Neue Rheinische Zeitung. Nr. 191. Köln, 10. Januar 1849.glied Brodhubee bemerkte hierzu, daß diese Auslagen, da das Erforderniß für die noch bestehende Militär-Polizeiwache hierin nicht mitbegriffen ist, als sehr bedeutend angesehen werden müssen, und daß insbesondere das Erforderniß für die Sicherheitswache per 173,000 Fl. auffallend hoch sei. Es stelle sich heraus, daß Ein Mann dieses Wachtkörpers 100 Fl. C. M. koste, und daß das ganze Institut fast ein Viertel des ordentlichen städtischen Einkommens aufzehre. Prag, 3. Jan. In der letzten Sitzung der Slowanska Lipa veranlaßte ein Antrag, sich wegen einer bessern Stellung der niedern Geistlichkeit zu verwenden, eine heftige Debatte, und fiel bei der Abstimmung durch. Interessant waren die Debatten über einen Antrag Liblinsky's, einen neuen Slawenkongreß zusammen zu rufen. Nachdem Wenige, selbst von der Ultrapartei, heftig dagegen aufgeteeten waren, wurde beschlossen, die Mitglieder des Slawenkongresses vom Junius aufzufordern, ihr unterbrochenes Werk (?) zu vollenden. Im Jahr 1849 tritt der nächste Kongreß der Slowanska Lipa in Prag zusammen. Die Bevölkerung Prags hatte sich an dem Kongresse nur sehr wenig betheiligt, und die Slowanka selbst ist mit den Resultaten sehr unzufrieden. 34 Darmstadt, 4. Januar. (Verhandlungen der zweiten Kammer). Von den Anträgen, welche heute eingebracht wurden, hat nur einer ein allgemeineres Interesse, der von den Abgeordneten Schenck, Wernher, Gölzenleuchter, K. Zöpperitz und von Riedesel eingebrachte, das demnächstige Oberhaupt von Deutschland betreffend. Er lautet: "In Betreff der Lage des deutschen Vaterlandes beantragen wir folgende Erklärung der Ständeversammlung an die Staatsregierung: die Stände des Großherzogthums Hessen werden es mit großer Freude begrüßen, wenn bei endlicher Feststellung der deutschen Verfassung Preußen an die Spitze von Deutschland gestellt werde." Preußen an die Spitze von Deutschland! d. h. Friedrich Wilhelm IV. (Erb-?) Kaiser von Deutschland, ganz Deutschland in Belagerungszustand! Die Bourgeoisie hat eine wahre Sehnsucht nach diesen gesegneten Zuständen, nachdem ihre Großmama Wassermann eine so malerische Schilderung von dem wieder beruhigten Berlin entworfen hat. Der einzige Vortheil, den uns dieses moderne Kaiserthum vielleicht brächte, wäre der, daß die Frankfurter Schönredner endlich einmal noch Hause geschickt würden. Auf der Tagesordnung ist die Berathung über das Wahlgesetz, Artikel 5 u. f. f. Artikel 5 bestimmt: "Zum Abgeordneten für die 2. Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl sein 30. Lebensjahr zurückgelegt hat." Die Majorität des Ausschusses hatte sich mit dem Entwurfe einverstanden erklärt, die Minorität (Zitz und Mohr) beantragte die Feststellung des Alters auf 25 Jahre. -- Volhard überbietet das Ministerium an hessen-darmstädtischem Patriotismus, indem er verlangt, daß jeder Gewählte das Staatsbürgerrecht schon 3 Jahre genossen haben müsse. Hiergegen opponirt sogar Wernher von Nierstein, der sich das Ding noch gefallen ließe, wenn Hr. Volhard seinen Vorschlag wenigstens auf Nichtdeutsche (Barbaren) beschränkt hätte. -- Lehne wünscht den Zusatz: "und wenigstens seit dem 8. März 1848 im Großherzogthum wohnt", damit die zu Wählenden mit der (Großherzoglich Hessen-Darmstädtischen!!!) Neuzeit bekannt seien. Zitz und Hillebrand sprechen für das Alter von 25 Jahren, da doch regelmäßig Aeltere gewählt würden (?), wie aus den Beispielen von Frankfurt, Berlin u. s. w. (aus denen das Volk hoffentlich ein für allemal gelernt hat, wie es nicht wählen muß) hervorgehe. Ausgezeichneten Talenten aber solle man schon früher den Eintritt gewähren. Hillebrand spricht noch insbesondere den Wunsch aus, daß in die künftige Kammer junge Männer gewählt würden, die noch nicht durch einseitiges Interesse beherrscht würden. Heldmann stellt ein Amendement auf 21 Jahre. -- Eine solche exorbitante Forderung findet der Reichs-Unterstaats-Sekretariats-Kandidat Reh "völlig unbegreiflich". Das Sprüchwort sage: "30 Jahre ein Mann", und (es hat doch sein Gutes, wenn man in der Jugend dazu angehalten ist, Sprüchwörter auswendig zu lernen, wie weiland Sancho Pansa ebenfalls erfahren) dies Sprichwort habe seine tiefere psychologische Bedeutung (!!). Die menschliche Bildung sei eine fortschreitende und namentlich falle dies in's Alter bis zum 30. Jahre. (Man merkt, daß Herr Reh dieses Alter bereits überschritten hat.) Es wird nach Schluß gerufen, und nachdem der Minister mit dem "liberalsten Sinne" der hohen Kammer noch einige andere Staaten als nachahmungswürdige Beispiele aufgestellt hat, in denen ebenfalls das 30. Lebensjahr Gesetz sei, und in einigen sogar noch ein Census obendrein, wird wirklich der Schluß beschlossen. Heldmann zieht seinen Antrag zurück, der Antrag der Minorität wird mit 26 gegen 17 Stimmen verworfen, und darauf der ursprüngliche Entwurf mit 42 gegen 1 Stimme (Heldmann) angenommen. Artikel 6 des Entwurfes lautet: "Zum Abgeordneten der ersten Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung der Kammer, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl 1) das 40. Lebensjahr zurückgelegt hat, und 2) entweder hundert Gulden ordentliche direkte Steuern bezahlt, oder fünfzig Gulden ordentliche direkte Steuern bezahlt und zugleich nach zurückgelegten Universitätsstudien und bestandener Prüfung fünf Jahre lang sich im Besitze eines Staats-, Kirchen- oder Schulamtes, oder der Advokatur oder der ärztlichen Praxis befunden hat." Die Majorität des Ausschusses beantragt: "Zum Abgeordneten der ersten Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung der Kammer, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl das 40. Lebensjahr zurückgelegt hat." Der Abgeordnete Krug hat einen sehr komplizirten Separatantrag mit verändertem Zensus; Mohr und Zitz endlich verlangen, daß das Alter auf 30 Jahre festgesetzt werde. Heldmann spricht gegen jede Beschränkung der passiven Wahlfähigkeit durch Alter oder Zensus, und will jeden volljährigen Staatsbürger zur ersten Kammer wählbar. -- Behlen würde diesen Antrag unterstützen, wenn Heldmann seinen ersten Antrag nicht zurückgezogen hätte. (Heiterkeit.) Der ursprüngliche Entwurf findet nur wenig Vertheidiger. Reh tritt wieder für das höchste Alter in die Schranken, er scheint vor der Jugend (selbst vor der dreißigjährigen) eine außerordentliche Furcht zu haben. Den Zensus betreffend, hält er die "Sicherung der Besitzenden gegen die Nichtbesitzenden" allerdings für sehr nöthig, findet aber diese Rücksicht gewahrt durch den schon früher gefaßten Beschluß, welcher für die "aktive Wählbarkeit zur ersten Kammer eine Steuer von 20 Fl." bestimmt. Auch Wernher von Nierstein ist für 40 Jahre, als "das gereiftere Alter." Herr Jauch, der Vielbewanderte, stellt einen sehr passenden Vergleich an zwischen dem kleinen Nordamerika und dem großen Hessen-Darmstadt. Aber Wunder über Wunder! Die Kammer entscheidet ungeachtet mit 25 geges 18 Stimmen für das Amendement Mohr, Zitz. Im Uebrigen tritt sie dem Antrage der Majorität des Ausschusses bei. Art. 7 wird mit einer Modifikation nach dem Antrage des Ausschusses angenommen, und heißt: "Mitglied der ersten oder zweiten Kammer kann derjenige nicht sein, welcher 1) nach Art. 16 der Verfassungs-Urkunde in der Ausübung seines Staatsbürgerrechts gehindert ist; 2) wegen Diebstahls, Betrugs, Unterschlagung, Fälschung oder Meineids, oder 3) wegen eines sonstigen, im Straf- oder Militärgesetzbuche genannten Verbrechens oder Vergehens (das Duell jedoch ausgenommen) zu Dienstentsetzung oder Korrektionshaus-Strafe auf ein Jahr oder länger rechtskräftig verurtheilt ist." In Bezug auf Punkt 2 und 3 war diesmal der Regierungsentwurf noch besser gewesen, der es wenigstens der jedesmaligen Entscheidung der Kammern überlassen wollte, ob eine Verurtheilung des Amtes eines Volksvertreters unwürdig mache; aber der deutsche Spießbürger hegt eine so gründliche Verachtung gegen alle diejenigen, welche sich gegen seine Bourgeois-Moral versündigen, daß er hier gar keinen Zweifel obwalten lassen will. -- Ein Antrag Mohr's und Zitz's, Minister und Ministerialbeamte für wahlunfähig zu erklären, ward mit 24 gegen 17 Stimmen abgelehnt. Die übrigen Artikel sind von minderer Wichtigkeit; sie wurden fast ohne Diskussion und mit geringen Modifikationen nach der Vorlage des Ausschusses bis zu Art. 27 angenommen. Schließlich bemerkt noch der Abgeordnete Cretzschmar, daß das Versammlungsrecht (durch die Güte der Centralvolkszertreter) 5 Stunden (Meilen) um Frankfurt beschränkt; man möge das Ministerium ersuchen, daß sich dieses bei der Centralgewalt verwende, daß für die Vorberathung der hessischen Landtagswahlen das Versammlungsrecht wieder vollständig hergestellt werde. -- Wenn die Sicherheit des deutschen Reiches und Großmama Wassermann's Gespensterfurcht das nur dulden??? *** Hamburg, 4. Jan. Das Produkt der Hamburgischen Revolution, die konstituirende Versammlung, hat ihre Thätigkeit begonnen. Wir hatten gestern die achte Sitzung, in welcher endlich die definitive Geschäftsordnung angenommen wurde. Die übrigen Sitzungen sind nämlich mit eben so ekelhaften als langweiligen Debatten über einen Eid ausgefüllt worden. Die Leutchen konnten lange nicht Eins werden, ob sie den Eid leisten sollten oder nicht. Einige wollten und wollen noch ihn nicht leisten, weil sie glauben, ein Gewissen zu haben. Die Radikalen sagten ganz richtig, wir leisten ihn oder wir leisten ihn nicht -- c'est toujours la meme chose! Nur keine Vereinbarung mit dem Senate, nicht erst anfragen, wie der Eid gemeint sei. Die Leute hatten ganz Recht; aber was ist gegen eine Sorte von Menschen zu machen, die man Doktrinärs nennt (und noch dazu gegen Hamburger Doktrinärs!) Hamburg ist voll von dieser Race. Glauben Sie ja nicht, daß sich Hamburg mit seinen Frankfurter Deputirten erschöpft hat; im Gegentheil, wir besitzen mindestens noch ein Dutzend Heckscher (unmöglich; so schlimm kann's um die biedere Hammomia nicht stehen!) in unsern Mauern. Die Heckschers der Constituante wollen also vereinbaren; der Senat hat sie ablaufen lassen und der Eid ist geleistet worden. Das Ding hat mich amüsirt. Hundert und einige sechszig Mitglieder plapperten in allen Tonarten die Worte her: "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe," es ging wie geschmiert. Wahrlich, noch nie gab's eine solche ergötzliche Komödie als diesen Abend, und das war gut; hätte die "konstituirende" Versammlung auch kein anderes Verdienst, es müßte doch volle Anerkennung finden. Soll ich Ihnen jetzt von den Fraktionen sprechen? Es giebt eine große Fraktion (zum großen Theile aus den Doktrinärs) und viele Fraktiönchen. Die letzteren gehören der äußersten Rechten und der Linken an. Letztere zerfällt in verschiedene Theile. Der eine bildet die politische Linke. Zu dieser sind die Herren Trittau, Marr, Tischler Martens, Julius Campe (der Buchhändler) und Andere zu zählen. Die Leute glauben, das Volk hat Brod, wenn man ihm eine Verfassung, Geschwornengericht, freie Presse u. s. w. giebt. Noch ein Theil der Linken nennt sich die sociale Partei. Hier scheint noch sehr viel Naivetät zu herrschen und sehr viel Gott, Himmel und Gemüth. Der