspirirten „Indépendance“ zu würdigen wissen. So stieß dieses Blättchen erst kürzlich wieder in die Posaune der „prospérité toujours croissante“, weil — nun weil die Gallerien St. Hubert floriren! Ein weniger schamloses Blatt, als L'Indépendance“ würde über diesen Gegenstand lieber geschwiegen, ihn wenigstens nicht als einen Beweis für die steigende Wohlfahrt Belgiens benutzt haben. Denn mit diesen Gallerien hat es die eigene Bewandniß, daß sie das Gegentheil beweisen. Die Geschäftsleute aller Art waren gezwungen, sich in den Gallerien St. Hubert, da sie einmal gebaut waren, ein Lokal zu miethen. Sie mußten nach diesem Mittelpunkt der Stadt ziehen, da sich hier der Hauptverkehr konzentrirte. In ihren bisherigen Verkaufsläden hätten sie bald ihrer eignen Käufer werden müssen. In den Gallerien zusammengedängt haben sie zwar mehr oder weniger Käufer, werden aber bei den hohen Miethpreisen etc., desto schneller bankerott, um immer neuen Miethern Platz zu machen. Nur Einzelne, die mit großen Mitteln operiren und es zum Aushalten haben, machen gute Geschäfte; die übrigen fallen auch hier den Geldsäcken oder der täglich „wachsenden koburgischen Wohlfahrt“ zum Opfer.
Großbritannien. 68 London, 12. Januar. Zu Manchester fand vorgestern ein großes „Finanzial-Reform-Meeting“ statt, auf welchem Cobden zu Gunsten seines neuen Finanzplans eine lange, von der heutigen Times ausführlich mitgetheilte Rede hielt.
Wie es sich mehr und mehr herausstellt, ist die Cholera in dem Drouet'schen Armen-Etablissement zu Tooting einzig eine Folge schnöder Bourgeois-Spekulation. Nicht nur war die Anstalt überfüllt, auch die Nahrung und die übrige Verpflegung war schlecht. Anfänglich wurde ein beliebiger Graben in der Nachbarschaft als Grund des Uebels vorgeschützt: die mephitischen Dünste desselben ließen aber die Bewohner von Dorf Tooting gänzlich verschont, und in Drouet's Institut fielen überdies nur die Armenkinder als Opfer der Seuche, kein einziger Erwachsener, nicht eine einzige Person vom Personal des Hrn. Drouet. Herr Drouet wird einen schweren Stand vor den Gerichten haben. Die Bourgeois, obgleich nicht besser als er selbst, sind wüthend, daß er der asiatischen Seuche solchen Vorschub geleistet.
24 London, 11. Januar. Die „Fraternal Demokrats“ (die ver„bürderten Demokraten“) haben in der neuesten Nummer des „Northern Star“ folgende Adresse an die arbeitende Klasse Großbritanniens erlassen:
„Brüder Proletarier!
Beim Eintritt eines neuen Jahres glauben wir das Stillschweigen brechen zu müssen, das uns seit einiger Zeit durch ungünstige Umstände aufgenöthigt worden.
Die Schläge der Tyrannei haben unsre Reihen gelichtet. Schwache Hoffnungen wurden von bittern Täuschungen abgelöst. Gleichwohl begeben wir uns, voll Vertrauen auf unsere Prinzipien und von der Nothwendigkeit rastloser Propaganda tiefüberzeugt, mit steigender Begeisterung von Neuem an's Werk, und sind fest entschlossen, unser Ziel zu verfolgen, bis die Gerechtigkeit ihren vollständigen Triumph feiert.
Als an jenem ewig denkwürdigen Tage des 24. Februar die Proletarier von Paris die in Louis Philipp verkörperte Tyrannei und Korruption zu Boden stürzten, da wurden durch Frankreich's Siegesruf und Freudenjubel die Nationen Europa's aus ihrem Schlummer, aus ihrer Betäubung geweckt. Ueberall stand das Volk auf und forderte Anerkennung seiner unveräußerlichen Rechte und den Besitz seiner allzu lang mißkannten und niedergetretnen Freiheiten.
In mehrern Gegenden siegte das Volk. Die in der Praxis des Unrechts und aller Schändlichkeiten ergrauten Staatsmänner ententzogen sich fliehend den Ausbrüchen der Rache und dem Zorne des Volks, dessen Geduld sie endlich ermüdet hatten. Die Könige senkten das Haupt vor einer Bewegung, der sie offen die Stirn zu bieten nicht den Muth hatten. Meistens gaben sie nur nach, weil sie die Macht aus ihren Händen gleiten sahen. Das Volk vergaß nach Beendigung des Kampfes ihre Verbrechen und beging den Fehler, denen sein Vertrauen zu bewilligen, die es so lang in Fesseln gehalten. O unheilvoller Irrthum!
