Neue Rheinische Zeitung. Nr. 182. Köln, 30. Dezember 1848.häuser sind ganz verwaist, so daß letztere beim Gouverneur, obwohl vergebens, um mildere Maßregeln nachgesucht haben. Dabei steigt die Kälte und der Preis der nothwendigsten Bedürfnisse fortwährend, und wird das obwohl dezimirte Volk gewiß noch zur äußersten Verzweiflung bringen. Dem Grafen Taafe sollte in der That trotz des Standrechts eine Katzenmusik gebracht werden, und einem Bäcker wurde vorgestern in der Nacht nicht nur eine Katzenmusik wirklich gebracht, sondern es wurde ihm auch das ganze Haus dazu demolirt. Ein entschiedener Sieg in Ungarn, und ich werde Ihnen von hier Bedeutendes berichten können. Schon zittern die Kanaillen der absolutistischen Infamie, und die Beilage zur Wienerin von gestern spricht: So schnell die ersten Operationen der Armee Sr. Durchlaucht im Anfange waren, so schnell die Rebellen aller Orts nach allen Richtungen gewichen, so, daß selbst deren Hauptcorps auf dem rechten Donau-Ufer, von unserer Avantgarde noch nicht eingeholt werden konnte, so sehr liegt es doch in der Natur geordneter Heeresbewegungen, daß selbe vorzüglich in der gegenwärtigen Jahreszeit, und je weiter sie fortschreiten und sich ausdehnen, einer längeren Zeitfrist bedürfen, um Resultate zu gewähren; daß demnach unmöglich alle Tage ein Sieges-Bülletin ausgegeben werden kann, wenn der Feind nicht Stand hält, und daß es ferner nicht im Interesse des Dienstes liegt, den Gang der Operationen, welche die Absichten des Feldherrn enthüllen könnten, sogleich an die große Glocke zu hängen, sollte auch, ein weniger militärisches Publikum, als sich in jüngster Zeit in Wien gebildet, von selbst begreifen. Indeß benützt die Böswilligkeit mehrerer Agitatoren die Nichterscheinung täglicher Bülletins, um in Kaffeehäusern und anderen öffentlichen Orten Nachrichten ihrer Art dem immer neugierigen Publikum preiszugeben. Da sich die Regierung bereit erklärt hat, alle und jede Nachrichten über militärische Operationen bekannt zu geben, so märe es Pflicht des Publikums, dieser Versicherung mehr Glauben zu schenken, als den lügenhaften Gerüchten, die nur in der schlechtesten Absicht verbreitet werden und deren Verfasser gerichtlich zu verfolgen, bereits angeordnet worden ist. Von der k. k Stadt-Commandantur. Wenn es schon am Tage unangenehm ist, durch die Straßen zu gehen, namentlich durch einige Straßen der Vorstädte, worin soviele Menschen weggemordet und weggeraubt worden sind, daß man nur mehr, wie in der Heugasse am Belvedere, vereinzelten Menschen darin begegnet, und alle Häuser leer sind, so ist es nach 10 Uhr Abends und nun vollends in der Nacht wahrhaft grausig sogar in der innern Stadt. Man begegnet nur Spionen und Patrouillen, die sich alle 5 Minuten folgen und mit der äußersten schweigenden Behutsamkeit umherschleichen. Zuerst ein Büttel der Sicherheitswache, dann ein Grenadier, dann auf 20 Schritt Distance zwei, weiter ein gros von 12, darauf wieder 2, einer und endlich zum Schluß ein zweiter Polizeibüttel der Sicherheitswache. Nur hie und da begegnet ihnen wie ein Gespenst, ein tief in Mantel oder Paletot vermummter Civilist. -- In den Vorstädten und nun gar auf den Glacien ist es noch schauerlicher; dort fahren die Patrouillen, was gewiß unerhört erscheint, sogar mit Kanonen durch die Straßen; und dennoch, sagt man, wird von unerforschlichen Thätern auf sie geschossen. Ich wollte keinem ehemaligen Garden es rathen, eine Kokarde, oder seinen Rock, überhaupt irgend ein konstitutionelles Abzeichen zu tragen. Aber die Bourgeoisie ist auch so niederträchtig schwarzgelb, daß man mich in einem Gewölbe z. B. bedenklich ansah, als ich blos sagte, der Kampf in Ungarn sei noch unentschieden. Wie Sie sehen, steht das Standrecht schon auf dem blosen Gedanken; die österreichischen Spione erkennen die sogenannten Agitatoren an der Nase. Den Kaffeesiedern ist auf das strengste untersagt, außer der Ober-Post-Amts-Zeitung und dem Spuknapf, genannt Allg. Augsburgerin, irgend eine auswärtige Zeitung aufzulegen. Was auswärts vorgeht, werden wir daher nur aus absolutistischen Spucknäpfen oder aus den Lügenberichten österreichischer Standrechtsblätter gewahr weil es im ganzen Lande nicht einmal ein konstitutionell-ehrenhaftes Blatt gibt, geschweige ein radikales. Das Standrecht, von dessen angeblicher Aufhebung die Ober-Post-Amts-Zeitung lügt, ist maßgebend für ganz Oesterreich, also auch für den Reichstag von Kremsier. Darum sind auch die von Kraus geforderten 80 Millionen bewilligt worden. Nur Graf Borkowski aus Lemberg hatte, wie immer, so auch hier, trotz des Stand- und Vergiftungsrechts den Muth, unter dem Schurkengesindel der Majorität und den Irokesen der Minorität eine Ausnahme zu machen. 14 Wien, 24. Dez. Der Ex-Reichsminister Schmerling ist von dem ersten Wahlbezirke gestern für Pillersdorff zum Abgeordneten gewählt worden, nachdem man nicht nur alle standrechtlichen Drohungen angewendet, sondern auch noch bezahlte Juden, namentlich einen gewissen Dr. Seligmann, dazu verwendet hatte, Pillersdorf mit der Beredsamkeit des niederträchtigsten Geifers über die Maßen zu besudeln. Das sind die herrschenden Gesetze, an deren Abschaffung der edle Schmerling schwerlich denken wird. Die Wiener Zeitung von heute wird Ihnen kremsier-österreichische Grundrechte bringen, die Ihren Humor in Anspruch nehmen werden. Der Meuchelmörder Windischgrätz scheint in Ungarn auf kleine Hindernisse zu stoßen, die selbst die Standrechtspresse, geschweige Siege zu vermelden, durchblicken lassen muß. Vor allem geht die Rekrutirung in den deutschen Provinzen so schlecht, daß man in den meisten Orten Deutsch-Böhmen's und in Oberösterreich mit dem Standrecht verfahren muß. Um 47 Rekruten zu bekommen, war man z. B. in Reicheuberg genöthigt, 4 Kompagnien Infanterie und 1 Eskadron Uhlanen zu verwenden. Mit dem Siegesbülletin vom 17, dem bis heute keins mehr gefolgt ist, scheint es nicht recht bestellt gewesen sein, wenn die Magyaren trotz der angeblichen Besetzung Tyrnau's noch im Stande sind, Einfälle nach Mähren und Schlesien zu machen. So sagt der Lloyd von heute nach einem Schreiben aus dem nördlichen Mähren vom 21. Dez. z. B.: "Unsere Gränzbewohner wurden seit wenigen Tagen allnächtlich von ungarischen Räuberhorden überfallen, geplündert und die wehrhaften Männer wo möglich zu Gefangenen gemacht. Bereits fanden mehrere blutige Scharmützel statt. In allen der Gränze nahe liegenden Ortschaften und Städten stehen demzufolge Bauern, Waldjäger, Garden und das vorhandene Militär unter den Waffen, machen fortwährend starke Patrouillen und halten alle Engpässe stark besetzt. Man ist durch die Organisation des Landsturmes auf jeden Einfall der Ungarn gefaßt, und bereit, den kräftigsten Widerstand zu leisten. Noch nie vielleicht war unsere Bevölkerung so kampflustig und todesmuthig wie jetzt. Mit Jubel ziehen die aus allen Ständen zusammengewürfelten Detachements dem Feinde entgegen; unsere sonst idyllische Gegend bekam plötzlich eine kriegerische Physiognomie. In den meisten Orten hält man die bessern Sachen gepackt, um, wenn es Noth thäte, dieselben in das Innere des Landes zu schaffen. -- Aus Ungarn kommen fast stundlich Flüchtlinge an, welche gastfreundliche Aufnahme finden." Aus der sichersten Quelle erfahre ich, daß aus östreich. Schlesien eine Schaar von Militärspionen über die preußische Grenze unter dem Vorwande gesendet worden ist, zu erforschen, ob von dort aus Verbindungen mit Ungarn unterhalten werden. Was sie eigentlich bezwecken, bleibt aber dahin gestellt. Der Olmützer Korrespondent von gestern, bekanntlich Sophiens schwarzes Brett, berichtet in einer Korrespondenz aus Wien: "Einer hier eingegangenen Nachricht zufolge wäre Wieselburg erst nach einer heftigen Gegenwehr, mit nicht unbedeutendem Verluste auf Seite der k. k. Armee, vornämlich der zum Sturme beorderten Kroaten, genommen. Auch sei beinahe ganz Wieselburg ein Raub der Flammen geworden. Der Feind scheint sich bis ganz hinter Komorn zurückzuziehen und erst in der Nähe von Gran oder vielleicht noch tiefer unten in der Nähe von Pesth es zu einem entscheidenden Schritte kommen lassen zu wollen. Die spärlichen Nachrichten, die über die Befestigung Pesth's hier verlauten, sind so abenteuerlicher und ungeheuerlicher Natur, daß ich Anstand nehme, sie mitzutheilen. Nach denselben wäre diese Hauptstadt Ungarns so befestigt, daß eine Million (!!) Soldaten sie nicht bezwingen könnten, und mit Mundvorrath und Munition so gut versehen, daß sie eine Blokirung von mehreren Jahren zu ertragen im Stande sei. Im Laufe des heutigen Tages sind neuerdings nicht unbedeutende Truppenzüge von hier nach Ungarn erfolgt. Es ist sehr natürlich, daß die gegen das Innere des Landes operirende Armee, welche in dem Maße geschwächt wird, als Ortschaften genommen und mit Garnisonen versehen werden müssen, Verstärkungen um so mehr bedarf, je näher sie dem Hauptpunkte des Widerstandes kommt. Indessen gibt es noch genug superkluge Politiker, die aus dem Nachsenden von Verstärkungen erlittene Niederlagen herauswittern wollen. Als ob eine wirkliche Niederlage in unserer Zeit und in dieser Nähe vom Kriegsschauplatze sich verheimlichen ließe. Einen abermaligen Anhaltspunkt zu falschen Gerüchten von erlittenen Niederlagen, die auszustreuen es immer noch genug Böswillige gibt, ja sogar zu Besorgnissen der ängstlichern Stadtbewohner gab die heute erfolgte Verstärkung der Besatzung im Neugebäude und in der Türkenschanze. Auch aus dieser Maßregel wird eine Befürchtung vor einem Ueberfalle der Ungarn herausgewittert. Ja ausnehmend gelehrte Leute finden in dem Fliehen der Ungarn von allen Punkten, wo sie angegriffen werden, einen sehr fein ausgedachten Plan, indem sie die Armee in das Innere des Landes, wo unbesiegbare Hindernisse ihrer warten, locken wollen, während sie selbst (die Ungarn) durch ein kühnes Manöver die Grenze überschreiten und Wien mit einem Handstreiche nehmen wollen." Vereinigen Sie damit folgende Nachricht der heutigen "Presse", so wird der Beweis, daß die Magyaren selbst nach den schwarzgelbsten Blättern noch lange nicht besiegt sind, doch ziemlich evident vorliegen. Die Freiheit Deutschlands, Polens und Italiens wird erstehen, wenn das Volk der Magyaren die Banditen vertilgt. Wir haben die Freiheit dann wenigstens nicht der gemeinen Bourgeois-Republik von Frankreich zu verdanken, sondern nur einem barbarischen Volke des Orients. Der Artikel der "Presse" lautet: "Ein gestern geradenwegs ans Pesth angekommener junger Mann bringt folgende sichere Daten vom Kriegsschauplatze: Die Ungarn zählen 100,000 Mann reguläres Militär, Görgei hat das Oberkommando über die ganze ungarische Armee und steht gegenwärtig mit 40,000 Mann bei Preßburg, General Perczel mit 20,000 Mann an der steierischen Grenze; General Bem kommandirt mit 20,000 Mann gegen Siebenbürgen, darunter befinden sich 200 Mann von den mit Roth Gefangenen. Dem Feldmarschall-Lieutenant Schlik gegenüber steht Obrist Pulsky mit 20,000 Mann, theils regulären Militärs, theils Landsturm, dieser will Schlik bis Kaschau ruhig vordringen lassen, wo er ihn zu schlagen hofft, und von dort aus bis nach Galizien herein verfolgen, in der Hoffnung, daß sich dann hier an seine Kompagnie der polnischen Legion die galizische waffengeübte Jugend anschließen wird; die polnische Legion zählt 850 Mann, und steht unter dem Kommando Wysocki's, eines Krakauers. Die Ungarn zweifeln nicht an ihrem Siege (?). Die Pesther Gewehrfabrik liefert täglich 200 Gewehre, Kirchenglocken werden zu Kanonen umgegossen, Waffen haben sie in Unzahl, und Leute mehr, als sie bewaffnen können; nur an tüchtigen Kompagnie-Kommandanten gebricht es ihnen. -- An den Verschanzungen Pesth's muß wochentlich drei Tage die ganze Bevölkerung ohne Unterschied arbeiten. 