Führer heißt Dr. Rei. Alleinstehend in diesem Theile des Hauses sind Loine und Hagen. Ersterer hatte die Schwachheit, den Eid nicht leisten zu wollen, letzterer ist rother Republikaner. An der Spitze der Doktrinärs steht der Präsident der Versammlung Dr. Baumeister, eine verbesserte Auflage von Heckscher. Man kann übrigens von ihm sagen, daß er das Centrum ist. Was die bisherige Wirksamkeit dieser Constituante betrifft, so reduzirt sie sich auf Null; was die zukünftige anlangt, so werden wir wohl einen großen und einen kleinen Rath bekommen. Die Namen ändern sich, die Sachen bleiben dieselben, das ist die alte Geschichte. Daß wir wieder nach Frankfurt gewählt haben, werden Sie wissen. Eine Anzahl Radikaler wollte demonstriren und stimmte ür Heinzen, die Börse, im Verein mit den Liberalen und einigen sogenannten Radikalen wollten ebenfalls demonstriren und wählten feinen Hamburger Kaufmann, einen Freihandelsmann. Daß die Börse den Sieg davon trug, versteht sich von selbst. Uebrigens haben von 40,000 Wählern nur 9000 gewählt. Der Freihandel ist nach wie vor das liebe Kind der Hamburger. Wer hier Glück machen will, muß sich zum Freihandel bekennen. Er kann dann selbst Literat sein. Der Freihandel vereinigt alle Herzen, das Bekenntniß zu demselben ist die beste Einführungskarte in die großen Eßklubs, welche die Matadore unserer Börse so oft wie möglich veranstalten. Im Freihandel begegnen sich bei uns alle politischen Ansichten, und während sich sonst die Patrioten und die Radikalen, die Heuler und die Wühler wie bissige, wilde Bestien gegenüberstehen, reichen sie sich im Freihandel freundlich, brüderlich die Hand. Die Reaktion und der Fortschritt wollen dasselbe -- das ist das Resultat der Hamburgischen Revolution. Die Vereine schlafen nachgerade bei uns ein, und noch dazu ohne jeglichen Belagerungszustand. Man hätte erwarten können, daß die Constituante sie zu neuer Thätigkeit anspornen würde; aber nichts da -- die Vereine bekümmern sich gar nicht um die Constituante. Ich fürchte, es geht ihnen, wie der Mehrzahl der Hamburgischen Bevölkerung. Das Wichtigste für Hamburg dürfte zunächst die Bewegung in Schleswig-Holstein sein. Daß eine solche existirt, ist gewiß. Sogar in Altona wird man demokratisch. Die Bürgergarde ist gespalten und wäre neulich bei der Verhaftung Bracklow's beinahe schon in einen gegenseitigen Kampf gerathen. Das Gescheuteste wäre freilich, wenn sie vereint die Regierung wegjagten und die Preußen obendrein. Eine nord-albingische Republik ist unbedingt dasjenige, was der Demokratie für ganz Deutschland vor der Hand am Besten nutzen wurde. Wahrlich, nicht der Däne ist euer gefährlichster Feind, Ihr Schleswig-Holsteiner! Die Bank von Hamburg hat noch immer nahe an hundert Millionen. Unsere Bourgeoisie ruht von den Strapatzen des vorigen Jahres aus. Die Arbeiter hoffen auf Paris. Diese Hoffnung, dieses Sichverlassen auf Andere, dieses Abwarten ist's, was der Reaktion einstweilen gewonnen Spiel giebt. Schweiz. Bern, 4. Jan. Der schweizerische Bundesrath hat die Militärdirektion autorisirt, den ehemaligen Professor der Militärwissenschaften an der Hochschule in Bern, Herrn Lobauer, gegenwärtig in Berlin, für den Militärunterricht zu berufen. (Schweiz. N. Z.)Basel, 6. Jan. Der in neapolitanischen Diensten stehende Oberst Tobias Müller von Freiburg, hat den Zweck seiner Sendung, den Rekruten für den neapolitanischen Militärdienst sichern Durchmarsch auszuwirken, bereits erreicht. Radetzky trat von seinem Generalstabe umgeben dem Angemeldeten entgegen, umarmte ihn mit vieler Herzlichkeit und sprach: "Ich umarme in Ihnen die ganze loyale neapolitanische Armee, auch eine besondere Freude gewährt es mir, einem jener wackern Schweizer, welche ihrem König so treu dienen, den Handschlag zu geben." Hierauf verbreitete er sich mit vieler Anerkennung über die letzte Kriegsthat in [unleserliches Material]Messsna. Als Oberstlieutenant Müller dann den Gegenstand seiner Mission berührte, erhielt er vom Feldmarschall die ungesäumte Zusicherung, die ganze Lombardei stehe ihm offen und wenn es nöthig, so sollen seine Regimenter zur Sicherung der gewählten Route aufgestellt werden. -- Oberst Müller hat diese freundschaftliche Aufnahme bei Radetzky verdient; denn auch er war einst, als Kommandant der Freiburger Truppen im Jahre 1830, bereit, auf das Volk schießen zu lassen, weil es sich gegen die Aristokratie erhob. (Schw. N. Z.)Lugano, 3. Januar. Der "Gazzetta Ticinese" zufolge haben die eidg. Kommissäre wieder zwei Noten von Radetzky erhalten. In der einen weigert er sich, mit der Tessinerregierung in internationalen Verkehr zu treten, bis sie den Beschluß der Bundesversammlung über Entfernung der Flüchtlinge vollständig vollzogen habe; in der andern droht er dem Kanton mit Wiederherstellung der Sperre. In beiden stützt er sich darauf, daß die Einschmugglung von Waffen in die Lombardei fortdaure, sowie auch darauf daß die Häupter des lombardischen Aufstandes, namentlich Mazzini, noch im hiesigen Kanton seien und aus demselben, die Truppen zum Ausreißen auffordernde Proklamationen hervorgehen. Letzteres sei durch die Ergreifung eines Mazzini'schen Sendlings erwiesen, der zum Tode verurtheilt worden sei. Radetzky übermittelte Anzeigen über das Versteck Mazzini's und über von Turin datirte Flugblätter an die lombardischen Rekruten. Hierauf wurde die Verhaftung Mazzini's beschlossen; was die Flugblätter betrifft, verspricht die Regierung die strengste Wachsamkeit; hinsichtlich des Waffenschmuggels aber ergab die angestellte Untersuchung, daß die Beschwerde grundlos sei. Französische Republik. 12 Paris, 7. Jan. Die Franzosen werden immer gründlicher; sie wollen der Geschichte immer mehr auf die Spur kommen. Der Uebergang von Louis Philipp zu Napoleon, mit allen Zwischenvorfällen kommt ihnen immer noch so überraschend vor, daß sie sich nicht genug ergehen können in historischen Rückerinnerungen und in neue historische Forschungen. So erfahren wir heute aus der Reforme neue Thatsachen zur Ergänzung der erwähnten aus der "Liberte". Im Jahre 1839 nämlich war das Haus Orleans in großen Nöthen. Diesen Augenblick benutzte der Prinz, um durch seine Agenten Schritte zu versuchen bei Thiers, Clauzel, Berryer, Mauguin und Excelmanns. Um nur von Thiers zu sprechen, so äußerte er sich damals daß im Falle das Haus Orleans fiele, er keinen bessern Auswe[g] sähe, als die Proklamation des Prinzen, sei es als Kaiser, sei e[s] als König. Diese Aeußerung, wohl verstanden, ging seinem Eintritt ins Ministerium voran, und die gestrige Erzählung war nur der Schluß von dem, was wir heute nachzuholen haben. Thiers erklärte also, daß ungeachtet dieser seiner Meinung, er doch nicht geneigt sei, in irgend eine Verschwörung einzutreten, oder ihr auch nur im mindesten Vorschub zu leisten. Käme es jedoch so weit, daß die herrschende Dynastie (die Orleans) stürze, so könne man auf ihn und auf seinen Beistand rechnen. Der Sinn der damals gegebenen Antwort kann nicht bestritten werden, und man citirt sogar den Namen Eines seiner Getreuen, der mit der Ueberbringung derselben beauftragt war. Die kaiserliche Kamarilla sah in derselben eine Art "moralischer Complicität", diplomatisch ausgedrückt und versprach sich Wunder von ihr. Sie verfolgte ihre Manövre mit einem steigenden Eifer. Im December desselben Jahres überfiel die Polizei Louis Philipps eine ganze kaiserliche Clique; die Papiere, welche bei den Agenten des Prinzen sich vorfanden, wurden dem Gerichte übergeben; Hr. Zangiacomi war damals Untersuchungsrichter, und unter andern Personen, die in die Untersuchung verwickelt wurden, fanden sich die Namen Barginet, Durand, Crouy-Chanel etc. Unter den Papieren fanden sich Briefe vor von der kompromittirendsten Natur; sie kamen nicht alle von London, sondern hatten noch eine weit größere Reise gemacht. Da erst merkte Thiers, wie schlecht die Intrigue, welcher er Gehör geschenkt hatte, geleitet war, und es that ihm herzlich leid. Indessen nahte der erste Mai heran, und die Ernennung des Hrn. Thiers als Präsident des Ministeriums gab der bonapartistischen Partei frohen Muth. Neue Agenten wurden zum Hrn. Thiers abgesandt und brachten die früher versprochene "moralische Complicität" in Anregung. Thiers wies sie ab; aber die Agenten kamen immer wieder und erinnerten immer von Neuem Thiers an seine alten Versprechungen. Die Polizei und Louis Philipp erhielten Wind von diesen Besuchen. Die Ruhe Thiers und Philipps waren gestört; da beschloß denn ersterer den bonapartistischen Plänen ein Ende zu machen, indem er sie auf die gestern erzählte Weise scheitern ließ. Sarrut und Dupont sind in der heutigen Sitzung um diesen Gegenstand geschlichen, wie die "Katze um den heißen Brei", und die ganze heutige Sitzung hat sich um die "geheimen Aktenstücke" dermaßen klar und offen gedreht, daß wer Ohren hatte, blinder Weise in denselben lesen konnte. Sarrut war einer der Angeklagten von 1839; ein Verschwörer, der damals den "Namen Bonaparte gebrauchen wollte, um die Bourbonen, und mit den Bourbonen alle Throne zu stürzen." Sarrut hatte vom Prokurator der Republik die Herausgabe der Aktenstücke verlangt, die sich auf die damalige Verschwörung bezogen. Auf alle seine dringenden Forderungen habe man beständig geantwortet: Es existire keine Spur mehr von diesen Aktenstücken. Er will wissen, wo sie hingekommen sind; er will wissen, ob die Geschichte von Boulogne nicht von der Polizei angezettelt worden. Die bonapartistische Verschwörung von 1839 war nur die Vorläuferin von 1840, wo die Expedition von Boulogne Statt fand. Er, Sarrut sei ein wahrer Verschwörer gewesen; und wenn er damals freigesprochen worden, so sei das eine Ungerechtigkeit von Seiten des Prokurators und anderer Personen gewesen, welche oft die Mitschuldigen frei ließen, um die wahren Schuldigen zu treffen. Da er überzeugt gewesen sei, daß seine Freisprechung nur eine Lockspeise gewesen sei, um die Boulogner Expedition zu beschleunigen, so habe er sich von letzterer, als von der Polizei und andern hervorgerufen, ferngehalten. Hätte man damals die Aktenstücke gekannt, hätte man die wahren Verschwörer verurtheilt in 1839, so hätten die falschen Verschwörer im Jahre 1840 die Ruhe des Landes nicht bedroht. Er, Sarrut verlange zu wissen, wo die Aktenstücke geblieben sind. Aber was Sarrut zu wissen verlangt, ist lange nicht so gefährlich, als was Dupont de Bussac wissen will. Er will wissen, warum Malleville abgetreten, und warum man auch dem Louis Napoleon seine Aktenstücke verweigert habe. Napoleon habe Interessen, unter den Schmeichlern diejenigen zu kennen, die ihn in 1840 verrathen haben. Weder Mallevilles glied Brodhubee bemerkte hierzu, daß diese Auslagen, da das Erforderniß für die noch bestehende Militär-Polizeiwache hierin nicht mitbegriffen ist, als sehr bedeutend angesehen werden müssen, und daß insbesondere das Erforderniß für die Sicherheitswache per 173,000 Fl. auffallend hoch sei. Es stelle sich heraus, daß Ein Mann dieses Wachtkörpers 100 Fl. C. M. koste, und daß das ganze Institut fast ein Viertel des ordentlichen städtischen Einkommens aufzehre. Prag, 3. Jan. In der letzten Sitzung der Slowanska Lipa veranlaßte ein Antrag, sich wegen einer bessern Stellung der niedern Geistlichkeit zu verwenden, eine heftige Debatte, und fiel bei der Abstimmung durch. Interessant waren die Debatten über einen Antrag Liblinsky's, einen neuen Slawenkongreß zusammen zu rufen. Nachdem Wenige, selbst von der Ultrapartei, heftig dagegen aufgeteeten waren, wurde beschlossen, die Mitglieder des Slawenkongresses vom Junius aufzufordern, ihr unterbrochenes Werk (?) zu vollenden. Im Jahr 1849 tritt der nächste Kongreß der Slowanska Lipa in Prag zusammen. Die Bevölkerung Prags hatte sich an dem Kongresse nur sehr wenig betheiligt, und die Slowanka selbst ist mit den Resultaten sehr unzufrieden. 