Vernünftiger wäre es noch, an die Menschlichkeit eines Tigers als an die Freisinnigkeit eines besiegten Gewaltherrschers zu glauben. Eher wär's dem Leoparden möglich, seine Wildheit abzulegen und dem Mohren, seine Haut weiß zu waschen, als den Mördern der Nationen, die Wege der Gerechtigkeit, Humanität und Wahrheit lieb zu gewinnen.
Sollte man dieser Behauptung zu widersprechen wagen? Nein, die ganze Geschichte ist da, um darauf zu antworten, falls die Ereignisse der letzten Monate noch nicht hinreichende Belehrung geben sollten!
Denkt an die Junitage! Erinnert Euch der an den besiegten Polen im Großherzogthum Posen verübten Scheußlichkeiten! Erinnert Euch der Opfer des Radetzki'schen Triumpheinzuges in Mailand, der Plünderung Messina's auf Befehl eines Königs! Ruft Euch ins Gedächtniß das Bombardement und die Inbrandsteckung Wien's nebst den darauf folgenden Metzeleien durch's Bajonnet oder auf Geheiß der Kriegsgerichte. Ihr, Blum, Messenhauser und Ihr übrigen zahlreichen Opfer, deren rauchendes Blut Rache schreit, Ihr seid die Beweiszeugen, was den Völkern die verderbliche Thorheit der „Vereinbarung“ kostet!
Wie wahr ist jener Ausspruch Robespierre's: „Wer halbe Revolutionen macht, gräbt sich sein eignes Grab.“
Die Adresse geht nun zur Schilderung der Zustände Großbritanniens zur Lage der Arbeiter in England über. Sie setzt die Leiden des englischen Volkes und die Verbrechen der beiden Aristokratieen — der Adels- und der Geldsack-Aristokratie — unter denen das Volk schmachtet, auseinander.
Es wird nachgewiesen, daß es nur des kräftigen Willens bedürfe, um die Unterdrücker zu Boden zu schlagen und endlich wird die Art und Weise entwickelt, in welcher von Seiten der „Fraternal Democrats“ die Agitation organisirt werden soll. Die Adresse schließt, wie folgt:
„Wir haben uns vorgenommen, den 24. Februar als einen heiligen Tag durch ein Bankett festlich zu begehen. Wir werden alle Demokraten der Hauptstadt dabei vereinigen, um den Heroen der 3 Februartage und den in den 4 Junitagen geschlagenen aber nicht besiegten Prinzipien den Tribut unsrer Dankbarkeit und Huldigung darzubringen.
Gruß und Bruderschaft!
Das Komite.
Samuel Kydd, Henry Ross, Edwin Gill, Charles Keen, G. Julian Harney, Sekretär.“
London, 1. Januar 1849.
Spanien. 68 Madrid, 6. Januar. (Cortes) Der ministerielle Sieg ist vollständig. Der Adressentwurf wurde mit 147 gegen 40 Stimmen angenommen.
Die Blätter füllen sich mit den langen Reden der einzelnen Parteiführer. Besonders die Gaceta spreizt sich mit einer Rede Narvaez's in Erwiderung Cortina's.
Lessepes, Vertreter der französischen Republik, gibt heute einen großen Ball.
Die Gerüchte, welche Concha in seinen Kämpfen gegen Cabrera in Catalonien durch den General Villa Longa ersetzen ließen, sind durchaus falsch.
Französische Republik. * Paris, 11. Januar. In einer der letzten Sitzungen der Académie des Sciences kam eine interessante Erfindung zur Sprache, die von einem jungen Ingenieur, Namens Testud de Beauregard, herrührt. Er hat eine Dampfmaschine konstruirt, die durch den Dampf des im „sphäroidalen“ Zustande befindlichen Wassers bewegt wird. Zum Verständniß muß hierbei bemerkt werden, daß, wenn Wasser auf eine rothglühende Metallplatte gegossen wird, es nicht mit einem Male verdampft, sondern sich in eine Kugelgestalt formt, und, wiewohl mit großer Schnelligkeit sich über die erhitzte Oberfläche bewegend, doch vergleichungsweise langsam verdunstet Dies heißt der „sphäroidale“ Zustand; in ihm hört die gewöhnliche Macht der chemischen Affinität auf, und der so erzeugte Dampf scheint andern Gesetzen zu gehorchen, als der gewöhnliche. Beauregard's eben gedachte Maschine ist nur eine Pferdekraft stark, und der Kessel so klein, daß man ihn allenfalls in einer Tasche forttragen kann. Zwei andere ähnliche Maschinen sind in Arbeit, und eine dritte von 400 Pferdekraft wird in England angefertigt. Wie „La Presse“ von einem Sachverständigen erfahren hat, wird der Kessel in ein Bad geschmolzenen Bleies gestellt und auf die erhitzte Oberfläche des letzteren Wasser in jedesmal kleiner Quantität gespritzt. Dadurch wird der „sphäroidale“ Zustand erzeugt. Obgleich die Temperatur des Wassers hierbei niemals über 190 Grad steigt, so zeigt sich doch die elastische Kraft des Dampfes viel größer als bei dem in gewöhnlicher Art erzeugten Dampfe. — Wir können sonach erwarten, daß in der Benutzung der Hitze als einer bewegenden Kraft bald eine große Verbesserung eintreten wird.