14 Wien, 25. Dez. Gestern Abend wurde folgendes sogenannte Armee-Bülletin in den Straßen angeschlagen und mußte par ordre du Muphti von der Wiener Zeitung ausgegeben werden: "Nach den so eben aus dem Hauptquartier "Ungarisch-Altenburg" eingetroffenen Nachrichten des Herrn Feldmarschalls Fürsten Windischgrätz, ist das erste und zweite Armeekorps zwischen Hochstraß und Raab schlagfertig aufgestellt, und die Avantgarde bis über Rabnitz vorgerückt, ohne auf einen Feind zu stoßen. -- Vor Leopoldstadt ist die Division des Feldmarschall-Lieutenants Simunich, um Preßburg jene des F.-M.-L. Kempen aufgestellt. -- Von Oedenburg ist das Korps des Obersten Horvath gegen Güns vorgerückt, um einer feindlichen Kolonne unter dem Rebellen Perczel, die sich gedrängt von der untern Mur über Körmend, Steinamanger und Paga mit den Insurgenten bei Raab zu vereinigen suchte, in die Flanke zu fallen. -- Während des Verweilens der Armee in ihrer letzten Stellung ist in jener ganzen Strecke, welche die Truppen auf beiden Ufern der Donau besetzten, d. h. im Preßburger, Wieselburger und Oedenburger Komitat, die Entwaffnung des Landvolks bewirkt, die gesetzliche Ordnung hergestellt und die Einsetzung der königlichen Regierungs-Kommissäre (Scharfrichter) geschehen. Wien, 24. Dez. 1848. Vom Civil- und Militär-Gouveur Welden, Feldmarschall-Lieutenant." Hunderte von Neugierigen drängten sich um die Anschlagsstellen und glaubten ein Sieges-Bülletin zu finden, da die Schwarzgelben schon seit einigen Tagen von der Einnahme Pesth's und Koffuth's Hinrichtung durch den Strang gefabelt hatten. Man sah den Leuten das Erstaunen an, als sie nichts fanden, als einen Aufstellungsbericht, der nicht einmal der Wahrheit getreu ist. Aber keine Seele wagte es, ein Wort zu äußern, denn unzählige Spione und Spioninnen lauerten. Es ist unglaublich, wie weit die lügenhafte Unverschämtheit hier getrieben wird, um eine sehr derbe Niederlage, die Windischgrätz bekommen, zu verdecken und zu beschönigen. Man thut, als ob noch gar nichts vorgefallen sei, während die zuverlässigsten Nachrichten über eine erhaltene Schlappe und Militärrevolte hier sind, und die hundert Wagen eingebrachter Verwundeten der Bevölkerung doch genugsam bewiesen haben, daß die obige Aufstellung viel Blut gekostet hat. Da es hier jedoch mit Androhung des Standrechts, von dessen Aufhebung die babylonische Dirne von Augsburg und ihre oberpostamtliche Gesinnungsgenossin in Frankfurt den gläubigen Deutschen etwas vorgelogen, verboten ist, sich anders als schwarzgelbsiegestrunken und windischgrätzig über Ungarn zu äußern, und alle direkte Verbindung mit Pesth längst aufgehört hat, so hält es allerdings sehr schwer, Zuverlässiges zu erfahren. Daß es jedoch mit der Niederlage seine Richtigkeit haben muß, das verrräth, wenn obiges Bülletin und das Ihnen gestern Mitgetheilte auch nur halb beweist, der gestrige Olmützer Korrespondent in einem Schreiben aus Wien, worin gesagt ist: "Die Nachricht von der Eroberung Raab's erhält sich noch immer, wiewohl alle nähere Begründung fehlt; ebenso die Angabe eines bei der Erstürmung dieser Stadt erlittenen ziemlichen Verlustes von Seite der k. k. Armee." Halten Sie das mit obigem Bülletin zusammen, so ist es gewiß, daß Jellachich vor Raab Prügel bekommen hat und mit seinen Kroaten entweder vernichtet oder doch jedenfalls zurückgeworfen worden ist. Man sagt aber noch, daß nicht nur Jellachich, sondern auch die Söhne Latour's und Windischgrätz's von den Magyaren gefangen genommen sind. Was ich hier behaupte, behaupte ich nach den Angaben der Hofpartei, die es gewiß ableugnen oder verschweigen würde, wenn eins oder das andere noch möglich wäre. Die Militärrevolte, deren Unterdrückung viel Blut und Anstrengungen gekostet, soll dadurch entstanden sein, daß die neulich nicht dekorirten Soldaten verlangten, die in Schönbrunn dekorirten sollten überall zuvörderst kämpfen. Es heißt, man habe nach einem langen, fruchtlosen Gemetzel nachgeben müssen. Windischgrätz wäre also in ziemlicher Verlegenheit. Extreme produziren Extreme! Windischgrätz wird uns Demokraten und demokratische Heere seiner Art verschaffen. 119 Olmütz, 25. Dez. Gegen die Bewilligung der 80. Mill. haben in Kremsier nur die Polen mit Muth gekämpft, während die deutschen Schuselka's sich in die gewohnte Niederträchtigkeit verbargen. Graf Borkowski, Durbasiewics, Bilinski, Sierakowski haben dem Ministerium trotz des Standrechts und Meuchelmords, mit denen es regiert, die kühnsten Wahrheiten gesagt, indem sie jedem Kredit widersprachen. Durbasiewics schilderte die Gräuel, die vor und seit dem Bombardement Lemberg's dort verübt werden, und betheuerte, daß wenn Galizien das Unglück haben sollte, noch 1000 Jahre an Oesterreich gekettet zu bleiben, es doch niemals etwas anderes, als Haß dawider empfinden könnte. Die Rede Bilinski's war so grell und feurig, daß der Präsident ihn zur Ordnung rief; er erklärte einen Theil der Kremsierer Irokesen und Schuselka's für unmündig. -- Ich habe Ihnen bereits einige Pröbchen von des berüchtigten Schmerling's noch nicht abgeschafften Gesetzen mitgetheilt. Hier noch eins. "Die steierischen Bauern sage Bauern, sind beim Hans-Jörgel in Kremsier mit der Bitte eingekommen, dem Uebelstande abzuhelfen, wonach Jemand, der vor seinem Tode nicht gebeichtet und kommunizirt hat, nicht in geweihter Erde begraben wird." -- Es gibt neben der infamen Bourgeoisie, die, wo es sich von anderm handelt, als von ihrem gemeinen Nutzen, nicht in Betracht kommen kann, noch Gimpel genug, welche meinen, Sophie fils mit ihrem Ministerium, die (Siehe den Verfolg in der Beilage.) unsern Freund in dieser Hinsicht lange Zeit beobachtet. In frühern Jahren war sein Witz so frisch und eklatant, daß man alle politischen Schwächen gern dabei übersah. Jedenfalls war Punch aber immer der Schleppenträger der Times, eines Blattes, das trotz vieler guten Seiten, doch im Grunde nichts anders, als die hohe Bourgeoisie vertritt. Früher war es, wie gesagt, noch ganz amusant, wenn der kleine Punch der großen Times so ergötzlich nachpurzelte. Wie ein riesiger Boxer fiel die Times ihren Gegner an und wie eine Wespe nistete sich Punch in seine Locken und verwundete ihn zum zweiten Male, wenn er grade am allerwenigsten daran dachte. Es geschah dies aber, bald in so naiv-ergötzlicher, bald in so sarkastisch-teuflischer Weise, daß man sich trotz des Zusammenwirkens mit der Times unwillkürlich wieder damit aussöhnte. Erst als die Times bei Gelegenheit der Freihandelsbewegung immer langweiliger und bei der fortschreitenden Entwicklung der chartistischen Partei immer brutaler wurde, und den luftigen Punch immer ernstlicher in's Schlepptau nahm, ach, da verlor unser Freund, zugleich mit seiner Naivetät auch seine Grazie, Punch wurde ein Bourgeois, ein Freetrader -- Punch war nicht mehr der alte Punch. Ich habe nie um Jemand mehr getrauert als um meinen alten englischen Freund. Er war aus dem Volke hervorgegangen und verrieth das Volk. Aber das Volk rächte sich an ihm; Punch verlor seinen -- Witz! Die Karrikaturen von John Leech behielten dagegen ihre frühere Frische. Wir können unsere deutschen Zeichner nicht genug auf die Leistungen dieses Mannes aufmerksam machen. Die eigenthümliche und energische Behandlung seines Gegenstandes macht ihn nächst dem freilich phantastischern Cruikshank, zu dem wirksamsten Künstler seines Faches. Leech ist recht eigentlich der Repräsentant des in Bildern zum Vorschein kommenden Beefsteak- und Plumpudding Humors Großbritanniens. Hölzern-pathetisch, komisch-ergreifend aber immer verständlich, praktisch und seinen Gegenstand packend. Seltsam stechen die graziösen Zeichnungen eines Gavarni von diesen englischen Karrikaturen ab. Die Erzeugnisse des französischen Griffels verhalten sich zu denen des englischen wie eine duftende Ananas zu einer humoristischen Kartoffel -- -- aber die Kartoffel ist ja ein prächtiges Produkt und stets ist sie uns willkommen. Unsre deutschen Künstler, die in Düsseldorf ihre Monatshefte und in München ihre fliegenden Blätter herausgeben, könnten sowohl von Gavarni als von Leech ungemein viel lernen, denn sie produziren weder Ananas noch Kartoffeln -- höchstens Aepfel und Birnen. In dem Almanach, den Punch wie gewöhnlich um diese Zeit des Jahres so eben erscheinen läßt, hat Leech wieder seine Spässe über die halbe Welt ausgegossen. Fuchsjagden in einem Zimmer, schriftstellerische Versuche in der Küche, Grimassen eines Familienvaters beim Anschaffen neuer Kleider für sechs oder acht Töchter, Spezialkonstabler beim Empfang ihrer Stöcke, Wettrennen durch Wald und Gebüsch, Spazierritt eines Dutzends Matrosen anf der berüchtigten Seeschlange des Dädalus, ein Weihnachtsabend vor 3-400 Jahren, Ballet der Göttin der Freiheit mit sämmtlichen Monarchen, Ludwig und Lola, Besuch der französischen Nationalgarden in London, Wellington und Brougham als Polizisten, John Bull wie er entkrönte politische Flüchtlinge empfängt u. s. w., man weiß nicht, wo man aufhören soll. Doch nur in den Karrikaturen behielt Punch seine alte Force. Anders ist es mit dem Text. Der Londoner Punch verhält sich jetzt zu der Times wie der Pariser Charivari zum National. Vergebens strengt er sich an, von Zeit zu Zeit noch einmal den alten Humor sprudeln zu lassen. Es ist umsonst. Die alten Späße wollen nicht wiederkehren, und tauchen sie hie und da empor, da ist es, als ob sie der große Richard, der Manchester-Mann Cobden aus Baumwolle gedreht hätte, dünn, lang, tausend Yards für einen Penny. Such is life. So geht's in der Welt. Möchte unser kölnisches Henneschen nie dem Beispiele des Londoner Bruders folgen -- doch vor Allem wollen wir wünschen, daß der Harlequin der elysäischen Felder lebendig bleibt! Hüpft er und tanzt er, da hüpfen und tanzen alle Grisetten, die Franzosen kommen und es hüpft die weite unendliche Welt! Es gibt kein langweiligeres Geschöpf als einen Bourgeois. Interessant sind nur Aristokraten und Proletarier. Nur die aristokratische Presse hat Witz -- und die revolutionäre. Berlin, 22. Dezbr. Unsere Neue Preußische Ztg. (die wüthig und schmutzig wie die von der Behörde in Wien bald zur Ruhe gewiesene "Geißel") hat sich ein Sonntagsblatt zugelegt, das auf Bearbeitung des Landvolks zu den bevorstehenden Wahlen ausgeht. Glücklicherweise ist der Ton so plump und die Verleumdung gegen die Demokratie so gemein, daß auch der beschränkteste Bauerkopf davor zurückschrecken wird. Die Absicht der saubern Partei ist, recht viele Abgeordnete in die Kammern zu bringen, welche die octroyirte Verfassung im absolutistischen Sinn revidiren. Dieselbe Zeitung hat beim Einrücken der Garden, in der edlen Absicht, die Soldaten gegen den Bürger zu hetzen, die Nachricht mitgetheilt, daß man beschlossen habe, die Soldaten zu vergiften. Wirklich sind seit einigen Wochen viele hundert Soldaten vergiftet, aber nicht durch Köchinnen oder gar durch Köche, sondern durch andere weibliche Wesen, und zwar nicht aus Haß, sondern durch Liebe, wenn man letzteres Wort zu solchem Begriff entweihen darf. Es ist eine so große Zahl von Soldaten erkrankt, daß die hiesigen Lazarethe nicht ausreichen, und man für sie eine Heilanstalt in dem nahen Köpenick errichten mußte. (A. A. Z.)häuser sind ganz verwaist, so daß letztere beim Gouverneur, obwohl vergebens, um mildere Maßregeln nachgesucht haben. Dabei steigt die Kälte und der Preis der nothwendigsten Bedürfnisse fortwährend, und wird das obwohl dezimirte Volk gewiß noch zur äußersten Verzweiflung bringen. Dem Grafen Taafe sollte in der That trotz des Standrechts eine Katzenmusik gebracht werden, und einem Bäcker wurde vorgestern in der Nacht nicht nur eine Katzenmusik wirklich gebracht, sondern es wurde ihm auch das ganze Haus dazu demolirt. Ein entschiedener Sieg in Ungarn, und ich werde Ihnen von hier Bedeutendes berichten können. Schon zittern die Kanaillen der absolutistischen Infamie, und die Beilage zur Wienerin von gestern spricht: So schnell die ersten Operationen der Armee Sr. Durchlaucht im Anfange waren, so schnell die Rebellen aller Orts nach allen