34 Darmstadt, 4. Januar. (Verhandlungen der zweiten Kammer). Von den Anträgen, welche heute eingebracht wurden, hat nur einer ein allgemeineres Interesse, der von den Abgeordneten Schenck, Wernher, Gölzenleuchter, K. Zöpperitz und von Riedesel eingebrachte, das demnächstige Oberhaupt von Deutschland betreffend. Er lautet: „In Betreff der Lage des deutschen Vaterlandes beantragen wir folgende Erklärung der Ständeversammlung an die Staatsregierung: die Stände des Großherzogthums Hessen werden es mit großer Freude begrüßen, wenn bei endlicher Feststellung der deutschen Verfassung Preußen an die Spitze von Deutschland gestellt werde.“ Preußen an die Spitze von Deutschland! d. h. Friedrich Wilhelm IV. (Erb-?) Kaiser von Deutschland, ganz Deutschland in Belagerungszustand! Die Bourgeoisie hat eine wahre Sehnsucht nach diesen gesegneten Zuständen, nachdem ihre Großmama Wassermann eine so malerische Schilderung von dem wieder beruhigten Berlin entworfen hat. Der einzige Vortheil, den uns dieses moderne Kaiserthum vielleicht brächte, wäre der, daß die Frankfurter Schönredner endlich einmal noch Hause geschickt würden. Auf der Tagesordnung ist die Berathung über das Wahlgesetz, Artikel 5 u. f. f. Artikel 5 bestimmt: „Zum Abgeordneten für die 2. Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl sein 30. Lebensjahr zurückgelegt hat.“ Die Majorität des Ausschusses hatte sich mit dem Entwurfe einverstanden erklärt, die Minorität (Zitz und Mohr) beantragte die Feststellung des Alters auf 25 Jahre. — Volhard überbietet das Ministerium an hessen-darmstädtischem Patriotismus, indem er verlangt, daß jeder Gewählte das Staatsbürgerrecht schon 3 Jahre genossen haben müsse. Hiergegen opponirt sogar Wernher von Nierstein, der sich das Ding noch gefallen ließe, wenn Hr. Volhard seinen Vorschlag wenigstens auf Nichtdeutsche (Barbaren) beschränkt hätte. — Lehne wünscht den Zusatz: „und wenigstens seit dem 8. März 1848 im Großherzogthum wohnt“, damit die zu Wählenden mit der (Großherzoglich Hessen-Darmstädtischen!!!) Neuzeit bekannt seien. Zitz und Hillebrand sprechen für das Alter von 25 Jahren, da doch regelmäßig Aeltere gewählt würden (?), wie aus den Beispielen von Frankfurt, Berlin u. s. w. (aus denen das Volk hoffentlich ein für allemal gelernt hat, wie es nicht wählen muß) hervorgehe. Ausgezeichneten Talenten aber solle man schon früher den Eintritt gewähren. Hillebrand spricht noch insbesondere den Wunsch aus, daß in die künftige Kammer junge Männer gewählt würden, die noch nicht durch einseitiges Interesse beherrscht würden. Heldmann stellt ein Amendement auf 21 Jahre. — Eine solche exorbitante Forderung findet der Reichs-Unterstaats-Sekretariats-Kandidat Reh „völlig unbegreiflich“. Das Sprüchwort sage: „30 Jahre ein Mann“, und (es hat doch sein Gutes, wenn man in der Jugend dazu angehalten ist, Sprüchwörter auswendig zu lernen, wie weiland Sancho Pansa ebenfalls erfahren) dies Sprichwort habe seine tiefere psychologische Bedeutung (!!). Die menschliche Bildung sei eine fortschreitende und namentlich falle dies in's Alter bis zum 30. Jahre. (Man merkt, daß Herr Reh dieses Alter bereits überschritten hat.) Es wird nach Schluß gerufen, und nachdem der Minister mit dem „liberalsten Sinne“ der hohen Kammer noch einige andere Staaten als nachahmungswürdige Beispiele aufgestellt hat, in denen ebenfalls das 30. Lebensjahr Gesetz sei, und in einigen sogar noch ein Census obendrein, wird wirklich der Schluß beschlossen. Heldmann zieht seinen Antrag zurück, der Antrag der Minorität wird mit 26 gegen 17 Stimmen verworfen, und darauf der ursprüngliche Entwurf mit 42 gegen 1 Stimme (Heldmann) angenommen. Artikel 6 des Entwurfes lautet: „Zum Abgeordneten der ersten Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung der Kammer, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl 1) das 40. Lebensjahr zurückgelegt hat, und 2) entweder hundert Gulden ordentliche direkte Steuern bezahlt, oder fünfzig Gulden ordentliche direkte Steuern bezahlt und zugleich nach zurückgelegten Universitätsstudien und bestandener Prüfung fünf Jahre lang sich im Besitze eines Staats-, Kirchen- oder Schulamtes, oder der Advokatur oder der ärztlichen Praxis befunden hat.“ Die Majorität des Ausschusses beantragt: „Zum Abgeordneten der ersten Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung der Kammer, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl das 40. Lebensjahr zurückgelegt hat.“ Der Abgeordnete Krug hat einen sehr komplizirten Separatantrag mit verändertem Zensus; Mohr und Zitz endlich verlangen, daß das Alter auf 30 Jahre festgesetzt werde. Heldmann spricht gegen jede Beschränkung der passiven Wahlfähigkeit durch Alter oder Zensus, und will jeden volljährigen Staatsbürger zur ersten Kammer wählbar. — Behlen würde diesen Antrag unterstützen, wenn Heldmann seinen ersten Antrag nicht zurückgezogen hätte. (Heiterkeit.) Der ursprüngliche Entwurf findet nur wenig Vertheidiger. Reh tritt wieder für das höchste Alter in die Schranken, er scheint vor der Jugend (selbst vor der dreißigjährigen) eine außerordentliche Furcht zu haben. Den Zensus betreffend, hält er die „Sicherung der Besitzenden gegen die Nichtbesitzenden“ allerdings für sehr nöthig, findet aber diese Rücksicht gewahrt durch den schon früher gefaßten Beschluß, welcher für die „aktive Wählbarkeit zur ersten Kammer eine Steuer von 20 Fl.“ bestimmt. Auch Wernher von Nierstein ist für 40 Jahre, als „das gereiftere Alter.“ Herr Jauch, der Vielbewanderte, stellt einen sehr passenden Vergleich an zwischen dem kleinen Nordamerika und dem großen Hessen-Darmstadt. Aber Wunder über Wunder! Die Kammer entscheidet ungeachtet mit 25 geges 18 Stimmen für das Amendement Mohr, Zitz. Im Uebrigen tritt sie dem Antrage der Majorität des Ausschusses bei. Art. 7 wird mit einer Modifikation nach dem Antrage des Ausschusses angenommen, und heißt: „Mitglied der ersten oder zweiten Kammer kann derjenige nicht sein, welcher 1) nach Art. 16 der Verfassungs-Urkunde in der Ausübung seines Staatsbürgerrechts gehindert ist; 2) wegen Diebstahls, Betrugs, Unterschlagung, Fälschung oder Meineids, oder 3) wegen eines sonstigen, im Straf- oder Militärgesetzbuche genannten Verbrechens oder Vergehens (das Duell jedoch ausgenommen) zu Dienstentsetzung oder Korrektionshaus-Strafe auf ein Jahr oder länger rechtskräftig verurtheilt ist.“ In Bezug auf Punkt 2 und 3 war diesmal der Regierungsentwurf noch besser gewesen, der es wenigstens der jedesmaligen Entscheidung der Kammern überlassen wollte, ob eine Verurtheilung des Amtes eines Volksvertreters unwürdig mache; aber der deutsche Spießbürger hegt eine so gründliche Verachtung gegen alle diejenigen, welche sich gegen seine Bourgeois-Moral versündigen, daß er hier gar keinen Zweifel obwalten lassen will. — Ein Antrag Mohr's und Zitz's, Minister und Ministerialbeamte für wahlunfähig zu erklären, ward mit 24 gegen 17 Stimmen abgelehnt. Die übrigen Artikel sind von minderer Wichtigkeit; sie wurden fast ohne Diskussion und mit geringen Modifikationen nach der Vorlage des Ausschusses bis zu Art. 27 angenommen. Schließlich bemerkt noch der Abgeordnete Cretzschmar, daß das Versammlungsrecht (durch die Güte der Centralvolkszertreter) 5 Stunden (Meilen) um Frankfurt beschränkt; man möge das Ministerium ersuchen, daß sich dieses bei der Centralgewalt verwende, daß für die Vorberathung der hessischen Landtagswahlen das Versammlungsrecht wieder vollständig hergestellt werde. — Wenn die Sicherheit des deutschen Reiches und Großmama Wassermann's Gespensterfurcht das nur dulden??? *** Hamburg, 4. Jan. Das Produkt der Hamburgischen Revolution, die konstituirende Versammlung, hat ihre Thätigkeit begonnen. Wir hatten gestern die achte Sitzung, in welcher endlich die definitive Geschäftsordnung angenommen wurde. Die übrigen Sitzungen sind nämlich mit eben so ekelhaften als langweiligen Debatten über einen Eid ausgefüllt worden. Die Leutchen konnten lange nicht Eins werden, ob sie den Eid leisten sollten oder nicht. Einige wollten und wollen noch ihn nicht leisten, weil sie glauben, ein Gewissen zu haben. Die Radikalen sagten ganz richtig, wir leisten ihn oder wir leisten ihn nicht — c'est toujours la meme chose! Nur keine Vereinbarung mit dem Senate, nicht erst anfragen, wie der Eid gemeint sei. Die Leute hatten ganz Recht; aber was ist gegen eine Sorte von Menschen zu machen, die man Doktrinärs nennt (und noch dazu gegen Hamburger Doktrinärs!) Hamburg ist voll von dieser Race. Glauben Sie ja nicht, daß sich Hamburg mit seinen Frankfurter Deputirten erschöpft hat; im Gegentheil, wir besitzen mindestens noch ein Dutzend Heckscher (unmöglich; so schlimm kann's um die biedere Hammomia nicht stehen!) in unsern Mauern. Die Heckschers der Constituante wollen also vereinbaren; der Senat hat sie ablaufen lassen und der Eid ist geleistet worden. Das Ding hat mich amüsirt. Hundert und einige sechszig Mitglieder plapperten in allen Tonarten die Worte her: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe,“ es ging wie geschmiert. Wahrlich, noch nie gab's eine solche ergötzliche Komödie als diesen Abend, und das war gut; hätte die „konstituirende“ Versammlung auch kein anderes Verdienst, es müßte doch volle Anerkennung finden. Soll ich Ihnen jetzt von den Fraktionen sprechen? Es giebt eine große Fraktion (zum großen Theile aus den Doktrinärs) und viele Fraktiönchen. Die letzteren gehören der äußersten Rechten und der Linken an. Letztere zerfällt in verschiedene Theile. Der eine bildet die politische Linke. Zu dieser sind die Herren Trittau, Marr, Tischler Martens, Julius Campe (der Buchhändler) und Andere zu zählen. Die Leute glauben, das Volk hat Brod, wenn man ihm eine Verfassung, Geschwornengericht, freie Presse u. s. w. giebt. Noch ein Theil der Linken nennt sich die sociale Partei. Hier scheint noch sehr viel Naivetät zu herrschen und sehr viel Gott, Himmel und Gemüth. Der Führer heißt Dr. Rei. Alleinstehend in diesem Theile des Hauses sind Loine und Hagen. Ersterer hatte die Schwachheit, den Eid nicht leisten zu wollen, letzterer ist rother Republikaner. An der Spitze der Doktrinärs steht der Präsident der Versammlung Dr. Baumeister, eine verbesserte Auflage von Heckscher. Man kann übrigens von ihm sagen, daß er das Centrum ist. Was die bisherige Wirksamkeit dieser Constituante betrifft, so reduzirt sie sich auf Null; was die zukünftige anlangt, so werden wir wohl einen großen und einen kleinen Rath bekommen. Die Namen ändern sich, die Sachen bleiben dieselben, das