12 Paris, 10. Jan. (Schluß.) Wenn Guizot in seiner Einleitung sagt, daß er sich selbst vergißt, so wird jedoch der Leser jeden Augenblick an ihn erinnert. Wenn Guizot im Laufe der Entwicklung nachzuweisen sucht, daß die Staaten, welche in die Demokraten d. h. nach Guizot „die Entladung der ganzen menschlichen Natur mit ihren guten und bösen Leidenschaften“ hereingebrochen, deshalb gefallen, weil die Regierung ihre Schuldigkeit nicht gethan, weil es ihr an Festigkeit gefehlt, im Kampfe der guten und schlechten Leidenschaften, die erstern festzuhalten und die letztern zu bekämpfen, so ist man jeden Augenblick geneigt zu fragen: und warum ist Guizot gefallen? Oder aber nimmt er seinen Fall als ein fait accompli an, und datirt das Hereinbrechen der Demokratie von dem Siege der Februar-Revolution an? Recht! dann wäre also die paix sociale dasjenige, welches von nun an ein fait accompli noch werden soll. Wie wird aber die paix sociale ein fait accompli? Guizot zeigt es durch Beispiele: Mitten in der Entladung der demokratischen Leidenschaften, mitten „in dem kranken Zustande“ kommt irgend ein Napoleon, ein Genie, das mit Gewalt Ordnung und Ruhe herstellt. „Das war das große Verdienst des Despoten“, daß er nach innen die Ruhe und nach außen die Nationalität hergestellt hat. Als man in der Kammer den Minister Guizot interpellirte, warum er 1815 die Sache Napoleons, die Sache der nationalen Ehre verlassen und in Gent zur Restauration der Bourbonen intriguirt habe, antwortete er, weil er den Fall Napoleons voraussah. Also Napoleon hatte damals die „paix sociale“ gebracht und Guizot verließ ihn, ehe er fiel, weil er seinen Fall voraussah, weil er einen Andern kommen sah, der eine andere „paix sociale“ bringen konnte. Wir sehen, daß, wenn wir selbst auf der moralischen Grundlage des Herrn Guizot stehen bleiben, wir zunächst immer einen Intriguanten, einen moralischen Intriguanten entdecken, dessen Sieg über die schlechten Leidenschaften darin besteht, daß er ihnen andere substituirt, daß er an ihre Stelle andere Leidenschaften setzt, die gleichbedeutend mit den erstern, d. h. eben so schlecht sind.
Das anfängliche Schlechte, das war die Windhose, die Guizot über's Meer geschleudert hat. Guizot ist über dem Meer; er kann die Windhose nicht wegläugnen: die Windhose ist das fait accompli. Das anfänglich Schlechte ist das Gute geworden. In der Demokratie, welche mit der Windhose das Gute und Schlechte hereingebracht, handelt es sich, das erstere festzuhalten und das letztere zu verbannen. Napoleon, der Kaiser, indem er als Despot auftritt, erreicht dieses Ziel: und derselbe Guizot hat nothwendig, um sich und seine Vergangenheit zu retten, Napoleon zu verläugnen, nachdem er ihn 1815 verrathen hatte. Aber warum wählt der unglückliche Guizot auch das Beispiel Napoleon's? Warum erinnert er an diese unglücklichen Rückerinnerungen? Etwa, weil ein Neffe des Kaisers Präsident der Republik geworden? Sicherlich, der austère intriguant ist lächerlich geworden, das schlimmste, was Einem in Frankreich passiren kann. Er hätte besser gethan, sich an dem Beispiel Washington's zu halten, der die eigentliche Bedeutung der paix sociale so gut gekannt haben soll, weil er gewußt habe, daß man nicht „von unten nach oben regiert“. Wir seh'n, Guizot wird immer bestimmter im Feststellen der „paix sociale“: die schlimmen Leidenschaften ist das „unten“, und dagegen müsse man von oben aus reagiren.
Fast sollte man glauben, einen Hansemann-Camphausen sprechen zu hören. Guizot kann nicht leiden, daß man von sozialer Brüderlichkeit spricht. „Nichts führe mehr die Völker ihrem Abgrunde zu, als mit Worten sich abzahlen zu lassen“. Es muß heißen:
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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