Richtungen gewichen, so, daß selbst deren Hauptcorps auf dem rechten Donau-Ufer, von unserer Avantgarde noch nicht eingeholt werden konnte, so sehr liegt es doch in der Natur geordneter Heeresbewegungen, daß selbe vorzüglich in der gegenwärtigen Jahreszeit, und je weiter sie fortschreiten und sich ausdehnen, einer längeren Zeitfrist bedürfen, um Resultate zu gewähren; daß demnach unmöglich alle Tage ein Sieges-Bülletin ausgegeben werden kann, wenn der Feind nicht Stand hält, und daß es ferner nicht im Interesse des Dienstes liegt, den Gang der Operationen, welche die Absichten des Feldherrn enthüllen könnten, sogleich an die große Glocke zu hängen, sollte auch, ein weniger militärisches Publikum, als sich in jüngster Zeit in Wien gebildet, von selbst begreifen. Indeß benützt die Böswilligkeit mehrerer Agitatoren die Nichterscheinung täglicher Bülletins, um in Kaffeehäusern und anderen öffentlichen Orten Nachrichten ihrer Art dem immer neugierigen Publikum preiszugeben. Da sich die Regierung bereit erklärt hat, alle und jede Nachrichten über militärische Operationen bekannt zu geben, so märe es Pflicht des Publikums, dieser Versicherung mehr Glauben zu schenken, als den lügenhaften Gerüchten, die nur in der schlechtesten Absicht verbreitet werden und deren Verfasser gerichtlich zu verfolgen, bereits angeordnet worden ist. Von der k. k Stadt-Commandantur. Wenn es schon am Tage unangenehm ist, durch die Straßen zu gehen, namentlich durch einige Straßen der Vorstädte, worin soviele Menschen weggemordet und weggeraubt worden sind, daß man nur mehr, wie in der Heugasse am Belvedere, vereinzelten Menschen darin begegnet, und alle Häuser leer sind, so ist es nach 10 Uhr Abends und nun vollends in der Nacht wahrhaft grausig sogar in der innern Stadt. Man begegnet nur Spionen und Patrouillen, die sich alle 5 Minuten folgen und mit der äußersten schweigenden Behutsamkeit umherschleichen. Zuerst ein Büttel der Sicherheitswache, dann ein Grenadier, dann auf 20 Schritt Distance zwei, weiter ein gros von 12, darauf wieder 2, einer und endlich zum Schluß ein zweiter Polizeibüttel der Sicherheitswache. Nur hie und da begegnet ihnen wie ein Gespenst, ein tief in Mantel oder Paletot vermummter Civilist. — In den Vorstädten und nun gar auf den Glacien ist es noch schauerlicher; dort fahren die Patrouillen, was gewiß unerhört erscheint, sogar mit Kanonen durch die Straßen; und dennoch, sagt man, wird von unerforschlichen Thätern auf sie geschossen. Ich wollte keinem ehemaligen Garden es rathen, eine Kokarde, oder seinen Rock, überhaupt irgend ein konstitutionelles Abzeichen zu tragen. Aber die Bourgeoisie ist auch so niederträchtig schwarzgelb, daß man mich in einem Gewölbe z. B. bedenklich ansah, als ich blos sagte, der Kampf in Ungarn sei noch unentschieden. Wie Sie sehen, steht das Standrecht schon auf dem blosen Gedanken; die österreichischen Spione erkennen die sogenannten Agitatoren an der Nase. Den Kaffeesiedern ist auf das strengste untersagt, außer der Ober-Post-Amts-Zeitung und dem Spuknapf, genannt Allg. Augsburgerin, irgend eine auswärtige Zeitung aufzulegen. Was auswärts vorgeht, werden wir daher nur aus absolutistischen Spucknäpfen oder aus den Lügenberichten österreichischer Standrechtsblätter gewahr weil es im ganzen Lande nicht einmal ein konstitutionell-ehrenhaftes Blatt gibt, geschweige ein radikales. Das Standrecht, von dessen angeblicher Aufhebung die Ober-Post-Amts-Zeitung lügt, ist maßgebend für ganz Oesterreich, also auch für den Reichstag von Kremsier. Darum sind auch die von Kraus geforderten 80 Millionen bewilligt worden. Nur Graf Borkowski aus Lemberg hatte, wie immer, so auch hier, trotz des Stand- und Vergiftungsrechts den Muth, unter dem Schurkengesindel der Majorität und den Irokesen der Minorität eine Ausnahme zu machen. 14 Wien, 24. Dez. Der Ex-Reichsminister Schmerling ist von dem ersten Wahlbezirke gestern für Pillersdorff zum Abgeordneten gewählt worden, nachdem man nicht nur alle standrechtlichen Drohungen angewendet, sondern auch noch bezahlte Juden, namentlich einen gewissen Dr. Seligmann, dazu verwendet hatte, Pillersdorf mit der Beredsamkeit des niederträchtigsten Geifers über die Maßen zu besudeln. Das sind die herrschenden Gesetze, an deren Abschaffung der edle Schmerling schwerlich denken wird. Die Wiener Zeitung von heute wird Ihnen kremsier-österreichische Grundrechte bringen, die Ihren Humor in Anspruch nehmen werden. Der Meuchelmörder Windischgrätz scheint in Ungarn auf kleine Hindernisse zu stoßen, die selbst die Standrechtspresse, geschweige Siege zu vermelden, durchblicken lassen muß. Vor allem geht die Rekrutirung in den deutschen Provinzen so schlecht, daß man in den meisten Orten Deutsch-Böhmen's und in Oberösterreich mit dem Standrecht verfahren muß. Um 47 Rekruten zu bekommen, war man z. B. in Reicheuberg genöthigt, 4 Kompagnien Infanterie und 1 Eskadron Uhlanen zu verwenden. Mit dem Siegesbülletin vom 17, dem bis heute keins mehr gefolgt ist, scheint es nicht recht bestellt gewesen sein, wenn die Magyaren trotz der angeblichen Besetzung Tyrnau's noch im Stande sind, Einfälle nach Mähren und Schlesien zu machen. So sagt der Lloyd von heute nach einem Schreiben aus dem nördlichen Mähren vom 21. Dez. z. B.: „Unsere Gränzbewohner wurden seit wenigen Tagen allnächtlich von ungarischen Räuberhorden überfallen, geplündert und die wehrhaften Männer wo möglich zu Gefangenen gemacht. Bereits fanden mehrere blutige Scharmützel statt. In allen der Gränze nahe liegenden Ortschaften und Städten stehen demzufolge Bauern, Waldjäger, Garden und das vorhandene Militär unter den Waffen, machen fortwährend starke Patrouillen und halten alle Engpässe stark besetzt. Man ist durch die Organisation des Landsturmes auf jeden Einfall der Ungarn gefaßt, und bereit, den kräftigsten Widerstand zu leisten. Noch nie vielleicht war unsere Bevölkerung so kampflustig und todesmuthig wie jetzt. Mit Jubel ziehen die aus allen Ständen zusammengewürfelten Detachements dem Feinde entgegen; unsere sonst idyllische Gegend bekam plötzlich eine kriegerische Physiognomie. In den meisten Orten hält man die bessern Sachen gepackt, um, wenn es Noth thäte, dieselben in das Innere des Landes zu schaffen. — Aus Ungarn kommen fast stundlich Flüchtlinge an, welche gastfreundliche Aufnahme finden.“ Aus der sichersten Quelle erfahre ich, daß aus östreich. Schlesien eine Schaar von Militärspionen über die preußische Grenze unter dem Vorwande gesendet worden ist, zu erforschen, ob von dort aus Verbindungen mit Ungarn unterhalten werden. Was sie eigentlich bezwecken, bleibt aber dahin gestellt. Der Olmützer Korrespondent von gestern, bekanntlich Sophiens schwarzes Brett, berichtet in einer Korrespondenz aus Wien: „Einer hier eingegangenen Nachricht zufolge wäre Wieselburg erst nach einer heftigen Gegenwehr, mit nicht unbedeutendem Verluste auf Seite der k. k. Armee, vornämlich der zum Sturme beorderten Kroaten, genommen. Auch sei beinahe ganz Wieselburg ein Raub der Flammen geworden. Der Feind scheint sich bis ganz hinter Komorn zurückzuziehen und erst in der Nähe von Gran oder vielleicht noch tiefer unten in der Nähe von Pesth es zu einem entscheidenden Schritte kommen lassen zu wollen. Die spärlichen Nachrichten, die über die Befestigung Pesth's hier verlauten, sind so abenteuerlicher und ungeheuerlicher Natur, daß ich Anstand nehme, sie mitzutheilen. Nach denselben wäre diese Hauptstadt Ungarns so befestigt, daß eine Million (!!) Soldaten sie nicht bezwingen könnten, und mit Mundvorrath und Munition so gut versehen, daß sie eine Blokirung von mehreren Jahren zu ertragen im Stande sei. Im Laufe des heutigen Tages sind neuerdings nicht unbedeutende Truppenzüge von hier nach Ungarn erfolgt. Es ist sehr natürlich, daß die gegen das Innere des Landes operirende Armee, welche in dem Maße geschwächt wird, als Ortschaften genommen und mit Garnisonen versehen werden müssen, Verstärkungen um so mehr bedarf, je näher sie dem Hauptpunkte des Widerstandes kommt. Indessen gibt es noch genug superkluge Politiker, die aus dem Nachsenden von Verstärkungen erlittene Niederlagen herauswittern wollen. Als ob eine wirkliche Niederlage in unserer Zeit und in dieser Nähe vom Kriegsschauplatze sich verheimlichen ließe. Einen abermaligen Anhaltspunkt zu falschen Gerüchten von erlittenen Niederlagen, die auszustreuen es immer noch genug Böswillige gibt, ja sogar zu Besorgnissen der ängstlichern Stadtbewohner gab die heute erfolgte Verstärkung der Besatzung im Neugebäude und in der Türkenschanze. Auch aus dieser Maßregel wird eine Befürchtung vor einem Ueberfalle der Ungarn herausgewittert. Ja ausnehmend gelehrte Leute finden in dem Fliehen der Ungarn von allen Punkten, wo sie angegriffen werden, einen sehr fein ausgedachten Plan, indem sie die Armee in das Innere des Landes, wo unbesiegbare Hindernisse ihrer warten, locken wollen, während sie selbst (die Ungarn) durch ein kühnes Manöver die Grenze überschreiten und Wien mit einem Handstreiche nehmen wollen.“ Vereinigen Sie damit folgende Nachricht der heutigen „Presse“, so wird der Beweis, daß die Magyaren selbst nach den schwarzgelbsten Blättern noch lange nicht besiegt sind, doch ziemlich evident vorliegen. Die Freiheit Deutschlands, Polens und Italiens wird erstehen, wenn das Volk der Magyaren die Banditen vertilgt. Wir haben die Freiheit dann wenigstens nicht der gemeinen Bourgeois-Republik von Frankreich zu verdanken, sondern nur einem barbarischen Volke des Orients. Der Artikel der „Presse“ lautet: „Ein gestern geradenwegs ans Pesth angekommener junger Mann bringt folgende sichere Daten vom Kriegsschauplatze: Die Ungarn zählen 100,000 Mann reguläres Militär, Görgei hat das Oberkommando über die ganze ungarische Armee und steht gegenwärtig mit 40,000 Mann bei Preßburg, General Perczel mit 20,000 Mann an der steierischen Grenze; General Bem kommandirt mit 20,000 Mann gegen Siebenbürgen, darunter befinden sich 200 Mann von den mit Roth Gefangenen. Dem Feldmarschall-Lieutenant Schlik gegenüber steht Obrist Pulsky mit 20,000 Mann, theils regulären Militärs, theils Landsturm, dieser will Schlik bis Kaschau ruhig vordringen lassen, wo er ihn zu schlagen hofft, und von dort aus bis nach Galizien herein verfolgen, in der Hoffnung, daß sich dann hier an seine Kompagnie der polnischen Legion die galizische waffengeübte Jugend anschließen wird; die polnische Legion zählt 850 Mann, und steht unter dem Kommando Wysocki's, eines Krakauers. Die Ungarn zweifeln nicht an ihrem Siege (?). Die Pesther Gewehrfabrik liefert täglich 200 Gewehre, Kirchenglocken werden zu Kanonen umgegossen, Waffen haben sie in Unzahl, und Leute mehr, als sie bewaffnen können; nur an tüchtigen Kompagnie-Kommandanten gebricht es ihnen. — An den Verschanzungen Pesth's muß wochentlich drei Tage die ganze Bevölkerung ohne Unterschied arbeiten. 14 Wien, 25. Dez. Gestern Abend wurde folgendes sogenannte Armee-Bülletin in den Straßen angeschlagen und mußte par ordre du Muphti von der Wiener Zeitung ausgegeben werden: „Nach den so eben aus dem Hauptquartier „Ungarisch-Altenburg“ eingetroffenen Nachrichten des Herrn Feldmarschalls Fürsten Windischgrätz, ist das erste und zweite Armeekorps zwischen Hochstraß und Raab schlagfertig aufgestellt, und die Avantgarde bis über Rabnitz vorgerückt, ohne auf einen Feind zu stoßen. — Vor Leopoldstadt ist die Division des Feldmarschall-Lieutenants Simunich, um Preßburg jene des F.-M.-L. Kempen aufgestellt. — Von Oedenburg ist das Korps des Obersten Horvath gegen Güns vorgerückt, um einer feindlichen Kolonne unter dem Rebellen Perczel, die sich gedrängt von der untern Mur über Körmend, Steinamanger und Paga mit den Insurgenten bei Raab zu vereinigen suchte, in die Flanke zu fallen. — Während des Verweilens der Armee in ihrer letzten Stellung ist in jener ganzen Strecke, welche die Truppen auf beiden Ufern der Donau besetzten, d. h. im Preßburger, Wieselburger und Oedenburger Komitat, die Entwaffnung des Landvolks bewirkt, die gesetzliche Ordnung hergestellt und die Einsetzung der königlichen Regierungs-Kommissäre (Scharfrichter) geschehen. Wien, 24. Dez. 1848. Vom Civil- und Militär-Gouveur Welden, Feldmarschall-Lieutenant.