ist die alte Geschichte. Daß wir wieder nach Frankfurt gewählt haben, werden Sie wissen. Eine Anzahl Radikaler wollte demonstriren und stimmte ür Heinzen, die Börse, im Verein mit den Liberalen und einigen sogenannten Radikalen wollten ebenfalls demonstriren und wählten feinen Hamburger Kaufmann, einen Freihandelsmann. Daß die Börse den Sieg davon trug, versteht sich von selbst. Uebrigens haben von 40,000 Wählern nur 9000 gewählt. Der Freihandel ist nach wie vor das liebe Kind der Hamburger. Wer hier Glück machen will, muß sich zum Freihandel bekennen. Er kann dann selbst Literat sein. Der Freihandel vereinigt alle Herzen, das Bekenntniß zu demselben ist die beste Einführungskarte in die großen Eßklubs, welche die Matadore unserer Börse so oft wie möglich veranstalten. Im Freihandel begegnen sich bei uns alle politischen Ansichten, und während sich sonst die Patrioten und die Radikalen, die Heuler und die Wühler wie bissige, wilde Bestien gegenüberstehen, reichen sie sich im Freihandel freundlich, brüderlich die Hand. Die Reaktion und der Fortschritt wollen dasselbe — das ist das Resultat der Hamburgischen Revolution. Die Vereine schlafen nachgerade bei uns ein, und noch dazu ohne jeglichen Belagerungszustand. Man hätte erwarten können, daß die Constituante sie zu neuer Thätigkeit anspornen würde; aber nichts da — die Vereine bekümmern sich gar nicht um die Constituante. Ich fürchte, es geht ihnen, wie der Mehrzahl der Hamburgischen Bevölkerung. Das Wichtigste für Hamburg dürfte zunächst die Bewegung in Schleswig-Holstein sein. Daß eine solche existirt, ist gewiß. Sogar in Altona wird man demokratisch. Die Bürgergarde ist gespalten und wäre neulich bei der Verhaftung Bracklow's beinahe schon in einen gegenseitigen Kampf gerathen. Das Gescheuteste wäre freilich, wenn sie vereint die Regierung wegjagten und die Preußen obendrein. Eine nord-albingische Republik ist unbedingt dasjenige, was der Demokratie für ganz Deutschland vor der Hand am Besten nutzen wurde. Wahrlich, nicht der Däne ist euer gefährlichster Feind, Ihr Schleswig-Holsteiner! Die Bank von Hamburg hat noch immer nahe an hundert Millionen. Unsere Bourgeoisie ruht von den Strapatzen des vorigen Jahres aus. Die Arbeiter hoffen auf Paris. Diese Hoffnung, dieses Sichverlassen auf Andere, dieses Abwarten ist's, was der Reaktion einstweilen gewonnen Spiel giebt. Schweiz. Bern, 4. Jan. Der schweizerische Bundesrath hat die Militärdirektion autorisirt, den ehemaligen Professor der Militärwissenschaften an der Hochschule in Bern, Herrn Lobauer, gegenwärtig in Berlin, für den Militärunterricht zu berufen. (Schweiz. N. Z.)Basel, 6. Jan. Der in neapolitanischen Diensten stehende Oberst Tobias Müller von Freiburg, hat den Zweck seiner Sendung, den Rekruten für den neapolitanischen Militärdienst sichern Durchmarsch auszuwirken, bereits erreicht. Radetzky trat von seinem Generalstabe umgeben dem Angemeldeten entgegen, umarmte ihn mit vieler Herzlichkeit und sprach: „Ich umarme in Ihnen die ganze loyale neapolitanische Armee, auch eine besondere Freude gewährt es mir, einem jener wackern Schweizer, welche ihrem König so treu dienen, den Handschlag zu geben.“ Hierauf verbreitete er sich mit vieler Anerkennung über die letzte Kriegsthat in [unleserliches Material]Messsna. Als Oberstlieutenant Müller dann den Gegenstand seiner Mission berührte, erhielt er vom Feldmarschall die ungesäumte Zusicherung, die ganze Lombardei stehe ihm offen und wenn es nöthig, so sollen seine Regimenter zur Sicherung der gewählten Route aufgestellt werden. — Oberst Müller hat diese freundschaftliche Aufnahme bei Radetzky verdient; denn auch er war einst, als Kommandant der Freiburger Truppen im Jahre 1830, bereit, auf das Volk schießen zu lassen, weil es sich gegen die Aristokratie erhob. (Schw. N. Z.)Lugano, 3. Januar. Der „Gazzetta Ticinese“ zufolge haben die eidg. Kommissäre wieder zwei Noten von Radetzky erhalten. In der einen weigert er sich, mit der Tessinerregierung in internationalen Verkehr zu treten, bis sie den Beschluß der Bundesversammlung über Entfernung der Flüchtlinge vollständig vollzogen habe; in der andern droht er dem Kanton mit Wiederherstellung der Sperre. In beiden stützt er sich darauf, daß die Einschmugglung von Waffen in die Lombardei fortdaure, sowie auch darauf daß die Häupter des lombardischen Aufstandes, namentlich Mazzini, noch im hiesigen Kanton seien und aus demselben, die Truppen zum Ausreißen auffordernde Proklamationen hervorgehen. Letzteres sei durch die Ergreifung eines Mazzini'schen Sendlings erwiesen, der zum Tode verurtheilt worden sei. Radetzky übermittelte Anzeigen über das Versteck Mazzini's und über von Turin datirte Flugblätter an die lombardischen Rekruten. Hierauf wurde die Verhaftung Mazzini's beschlossen; was die Flugblätter betrifft, verspricht die Regierung die strengste Wachsamkeit; hinsichtlich des Waffenschmuggels aber ergab die angestellte Untersuchung, daß die Beschwerde grundlos sei. Französische Republik. 12 Paris, 7. Jan. Die Franzosen werden immer gründlicher; sie wollen der Geschichte immer mehr auf die Spur kommen. Der Uebergang von Louis Philipp zu Napoleon, mit allen Zwischenvorfällen kommt ihnen immer noch so überraschend vor, daß sie sich nicht genug ergehen können in historischen Rückerinnerungen und in neue historische Forschungen. So erfahren wir heute aus der Reforme neue Thatsachen zur Ergänzung der erwähnten aus der „Liberté“. Im Jahre 1839 nämlich war das Haus Orleans in großen Nöthen. Diesen Augenblick benutzte der Prinz, um durch seine Agenten Schritte zu versuchen bei Thiers, Clauzel, Berryer, Mauguin und Excelmanns. Um nur von Thiers zu sprechen, so äußerte er sich damals daß im Falle das Haus Orleans fiele, er keinen bessern Auswe[g] sähe, als die Proklamation des Prinzen, sei es als Kaiser, sei e[s] als König. Diese Aeußerung, wohl verstanden, ging seinem Eintritt ins Ministerium voran, und die gestrige Erzählung war nur der Schluß von dem, was wir heute nachzuholen haben. Thiers erklärte also, daß ungeachtet dieser seiner Meinung, er doch nicht geneigt sei, in irgend eine Verschwörung einzutreten, oder ihr auch nur im mindesten Vorschub zu leisten. Käme es jedoch so weit, daß die herrschende Dynastie (die Orleans) stürze, so könne man auf ihn und auf seinen Beistand rechnen. Der Sinn der damals gegebenen Antwort kann nicht bestritten werden, und man citirt sogar den Namen Eines seiner Getreuen, der mit der Ueberbringung derselben beauftragt war. Die kaiserliche Kamarilla sah in derselben eine Art „moralischer Complicität“, diplomatisch ausgedrückt und versprach sich Wunder von ihr. Sie verfolgte ihre Manövre mit einem steigenden Eifer. Im December desselben Jahres überfiel die Polizei Louis Philipps eine ganze kaiserliche Clique; die Papiere, welche bei den Agenten des Prinzen sich vorfanden, wurden dem Gerichte übergeben; Hr. Zangiacomi war damals Untersuchungsrichter, und unter andern Personen, die in die Untersuchung verwickelt wurden, fanden sich die Namen Barginet, Durand, Crouy-Chanel etc. Unter den Papieren fanden sich Briefe vor von der kompromittirendsten Natur; sie kamen nicht alle von London, sondern hatten noch eine weit größere Reise gemacht. Da erst merkte Thiers, wie schlecht die Intrigue, welcher er Gehör geschenkt hatte, geleitet war, und es that ihm herzlich leid. Indessen nahte der erste Mai heran, und die Ernennung des Hrn. Thiers als Präsident des Ministeriums gab der bonapartistischen Partei frohen Muth. Neue Agenten wurden zum Hrn. Thiers abgesandt und brachten die früher versprochene „moralische Complicität“ in Anregung. Thiers wies sie ab; aber die Agenten kamen immer wieder und erinnerten immer von Neuem Thiers an seine alten Versprechungen. Die Polizei und Louis Philipp erhielten Wind von diesen Besuchen. Die Ruhe Thiers und Philipps waren gestört; da beschloß denn ersterer den bonapartistischen Plänen ein Ende zu machen, indem er sie auf die gestern erzählte Weise scheitern ließ. Sarrut und Dupont sind in der heutigen Sitzung um diesen Gegenstand geschlichen, wie die „Katze um den heißen Brei“, und die ganze heutige Sitzung hat sich um die „geheimen Aktenstücke“ dermaßen klar und offen gedreht, daß wer Ohren hatte, blinder Weise in denselben lesen konnte. Sarrut war einer der Angeklagten von 1839; ein Verschwörer, der damals den „Namen Bonaparte gebrauchen wollte, um die Bourbonen, und mit den Bourbonen alle Throne zu stürzen.“ Sarrut hatte vom Prokurator der Republik die Herausgabe der Aktenstücke verlangt, die sich auf die damalige Verschwörung bezogen. Auf alle seine dringenden Forderungen habe man beständig geantwortet: Es existire keine Spur mehr von diesen Aktenstücken. Er will wissen, wo sie hingekommen sind; er will wissen, ob die Geschichte von Boulogne nicht von der Polizei angezettelt worden. Die bonapartistische Verschwörung von 1839 war nur die Vorläuferin von 1840, wo die Expedition von Boulogne Statt fand. Er, Sarrut sei ein wahrer Verschwörer gewesen; und wenn er damals freigesprochen worden, so sei das eine Ungerechtigkeit von Seiten des Prokurators und anderer Personen gewesen, welche oft die Mitschuldigen frei ließen, um die wahren Schuldigen zu treffen. Da er überzeugt gewesen sei, daß seine Freisprechung nur eine Lockspeise gewesen sei, um die Boulogner Expedition zu beschleunigen, so habe er sich von letzterer, als von der Polizei und andern hervorgerufen, ferngehalten. Hätte man damals die Aktenstücke gekannt, hätte man die wahren Verschwörer verurtheilt in 1839, so hätten die falschen Verschwörer im Jahre 1840 die Ruhe des Landes nicht bedroht. Er, Sarrut verlange zu wissen, wo die Aktenstücke geblieben sind. Aber was Sarrut zu wissen verlangt, ist lange nicht so gefährlich, als was Dupont de Bussac wissen will. Er will wissen, warum Malleville abgetreten, und warum man auch dem Louis Napoleon seine Aktenstücke verweigert habe. Napoleon habe Interessen, unter den Schmeichlern diejenigen zu kennen, die ihn in 1840 verrathen haben. Weder Mallevilles <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar191_008" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1034"/> glied Brodhubee bemerkte hierzu, daß diese Auslagen, da das Erforderniß für die noch bestehende Militär-Polizeiwache hierin nicht mitbegriffen ist, als sehr bedeutend angesehen werden müssen, und daß insbesondere das Erforderniß für die Sicherheitswache per 173,000 Fl. auffallend hoch sei. Es stelle sich heraus, daß Ein Mann dieses Wachtkörpers 100 Fl. C. M. koste, und daß das ganze Institut fast ein Viertel des ordentlichen städtischen Einkommens aufzehre.</p> </div> <div xml:id="ar191_009" type="jArticle"> <head>Prag, 3. Jan.</head> <p>In der letzten Sitzung der Slowanska Lipa veranlaßte ein Antrag, sich wegen einer bessern Stellung der niedern Geistlichkeit zu verwenden, eine heftige Debatte, und fiel bei der Abstimmung durch. Interessant waren die Debatten über einen Antrag Liblinsky's, einen neuen Slawenkongreß zusammen zu rufen. Nachdem Wenige, selbst von der Ultrapartei, heftig dagegen aufgeteeten waren, wurde beschlossen, die Mitglieder des Slawenkongresses vom Junius aufzufordern, ihr unterbrochenes Werk (?) zu vollenden. Im Jahr 1849 tritt der nächste Kongreß der Slowanska Lipa in Prag zusammen. Die Bevölkerung Prags hatte sich an dem Kongresse nur sehr wenig betheiligt, und die Slowanka selbst ist mit den Resultaten sehr unzufrieden.</p> </div> <div xml:id="ar191_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>34</author></bibl> Darmstadt, 4. Januar.</head> <p>(Verhandlungen der zweiten Kammer).</p> <p>Von den Anträgen, welche heute eingebracht wurden, hat nur einer ein allgemeineres Interesse, der von den Abgeordneten Schenck, Wernher, Gölzenleuchter, K. Zöpperitz und von Riedesel eingebrachte, <hi rendition="#g">das demnächstige Oberhaupt von Deutschland betreffend</hi>. Er lautet:</p> <p rendition="#et">„In Betreff der Lage des deutschen Vaterlandes beantragen wir folgende Erklärung der Ständeversammlung an die Staatsregierung: die Stände des Großherzogthums Hessen werden es mit großer Freude begrüßen, wenn bei endlicher Feststellung der deutschen Verfassung Preußen an die Spitze von Deutschland gestellt werde.“</p> <p>Preußen an die Spitze von Deutschland! d. h. Friedrich Wilhelm IV. (Erb-?) Kaiser von Deutschland, ganz Deutschland in Belagerungszustand! Die Bourgeoisie hat eine wahre Sehnsucht nach diesen gesegneten Zuständen, nachdem ihre Großmama Wassermann eine so malerische Schilderung von dem wieder beruhigten Berlin entworfen hat. Der einzige Vortheil, den uns dieses moderne Kaiserthum vielleicht brächte, wäre der, daß die Frankfurter Schönredner endlich einmal noch Hause geschickt würden.</p> <p>Auf der Tagesordnung ist die Berathung über das Wahlgesetz, Artikel 5 u. f. f. Artikel 5 bestimmt:</p> <p rendition="#et">„Zum Abgeordneten für die 2. Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl sein 30. Lebensjahr zurückgelegt hat.“</p> <p>Die Majorität des Ausschusses hatte sich mit dem Entwurfe einverstanden erklärt, die Minorität (Zitz und Mohr) beantragte die Feststellung des Alters auf 25 Jahre. — Volhard überbietet das Ministerium an hessen-darmstädtischem Patriotismus, indem er verlangt, daß jeder Gewählte das Staatsbürgerrecht schon 3 Jahre genossen haben müsse. Hiergegen opponirt sogar Wernher von Nierstein, der sich das Ding noch gefallen ließe, wenn Hr. Volhard seinen Vorschlag wenigstens auf Nichtdeutsche (Barbaren) beschränkt hätte. — Lehne wünscht den Zusatz: „und wenigstens seit dem 8. März 1848 im Großherzogthum wohnt“, damit die zu Wählenden mit der (Großherzoglich Hessen-Darmstädtischen!!!) Neuzeit bekannt seien.</p> <p>Zitz und Hillebrand sprechen für das Alter von 25 Jahren, da doch regelmäßig Aeltere gewählt würden (?), wie aus den Beispielen von Frankfurt, Berlin u. s. w. (aus denen das Volk hoffentlich ein für allemal gelernt hat, wie es nicht wählen muß) hervorgehe. Ausgezeichneten Talenten aber solle man schon früher den Eintritt gewähren. Hillebrand spricht noch insbesondere den Wunsch aus, daß in die künftige Kammer <hi rendition="#g">junge</hi> Männer gewählt würden, die noch nicht durch einseitiges Interesse beherrscht würden.</p> <p>Heldmann stellt ein Amendement auf 21 Jahre. — Eine solche exorbitante Forderung findet der Reichs-Unterstaats-Sekretariats-Kandidat <hi rendition="#g">Reh</hi> „völlig unbegreiflich“. Das Sprüchwort sage: „30 Jahre ein Mann“, und (es hat doch sein Gutes, wenn man in der Jugend dazu angehalten ist, Sprüchwörter auswendig zu lernen, wie weiland Sancho Pansa ebenfalls erfahren) dies Sprichwort habe seine tiefere psychologische Bedeutung (!!). Die menschliche Bildung sei eine fortschreitende und namentlich falle dies in's Alter bis zum 30. Jahre. (Man merkt, daß Herr Reh dieses Alter bereits überschritten hat.)</p> <p>Es wird nach Schluß gerufen, und nachdem der Minister mit dem „liberalsten Sinne“ der hohen Kammer noch einige andere Staaten als nachahmungswürdige Beispiele aufgestellt hat, in denen ebenfalls das 30. Lebensjahr Gesetz sei, und in einigen sogar noch ein Census obendrein, wird wirklich der Schluß beschlossen. Heldmann zieht seinen Antrag zurück, der Antrag der Minorität wird mit 26 gegen 17 Stimmen verworfen, und darauf der ursprüngliche Entwurf mit 42 gegen 1 Stimme (Heldmann) angenommen.</p> <p>Artikel 6 des Entwurfes lautet:</p> <p rendition="#et">„Zum Abgeordneten der ersten Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung der Kammer, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl 1) das 40. Lebensjahr zurückgelegt hat, und 2) entweder hundert Gulden ordentliche direkte Steuern bezahlt, oder fünfzig Gulden ordentliche direkte Steuern bezahlt und zugleich nach zurückgelegten Universitätsstudien und bestandener Prüfung fünf Jahre lang sich im Besitze eines Staats-, Kirchen- oder Schulamtes, oder der Advokatur oder der ärztlichen Praxis befunden hat.“</p> <p>Die Majorität des Ausschusses beantragt:</p> <p rendition="#et">„Zum Abgeordneten der ersten Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung der Kammer, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl das 40. Lebensjahr zurückgelegt hat.“</p> <p>Der Abgeordnete Krug hat einen sehr komplizirten Separatantrag mit verändertem Zensus; Mohr und Zitz endlich verlangen, daß das Alter auf 30 Jahre festgesetzt werde.</p> <p>Heldmann spricht gegen jede Beschränkung der passiven Wahlfähigkeit durch Alter oder Zensus, und will jeden volljährigen Staatsbürger zur ersten Kammer wählbar. — Behlen würde diesen Antrag unterstützen, wenn Heldmann seinen ersten Antrag nicht zurückgezogen hätte. (Heiterkeit.)</p> <p>Der ursprüngliche Entwurf findet nur wenig Vertheidiger. Reh tritt wieder für das höchste Alter in die Schranken, er scheint vor der Jugend (selbst vor der dreißigjährigen) eine außerordentliche Furcht zu haben. Den Zensus betreffend, hält er die „Sicherung der Besitzenden gegen die Nichtbesitzenden“ allerdings für sehr nöthig, findet aber diese Rücksicht gewahrt durch den schon früher gefaßten Beschluß, welcher für die „aktive Wählbarkeit zur ersten Kammer eine Steuer von 20 Fl.“ bestimmt.</p> <p>Auch Wernher von Nierstein ist für 40 Jahre, als „das gereiftere Alter.“</p> <p>Herr Jauch, der Vielbewanderte, stellt einen sehr passenden Vergleich an zwischen dem kleinen Nordamerika und dem großen Hessen-Darmstadt. Aber Wunder über Wunder! Die Kammer entscheidet ungeachtet mit 25 geges 18 Stimmen für das Amendement Mohr, Zitz. Im Uebrigen tritt sie dem Antrage der Majorität des Ausschusses bei.</p> <p>Art. 7 wird mit einer Modifikation nach dem Antrage des Ausschusses angenommen, und heißt:</p> <p rendition="#et">„Mitglied der ersten oder zweiten Kammer kann derjenige nicht sein, welcher 1) nach Art. 16 der Verfassungs-Urkunde in der Ausübung seines Staatsbürgerrechts gehindert ist; 2) wegen Diebstahls, Betrugs, Unterschlagung, Fälschung oder Meineids, oder 3) wegen eines sonstigen, im Straf- oder Militärgesetzbuche genannten Verbrechens oder Vergehens (das Duell jedoch ausgenommen) zu Dienstentsetzung oder Korrektionshaus-Strafe auf ein Jahr oder länger rechtskräftig verurtheilt ist.“</p> <p>In Bezug auf Punkt 2 und 3 war diesmal der Regierungsentwurf noch besser gewesen, der es wenigstens der jedesmaligen Entscheidung der Kammern überlassen wollte, ob eine Verurtheilung des Amtes eines Volksvertreters unwürdig mache; aber der deutsche Spießbürger hegt eine so gründliche Verachtung gegen alle diejenigen, welche sich gegen seine Bourgeois-Moral versündigen, daß er hier gar keinen Zweifel obwalten lassen will. — Ein Antrag Mohr's und Zitz's, Minister und Ministerialbeamte für wahlunfähig zu erklären, ward mit 24 gegen 17 Stimmen abgelehnt.</p> <p>Die übrigen Artikel sind von minderer Wichtigkeit; sie wurden fast ohne Diskussion und mit geringen Modifikationen nach der Vorlage des Ausschusses bis zu Art. 27 angenommen.</p> <p>Schließlich bemerkt noch der Abgeordnete Cretzschmar, daß das Versammlungsrecht (durch die Güte der Centralvolkszertreter) 5 Stunden (Meilen) um Frankfurt beschränkt; man möge das Ministerium ersuchen, daß sich dieses bei der Centralgewalt verwende, daß für die Vorberathung der hessischen Landtagswahlen das Versammlungsrecht wieder vollständig hergestellt werde. — Wenn die Sicherheit des deutschen Reiches und Großmama Wassermann's Gespensterfurcht das nur dulden???</p> </div> <div xml:id="ar191_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>***</author></bibl> Hamburg, 4. Jan.</head> <p>Das Produkt der Hamburgischen Revolution, die konstituirende Versammlung, hat ihre Thätigkeit begonnen. Wir hatten gestern die achte Sitzung, in welcher endlich die definitive Geschäftsordnung angenommen wurde. Die übrigen Sitzungen sind nämlich mit eben so ekelhaften als langweiligen Debatten über einen Eid ausgefüllt worden. Die Leutchen konnten lange nicht Eins werden, ob sie den Eid leisten sollten oder nicht. Einige wollten und wollen noch ihn nicht leisten, weil sie glauben, ein Gewissen zu haben. Die Radikalen sagten ganz richtig, wir leisten ihn oder wir leisten ihn nicht — c'est toujours la meme chose! Nur keine Vereinbarung mit dem Senate, nicht erst anfragen, wie der Eid gemeint sei. Die Leute hatten ganz Recht; aber was ist gegen eine Sorte von Menschen zu machen, die man Doktrinärs nennt (und noch dazu gegen Hamburger Doktrinärs!) Hamburg ist voll von dieser Race. Glauben Sie ja nicht, daß sich Hamburg mit seinen Frankfurter Deputirten erschöpft hat; im Gegentheil, wir besitzen mindestens noch ein Dutzend Heckscher (unmöglich; so schlimm kann's um die biedere Hammomia nicht stehen!) in unsern Mauern. Die Heckschers der Constituante wollen also vereinbaren; der Senat hat sie ablaufen lassen und der Eid ist geleistet worden. Das Ding hat mich amüsirt. Hundert und einige sechszig Mitglieder plapperten in allen Tonarten die Worte her: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe,“ es ging wie geschmiert. Wahrlich, noch nie gab's eine solche ergötzliche Komödie als diesen Abend, und das war gut; hätte die „konstituirende“ Versammlung auch kein anderes Verdienst, es müßte doch volle Anerkennung finden.</p> <p>Soll ich Ihnen jetzt von den Fraktionen sprechen? Es giebt eine große Fraktion (zum großen Theile aus den Doktrinärs) und viele Fraktiönchen. Die letzteren gehören der äußersten Rechten und der Linken an. Letztere zerfällt in verschiedene Theile. Der eine bildet die politische Linke. Zu dieser sind die Herren Trittau, Marr, Tischler Martens, Julius Campe (der Buchhändler) und Andere zu zählen. Die Leute glauben, das Volk hat Brod, wenn man ihm eine Verfassung, Geschwornengericht, freie Presse u. s. w. giebt. Noch ein Theil der Linken nennt sich die sociale Partei. Hier scheint noch sehr viel Naivetät zu herrschen und sehr viel Gott, Himmel und Gemüth. Der Führer heißt Dr. Rei. Alleinstehend in diesem Theile des Hauses sind Loine und Hagen. Ersterer hatte die Schwachheit, den Eid nicht leisten zu wollen, letzterer ist rother Republikaner.</p> <p>An der Spitze der Doktrinärs steht der Präsident der Versammlung Dr. Baumeister, eine verbesserte Auflage von Heckscher. Man kann übrigens von ihm sagen, daß er das Centrum ist.</p> <p>Was die bisherige Wirksamkeit dieser Constituante betrifft, so reduzirt sie sich auf Null; was die zukünftige anlangt, so werden wir wohl einen großen und einen kleinen Rath bekommen. Die Namen ändern sich, die Sachen bleiben dieselben, das ist die alte Geschichte.</p> <p>Daß wir wieder nach Frankfurt gewählt haben, werden Sie wissen. Eine Anzahl Radikaler wollte demonstriren und stimmte ür Heinzen, die Börse, im Verein mit den Liberalen und einigen sogenannten Radikalen wollten ebenfalls demonstriren und wählten feinen Hamburger Kaufmann, einen Freihandelsmann. Daß die Börse den Sieg davon trug, versteht sich von selbst. Uebrigens haben von 40,000 Wählern nur 9000 gewählt.</p> <p>Der Freihandel ist nach wie vor das liebe Kind der Hamburger. Wer hier Glück machen will, muß sich zum Freihandel bekennen. Er kann dann selbst Literat sein. Der Freihandel vereinigt alle Herzen, das Bekenntniß zu demselben ist die beste Einführungskarte in die großen Eßklubs, welche die Matadore unserer Börse so oft wie möglich veranstalten. Im Freihandel begegnen sich bei uns alle politischen Ansichten, und während sich sonst die Patrioten und die Radikalen, die Heuler und die Wühler wie bissige, wilde Bestien gegenüberstehen, reichen sie sich im Freihandel freundlich, brüderlich die Hand. Die Reaktion und der Fortschritt wollen dasselbe — das ist das Resultat der Hamburgischen Revolution.</p> <p>Die Vereine schlafen nachgerade bei uns ein, und noch dazu ohne jeglichen Belagerungszustand. Man hätte erwarten können, daß die Constituante sie zu neuer Thätigkeit anspornen würde; aber nichts da — die Vereine bekümmern sich gar nicht um die Constituante. Ich fürchte, es geht ihnen, wie der Mehrzahl der Hamburgischen Bevölkerung.</p> <p>Das Wichtigste für Hamburg dürfte zunächst die Bewegung in Schleswig-Holstein sein. Daß eine solche existirt, ist gewiß. Sogar in Altona wird man demokratisch. Die Bürgergarde ist gespalten und wäre neulich bei der Verhaftung Bracklow's beinahe schon in einen gegenseitigen Kampf gerathen. Das Gescheuteste wäre freilich, wenn sie vereint die Regierung wegjagten und die Preußen obendrein. Eine nord-albingische Republik ist unbedingt dasjenige, was der Demokratie für ganz Deutschland vor der Hand am Besten nutzen wurde. Wahrlich, nicht der Däne ist euer gefährlichster Feind, Ihr Schleswig-Holsteiner!</p> <p>Die Bank von Hamburg hat noch immer nahe an hundert Millionen. Unsere Bourgeoisie ruht von den Strapatzen des vorigen Jahres aus. Die Arbeiter hoffen auf Paris. Diese Hoffnung, dieses Sichverlassen auf Andere, dieses Abwarten ist's, was der Reaktion einstweilen gewonnen Spiel giebt.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar191_012" type="jArticle"> <head>Bern, 4. Jan.</head> <p>Der schweizerische Bundesrath hat die Militärdirektion autorisirt, den ehemaligen Professor der Militärwissenschaften an der Hochschule in Bern, Herrn Lobauer, gegenwärtig in Berlin, für den Militärunterricht zu berufen.</p> <bibl>(Schweiz. N. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar191_013" type="jArticle"> <head>Basel, 6. Jan.</head> <p>Der in neapolitanischen Diensten stehende Oberst Tobias Müller von Freiburg, hat den Zweck seiner Sendung, den Rekruten für den neapolitanischen Militärdienst sichern Durchmarsch auszuwirken, bereits erreicht. Radetzky trat von seinem Generalstabe umgeben dem Angemeldeten entgegen, umarmte ihn mit vieler Herzlichkeit und sprach: „Ich umarme in Ihnen die ganze loyale neapolitanische Armee, auch eine besondere Freude gewährt es mir, einem jener wackern Schweizer, welche ihrem König so treu dienen, den Handschlag zu geben.“ Hierauf verbreitete er sich mit vieler Anerkennung über die letzte Kriegsthat in <gap reason="illegible"/>Messsna. Als Oberstlieutenant Müller dann den Gegenstand seiner Mission berührte, erhielt er vom Feldmarschall die ungesäumte Zusicherung, die ganze Lombardei stehe ihm offen und wenn es nöthig, so sollen seine Regimenter zur Sicherung der gewählten Route aufgestellt werden. — Oberst Müller hat diese freundschaftliche Aufnahme bei Radetzky verdient; denn auch er war einst, als Kommandant der Freiburger Truppen im Jahre 1830, bereit, auf das Volk schießen zu lassen, weil es sich gegen die Aristokratie erhob.</p> <bibl>(Schw. N. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar191_014" type="jArticle"> <head>Lugano, 3. Januar.</head> <p>Der „Gazzetta Ticinese“ zufolge haben die eidg. Kommissäre wieder zwei Noten von Radetzky erhalten. In der einen weigert er sich, mit der Tessinerregierung in internationalen Verkehr zu treten, bis sie den Beschluß der Bundesversammlung über Entfernung der Flüchtlinge vollständig vollzogen habe; in der andern droht er dem Kanton mit Wiederherstellung der Sperre. In beiden stützt er sich darauf, daß die Einschmugglung von Waffen in die Lombardei fortdaure, sowie auch darauf daß die Häupter des lombardischen Aufstandes, namentlich Mazzini, noch im hiesigen Kanton seien und aus demselben, die Truppen zum Ausreißen auffordernde Proklamationen hervorgehen. Letzteres sei durch die Ergreifung eines Mazzini'schen Sendlings erwiesen, der zum Tode verurtheilt worden sei. Radetzky übermittelte Anzeigen über das Versteck Mazzini's und über von Turin datirte Flugblätter an die lombardischen Rekruten. Hierauf wurde die Verhaftung Mazzini's beschlossen; was die Flugblätter betrifft, verspricht die Regierung die strengste Wachsamkeit; hinsichtlich des Waffenschmuggels aber ergab die angestellte Untersuchung, daß die Beschwerde grundlos sei.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar191_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 7. Jan.</head> <p>Die Franzosen werden immer gründlicher; sie wollen der Geschichte immer mehr auf die Spur kommen. Der Uebergang von Louis Philipp zu Napoleon, mit allen Zwischenvorfällen kommt ihnen immer noch so überraschend vor, daß sie sich nicht genug ergehen können in historischen Rückerinnerungen und in neue historische Forschungen. So erfahren wir heute aus der Reforme neue Thatsachen zur Ergänzung der erwähnten aus der „Liberté“.</p> <p>Im Jahre 1839 nämlich war das Haus Orleans in großen Nöthen. Diesen Augenblick benutzte der Prinz, um durch seine Agenten Schritte zu versuchen bei Thiers, Clauzel, Berryer, Mauguin und Excelmanns.</p> <p>Um nur von Thiers zu sprechen, so äußerte er sich damals daß im Falle das Haus Orleans fiele, er keinen bessern Auswe[g] sähe, als die Proklamation des Prinzen, sei es als Kaiser, sei e[s] als König. Diese Aeußerung, wohl verstanden, ging seinem Eintritt ins Ministerium voran, und die gestrige Erzählung war nur der Schluß von dem, was wir heute nachzuholen haben. Thiers erklärte also, daß ungeachtet dieser seiner Meinung, er doch nicht geneigt sei, in irgend eine Verschwörung einzutreten, oder ihr auch nur im mindesten Vorschub zu leisten. Käme es jedoch so weit, daß die herrschende Dynastie (die Orleans) stürze, so könne man auf ihn und auf seinen Beistand rechnen. Der Sinn der damals gegebenen Antwort kann nicht bestritten werden, und man citirt sogar den Namen Eines seiner Getreuen, der mit der Ueberbringung derselben beauftragt war. Die kaiserliche Kamarilla sah in derselben eine Art „moralischer Complicität“, diplomatisch ausgedrückt und versprach sich Wunder von ihr. Sie verfolgte ihre Manövre mit einem steigenden Eifer.</p> <p>Im December desselben Jahres überfiel die Polizei Louis Philipps eine ganze kaiserliche Clique; die Papiere, welche bei den Agenten des Prinzen sich vorfanden, wurden dem Gerichte übergeben; Hr. Zangiacomi war damals Untersuchungsrichter, und unter andern Personen, die in die Untersuchung verwickelt wurden, fanden sich die Namen Barginet, Durand, Crouy-Chanel etc. Unter den Papieren fanden sich Briefe vor von der kompromittirendsten Natur; sie kamen nicht alle von London, sondern hatten noch eine weit größere Reise gemacht. Da erst merkte Thiers, wie schlecht die Intrigue, welcher er Gehör geschenkt hatte, geleitet war, und es that ihm herzlich leid.</p> <p>Indessen nahte der erste Mai heran, und die Ernennung des Hrn. Thiers als Präsident des Ministeriums gab der bonapartistischen Partei frohen Muth. Neue Agenten wurden zum Hrn. Thiers abgesandt und brachten die früher versprochene „moralische Complicität“ in Anregung. Thiers wies sie ab; aber die Agenten kamen immer wieder und erinnerten immer von Neuem Thiers an seine alten Versprechungen. Die Polizei und Louis Philipp erhielten Wind von diesen Besuchen. Die Ruhe Thiers und Philipps waren gestört; da beschloß denn ersterer den bonapartistischen Plänen ein Ende zu machen, indem er sie auf die gestern erzählte Weise scheitern ließ.</p> <p>Sarrut und Dupont sind in der heutigen Sitzung um diesen Gegenstand geschlichen, wie die „Katze um den heißen Brei“, und die ganze heutige Sitzung hat sich um die „geheimen Aktenstücke“ dermaßen klar und offen gedreht, daß wer Ohren hatte, blinder Weise in denselben lesen konnte. Sarrut war einer der Angeklagten von 1839; ein Verschwörer, der damals den „Namen Bonaparte gebrauchen wollte, um die Bourbonen, und mit den Bourbonen alle Throne zu stürzen.“ Sarrut hatte vom Prokurator der Republik die Herausgabe der Aktenstücke verlangt, die sich auf die damalige Verschwörung bezogen. Auf alle seine dringenden Forderungen habe man beständig geantwortet: Es existire keine Spur mehr von diesen Aktenstücken. Er will wissen, wo sie hingekommen sind; er will wissen, ob die Geschichte von Boulogne nicht von der Polizei angezettelt worden.</p> <p>Die bonapartistische Verschwörung von 1839 war nur die Vorläuferin von 1840, wo die Expedition von Boulogne Statt fand. Er, Sarrut sei ein wahrer Verschwörer gewesen; und wenn er damals freigesprochen worden, so sei das eine Ungerechtigkeit von Seiten des Prokurators und anderer Personen gewesen, welche oft die Mitschuldigen frei ließen, um die wahren Schuldigen zu treffen. Da er überzeugt gewesen sei, daß seine Freisprechung nur eine Lockspeise gewesen sei, um die Boulogner Expedition zu beschleunigen, so habe er sich von letzterer, als von der Polizei und andern hervorgerufen, ferngehalten. Hätte man damals die Aktenstücke gekannt, hätte man die wahren Verschwörer verurtheilt in 1839, so hätten die falschen Verschwörer im Jahre 1840 die Ruhe des Landes nicht bedroht. Er, Sarrut verlange zu wissen, wo die Aktenstücke geblieben sind. Aber was Sarrut zu wissen verlangt, ist lange nicht so gefährlich, als was Dupont de Bussac wissen will. Er will wissen, warum Malleville abgetreten, und warum man auch dem Louis Napoleon <hi rendition="#g">seine</hi> Aktenstücke verweigert habe. Napoleon habe Interessen, unter den Schmeichlern diejenigen zu kennen, die ihn in 1840 verrathen haben. Weder Mallevilles </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1034/0002]
glied Brodhubee bemerkte hierzu, daß diese Auslagen, da das Erforderniß für die noch bestehende Militär-Polizeiwache hierin nicht mitbegriffen ist, als sehr bedeutend angesehen werden müssen, und daß insbesondere das Erforderniß für die Sicherheitswache per 173,000 Fl. auffallend hoch sei. Es stelle sich heraus, daß Ein Mann dieses Wachtkörpers 100 Fl. C. M. koste, und daß das ganze Institut fast ein Viertel des ordentlichen städtischen Einkommens aufzehre.
Prag, 3. Jan. In der letzten Sitzung der Slowanska Lipa veranlaßte ein Antrag, sich wegen einer bessern Stellung der niedern Geistlichkeit zu verwenden, eine heftige Debatte, und fiel bei der Abstimmung durch. Interessant waren die Debatten über einen Antrag Liblinsky's, einen neuen Slawenkongreß zusammen zu rufen. Nachdem Wenige, selbst von der Ultrapartei, heftig dagegen aufgeteeten waren, wurde beschlossen, die Mitglieder des Slawenkongresses vom Junius aufzufordern, ihr unterbrochenes Werk (?) zu vollenden. Im Jahr 1849 tritt der nächste Kongreß der Slowanska Lipa in Prag zusammen. Die Bevölkerung Prags hatte sich an dem Kongresse nur sehr wenig betheiligt, und die Slowanka selbst ist mit den Resultaten sehr unzufrieden.
34 Darmstadt, 4. Januar. (Verhandlungen der zweiten Kammer).
Von den Anträgen, welche heute eingebracht wurden, hat nur einer ein allgemeineres Interesse, der von den Abgeordneten Schenck, Wernher, Gölzenleuchter, K. Zöpperitz und von Riedesel eingebrachte, das demnächstige Oberhaupt von Deutschland betreffend. Er lautet:
„In Betreff der Lage des deutschen Vaterlandes beantragen wir folgende Erklärung der Ständeversammlung an die Staatsregierung: die Stände des Großherzogthums Hessen werden es mit großer Freude begrüßen, wenn bei endlicher Feststellung der deutschen Verfassung Preußen an die Spitze von Deutschland gestellt werde.“
Preußen an die Spitze von Deutschland! d. h. Friedrich Wilhelm IV. (Erb-?) Kaiser von Deutschland, ganz Deutschland in Belagerungszustand! Die Bourgeoisie hat eine wahre Sehnsucht nach diesen gesegneten Zuständen, nachdem ihre Großmama Wassermann eine so malerische Schilderung von dem wieder beruhigten Berlin entworfen hat. Der einzige Vortheil, den uns dieses moderne Kaiserthum vielleicht brächte, wäre der, daß die Frankfurter Schönredner endlich einmal noch Hause geschickt würden.
Auf der Tagesordnung ist die Berathung über das Wahlgesetz, Artikel 5 u. f. f. Artikel 5 bestimmt:
„Zum Abgeordneten für die 2. Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl sein 30. Lebensjahr zurückgelegt hat.“
Die Majorität des Ausschusses hatte sich mit dem Entwurfe einverstanden erklärt, die Minorität (Zitz und Mohr) beantragte die Feststellung des Alters auf 25 Jahre. — Volhard überbietet das Ministerium an hessen-darmstädtischem Patriotismus, indem er verlangt, daß jeder Gewählte das Staatsbürgerrecht schon 3 Jahre genossen haben müsse. Hiergegen opponirt sogar Wernher von Nierstein, der sich das Ding noch gefallen ließe, wenn Hr. Volhard seinen Vorschlag wenigstens auf Nichtdeutsche (Barbaren) beschränkt hätte. — Lehne wünscht den Zusatz: „und wenigstens seit dem 8. März 1848 im Großherzogthum wohnt“, damit die zu Wählenden mit der (Großherzoglich Hessen-Darmstädtischen!!!) Neuzeit bekannt seien.
Zitz und Hillebrand sprechen für das Alter von 25 Jahren, da doch regelmäßig Aeltere gewählt würden (?), wie aus den Beispielen von Frankfurt, Berlin u. s. w. (aus denen das Volk hoffentlich ein für allemal gelernt hat, wie es nicht wählen muß) hervorgehe. Ausgezeichneten Talenten aber solle man schon früher den Eintritt gewähren. Hillebrand spricht noch insbesondere den Wunsch aus, daß in die künftige Kammer junge Männer gewählt würden, die noch nicht durch einseitiges Interesse beherrscht würden.
Heldmann stellt ein Amendement auf 21 Jahre. — Eine solche exorbitante Forderung findet der Reichs-Unterstaats-Sekretariats-Kandidat Reh „völlig unbegreiflich“. Das Sprüchwort sage: „30 Jahre ein Mann“, und (es hat doch sein Gutes, wenn man in der Jugend dazu angehalten ist, Sprüchwörter auswendig zu lernen, wie weiland Sancho Pansa ebenfalls erfahren) dies Sprichwort habe seine tiefere psychologische Bedeutung (!!). Die menschliche Bildung sei eine fortschreitende und namentlich falle dies in's Alter bis zum 30. Jahre. (Man merkt, daß Herr Reh dieses Alter bereits überschritten hat.)
Es wird nach Schluß gerufen, und nachdem der Minister mit dem „liberalsten Sinne“ der hohen Kammer noch einige andere Staaten als nachahmungswürdige Beispiele aufgestellt hat, in denen ebenfalls das 30. Lebensjahr Gesetz sei, und in einigen sogar noch ein Census obendrein, wird wirklich der Schluß beschlossen. Heldmann zieht seinen Antrag zurück, der Antrag der Minorität wird mit 26 gegen 17 Stimmen verworfen, und darauf der ursprüngliche Entwurf mit 42 gegen 1 Stimme (Heldmann) angenommen.
Artikel 6 des Entwurfes lautet:
„Zum Abgeordneten der ersten Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung der Kammer, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl 1) das 40. Lebensjahr zurückgelegt hat, und 2) entweder hundert Gulden ordentliche direkte Steuern bezahlt, oder fünfzig Gulden ordentliche direkte Steuern bezahlt und zugleich nach zurückgelegten Universitätsstudien und bestandener Prüfung fünf Jahre lang sich im Besitze eines Staats-, Kirchen- oder Schulamtes, oder der Advokatur oder der ärztlichen Praxis befunden hat.“
Die Majorität des Ausschusses beantragt:
„Zum Abgeordneten der ersten Kammer wählbar ist jeder hessische Staatsbürger, der am Tage der Eröffnung der Kammer, oder wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl das 40. Lebensjahr zurückgelegt hat.“
Der Abgeordnete Krug hat einen sehr komplizirten Separatantrag mit verändertem Zensus; Mohr und Zitz endlich verlangen, daß das Alter auf 30 Jahre festgesetzt werde.
Heldmann spricht gegen jede Beschränkung der passiven Wahlfähigkeit durch Alter oder Zensus, und will jeden volljährigen Staatsbürger zur ersten Kammer wählbar. — Behlen würde diesen Antrag unterstützen, wenn Heldmann seinen ersten Antrag nicht zurückgezogen hätte. (Heiterkeit.)
Der ursprüngliche Entwurf findet nur wenig Vertheidiger. Reh tritt wieder für das höchste Alter in die Schranken, er scheint vor der Jugend (selbst vor der dreißigjährigen) eine außerordentliche Furcht zu haben. Den Zensus betreffend, hält er die „Sicherung der Besitzenden gegen die Nichtbesitzenden“ allerdings für sehr nöthig, findet aber diese Rücksicht gewahrt durch den schon früher gefaßten Beschluß, welcher für die „aktive Wählbarkeit zur ersten Kammer eine Steuer von 20 Fl.“ bestimmt.
Auch Wernher von Nierstein ist für 40 Jahre, als „das gereiftere Alter.“
Herr Jauch, der Vielbewanderte, stellt einen sehr passenden Vergleich an zwischen dem kleinen Nordamerika und dem großen Hessen-Darmstadt. Aber Wunder über Wunder! Die Kammer entscheidet ungeachtet mit 25 geges 18 Stimmen für das Amendement Mohr, Zitz. Im Uebrigen tritt sie dem Antrage der Majorität des Ausschusses bei.
Art. 7 wird mit einer Modifikation nach dem Antrage des Ausschusses angenommen, und heißt:
„Mitglied der ersten oder zweiten Kammer kann derjenige nicht sein, welcher 1) nach Art. 16 der Verfassungs-Urkunde in der Ausübung seines Staatsbürgerrechts gehindert ist; 2) wegen Diebstahls, Betrugs, Unterschlagung, Fälschung oder Meineids, oder 3) wegen eines sonstigen, im Straf- oder Militärgesetzbuche genannten Verbrechens oder Vergehens (das Duell jedoch ausgenommen) zu Dienstentsetzung oder Korrektionshaus-Strafe auf ein Jahr oder länger rechtskräftig verurtheilt ist.“
In Bezug auf Punkt 2 und 3 war diesmal der Regierungsentwurf noch besser gewesen, der es wenigstens der jedesmaligen Entscheidung der Kammern überlassen wollte, ob eine Verurtheilung des Amtes eines Volksvertreters unwürdig mache; aber der deutsche Spießbürger hegt eine so gründliche Verachtung gegen alle diejenigen, welche sich gegen seine Bourgeois-Moral versündigen, daß er hier gar keinen Zweifel obwalten lassen will. — Ein Antrag Mohr's und Zitz's, Minister und Ministerialbeamte für wahlunfähig zu erklären, ward mit 24 gegen 17 Stimmen abgelehnt.
Die übrigen Artikel sind von minderer Wichtigkeit; sie wurden fast ohne Diskussion und mit geringen Modifikationen nach der Vorlage des Ausschusses bis zu Art. 27 angenommen.
Schließlich bemerkt noch der Abgeordnete Cretzschmar, daß das Versammlungsrecht (durch die Güte der Centralvolkszertreter) 5 Stunden (Meilen) um Frankfurt beschränkt; man möge das Ministerium ersuchen, daß sich dieses bei der Centralgewalt verwende, daß für die Vorberathung der hessischen Landtagswahlen das Versammlungsrecht wieder vollständig hergestellt werde. — Wenn die Sicherheit des deutschen Reiches und Großmama Wassermann's Gespensterfurcht das nur dulden???
*** Hamburg, 4. Jan. Das Produkt der Hamburgischen Revolution, die konstituirende Versammlung, hat ihre Thätigkeit begonnen. Wir hatten gestern die achte Sitzung, in welcher endlich die definitive Geschäftsordnung angenommen wurde. Die übrigen Sitzungen sind nämlich mit eben so ekelhaften als langweiligen Debatten über einen Eid ausgefüllt worden. Die Leutchen konnten lange nicht Eins werden, ob sie den Eid leisten sollten oder nicht. Einige wollten und wollen noch ihn nicht leisten, weil sie glauben, ein Gewissen zu haben. Die Radikalen sagten ganz richtig, wir leisten ihn oder wir leisten ihn nicht — c'est toujours la meme chose! Nur keine Vereinbarung mit dem Senate, nicht erst anfragen, wie der Eid gemeint sei. Die Leute hatten ganz Recht; aber was ist gegen eine Sorte von Menschen zu machen, die man Doktrinärs nennt (und noch dazu gegen Hamburger Doktrinärs!) Hamburg ist voll von dieser Race. Glauben Sie ja nicht, daß sich Hamburg mit seinen Frankfurter Deputirten erschöpft hat; im Gegentheil, wir besitzen mindestens noch ein Dutzend Heckscher (unmöglich; so schlimm kann's um die biedere Hammomia nicht stehen!) in unsern Mauern. Die Heckschers der Constituante wollen also vereinbaren; der Senat hat sie ablaufen lassen und der Eid ist geleistet worden. Das Ding hat mich amüsirt. Hundert und einige sechszig Mitglieder plapperten in allen Tonarten die Worte her: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe,“ es ging wie geschmiert. Wahrlich, noch nie gab's eine solche ergötzliche Komödie als diesen Abend, und das war gut; hätte die „konstituirende“ Versammlung auch kein anderes Verdienst, es müßte doch volle Anerkennung finden.
Soll ich Ihnen jetzt von den Fraktionen sprechen? Es giebt eine große Fraktion (zum großen Theile aus den Doktrinärs) und viele Fraktiönchen. Die letzteren gehören der äußersten Rechten und der Linken an. Letztere zerfällt in verschiedene Theile. Der eine bildet die politische Linke. Zu dieser sind die Herren Trittau, Marr, Tischler Martens, Julius Campe (der Buchhändler) und Andere zu zählen. Die Leute glauben, das Volk hat Brod, wenn man ihm eine Verfassung, Geschwornengericht, freie Presse u. s. w. giebt. Noch ein Theil der Linken nennt sich die sociale Partei. Hier scheint noch sehr viel Naivetät zu herrschen und sehr viel Gott, Himmel und Gemüth. Der Führer heißt Dr. Rei. Alleinstehend in diesem Theile des Hauses sind Loine und Hagen. Ersterer hatte die Schwachheit, den Eid nicht leisten zu wollen, letzterer ist rother Republikaner.
An der Spitze der Doktrinärs steht der Präsident der Versammlung Dr. Baumeister, eine verbesserte Auflage von Heckscher. Man kann übrigens von ihm sagen, daß er das Centrum ist.
Was die bisherige Wirksamkeit dieser Constituante betrifft, so reduzirt sie sich auf Null; was die zukünftige anlangt, so werden wir wohl einen großen und einen kleinen Rath bekommen. Die Namen ändern sich, die Sachen bleiben dieselben, das ist die alte Geschichte.
Daß wir wieder nach Frankfurt gewählt haben, werden Sie wissen. Eine Anzahl Radikaler wollte demonstriren und stimmte ür Heinzen, die Börse, im Verein mit den Liberalen und einigen sogenannten Radikalen wollten ebenfalls demonstriren und wählten feinen Hamburger Kaufmann, einen Freihandelsmann. Daß die Börse den Sieg davon trug, versteht sich von selbst. Uebrigens haben von 40,000 Wählern nur 9000 gewählt.
Der Freihandel ist nach wie vor das liebe Kind der Hamburger. Wer hier Glück machen will, muß sich zum Freihandel bekennen. Er kann dann selbst Literat sein. Der Freihandel vereinigt alle Herzen, das Bekenntniß zu demselben ist die beste Einführungskarte in die großen Eßklubs, welche die Matadore unserer Börse so oft wie möglich veranstalten. Im Freihandel begegnen sich bei uns alle politischen Ansichten, und während sich sonst die Patrioten und die Radikalen, die Heuler und die Wühler wie bissige, wilde Bestien gegenüberstehen, reichen sie sich im Freihandel freundlich, brüderlich die Hand. Die Reaktion und der Fortschritt wollen dasselbe — das ist das Resultat der Hamburgischen Revolution.
Die Vereine schlafen nachgerade bei uns ein, und noch dazu ohne jeglichen Belagerungszustand. Man hätte erwarten können, daß die Constituante sie zu neuer Thätigkeit anspornen würde; aber nichts da — die Vereine bekümmern sich gar nicht um die Constituante. Ich fürchte, es geht ihnen, wie der Mehrzahl der Hamburgischen Bevölkerung.
Das Wichtigste für Hamburg dürfte zunächst die Bewegung in Schleswig-Holstein sein. Daß eine solche existirt, ist gewiß. Sogar in Altona wird man demokratisch. Die Bürgergarde ist gespalten und wäre neulich bei der Verhaftung Bracklow's beinahe schon in einen gegenseitigen Kampf gerathen. Das Gescheuteste wäre freilich, wenn sie vereint die Regierung wegjagten und die Preußen obendrein. Eine nord-albingische Republik ist unbedingt dasjenige, was der Demokratie für ganz Deutschland vor der Hand am Besten nutzen wurde. Wahrlich, nicht der Däne ist euer gefährlichster Feind, Ihr Schleswig-Holsteiner!
Die Bank von Hamburg hat noch immer nahe an hundert Millionen. Unsere Bourgeoisie ruht von den Strapatzen des vorigen Jahres aus. Die Arbeiter hoffen auf Paris. Diese Hoffnung, dieses Sichverlassen auf Andere, dieses Abwarten ist's, was der Reaktion einstweilen gewonnen Spiel giebt.
Schweiz. Bern, 4. Jan. Der schweizerische Bundesrath hat die Militärdirektion autorisirt, den ehemaligen Professor der Militärwissenschaften an der Hochschule in Bern, Herrn Lobauer, gegenwärtig in Berlin, für den Militärunterricht zu berufen.
(Schweiz. N. Z.) Basel, 6. Jan. Der in neapolitanischen Diensten stehende Oberst Tobias Müller von Freiburg, hat den Zweck seiner Sendung, den Rekruten für den neapolitanischen Militärdienst sichern Durchmarsch auszuwirken, bereits erreicht. Radetzky trat von seinem Generalstabe umgeben dem Angemeldeten entgegen, umarmte ihn mit vieler Herzlichkeit und sprach: „Ich umarme in Ihnen die ganze loyale neapolitanische Armee, auch eine besondere Freude gewährt es mir, einem jener wackern Schweizer, welche ihrem König so treu dienen, den Handschlag zu geben.“ Hierauf verbreitete er sich mit vieler Anerkennung über die letzte Kriegsthat in _ Messsna. Als Oberstlieutenant Müller dann den Gegenstand seiner Mission berührte, erhielt er vom Feldmarschall die ungesäumte Zusicherung, die ganze Lombardei stehe ihm offen und wenn es nöthig, so sollen seine Regimenter zur Sicherung der gewählten Route aufgestellt werden. — Oberst Müller hat diese freundschaftliche Aufnahme bei Radetzky verdient; denn auch er war einst, als Kommandant der Freiburger Truppen im Jahre 1830, bereit, auf das Volk schießen zu lassen, weil es sich gegen die Aristokratie erhob.
(Schw. N. Z.) Lugano, 3. Januar. Der „Gazzetta Ticinese“ zufolge haben die eidg. Kommissäre wieder zwei Noten von Radetzky erhalten. In der einen weigert er sich, mit der Tessinerregierung in internationalen Verkehr zu treten, bis sie den Beschluß der Bundesversammlung über Entfernung der Flüchtlinge vollständig vollzogen habe; in der andern droht er dem Kanton mit Wiederherstellung der Sperre. In beiden stützt er sich darauf, daß die Einschmugglung von Waffen in die Lombardei fortdaure, sowie auch darauf daß die Häupter des lombardischen Aufstandes, namentlich Mazzini, noch im hiesigen Kanton seien und aus demselben, die Truppen zum Ausreißen auffordernde Proklamationen hervorgehen. Letzteres sei durch die Ergreifung eines Mazzini'schen Sendlings erwiesen, der zum Tode verurtheilt worden sei. Radetzky übermittelte Anzeigen über das Versteck Mazzini's und über von Turin datirte Flugblätter an die lombardischen Rekruten. Hierauf wurde die Verhaftung Mazzini's beschlossen; was die Flugblätter betrifft, verspricht die Regierung die strengste Wachsamkeit; hinsichtlich des Waffenschmuggels aber ergab die angestellte Untersuchung, daß die Beschwerde grundlos sei.
Französische Republik. 12 Paris, 7. Jan. Die Franzosen werden immer gründlicher; sie wollen der Geschichte immer mehr auf die Spur kommen. Der Uebergang von Louis Philipp zu Napoleon, mit allen Zwischenvorfällen kommt ihnen immer noch so überraschend vor, daß sie sich nicht genug ergehen können in historischen Rückerinnerungen und in neue historische Forschungen. So erfahren wir heute aus der Reforme neue Thatsachen zur Ergänzung der erwähnten aus der „Liberté“.
Im Jahre 1839 nämlich war das Haus Orleans in großen Nöthen. Diesen Augenblick benutzte der Prinz, um durch seine Agenten Schritte zu versuchen bei Thiers, Clauzel, Berryer, Mauguin und Excelmanns.
Um nur von Thiers zu sprechen, so äußerte er sich damals daß im Falle das Haus Orleans fiele, er keinen bessern Auswe[g] sähe, als die Proklamation des Prinzen, sei es als Kaiser, sei e[s] als König. Diese Aeußerung, wohl verstanden, ging seinem Eintritt ins Ministerium voran, und die gestrige Erzählung war nur der Schluß von dem, was wir heute nachzuholen haben. Thiers erklärte also, daß ungeachtet dieser seiner Meinung, er doch nicht geneigt sei, in irgend eine Verschwörung einzutreten, oder ihr auch nur im mindesten Vorschub zu leisten. Käme es jedoch so weit, daß die herrschende Dynastie (die Orleans) stürze, so könne man auf ihn und auf seinen Beistand rechnen. Der Sinn der damals gegebenen Antwort kann nicht bestritten werden, und man citirt sogar den Namen Eines seiner Getreuen, der mit der Ueberbringung derselben beauftragt war. Die kaiserliche Kamarilla sah in derselben eine Art „moralischer Complicität“, diplomatisch ausgedrückt und versprach sich Wunder von ihr. Sie verfolgte ihre Manövre mit einem steigenden Eifer.
Im December desselben Jahres überfiel die Polizei Louis Philipps eine ganze kaiserliche Clique; die Papiere, welche bei den Agenten des Prinzen sich vorfanden, wurden dem Gerichte übergeben; Hr. Zangiacomi war damals Untersuchungsrichter, und unter andern Personen, die in die Untersuchung verwickelt wurden, fanden sich die Namen Barginet, Durand, Crouy-Chanel etc. Unter den Papieren fanden sich Briefe vor von der kompromittirendsten Natur; sie kamen nicht alle von London, sondern hatten noch eine weit größere Reise gemacht. Da erst merkte Thiers, wie schlecht die Intrigue, welcher er Gehör geschenkt hatte, geleitet war, und es that ihm herzlich leid.
Indessen nahte der erste Mai heran, und die Ernennung des Hrn. Thiers als Präsident des Ministeriums gab der bonapartistischen Partei frohen Muth. Neue Agenten wurden zum Hrn. Thiers abgesandt und brachten die früher versprochene „moralische Complicität“ in Anregung. Thiers wies sie ab; aber die Agenten kamen immer wieder und erinnerten immer von Neuem Thiers an seine alten Versprechungen. Die Polizei und Louis Philipp erhielten Wind von diesen Besuchen. Die Ruhe Thiers und Philipps waren gestört; da beschloß denn ersterer den bonapartistischen Plänen ein Ende zu machen, indem er sie auf die gestern erzählte Weise scheitern ließ.
Sarrut und Dupont sind in der heutigen Sitzung um diesen Gegenstand geschlichen, wie die „Katze um den heißen Brei“, und die ganze heutige Sitzung hat sich um die „geheimen Aktenstücke“ dermaßen klar und offen gedreht, daß wer Ohren hatte, blinder Weise in denselben lesen konnte. Sarrut war einer der Angeklagten von 1839; ein Verschwörer, der damals den „Namen Bonaparte gebrauchen wollte, um die Bourbonen, und mit den Bourbonen alle Throne zu stürzen.“ Sarrut hatte vom Prokurator der Republik die Herausgabe der Aktenstücke verlangt, die sich auf die damalige Verschwörung bezogen. Auf alle seine dringenden Forderungen habe man beständig geantwortet: Es existire keine Spur mehr von diesen Aktenstücken. Er will wissen, wo sie hingekommen sind; er will wissen, ob die Geschichte von Boulogne nicht von der Polizei angezettelt worden.
Die bonapartistische Verschwörung von 1839 war nur die Vorläuferin von 1840, wo die Expedition von Boulogne Statt fand. Er, Sarrut sei ein wahrer Verschwörer gewesen; und wenn er damals freigesprochen worden, so sei das eine Ungerechtigkeit von Seiten des Prokurators und anderer Personen gewesen, welche oft die Mitschuldigen frei ließen, um die wahren Schuldigen zu treffen. Da er überzeugt gewesen sei, daß seine Freisprechung nur eine Lockspeise gewesen sei, um die Boulogner Expedition zu beschleunigen, so habe er sich von letzterer, als von der Polizei und andern hervorgerufen, ferngehalten. Hätte man damals die Aktenstücke gekannt, hätte man die wahren Verschwörer verurtheilt in 1839, so hätten die falschen Verschwörer im Jahre 1840 die Ruhe des Landes nicht bedroht. Er, Sarrut verlange zu wissen, wo die Aktenstücke geblieben sind. Aber was Sarrut zu wissen verlangt, ist lange nicht so gefährlich, als was Dupont de Bussac wissen will. Er will wissen, warum Malleville abgetreten, und warum man auch dem Louis Napoleon seine Aktenstücke verweigert habe. Napoleon habe Interessen, unter den Schmeichlern diejenigen zu kennen, die ihn in 1840 verrathen haben. Weder Mallevilles
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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