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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 189. Köln, 7. Januar 1849.

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Schreckbilder, von denen man uns erzählt hat, daß sie durch die Berliner Straßen schritten, lebten nur in dem Gehirne eines Furchtsamen. Der Traum eines rothen Republikaners freilich, er befindet sich noch hier in unserer Mitte. (Gelächter.) Der Steuerverweigerungsbeschluß, den man den preußischen Volksvertretern zu so schwerem Vorwurfe macht, ist nichts als eine Konsequenz des Beschlusses, der das Ministerium Brandenburg für ein hochverrätherisches erklärte. An Hochverräther zahlt man keine Steuern. Dazu ist die octroyirte Verfassung nicht erst ausgearbeitet worden, nachdem die äußersten Konflikte eingetreten. Sie war längst vorbereitet und vorhanden. Sie ist wohl selbst aus Einflüssen hervorgegangen, die in diesem Saale ihren Ursprung haben. (Unruhe.) Die Verweigerung der Theesteuer, von der die amerikanische Erhebung datirt, rühmt man uns. Was geschah denn in Preußen Anderes? Die octroyirte Verfassung aber wird mit Unrecht eine freisinnige genannt. Die erste Kammer stellt die Bevorrechtigung des Reichthums wieder her, und was die Grundrechte anlangt, so tritt sie in Widerspruch selbst zu den in Frankfurt getroffenen Bestimmungen. Das Petitionsrecht z. B. wird nur den anerkannten Korporationen zugesprochen, und Volksversammlungen unter freiem Himmel bedürfen einer vorläufigen Anzeige. Das absolute Veto, welches wir hier verworfen haben, in der preußischen Verfassung findet es seinen Platz. Wär' aber die Verfassung selbst eine freisinnige zu nennen, so wird sie allen Anzeigen nach nicht gehalten werden. Alle Verfügungen des Ministers Rintelen erinnern an das alte System, an das System der Despotie. Dazu kommt ein neuester Armeebefehl, der den Offizieren verbietet, von einer andern politischen Meinung als ihr König zu sein (Bewegung und Widerspruch), dazu der königliche Neujahrsgruß an das Heer, worin auf die Märzbewegung herabgeblickt wird, als auf eine Empörung. Selbst das Vertrauen auf die Redlichkeit und Unabhängigkeit der Gerichte ist vernichtet. Sie sinken zu Polizeianstalten herab. Unter den verschiedenen Anträgen, die Ihnen vorliegen, scheint mir der des Abgeordneten Uhland der empfehlenswertheste, der von der Ansicht ausgeht, was in Preußen geschehen, das sei ein Verfassungsbruch. Das Ministerium Brandenburg habe nichts für das Wohl des Landes gethan, wohl aber die Berliner Versammlung, die ihre Zeit wahrhaftig nicht vertändelt habe. Die Gründe der Auflösung, die man vorgeschoben habe, seien falsch. Spreche man es aus durch einen Beschluß, daß die preußische Regierung abermals ihr Wort gebrochen, die Berliner Versammlung aber sich um das Vaterland verdient gemacht habe. -- Lebhafter Beifall von der Linken und von der ungesperrten Gallerie, die auf Anlaß der heutigen Verhandlung mit einem überaus zahlreichen Publikum besetzt ist.

Ihm folgt Hayn für den Ausschuß. Höchst verworren legt er seine schwache Lanze für Brandenburg-Manteuffel ein und für das gottbegnadete Werk der Contrerevolution. Beifall von der Rechten lohnt ihm dafür. Der dritte Redner ist

Simon (Breslau): Alle stützenden Momente hat man zu die Macht der Versammlung stürzenden gemacht, so in der Malmöer Frage. Deutschland liegt am Boden, wir werden es nicht aufrichten. Ich kann Sie diesmal nicht auffordern, Deutschland zu retten, Sie sind es nicht mehr im Stande! -- Sie haben seit 9 Monaten vergessen, daß Ihre Macht und Kraft ausschließlich in den Sympathien des Volkes liegt, und das deutsche Parlament, ein Riese auf diesem mütterlichen Boden, wird diesem enthoben, in der Diplomaten Armen erdrückt. (Bravo! Bravo!) Was haben Sie aber dadurch erreicht, daß Sie den Kabinetten Rechnung getragen? Ich weiß wenigstens nicht, daß man Sie anerkannt hätte! Oesterreich erklärt geradezu, an unsere Beschlüsse nicht gebunden zu sein, betrachtet nicht Deutschland als über Oesterreich stehend, verweigert die Zahlung der ausgeschriebenen Beiträge, will nicht mit dem Ministerium des Innern, wohl aber mit dem Ministerium des Aeußern unterhandeln: denn was hat auch Oesterreich mit dem deutschen Ministerium des Innern zu thun? Hannover erklärt: die Grundrechte vorläufig nicht zu publiziren; Baiern hat keine Instruktion bezüglich dieser Grundrechte und verweigert ebenfalls die Beiträge; Preußen hat zwar keine unumwundene Erklärung gegeben, aber es handelt einer solchen gemäß. Denken Sie an den Beschluß in der Posener Frage. Preußen hat ihn ignorirt. In der oktroyirten Verfassung finden Sie eine unserm Beschlusse entgegenstehende Beantwortung! Sie hatten den Muth, der Krone Preußen auszusprechen, sie solle ihr Ministerium Brandenburg entlassen; es war aber ausschließlich bestimmt, jenen Gewaltstreich zu begehen und man hat Sie nicht beachtet! Ihrem Beschlusse hat man es zu danken, daß es noch am Leben ist; man weiß jetzt, was man auf Ihre Beschlüsse für Werth legt. Das ist aber der Unsegen aller Halbheit. Sie haben die Krone Preußen durch die Aufforderung, das Ministerium Brandenburg zu entlassen, verletzt und im Volke Alles Vertrauen verloren, wenn Sie den Beschluß der Vertagung der Versammlung als ein Recht bezeichnen. Man sieht in Preußen und Oesterreich nicht mehr nach Frankfurt, weil man nichts mehr von Ihnen hofft, und da läßt sich in diesem Momente wenig dagegen thun. Der Umschwung aber kommt bald, und ich tröste mich mit der Zuversicht, daß Deutschland die Begeisterung für Einheit und Freiheit noch nicht aufgeben wird, weil es mit seiner ersten Versammlung nicht zufrieden ist. Es wird seine Idee nicht aufgeben, weil sie in ihm Wurzel gefaßt. Sie können aber diese Idee gründlich ruiniren, wenn Sie auf dem eingeschlagenen Wege fortfahren; und Sie thun das, wenn Sie den Beschluß der Oktroyirung einer Verfassung als rechtlich darstellen und indem Sie über den Antrag Wesendonck's zur Tagesordnung übergehen, den Antrag des Ausschusses annehmen. Als Solon gefragt wurde, welches die beste Verfassung sei, antwortete er: "Diejenige, wo die geringste Beleidigung des geringsten Bürgers als Schmach für die Verfassung betrachtet wird." Wenn man dies als Maßstab an unsere preußische Verfassung legen wollte, wie würde wohl die Antwort lauten? Man hat nach der Märzrevolution nicht gleich die Resultate gezogen, die Errungenschaft war eben das Versprechen, die Zusage der Vereinbarung einer Verfassung. Wehe aber dem Volke, welches nicht fühlt, daß in der Art des Erscheinens jener Verfassung etwas Entwürdigendes liegt! Wehe dem Volke, welchem der Titel gleichgültig ist, unter welchem es sein Heiligstes empfängt; -- und es kann ein Augenblick kommen, wo die preußische Regierung erklären dürfte, sich an diese Verfassung nicht gebunden zu erachten. Gewalt hat gesiegt, wir sind noch an das Verfahren vor dem März gewöhnt, aber das muß ich entschieden tadeln, daß man die preußische Nationalversammlung von dieser Tribüne herab geschmäht hat; der Ausschuß ist dabei nicht zurückgeblieben! Auch ich erkenne eine potische Nothwendigkeit an, aber nicht in dieser Verfassungsfrage. Selbst dem Ausschusse sind Rechtszweifel hierüber aufgestoßen, aber sie zu untersuchen, ist ihm nicht eingefallen. Man sagt, schon die Unthätigkeit der preußischen Nationalversammlung habe diese unfähig gemacht, sie habe nur drei Paragraphen fertig gebracht, aber eigenthümlich ist es, daß man dann, wo sie eben mit Ernst vorzugehen beginnt, das "Gottes Gnaden" streicht, Adel, Orden und Titel aufhebt, sie auflöst. Man fand, daß sie zu ernst vorging, darum hob man sie auf. Was den Umschwung der öffentlichen Meinung anlange, so möge man doch dieselbe nicht überschätzen und dabei jene Einflüsse nach Gebühr in Anschlag bringen, wie andererseits allerdings es auch viele Leute gebe, welche den materiellen Druck höher schätzen, als den Sieg der Idee. "Allein meine Herren, ist es nicht zum großen Theile unsere Schuld, die wir durch unser Zögern und Zagen, durch unser Zurückgehen und durch den Bankrott aller Ideen von Freiheit und Einheit, mit welchen die Revolution geschah, das Volk erschlafft und ihm das letzte Vertrauen geraubt haben? Die alte schlechte Wirthschaft ist wieder in voller Blüthe. Von den preußischen Deputirten, welche hier sitzen, wird kaum einer sein, welcher nicht einen Freund dermalen auf der Flucht oder im Gefängnisse, ja, selbst im Zuchthaus hat. Die Reaktion hat selbst die Unverletzbarkeit des Richterstandes angegriffen. Wahrlich, solche Zeiten erinnern mich an die neapolitanische und spanische Periode, als die Bourbons mit dem ganzen Apparat ihrer Inquisition zurückkamen. Ich stehe nicht an, vor ganz Deutschland, von dieser Tribüne herab zu bepaupten, daß sich der preußische Richterstand durch seine Dankadressen und die Verfolgung seiner Mitglieder einer schmachvollen Servilität schuldig gemacht hat. (Stürmischer Ausbruch von allen Seiten des Hauses; von der äußersten Rechten wird zur Ordnung gerufen. Der Präsident erklärt unter lautem Beifall, daß er sich durch die vorangegangene Aeußerung zu dem Ordnungsruf nicht für berechtigt halte.) Den Herren, welche mich zur Ordnung gerufen wissen wollen, rufe ich zu: daß die Unabhängigkeit der Gerichte das köstlichste Palladium eines Volkes ist, welches feststehen muß, wenn alles Andere in Trümmer fällt. Die Richter dürfen nur das Gesetz und das Recht kennen und sollen daneben keine anderen Götter haben. Denn wenn in den Rechtsbestand die Reaktion hineindrängt, so erscheint sie in ihrer fluchwürdigsten Gestalt und beweis't, daß die Krone bereits an den Grundfesten jeder Rechtsverfassung gerüttelt hat. (Stürmischer, langdauernder Beifall von der Linken, so wie von allen Gallerien.) Meine Herren! Ich wälze nicht ausschließlich die Schuld auf diese Versammlung, denn ein Volk, dessen Wille Jahrhunderte lang untergegangen war in der Geschichte seiner Fürsten, schwingt sich nicht in wenigen Monaten zur Freiheit. Aber wir, die Auserwählten, dürfen nicht dulden, daß die Rechtsidee geschwächt werde, und nicht an uns ist es, das Banner der Freiheit zu senken, das uns in die Hände gedrückt worden ist, um es hoch in die Lüfte zu erheben, ja, selbst noch im Fallen festzuhalten. Uns gebührt es, auszusprechen, daß die Auflösung der berliner Versammlung und die Octroyirung einer Charte eine Rechtsverletzung ist und daß diese Rechtsverletzung dermalen noch fortdauert. Darauf ist mein Antrag gerichtet, und ich empfehle ihn der Versammlung zur Annahme. (Der Redner verläßt die Tribüne unter rauschendem Beifalle.)

Reichsminister der Finanzen v. Beckerath: der Rath, den der Verfasser von "Annehmen oder Ablehnen" ertheilte, war dahin gerichtet, daß der vereinigte Landtag die patentirte Verfassung einfach zurückweisen sollte. Wie aber, wenn der Rath befolgt worden wäre, wenn mithin der vereinigte Landtag der politischen Entwickelung Deutschland's gefehlt hätte? Das formelle Recht ist in großen politischen Fragen nicht das allein Entscheidende. Ueberhaupt hat Simon mit Vorliebe die Schattenseite unserer Verhältnisse hervorgehoben.