“ Hunderte von Neugierigen drängten sich um die Anschlagsstellen und glaubten ein Sieges-Bülletin zu finden, da die Schwarzgelben schon seit einigen Tagen von der Einnahme Pesth's und Koffuth's Hinrichtung durch den Strang gefabelt hatten. Man sah den Leuten das Erstaunen an, als sie nichts fanden, als einen Aufstellungsbericht, der nicht einmal der Wahrheit getreu ist. Aber keine Seele wagte es, ein Wort zu äußern, denn unzählige Spione und Spioninnen lauerten. Es ist unglaublich, wie weit die lügenhafte Unverschämtheit hier getrieben wird, um eine sehr derbe Niederlage, die Windischgrätz bekommen, zu verdecken und zu beschönigen. Man thut, als ob noch gar nichts vorgefallen sei, während die zuverlässigsten Nachrichten über eine erhaltene Schlappe und Militärrevolte hier sind, und die hundert Wagen eingebrachter Verwundeten der Bevölkerung doch genugsam bewiesen haben, daß die obige Aufstellung viel Blut gekostet hat. Da es hier jedoch mit Androhung des Standrechts, von dessen Aufhebung die babylonische Dirne von Augsburg und ihre oberpostamtliche Gesinnungsgenossin in Frankfurt den gläubigen Deutschen etwas vorgelogen, verboten ist, sich anders als schwarzgelbsiegestrunken und windischgrätzig über Ungarn zu äußern, und alle direkte Verbindung mit Pesth längst aufgehört hat, so hält es allerdings sehr schwer, Zuverlässiges zu erfahren. Daß es jedoch mit der Niederlage seine Richtigkeit haben muß, das verrräth, wenn obiges Bülletin und das Ihnen gestern Mitgetheilte auch nur halb beweist, der gestrige Olmützer Korrespondent in einem Schreiben aus Wien, worin gesagt ist: „Die Nachricht von der Eroberung Raab's erhält sich noch immer, wiewohl alle nähere Begründung fehlt; ebenso die Angabe eines bei der Erstürmung dieser Stadt erlittenen ziemlichen Verlustes von Seite der k. k. Armee.“ Halten Sie das mit obigem Bülletin zusammen, so ist es gewiß, daß Jellachich vor Raab Prügel bekommen hat und mit seinen Kroaten entweder vernichtet oder doch jedenfalls zurückgeworfen worden ist. Man sagt aber noch, daß nicht nur Jellachich, sondern auch die Söhne Latour's und Windischgrätz's von den Magyaren gefangen genommen sind. Was ich hier behaupte, behaupte ich nach den Angaben der Hofpartei, die es gewiß ableugnen oder verschweigen würde, wenn eins oder das andere noch möglich wäre. Die Militärrevolte, deren Unterdrückung viel Blut und Anstrengungen gekostet, soll dadurch entstanden sein, daß die neulich nicht dekorirten Soldaten verlangten, die in Schönbrunn dekorirten sollten überall zuvörderst kämpfen. Es heißt, man habe nach einem langen, fruchtlosen Gemetzel nachgeben müssen. Windischgrätz wäre also in ziemlicher Verlegenheit. Extreme produziren Extreme! Windischgrätz wird uns Demokraten und demokratische Heere seiner Art verschaffen. 119 Olmütz, 25. Dez. Gegen die Bewilligung der 80. Mill. haben in Kremsier nur die Polen mit Muth gekämpft, während die deutschen Schuselka's sich in die gewohnte Niederträchtigkeit verbargen. Graf Borkowski, Durbasiewics, Bilinski, Sierakowski haben dem Ministerium trotz des Standrechts und Meuchelmords, mit denen es regiert, die kühnsten Wahrheiten gesagt, indem sie jedem Kredit widersprachen. Durbasiewics schilderte die Gräuel, die vor und seit dem Bombardement Lemberg's dort verübt werden, und betheuerte, daß wenn Galizien das Unglück haben sollte, noch 1000 Jahre an Oesterreich gekettet zu bleiben, es doch niemals etwas anderes, als Haß dawider empfinden könnte. Die Rede Bilinski's war so grell und feurig, daß der Präsident ihn zur Ordnung rief; er erklärte einen Theil der Kremsierer Irokesen und Schuselka's für unmündig. — Ich habe Ihnen bereits einige Pröbchen von des berüchtigten Schmerling's noch nicht abgeschafften Gesetzen mitgetheilt. Hier noch eins. „Die steierischen Bauern sage Bauern, sind beim Hans-Jörgel in Kremsier mit der Bitte eingekommen, dem Uebelstande abzuhelfen, wonach Jemand, der vor seinem Tode nicht gebeichtet und kommunizirt hat, nicht in geweihter Erde begraben wird.“ — Es gibt neben der infamen Bourgeoisie, die, wo es sich von anderm handelt, als von ihrem gemeinen Nutzen, nicht in Betracht kommen kann, noch Gimpel genug, welche meinen, Sophie fils mit ihrem Ministerium, die (Siehe den Verfolg in der Beilage.) unsern Freund in dieser Hinsicht lange Zeit beobachtet. In frühern Jahren war sein Witz so frisch und eklatant, daß man alle politischen Schwächen gern dabei übersah. Jedenfalls war Punch aber immer der Schleppenträger der Times, eines Blattes, das trotz vieler guten Seiten, doch im Grunde nichts anders, als die hohe Bourgeoisie vertritt. Früher war es, wie gesagt, noch ganz amusant, wenn der kleine Punch der großen Times so ergötzlich nachpurzelte. Wie ein riesiger Boxer fiel die Times ihren Gegner an und wie eine Wespe nistete sich Punch in seine Locken und verwundete ihn zum zweiten Male, wenn er grade am allerwenigsten daran dachte. Es geschah dies aber, bald in so naiv-ergötzlicher, bald in so sarkastisch-teuflischer Weise, daß man sich trotz des Zusammenwirkens mit der Times unwillkürlich wieder damit aussöhnte. Erst als die Times bei Gelegenheit der Freihandelsbewegung immer langweiliger und bei der fortschreitenden Entwicklung der chartistischen Partei immer brutaler wurde, und den luftigen Punch immer ernstlicher in's Schlepptau nahm, ach, da verlor unser Freund, zugleich mit seiner Naivetät auch seine Grazie, Punch wurde ein Bourgeois, ein Freetrader — Punch war nicht mehr der alte Punch. Ich habe nie um Jemand mehr getrauert als um meinen alten englischen Freund. Er war aus dem Volke hervorgegangen und verrieth das Volk. Aber das Volk rächte sich an ihm; Punch verlor seinen — Witz! Die Karrikaturen von John Leech behielten dagegen ihre frühere Frische. Wir können unsere deutschen Zeichner nicht genug auf die Leistungen dieses Mannes aufmerksam machen. Die eigenthümliche und energische Behandlung seines Gegenstandes macht ihn nächst dem freilich phantastischern Cruikshank, zu dem wirksamsten Künstler seines Faches. Leech ist recht eigentlich der Repräsentant des in Bildern zum Vorschein kommenden Beefsteak- und Plumpudding Humors Großbritanniens. Hölzern-pathetisch, komisch-ergreifend aber immer verständlich, praktisch und seinen Gegenstand packend. Seltsam stechen die graziösen Zeichnungen eines Gavarni von diesen englischen Karrikaturen ab. Die Erzeugnisse des französischen Griffels verhalten sich zu denen des englischen wie eine duftende Ananas zu einer humoristischen Kartoffel — — aber die Kartoffel ist ja ein prächtiges Produkt und stets ist sie uns willkommen. Unsre deutschen Künstler, die in Düsseldorf ihre Monatshefte und in München ihre fliegenden Blätter herausgeben, könnten sowohl von Gavarni als von Leech ungemein viel lernen, denn sie produziren weder Ananas noch Kartoffeln — höchstens Aepfel und Birnen. In dem Almanach, den Punch wie gewöhnlich um diese Zeit des Jahres so eben erscheinen läßt, hat Leech wieder seine Spässe über die halbe Welt ausgegossen. Fuchsjagden in einem Zimmer, schriftstellerische Versuche in der Küche, Grimassen eines Familienvaters beim Anschaffen neuer Kleider für sechs oder acht Töchter, Spezialkonstabler beim Empfang ihrer Stöcke, Wettrennen durch Wald und Gebüsch, Spazierritt eines Dutzends Matrosen anf der berüchtigten Seeschlange des Dädalus, ein Weihnachtsabend vor 3-400 Jahren, Ballet der Göttin der Freiheit mit sämmtlichen Monarchen, Ludwig und Lola, Besuch der französischen Nationalgarden in London, Wellington und Brougham als Polizisten, John Bull wie er entkrönte politische Flüchtlinge empfängt u. s. w., man weiß nicht, wo man aufhören soll. Doch nur in den Karrikaturen behielt Punch seine alte Force. Anders ist es mit dem Text. Der Londoner Punch verhält sich jetzt zu der Times wie der Pariser Charivari zum National. Vergebens strengt er sich an, von Zeit zu Zeit noch einmal den alten Humor sprudeln zu lassen. Es ist umsonst. Die alten Späße wollen nicht wiederkehren, und tauchen sie hie und da empor, da ist es, als ob sie der große Richard, der Manchester-Mann Cobden aus Baumwolle gedreht hätte, dünn, lang, tausend Yards für einen Penny. Such is life. So geht's in der Welt. Möchte unser kölnisches Henneschen nie dem Beispiele des Londoner Bruders folgen — doch vor Allem wollen wir wünschen, daß der Harlequin der elysäischen Felder lebendig bleibt! Hüpft er und tanzt er, da hüpfen und tanzen alle Grisetten, die Franzosen kommen und es hüpft die weite unendliche Welt! Es gibt kein langweiligeres Geschöpf als einen Bourgeois. Interessant sind nur Aristokraten und Proletarier. Nur die aristokratische Presse hat Witz — und die revolutionäre. Berlin, 22. Dezbr. Unsere Neue Preußische Ztg. (die wüthig und schmutzig wie die von der Behörde in Wien bald zur Ruhe gewiesene „Geißel“) hat sich ein Sonntagsblatt zugelegt, das auf Bearbeitung des Landvolks zu den bevorstehenden Wahlen ausgeht. Glücklicherweise ist der Ton so plump und die Verleumdung gegen die Demokratie so gemein, daß auch der beschränkteste Bauerkopf davor zurückschrecken wird. Die Absicht der saubern Partei ist, recht viele Abgeordnete in die Kammern zu bringen, welche die octroyirte Verfassung im absolutistischen Sinn revidiren. Dieselbe Zeitung hat beim Einrücken der Garden, in der edlen Absicht, die Soldaten gegen den Bürger zu hetzen, die Nachricht mitgetheilt, daß man beschlossen habe, die Soldaten zu vergiften. Wirklich sind seit einigen Wochen viele hundert Soldaten vergiftet, aber nicht durch Köchinnen oder gar durch Köche, sondern durch andere weibliche Wesen, und zwar nicht aus Haß, sondern durch Liebe, wenn man letzteres Wort zu solchem Begriff entweihen darf. Es ist eine so große Zahl von Soldaten erkrankt, daß die hiesigen Lazarethe nicht ausreichen, und man für sie eine Heilanstalt in dem nahen Köpenick errichten mußte. (A. A. Z.)<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar182_009" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0981"/> häuser sind ganz verwaist, so daß letztere beim Gouverneur, obwohl vergebens, um mildere Maßregeln nachgesucht haben. Dabei steigt die Kälte und der Preis der nothwendigsten Bedürfnisse fortwährend, und wird das obwohl dezimirte Volk gewiß noch zur äußersten Verzweiflung bringen. Dem Grafen Taafe sollte in der That trotz des Standrechts eine Katzenmusik gebracht werden, und einem Bäcker wurde vorgestern in der Nacht nicht nur eine Katzenmusik wirklich gebracht, sondern es wurde ihm auch das ganze Haus dazu demolirt. Ein entschiedener Sieg in Ungarn, und ich werde Ihnen von hier Bedeutendes berichten können. Schon zittern die Kanaillen der absolutistischen Infamie, und die Beilage zur Wienerin von gestern spricht:</p> <p>So schnell die ersten Operationen der Armee Sr. Durchlaucht im Anfange waren, so schnell die Rebellen aller Orts nach allen Richtungen gewichen, so, daß selbst deren Hauptcorps auf dem rechten Donau-Ufer, von unserer Avantgarde noch nicht eingeholt werden konnte, so sehr liegt es doch in der Natur geordneter Heeresbewegungen, daß selbe vorzüglich in der gegenwärtigen Jahreszeit, und je weiter sie fortschreiten und sich ausdehnen, einer längeren Zeitfrist bedürfen, um Resultate zu gewähren; daß demnach unmöglich alle Tage ein Sieges-Bülletin ausgegeben werden kann, wenn der Feind nicht Stand hält, und daß es ferner nicht im Interesse des Dienstes liegt, den Gang der Operationen, welche die Absichten des Feldherrn enthüllen könnten, sogleich an die große Glocke zu hängen, sollte auch, ein weniger militärisches Publikum, als sich in jüngster Zeit in Wien gebildet, von selbst begreifen.</p> <p>Indeß benützt die Böswilligkeit mehrerer Agitatoren die Nichterscheinung täglicher Bülletins, um in Kaffeehäusern und anderen öffentlichen Orten Nachrichten ihrer Art dem immer neugierigen Publikum preiszugeben. Da sich die Regierung bereit erklärt hat, alle und jede Nachrichten über militärische Operationen bekannt zu geben, so märe es Pflicht des Publikums, dieser Versicherung mehr Glauben zu schenken, als den lügenhaften Gerüchten, die nur in der schlechtesten Absicht verbreitet werden und deren Verfasser gerichtlich zu verfolgen, bereits angeordnet worden ist.</p> <p>Von der k. k Stadt-Commandantur.</p> <p>Wenn es schon am Tage unangenehm ist, durch die Straßen zu gehen, namentlich durch einige Straßen der Vorstädte, worin soviele Menschen weggemordet und weggeraubt worden sind, daß man nur mehr, wie in der Heugasse am Belvedere, vereinzelten Menschen darin begegnet, und alle Häuser leer sind, so ist es nach 10 Uhr Abends und nun vollends in der Nacht wahrhaft grausig sogar in der innern Stadt. Man begegnet nur Spionen und Patrouillen, die sich alle 5 Minuten folgen und mit der äußersten schweigenden Behutsamkeit umherschleichen.</p> <p>Zuerst ein Büttel der Sicherheitswache, dann ein Grenadier, dann auf 20 Schritt Distance zwei, weiter ein gros von 12, darauf wieder 2, einer und endlich zum Schluß ein zweiter Polizeibüttel der Sicherheitswache. Nur hie und da begegnet ihnen wie ein Gespenst, ein tief in Mantel oder Paletot vermummter Civilist. — In den Vorstädten und nun gar auf den Glacien ist es noch schauerlicher; dort fahren die Patrouillen, was gewiß unerhört erscheint, sogar mit Kanonen durch die Straßen; und dennoch, sagt man, wird von unerforschlichen Thätern auf sie geschossen. Ich wollte keinem ehemaligen Garden es rathen, eine Kokarde, oder seinen Rock, überhaupt irgend ein konstitutionelles Abzeichen zu tragen. Aber die Bourgeoisie ist auch so niederträchtig schwarzgelb, daß man mich in einem Gewölbe z. B. bedenklich ansah, als ich blos sagte, der Kampf in Ungarn sei noch unentschieden. Wie Sie sehen, steht das Standrecht schon auf dem blosen Gedanken; die österreichischen Spione erkennen die sogenannten Agitatoren an der Nase. Den Kaffeesiedern ist auf das strengste untersagt, außer der Ober-Post-Amts-Zeitung und dem Spuknapf, genannt Allg. Augsburgerin, irgend eine auswärtige Zeitung aufzulegen. Was auswärts vorgeht, werden wir daher nur aus absolutistischen Spucknäpfen oder aus den Lügenberichten österreichischer Standrechtsblätter gewahr weil es im ganzen Lande nicht einmal ein konstitutionell-ehrenhaftes Blatt gibt, geschweige ein radikales.</p> <p>Das Standrecht, von dessen angeblicher Aufhebung die Ober-Post-Amts-Zeitung lügt, ist maßgebend für ganz Oesterreich, also auch für den Reichstag von Kremsier. Darum sind auch die von Kraus geforderten 80 Millionen bewilligt worden. Nur Graf <hi rendition="#g">Borkowski</hi> aus Lemberg hatte, wie immer, so auch hier, trotz des Stand- und Vergiftungsrechts den Muth, unter dem Schurkengesindel der Majorität und den Irokesen der Minorität eine Ausnahme zu machen.</p> </div> <div xml:id="ar182_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Wien, 24. Dez.</head> <p>Der Ex-Reichsminister <hi rendition="#g">Schmerling</hi> ist von dem ersten Wahlbezirke gestern für Pillersdorff zum Abgeordneten gewählt worden, nachdem man nicht nur alle standrechtlichen Drohungen angewendet, sondern auch noch bezahlte Juden, namentlich einen gewissen Dr. Seligmann, dazu verwendet hatte, Pillersdorf mit der Beredsamkeit des niederträchtigsten Geifers über die Maßen zu besudeln. Das sind die herrschenden Gesetze, an deren Abschaffung der edle Schmerling schwerlich denken wird.</p> <p>Die Wiener Zeitung von heute wird Ihnen kremsier-österreichische Grundrechte bringen, die Ihren Humor in Anspruch nehmen werden.</p> <p>Der Meuchelmörder Windischgrätz scheint in Ungarn auf kleine Hindernisse zu stoßen, die selbst die Standrechtspresse, geschweige Siege zu vermelden, durchblicken lassen muß. Vor allem geht die Rekrutirung in den deutschen Provinzen so schlecht, daß man in den meisten Orten Deutsch-Böhmen's und in Oberösterreich mit dem Standrecht verfahren muß.</p> <p>Um 47 Rekruten zu bekommen, war man z. B. in Reicheuberg genöthigt, 4 Kompagnien Infanterie und 1 Eskadron Uhlanen zu verwenden.</p> <p>Mit dem Siegesbülletin vom 17, dem bis heute keins mehr gefolgt ist, scheint es nicht recht bestellt gewesen sein, wenn die Magyaren trotz der angeblichen Besetzung Tyrnau's noch im Stande sind, Einfälle nach Mähren und Schlesien zu machen.</p> <p>So sagt der <hi rendition="#g">Lloyd</hi> von heute nach einem Schreiben aus dem nördlichen Mähren vom 21. Dez. z. B.:</p> <p>„Unsere Gränzbewohner wurden seit wenigen Tagen allnächtlich von ungarischen Räuberhorden überfallen, geplündert und die wehrhaften Männer wo möglich zu Gefangenen gemacht. Bereits fanden mehrere blutige Scharmützel statt. In allen der Gränze nahe liegenden Ortschaften und Städten stehen demzufolge Bauern, Waldjäger, Garden und das vorhandene Militär unter den Waffen, machen fortwährend starke Patrouillen und halten alle Engpässe stark besetzt. Man ist durch die Organisation des Landsturmes auf jeden Einfall der Ungarn gefaßt, und bereit, den kräftigsten Widerstand zu leisten. Noch nie vielleicht war unsere Bevölkerung so kampflustig und todesmuthig wie jetzt. Mit Jubel ziehen die aus allen Ständen zusammengewürfelten Detachements dem Feinde entgegen; unsere sonst idyllische Gegend bekam plötzlich eine kriegerische Physiognomie. In den meisten Orten hält man die bessern Sachen gepackt, um, wenn es Noth thäte, dieselben in das Innere des Landes zu schaffen. — Aus Ungarn kommen fast stundlich Flüchtlinge an, welche gastfreundliche Aufnahme finden.“</p> <p>Aus der sichersten Quelle erfahre ich, daß aus östreich. Schlesien eine Schaar von Militärspionen über die preußische Grenze unter dem Vorwande gesendet worden ist, zu erforschen, ob von dort aus Verbindungen mit Ungarn unterhalten werden. Was sie eigentlich bezwecken, bleibt aber dahin gestellt.</p> <p>Der Olmützer Korrespondent von gestern, bekanntlich Sophiens schwarzes Brett, berichtet in einer Korrespondenz aus Wien:</p> <p>„Einer hier eingegangenen Nachricht zufolge wäre Wieselburg erst nach einer heftigen Gegenwehr, mit nicht unbedeutendem Verluste auf Seite der k. k. Armee, vornämlich der zum Sturme beorderten Kroaten, genommen. Auch sei beinahe ganz Wieselburg ein Raub der Flammen geworden.</p> <p>Der Feind scheint sich bis ganz hinter Komorn zurückzuziehen und erst in der Nähe von Gran oder vielleicht noch tiefer unten in der Nähe von Pesth es zu einem entscheidenden Schritte kommen lassen zu wollen. Die spärlichen Nachrichten, die über die Befestigung Pesth's hier verlauten, sind so abenteuerlicher und ungeheuerlicher Natur, daß ich Anstand nehme, sie mitzutheilen. Nach denselben wäre diese Hauptstadt Ungarns so befestigt, daß eine Million (!!) Soldaten sie nicht bezwingen könnten, und mit Mundvorrath und Munition so gut versehen, daß sie eine Blokirung von mehreren Jahren zu ertragen im Stande sei. Im Laufe des heutigen Tages sind neuerdings nicht unbedeutende Truppenzüge von hier nach Ungarn erfolgt. Es ist sehr natürlich, daß die gegen das Innere des Landes operirende Armee, welche in dem Maße geschwächt wird, als Ortschaften genommen und mit Garnisonen versehen werden müssen, Verstärkungen um so mehr bedarf, je näher sie dem Hauptpunkte des Widerstandes kommt. Indessen gibt es noch genug superkluge Politiker, die aus dem Nachsenden von Verstärkungen erlittene Niederlagen herauswittern wollen. Als ob eine wirkliche Niederlage in unserer Zeit und in dieser Nähe vom Kriegsschauplatze sich verheimlichen ließe.</p> <p>Einen abermaligen Anhaltspunkt zu falschen Gerüchten von erlittenen Niederlagen, die auszustreuen es immer noch genug Böswillige gibt, ja sogar zu Besorgnissen der ängstlichern Stadtbewohner gab die heute erfolgte <hi rendition="#g">Verstärkung der Besatzung im Neugebäude und in der Türkenschanze</hi>. Auch aus dieser Maßregel wird eine Befürchtung vor einem Ueberfalle der Ungarn herausgewittert. Ja ausnehmend gelehrte Leute finden in dem Fliehen der Ungarn von allen Punkten, wo sie angegriffen werden, einen sehr fein ausgedachten Plan, indem sie die Armee in das Innere des Landes, wo unbesiegbare Hindernisse ihrer warten, locken wollen, während sie selbst (die Ungarn) durch ein kühnes Manöver die Grenze überschreiten und Wien mit einem Handstreiche nehmen wollen.“</p> <p>Vereinigen Sie damit folgende Nachricht der heutigen „Presse“, so wird der Beweis, daß die Magyaren selbst nach den schwarzgelbsten Blättern noch lange nicht besiegt sind, doch ziemlich evident vorliegen. Die Freiheit Deutschlands, Polens und Italiens wird erstehen, wenn das Volk der Magyaren die Banditen vertilgt. Wir haben die Freiheit dann wenigstens nicht der gemeinen Bourgeois-Republik von Frankreich zu verdanken, sondern nur einem barbarischen Volke des Orients.</p> <p>Der Artikel der „Presse“ lautet: „Ein gestern geradenwegs ans Pesth angekommener junger Mann bringt folgende sichere Daten vom Kriegsschauplatze: Die Ungarn zählen 100,000 Mann reguläres Militär, Görgei hat das Oberkommando über die ganze ungarische Armee und steht gegenwärtig mit 40,000 Mann bei Preßburg, General Perczel mit 20,000 Mann an der steierischen Grenze; General Bem kommandirt mit 20,000 Mann gegen Siebenbürgen, darunter befinden sich 200 Mann von den mit Roth Gefangenen. Dem Feldmarschall-Lieutenant Schlik gegenüber steht Obrist Pulsky mit 20,000 Mann, theils regulären Militärs, theils Landsturm, dieser will Schlik bis Kaschau ruhig vordringen lassen, wo er ihn zu schlagen hofft, und von dort aus bis nach Galizien herein verfolgen, in der Hoffnung, daß sich dann hier an seine Kompagnie der polnischen Legion die galizische waffengeübte Jugend anschließen wird; die polnische Legion zählt 850 Mann, und steht unter dem Kommando Wysocki's, eines Krakauers. Die Ungarn zweifeln nicht an ihrem Siege (?). Die Pesther Gewehrfabrik liefert täglich 200 Gewehre, Kirchenglocken werden zu Kanonen umgegossen, Waffen haben sie in Unzahl, und Leute mehr, als sie bewaffnen können; nur an tüchtigen Kompagnie-Kommandanten gebricht es ihnen. — An den Verschanzungen Pesth's muß wochentlich drei Tage die ganze Bevölkerung ohne Unterschied arbeiten.</p> </div> <div xml:id="ar182_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Wien, 25. Dez.</head> <p>Gestern Abend wurde folgendes sogenannte Armee-Bülletin in den Straßen angeschlagen und mußte par ordre du Muphti von der Wiener Zeitung ausgegeben werden: „Nach den so eben aus dem Hauptquartier „Ungarisch-Altenburg“ eingetroffenen Nachrichten des Herrn Feldmarschalls Fürsten Windischgrätz, ist das erste und zweite Armeekorps zwischen Hochstraß und Raab schlagfertig aufgestellt, und die Avantgarde bis über Rabnitz vorgerückt, ohne auf einen Feind zu stoßen. — Vor Leopoldstadt ist die Division des Feldmarschall-Lieutenants Simunich, um Preßburg jene des F.-M.-L. Kempen aufgestellt. — Von Oedenburg ist das Korps des Obersten Horvath gegen Güns vorgerückt, um einer feindlichen Kolonne unter dem Rebellen Perczel, die sich gedrängt von der untern Mur über Körmend, Steinamanger und Paga mit den Insurgenten bei Raab zu vereinigen suchte, in die Flanke zu fallen. — Während des Verweilens der Armee in ihrer letzten Stellung ist in jener ganzen Strecke, welche die Truppen auf beiden Ufern der Donau besetzten, d. h. im Preßburger, Wieselburger und Oedenburger Komitat, die Entwaffnung des Landvolks bewirkt, die gesetzliche Ordnung hergestellt und die Einsetzung der königlichen Regierungs-Kommissäre (Scharfrichter) geschehen. Wien, 24. Dez. 1848. Vom Civil- und Militär-Gouveur <hi rendition="#g">Welden,</hi> Feldmarschall-Lieutenant.