Dieser tapfere Ritter von der Wiege am unbekannten Webstuhl, findet, daß die preußische Regierung endlich (!!) das Ihrige gethan. (Sehr natürlich in Herrn v. Beckerath's Munde). Der brave Mann ist, wie sich von selbst versteht, für den Ausschuß.

Es wird Schluß beantragt und namentliche Abstimmung. Die Fortsetzung wird beschlossen. Es erhalten daher Wachsmuth (Hannover), um zu vermitteln, und Göben (Krotoszyn), um in gottbegnadeter Reaktionswuth gegen Anarchie etc. zu faseln, das Wort. Martini (von der äußersten Linken) wird oft unterbrochen, weil er der Rechten und den Centren bittre Pillen verabreicht. Er schließt mit folgenden Worten: "Meine Herren, ich will Ihnen auch meinen letzten Rath nicht vorenthalten: Gehen Sie nach Hause!"

Wieder Schluß gefordert und verworfen. So kommt denn Löwe aus Calbe zum Wort, der sehr richtig bemerkt: "Ich bedaure, meine Herren, den leeren Streit, den Sie führen; denn darüber scheinen Sie einig zu sein, daß Sie nichts thun wollen; nur über die Form sind Sie verschiedener Meinung. (Sehr wahr! Bravo!)

Dritter Ruf nach Schluß und abermals abgelehnt.

Fr. Raveaux: Daß das preußische Volk kein Vertrauen mehr zu uns hat, ist auch meine Ansicht, und ich bin auch mit den Motiven vollständig einverstanden. Als die preußische Nation sah, daß wir nicht im Stande waren, unsern Beschluß vom 20. November auszuführen, als es sah, daß wir nicht die Kraft hatten, seine Rechte in Wirklichkeit zu wahren, erhielten wir keine Adressen mehr und Sie werden auch keine mehr erhalten; und ich gebe den preußischen Abgeordneten in so fern Recht, daß das preußische Volk nur auf sich selbst sich verläßt. Gegenwärtig geht aber eine gesetzliche Revolution in Preußen vor, nämlich die Wahlen. Das Volk bemüht sich, Männer hinein zu bringen, welche den Gewaltstreich schon in nächster Zukunft beleuchten und Verwahrung dagegen einlegen werden. Das Volk wird sich nicht wieder täuschen, und die Mehrheit schon protestiren. (Widerspruch. -- Beifall.) Die Zukunft wird es lehren. Das preuß. Volk war für die Nation.-Vers. (Widerspruch.) Ich spreche von dem Momente, wo die Adressen gegen Brandenburg, also auch für die Versammlung und gegen die Krone Preußen's eingingen. Ist es jetzt anders, so liegt es auch nahe, warum. Nach dem Beschlusse der Steuerverweigerung ist die öffentliche Meinung umgeschlagen, und das Einschüchterungssystem Preußens hat seine Früchte getragen. (Widerspruch.) Ja, meine Herren, der Belagerungszustand, die Militärcensur, das Alles ist weit schlimmer als Reaktion, das ist seit 1815 nicht da dagewesen. Ein Ministerium, welches Sie selbst entfernt wissen wollten, steht noch an der Spitze. An der Spitze der Gewalt ein Ministerium, was diese Versammlung nicht will, das will viel sagen. (Heiterkeit.)

Wir standen bloß durch das Volk, von ihm haben wir die Macht, und wir haben sie Preis gegeben und werden sie durch die Fürsten nicht wieder bekommen. Beschließen Sie, was Sie wollen, einfache oder motivirte Tagesordnung. Die Kommission, welche noch zusammensitzt für die Berathung der Blum'schen Todtenfeier, mag denn, meine Herren, über die Todtenfeier dieses Hauses ihren vollständigen Bericht erstatten. (Stürmischer Beifall von der Linken und den Gallerieen.)

Endlich Schluß und namentliche Abstimmung.

Die einfache Tagesordnung mit 230 gegen 202 Stimmen verworfen.

Die motivirte Tagesordnung des Hrn. Wachsmuth etc. mit 214 gegen 167 verworfen.

Der Antrag von H. Simon und Genossen, lautend: "Die Reichsversammlung beschließt: in Erwägung, daß die Berechtigung des preuß. Volkes, seine Staatsverfassung durch Vereinbarung mit der Krone festzustellen, als die Errungenschaft der März-Revolution zu betrachten, eine Errungenschaft, die demnächst durch das von dem Vereinigten Landtag genehmigte Wahlgesetz vom 8. April 1848, durch die auf Grund des Letzteren erfolgten Wahlen und das achtmonatliche Tagen der Nationalversammlung, Seitens der Krone und Seitens des Volkes anerkannt wordon ist und daher einseitig nicht vernichtet werden kann -- in Erwägung, daß selbst vom Standpunkte eines Nothrechtes der Krone die letztere nicht zur Oktroyirung einer Verfassung, sondern immer nur zur Vereinbarung mit andern Bevollmächtigten des Volkes gelangen konnte -- in Erwägung des im Beschlusse der deutschen Nationalversammlung vom 20. Nov. ausgesprochenen Willens, die dem preuß. Volke gewährten und verheißenen Freiheiten und Rechte gegen jeden Versuch eine- Beeinträchtigung zu schützen, und der auf diesen Beschluß der Nationalversammlung hin erlassenen Proklamation der Centralr Gewalt vom 21. Nov., daß sie die Bürgschaft der National-Versammlung für die Rechte des preuß. Volkes zur Geltung bringen werde; -- in Erwägung jedoch, daß die Absicht des preuß. Volkes nicht zu verkennen ist, auf Grund des Patentes v. 5. Dezbr. v. J. die Wahlen zu der auf den 26. Febr. d. J. zusammen berufenen Nationalversammlung vorzunehmen, somit die oktroyirte Verfassung mindestens als vorläufige Grundlage weiterer Verhandlungen mit der Krone anzuerkennen, -- aus allen diesen Gründen geht die Nationalversammlung zur motivirten Tagesordnung über." wird mit 236 gegen 158 verworfen.

Ein Antrag Schmidts (aus Berlin) und Genossen auf eine motivirte Tagesordnung des juste milieu mit 200 gegen 190 verworfen.

Endlich, da Schüler seinen Antrag zurücknimmt, kommt der Uhlands an die Reihe. Er lautet:

"Die National-Versammlung, als Vertreterin der neu errungenen Freiheit und politischen Ehre und des deutschen Gesammt-Vaterlandes erklärt, daß sie die von der Krone Preußen einseitig verkündete Verfassung für rechtsbeständig und mit dem Selbstgefühle eines freien Volkes verträglich nicht anerkenne, so lange dieselbe nicht mit den Vertretern des preußischen Volkes vereinbart sei."

Wir brauchen wohl Niemanden, der diese hübsche Frankfurter Gesellschaft auch nur ein wenig beobachtet hat, mitzutheilen, daß der Uhland'sche Antrag mit Glanz verworfen wurde. Alles verworfen, wie die Versammlung es selbst ist, verworfen vom deutschen Volke als die Bruthölle des Verraths, welcher, um seine Pläne besser zu bemänteln, stets von Anarchie nach unten schwazt, während die Anarchie da oben desto herrlicher sich zu entfalten Gelegenheit findet. --

Die Versammlung geht also nach mehr als 9stündigem Geschwätz unverrichteter Sache auseinander. O Samiel, hilf!

Französische Republik.
12 Paris, 4. Januar.

Man muß in jetziger Zeit die Dinge auf den Kopf stellen, um sie mit ihrem wahren Namen nennen zu kennen. Die Sprache ist eine Lüge geworden. Konfusion, Konfusion in allen Parteien! schreit man von allen Seiten, und nie steh'n die Sachen klarer als jetzt. Die Konfusion war da, als 5 Mill. in einem Namen, in einem Herzen zusammenschmolzen. Aber nein, hieß es damals, seht, welche Einigkeit, welch' wunderliches Zusammentreffen. Die französische Nation ist eine große Nation und Napoleon ihr Prophet. Jetzt, wo dieses Gemisch sich klärt, wo die durcheinandergeworfenen Stoffe sich sondern, klagt man wegen Konfusion. Die Rue Poitiers zerfällt innerlich, das Ministerium zerfällt mit der Rue Poitiers, und Napoleon war noch keine Stunde, ohne mit dem Ministerium zerfallen zu sein. Der Einzige, der unerschütterlich bleibt in dieser allgemeinen Erschütterung, ist Odilon-Barrot. Er stiert die Parteien mit seinen starren Tbiers-Augen an, und glaubt dermaßen an die Macht dieses Blickes, daß er in seiner theatralischen Stellung solange beharrt, bis es ihm ergeht, wie am 24. Februar. Damals noch saß er so majestätisch in den Reformbanquetts, rechts und links mit vertrauungsvollem Lächeln um sich werfend, daß er die Revolution, die hinter ihm sich erhob, nicht eher merkte, bis sie mit einem Fußtritte ihn von seinem Sitze geworfen.

Jetzt, wo der majestätische Barrot, nachdem er in aller Stille Hut und Rock abgebürstet, wieder da steht, als hätte er nie auf dem Boden gelegen, denkt er gar nicht, daß er je wieder fallen kann.

Was es mit dem Fallen und Steigen der Fonds für eine Bewandniß hat, kann man aus folgender Zusammenstellung entnehmen. Wenn, wie es heißt, der Stand der Kurse den Maßstab abgeben soll zum Wohlstand eines Landes, so muß man sagen, daß die Börse und das Volk ganz entgegengesetzte Interessen haben.

Die Papiere standen nach dem "Publicateur de Saint-Malo":

Im Jahre 1805, vor der Schlacht von Austerlitz,
Auf die Nachricht des Sieges fallen sie auf
Ein glorreicher Friedensabschluß bringt sie auf
Vor der Geburt des Königs von Rom
Den andern Tag nach der Geburt des Prinzen
Im Jahre 1814, vor dem Falle des Kaisers
Nach dem Einzug der Alliirten in Paris stiegen sie auf
Eine provisorische Regierung wird ernannt: die Fonds steigen auf
Die Absetzung des Kaisers wird proklamirt, d. h. in Ziffern
Er dankt ab: sage
Im Jahre 1815, vor der Landung Napoleons
Napoleon's Landung
Napoleon's Einzug in Paris: taxirt auf
Er geht zur Armee, mit einer Aufmunterung von
Er gewinnt die Schlacht bei Ligny: das trägt ein
Das Unglück von Waterloo: Glück für die Börse
Abdankung des Kaisers, Einzug der Alliirten in Paris
Fr.
61
59
60
81
78
45
49
52
55
63
81
77
73
54
53
59
61
Ct.
0
80
60
50
75
25
50
0
75
50
61
61
0
(!)
50
75
0

Heißt das was anders, als daß der Einzug der Alliirten in Paris die gewonnene Schlacht von Austerlitz für die Börsenleute war? 61 Fr. Schlacht von Austerlitz und 61 Fr. Schlacht von Waterloo!!

12 Paris, 4. Januar.

Früher war die offizielle Welt die Hauptsache, und neben ihr verschwanden alle Parteikämpfe, die außerhalb der Bourgeois-Welt lagen. Jetzt ist es grade umgekehrt. Die offizielle Welt mit Napoleon und Barrot gehört der Mythologie an; sie ist in die Schattenwelt getreten von dem Augenblicke, wo sie aufgehört hat, die bons de tresor gehörig zu bemänteln. Was man jetzt unter Regierung und Opposition versteht, das ist auf der einen Seite die Finanzwelt, auf der andern die proletarischen Klubs. Die Sprache der bons de tresor, der öffentlichen Fonds, ist so mächtig, so klar geworden, Rothschild und die Banquiers machen sie so verständlich, den proletarischen Klubs gegenüber, daß alle ideologische Verdollmetschung und aller Napoleonischer Flitter wahrhaft überflüssig erscheinen. Die Salzfrage hat erst recht den Werth und den Inhalt der bons d[e] tresor beleuchtet.

Die Klubs der Proletarier fangen an, sich auf eine Weise zu organisiren, daß es mit Bestimmtheit vorauszusehen, daß sie, später oder früher, die offizielle Welt werden müssen.

Die allgemeine Association für die Propaganda-Demokratie in Schrift und Wort, hat den Zweck, in Verbindung mit den Demokraten aller Staaten zu treten. Die Gesellschaft hat sich bereits konstituirt. Die Statuten lauten folgendermaßen:

1) Die allgemeine Association für die geschriebene und gesprochene Propaganda der Prinzipien der sozialen Demokratie wird in Paris, in Frankreich gebildet, und später im Ausland instituirt werden.

2) Die Association hat zum Zwecke, in Paris, Frankreich und im Auslande alle Werke, Brochüren und Journale, welche über den Sozialismus handeln, zu verbreiten. Sie hat außerdem die Absicht, in der Hauptstadt und den Departements soziale Ideen zu vertreiben, ohne Unterschied der Sekten und der Schulen, mittelst sozialistischer Missionäre. Sie wird es ebenfalls übernehmen, die demokratische Organisation der Jury zur Wirklichkeit zu machen, indem sie den durch das Loos als Geschworenen bezeichneten Arbeitern die nöthige Geldvergütung zusichert, welche vom Gesetze vergessen worden ist.

(Siehe den Verfolg in der Beilage.)

Schreckbilder, von denen man uns erzählt hat, daß sie durch die Berliner Straßen schritten, lebten nur in dem Gehirne eines Furchtsamen. Der Traum eines rothen Republikaners freilich, er befindet sich noch hier in unserer Mitte. (Gelächter.) Der Steuerverweigerungsbeschluß, den man den preußischen Volksvertretern zu so schwerem Vorwurfe macht, ist nichts als eine Konsequenz des Beschlusses, der das Ministerium Brandenburg für ein hochverrätherisches erklärte. An Hochverräther zahlt man keine Steuern. Dazu ist die octroyirte Verfassung nicht erst ausgearbeitet worden, nachdem die äußersten Konflikte eingetreten. Sie war längst vorbereitet und vorhanden. Sie ist wohl selbst aus Einflüssen hervorgegangen, die in diesem Saale ihren Ursprung haben. (Unruhe.) Die Verweigerung der Theesteuer, von der die amerikanische Erhebung datirt, rühmt man uns. Was geschah denn in Preußen Anderes? Die octroyirte Verfassung aber wird mit Unrecht eine freisinnige genannt. Die erste Kammer stellt die Bevorrechtigung des Reichthums wieder her, und was die Grundrechte anlangt, so tritt sie in Widerspruch selbst zu den in Frankfurt getroffenen Bestimmungen. Das Petitionsrecht z. B. wird nur den anerkannten Korporationen zugesprochen, und Volksversammlungen unter freiem Himmel bedürfen einer vorläufigen Anzeige. Das absolute Veto, welches wir hier verworfen haben, in der preußischen Verfassung findet es seinen Platz. Wär' aber die Verfassung selbst eine freisinnige zu nennen, so wird sie allen Anzeigen nach nicht gehalten werden. Alle Verfügungen des Ministers Rintelen erinnern an das alte System, an das System der Despotie. Dazu kommt ein neuester Armeebefehl, der den Offizieren verbietet, von einer andern politischen Meinung als ihr König zu sein (Bewegung und Widerspruch), dazu der königliche Neujahrsgruß an das Heer, worin auf die Märzbewegung herabgeblickt wird, als auf eine Empörung. Selbst das Vertrauen auf die Redlichkeit und Unabhängigkeit der Gerichte ist vernichtet. Sie sinken zu Polizeianstalten herab. Unter den verschiedenen Anträgen, die Ihnen vorliegen, scheint mir der des Abgeordneten Uhland der empfehlenswertheste, der von der Ansicht ausgeht, was in Preußen geschehen, das sei ein Verfassungsbruch. Das Ministerium Brandenburg habe nichts für das Wohl des Landes gethan, wohl aber die Berliner Versammlung, die ihre Zeit wahrhaftig nicht vertändelt habe. Die Gründe der Auflösung, die man vorgeschoben habe, seien falsch. Spreche man es aus durch einen Beschluß, daß die preußische Regierung abermals ihr Wort gebrochen, die Berliner Versammlung aber sich um das Vaterland verdient gemacht habe. — Lebhafter Beifall von der Linken und von der ungesperrten Gallerie, die auf Anlaß der heutigen Verhandlung mit einem überaus zahlreichen Publikum besetzt ist.

Ihm folgt Hayn für den Ausschuß. Höchst verworren legt er seine schwache Lanze für Brandenburg-Manteuffel ein und für das gottbegnadete Werk der Contrerevolution. Beifall von der Rechten lohnt ihm dafür. Der dritte Redner ist

Simon (Breslau): Alle stützenden Momente hat man zu die Macht der Versammlung stürzenden gemacht, so in der Malmöer Frage. Deutschland liegt am Boden, wir werden es nicht aufrichten. Ich kann Sie diesmal nicht auffordern, Deutschland zu retten, Sie sind es nicht mehr im Stande! — Sie haben seit 9 Monaten vergessen, daß Ihre Macht und Kraft ausschließlich in den Sympathien des Volkes liegt, und das deutsche Parlament, ein Riese auf diesem mütterlichen Boden, wird diesem enthoben, in der Diplomaten Armen erdrückt. (Bravo! Bravo!) Was haben Sie aber dadurch erreicht, daß Sie den Kabinetten Rechnung getragen? Ich weiß wenigstens nicht, daß man Sie anerkannt hätte! Oesterreich erklärt geradezu, an unsere Beschlüsse nicht gebunden zu sein, betrachtet nicht Deutschland als über Oesterreich stehend, verweigert die Zahlung der ausgeschriebenen Beiträge, will nicht mit dem Ministerium des Innern, wohl aber mit dem Ministerium des Aeußern unterhandeln: denn was hat auch Oesterreich mit dem deutschen Ministerium des Innern zu thun? Hannover erklärt: die Grundrechte vorläufig nicht zu publiziren; Baiern hat keine Instruktion bezüglich dieser Grundrechte und verweigert ebenfalls die Beiträge; Preußen hat zwar keine unumwundene Erklärung gegeben, aber es handelt einer solchen gemäß. Denken Sie an den Beschluß in der Posener Frage. Preußen hat ihn ignorirt. In der oktroyirten Verfassung finden Sie eine unserm Beschlusse entgegenstehende Beantwortung! Sie hatten den Muth, der Krone Preußen auszusprechen, sie solle ihr Ministerium Brandenburg entlassen; es war aber ausschließlich bestimmt, jenen Gewaltstreich zu begehen und man hat Sie nicht beachtet! Ihrem Beschlusse hat man es zu danken, daß es noch am Leben ist; man weiß jetzt, was man auf Ihre Beschlüsse für Werth legt. Das ist aber der Unsegen aller Halbheit. Sie haben die Krone Preußen durch die Aufforderung, das Ministerium Brandenburg zu entlassen, verletzt und im Volke Alles Vertrauen verloren, wenn Sie den Beschluß der Vertagung der Versammlung als ein Recht bezeichnen. Man sieht in Preußen und Oesterreich nicht mehr nach Frankfurt, weil man nichts mehr von Ihnen hofft, und da läßt sich in diesem Momente wenig dagegen thun. Der Umschwung aber kommt bald, und ich tröste mich mit der Zuversicht, daß Deutschland die Begeisterung für Einheit und Freiheit noch nicht aufgeben wird, weil es mit seiner ersten Versammlung nicht zufrieden ist. Es wird seine Idee nicht aufgeben, weil sie in ihm Wurzel gefaßt. Sie können aber diese Idee gründlich ruiniren, wenn Sie auf dem eingeschlagenen Wege fortfahren; und Sie thun das, wenn Sie den Beschluß der Oktroyirung einer Verfassung als rechtlich darstellen und indem Sie über den Antrag Wesendonck's zur Tagesordnung übergehen, den Antrag des Ausschusses annehmen. Als Solon gefragt wurde, welches die beste Verfassung sei, antwortete er: „Diejenige, wo die geringste Beleidigung des geringsten Bürgers als Schmach für die Verfassung betrachtet wird.“ Wenn man dies als Maßstab an unsere preußische Verfassung legen wollte, wie würde wohl die Antwort lauten? Man hat nach der Märzrevolution nicht gleich die Resultate gezogen, die Errungenschaft war eben das Versprechen, die Zusage der Vereinbarung einer Verfassung. Wehe aber dem Volke, welches nicht fühlt, daß in der Art des Erscheinens jener Verfassung etwas Entwürdigendes liegt! Wehe dem Volke, welchem der Titel gleichgültig ist, unter welchem es sein Heiligstes empfängt; — und es kann ein Augenblick kommen, wo die preußische Regierung erklären dürfte, sich an diese Verfassung nicht gebunden zu erachten. Gewalt hat gesiegt, wir sind noch an das Verfahren vor dem März gewöhnt, aber das muß ich entschieden tadeln, daß man die preußische Nationalversammlung von dieser Tribüne herab geschmäht hat; der Ausschuß ist dabei nicht zurückgeblieben! Auch ich erkenne eine potische Nothwendigkeit an, aber nicht in dieser Verfassungsfrage. Selbst dem Ausschusse sind Rechtszweifel hierüber aufgestoßen, aber sie zu untersuchen, ist ihm nicht eingefallen. Man sagt, schon die Unthätigkeit der preußischen Nationalversammlung habe diese unfähig gemacht, sie habe nur drei Paragraphen fertig gebracht, aber eigenthümlich ist es, daß man dann, wo sie eben mit Ernst vorzugehen beginnt, das „Gottes Gnaden“ streicht, Adel, Orden und Titel aufhebt, sie auflöst. Man fand, daß sie zu ernst vorging, darum hob man sie auf. Was den Umschwung der öffentlichen Meinung anlange, so möge man doch dieselbe nicht überschätzen und dabei jene Einflüsse nach Gebühr in Anschlag bringen, wie andererseits allerdings es auch viele Leute gebe, welche den materiellen Druck höher schätzen, als den Sieg der Idee. „Allein meine Herren, ist es nicht zum großen Theile unsere Schuld, die wir durch unser Zögern und Zagen, durch unser Zurückgehen und durch den Bankrott aller Ideen von Freiheit und Einheit, mit welchen die Revolution geschah, das Volk erschlafft und ihm das letzte Vertrauen geraubt haben? Die alte schlechte Wirthschaft ist wieder in voller Blüthe. Von den preußischen Deputirten, welche hier sitzen, wird kaum einer sein, welcher nicht einen Freund dermalen auf der Flucht oder im Gefängnisse, ja, selbst im Zuchthaus hat. Die Reaktion hat selbst die Unverletzbarkeit des Richterstandes angegriffen. Wahrlich, solche Zeiten erinnern mich an die neapolitanische und spanische Periode, als die Bourbons mit dem ganzen Apparat ihrer Inquisition zurückkamen. Ich stehe nicht an, vor ganz Deutschland, von dieser Tribüne herab zu bepaupten, daß sich der preußische Richterstand durch seine Dankadressen und die Verfolgung seiner Mitglieder einer schmachvollen Servilität schuldig gemacht hat. (Stürmischer Ausbruch von allen Seiten des Hauses; von der äußersten Rechten wird zur Ordnung gerufen. Der Präsident erklärt unter lautem Beifall, daß er sich durch die vorangegangene Aeußerung zu dem Ordnungsruf nicht für berechtigt halte.) Den Herren, welche mich zur Ordnung gerufen wissen wollen, rufe ich zu: daß die Unabhängigkeit der Gerichte das köstlichste Palladium eines Volkes ist, welches feststehen muß, wenn alles Andere in Trümmer fällt. Die Richter dürfen nur das Gesetz und das Recht kennen und sollen daneben keine anderen Götter haben. Denn wenn in den Rechtsbestand die Reaktion hineindrängt, so erscheint sie in ihrer fluchwürdigsten Gestalt und beweis't, daß die Krone bereits an den Grundfesten jeder Rechtsverfassung gerüttelt hat. (Stürmischer, langdauernder Beifall von der Linken, so wie von allen Gallerien.) Meine Herren! Ich wälze nicht ausschließlich die Schuld auf diese Versammlung, denn ein Volk, dessen Wille Jahrhunderte lang untergegangen war in der Geschichte seiner Fürsten, schwingt sich nicht in wenigen Monaten zur Freiheit. Aber wir, die Auserwählten, dürfen nicht dulden, daß die Rechtsidee geschwächt werde, und nicht an uns ist es, das Banner der Freiheit zu senken, das uns in die Hände gedrückt worden ist, um es hoch in die Lüfte zu erheben, ja, selbst noch im Fallen festzuhalten. Uns gebührt es, auszusprechen, daß die Auflösung der berliner Versammlung und die Octroyirung einer Charte eine Rechtsverletzung ist und daß diese Rechtsverletzung dermalen noch fortdauert. Darauf ist mein Antrag gerichtet, und ich empfehle ihn der Versammlung zur Annahme. (Der Redner verläßt die Tribüne unter rauschendem Beifalle.)