“</p> <p>Hunderte von Neugierigen drängten sich um die Anschlagsstellen und glaubten ein Sieges-Bülletin zu finden, da die Schwarzgelben schon seit einigen Tagen von der Einnahme Pesth's und Koffuth's Hinrichtung durch den Strang gefabelt hatten. Man sah den Leuten das Erstaunen an, als sie nichts fanden, als einen Aufstellungsbericht, der nicht einmal der Wahrheit getreu ist. Aber keine Seele wagte es, ein Wort zu äußern, denn unzählige Spione und Spioninnen lauerten. Es ist unglaublich, wie weit die lügenhafte Unverschämtheit hier getrieben wird, um eine sehr derbe Niederlage, die Windischgrätz bekommen, zu verdecken und zu beschönigen. Man thut, als ob noch gar nichts vorgefallen sei, während die zuverlässigsten Nachrichten über eine erhaltene Schlappe und Militärrevolte hier sind, und die hundert Wagen eingebrachter Verwundeten der Bevölkerung doch genugsam bewiesen haben, daß die obige Aufstellung viel Blut gekostet hat.</p> <p>Da es hier jedoch mit Androhung des Standrechts, von dessen Aufhebung die babylonische Dirne von Augsburg und ihre oberpostamtliche Gesinnungsgenossin in Frankfurt den gläubigen Deutschen etwas vorgelogen, verboten ist, sich anders als schwarzgelbsiegestrunken und windischgrätzig über Ungarn zu äußern, und alle direkte Verbindung mit Pesth längst aufgehört hat, so hält es allerdings sehr schwer, Zuverlässiges zu erfahren. Daß es jedoch mit der Niederlage seine Richtigkeit haben muß, das verrräth, wenn obiges Bülletin und das Ihnen gestern Mitgetheilte auch nur halb beweist, der gestrige Olmützer Korrespondent in einem Schreiben aus Wien, worin gesagt ist:</p> <p>„Die Nachricht von der Eroberung Raab's erhält sich noch immer, wiewohl alle nähere Begründung fehlt; <hi rendition="#g">ebenso die Angabe eines bei der Erstürmung dieser Stadt erlittenen ziemlichen Verlustes von Seite der k. k. Armee</hi>.“ Halten Sie das mit obigem Bülletin zusammen, so ist es gewiß, daß Jellachich vor Raab Prügel bekommen hat und mit seinen Kroaten entweder vernichtet oder doch jedenfalls zurückgeworfen worden ist. Man sagt aber noch, daß nicht nur Jellachich, sondern auch die Söhne Latour's und Windischgrätz's von den Magyaren gefangen genommen sind. Was ich hier behaupte, behaupte ich nach den Angaben der Hofpartei, die es gewiß ableugnen oder verschweigen würde, wenn eins oder das andere noch möglich wäre.</p> <p>Die Militärrevolte, deren Unterdrückung viel Blut und Anstrengungen gekostet, soll dadurch entstanden sein, daß die neulich nicht dekorirten Soldaten verlangten, die in Schönbrunn dekorirten sollten überall zuvörderst kämpfen. Es heißt, man habe nach einem langen, fruchtlosen Gemetzel nachgeben müssen. Windischgrätz wäre also in ziemlicher Verlegenheit. Extreme produziren Extreme! Windischgrätz wird uns Demokraten und demokratische Heere seiner Art verschaffen.</p> </div> <div xml:id="ar182_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>119</author></bibl> Olmütz, 25. Dez.</head> <p>Gegen die Bewilligung der 80. Mill. haben in Kremsier nur die <hi rendition="#g">Polen</hi> mit Muth gekämpft, während die deutschen Schuselka's sich in die gewohnte Niederträchtigkeit verbargen. Graf Borkowski, Durbasiewics, Bilinski, Sierakowski haben dem Ministerium trotz des Standrechts und Meuchelmords, mit denen es regiert, die kühnsten Wahrheiten gesagt, indem sie jedem Kredit widersprachen. Durbasiewics schilderte die Gräuel, die vor und seit dem Bombardement Lemberg's dort verübt werden, und betheuerte, daß wenn Galizien das Unglück haben sollte, noch 1000 Jahre an Oesterreich gekettet zu bleiben, es doch niemals etwas anderes, als Haß dawider empfinden könnte. Die Rede Bilinski's war so grell und feurig, daß der Präsident ihn zur Ordnung rief; er erklärte einen Theil der Kremsierer Irokesen und Schuselka's für unmündig. — Ich habe Ihnen bereits einige Pröbchen von des berüchtigten Schmerling's noch nicht abgeschafften Gesetzen mitgetheilt. Hier noch eins. „Die steierischen Bauern sage Bauern, sind beim Hans-Jörgel in Kremsier mit der Bitte eingekommen, dem Uebelstande abzuhelfen, wonach Jemand, der vor seinem Tode nicht gebeichtet und kommunizirt hat, nicht in geweihter Erde begraben wird.“ — Es gibt neben der infamen Bourgeoisie, die, wo es sich von anderm handelt, als von ihrem gemeinen Nutzen, nicht in Betracht kommen kann, noch Gimpel genug, welche meinen, Sophie fils mit ihrem Ministerium, die <ref type="link"><hi rendition="#b">(Siehe den Verfolg in der Beilage.)</hi></ref> </p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar182_013" type="jArticle"> <p>unsern Freund in dieser Hinsicht lange Zeit beobachtet. In frühern Jahren war sein Witz so frisch und eklatant, daß man alle politischen Schwächen gern dabei übersah. Jedenfalls war Punch aber immer der Schleppenträger der Times, eines Blattes, das trotz vieler guten Seiten, doch im Grunde nichts anders, als die hohe Bourgeoisie vertritt. Früher war es, wie gesagt, noch ganz amusant, wenn der kleine Punch der großen Times so ergötzlich nachpurzelte. Wie ein riesiger Boxer fiel die Times ihren Gegner an und wie eine Wespe nistete sich Punch in seine Locken und verwundete ihn zum zweiten Male, wenn er grade am allerwenigsten daran dachte. Es geschah dies aber, bald in so naiv-ergötzlicher, bald in so sarkastisch-teuflischer Weise, daß man sich trotz des Zusammenwirkens mit der Times unwillkürlich wieder damit aussöhnte. Erst als die Times bei Gelegenheit der Freihandelsbewegung immer langweiliger und bei der fortschreitenden Entwicklung der chartistischen Partei immer brutaler wurde, und den luftigen Punch immer ernstlicher in's Schlepptau nahm, ach, da verlor unser Freund, zugleich mit seiner Naivetät auch seine Grazie, Punch wurde ein Bourgeois, ein Freetrader — Punch war nicht mehr der alte Punch.</p> <p>Ich habe nie um Jemand mehr getrauert als um meinen alten englischen Freund. Er war aus dem Volke hervorgegangen und verrieth das Volk. Aber das Volk rächte sich an ihm; Punch verlor seinen — Witz!</p> <p>Die Karrikaturen von John Leech behielten dagegen ihre frühere Frische. Wir können unsere deutschen Zeichner nicht genug auf die Leistungen dieses Mannes aufmerksam machen. Die eigenthümliche und energische Behandlung seines Gegenstandes macht ihn nächst dem freilich phantastischern Cruikshank, zu dem wirksamsten Künstler seines Faches. Leech ist recht eigentlich der Repräsentant des in Bildern zum Vorschein kommenden Beefsteak- und Plumpudding Humors Großbritanniens. Hölzern-pathetisch, komisch-ergreifend aber immer verständlich, praktisch und seinen Gegenstand packend.</p> <p>Seltsam stechen die graziösen Zeichnungen eines Gavarni von diesen englischen Karrikaturen ab. Die Erzeugnisse des französischen Griffels verhalten sich zu denen des englischen wie eine duftende Ananas zu einer humoristischen Kartoffel — — aber die Kartoffel ist ja ein prächtiges Produkt und stets ist sie uns willkommen. Unsre deutschen Künstler, die in Düsseldorf ihre Monatshefte und in München ihre fliegenden Blätter herausgeben, könnten sowohl von Gavarni als von Leech ungemein viel lernen, denn sie produziren weder Ananas noch Kartoffeln — höchstens Aepfel und Birnen.</p> <p>In dem Almanach, den Punch wie gewöhnlich um diese Zeit des Jahres so eben erscheinen läßt, hat Leech wieder seine Spässe über die halbe Welt ausgegossen. Fuchsjagden in einem Zimmer, schriftstellerische Versuche in der Küche, Grimassen eines Familienvaters beim Anschaffen neuer Kleider für sechs oder acht Töchter, Spezialkonstabler beim Empfang ihrer Stöcke, Wettrennen durch Wald und Gebüsch, Spazierritt eines Dutzends Matrosen anf der berüchtigten Seeschlange des Dädalus, ein Weihnachtsabend vor 3-400 Jahren, Ballet der Göttin der Freiheit mit sämmtlichen Monarchen, Ludwig und Lola, Besuch der französischen Nationalgarden in London, Wellington und Brougham als Polizisten, John Bull wie er entkrönte politische Flüchtlinge empfängt u. s. w., man weiß nicht, wo man aufhören soll.</p> <p>Doch nur in den Karrikaturen behielt Punch seine alte Force. Anders ist es mit dem Text.</p> <p>Der Londoner Punch verhält sich jetzt zu der Times wie der Pariser Charivari zum National. Vergebens strengt er sich an, von Zeit zu Zeit noch einmal den alten Humor sprudeln zu lassen. Es ist umsonst. Die alten Späße wollen nicht wiederkehren, und tauchen sie hie und da empor, da ist es, als ob sie der große Richard, der Manchester-Mann Cobden aus Baumwolle gedreht hätte, dünn, lang, tausend Yards für einen Penny.</p> <p>Such is life. So geht's in der Welt. Möchte unser kölnisches Henneschen nie dem Beispiele des Londoner Bruders folgen — doch vor Allem wollen wir wünschen, daß der Harlequin der elysäischen Felder lebendig bleibt! Hüpft er und tanzt er, da hüpfen und tanzen alle Grisetten, die Franzosen kommen und es hüpft die weite unendliche Welt!</p> <p>Es gibt kein langweiligeres Geschöpf als einen Bourgeois. Interessant sind nur Aristokraten und Proletarier. Nur die aristokratische Presse hat Witz — und die revolutionäre.</p> </div> <div xml:id="ar182_002" type="jArticle"> <head>Berlin, 22. Dezbr.</head> <p>Unsere Neue Preußische Ztg. (die wüthig und schmutzig wie die von der Behörde in Wien bald zur Ruhe gewiesene „Geißel“) hat sich ein Sonntagsblatt zugelegt, das auf Bearbeitung des Landvolks zu den bevorstehenden Wahlen ausgeht. Glücklicherweise ist der Ton so plump und die Verleumdung gegen die Demokratie so gemein, daß auch der beschränkteste Bauerkopf davor zurückschrecken wird. Die Absicht der saubern Partei ist, recht viele Abgeordnete in die Kammern zu bringen, welche die octroyirte Verfassung im absolutistischen Sinn revidiren. Dieselbe Zeitung hat beim Einrücken der Garden, in der edlen Absicht, die Soldaten gegen den Bürger zu hetzen, die Nachricht mitgetheilt, daß man beschlossen habe, die Soldaten zu vergiften. Wirklich sind seit einigen Wochen viele hundert Soldaten vergiftet, aber nicht durch Köchinnen oder gar durch Köche, sondern durch andere weibliche Wesen, und zwar nicht aus Haß, sondern durch Liebe, wenn man letzteres Wort zu solchem Begriff entweihen darf. Es ist eine so große Zahl von Soldaten erkrankt, daß die hiesigen Lazarethe nicht ausreichen, und man für sie eine Heilanstalt in dem nahen Köpenick errichten mußte.</p> <bibl>(A. A. Z.)</bibl> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0981/0003]
häuser sind ganz verwaist, so daß letztere beim Gouverneur, obwohl vergebens, um mildere Maßregeln nachgesucht haben. Dabei steigt die Kälte und der Preis der nothwendigsten Bedürfnisse fortwährend, und wird das obwohl dezimirte Volk gewiß noch zur äußersten Verzweiflung bringen. Dem Grafen Taafe sollte in der That trotz des Standrechts eine Katzenmusik gebracht werden, und einem Bäcker wurde vorgestern in der Nacht nicht nur eine Katzenmusik wirklich gebracht, sondern es wurde ihm auch das ganze Haus dazu demolirt. Ein entschiedener Sieg in Ungarn, und ich werde Ihnen von hier Bedeutendes berichten können. Schon zittern die Kanaillen der absolutistischen Infamie, und die Beilage zur Wienerin von gestern spricht:
So schnell die ersten Operationen der Armee Sr. Durchlaucht im Anfange waren, so schnell die Rebellen aller Orts nach allen Richtungen gewichen, so, daß selbst deren Hauptcorps auf dem rechten Donau-Ufer, von unserer Avantgarde noch nicht eingeholt werden konnte, so sehr liegt es doch in der Natur geordneter Heeresbewegungen, daß selbe vorzüglich in der gegenwärtigen Jahreszeit, und je weiter sie fortschreiten und sich ausdehnen, einer längeren Zeitfrist bedürfen, um Resultate zu gewähren; daß demnach unmöglich alle Tage ein Sieges-Bülletin ausgegeben werden kann, wenn der Feind nicht Stand hält, und daß es ferner nicht im Interesse des Dienstes liegt, den Gang der Operationen, welche die Absichten des Feldherrn enthüllen könnten, sogleich an die große Glocke zu hängen, sollte auch, ein weniger militärisches Publikum, als sich in jüngster Zeit in Wien gebildet, von selbst begreifen.
Indeß benützt die Böswilligkeit mehrerer Agitatoren die Nichterscheinung täglicher Bülletins, um in Kaffeehäusern und anderen öffentlichen Orten Nachrichten ihrer Art dem immer neugierigen Publikum preiszugeben. Da sich die Regierung bereit erklärt hat, alle und jede Nachrichten über militärische Operationen bekannt zu geben, so märe es Pflicht des Publikums, dieser Versicherung mehr Glauben zu schenken, als den lügenhaften Gerüchten, die nur in der schlechtesten Absicht verbreitet werden und deren Verfasser gerichtlich zu verfolgen, bereits angeordnet worden ist.
Von der k. k Stadt-Commandantur.
Wenn es schon am Tage unangenehm ist, durch die Straßen zu gehen, namentlich durch einige Straßen der Vorstädte, worin soviele Menschen weggemordet und weggeraubt worden sind, daß man nur mehr, wie in der Heugasse am Belvedere, vereinzelten Menschen darin begegnet, und alle Häuser leer sind, so ist es nach 10 Uhr Abends und nun vollends in der Nacht wahrhaft grausig sogar in der innern Stadt. Man begegnet nur Spionen und Patrouillen, die sich alle 5 Minuten folgen und mit der äußersten schweigenden Behutsamkeit umherschleichen.
Zuerst ein Büttel der Sicherheitswache, dann ein Grenadier, dann auf 20 Schritt Distance zwei, weiter ein gros von 12, darauf wieder 2, einer und endlich zum Schluß ein zweiter Polizeibüttel der Sicherheitswache. Nur hie und da begegnet ihnen wie ein Gespenst, ein tief in Mantel oder Paletot vermummter Civilist. — In den Vorstädten und nun gar auf den Glacien ist es noch schauerlicher; dort fahren die Patrouillen, was gewiß unerhört erscheint, sogar mit Kanonen durch die Straßen; und dennoch, sagt man, wird von unerforschlichen Thätern auf sie geschossen. Ich wollte keinem ehemaligen Garden es rathen, eine Kokarde, oder seinen Rock, überhaupt irgend ein konstitutionelles Abzeichen zu tragen. Aber die Bourgeoisie ist auch so niederträchtig schwarzgelb, daß man mich in einem Gewölbe z. B. bedenklich ansah, als ich blos sagte, der Kampf in Ungarn sei noch unentschieden. Wie Sie sehen, steht das Standrecht schon auf dem blosen Gedanken; die österreichischen Spione erkennen die sogenannten Agitatoren an der Nase. Den Kaffeesiedern ist auf das strengste untersagt, außer der Ober-Post-Amts-Zeitung und dem Spuknapf, genannt Allg. Augsburgerin, irgend eine auswärtige Zeitung aufzulegen. Was auswärts vorgeht, werden wir daher nur aus absolutistischen Spucknäpfen oder aus den Lügenberichten österreichischer Standrechtsblätter gewahr weil es im ganzen Lande nicht einmal ein konstitutionell-ehrenhaftes Blatt gibt, geschweige ein radikales.
Das Standrecht, von dessen angeblicher Aufhebung die Ober-Post-Amts-Zeitung lügt, ist maßgebend für ganz Oesterreich, also auch für den Reichstag von Kremsier. Darum sind auch die von Kraus geforderten 80 Millionen bewilligt worden. Nur Graf Borkowski aus Lemberg hatte, wie immer, so auch hier, trotz des Stand- und Vergiftungsrechts den Muth, unter dem Schurkengesindel der Majorität und den Irokesen der Minorität eine Ausnahme zu machen.
14 Wien, 24. Dez. Der Ex-Reichsminister Schmerling ist von dem ersten Wahlbezirke gestern für Pillersdorff zum Abgeordneten gewählt worden, nachdem man nicht nur alle standrechtlichen Drohungen angewendet, sondern auch noch bezahlte Juden, namentlich einen gewissen Dr. Seligmann, dazu verwendet hatte, Pillersdorf mit der Beredsamkeit des niederträchtigsten Geifers über die Maßen zu besudeln. Das sind die herrschenden Gesetze, an deren Abschaffung der edle Schmerling schwerlich denken wird.
Die Wiener Zeitung von heute wird Ihnen kremsier-österreichische Grundrechte bringen, die Ihren Humor in Anspruch nehmen werden.
Der Meuchelmörder Windischgrätz scheint in Ungarn auf kleine Hindernisse zu stoßen, die selbst die Standrechtspresse, geschweige Siege zu vermelden, durchblicken lassen muß. Vor allem geht die Rekrutirung in den deutschen Provinzen so schlecht, daß man in den meisten Orten Deutsch-Böhmen's und in Oberösterreich mit dem Standrecht verfahren muß.
Um 47 Rekruten zu bekommen, war man z. B. in Reicheuberg genöthigt, 4 Kompagnien Infanterie und 1 Eskadron Uhlanen zu verwenden.
Mit dem Siegesbülletin vom 17, dem bis heute keins mehr gefolgt ist, scheint es nicht recht bestellt gewesen sein, wenn die Magyaren trotz der angeblichen Besetzung Tyrnau's noch im Stande sind, Einfälle nach Mähren und Schlesien zu machen.
So sagt der Lloyd von heute nach einem Schreiben aus dem nördlichen Mähren vom 21. Dez. z. B.:
„Unsere Gränzbewohner wurden seit wenigen Tagen allnächtlich von ungarischen Räuberhorden überfallen, geplündert und die wehrhaften Männer wo möglich zu Gefangenen gemacht. Bereits fanden mehrere blutige Scharmützel statt. In allen der Gränze nahe liegenden Ortschaften und Städten stehen demzufolge Bauern, Waldjäger, Garden und das vorhandene Militär unter den Waffen, machen fortwährend starke Patrouillen und halten alle Engpässe stark besetzt. Man ist durch die Organisation des Landsturmes auf jeden Einfall der Ungarn gefaßt, und bereit, den kräftigsten Widerstand zu leisten. Noch nie vielleicht war unsere Bevölkerung so kampflustig und todesmuthig wie jetzt. Mit Jubel ziehen die aus allen Ständen zusammengewürfelten Detachements dem Feinde entgegen; unsere sonst idyllische Gegend bekam plötzlich eine kriegerische Physiognomie. In den meisten Orten hält man die bessern Sachen gepackt, um, wenn es Noth thäte, dieselben in das Innere des Landes zu schaffen. — Aus Ungarn kommen fast stundlich Flüchtlinge an, welche gastfreundliche Aufnahme finden.“
Aus der sichersten Quelle erfahre ich, daß aus östreich. Schlesien eine Schaar von Militärspionen über die preußische Grenze unter dem Vorwande gesendet worden ist, zu erforschen, ob von dort aus Verbindungen mit Ungarn unterhalten werden. Was sie eigentlich bezwecken, bleibt aber dahin gestellt.
Der Olmützer Korrespondent von gestern, bekanntlich Sophiens schwarzes Brett, berichtet in einer Korrespondenz aus Wien:
„Einer hier eingegangenen Nachricht zufolge wäre Wieselburg erst nach einer heftigen Gegenwehr, mit nicht unbedeutendem Verluste auf Seite der k. k. Armee, vornämlich der zum Sturme beorderten Kroaten, genommen. Auch sei beinahe ganz Wieselburg ein Raub der Flammen geworden.
Der Feind scheint sich bis ganz hinter Komorn zurückzuziehen und erst in der Nähe von Gran oder vielleicht noch tiefer unten in der Nähe von Pesth es zu einem entscheidenden Schritte kommen lassen zu wollen. Die spärlichen Nachrichten, die über die Befestigung Pesth's hier verlauten, sind so abenteuerlicher und ungeheuerlicher Natur, daß ich Anstand nehme, sie mitzutheilen. Nach denselben wäre diese Hauptstadt Ungarns so befestigt, daß eine Million (!!) Soldaten sie nicht bezwingen könnten, und mit Mundvorrath und Munition so gut versehen, daß sie eine Blokirung von mehreren Jahren zu ertragen im Stande sei. Im Laufe des heutigen Tages sind neuerdings nicht unbedeutende Truppenzüge von hier nach Ungarn erfolgt. Es ist sehr natürlich, daß die gegen das Innere des Landes operirende Armee, welche in dem Maße geschwächt wird, als Ortschaften genommen und mit Garnisonen versehen werden müssen, Verstärkungen um so mehr bedarf, je näher sie dem Hauptpunkte des Widerstandes kommt. Indessen gibt es noch genug superkluge Politiker, die aus dem Nachsenden von Verstärkungen erlittene Niederlagen herauswittern wollen. Als ob eine wirkliche Niederlage in unserer Zeit und in dieser Nähe vom Kriegsschauplatze sich verheimlichen ließe.
Einen abermaligen Anhaltspunkt zu falschen Gerüchten von erlittenen Niederlagen, die auszustreuen es immer noch genug Böswillige gibt, ja sogar zu Besorgnissen der ängstlichern Stadtbewohner gab die heute erfolgte Verstärkung der Besatzung im Neugebäude und in der Türkenschanze. Auch aus dieser Maßregel wird eine Befürchtung vor einem Ueberfalle der Ungarn herausgewittert. Ja ausnehmend gelehrte Leute finden in dem Fliehen der Ungarn von allen Punkten, wo sie angegriffen werden, einen sehr fein ausgedachten Plan, indem sie die Armee in das Innere des Landes, wo unbesiegbare Hindernisse ihrer warten, locken wollen, während sie selbst (die Ungarn) durch ein kühnes Manöver die Grenze überschreiten und Wien mit einem Handstreiche nehmen wollen.“
Vereinigen Sie damit folgende Nachricht der heutigen „Presse“, so wird der Beweis, daß die Magyaren selbst nach den schwarzgelbsten Blättern noch lange nicht besiegt sind, doch ziemlich evident vorliegen. Die Freiheit Deutschlands, Polens und Italiens wird erstehen, wenn das Volk der Magyaren die Banditen vertilgt. Wir haben die Freiheit dann wenigstens nicht der gemeinen Bourgeois-Republik von Frankreich zu verdanken, sondern nur einem barbarischen Volke des Orients.
Der Artikel der „Presse“ lautet: „Ein gestern geradenwegs ans Pesth angekommener junger Mann bringt folgende sichere Daten vom Kriegsschauplatze: Die Ungarn zählen 100,000 Mann reguläres Militär, Görgei hat das Oberkommando über die ganze ungarische Armee und steht gegenwärtig mit 40,000 Mann bei Preßburg, General Perczel mit 20,000 Mann an der steierischen Grenze; General Bem kommandirt mit 20,000 Mann gegen Siebenbürgen, darunter befinden sich 200 Mann von den mit Roth Gefangenen. Dem Feldmarschall-Lieutenant Schlik gegenüber steht Obrist Pulsky mit 20,000 Mann, theils regulären Militärs, theils Landsturm, dieser will Schlik bis Kaschau ruhig vordringen lassen, wo er ihn zu schlagen hofft, und von dort aus bis nach Galizien herein verfolgen, in der Hoffnung, daß sich dann hier an seine Kompagnie der polnischen Legion die galizische waffengeübte Jugend anschließen wird; die polnische Legion zählt 850 Mann, und steht unter dem Kommando Wysocki's, eines Krakauers. Die Ungarn zweifeln nicht an ihrem Siege (?). Die Pesther Gewehrfabrik liefert täglich 200 Gewehre, Kirchenglocken werden zu Kanonen umgegossen, Waffen haben sie in Unzahl, und Leute mehr, als sie bewaffnen können; nur an tüchtigen Kompagnie-Kommandanten gebricht es ihnen. — An den Verschanzungen Pesth's muß wochentlich drei Tage die ganze Bevölkerung ohne Unterschied arbeiten.