Reichsminister der Finanzen v. Beckerath: der Rath, den der Verfasser von „Annehmen oder Ablehnen“ ertheilte, war dahin gerichtet, daß der vereinigte Landtag die patentirte Verfassung einfach zurückweisen sollte. Wie aber, wenn der Rath befolgt worden wäre, wenn mithin der vereinigte Landtag der politischen Entwickelung Deutschland's gefehlt hätte? Das formelle Recht ist in großen politischen Fragen nicht das allein Entscheidende. Ueberhaupt hat Simon mit Vorliebe die Schattenseite unserer Verhältnisse hervorgehoben.

Dieser tapfere Ritter von der Wiege am unbekannten Webstuhl, findet, daß die preußische Regierung endlich (!!) das Ihrige gethan. (Sehr natürlich in Herrn v. Beckerath's Munde). Der brave Mann ist, wie sich von selbst versteht, für den Ausschuß.

Es wird Schluß beantragt und namentliche Abstimmung. Die Fortsetzung wird beschlossen. Es erhalten daher Wachsmuth (Hannover), um zu vermitteln, und Göben (Krotoszyn), um in gottbegnadeter Reaktionswuth gegen Anarchie etc. zu faseln, das Wort. Martini (von der äußersten Linken) wird oft unterbrochen, weil er der Rechten und den Centren bittre Pillen verabreicht. Er schließt mit folgenden Worten: „Meine Herren, ich will Ihnen auch meinen letzten Rath nicht vorenthalten: Gehen Sie nach Hause!“

Wieder Schluß gefordert und verworfen. So kommt denn Löwe aus Calbe zum Wort, der sehr richtig bemerkt: „Ich bedaure, meine Herren, den leeren Streit, den Sie führen; denn darüber scheinen Sie einig zu sein, daß Sie nichts thun wollen; nur über die Form sind Sie verschiedener Meinung. (Sehr wahr! Bravo!)

Dritter Ruf nach Schluß und abermals abgelehnt.

Fr. Raveaux: Daß das preußische Volk kein Vertrauen mehr zu uns hat, ist auch meine Ansicht, und ich bin auch mit den Motiven vollständig einverstanden. Als die preußische Nation sah, daß wir nicht im Stande waren, unsern Beschluß vom 20. November auszuführen, als es sah, daß wir nicht die Kraft hatten, seine Rechte in Wirklichkeit zu wahren, erhielten wir keine Adressen mehr und Sie werden auch keine mehr erhalten; und ich gebe den preußischen Abgeordneten in so fern Recht, daß das preußische Volk nur auf sich selbst sich verläßt. Gegenwärtig geht aber eine gesetzliche Revolution in Preußen vor, nämlich die Wahlen. Das Volk bemüht sich, Männer hinein zu bringen, welche den Gewaltstreich schon in nächster Zukunft beleuchten und Verwahrung dagegen einlegen werden. Das Volk wird sich nicht wieder täuschen, und die Mehrheit schon protestiren. (Widerspruch. — Beifall.) Die Zukunft wird es lehren. Das preuß. Volk war für die Nation.-Vers. (Widerspruch.) Ich spreche von dem Momente, wo die Adressen gegen Brandenburg, also auch für die Versammlung und gegen die Krone Preußen's eingingen. Ist es jetzt anders, so liegt es auch nahe, warum. Nach dem Beschlusse der Steuerverweigerung ist die öffentliche Meinung umgeschlagen, und das Einschüchterungssystem Preußens hat seine Früchte getragen. (Widerspruch.) Ja, meine Herren, der Belagerungszustand, die Militärcensur, das Alles ist weit schlimmer als Reaktion, das ist seit 1815 nicht da dagewesen. Ein Ministerium, welches Sie selbst entfernt wissen wollten, steht noch an der Spitze. An der Spitze der Gewalt ein Ministerium, was diese Versammlung nicht will, das will viel sagen. (Heiterkeit.)

Wir standen bloß durch das Volk, von ihm haben wir die Macht, und wir haben sie Preis gegeben und werden sie durch die Fürsten nicht wieder bekommen. Beschließen Sie, was Sie wollen, einfache oder motivirte Tagesordnung. Die Kommission, welche noch zusammensitzt für die Berathung der Blum'schen Todtenfeier, mag denn, meine Herren, über die Todtenfeier dieses Hauses ihren vollständigen Bericht erstatten. (Stürmischer Beifall von der Linken und den Gallerieen.)

Endlich Schluß und namentliche Abstimmung.

Die einfache Tagesordnung mit 230 gegen 202 Stimmen verworfen.

Die motivirte Tagesordnung des Hrn. Wachsmuth etc. mit 214 gegen 167 verworfen.

Der Antrag von H. Simon und Genossen, lautend: „Die Reichsversammlung beschließt: in Erwägung, daß die Berechtigung des preuß. Volkes, seine Staatsverfassung durch Vereinbarung mit der Krone festzustellen, als die Errungenschaft der März-Revolution zu betrachten, eine Errungenschaft, die demnächst durch das von dem Vereinigten Landtag genehmigte Wahlgesetz vom 8. April 1848, durch die auf Grund des Letzteren erfolgten Wahlen und das achtmonatliche Tagen der Nationalversammlung, Seitens der Krone und Seitens des Volkes anerkannt wordon ist und daher einseitig nicht vernichtet werden kann — in Erwägung, daß selbst vom Standpunkte eines Nothrechtes der Krone die letztere nicht zur Oktroyirung einer Verfassung, sondern immer nur zur Vereinbarung mit andern Bevollmächtigten des Volkes gelangen konnte — in Erwägung des im Beschlusse der deutschen Nationalversammlung vom 20. Nov. ausgesprochenen Willens, die dem preuß. Volke gewährten und verheißenen Freiheiten und Rechte gegen jeden Versuch eine- Beeinträchtigung zu schützen, und der auf diesen Beschluß der Nationalversammlung hin erlassenen Proklamation der Centralr Gewalt vom 21. Nov., daß sie die Bürgschaft der National-Versammlung für die Rechte des preuß. Volkes zur Geltung bringen werde; — in Erwägung jedoch, daß die Absicht des preuß. Volkes nicht zu verkennen ist, auf Grund des Patentes v. 5. Dezbr. v. J. die Wahlen zu der auf den 26. Febr. d. J. zusammen berufenen Nationalversammlung vorzunehmen, somit die oktroyirte Verfassung mindestens als vorläufige Grundlage weiterer Verhandlungen mit der Krone anzuerkennen, — aus allen diesen Gründen geht die Nationalversammlung zur motivirten Tagesordnung über.“ wird mit 236 gegen 158 verworfen.

Ein Antrag Schmidts (aus Berlin) und Genossen auf eine motivirte Tagesordnung des juste milieu mit 200 gegen 190 verworfen.

Endlich, da Schüler seinen Antrag zurücknimmt, kommt der Uhlands an die Reihe. Er lautet:

„Die National-Versammlung, als Vertreterin der neu errungenen Freiheit und politischen Ehre und des deutschen Gesammt-Vaterlandes erklärt, daß sie die von der Krone Preußen einseitig verkündete Verfassung für rechtsbeständig und mit dem Selbstgefühle eines freien Volkes verträglich nicht anerkenne, so lange dieselbe nicht mit den Vertretern des preußischen Volkes vereinbart sei.“

Wir brauchen wohl Niemanden, der diese hübsche Frankfurter Gesellschaft auch nur ein wenig beobachtet hat, mitzutheilen, daß der Uhland'sche Antrag mit Glanz verworfen wurde. Alles verworfen, wie die Versammlung es selbst ist, verworfen vom deutschen Volke als die Bruthölle des Verraths, welcher, um seine Pläne besser zu bemänteln, stets von Anarchie nach unten schwazt, während die Anarchie da oben desto herrlicher sich zu entfalten Gelegenheit findet. —

Die Versammlung geht also nach mehr als 9stündigem Geschwätz unverrichteter Sache auseinander. O Samiel, hilf!

Französische Republik.
12 Paris, 4. Januar.

Man muß in jetziger Zeit die Dinge auf den Kopf stellen, um sie mit ihrem wahren Namen nennen zu kennen. Die Sprache ist eine Lüge geworden. Konfusion, Konfusion in allen Parteien! schreit man von allen Seiten, und nie steh'n die Sachen klarer als jetzt. Die Konfusion war da, als 5 Mill. in einem Namen, in einem Herzen zusammenschmolzen. Aber nein, hieß es damals, seht, welche Einigkeit, welch' wunderliches Zusammentreffen. Die französische Nation ist eine große Nation und Napoleon ihr Prophet. Jetzt, wo dieses Gemisch sich klärt, wo die durcheinandergeworfenen Stoffe sich sondern, klagt man wegen Konfusion. Die Rue Poitiers zerfällt innerlich, das Ministerium zerfällt mit der Rue Poitiers, und Napoleon war noch keine Stunde, ohne mit dem Ministerium zerfallen zu sein. Der Einzige, der unerschütterlich bleibt in dieser allgemeinen Erschütterung, ist Odilon-Barrot. Er stiert die Parteien mit seinen starren Tbiers-Augen an, und glaubt dermaßen an die Macht dieses Blickes, daß er in seiner theatralischen Stellung solange beharrt, bis es ihm ergeht, wie am 24. Februar. Damals noch saß er so majestätisch in den Reformbanquetts, rechts und links mit vertrauungsvollem Lächeln um sich werfend, daß er die Revolution, die hinter ihm sich erhob, nicht eher merkte, bis sie mit einem Fußtritte ihn von seinem Sitze geworfen.

Jetzt, wo der majestätische Barrot, nachdem er in aller Stille Hut und Rock abgebürstet, wieder da steht, als hätte er nie auf dem Boden gelegen, denkt er gar nicht, daß er je wieder fallen kann.

Was es mit dem Fallen und Steigen der Fonds für eine Bewandniß hat, kann man aus folgender Zusammenstellung entnehmen. Wenn, wie es heißt, der Stand der Kurse den Maßstab abgeben soll zum Wohlstand eines Landes, so muß man sagen, daß die Börse und das Volk ganz entgegengesetzte Interessen haben.

Die Papiere standen nach dem „Publicateur de Saint-Malo“:

Im Jahre 1805, vor der Schlacht von Austerlitz,
Auf die Nachricht des Sieges fallen sie auf
Ein glorreicher Friedensabschluß bringt sie auf
Vor der Geburt des Königs von Rom
Den andern Tag nach der Geburt des Prinzen
Im Jahre 1814, vor dem Falle des Kaisers
Nach dem Einzug der Alliirten in Paris stiegen sie auf
Eine provisorische Regierung wird ernannt: die Fonds steigen auf
Die Absetzung des Kaisers wird proklamirt, d. h. in Ziffern
Er dankt ab: sage
Im Jahre 1815, vor der Landung Napoleons
Napoleon's Landung
Napoleon's Einzug in Paris: taxirt auf
Er geht zur Armee, mit einer Aufmunterung von
Er gewinnt die Schlacht bei Ligny: das trägt ein
Das Unglück von Waterloo: Glück für die Börse
Abdankung des Kaisers, Einzug der Alliirten in Paris
Fr.
61
59
60
81
78
45
49
52
55
63
81
77
73
54
53
59
61
Ct.
0
80
60
50
75
25
50
0
75
50
61
61
0
(!)
50
75
0

Heißt das was anders, als daß der Einzug der Alliirten in Paris die gewonnene Schlacht von Austerlitz für die Börsenleute war? 61 Fr. Schlacht von Austerlitz und 61 Fr. Schlacht von Waterloo!!

12 Paris, 4. Januar.

Früher war die offizielle Welt die Hauptsache, und neben ihr verschwanden alle Parteikämpfe, die außerhalb der Bourgeois-Welt lagen. Jetzt ist es grade umgekehrt. Die offizielle Welt mit Napoleon und Barrot gehört der Mythologie an; sie ist in die Schattenwelt getreten von dem Augenblicke, wo sie aufgehört hat, die bons de tresor gehörig zu bemänteln. Was man jetzt unter Regierung und Opposition versteht, das ist auf der einen Seite die Finanzwelt, auf der andern die proletarischen Klubs. Die Sprache der bons de tresor, der öffentlichen Fonds, ist so mächtig, so klar geworden, Rothschild und die Banquiers machen sie so verständlich, den proletarischen Klubs gegenüber, daß alle ideologische Verdollmetschung und aller Napoleonischer Flitter wahrhaft überflüssig erscheinen. Die Salzfrage hat erst recht den Werth und den Inhalt der bons d[e] tresor beleuchtet.

Die Klubs der Proletarier fangen an, sich auf eine Weise zu organisiren, daß es mit Bestimmtheit vorauszusehen, daß sie, später oder früher, die offizielle Welt werden müssen.

Die allgemeine Association für die Propaganda-Demokratie in Schrift und Wort, hat den Zweck, in Verbindung mit den Demokraten aller Staaten zu treten. Die Gesellschaft hat sich bereits konstituirt. Die Statuten lauten folgendermaßen:

1) Die allgemeine Association für die geschriebene und gesprochene Propaganda der Prinzipien der sozialen Demokratie wird in Paris, in Frankreich gebildet, und später im Ausland instituirt werden.

2) Die Association hat zum Zwecke, in Paris, Frankreich und im Auslande alle Werke, Brochüren und Journale, welche über den Sozialismus handeln, zu verbreiten. Sie hat außerdem die Absicht, in der Hauptstadt und den Departements soziale Ideen zu vertreiben, ohne Unterschied der Sekten und der Schulen, mittelst sozialistischer Missionäre. Sie wird es ebenfalls übernehmen, die demokratische Organisation der Jury zur Wirklichkeit zu machen, indem sie den durch das Loos als Geschworenen bezeichneten Arbeitern die nöthige Geldvergütung zusichert, welche vom Gesetze vergessen worden ist.

(Siehe den Verfolg in der Beilage.)

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Schreckbilder, von denen man uns erzählt hat, daß sie durch die Berliner Straßen schritten, lebten nur in dem Gehirne eines Furchtsamen. Der Traum eines rothen Republikaners freilich, er befindet sich noch hier in unserer Mitte. (Gelächter.) Der Steuerverweigerungsbeschluß, den man den preußischen Volksvertretern zu so schwerem Vorwurfe macht, ist nichts als eine Konsequenz des Beschlusses, der das Ministerium Brandenburg für ein hochverrätherisches erklärte. An Hochverräther zahlt man keine Steuern. Dazu ist die octroyirte Verfassung nicht erst ausgearbeitet worden, nachdem die äußersten Konflikte eingetreten. Sie war längst vorbereitet und vorhanden. Sie ist wohl selbst aus Einflüssen hervorgegangen, die in diesem Saale ihren Ursprung haben. (Unruhe.) Die Verweigerung der Theesteuer, von der die amerikanische Erhebung datirt, rühmt man uns. Was geschah denn in Preußen Anderes? Die octroyirte Verfassung aber wird mit Unrecht eine freisinnige genannt. Die erste Kammer stellt die Bevorrechtigung des Reichthums wieder her, und was die Grundrechte anlangt, so tritt sie in Widerspruch selbst zu den in Frankfurt getroffenen Bestimmungen. Das Petitionsrecht z. B. wird nur den anerkannten Korporationen zugesprochen, und Volksversammlungen unter freiem Himmel bedürfen einer vorläufigen Anzeige. Das absolute Veto, welches wir hier verworfen haben, in der preußischen Verfassung findet es seinen Platz. Wär' aber die Verfassung selbst eine freisinnige zu nennen, so wird sie allen Anzeigen nach nicht gehalten werden. Alle Verfügungen des Ministers Rintelen erinnern an das alte System, an das System der Despotie. Dazu kommt ein neuester Armeebefehl, der den Offizieren verbietet, von einer andern politischen Meinung als ihr König zu sein (Bewegung und Widerspruch), dazu der königliche Neujahrsgruß an das Heer, worin auf die Märzbewegung herabgeblickt wird, als auf eine Empörung. Selbst das Vertrauen auf die Redlichkeit und Unabhängigkeit der Gerichte ist vernichtet. Sie sinken zu Polizeianstalten herab. Unter den verschiedenen Anträgen, die Ihnen vorliegen, scheint mir der des Abgeordneten Uhland der empfehlenswertheste, der von der Ansicht ausgeht, was in Preußen geschehen, das sei ein Verfassungsbruch. Das Ministerium Brandenburg habe nichts für das Wohl des Landes gethan, wohl aber die Berliner Versammlung, die ihre Zeit wahrhaftig nicht vertändelt habe. Die Gründe der Auflösung, die man vorgeschoben habe, seien falsch. Spreche man es aus durch einen Beschluß, daß die preußische Regierung abermals ihr Wort gebrochen, die Berliner Versammlung aber sich um das Vaterland verdient gemacht habe. &#x2014; Lebhafter Beifall von der Linken und von der ungesperrten Gallerie, die auf Anlaß der heutigen Verhandlung mit einem überaus zahlreichen Publikum besetzt ist.</p>
          <p>Ihm folgt <hi rendition="#g">Hayn für</hi> den Ausschuß. Höchst verworren legt er seine schwache Lanze für Brandenburg-Manteuffel ein und für das gottbegnadete Werk der Contrerevolution. Beifall von der Rechten lohnt ihm dafür. Der dritte Redner ist</p>
          <p><hi rendition="#g">Simon</hi> (Breslau): Alle stützenden Momente hat man zu die Macht der Versammlung stürzenden gemacht, so in der Malmöer Frage. Deutschland liegt am Boden, wir werden es nicht aufrichten. Ich kann Sie diesmal nicht auffordern, Deutschland zu retten, Sie sind es nicht mehr im Stande! &#x2014; Sie haben seit 9 Monaten vergessen, daß Ihre Macht und Kraft ausschließlich in den Sympathien des Volkes liegt, und das deutsche Parlament, ein Riese auf diesem mütterlichen Boden, wird diesem enthoben, in der Diplomaten Armen erdrückt. (Bravo! Bravo!) Was haben Sie aber dadurch erreicht, daß Sie den Kabinetten Rechnung getragen? Ich weiß wenigstens nicht, daß man Sie anerkannt hätte! Oesterreich erklärt geradezu, an unsere Beschlüsse nicht gebunden zu sein, betrachtet nicht Deutschland als über Oesterreich stehend, verweigert die Zahlung der ausgeschriebenen Beiträge, will nicht mit dem Ministerium des Innern, wohl aber mit dem Ministerium des Aeußern unterhandeln: denn was hat auch Oesterreich mit dem deutschen Ministerium des Innern zu thun? Hannover erklärt: die Grundrechte vorläufig <hi rendition="#g">nicht</hi> zu publiziren; Baiern hat keine Instruktion bezüglich dieser Grundrechte und verweigert ebenfalls die Beiträge; Preußen hat zwar keine unumwundene Erklärung gegeben, aber es handelt einer solchen gemäß. Denken Sie an den Beschluß in der Posener Frage. Preußen hat ihn ignorirt. In der oktroyirten Verfassung finden Sie eine unserm Beschlusse entgegenstehende Beantwortung! Sie hatten den Muth, der Krone Preußen auszusprechen, sie solle ihr Ministerium Brandenburg entlassen; es war aber ausschließlich bestimmt, jenen Gewaltstreich zu begehen und man hat Sie nicht beachtet! Ihrem Beschlusse hat man es zu danken, daß es noch am Leben ist; man weiß jetzt, was man auf Ihre Beschlüsse für Werth legt. Das ist aber der Unsegen aller Halbheit. Sie haben die Krone Preußen durch die Aufforderung, das Ministerium Brandenburg zu entlassen, verletzt und im Volke Alles Vertrauen verloren, wenn Sie den Beschluß der Vertagung der Versammlung als ein Recht bezeichnen. Man sieht in Preußen und Oesterreich nicht mehr nach Frankfurt, weil man nichts mehr von Ihnen hofft, und da läßt sich in diesem Momente wenig dagegen thun. Der Umschwung aber kommt bald, und ich tröste mich mit der Zuversicht, daß Deutschland die Begeisterung für Einheit und Freiheit noch nicht aufgeben wird, weil es mit seiner ersten Versammlung nicht zufrieden ist. Es wird seine Idee nicht aufgeben, weil sie in ihm Wurzel gefaßt. Sie können aber diese Idee gründlich ruiniren, wenn Sie auf dem eingeschlagenen Wege fortfahren; und Sie thun das, wenn Sie den Beschluß der Oktroyirung einer Verfassung als rechtlich darstellen und indem Sie über den Antrag Wesendonck's zur Tagesordnung übergehen, den Antrag des Ausschusses annehmen. Als Solon gefragt wurde, welches die beste Verfassung sei, antwortete er: &#x201E;Diejenige, wo die geringste Beleidigung des geringsten Bürgers als Schmach für die Verfassung betrachtet wird.&#x201C; Wenn man dies als Maßstab an unsere preußische Verfassung legen wollte, wie würde wohl die Antwort lauten? Man hat nach der Märzrevolution nicht gleich die Resultate gezogen, die Errungenschaft war eben das Versprechen, die Zusage der Vereinbarung einer Verfassung. Wehe aber dem Volke, welches nicht fühlt, daß in der Art des Erscheinens jener Verfassung etwas Entwürdigendes liegt! Wehe dem Volke, welchem der Titel gleichgültig ist, unter welchem es sein Heiligstes empfängt; &#x2014; und es kann ein Augenblick kommen, wo die preußische Regierung erklären dürfte, sich an diese Verfassung nicht gebunden zu erachten. Gewalt hat gesiegt, wir sind noch an das Verfahren vor dem März gewöhnt, aber das muß ich entschieden tadeln, daß man die preußische Nationalversammlung von dieser Tribüne herab geschmäht hat; der Ausschuß ist dabei nicht zurückgeblieben! Auch ich erkenne eine potische Nothwendigkeit an, aber nicht in dieser Verfassungsfrage. Selbst dem Ausschusse sind Rechtszweifel hierüber aufgestoßen, aber sie zu untersuchen, ist ihm nicht eingefallen. Man sagt, schon die Unthätigkeit der preußischen Nationalversammlung habe diese unfähig gemacht, sie habe nur drei Paragraphen fertig gebracht, aber eigenthümlich ist es, daß man dann, wo sie eben mit Ernst vorzugehen beginnt, das &#x201E;Gottes Gnaden&#x201C; streicht, Adel, Orden und Titel aufhebt, sie auflöst. Man fand, daß sie zu ernst vorging, darum hob man sie auf. Was den Umschwung der öffentlichen Meinung anlange, so möge man doch dieselbe nicht überschätzen und dabei jene Einflüsse nach Gebühr in Anschlag bringen, wie andererseits allerdings es auch viele Leute gebe, welche den materiellen Druck höher schätzen, als den Sieg der Idee. &#x201E;Allein meine Herren, ist es nicht zum großen Theile unsere Schuld, die wir durch unser Zögern und Zagen, durch unser Zurückgehen und durch den Bankrott aller Ideen von Freiheit und Einheit, mit welchen die Revolution geschah, das Volk erschlafft und ihm das letzte Vertrauen geraubt haben? Die alte schlechte Wirthschaft ist wieder in voller Blüthe. Von den preußischen Deputirten, welche hier sitzen, wird kaum einer sein, welcher nicht einen Freund dermalen auf der Flucht oder im Gefängnisse, ja, selbst im Zuchthaus hat. Die Reaktion hat selbst die Unverletzbarkeit des Richterstandes angegriffen. Wahrlich, solche Zeiten erinnern mich an die neapolitanische und spanische Periode, als die Bourbons mit dem ganzen Apparat ihrer Inquisition zurückkamen. Ich stehe nicht an, vor ganz Deutschland, von dieser Tribüne herab zu bepaupten, daß sich der preußische Richterstand durch seine Dankadressen und die Verfolgung seiner Mitglieder einer schmachvollen Servilität schuldig gemacht hat. (Stürmischer Ausbruch von allen Seiten des Hauses; von der äußersten Rechten wird zur Ordnung gerufen. Der Präsident erklärt unter lautem Beifall, daß er sich durch die vorangegangene Aeußerung zu dem Ordnungsruf nicht für berechtigt halte.) Den Herren, welche mich zur Ordnung gerufen wissen wollen, rufe ich zu: daß die Unabhängigkeit der Gerichte das köstlichste Palladium eines Volkes ist, welches feststehen muß, wenn alles Andere in Trümmer fällt. Die Richter dürfen nur das Gesetz und das Recht kennen und sollen daneben keine anderen Götter haben. Denn wenn in den Rechtsbestand die Reaktion hineindrängt, so erscheint sie in ihrer fluchwürdigsten Gestalt und beweis't, daß die Krone bereits an den Grundfesten jeder Rechtsverfassung gerüttelt hat. (Stürmischer, langdauernder Beifall von der Linken, so wie von allen Gallerien.) Meine Herren! Ich wälze nicht ausschließlich die Schuld auf diese Versammlung, denn ein Volk, dessen Wille Jahrhunderte lang untergegangen war in der Geschichte seiner Fürsten, schwingt sich nicht in wenigen Monaten zur Freiheit. Aber wir, die Auserwählten, dürfen nicht dulden, daß die Rechtsidee geschwächt werde, und nicht an uns ist es, das Banner der Freiheit zu senken, das uns in die Hände gedrückt worden ist, um es hoch in die Lüfte zu erheben, ja, selbst noch im Fallen festzuhalten. Uns gebührt es, auszusprechen, daß die Auflösung der berliner Versammlung und die Octroyirung einer Charte eine Rechtsverletzung ist und daß diese Rechtsverletzung dermalen noch fortdauert. Darauf ist mein Antrag gerichtet, und ich empfehle ihn der Versammlung zur Annahme. (Der Redner verläßt die Tribüne unter rauschendem Beifalle.)</p>
          <p>Reichsminister der Finanzen v. Beckerath: der Rath, den der Verfasser von &#x201E;Annehmen oder Ablehnen&#x201C; ertheilte, war dahin gerichtet, daß der vereinigte Landtag die patentirte Verfassung einfach zurückweisen sollte. Wie aber, wenn der Rath befolgt worden wäre, wenn mithin der vereinigte Landtag der politischen Entwickelung Deutschland's gefehlt hätte? Das formelle Recht ist in großen politischen Fragen nicht das allein Entscheidende. Ueberhaupt hat Simon mit Vorliebe die Schattenseite unserer Verhältnisse hervorgehoben.</p>
          <p>Dieser tapfere Ritter von der Wiege am unbekannten Webstuhl, findet, daß die preußische Regierung endlich (!!) das Ihrige gethan. (Sehr natürlich in Herrn v. Beckerath's Munde). Der brave Mann ist, wie sich von selbst versteht, für den Ausschuß.</p>
          <p>Es wird Schluß beantragt und namentliche Abstimmung. Die Fortsetzung wird beschlossen. Es erhalten daher Wachsmuth (Hannover), um zu vermitteln, und Göben (Krotoszyn), um in gottbegnadeter Reaktionswuth gegen Anarchie etc. zu faseln, das Wort. Martini (von der äußersten Linken) wird oft unterbrochen, weil er der Rechten und den Centren bittre Pillen verabreicht. Er schließt mit folgenden Worten: &#x201E;Meine Herren, ich will Ihnen auch meinen letzten Rath nicht vorenthalten: Gehen Sie nach Hause!&#x201C;</p>
          <p>Wieder Schluß gefordert und verworfen. So kommt denn Löwe aus Calbe zum Wort, der sehr richtig bemerkt: &#x201E;Ich bedaure, meine Herren, den leeren Streit, den Sie führen; denn darüber scheinen Sie einig zu sein, daß Sie nichts thun wollen; nur über die Form sind Sie verschiedener Meinung. (Sehr wahr! Bravo!)</p>
          <p>Dritter Ruf nach Schluß und abermals abgelehnt.</p>
          <p>Fr. <hi rendition="#g">Raveaux</hi>: Daß das preußische Volk kein Vertrauen mehr zu uns hat, ist auch meine Ansicht, und ich bin auch mit den Motiven vollständig einverstanden. Als die preußische Nation sah, daß wir nicht im Stande waren, unsern Beschluß vom 20. November auszuführen, als es sah, daß wir nicht die Kraft hatten, seine Rechte in Wirklichkeit zu wahren, erhielten wir keine Adressen mehr und Sie werden auch keine mehr erhalten; und ich gebe den preußischen Abgeordneten in so fern Recht, daß das preußische Volk nur auf sich selbst sich verläßt. Gegenwärtig geht aber eine gesetzliche Revolution in Preußen vor, nämlich die Wahlen. Das Volk bemüht sich, Männer hinein zu bringen, welche den Gewaltstreich schon in nächster Zukunft beleuchten und Verwahrung dagegen einlegen werden. Das Volk wird sich nicht wieder täuschen, und die Mehrheit schon protestiren. (Widerspruch. &#x2014; Beifall.) Die Zukunft wird es lehren. Das preuß. Volk war <hi rendition="#g">für</hi> die Nation.-Vers. (Widerspruch.) Ich spreche von dem Momente, wo die Adressen gegen Brandenburg, also auch für die Versammlung und gegen die Krone Preußen's eingingen. Ist es jetzt anders, so liegt es auch nahe, warum. Nach dem Beschlusse der Steuerverweigerung ist die öffentliche Meinung umgeschlagen, und das Einschüchterungssystem Preußens hat seine Früchte getragen. (Widerspruch.) Ja, meine Herren, der Belagerungszustand, die Militärcensur, das Alles ist weit schlimmer als Reaktion, das ist seit 1815 nicht da dagewesen. Ein Ministerium, welches Sie selbst entfernt wissen wollten, steht noch an der Spitze. An der Spitze der Gewalt ein Ministerium, was diese Versammlung nicht will, das will viel sagen. (Heiterkeit.)</p>
          <p>Wir standen bloß durch das Volk, von ihm haben wir die Macht, und wir haben sie Preis gegeben und werden sie durch die Fürsten nicht wieder bekommen. Beschließen Sie, was Sie wollen, einfache oder motivirte Tagesordnung. Die Kommission, welche noch zusammensitzt für die Berathung der Blum'schen Todtenfeier, mag denn, meine Herren, über die Todtenfeier dieses Hauses ihren vollständigen Bericht erstatten. (Stürmischer Beifall von der Linken und den Gallerieen.)</p>
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          <p>Ein Antrag Schmidts (aus Berlin) und Genossen auf eine motivirte Tagesordnung des juste milieu mit 200 gegen 190 verworfen.</p>
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          <p>Wir brauchen wohl Niemanden, der diese hübsche Frankfurter Gesellschaft auch nur ein wenig beobachtet hat, mitzutheilen, daß der Uhland'sche Antrag mit Glanz verworfen wurde. Alles verworfen, wie die Versammlung es selbst ist, verworfen vom deutschen Volke als die Bruthölle des Verraths, welcher, um seine Pläne besser zu bemänteln, stets von Anarchie nach unten schwazt, während die Anarchie da oben desto herrlicher sich zu entfalten Gelegenheit findet. &#x2014;</p>
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              <cell>Im Jahre 1814, vor dem Falle des Kaisers</cell>
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              <cell>Nach dem Einzug der Alliirten in Paris stiegen sie auf</cell>
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              <cell>Eine provisorische Regierung wird ernannt: die Fonds steigen auf</cell>
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              <cell>Die Absetzung des Kaisers wird proklamirt, d. h. in Ziffern</cell>
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              <cell>Er dankt ab: sage</cell>
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              <cell>Im Jahre 1815, vor der Landung Napoleons</cell>
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              <cell>Napoleon's Landung</cell>
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              <cell>Napoleon's Einzug in Paris: taxirt auf</cell>
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              <cell>Er geht zur Armee, mit einer Aufmunterung von</cell>
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              <cell>Er gewinnt die Schlacht bei Ligny: das trägt ein</cell>
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              <cell>Das Unglück von Waterloo: Glück für die Börse</cell>
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              <cell>Abdankung des Kaisers, Einzug der Alliirten in Paris</cell>
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          </table>
          <p>Heißt das was anders, als daß der Einzug der Alliirten in Paris die gewonnene Schlacht von Austerlitz für die Börsenleute war? 61 Fr. Schlacht von Austerlitz und 61 Fr. Schlacht von Waterloo!!</p>
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 4. Januar.</head>
          <p>Früher war die offizielle Welt die Hauptsache, und neben ihr verschwanden alle Parteikämpfe, die außerhalb der Bourgeois-Welt lagen. Jetzt ist es grade umgekehrt. Die offizielle Welt mit Napoleon und Barrot gehört der Mythologie an; sie ist in die Schattenwelt getreten von dem Augenblicke, wo sie aufgehört hat, die bons de tresor gehörig zu bemänteln. Was man jetzt unter Regierung und Opposition versteht, das ist auf der einen Seite die Finanzwelt, auf der andern die proletarischen Klubs. Die Sprache der bons de tresor, der öffentlichen Fonds, ist so mächtig, so klar geworden, Rothschild und die Banquiers machen sie so verständlich, den proletarischen Klubs gegenüber, daß alle ideologische Verdollmetschung und aller Napoleonischer Flitter wahrhaft überflüssig erscheinen. Die Salzfrage hat erst recht den Werth und den Inhalt der bons d[e] tresor beleuchtet.</p>
          <p>Die Klubs der Proletarier fangen an, sich auf eine Weise zu organisiren, daß es mit Bestimmtheit vorauszusehen, daß sie, später oder früher, die offizielle Welt werden müssen.</p>
          <p>Die allgemeine Association für die Propaganda-Demokratie in Schrift und Wort, hat den Zweck, in Verbindung mit den Demokraten aller Staaten zu treten. Die Gesellschaft hat sich bereits konstituirt. Die Statuten lauten folgendermaßen:</p>
          <p>1) Die allgemeine Association für die geschriebene und gesprochene Propaganda der Prinzipien der sozialen Demokratie wird in Paris, in Frankreich gebildet, und später im Ausland instituirt werden.</p>
          <p>2) Die Association hat zum Zwecke, in Paris, Frankreich und im Auslande alle Werke, Brochüren und Journale, welche über den Sozialismus handeln, zu verbreiten. Sie hat außerdem die Absicht, in der Hauptstadt und den Departements soziale Ideen zu vertreiben, ohne Unterschied der Sekten und der Schulen, mittelst sozialistischer Missionäre. Sie wird es ebenfalls übernehmen, die demokratische Organisation der Jury zur Wirklichkeit zu machen, indem sie den durch das Loos als Geschworenen bezeichneten Arbeitern die nöthige Geldvergütung zusichert, welche vom Gesetze vergessen worden ist.</p>
          <p>
            <ref type="link"> <hi rendition="#b">(Siehe den Verfolg in der Beilage.)</hi> </ref>
          </p>
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</TEI>
[1021/0003] Schreckbilder, von denen man uns erzählt hat, daß sie durch die Berliner Straßen schritten, lebten nur in dem Gehirne eines Furchtsamen. Der Traum eines rothen Republikaners freilich, er befindet sich noch hier in unserer Mitte. (Gelächter.) Der Steuerverweigerungsbeschluß, den man den preußischen Volksvertretern zu so schwerem Vorwurfe macht, ist nichts als eine Konsequenz des Beschlusses, der das Ministerium Brandenburg für ein hochverrätherisches erklärte. An Hochverräther zahlt man keine Steuern. Dazu ist die octroyirte Verfassung nicht erst ausgearbeitet worden, nachdem die äußersten Konflikte eingetreten. Sie war längst vorbereitet und vorhanden. Sie ist wohl selbst aus Einflüssen hervorgegangen, die in diesem Saale ihren Ursprung haben. (Unruhe.) Die Verweigerung der Theesteuer, von der die amerikanische Erhebung datirt, rühmt man uns. Was geschah denn in Preußen Anderes? Die octroyirte Verfassung aber wird mit Unrecht eine freisinnige genannt. Die erste Kammer stellt die Bevorrechtigung des Reichthums wieder her, und was die Grundrechte anlangt, so tritt sie in Widerspruch selbst zu den in Frankfurt getroffenen Bestimmungen. Das Petitionsrecht z. B. wird nur den anerkannten Korporationen zugesprochen, und Volksversammlungen unter freiem Himmel bedürfen einer vorläufigen Anzeige. Das absolute Veto, welches wir hier verworfen haben, in der preußischen Verfassung findet es seinen Platz. Wär' aber die Verfassung selbst eine freisinnige zu nennen, so wird sie allen Anzeigen nach nicht gehalten werden. Alle Verfügungen des Ministers Rintelen erinnern an das alte System, an das System der Despotie. Dazu kommt ein neuester Armeebefehl, der den Offizieren verbietet, von einer andern politischen Meinung als ihr König zu sein (Bewegung und Widerspruch), dazu der königliche Neujahrsgruß an das Heer, worin auf die Märzbewegung herabgeblickt wird, als auf eine Empörung. Selbst das Vertrauen auf die Redlichkeit und Unabhängigkeit der Gerichte ist vernichtet. Sie sinken zu Polizeianstalten herab. Unter den verschiedenen Anträgen, die Ihnen vorliegen, scheint mir der des Abgeordneten Uhland der empfehlenswertheste, der von der Ansicht ausgeht, was in Preußen geschehen, das sei ein Verfassungsbruch. Das Ministerium Brandenburg habe nichts für das Wohl des Landes gethan, wohl aber die Berliner Versammlung, die ihre Zeit wahrhaftig nicht vertändelt habe. Die Gründe der Auflösung, die man vorgeschoben habe, seien falsch. Spreche man es aus durch einen Beschluß, daß die preußische Regierung abermals ihr Wort gebrochen, die Berliner Versammlung aber sich um das Vaterland verdient gemacht habe. — Lebhafter Beifall von der Linken und von der ungesperrten Gallerie, die auf Anlaß der heutigen Verhandlung mit einem überaus zahlreichen Publikum besetzt ist. Ihm folgt Hayn für den Ausschuß. Höchst verworren legt er seine schwache Lanze für Brandenburg-Manteuffel ein und für das gottbegnadete Werk der Contrerevolution. Beifall von der Rechten lohnt ihm dafür. Der dritte Redner ist Simon (Breslau): Alle stützenden Momente hat man zu die Macht der Versammlung stürzenden gemacht, so in der Malmöer Frage. Deutschland liegt am Boden, wir werden es nicht aufrichten. Ich kann Sie diesmal nicht auffordern, Deutschland zu retten, Sie sind es nicht mehr im Stande! — Sie haben seit 9 Monaten vergessen, daß Ihre Macht und Kraft ausschließlich in den Sympathien des Volkes liegt, und das deutsche Parlament, ein Riese auf diesem mütterlichen Boden, wird diesem enthoben, in der Diplomaten Armen erdrückt. (Bravo! Bravo!) Was haben Sie aber dadurch erreicht, daß Sie den Kabinetten Rechnung getragen? Ich weiß wenigstens nicht, daß man Sie anerkannt hätte! Oesterreich erklärt geradezu, an unsere Beschlüsse nicht gebunden zu sein, betrachtet nicht Deutschland als über Oesterreich stehend, verweigert die Zahlung der ausgeschriebenen Beiträge, will nicht mit dem Ministerium des Innern, wohl aber mit dem Ministerium des Aeußern unterhandeln: denn was hat auch Oesterreich mit dem deutschen Ministerium des Innern zu thun? Hannover erklärt: die Grundrechte vorläufig nicht zu publiziren; Baiern hat keine Instruktion bezüglich dieser Grundrechte und verweigert ebenfalls die Beiträge; Preußen hat zwar keine unumwundene Erklärung gegeben, aber es handelt einer solchen gemäß. Denken Sie an den Beschluß in der Posener Frage. Preußen hat ihn ignorirt. In der oktroyirten Verfassung finden Sie eine unserm Beschlusse entgegenstehende Beantwortung! Sie hatten den Muth, der Krone Preußen auszusprechen, sie solle ihr Ministerium Brandenburg entlassen; es war aber ausschließlich bestimmt, jenen Gewaltstreich zu begehen und man hat Sie nicht beachtet! Ihrem Beschlusse hat man es zu danken, daß es noch am Leben ist; man weiß jetzt, was man auf Ihre Beschlüsse für Werth legt. Das ist aber der Unsegen aller Halbheit. Sie haben die Krone Preußen durch die Aufforderung, das Ministerium Brandenburg zu entlassen, verletzt und im Volke Alles Vertrauen verloren, wenn Sie den Beschluß der Vertagung der Versammlung als ein Recht bezeichnen. Man sieht in Preußen und Oesterreich nicht mehr nach Frankfurt, weil man nichts mehr von Ihnen hofft, und da läßt sich in diesem Momente wenig dagegen thun. Der Umschwung aber kommt bald, und ich tröste mich mit der Zuversicht, daß Deutschland die Begeisterung für Einheit und Freiheit noch nicht aufgeben wird, weil es mit seiner ersten Versammlung nicht zufrieden ist. Es wird seine Idee nicht aufgeben, weil sie in ihm Wurzel gefaßt. Sie können aber diese Idee gründlich ruiniren, wenn Sie auf dem eingeschlagenen Wege fortfahren; und Sie thun das, wenn Sie den Beschluß der Oktroyirung einer Verfassung als rechtlich darstellen und indem Sie über den Antrag Wesendonck's zur Tagesordnung übergehen, den Antrag des Ausschusses annehmen. Als Solon gefragt wurde, welches die beste Verfassung sei, antwortete er: „Diejenige, wo die geringste Beleidigung des geringsten Bürgers als Schmach für die Verfassung betrachtet wird.“ Wenn man dies als Maßstab an unsere preußische Verfassung legen wollte, wie würde wohl die Antwort lauten? Man hat nach der Märzrevolution nicht gleich die Resultate gezogen, die Errungenschaft war eben das Versprechen, die Zusage der Vereinbarung einer Verfassung. Wehe aber dem Volke, welches nicht fühlt, daß in der Art des Erscheinens jener Verfassung etwas Entwürdigendes liegt! Wehe dem Volke, welchem der Titel gleichgültig ist, unter welchem es sein Heiligstes empfängt; — und es kann ein Augenblick kommen, wo die preußische Regierung erklären dürfte, sich an diese Verfassung nicht gebunden zu erachten. Gewalt hat gesiegt, wir sind noch an das Verfahren vor dem März gewöhnt, aber das muß ich entschieden tadeln, daß man die preußische Nationalversammlung von dieser Tribüne herab geschmäht hat; der Ausschuß ist dabei nicht zurückgeblieben! Auch ich erkenne eine potische Nothwendigkeit an, aber nicht in dieser Verfassungsfrage. Selbst dem Ausschusse sind Rechtszweifel hierüber aufgestoßen, aber sie zu untersuchen, ist ihm nicht eingefallen. Man sagt, schon die Unthätigkeit der preußischen Nationalversammlung habe diese unfähig gemacht, sie habe nur drei Paragraphen fertig gebracht, aber eigenthümlich ist es, daß man dann, wo sie eben mit Ernst vorzugehen beginnt, das „Gottes Gnaden“ streicht, Adel, Orden und Titel aufhebt, sie auflöst. Man fand, daß sie zu ernst vorging, darum hob man sie auf. Was den Umschwung der öffentlichen Meinung anlange, so möge man doch dieselbe nicht überschätzen und dabei jene Einflüsse nach Gebühr in Anschlag bringen, wie andererseits allerdings es auch viele Leute gebe, welche den materiellen Druck höher schätzen, als den Sieg der Idee. „Allein meine Herren, ist es nicht zum großen Theile unsere Schuld, die wir durch unser Zögern und Zagen, durch unser Zurückgehen und durch den Bankrott aller Ideen von Freiheit und Einheit, mit welchen die Revolution geschah, das Volk erschlafft und ihm das letzte Vertrauen geraubt haben? Die alte schlechte Wirthschaft ist wieder in voller Blüthe. Von den preußischen Deputirten, welche hier sitzen, wird kaum einer sein, welcher nicht einen Freund dermalen auf der Flucht oder im Gefängnisse, ja, selbst im Zuchthaus hat. Die Reaktion hat selbst die Unverletzbarkeit des Richterstandes angegriffen. Wahrlich, solche Zeiten erinnern mich an die neapolitanische und spanische Periode, als die Bourbons mit dem ganzen Apparat ihrer Inquisition zurückkamen. Ich stehe nicht an, vor ganz Deutschland, von dieser Tribüne herab zu bepaupten, daß sich der preußische Richterstand durch seine Dankadressen und die Verfolgung seiner Mitglieder einer schmachvollen Servilität schuldig gemacht hat. (Stürmischer Ausbruch von allen Seiten des Hauses; von der äußersten Rechten wird zur Ordnung gerufen. Der Präsident erklärt unter lautem Beifall, daß er sich durch die vorangegangene Aeußerung zu dem Ordnungsruf nicht für berechtigt halte.) Den Herren, welche mich zur Ordnung gerufen wissen wollen, rufe ich zu: daß die Unabhängigkeit der Gerichte das köstlichste Palladium eines Volkes ist, welches feststehen muß, wenn alles Andere in Trümmer fällt. Die Richter dürfen nur das Gesetz und das Recht kennen und sollen daneben keine anderen Götter haben. Denn wenn in den Rechtsbestand die Reaktion hineindrängt, so erscheint sie in ihrer fluchwürdigsten Gestalt und beweis't, daß die Krone bereits an den Grundfesten jeder Rechtsverfassung gerüttelt hat. (Stürmischer, langdauernder Beifall von der Linken, so wie von allen Gallerien.) Meine Herren! Ich wälze nicht ausschließlich die Schuld auf diese Versammlung, denn ein Volk, dessen Wille Jahrhunderte lang untergegangen war in der Geschichte seiner Fürsten, schwingt sich nicht in wenigen Monaten zur Freiheit. Aber wir, die Auserwählten, dürfen nicht dulden, daß die Rechtsidee geschwächt werde, und nicht an uns ist es, das Banner der Freiheit zu senken, das uns in die Hände gedrückt worden ist, um es hoch in die Lüfte zu erheben, ja, selbst noch im Fallen festzuhalten. Uns gebührt es, auszusprechen, daß die Auflösung der berliner Versammlung und die Octroyirung einer Charte eine Rechtsverletzung ist und daß diese Rechtsverletzung dermalen noch fortdauert. Darauf ist mein Antrag gerichtet, und ich empfehle ihn der Versammlung zur Annahme. (Der Redner verläßt die Tribüne unter rauschendem Beifalle.) Reichsminister der Finanzen v. Beckerath: der Rath, den der Verfasser von „Annehmen oder Ablehnen“ ertheilte, war dahin gerichtet, daß der vereinigte Landtag die patentirte Verfassung einfach zurückweisen sollte. Wie aber, wenn der Rath befolgt worden wäre, wenn mithin der vereinigte Landtag der politischen Entwickelung Deutschland's gefehlt hätte? Das formelle Recht ist in großen politischen Fragen nicht das allein Entscheidende. Ueberhaupt hat Simon mit Vorliebe die Schattenseite unserer Verhältnisse hervorgehoben. Dieser tapfere Ritter von der Wiege am unbekannten Webstuhl, findet, daß die preußische Regierung endlich (!!) das Ihrige gethan. (Sehr natürlich in Herrn v. Beckerath's Munde). Der brave Mann ist, wie sich von selbst versteht, für den Ausschuß. Es wird Schluß beantragt und namentliche Abstimmung. Die Fortsetzung wird beschlossen. Es erhalten daher Wachsmuth (Hannover), um zu vermitteln, und Göben (Krotoszyn), um in gottbegnadeter Reaktionswuth gegen Anarchie etc. zu faseln, das Wort. Martini (von der äußersten Linken) wird oft unterbrochen, weil er der Rechten und den Centren bittre Pillen verabreicht. Er schließt mit folgenden Worten: „Meine Herren, ich will Ihnen auch meinen letzten Rath nicht vorenthalten: Gehen Sie nach Hause!“ Wieder Schluß gefordert und verworfen. So kommt denn Löwe aus Calbe zum Wort, der sehr richtig bemerkt: „Ich bedaure, meine Herren, den leeren Streit, den Sie führen; denn darüber scheinen Sie einig zu sein, daß Sie nichts thun wollen; nur über die Form sind Sie verschiedener Meinung. (Sehr wahr! Bravo!) Dritter Ruf nach Schluß und abermals abgelehnt. Fr. Raveaux: Daß das preußische Volk kein Vertrauen mehr zu uns hat, ist auch meine Ansicht, und ich bin auch mit den Motiven vollständig einverstanden. Als die preußische Nation sah, daß wir nicht im Stande waren, unsern Beschluß vom 20. November auszuführen, als es sah, daß wir nicht die Kraft hatten, seine Rechte in Wirklichkeit zu wahren, erhielten wir keine Adressen mehr und Sie werden auch keine mehr erhalten; und ich gebe den preußischen Abgeordneten in so fern Recht, daß das preußische Volk nur auf sich selbst sich verläßt. Gegenwärtig geht aber eine gesetzliche Revolution in Preußen vor, nämlich die Wahlen. Das Volk bemüht sich, Männer hinein zu bringen, welche den Gewaltstreich schon in nächster Zukunft beleuchten und Verwahrung dagegen einlegen werden. Das Volk wird sich nicht wieder täuschen, und die Mehrheit schon protestiren. (Widerspruch. — Beifall.) Die Zukunft wird es lehren. Das preuß. Volk war für die Nation.-Vers. (Widerspruch.) Ich spreche von dem Momente, wo die Adressen gegen Brandenburg, also auch für die Versammlung und gegen die Krone Preußen's eingingen. Ist es jetzt anders, so liegt es auch nahe, warum. Nach dem Beschlusse der Steuerverweigerung ist die öffentliche Meinung umgeschlagen, und das Einschüchterungssystem Preußens hat seine Früchte getragen. (Widerspruch.) Ja, meine Herren, der Belagerungszustand, die Militärcensur, das Alles ist weit schlimmer als Reaktion, das ist seit 1815 nicht da dagewesen. Ein Ministerium, welches Sie selbst entfernt wissen wollten, steht noch an der Spitze. An der Spitze der Gewalt ein Ministerium, was diese Versammlung nicht will, das will viel sagen. (Heiterkeit.) Wir standen bloß durch das Volk, von ihm haben wir die Macht, und wir haben sie Preis gegeben und werden sie durch die Fürsten nicht wieder bekommen. Beschließen Sie, was Sie wollen, einfache oder motivirte Tagesordnung. Die Kommission, welche noch zusammensitzt für die Berathung der Blum'schen Todtenfeier, mag denn, meine Herren, über die Todtenfeier dieses Hauses ihren vollständigen Bericht erstatten. (Stürmischer Beifall von der Linken und den Gallerieen.) Endlich Schluß und namentliche Abstimmung. Die einfache Tagesordnung mit 230 gegen 202 Stimmen verworfen. Die motivirte Tagesordnung des Hrn. Wachsmuth etc. mit 214 gegen 167 verworfen. Der Antrag von H. Simon und Genossen, lautend: „Die Reichsversammlung beschließt: in Erwägung, daß die Berechtigung des preuß. Volkes, seine Staatsverfassung durch Vereinbarung mit der Krone festzustellen, als die Errungenschaft der März-Revolution zu betrachten, eine Errungenschaft, die demnächst durch das von dem Vereinigten Landtag genehmigte Wahlgesetz vom 8. April 1848, durch die auf Grund des Letzteren erfolgten Wahlen und das achtmonatliche Tagen der Nationalversammlung, Seitens der Krone und Seitens des Volkes anerkannt wordon ist und daher einseitig nicht vernichtet werden kann — in Erwägung, daß selbst vom Standpunkte eines Nothrechtes der Krone die letztere nicht zur Oktroyirung einer Verfassung, sondern immer nur zur Vereinbarung mit andern Bevollmächtigten des Volkes gelangen konnte — in Erwägung des im Beschlusse der deutschen Nationalversammlung vom 20. Nov. ausgesprochenen Willens, die dem preuß. Volke gewährten und verheißenen Freiheiten und Rechte gegen jeden Versuch eine- Beeinträchtigung zu schützen, und der auf diesen Beschluß der Nationalversammlung hin erlassenen Proklamation der Centralr Gewalt vom 21. Nov., daß sie die Bürgschaft der National-Versammlung für die Rechte des preuß. Volkes zur Geltung bringen werde; — in Erwägung jedoch, daß die Absicht des preuß. Volkes nicht zu verkennen ist, auf Grund des Patentes v. 5. Dezbr. v. J. die Wahlen zu der auf den 26. Febr. d. J. zusammen berufenen Nationalversammlung vorzunehmen, somit die oktroyirte Verfassung mindestens als vorläufige Grundlage weiterer Verhandlungen mit der Krone anzuerkennen, — aus allen diesen Gründen geht die Nationalversammlung zur motivirten Tagesordnung über.“ wird mit 236 gegen 158 verworfen. Ein Antrag Schmidts (aus Berlin) und Genossen auf eine motivirte Tagesordnung des juste milieu mit 200 gegen 190 verworfen. Endlich, da Schüler seinen Antrag zurücknimmt, kommt der Uhlands an die Reihe. Er lautet: „Die National-Versammlung, als Vertreterin der neu errungenen Freiheit und politischen Ehre und des deutschen Gesammt-Vaterlandes erklärt, daß sie die von der Krone Preußen einseitig verkündete Verfassung für rechtsbeständig und mit dem Selbstgefühle eines freien Volkes verträglich nicht anerkenne, so lange dieselbe nicht mit den Vertretern des preußischen Volkes vereinbart sei.“ Wir brauchen wohl Niemanden, der diese hübsche Frankfurter Gesellschaft auch nur ein wenig beobachtet hat, mitzutheilen, daß der Uhland'sche Antrag mit Glanz verworfen wurde. Alles verworfen, wie die Versammlung es selbst ist, verworfen vom deutschen Volke als die Bruthölle des Verraths, welcher, um seine Pläne besser zu bemänteln, stets von Anarchie nach unten schwazt, während die Anarchie da oben desto herrlicher sich zu entfalten Gelegenheit findet. — Die Versammlung geht also nach mehr als 9stündigem Geschwätz unverrichteter Sache auseinander. O Samiel, hilf! Französische Republik. 12 Paris, 4. Januar. Man muß in jetziger Zeit die Dinge auf den Kopf stellen, um sie mit ihrem wahren Namen nennen zu kennen. Die Sprache ist eine Lüge geworden. Konfusion, Konfusion in allen Parteien! schreit man von allen Seiten, und nie steh'n die Sachen klarer als jetzt. Die Konfusion war da, als 5 Mill. in einem Namen, in einem Herzen zusammenschmolzen. Aber nein, hieß es damals, seht, welche Einigkeit, welch' wunderliches Zusammentreffen. Die französische Nation ist eine große Nation und Napoleon ihr Prophet. Jetzt, wo dieses Gemisch sich klärt, wo die durcheinandergeworfenen Stoffe sich sondern, klagt man wegen Konfusion. Die Rue Poitiers zerfällt innerlich, das Ministerium zerfällt mit der Rue Poitiers, und Napoleon war noch keine Stunde, ohne mit dem Ministerium zerfallen zu sein. Der Einzige, der unerschütterlich bleibt in dieser allgemeinen Erschütterung, ist Odilon-Barrot. Er stiert die Parteien mit seinen starren Tbiers-Augen an, und glaubt dermaßen an die Macht dieses Blickes, daß er in seiner theatralischen Stellung solange beharrt, bis es ihm ergeht, wie am 24. Februar. Damals noch saß er so majestätisch in den Reformbanquetts, rechts und links mit vertrauungsvollem Lächeln um sich werfend, daß er die Revolution, die hinter ihm sich erhob, nicht eher merkte, bis sie mit einem Fußtritte ihn von seinem Sitze geworfen. Jetzt, wo der majestätische Barrot, nachdem er in aller Stille Hut und Rock abgebürstet, wieder da steht, als hätte er nie auf dem Boden gelegen, denkt er gar nicht, daß er je wieder fallen kann. Was es mit dem Fallen und Steigen der Fonds für eine Bewandniß hat, kann man aus folgender Zusammenstellung entnehmen. Wenn, wie es heißt, der Stand der Kurse den Maßstab abgeben soll zum Wohlstand eines Landes, so muß man sagen, daß die Börse und das Volk ganz entgegengesetzte Interessen haben. Die Papiere standen nach dem „Publicateur de Saint-Malo“: Im Jahre 1805, vor der Schlacht von Austerlitz, Auf die Nachricht des Sieges fallen sie auf Ein glorreicher Friedensabschluß bringt sie auf Vor der Geburt des Königs von Rom Den andern Tag nach der Geburt des Prinzen Im Jahre 1814, vor dem Falle des Kaisers Nach dem Einzug der Alliirten in Paris stiegen sie auf Eine provisorische Regierung wird ernannt: die Fonds steigen auf Die Absetzung des Kaisers wird proklamirt, d. h. in Ziffern Er dankt ab: sage Im Jahre 1815, vor der Landung Napoleons Napoleon's Landung Napoleon's Einzug in Paris: taxirt auf Er geht zur Armee, mit einer Aufmunterung von Er gewinnt die Schlacht bei Ligny: das trägt ein Das Unglück von Waterloo: Glück für die Börse Abdankung des Kaisers, Einzug der Alliirten in Paris Fr. 61 59 60 81 78 45 49 52 55 63 81 77 73 54 53 59 61 Ct. 0 80 60 50 75 25 50 0 75 50 61 61 0 (!) 50 75 0 Heißt das was anders, als daß der Einzug der Alliirten in Paris die gewonnene Schlacht von Austerlitz für die Börsenleute war? 61 Fr. Schlacht von Austerlitz und 61 Fr. Schlacht von Waterloo!! 12 Paris, 4. Januar. Früher war die offizielle Welt die Hauptsache, und neben ihr verschwanden alle Parteikämpfe, die außerhalb der Bourgeois-Welt lagen. Jetzt ist es grade umgekehrt. Die offizielle Welt mit Napoleon und Barrot gehört der Mythologie an; sie ist in die Schattenwelt getreten von dem Augenblicke, wo sie aufgehört hat, die bons de tresor gehörig zu bemänteln. Was man jetzt unter Regierung und Opposition versteht, das ist auf der einen Seite die Finanzwelt, auf der andern die proletarischen Klubs. Die Sprache der bons de tresor, der öffentlichen Fonds, ist so mächtig, so klar geworden, Rothschild und die Banquiers machen sie so verständlich, den proletarischen Klubs gegenüber, daß alle ideologische Verdollmetschung und aller Napoleonischer Flitter wahrhaft überflüssig erscheinen. Die Salzfrage hat erst recht den Werth und den Inhalt der bons d[e] tresor beleuchtet. Die Klubs der Proletarier fangen an, sich auf eine Weise zu organisiren, daß es mit Bestimmtheit vorauszusehen, daß sie, später oder früher, die offizielle Welt werden müssen. Die allgemeine Association für die Propaganda-Demokratie in Schrift und Wort, hat den Zweck, in Verbindung mit den Demokraten aller Staaten zu treten. Die Gesellschaft hat sich bereits konstituirt. Die Statuten lauten folgendermaßen: 1) Die allgemeine Association für die geschriebene und gesprochene Propaganda der Prinzipien der sozialen Demokratie wird in Paris, in Frankreich gebildet, und später im Ausland instituirt werden. 2) Die Association hat zum Zwecke, in Paris, Frankreich und im Auslande alle Werke, Brochüren und Journale, welche über den Sozialismus handeln, zu verbreiten. Sie hat außerdem die Absicht, in der Hauptstadt und den Departements soziale Ideen zu vertreiben, ohne Unterschied der Sekten und der Schulen, mittelst sozialistischer Missionäre. Sie wird es ebenfalls übernehmen, die demokratische Organisation der Jury zur Wirklichkeit zu machen, indem sie den durch das Loos als Geschworenen bezeichneten Arbeitern die nöthige Geldvergütung zusichert, welche vom Gesetze vergessen worden ist. (Siehe den Verfolg in der Beilage.)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 189. Köln, 7. Januar 1849, S. 1021. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz189i_1849/3>, abgerufen am 21.11.2024.