14 Wien, 25. Dez. Gestern Abend wurde folgendes sogenannte Armee-Bülletin in den Straßen angeschlagen und mußte par ordre du Muphti von der Wiener Zeitung ausgegeben werden: „Nach den so eben aus dem Hauptquartier „Ungarisch-Altenburg“ eingetroffenen Nachrichten des Herrn Feldmarschalls Fürsten Windischgrätz, ist das erste und zweite Armeekorps zwischen Hochstraß und Raab schlagfertig aufgestellt, und die Avantgarde bis über Rabnitz vorgerückt, ohne auf einen Feind zu stoßen. — Vor Leopoldstadt ist die Division des Feldmarschall-Lieutenants Simunich, um Preßburg jene des F.-M.-L. Kempen aufgestellt. — Von Oedenburg ist das Korps des Obersten Horvath gegen Güns vorgerückt, um einer feindlichen Kolonne unter dem Rebellen Perczel, die sich gedrängt von der untern Mur über Körmend, Steinamanger und Paga mit den Insurgenten bei Raab zu vereinigen suchte, in die Flanke zu fallen. — Während des Verweilens der Armee in ihrer letzten Stellung ist in jener ganzen Strecke, welche die Truppen auf beiden Ufern der Donau besetzten, d. h. im Preßburger, Wieselburger und Oedenburger Komitat, die Entwaffnung des Landvolks bewirkt, die gesetzliche Ordnung hergestellt und die Einsetzung der königlichen Regierungs-Kommissäre (Scharfrichter) geschehen. Wien, 24. Dez. 1848. Vom Civil- und Militär-Gouveur Welden, Feldmarschall-Lieutenant.“
Hunderte von Neugierigen drängten sich um die Anschlagsstellen und glaubten ein Sieges-Bülletin zu finden, da die Schwarzgelben schon seit einigen Tagen von der Einnahme Pesth's und Koffuth's Hinrichtung durch den Strang gefabelt hatten. Man sah den Leuten das Erstaunen an, als sie nichts fanden, als einen Aufstellungsbericht, der nicht einmal der Wahrheit getreu ist. Aber keine Seele wagte es, ein Wort zu äußern, denn unzählige Spione und Spioninnen lauerten. Es ist unglaublich, wie weit die lügenhafte Unverschämtheit hier getrieben wird, um eine sehr derbe Niederlage, die Windischgrätz bekommen, zu verdecken und zu beschönigen. Man thut, als ob noch gar nichts vorgefallen sei, während die zuverlässigsten Nachrichten über eine erhaltene Schlappe und Militärrevolte hier sind, und die hundert Wagen eingebrachter Verwundeten der Bevölkerung doch genugsam bewiesen haben, daß die obige Aufstellung viel Blut gekostet hat.
Da es hier jedoch mit Androhung des Standrechts, von dessen Aufhebung die babylonische Dirne von Augsburg und ihre oberpostamtliche Gesinnungsgenossin in Frankfurt den gläubigen Deutschen etwas vorgelogen, verboten ist, sich anders als schwarzgelbsiegestrunken und windischgrätzig über Ungarn zu äußern, und alle direkte Verbindung mit Pesth längst aufgehört hat, so hält es allerdings sehr schwer, Zuverlässiges zu erfahren. Daß es jedoch mit der Niederlage seine Richtigkeit haben muß, das verrräth, wenn obiges Bülletin und das Ihnen gestern Mitgetheilte auch nur halb beweist, der gestrige Olmützer Korrespondent in einem Schreiben aus Wien, worin gesagt ist:
„Die Nachricht von der Eroberung Raab's erhält sich noch immer, wiewohl alle nähere Begründung fehlt; ebenso die Angabe eines bei der Erstürmung dieser Stadt erlittenen ziemlichen Verlustes von Seite der k. k. Armee.“ Halten Sie das mit obigem Bülletin zusammen, so ist es gewiß, daß Jellachich vor Raab Prügel bekommen hat und mit seinen Kroaten entweder vernichtet oder doch jedenfalls zurückgeworfen worden ist. Man sagt aber noch, daß nicht nur Jellachich, sondern auch die Söhne Latour's und Windischgrätz's von den Magyaren gefangen genommen sind. Was ich hier behaupte, behaupte ich nach den Angaben der Hofpartei, die es gewiß ableugnen oder verschweigen würde, wenn eins oder das andere noch möglich wäre.
Die Militärrevolte, deren Unterdrückung viel Blut und Anstrengungen gekostet, soll dadurch entstanden sein, daß die neulich nicht dekorirten Soldaten verlangten, die in Schönbrunn dekorirten sollten überall zuvörderst kämpfen. Es heißt, man habe nach einem langen, fruchtlosen Gemetzel nachgeben müssen. Windischgrätz wäre also in ziemlicher Verlegenheit. Extreme produziren Extreme! Windischgrätz wird uns Demokraten und demokratische Heere seiner Art verschaffen.
119 Olmütz, 25. Dez. Gegen die Bewilligung der 80. Mill. haben in Kremsier nur die Polen mit Muth gekämpft, während die deutschen Schuselka's sich in die gewohnte Niederträchtigkeit verbargen. Graf Borkowski, Durbasiewics, Bilinski, Sierakowski haben dem Ministerium trotz des Standrechts und Meuchelmords, mit denen es regiert, die kühnsten Wahrheiten gesagt, indem sie jedem Kredit widersprachen. Durbasiewics schilderte die Gräuel, die vor und seit dem Bombardement Lemberg's dort verübt werden, und betheuerte, daß wenn Galizien das Unglück haben sollte, noch 1000 Jahre an Oesterreich gekettet zu bleiben, es doch niemals etwas anderes, als Haß dawider empfinden könnte. Die Rede Bilinski's war so grell und feurig, daß der Präsident ihn zur Ordnung rief; er erklärte einen Theil der Kremsierer Irokesen und Schuselka's für unmündig. — Ich habe Ihnen bereits einige Pröbchen von des berüchtigten Schmerling's noch nicht abgeschafften Gesetzen mitgetheilt. Hier noch eins. „Die steierischen Bauern sage Bauern, sind beim Hans-Jörgel in Kremsier mit der Bitte eingekommen, dem Uebelstande abzuhelfen, wonach Jemand, der vor seinem Tode nicht gebeichtet und kommunizirt hat, nicht in geweihter Erde begraben wird.“ — Es gibt neben der infamen Bourgeoisie, die, wo es sich von anderm handelt, als von ihrem gemeinen Nutzen, nicht in Betracht kommen kann, noch Gimpel genug, welche meinen, Sophie fils mit ihrem Ministerium, die (Siehe den Verfolg in der Beilage.)
unsern Freund in dieser Hinsicht lange Zeit beobachtet. In frühern Jahren war sein Witz so frisch und eklatant, daß man alle politischen Schwächen gern dabei übersah. Jedenfalls war Punch aber immer der Schleppenträger der Times, eines Blattes, das trotz vieler guten Seiten, doch im Grunde nichts anders, als die hohe Bourgeoisie vertritt. Früher war es, wie gesagt, noch ganz amusant, wenn der kleine Punch der großen Times so ergötzlich nachpurzelte. Wie ein riesiger Boxer fiel die Times ihren Gegner an und wie eine Wespe nistete sich Punch in seine Locken und verwundete ihn zum zweiten Male, wenn er grade am allerwenigsten daran dachte. Es geschah dies aber, bald in so naiv-ergötzlicher, bald in so sarkastisch-teuflischer Weise, daß man sich trotz des Zusammenwirkens mit der Times unwillkürlich wieder damit aussöhnte. Erst als die Times bei Gelegenheit der Freihandelsbewegung immer langweiliger und bei der fortschreitenden Entwicklung der chartistischen Partei immer brutaler wurde, und den luftigen Punch immer ernstlicher in's Schlepptau nahm, ach, da verlor unser Freund, zugleich mit seiner Naivetät auch seine Grazie, Punch wurde ein Bourgeois, ein Freetrader — Punch war nicht mehr der alte Punch.
Ich habe nie um Jemand mehr getrauert als um meinen alten englischen Freund. Er war aus dem Volke hervorgegangen und verrieth das Volk. Aber das Volk rächte sich an ihm; Punch verlor seinen — Witz!
Die Karrikaturen von John Leech behielten dagegen ihre frühere Frische. Wir können unsere deutschen Zeichner nicht genug auf die Leistungen dieses Mannes aufmerksam machen. Die eigenthümliche und energische Behandlung seines Gegenstandes macht ihn nächst dem freilich phantastischern Cruikshank, zu dem wirksamsten Künstler seines Faches. Leech ist recht eigentlich der Repräsentant des in Bildern zum Vorschein kommenden Beefsteak- und Plumpudding Humors Großbritanniens. Hölzern-pathetisch, komisch-ergreifend aber immer verständlich, praktisch und seinen Gegenstand packend.
Seltsam stechen die graziösen Zeichnungen eines Gavarni von diesen englischen Karrikaturen ab. Die Erzeugnisse des französischen Griffels verhalten sich zu denen des englischen wie eine duftende Ananas zu einer humoristischen Kartoffel — — aber die Kartoffel ist ja ein prächtiges Produkt und stets ist sie uns willkommen. Unsre deutschen Künstler, die in Düsseldorf ihre Monatshefte und in München ihre fliegenden Blätter herausgeben, könnten sowohl von Gavarni als von Leech ungemein viel lernen, denn sie produziren weder Ananas noch Kartoffeln — höchstens Aepfel und Birnen.
In dem Almanach, den Punch wie gewöhnlich um diese Zeit des Jahres so eben erscheinen läßt, hat Leech wieder seine Spässe über die halbe Welt ausgegossen. Fuchsjagden in einem Zimmer, schriftstellerische Versuche in der Küche, Grimassen eines Familienvaters beim Anschaffen neuer Kleider für sechs oder acht Töchter, Spezialkonstabler beim Empfang ihrer Stöcke, Wettrennen durch Wald und Gebüsch, Spazierritt eines Dutzends Matrosen anf der berüchtigten Seeschlange des Dädalus, ein Weihnachtsabend vor 3-400 Jahren, Ballet der Göttin der Freiheit mit sämmtlichen Monarchen, Ludwig und Lola, Besuch der französischen Nationalgarden in London, Wellington und Brougham als Polizisten, John Bull wie er entkrönte politische Flüchtlinge empfängt u. s. w., man weiß nicht, wo man aufhören soll.
Doch nur in den Karrikaturen behielt Punch seine alte Force. Anders ist es mit dem Text.
Der Londoner Punch verhält sich jetzt zu der Times wie der Pariser Charivari zum National. Vergebens strengt er sich an, von Zeit zu Zeit noch einmal den alten Humor sprudeln zu lassen. Es ist umsonst. Die alten Späße wollen nicht wiederkehren, und tauchen sie hie und da empor, da ist es, als ob sie der große Richard, der Manchester-Mann Cobden aus Baumwolle gedreht hätte, dünn, lang, tausend Yards für einen Penny.
Such is life. So geht's in der Welt. Möchte unser kölnisches Henneschen nie dem Beispiele des Londoner Bruders folgen — doch vor Allem wollen wir wünschen, daß der Harlequin der elysäischen Felder lebendig bleibt! Hüpft er und tanzt er, da hüpfen und tanzen alle Grisetten, die Franzosen kommen und es hüpft die weite unendliche Welt!
Es gibt kein langweiligeres Geschöpf als einen Bourgeois. Interessant sind nur Aristokraten und Proletarier. Nur die aristokratische Presse hat Witz — und die revolutionäre.
Berlin, 22. Dezbr. Unsere Neue Preußische Ztg. (die wüthig und schmutzig wie die von der Behörde in Wien bald zur Ruhe gewiesene „Geißel“) hat sich ein Sonntagsblatt zugelegt, das auf Bearbeitung des Landvolks zu den bevorstehenden Wahlen ausgeht. Glücklicherweise ist der Ton so plump und die Verleumdung gegen die Demokratie so gemein, daß auch der beschränkteste Bauerkopf davor zurückschrecken wird. Die Absicht der saubern Partei ist, recht viele Abgeordnete in die Kammern zu bringen, welche die octroyirte Verfassung im absolutistischen Sinn revidiren. Dieselbe Zeitung hat beim Einrücken der Garden, in der edlen Absicht, die Soldaten gegen den Bürger zu hetzen, die Nachricht mitgetheilt, daß man beschlossen habe, die Soldaten zu vergiften. Wirklich sind seit einigen Wochen viele hundert Soldaten vergiftet, aber nicht durch Köchinnen oder gar durch Köche, sondern durch andere weibliche Wesen, und zwar nicht aus Haß, sondern durch Liebe, wenn man letzteres Wort zu solchem Begriff entweihen darf. Es ist eine so große Zahl von Soldaten erkrankt, daß die hiesigen Lazarethe nicht ausreichen, und man für sie eine Heilanstalt in dem nahen Köpenick errichten mußte.
(A. A. Z.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |