Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 179. Köln, 27. Dezember 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

auch die deutschen Rebellen in Frankfurt züchtigen kommen. Im gestrigen Abendblatt aber steht wörtlich: "Es wird sich bald zeigen, ob Deutschland ein Klein-Deutschland (?) mit einem preußischen deutschen Kaiser und dem ganzen Gefolge von Antipathien, Rückhalten und Separationsgelüsten des weiland heil. römischen Reichs ([unleserliches Material]), oder ob es eine große Staaten-Konföderation mit gleichmäßig gegliederter Berechtigung aller Theile unter dem historisch, geographisch und politisch angewiesenen österr. Primate, dem starken und gesammten Oesterreich werden solle.

Diese Wichte glauben, weil man in Deutschland das preußische von Gottesgnadenthum haßt, gäbe es daselbst Sympathien für den Buddhismus und Dalai-Lama-Dienst in Olmütz. -- Weil das deutsche Volk in Oesterreich am freiheitsdürstigsten war, hat man in den deutschen Provinzen selbst, außer den Czechen, eine Menge von Natiönchen heraufbeschworen, und ihnen zugerufen:

"Haut die Deutschen nieder, sie wollen euch, die ihr keine Deutschen seid, unterdrücken!" Man hat sie wirklich niedergehauen, beraubt, auf das scheußlichste ermordet, und nun will dasselbe Scheusal geographisch, historisch und politisch angewiesen(!) sein, Deutschland als solches zu beherrschen!

61 Wien, 21. Dezbr.

"Der magyarische Stamm wird auf sein geographisches Territorium gewiesen, und das Königreich "Ungarn" in der Art, wie es gewesen, geht jetzt nach tausendjahrigem Bestande unter. Seine Geschichte ist geschlossen, seine ganze Zukunft gehört Oesterreich an." (Beilage zur Wienerin.) "Die österreichische Regierung hat ihren festen Entschluß laut verkündet, die Rechte des Hauses Oesterreich auf die Lombardie und Venedig aufrecht zu erhalten und betrachtet sonach die Wiederbesitznahme des lombardisch-venetianischen Königreichs als definitiv." (Ebendaselbst. Und die Konferenz in Brüssel?) "Die österreichische Macht ist durch den Fall Wiens gekräftigt worden ..... die piemontesische Armee ist der österreichischen bei weitem nicht gewachsen ..... der römische Staat ist sehr bedroht..... von Neapel her bedroht ..... Lombarden und Venetianer haben keine große militärische Kraft ..... kein Geld ..... die Kriegslustigen würden in ihr Verderben rennen .. (ditto). Sie sehen hieraus, wie wahnsinnig man bei aller Ohnmacht noch ist. Der heutige Lloyd muß eingestehen, daß die Magyaren das Aliburner Lager erobert haben, und im Begriffe sind, die Serben gänzlich zu vernichten. Der aus Olmütz nach Pancsowa zurückgekehrte General Suplikaz scheint daselbst für die Kamarilla keine guten Geschäfte machen zu können; man nimmt daher ohne Scheu Türken herbei. Es heißt nämlich in demselben Lloyd: "Heute sind 500 Reiter, größtentheils Bulgaren aus Serbien, herübergekommen, (also aus der Türkei!) um sich bei Thomasovacz mit Knicszanin zu verbinden, gegen welches die Hauptangriffe der Magyaren gerichtet sind."

In der Wahlversammlung vom 19ten zur Wahl eines Abgeordneten an Pillersdorff's Stelle, hat derselbe Pillersdorff sich sehr muthig benommen, indem er erklärte, er sei auch noch jetzt der Meinung, daß Wessenberg unverantwortlich gehandelt habe, d. h., daß er das Manifest unterzeichnet, wodurch Windischgrätz mit der Militärdiktatur bekleidet worden. Der Gonverneur Welden ließ darauf die Wahlversammlung sofort schließen. Vielleicht müssen selbst noch Pillersdorffe vor's Neuthor wandeln, frühere, keineswegs demokratische, Minister!

Kremsier, den, 20. Dec.

Zwei Reichstagssitzungen haben stattgefunden. In der gestrigen brachte man endlich die Geschäftsordnung zum definitiven Schlusse. Abg. Borrosch beklagte sich zwar, daß sie unter dem klimatischen Einflusse der Hannah gelitten habe, aber er stimmte dennoch dafür, daß jeder Antrag auf Aenderung eines Paragraphen der nun einmal angenommenen Geschäftsordnung zurückgewiesen werde, wenn er nicht wenigstens von 50 Mitgliedern unterstützt wird. Der Paragraph, daß die Person des Kaisers außer der Debatte gelassen werde, wurde in folgender Fassung angenommen: "Die Unverletzlichkeit und Nichtverantwortlichkeit des jedesmaligen Staatsoberhauptes ist in der Debatte strengstens zu beobachten." Abg. Borrosch beantragte Nichtverantwortlichkeit statt Unverantwortlichkeit zu setzen, denn mancher verantwortliche Minister habe unverantwortlich gehandelt. Auf Abg. Schuselka's Antrag wurde das bereits vom vorigen Ministerium eingebrachte Gesetz zum Schutze der Reichstagsmitglieder, obwohl eine Militairkommission nächstens in den hiesigen Mauern erwartet wird, an den Constitutionsausschuß gewiesen. Die heutige Sitzung war ein Parteienkampf. Die einmonatliche Frist ist abgelaufen, und man mußte ein neues Präsidium wählen. Die Fractionen waren gerüstet, aber sie brachten keine Candidaten, denen eine entschiedene Mehrheit zu prophezeien gewesen wäre. Die Linke ambitionirte für Smolka, die Rechte für Strobach, und das Centrum versuchte Abg. Mayer, den Deputirten aus Brünn und früheren Unterstaatssecretair, mitten durch zu bugsiren. Bei der Wahl des Präsidenten mußte drei Mal votirt werden, denn es stellte sich keine absolute Majorität heraus. Das erste Mal erhielt Abg. Smolka 143, Strobach 130, Mayer 57 Stimmen, aber es waren 332 Stimmende, und die absolute Majorität hätte 167 ergeben müssen. Das zweite Mal erhielt Smolka 160, Strobach 161, Mayer 5 Stimmen, von 326 Votanten; die Majorität wäre 164 gewesen. Das dritte Mal erhielt Smolka nur 157, Strobach hingegen 166 Stimmen von 323 Votanten, und Strobach wurde Präsident.

Abg. Smolka's Abschiedsworte vom Präsidentensitze wurden von allen Anwesenden mit den lebhaftesten Zurufen begleitet, gleichsam als Entschädigung für das mit Unrecht verlorne Amt. Zu Vicepräsidenten wurden gewählt: Abg. Dollhoff mit 213 Stimmen von 233 Votanten und Abg. Hasselwander, ein Bauernsohn aus Deutschtirol, mit 130 Stimmen von 251 Votanten. Abg. Dollhoff war eben so überrascht als ergriffen durch dieses Vertrauensvotum der Kammer. Allein die Reichtagsmitglieder suchen überall nach Namen, die noch in Parteien verstrickt sind und zugleich ein Gewicht von Autorität in die Wagschaale legen. Leider finden sie keinen. Die drei Präsidenten zeigen, daß eigentlich keine Majorität existirt, auf die das Ministerium oder überhaupt eine Fraction sich stützen könnte.

(D. A. Z.)
* Breslau, 19. Decbr.

Ueber die bisherige "christlich-germanische" Schauderwirthschaft Seitens königlicher Beamten und der mit diesen jederzeit verbündeten Dominialverwaltungen enthält die "A. Od.-Z." folgenden aus dem Eulengebirge von einem zuverlässigen Manne eingesandten Artikel:

"Mit welchen lügenhaften Inseraten die neue Preußische Zeitung ausgepflastert wird, zeigt unter andern der von ihr unterm 4. d. M. wider den Gutsbesitzer Günther veröffentlichte Artikel. -- Die von dem frühern Polizei-Verweser Mayer begangenen Brutalitäten werden sämmtlich in Abrede gestellt, und das ganze Inserat enthält durch und durch nicht eine Zeile von Wahrheit. Denn es ist jedem Einwohner von Langenbielau bekannt, daß etc. Mayer sein Amt mit der Drohung antrat: Ihr verfluchten Bielauer müßt vor meinem Schatten zittern; Euch hat heuer der Hunger gequält, künftig wird die Pest über Euch kommen.

Arme Leute die betteln gingen, demzufolge eingebracht, halbtodt geprügelt, wurden mit dem Troste entlassen, sich Stricke zu kaufen, und zur Milderung ihres Elends sich aufzuhängen, oder sich im Mühlteiche zu ersäufen. Ein alter Unteroffizier Namens Bleicher von den Kriegs-Husaren, dessen Kinder betteln gingen, die er wegen seiner Armuth nicht zu ernähren vermochte, wurde zuschanden gehauen. -- Ein armer Mann, Namens Förster, vergrub sein Kind unter die Dachtraufe, weil Mayer den Sarg verweigerte; -- dasselbe wurde erst nach 3 Wochen wieder ausgegraben, weil dessen Nachbar der Krämer Winkler, diese Unzucht nicht leidend, beim Herrn Kreis-Landrath v. Prittwitz um Beschaffung eines Sarges eingekommen war. Polizeiliche Strafgelder wurden, ohnerachtet der hiesigen großen Armuth, dennoch, obgleich der Tenor quaest. Resolut, zum Armen-Fonds lautete, der Gräflichen Rentkasse übermacht. -- Bei dem hier ausgebrochenen epidemischen Typhus lagen arme Kranke ohne Hilfe, daß sie ihren eigenen Urin tranken, ja Leichen lagen bis 5 Tage unterm heißen Ziegeldache unbeerdigt, damit die Krankheit, so gräßlich sie schon war, noch mehr genährt wurde, und den Kranken wurde der Trost: Euch hätte sollen der Doctor statt Medicin Kuhpisse verschreiben.

Darum Dank! Herrn Gutsbesitzer Günther!

Derselbe hatte den Ränken dieses Unmenschen schon längst mit Ungeduld zugesehen und Dank Demselben für die beantragte Entfernung des Mißliebigen. Seiner Zeit wird Mayer gewiß die wohlverdiente Strafe erhalten, als bereits sämmtliche Zeugen hierüber gerichtlich vernommen worden sind. Alle geehrten Zeitungs-Redactionen werden ergebenst ersucht: dieses Inserat aufzunehmen, damit die Abonnenten der neuen Preußischen Zeitung erfahren, mit welchen lügenhaften Artikeln das fragliche Blatt ausgepflastert ist."

34 Dessau, 22. Dezember.

Mit unserem Märzministerium scheint es auf die Neige zu gehen. Nicht, als ob es an Popularität verloren hätte, nicht, als ob ihm im Landtage die Majorität fehlte; aber es ist durch Intriguen der Reaktion unterwühlt, und an einem schönen Morgen werden wir beim Erwachen das vorrevolutionäre Ministerium uns oktroyirt sehen, wie man in Preußen die Verfassung oktroyirt hat und in Oestreich sie oktroyiren wird. -- Freilich die Verfassung selbst kann uns nicht mehr geschenkt werden; denn sie ist nun einmal in bester Form vereinbart, sanktionirt und publizirt; allein wie wird man der auf diese Weise fertig gewordenen zu Leibe gehen, sie beschneiden und zustutzen, durch reaktionäre Gesetze zur Chimäre machen! Unglücklicherweise hat unsere Vereinbarerversammlung die Bestimmung aufgestellt, daß jeder ordentliche Landtag durch einfache Majorität Aenderungen in der Verfassung soll vornehmen können; man dachte dabei nur an ein Weitergehen, nicht aber an ein Zurückschreiten. Gewiß wird uns schon der nächste Landtag zeigen, wie die Reaktion diesen Punkt für sich zu benutzen versteht. Schon tritt die Reaktion offen auf. Nachdem sie durch Korrespondenzen in auswärtigen Zeitungen, namentlich in der "Deutschen Reform" und der "Spenerschen" vorgearbeitet und das hiesige Publikum auf einen Schlag vorbereitet hat, stellt sie jetzt in hiesigen Blättern schon die neue Ministerliste und das Programm des neuen Ministeriums auf, mit dem uns wahrscheinlich ein Weihnachtsgeschenk gemacht werden soll. -- Die Seele dieses Ministeriums soll der im März schmählich davongejagte Minister Morgenstern sein. Zwar will man vor der Hand noch den bisherigen Präsidenten Habicht im Kabinet lassen; aber natürlich nur, um der demokratischen Partei Sand in die Augen zu streuen. Zwischen zwei vollständige Reaktionärs gestellt, würde er, auch wenn er es versuchen sollte, niemals durchdringen können; er ist also von vornherein für die Reaktion unschädlich; dann aber hofft man ihn entweder mit der Zeit zu kirren, oder ihn gleichfalls bei Seite zu schaffen. -- Der jetzige Landtag müßte natürlich aufgelöst werden, da auf ihm das Ministerium Habicht-Köppe die Majorität hat; den zunächst zu berufenden würde man dann schon wieder nach Morgenstern'schem Sinne herzurichten wissen; und dann wäre trotz der Verfassung die alte Wirthschaft da.

* Hamburg, 21. Dez.

In der gestrigen vierten Sitzung der konstit. Versammlung wurde das Rückschreiben des Senats verlesen, worin letzterer jede Modifikation des von ihm einmal vorgeschriebenen Eides ablehnt. Die Vereinbarer setzen demnach auf morgen die Eidesleistung fest, nachdem zuvor eine Deputation der Abwesenden mit der Erklärung erschienen war, daß sie wieder eintreten wollten, wenn über den Eid keine Debatte mehr stattfinde.

In der heutigen (5.) Sitzung der konstituirenden Versammlung werden 2 Senatskommissäre eingeführt und ein Senatsprotokoll wird verlesen, wonach für alle Abgeordnete, ohne Rücksicht auf die Konfession, "so wahr mir Gott helfe!" als Eidesformel bestimmt wird. Hierauf beginnt das Schwören; 164 Abgeordnete leisten den Eid (25 sind abwesend). Die Versammlung erklärt sich für konstituirt und vertagt sich bis morgen.

Hadersleben, 21. Dez.

Es dürfte die Leser dieses Blattes interessiren, die Meinung zu erfahren, die in diesem Augenblicke unter den Dänen über die Absichten der Regierung von Munde zu Munde geht, und, wie fabelhaft sie auch klingt, unter der dänischen Bevölkerung vielfachen Glauben findet. An der Südgränze von Jütland werden 8000 Mann zusammengezogen, um gleichzeitig mit den nach Alsen übergeschifften 8000 Mann über Schleswig herzufallen, sobald in Deutschland, wie man stündlich erwartet, Umstände eintreten, die den Waffenstillstandsbruch begünstigen. Die Einnahme Schleswigs, meinen die Dänen, würde trotz einem Winterfeldzuge ein Leichtes sein, und wäre sie erst zum fait accompli geworden, wie die letzten Wiener und Berliner Ereignisse, würden die spätern Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu einem so erwünschten Ziele führen, als Rußland diesem angeblichen Plane ein williges Ohr geliehen haben soll; auch soll mit dieser Absicht die im nächsten Monat zu erwartende Ankunft des Königs Oscar in Malmö in Verbindung stehen.

(Schl. H. Ztg.)
* Mainz, 24. Dezember.

Die Demokratische Partei in Rhein hessen hat bei der gestrige Wahl in Bingen abermals einen Sieg davon getragen, denn ihr Kandidat, J. F. Schütz, Präsident des hiesigen demokratischen Vereins, ist für den verstorbenen Brunck mit 131 gegen 100 Stimmen zum Abgeordneten nach Frankfurt erwählt worden.

Darmstadt, 18. Dezember.

In der ersten Kammer hat Frhr. v. Gagern angetragen, die Staatsregierung zu ersuchen, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, "daß Pius IX. und den Kardinälen ein einstweiliges Asyl, eine verlängerte Residenz in Deutschland angeboten werde, und die Einladung in nationalem Sinne von den geeigneten Behörden an sie ergehe."

(Darmst. Ztg.)
14 Darmstadt, den 23. Debr.

In der Sitzung vom 20. December erschöpfte die Opposition alle Macht der Beredsamkeit und der Logik, um die Genehmigung des Zweikammersystems zu verhindern. Vergebens! Es wurde mit 28 gegen 16 Stimmen angenommen. Die Opposition machte später darauf aufmerksam, daß [unleserliches Material]/3 Stimmen nöthig wären, um einen solchen Beschluß, der eine Veränderung der Verfassungsurkunde enthalte, durchzusetzen. Schon glaubten Viele das "Ministerium der That" an einem gefährlichen Dilemma angekommen und in die Nothwendigkeit versetzt abzutreten oder die Kammer aufzulösen; aber was geschieht? Man beräth ungestört die folgenden Art. weiter, und das "Ministerium der That" schmunzelt von der Ministerbank seinen Getreuen Beifall zu. Es wurde hierauf gestern ein Alterscensus von 25 Jahren für die Stimmberechtigung und für die erste Kammer auf Antrag des Ausschusses und des "Reichstelegraphen" statt des von der Regierung vorgeschlagenen aktiven Census ein passiver von 20 fl. Steuern angenommen. Ausgeschlossen wurden natürlich auch die von öffentlichen Unterstützungen Lebenden; die "Unselbständigen", wie das Reichswörterbuch sagt. Vergebens sprach die Opposition, besonders Zitz, für das Recht der Jugend und der Armen: es zeigte sich, daß die Kammer in ihrer Mehrzahl noch reaktionärer ist als das "Ministerium der That." K. Zöggeritz, ein Darmstädter Bourgeois, sprach sogar begeistert für indirekte Wahlen, die doch sogar dem Gesetzentwurf und seiner ministeriellen Weisheit zu kühn waren. Besonders ergötzlich waren wieder die geschwollenen Phrasen des Hrn. Wernher v. Nierstein. Geben Sie mir mein Volk! rief er wie der jüdische Jehovah. Ein Demokrat ist derjenige, welcher die Macht in die Hände des eigentlichen Volks, der Steuerpflichtigen, legt. Mag man mich wegen dieser Ansicht verdammen, ich habe nie den Taumelbecher der Popularität an meine Lippen gesetzt!" (gewiß nicht!) Er sprach sodann noch de variis et quibusdam aliis rebus -- von Knechten und Mägden, von der allgemeinen Wehrhaftigkeit, die in der modernen Welt durch das Geld ersetzt werde, und segnete schließlich den Augenblick, wo es ihm wieder vergönnt sein werde, an seinen Pflug zurückzukehren." Und alles Volk wird Amen! dazu sagen.

München, 20. Dez.

Der König hat unterm 16. d. Mts. folgende Orden verliehen: das Großkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael dem Gesandten Grafen Spaur in Rom; das Großkreuz des Civilverdienstordens der bayerischen Krone dem Kardinal-Staatssekretär Antonelli, dann dem Botschafter der französischen Republik in Rom, d'Harcourt, und dem spanischen Botschafter ebendaselbst Martinez de la Rosa; das Kommenthurkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael dem spanischen Legationssekretär d'Arnao. (Sämmtlich bei der Flucht des Papstes betheiligt.)

Zugleich hat Spaur ein sehr huldvolles Schreiben von seinem theuern Könige erhalten. So treffliche Dienste hat dieser Herr Graf der contrerevolutionären Parthei geleistet.

Ungarn.
Von der ungarischen Grenze, 19. Dez.

Nachdem die Kolonnen Windischgrätzs vor Preßburg angekommen waren, entstand in der Stadt zwischen der schon früher entwaffneten Bürgerschaft und der Besatzung, welche 10,000 Mann stark, sich zur Vertheidigung anschickte, ein Zwist, indem die Einwohner von einem Widerstand nichts wissen wollten. Da die Ungarn befürchten mochten, im Augenblick des Kampfes nicht nur einen mächtigen Gegner vor sich, sondern auch einen erbitterten Feind im Rücken und an der Seite zu haben, zogen sie es vor, den Platz freiwillig zu räumen, worauf am 18. d. M. um 3 Uhr Nachmittags die k. k. Truppen ohne Schwertstreich in der alten Krönungsstadt Ungarns einzogen. Inzwischen hatte der Banus als Kommandeur des ersten Armeekorps auch nicht gefeiert und während das zweite Korps in Preßburg einzog, hatte er den Feind endlich bei Wieselburg eingeholt, wo sich sofort ein äußerst hitziges Gefecht entspann, das, wenn wir den eingegangenen Berichten Glauben schenken wollen, sehr mörderisch ausfiel. Jellachich selbst stellte sich zweimal an die Spitze seiner Kroaten gegen die wüthenden Magyaren, die endlich weichen mußten. Nicht nur Jellachich selbst, auch General Zeisberg schwebten in der Gefahr gefangen genommen zu werden und haben nur die Kürassiere den Letztern noch zu gelegener Zeit aus den Händen der Husaren befreit. Zwei k. k. Generäle, 4 Stabs- und 57 Oberoffiziere sollen sich unter den Todten und Verwundeten befinden, wie man denn überhaupt bemerkt, daß sich die Offiziere im Gefecht aus Begierde nach Auszeichnung mehr als nöthig ist, blosstellten. Die Stadt Wieselburg ist bei der Affaire sehr schlimm weggekommen, indem ein Theil derselben in Asche liegt, und fast jedes Haus geplündert wurde. Zum Glück haben die durch ihren äußerst ergiebigen Getreidehandel steinreich gewordenen Einwohner ihre Habe meistens in Sicherheit gebracht, sonst wäre die Beute der Kroaten unermeßlich zu nennen.

Von Wieselburg setzt sich nun sowohl das erste als auch das zweite Armeekorps gegen Raab in Bewegung, das durch seine Lage und Verschanzungen eine der stärksten Positionen in der Welt ist und selbst bei mittelmäßiger Vertheidigung viel Blut kosten muß.

(Nachrichten aus Olmütz sprechen bereits von der Einnahme der Festung Raab, und die "Fr. O.-P.-A.-Z." meldet, daß ein Kourier die Nachricht von der Einnahme Raabs nach Frankfurt überbracht hat.)

Die neuesten aus Ungarn uns zukommenden Berichte (vom 18. und 19.) bestätigen die Gefangennahme und Vernichtung der Hurban'schen Freischaar, sammt den sie begleitenden k. k. Truppen. Hurban selbst ist gefangen; ob Stur entkommen oder gefallen, weiß man nicht. Das siegreiche Vordringen des Armeekorps aus Mähren durch die Defileen von Jablonka, wovon die Wiener Zeitungen melden und so viel Aufsehen machen, das Einrücken der k. k. Truppen in Sillein, stellt sich jetzt gerade umgekehrt als eine Niederlage dar. Hurban war allerdings am 13. durch die Pässe von Jablonka, welche sehr leicht zu vertheidigen sind, vorgedrungen und in Sillein eingerückt; von dort aus sandte er seine Siegesnachrichten über Teschen nach Olmütz, Wien und Prag, und ahnete nicht, daß die Ungarn, welche genau von der geringen Zahl seines Korps unterrichtet waren, ihn nur hatten vordringen lassen, um ihn desto sicherer in der Falle zu haben, und ihn sammt den Seinigen zu vernichten, was am 15. geschah. Am 16. wurden die Pässe von Jablonka bei ihren Ausgängen gegen Ungarn bei Czocza ziemlich stark besetzt; übrigens in der ganzen Länge derselben die durchführende Straße von Distanz zu Distanz aufgebrochen, und mit Wällen und Gräben durchschnitten. Die am Wege stehenden Bäume wurden gefällt, und quer über die Straße geworfen; einige Brücken vernichtet, und die Seitenpfade, welche ohnehin schwer passirbar sind, durch Verhaue aller Art ganz ungänglich gemacht. Der am 17. und 18. massenhaft gefallene Schnee hat das Werk vollendet, und der Weg über Jablonka ist jetzt so unpraktikabel, daß selbst Schmuggler, die doch jeden Weg und Steg kennen, nicht mehr passiren können, und seit dem 18. jede Verbindung mit Ungarn durch die genannten Defileen leider unmöglich geworden ist.

In der Gegend von Teschen ist die Furcht vor dem Vordringen der Ungarn sehr groß; die Bauern vergraben, was sie nur Werthvolles haben, und zahlreiche Flüchtlinge begeben sich, selbst aus der unmittelbaren Umgegend von Teschen nach Mähren.

Dagegen scheint das Vordringen des Armeekorps vom General Schlick, welches auf der Straße von Dukla vom Norden her, und von Galizien aus eindringt, sich zu bestätigen. Es führen in die Ebenen von Nordungarn (in die Ebenen der Wag) bekanntlich nur zwei Routen, die über Jablonka nach Czacza, und die über Dukla nach Eperies und Kaschau. Ebenso bestätigt sich leider die Einnahme von Tyrnau; jedoch war dieser Punkt strategisch nicht haltbar, und ist auch nicht von sehr großer Bedeutung. Es fragt sich jetzt, ob nicht das ungarische Armeekorps von Siebenbürgen aus eine Diversion gegen Westen machen und das Korps des General Schlick, welches nicht bedeutend sein kann, in der Flanke angreifen wird.

(A.Od.-Z.)
* Pesth, 8. Dez.

In der gestrigen Reichstagssitzung hiel Madarasz in Betreff der in Oestreich erfolgten Thronveränderung eine feurige Rede, aus der wir Folgendes entnehmen:

"Das östreichische Haus hat schon oft solche Ungesetzlichkeiten verübt; als es zur Zeit der pragmatischen Sanction durchsetzen wollte, daß das Erbrecht auch auf den weiblichen Zweig übergehe, hat man in Preßburg gegen das Landvolk Kanonen ansstellen lassen. Das Reich kann man nicht veräußern, wie z. B. eine Heerde

auch die deutschen Rebellen in Frankfurt züchtigen kommen. Im gestrigen Abendblatt aber steht wörtlich: „Es wird sich bald zeigen, ob Deutschland ein Klein-Deutschland (?) mit einem preußischen deutschen Kaiser und dem ganzen Gefolge von Antipathien, Rückhalten und Separationsgelüsten des weiland heil. römischen Reichs ([unleserliches Material]), oder ob es eine große Staaten-Konföderation mit gleichmäßig gegliederter Berechtigung aller Theile unter dem historisch, geographisch und politisch angewiesenen österr. Primate, dem starken und gesammten Oesterreich werden solle.

Diese Wichte glauben, weil man in Deutschland das preußische von Gottesgnadenthum haßt, gäbe es daselbst Sympathien für den Buddhismus und Dalai-Lama-Dienst in Olmütz. — Weil das deutsche Volk in Oesterreich am freiheitsdürstigsten war, hat man in den deutschen Provinzen selbst, außer den Czechen, eine Menge von Natiönchen heraufbeschworen, und ihnen zugerufen:

„Haut die Deutschen nieder, sie wollen euch, die ihr keine Deutschen seid, unterdrücken!“ Man hat sie wirklich niedergehauen, beraubt, auf das scheußlichste ermordet, und nun will dasselbe Scheusal geographisch, historisch und politisch angewiesen(!) sein, Deutschland als solches zu beherrschen!

61 Wien, 21. Dezbr.

„Der magyarische Stamm wird auf sein geographisches Territorium gewiesen, und das Königreich „Ungarn“ in der Art, wie es gewesen, geht jetzt nach tausendjahrigem Bestande unter. Seine Geschichte ist geschlossen, seine ganze Zukunft gehört Oesterreich an.“ (Beilage zur Wienerin.) „Die österreichische Regierung hat ihren festen Entschluß laut verkündet, die Rechte des Hauses Oesterreich auf die Lombardie und Venedig aufrecht zu erhalten und betrachtet sonach die Wiederbesitznahme des lombardisch-venetianischen Königreichs als definitiv.“ (Ebendaselbst. Und die Konferenz in Brüssel?) „Die österreichische Macht ist durch den Fall Wiens gekräftigt worden ‥… die piemontesische Armee ist der österreichischen bei weitem nicht gewachsen ‥… der römische Staat ist sehr bedroht‥… von Neapel her bedroht ‥… Lombarden und Venetianer haben keine große militärische Kraft ‥… kein Geld ‥… die Kriegslustigen würden in ihr Verderben rennen ‥ (ditto). Sie sehen hieraus, wie wahnsinnig man bei aller Ohnmacht noch ist. Der heutige Lloyd muß eingestehen, daß die Magyaren das Aliburner Lager erobert haben, und im Begriffe sind, die Serben gänzlich zu vernichten. Der aus Olmütz nach Pancsowa zurückgekehrte General Suplikaz scheint daselbst für die Kamarilla keine guten Geschäfte machen zu können; man nimmt daher ohne Scheu Türken herbei. Es heißt nämlich in demselben Lloyd: „Heute sind 500 Reiter, größtentheils Bulgaren aus Serbien, herübergekommen, (also aus der Türkei!) um sich bei Thomasovacz mit Knicszanin zu verbinden, gegen welches die Hauptangriffe der Magyaren gerichtet sind.“

In der Wahlversammlung vom 19ten zur Wahl eines Abgeordneten an Pillersdorff's Stelle, hat derselbe Pillersdorff sich sehr muthig benommen, indem er erklärte, er sei auch noch jetzt der Meinung, daß Wessenberg unverantwortlich gehandelt habe, d. h., daß er das Manifest unterzeichnet, wodurch Windischgrätz mit der Militärdiktatur bekleidet worden. Der Gonverneur Welden ließ darauf die Wahlversammlung sofort schließen. Vielleicht müssen selbst noch Pillersdorffe vor's Neuthor wandeln, frühere, keineswegs demokratische, Minister!

Kremsier, den, 20. Dec.

Zwei Reichstagssitzungen haben stattgefunden. In der gestrigen brachte man endlich die Geschäftsordnung zum definitiven Schlusse. Abg. Borrosch beklagte sich zwar, daß sie unter dem klimatischen Einflusse der Hannah gelitten habe, aber er stimmte dennoch dafür, daß jeder Antrag auf Aenderung eines Paragraphen der nun einmal angenommenen Geschäftsordnung zurückgewiesen werde, wenn er nicht wenigstens von 50 Mitgliedern unterstützt wird. Der Paragraph, daß die Person des Kaisers außer der Debatte gelassen werde, wurde in folgender Fassung angenommen: „Die Unverletzlichkeit und Nichtverantwortlichkeit des jedesmaligen Staatsoberhauptes ist in der Debatte strengstens zu beobachten.“ Abg. Borrosch beantragte Nichtverantwortlichkeit statt Unverantwortlichkeit zu setzen, denn mancher verantwortliche Minister habe unverantwortlich gehandelt. Auf Abg. Schuselka's Antrag wurde das bereits vom vorigen Ministerium eingebrachte Gesetz zum Schutze der Reichstagsmitglieder, obwohl eine Militairkommission nächstens in den hiesigen Mauern erwartet wird, an den Constitutionsausschuß gewiesen. Die heutige Sitzung war ein Parteienkampf. Die einmonatliche Frist ist abgelaufen, und man mußte ein neues Präsidium wählen. Die Fractionen waren gerüstet, aber sie brachten keine Candidaten, denen eine entschiedene Mehrheit zu prophezeien gewesen wäre. Die Linke ambitionirte für Smolka, die Rechte für Strobach, und das Centrum versuchte Abg. Mayer, den Deputirten aus Brünn und früheren Unterstaatssecretair, mitten durch zu bugsiren. Bei der Wahl des Präsidenten mußte drei Mal votirt werden, denn es stellte sich keine absolute Majorität heraus. Das erste Mal erhielt Abg. Smolka 143, Strobach 130, Mayer 57 Stimmen, aber es waren 332 Stimmende, und die absolute Majorität hätte 167 ergeben müssen. Das zweite Mal erhielt Smolka 160, Strobach 161, Mayer 5 Stimmen, von 326 Votanten; die Majorität wäre 164 gewesen. Das dritte Mal erhielt Smolka nur 157, Strobach hingegen 166 Stimmen von 323 Votanten, und Strobach wurde Präsident.

Abg. Smolka's Abschiedsworte vom Präsidentensitze wurden von allen Anwesenden mit den lebhaftesten Zurufen begleitet, gleichsam als Entschädigung für das mit Unrecht verlorne Amt. Zu Vicepräsidenten wurden gewählt: Abg. Dollhoff mit 213 Stimmen von 233 Votanten und Abg. Hasselwander, ein Bauernsohn aus Deutschtirol, mit 130 Stimmen von 251 Votanten. Abg. Dollhoff war eben so überrascht als ergriffen durch dieses Vertrauensvotum der Kammer. Allein die Reichtagsmitglieder suchen überall nach Namen, die noch in Parteien verstrickt sind und zugleich ein Gewicht von Autorität in die Wagschaale legen. Leider finden sie keinen. Die drei Präsidenten zeigen, daß eigentlich keine Majorität existirt, auf die das Ministerium oder überhaupt eine Fraction sich stützen könnte.

(D. A. Z.)
* Breslau, 19. Decbr.

Ueber die bisherige „christlich-germanische“ Schauderwirthschaft Seitens königlicher Beamten und der mit diesen jederzeit verbündeten Dominialverwaltungen enthält die „A. Od.-Z.“ folgenden aus dem Eulengebirge von einem zuverlässigen Manne eingesandten Artikel:

„Mit welchen lügenhaften Inseraten die neue Preußische Zeitung ausgepflastert wird, zeigt unter andern der von ihr unterm 4. d. M. wider den Gutsbesitzer Günther veröffentlichte Artikel. — Die von dem frühern Polizei-Verweser Mayer begangenen Brutalitäten werden sämmtlich in Abrede gestellt, und das ganze Inserat enthält durch und durch nicht eine Zeile von Wahrheit. Denn es ist jedem Einwohner von Langenbielau bekannt, daß etc. Mayer sein Amt mit der Drohung antrat: Ihr verfluchten Bielauer müßt vor meinem Schatten zittern; Euch hat heuer der Hunger gequält, künftig wird die Pest über Euch kommen.

Arme Leute die betteln gingen, demzufolge eingebracht, halbtodt geprügelt, wurden mit dem Troste entlassen, sich Stricke zu kaufen, und zur Milderung ihres Elends sich aufzuhängen, oder sich im Mühlteiche zu ersäufen. Ein alter Unteroffizier Namens Bleicher von den Kriegs-Husaren, dessen Kinder betteln gingen, die er wegen seiner Armuth nicht zu ernähren vermochte, wurde zuschanden gehauen. — Ein armer Mann, Namens Förster, vergrub sein Kind unter die Dachtraufe, weil Mayer den Sarg verweigerte; — dasselbe wurde erst nach 3 Wochen wieder ausgegraben, weil dessen Nachbar der Krämer Winkler, diese Unzucht nicht leidend, beim Herrn Kreis-Landrath v. Prittwitz um Beschaffung eines Sarges eingekommen war. Polizeiliche Strafgelder wurden, ohnerachtet der hiesigen großen Armuth, dennoch, obgleich der Tenor quaest. Resolut, zum Armen-Fonds lautete, der Gräflichen Rentkasse übermacht. — Bei dem hier ausgebrochenen epidemischen Typhus lagen arme Kranke ohne Hilfe, daß sie ihren eigenen Urin tranken, ja Leichen lagen bis 5 Tage unterm heißen Ziegeldache unbeerdigt, damit die Krankheit, so gräßlich sie schon war, noch mehr genährt wurde, und den Kranken wurde der Trost: Euch hätte sollen der Doctor statt Medicin Kuhpisse verschreiben.

Darum Dank! Herrn Gutsbesitzer Günther!

Derselbe hatte den Ränken dieses Unmenschen schon längst mit Ungeduld zugesehen und Dank Demselben für die beantragte Entfernung des Mißliebigen. Seiner Zeit wird Mayer gewiß die wohlverdiente Strafe erhalten, als bereits sämmtliche Zeugen hierüber gerichtlich vernommen worden sind. Alle geehrten Zeitungs-Redactionen werden ergebenst ersucht: dieses Inserat aufzunehmen, damit die Abonnenten der neuen Preußischen Zeitung erfahren, mit welchen lügenhaften Artikeln das fragliche Blatt ausgepflastert ist.“

34 Dessau, 22. Dezember.

Mit unserem Märzministerium scheint es auf die Neige zu gehen. Nicht, als ob es an Popularität verloren hätte, nicht, als ob ihm im Landtage die Majorität fehlte; aber es ist durch Intriguen der Reaktion unterwühlt, und an einem schönen Morgen werden wir beim Erwachen das vorrevolutionäre Ministerium uns oktroyirt sehen, wie man in Preußen die Verfassung oktroyirt hat und in Oestreich sie oktroyiren wird. — Freilich die Verfassung selbst kann uns nicht mehr geschenkt werden; denn sie ist nun einmal in bester Form vereinbart, sanktionirt und publizirt; allein wie wird man der auf diese Weise fertig gewordenen zu Leibe gehen, sie beschneiden und zustutzen, durch reaktionäre Gesetze zur Chimäre machen! Unglücklicherweise hat unsere Vereinbarerversammlung die Bestimmung aufgestellt, daß jeder ordentliche Landtag durch einfache Majorität Aenderungen in der Verfassung soll vornehmen können; man dachte dabei nur an ein Weitergehen, nicht aber an ein Zurückschreiten. Gewiß wird uns schon der nächste Landtag zeigen, wie die Reaktion diesen Punkt für sich zu benutzen versteht. Schon tritt die Reaktion offen auf. Nachdem sie durch Korrespondenzen in auswärtigen Zeitungen, namentlich in der „Deutschen Reform“ und der „Spenerschen“ vorgearbeitet und das hiesige Publikum auf einen Schlag vorbereitet hat, stellt sie jetzt in hiesigen Blättern schon die neue Ministerliste und das Programm des neuen Ministeriums auf, mit dem uns wahrscheinlich ein Weihnachtsgeschenk gemacht werden soll. — Die Seele dieses Ministeriums soll der im März schmählich davongejagte Minister Morgenstern sein. Zwar will man vor der Hand noch den bisherigen Präsidenten Habicht im Kabinet lassen; aber natürlich nur, um der demokratischen Partei Sand in die Augen zu streuen. Zwischen zwei vollständige Reaktionärs gestellt, würde er, auch wenn er es versuchen sollte, niemals durchdringen können; er ist also von vornherein für die Reaktion unschädlich; dann aber hofft man ihn entweder mit der Zeit zu kirren, oder ihn gleichfalls bei Seite zu schaffen. — Der jetzige Landtag müßte natürlich aufgelöst werden, da auf ihm das Ministerium Habicht-Köppe die Majorität hat; den zunächst zu berufenden würde man dann schon wieder nach Morgenstern'schem Sinne herzurichten wissen; und dann wäre trotz der Verfassung die alte Wirthschaft da.

* Hamburg, 21. Dez.

In der gestrigen vierten Sitzung der konstit. Versammlung wurde das Rückschreiben des Senats verlesen, worin letzterer jede Modifikation des von ihm einmal vorgeschriebenen Eides ablehnt. Die Vereinbarer setzen demnach auf morgen die Eidesleistung fest, nachdem zuvor eine Deputation der Abwesenden mit der Erklärung erschienen war, daß sie wieder eintreten wollten, wenn über den Eid keine Debatte mehr stattfinde.

In der heutigen (5.) Sitzung der konstituirenden Versammlung werden 2 Senatskommissäre eingeführt und ein Senatsprotokoll wird verlesen, wonach für alle Abgeordnete, ohne Rücksicht auf die Konfession, „so wahr mir Gott helfe!“ als Eidesformel bestimmt wird. Hierauf beginnt das Schwören; 164 Abgeordnete leisten den Eid (25 sind abwesend). Die Versammlung erklärt sich für konstituirt und vertagt sich bis morgen.

Hadersleben, 21. Dez.

Es dürfte die Leser dieses Blattes interessiren, die Meinung zu erfahren, die in diesem Augenblicke unter den Dänen über die Absichten der Regierung von Munde zu Munde geht, und, wie fabelhaft sie auch klingt, unter der dänischen Bevölkerung vielfachen Glauben findet. An der Südgränze von Jütland werden 8000 Mann zusammengezogen, um gleichzeitig mit den nach Alsen übergeschifften 8000 Mann über Schleswig herzufallen, sobald in Deutschland, wie man stündlich erwartet, Umstände eintreten, die den Waffenstillstandsbruch begünstigen. Die Einnahme Schleswigs, meinen die Dänen, würde trotz einem Winterfeldzuge ein Leichtes sein, und wäre sie erst zum fait accompli geworden, wie die letzten Wiener und Berliner Ereignisse, würden die spätern Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu einem so erwünschten Ziele führen, als Rußland diesem angeblichen Plane ein williges Ohr geliehen haben soll; auch soll mit dieser Absicht die im nächsten Monat zu erwartende Ankunft des Königs Oscar in Malmö in Verbindung stehen.

(Schl. H. Ztg.)
* Mainz, 24. Dezember.

Die Demokratische Partei in Rhein hessen hat bei der gestrige Wahl in Bingen abermals einen Sieg davon getragen, denn ihr Kandidat, J. F. Schütz, Präsident des hiesigen demokratischen Vereins, ist für den verstorbenen Brunck mit 131 gegen 100 Stimmen zum Abgeordneten nach Frankfurt erwählt worden.

Darmstadt, 18. Dezember.

In der ersten Kammer hat Frhr. v. Gagern angetragen, die Staatsregierung zu ersuchen, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, „daß Pius IX. und den Kardinälen ein einstweiliges Asyl, eine verlängerte Residenz in Deutschland angeboten werde, und die Einladung in nationalem Sinne von den geeigneten Behörden an sie ergehe.“

(Darmst. Ztg.)
14 Darmstadt, den 23. Debr.

In der Sitzung vom 20. December erschöpfte die Opposition alle Macht der Beredsamkeit und der Logik, um die Genehmigung des Zweikammersystems zu verhindern. Vergebens! Es wurde mit 28 gegen 16 Stimmen angenommen. Die Opposition machte später darauf aufmerksam, daß [unleserliches Material]/3 Stimmen nöthig wären, um einen solchen Beschluß, der eine Veränderung der Verfassungsurkunde enthalte, durchzusetzen. Schon glaubten Viele das „Ministerium der That“ an einem gefährlichen Dilemma angekommen und in die Nothwendigkeit versetzt abzutreten oder die Kammer aufzulösen; aber was geschieht? Man beräth ungestört die folgenden Art. weiter, und das „Ministerium der That“ schmunzelt von der Ministerbank seinen Getreuen Beifall zu. Es wurde hierauf gestern ein Alterscensus von 25 Jahren für die Stimmberechtigung und für die erste Kammer auf Antrag des Ausschusses und des „Reichstelegraphen“ statt des von der Regierung vorgeschlagenen aktiven Census ein passiver von 20 fl. Steuern angenommen. Ausgeschlossen wurden natürlich auch die von öffentlichen Unterstützungen Lebenden; die „Unselbständigen“, wie das Reichswörterbuch sagt. Vergebens sprach die Opposition, besonders Zitz, für das Recht der Jugend und der Armen: es zeigte sich, daß die Kammer in ihrer Mehrzahl noch reaktionärer ist als das „Ministerium der That.“ K. Zöggeritz, ein Darmstädter Bourgeois, sprach sogar begeistert für indirekte Wahlen, die doch sogar dem Gesetzentwurf und seiner ministeriellen Weisheit zu kühn waren. Besonders ergötzlich waren wieder die geschwollenen Phrasen des Hrn. Wernher v. Nierstein. Geben Sie mir mein Volk! rief er wie der jüdische Jehovah. Ein Demokrat ist derjenige, welcher die Macht in die Hände des eigentlichen Volks, der Steuerpflichtigen, legt. Mag man mich wegen dieser Ansicht verdammen, ich habe nie den Taumelbecher der Popularität an meine Lippen gesetzt!“ (gewiß nicht!) Er sprach sodann noch de variis et quibusdam aliis rebus — von Knechten und Mägden, von der allgemeinen Wehrhaftigkeit, die in der modernen Welt durch das Geld ersetzt werde, und segnete schließlich den Augenblick, wo es ihm wieder vergönnt sein werde, an seinen Pflug zurückzukehren.“ Und alles Volk wird Amen! dazu sagen.

München, 20. Dez.

Der König hat unterm 16. d. Mts. folgende Orden verliehen: das Großkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael dem Gesandten Grafen Spaur in Rom; das Großkreuz des Civilverdienstordens der bayerischen Krone dem Kardinal-Staatssekretär Antonelli, dann dem Botschafter der französischen Republik in Rom, d'Harcourt, und dem spanischen Botschafter ebendaselbst Martinez de la Rosa; das Kommenthurkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael dem spanischen Legationssekretär d'Arnao. (Sämmtlich bei der Flucht des Papstes betheiligt.)

Zugleich hat Spaur ein sehr huldvolles Schreiben von seinem theuern Könige erhalten. So treffliche Dienste hat dieser Herr Graf der contrerevolutionären Parthei geleistet.

Ungarn.
Von der ungarischen Grenze, 19. Dez.

Nachdem die Kolonnen Windischgrätzs vor Preßburg angekommen waren, entstand in der Stadt zwischen der schon früher entwaffneten Bürgerschaft und der Besatzung, welche 10,000 Mann stark, sich zur Vertheidigung anschickte, ein Zwist, indem die Einwohner von einem Widerstand nichts wissen wollten. Da die Ungarn befürchten mochten, im Augenblick des Kampfes nicht nur einen mächtigen Gegner vor sich, sondern auch einen erbitterten Feind im Rücken und an der Seite zu haben, zogen sie es vor, den Platz freiwillig zu räumen, worauf am 18. d. M. um 3 Uhr Nachmittags die k. k. Truppen ohne Schwertstreich in der alten Krönungsstadt Ungarns einzogen. Inzwischen hatte der Banus als Kommandeur des ersten Armeekorps auch nicht gefeiert und während das zweite Korps in Preßburg einzog, hatte er den Feind endlich bei Wieselburg eingeholt, wo sich sofort ein äußerst hitziges Gefecht entspann, das, wenn wir den eingegangenen Berichten Glauben schenken wollen, sehr mörderisch ausfiel. Jellachich selbst stellte sich zweimal an die Spitze seiner Kroaten gegen die wüthenden Magyaren, die endlich weichen mußten. Nicht nur Jellachich selbst, auch General Zeisberg schwebten in der Gefahr gefangen genommen zu werden und haben nur die Kürassiere den Letztern noch zu gelegener Zeit aus den Händen der Husaren befreit. Zwei k. k. Generäle, 4 Stabs- und 57 Oberoffiziere sollen sich unter den Todten und Verwundeten befinden, wie man denn überhaupt bemerkt, daß sich die Offiziere im Gefecht aus Begierde nach Auszeichnung mehr als nöthig ist, blosstellten. Die Stadt Wieselburg ist bei der Affaire sehr schlimm weggekommen, indem ein Theil derselben in Asche liegt, und fast jedes Haus geplündert wurde. Zum Glück haben die durch ihren äußerst ergiebigen Getreidehandel steinreich gewordenen Einwohner ihre Habe meistens in Sicherheit gebracht, sonst wäre die Beute der Kroaten unermeßlich zu nennen.

Von Wieselburg setzt sich nun sowohl das erste als auch das zweite Armeekorps gegen Raab in Bewegung, das durch seine Lage und Verschanzungen eine der stärksten Positionen in der Welt ist und selbst bei mittelmäßiger Vertheidigung viel Blut kosten muß.

(Nachrichten aus Olmütz sprechen bereits von der Einnahme der Festung Raab, und die „Fr. O.-P.-A.-Z.“ meldet, daß ein Kourier die Nachricht von der Einnahme Raabs nach Frankfurt überbracht hat.)

Die neuesten aus Ungarn uns zukommenden Berichte (vom 18. und 19.) bestätigen die Gefangennahme und Vernichtung der Hurban'schen Freischaar, sammt den sie begleitenden k. k. Truppen. Hurban selbst ist gefangen; ob Stur entkommen oder gefallen, weiß man nicht. Das siegreiche Vordringen des Armeekorps aus Mähren durch die Defileen von Jablonka, wovon die Wiener Zeitungen melden und so viel Aufsehen machen, das Einrücken der k. k. Truppen in Sillein, stellt sich jetzt gerade umgekehrt als eine Niederlage dar. Hurban war allerdings am 13. durch die Pässe von Jablonka, welche sehr leicht zu vertheidigen sind, vorgedrungen und in Sillein eingerückt; von dort aus sandte er seine Siegesnachrichten über Teschen nach Olmütz, Wien und Prag, und ahnete nicht, daß die Ungarn, welche genau von der geringen Zahl seines Korps unterrichtet waren, ihn nur hatten vordringen lassen, um ihn desto sicherer in der Falle zu haben, und ihn sammt den Seinigen zu vernichten, was am 15. geschah. Am 16. wurden die Pässe von Jablonka bei ihren Ausgängen gegen Ungarn bei Czocza ziemlich stark besetzt; übrigens in der ganzen Länge derselben die durchführende Straße von Distanz zu Distanz aufgebrochen, und mit Wällen und Gräben durchschnitten. Die am Wege stehenden Bäume wurden gefällt, und quer über die Straße geworfen; einige Brücken vernichtet, und die Seitenpfade, welche ohnehin schwer passirbar sind, durch Verhaue aller Art ganz ungänglich gemacht. Der am 17. und 18. massenhaft gefallene Schnee hat das Werk vollendet, und der Weg über Jablonka ist jetzt so unpraktikabel, daß selbst Schmuggler, die doch jeden Weg und Steg kennen, nicht mehr passiren können, und seit dem 18. jede Verbindung mit Ungarn durch die genannten Defileen leider unmöglich geworden ist.

In der Gegend von Teschen ist die Furcht vor dem Vordringen der Ungarn sehr groß; die Bauern vergraben, was sie nur Werthvolles haben, und zahlreiche Flüchtlinge begeben sich, selbst aus der unmittelbaren Umgegend von Teschen nach Mähren.

Dagegen scheint das Vordringen des Armeekorps vom General Schlick, welches auf der Straße von Dukla vom Norden her, und von Galizien aus eindringt, sich zu bestätigen. Es führen in die Ebenen von Nordungarn (in die Ebenen der Wag) bekanntlich nur zwei Routen, die über Jablonka nach Czacza, und die über Dukla nach Eperies und Kaschau. Ebenso bestätigt sich leider die Einnahme von Tyrnau; jedoch war dieser Punkt strategisch nicht haltbar, und ist auch nicht von sehr großer Bedeutung. Es fragt sich jetzt, ob nicht das ungarische Armeekorps von Siebenbürgen aus eine Diversion gegen Westen machen und das Korps des General Schlick, welches nicht bedeutend sein kann, in der Flanke angreifen wird.

(A.Od.-Z.)
* Pesth, 8. Dez.

In der gestrigen Reichstagssitzung hiel Madarasz in Betreff der in Oestreich erfolgten Thronveränderung eine feurige Rede, aus der wir Folgendes entnehmen:

„Das östreichische Haus hat schon oft solche Ungesetzlichkeiten verübt; als es zur Zeit der pragmatischen Sanction durchsetzen wollte, daß das Erbrecht auch auf den weiblichen Zweig übergehe, hat man in Preßburg gegen das Landvolk Kanonen ansstellen lassen. Das Reich kann man nicht veräußern, wie z. B. eine Heerde

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div xml:id="ar179_003" type="jArticle">
          <p><pb facs="#f0002" n="0964"/>
auch die deutschen Rebellen in Frankfurt züchtigen kommen. Im gestrigen Abendblatt aber steht wörtlich: &#x201E;Es wird sich bald zeigen, ob Deutschland ein Klein-Deutschland (?) mit einem preußischen deutschen Kaiser und dem ganzen Gefolge von Antipathien, Rückhalten und Separationsgelüsten des weiland heil. römischen Reichs (<gap reason="illegible"/>), oder ob es eine große Staaten-Konföderation mit gleichmäßig gegliederter Berechtigung aller Theile unter dem historisch, geographisch und politisch angewiesenen österr. Primate, dem starken und gesammten Oesterreich werden solle.</p>
          <p>Diese Wichte glauben, weil man in Deutschland das preußische von Gottesgnadenthum haßt, gäbe es daselbst Sympathien für den Buddhismus und Dalai-Lama-Dienst in Olmütz. &#x2014; Weil das deutsche Volk in Oesterreich am freiheitsdürstigsten war, hat man in den deutschen Provinzen selbst, außer den Czechen, eine Menge von Natiönchen heraufbeschworen, und ihnen zugerufen:</p>
          <p>&#x201E;Haut die Deutschen nieder, sie wollen euch, die ihr keine Deutschen seid, unterdrücken!&#x201C; Man hat sie wirklich niedergehauen, beraubt, auf das scheußlichste ermordet, und nun will dasselbe Scheusal <hi rendition="#g">geographisch, historisch</hi> und <hi rendition="#g">politisch angewiesen</hi>(!) sein, Deutschland als solches zu beherrschen!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar179_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 21. Dezbr.</head>
          <p>&#x201E;Der magyarische Stamm wird auf sein geographisches Territorium gewiesen, und das Königreich &#x201E;Ungarn&#x201C; in der Art, wie es gewesen, geht jetzt nach tausendjahrigem Bestande unter. Seine Geschichte ist geschlossen, seine ganze Zukunft gehört Oesterreich an.&#x201C; (Beilage zur Wienerin.) &#x201E;Die österreichische Regierung hat ihren festen Entschluß laut verkündet, die Rechte des Hauses Oesterreich auf die Lombardie und Venedig aufrecht zu erhalten und betrachtet sonach die Wiederbesitznahme des lombardisch-venetianischen Königreichs als definitiv.&#x201C; (Ebendaselbst. Und die Konferenz in Brüssel?) &#x201E;Die österreichische Macht ist durch den Fall Wiens gekräftigt worden &#x2025;&#x2026; die piemontesische Armee ist der österreichischen bei weitem nicht gewachsen &#x2025;&#x2026; der römische Staat ist sehr bedroht&#x2025;&#x2026; von Neapel her bedroht &#x2025;&#x2026; Lombarden und Venetianer haben keine große militärische Kraft &#x2025;&#x2026; kein Geld &#x2025;&#x2026; die Kriegslustigen würden in ihr Verderben rennen &#x2025; (ditto). Sie sehen hieraus, wie wahnsinnig man bei aller Ohnmacht noch ist. Der heutige Lloyd muß eingestehen, daß die Magyaren das Aliburner Lager erobert haben, und im Begriffe sind, die Serben gänzlich zu vernichten. Der aus Olmütz nach Pancsowa zurückgekehrte General Suplikaz scheint daselbst für die Kamarilla keine guten Geschäfte machen zu können; man nimmt daher ohne Scheu Türken herbei. Es heißt nämlich in demselben Lloyd: &#x201E;Heute sind 500 Reiter, <hi rendition="#g">größtentheils Bulgaren aus Serbien,</hi> herübergekommen, (also aus der Türkei!) um sich bei Thomasovacz mit Knicszanin zu verbinden, gegen welches die Hauptangriffe der Magyaren gerichtet sind.&#x201C;</p>
          <p>In der Wahlversammlung vom 19ten zur Wahl eines Abgeordneten an Pillersdorff's Stelle, hat derselbe Pillersdorff sich sehr muthig benommen, indem er erklärte, er sei auch noch jetzt der Meinung, daß Wessenberg unverantwortlich gehandelt habe, d. h., daß er das Manifest unterzeichnet, wodurch Windischgrätz mit der Militärdiktatur bekleidet worden. Der Gonverneur Welden ließ darauf die Wahlversammlung sofort schließen. Vielleicht müssen selbst noch Pillersdorffe vor's Neuthor wandeln, frühere, keineswegs demokratische, Minister!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar179_005" type="jArticle">
          <head>Kremsier, den, 20. Dec.</head>
          <p>Zwei Reichstagssitzungen haben stattgefunden. In der gestrigen brachte man endlich die Geschäftsordnung zum definitiven Schlusse. Abg. Borrosch beklagte sich zwar, daß sie unter dem klimatischen Einflusse der Hannah gelitten habe, aber er stimmte dennoch dafür, daß jeder Antrag auf Aenderung eines Paragraphen der nun einmal angenommenen Geschäftsordnung zurückgewiesen werde, wenn er nicht wenigstens von 50 Mitgliedern unterstützt wird. Der Paragraph, daß die Person des Kaisers außer der Debatte gelassen werde, wurde in folgender Fassung angenommen: &#x201E;Die Unverletzlichkeit und Nichtverantwortlichkeit des jedesmaligen Staatsoberhauptes ist in der Debatte strengstens zu beobachten.&#x201C; Abg. Borrosch beantragte Nichtverantwortlichkeit statt Unverantwortlichkeit zu setzen, denn mancher verantwortliche Minister habe unverantwortlich gehandelt. Auf Abg. Schuselka's Antrag wurde das bereits vom vorigen Ministerium eingebrachte Gesetz zum Schutze der Reichstagsmitglieder, obwohl eine Militairkommission nächstens in den hiesigen Mauern erwartet wird, an den Constitutionsausschuß gewiesen. Die heutige Sitzung war ein Parteienkampf. Die einmonatliche Frist ist abgelaufen, und man mußte ein neues Präsidium wählen. Die Fractionen waren gerüstet, aber sie brachten keine Candidaten, denen eine entschiedene Mehrheit zu prophezeien gewesen wäre. Die Linke ambitionirte für Smolka, die Rechte für Strobach, und das Centrum versuchte Abg. Mayer, den Deputirten aus Brünn und früheren Unterstaatssecretair, mitten durch zu bugsiren. Bei der Wahl des Präsidenten mußte drei Mal votirt werden, denn es stellte sich keine absolute Majorität heraus. Das erste Mal erhielt Abg. Smolka 143, Strobach 130, Mayer 57 Stimmen, aber es waren 332 Stimmende, und die absolute Majorität hätte 167 ergeben müssen. Das zweite Mal erhielt Smolka 160, Strobach 161, Mayer 5 Stimmen, von 326 Votanten; die Majorität wäre 164 gewesen. Das dritte Mal erhielt Smolka nur 157, Strobach hingegen 166 Stimmen von 323 Votanten, und Strobach wurde Präsident.</p>
          <p>Abg. Smolka's Abschiedsworte vom Präsidentensitze wurden von allen Anwesenden mit den lebhaftesten Zurufen begleitet, gleichsam als Entschädigung für das mit Unrecht verlorne Amt. Zu Vicepräsidenten wurden gewählt: Abg. Dollhoff mit 213 Stimmen von 233 Votanten und Abg. Hasselwander, ein Bauernsohn aus Deutschtirol, mit 130 Stimmen von 251 Votanten. Abg. Dollhoff war eben so überrascht als ergriffen durch dieses Vertrauensvotum der Kammer. Allein die Reichtagsmitglieder suchen überall nach Namen, die noch in Parteien verstrickt sind und zugleich ein Gewicht von Autorität in die Wagschaale legen. Leider finden sie keinen. Die drei Präsidenten zeigen, daß eigentlich keine Majorität existirt, auf die das Ministerium oder überhaupt eine Fraction sich stützen könnte.</p>
          <bibl>(D. A. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar179_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Breslau, 19. Decbr.</head>
          <p>Ueber die bisherige &#x201E;christlich-germanische&#x201C; Schauderwirthschaft Seitens königlicher Beamten und der mit diesen jederzeit verbündeten Dominialverwaltungen enthält die &#x201E;A. Od.-Z.&#x201C; folgenden aus dem Eulengebirge von einem zuverlässigen Manne eingesandten Artikel:</p>
          <p>&#x201E;Mit welchen lügenhaften Inseraten die neue Preußische Zeitung ausgepflastert wird, zeigt unter andern der von ihr unterm 4. d. M. wider den Gutsbesitzer Günther veröffentlichte Artikel. &#x2014; Die von dem frühern Polizei-Verweser Mayer begangenen Brutalitäten werden sämmtlich in Abrede gestellt, und das ganze Inserat enthält durch und durch nicht eine Zeile von Wahrheit. Denn es ist jedem Einwohner von Langenbielau bekannt, daß etc. Mayer sein Amt mit der Drohung antrat: Ihr verfluchten Bielauer müßt vor meinem Schatten zittern; Euch hat heuer der Hunger gequält, künftig wird die Pest über Euch kommen.</p>
          <p>Arme Leute die betteln gingen, demzufolge eingebracht, halbtodt geprügelt, wurden mit dem Troste entlassen, sich Stricke zu kaufen, und zur Milderung ihres Elends sich aufzuhängen, oder sich im Mühlteiche zu ersäufen. Ein alter Unteroffizier Namens Bleicher von den Kriegs-Husaren, dessen Kinder betteln gingen, die er wegen seiner Armuth nicht zu ernähren vermochte, wurde zuschanden gehauen. &#x2014; Ein armer Mann, Namens Förster, vergrub sein Kind unter die Dachtraufe, weil Mayer den Sarg verweigerte; &#x2014; dasselbe wurde erst nach 3 Wochen wieder ausgegraben, weil dessen Nachbar der Krämer Winkler, diese Unzucht nicht leidend, beim Herrn Kreis-Landrath v. Prittwitz um Beschaffung eines Sarges eingekommen war. Polizeiliche Strafgelder wurden, ohnerachtet der hiesigen großen Armuth, dennoch, obgleich der Tenor quaest. Resolut, zum Armen-Fonds lautete, der Gräflichen Rentkasse übermacht. &#x2014; Bei dem hier ausgebrochenen epidemischen Typhus lagen arme Kranke ohne Hilfe, daß sie ihren eigenen Urin tranken, ja Leichen lagen bis 5 Tage unterm heißen Ziegeldache unbeerdigt, damit die Krankheit, so gräßlich sie schon war, noch mehr genährt wurde, und den Kranken wurde der Trost: Euch hätte sollen der Doctor statt Medicin Kuhpisse verschreiben.</p>
          <p>Darum Dank! Herrn Gutsbesitzer Günther!</p>
          <p>Derselbe hatte den Ränken dieses Unmenschen schon längst mit Ungeduld zugesehen und Dank Demselben für die beantragte Entfernung des Mißliebigen. Seiner Zeit wird Mayer gewiß die wohlverdiente Strafe erhalten, als bereits sämmtliche Zeugen hierüber gerichtlich vernommen worden sind. Alle geehrten Zeitungs-Redactionen werden ergebenst ersucht: dieses Inserat aufzunehmen, damit die Abonnenten der neuen Preußischen Zeitung erfahren, mit welchen lügenhaften Artikeln das fragliche Blatt ausgepflastert ist.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar179_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>34</author></bibl> Dessau, 22. Dezember.</head>
          <p>Mit unserem Märzministerium scheint es auf die Neige zu gehen. Nicht, als ob es an Popularität verloren hätte, nicht, als ob ihm im Landtage die Majorität fehlte; aber es ist durch Intriguen der Reaktion unterwühlt, und an einem schönen Morgen werden wir beim Erwachen das vorrevolutionäre Ministerium uns oktroyirt sehen, wie man in Preußen die Verfassung oktroyirt hat und in Oestreich sie oktroyiren wird. &#x2014; Freilich die Verfassung selbst kann uns nicht mehr geschenkt werden; denn sie ist nun einmal in bester Form vereinbart, sanktionirt und publizirt; allein wie wird man der auf diese Weise fertig gewordenen zu Leibe gehen, sie beschneiden und zustutzen, durch reaktionäre Gesetze zur Chimäre machen! Unglücklicherweise hat unsere Vereinbarerversammlung die Bestimmung aufgestellt, daß jeder ordentliche Landtag durch einfache Majorität Aenderungen in der Verfassung soll vornehmen können; man dachte dabei nur an ein Weitergehen, nicht aber an ein Zurückschreiten. Gewiß wird uns schon der nächste Landtag zeigen, wie die Reaktion diesen Punkt für sich zu benutzen versteht. Schon tritt die Reaktion offen auf. Nachdem sie durch Korrespondenzen in auswärtigen Zeitungen, namentlich in der &#x201E;Deutschen Reform&#x201C; und der &#x201E;Spenerschen&#x201C; vorgearbeitet und das hiesige Publikum auf einen Schlag vorbereitet hat, stellt sie jetzt in hiesigen Blättern schon die neue Ministerliste und das Programm des neuen Ministeriums auf, mit dem uns wahrscheinlich ein Weihnachtsgeschenk gemacht werden soll. &#x2014; Die Seele dieses Ministeriums soll der im März schmählich davongejagte Minister Morgenstern sein. Zwar will man vor der Hand noch den bisherigen Präsidenten Habicht im Kabinet lassen; aber natürlich nur, um der demokratischen Partei Sand in die Augen zu streuen. Zwischen zwei vollständige Reaktionärs gestellt, würde er, auch wenn er es versuchen sollte, niemals durchdringen können; er ist also von vornherein für die Reaktion unschädlich; dann aber hofft man ihn entweder mit der Zeit zu kirren, oder ihn gleichfalls bei Seite zu schaffen. &#x2014; Der jetzige Landtag müßte natürlich aufgelöst werden, da auf ihm das Ministerium Habicht-Köppe die Majorität hat; den zunächst zu berufenden würde man dann schon wieder nach Morgenstern'schem Sinne herzurichten wissen; und dann wäre trotz der Verfassung die alte Wirthschaft da.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar179_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Hamburg, 21. Dez.</head>
          <p>In der gestrigen vierten Sitzung der konstit. Versammlung wurde das Rückschreiben des Senats verlesen, worin letzterer jede Modifikation des von ihm einmal vorgeschriebenen Eides ablehnt. Die Vereinbarer setzen demnach auf morgen die Eidesleistung fest, nachdem zuvor eine Deputation der Abwesenden mit der Erklärung erschienen war, daß sie wieder eintreten wollten, wenn über den Eid keine Debatte mehr stattfinde.</p>
          <p>In der heutigen (5.) Sitzung der konstituirenden Versammlung werden 2 Senatskommissäre eingeführt und ein Senatsprotokoll wird verlesen, wonach für <hi rendition="#g">alle</hi> Abgeordnete, ohne Rücksicht auf die Konfession, &#x201E;so wahr mir Gott helfe!&#x201C; als Eidesformel bestimmt wird. Hierauf beginnt das Schwören; 164 Abgeordnete leisten den Eid (25 sind abwesend). Die Versammlung erklärt sich für konstituirt und vertagt sich bis morgen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar179_009" type="jArticle">
          <head>Hadersleben, 21. Dez.</head>
          <p>Es dürfte die Leser dieses Blattes interessiren, die Meinung zu erfahren, die in diesem Augenblicke unter den Dänen über die Absichten der Regierung von Munde zu Munde geht, und, wie fabelhaft sie auch klingt, unter der dänischen Bevölkerung vielfachen Glauben findet. An der Südgränze von Jütland werden 8000 Mann zusammengezogen, um gleichzeitig mit den nach Alsen übergeschifften 8000 Mann über Schleswig herzufallen, sobald in Deutschland, wie man stündlich erwartet, Umstände eintreten, die den Waffenstillstandsbruch begünstigen. Die Einnahme Schleswigs, meinen die Dänen, würde trotz einem Winterfeldzuge ein Leichtes sein, und wäre sie erst zum fait accompli geworden, wie die letzten Wiener und Berliner Ereignisse, würden die spätern Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu einem so erwünschten Ziele führen, als Rußland diesem angeblichen Plane ein williges Ohr geliehen haben soll; auch soll mit dieser Absicht die im nächsten Monat zu erwartende Ankunft des Königs Oscar in Malmö in Verbindung stehen.</p>
          <bibl>(Schl. H. Ztg.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar179_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Mainz, 24. Dezember.</head>
          <p>Die Demokratische Partei in Rhein hessen hat bei der gestrige Wahl in Bingen abermals einen Sieg davon getragen, denn ihr Kandidat, J. F. Schütz, Präsident des hiesigen demokratischen Vereins, ist für den verstorbenen Brunck mit 131 gegen 100 Stimmen zum Abgeordneten nach Frankfurt erwählt worden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar179_011" type="jArticle">
          <head>Darmstadt, 18. Dezember.</head>
          <p>In der ersten Kammer hat Frhr. v. Gagern angetragen, die Staatsregierung zu ersuchen, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, &#x201E;daß Pius IX. und den Kardinälen ein einstweiliges Asyl, eine verlängerte Residenz in Deutschland angeboten werde, und die Einladung in nationalem Sinne von den geeigneten Behörden an sie ergehe.&#x201C;</p>
          <bibl>(Darmst. Ztg.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar179_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>14</author></bibl> Darmstadt, den 23. Debr.</head>
          <p>In der Sitzung vom 20. December erschöpfte die Opposition alle Macht der Beredsamkeit und der Logik, um die Genehmigung des Zweikammersystems zu verhindern. Vergebens! Es wurde mit 28 gegen 16 Stimmen angenommen. Die Opposition machte später darauf aufmerksam, daß <gap reason="illegible"/>/3 Stimmen nöthig wären, um einen solchen Beschluß, der eine Veränderung der Verfassungsurkunde enthalte, durchzusetzen. Schon glaubten Viele das &#x201E;Ministerium der That&#x201C; an einem gefährlichen Dilemma angekommen und in die Nothwendigkeit versetzt abzutreten oder die Kammer aufzulösen; aber was geschieht? Man beräth ungestört die folgenden Art. weiter, und das &#x201E;Ministerium der That&#x201C; schmunzelt von der Ministerbank seinen Getreuen Beifall zu. Es wurde hierauf gestern ein Alterscensus von 25 Jahren für die Stimmberechtigung und für die erste Kammer auf Antrag des Ausschusses und des &#x201E;Reichstelegraphen&#x201C; statt des von der Regierung vorgeschlagenen aktiven Census ein <hi rendition="#g">passiver</hi> von 20 fl. Steuern angenommen. Ausgeschlossen wurden natürlich auch die von öffentlichen Unterstützungen Lebenden; die &#x201E;Unselbständigen&#x201C;, wie das Reichswörterbuch sagt. Vergebens sprach die Opposition, besonders <hi rendition="#g">Zitz</hi>, für das Recht der Jugend und der Armen: es zeigte sich, daß die Kammer in ihrer Mehrzahl noch reaktionärer ist als das &#x201E;Ministerium der That.&#x201C; K. <hi rendition="#g">Zöggeritz</hi>, ein Darmstädter Bourgeois, sprach sogar begeistert für indirekte Wahlen, die doch sogar dem Gesetzentwurf und seiner ministeriellen Weisheit zu kühn waren. Besonders ergötzlich waren wieder die geschwollenen Phrasen des Hrn. <hi rendition="#g">Wernher</hi> v. <hi rendition="#g">Nierstein</hi>. Geben Sie mir <hi rendition="#g">mein Volk</hi>! rief er wie der jüdische Jehovah. Ein Demokrat ist derjenige, welcher die Macht in die Hände des <hi rendition="#g">eigentlichen</hi> Volks, der Steuerpflichtigen, legt. Mag man mich wegen dieser Ansicht verdammen, ich habe nie den Taumelbecher der Popularität an meine Lippen gesetzt!&#x201C; (gewiß nicht!) Er sprach sodann noch de variis et quibusdam aliis rebus &#x2014; von Knechten und Mägden, von der allgemeinen Wehrhaftigkeit, die in der modernen Welt durch das Geld ersetzt werde, und segnete schließlich den Augenblick, wo es ihm wieder vergönnt sein werde, an seinen Pflug zurückzukehren.&#x201C; Und alles Volk wird Amen! dazu sagen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar179_013" type="jArticle">
          <head>München, 20. Dez.</head>
          <p>Der König hat unterm 16. d. Mts. folgende Orden verliehen: das Großkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael dem Gesandten Grafen Spaur in Rom; das Großkreuz des Civilverdienstordens der bayerischen Krone dem Kardinal-Staatssekretär Antonelli, dann dem Botschafter der französischen Republik in Rom, d'Harcourt, und dem spanischen Botschafter ebendaselbst Martinez de la Rosa; das Kommenthurkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael dem spanischen Legationssekretär d'Arnao. (Sämmtlich bei der Flucht des Papstes betheiligt.)</p>
          <p>Zugleich hat Spaur ein sehr huldvolles Schreiben von seinem theuern Könige erhalten. So treffliche Dienste hat dieser Herr Graf der contrerevolutionären Parthei geleistet.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar179_014" type="jArticle">
          <head>Von der ungarischen Grenze, 19. Dez.</head>
          <p>Nachdem die Kolonnen Windischgrätzs vor Preßburg angekommen waren, entstand <hi rendition="#g">in der Stadt zwischen der schon früher entwaffneten Bürgerschaft und der Besatzung, welche 10,000 Mann stark, sich zur Vertheidigung anschickte, ein Zwist, indem die Einwohner von einem Widerstand nichts wissen wollten</hi>. Da die Ungarn befürchten mochten, im Augenblick des Kampfes nicht nur einen mächtigen Gegner vor sich, sondern auch einen erbitterten Feind im Rücken und an der Seite zu haben, zogen sie es vor, den Platz freiwillig zu räumen, worauf am 18. d. M. um 3 Uhr Nachmittags die k. k. Truppen ohne Schwertstreich in der alten Krönungsstadt Ungarns einzogen. Inzwischen hatte der Banus als Kommandeur des ersten Armeekorps auch nicht gefeiert und während das zweite Korps in Preßburg einzog, hatte er den Feind endlich bei Wieselburg eingeholt, wo sich sofort ein äußerst hitziges Gefecht entspann, das, wenn wir den eingegangenen Berichten Glauben schenken wollen, sehr mörderisch ausfiel. Jellachich selbst stellte sich zweimal an die Spitze seiner Kroaten gegen die wüthenden Magyaren, die endlich weichen mußten. Nicht nur Jellachich selbst, auch General Zeisberg schwebten in der Gefahr gefangen genommen zu werden und haben nur die Kürassiere den Letztern noch zu gelegener Zeit aus den Händen der Husaren befreit. <hi rendition="#g">Zwei k. k. Generäle, 4 Stabs- und 57 Oberoffiziere sollen sich unter den Todten und Verwundeten befinden</hi>, wie man denn überhaupt bemerkt, daß sich die Offiziere im Gefecht aus Begierde nach Auszeichnung mehr als nöthig ist, blosstellten. Die Stadt Wieselburg ist bei der Affaire sehr schlimm weggekommen, indem <hi rendition="#g">ein Theil derselben in Asche liegt, und fast jedes Haus geplündert wurde</hi>. Zum Glück haben die durch ihren äußerst ergiebigen Getreidehandel steinreich gewordenen Einwohner ihre Habe meistens in Sicherheit gebracht, sonst wäre die Beute der Kroaten unermeßlich zu nennen.</p>
          <p>Von Wieselburg setzt sich nun sowohl <hi rendition="#g">das erste als auch das zweite Armeekorps gegen Raab in Bewegung, das durch seine Lage und Verschanzungen eine der stärksten Positionen in der Welt ist</hi> und selbst bei mittelmäßiger Vertheidigung viel Blut kosten muß.</p>
          <p>(Nachrichten aus Olmütz sprechen bereits von der Einnahme der Festung Raab, und die &#x201E;Fr. O.-P.-A.-Z.&#x201C; meldet, daß ein Kourier die Nachricht von der Einnahme Raabs nach Frankfurt überbracht hat.)</p>
          <p>Die neuesten aus Ungarn uns zukommenden Berichte (vom 18. und 19.) bestätigen die Gefangennahme und Vernichtung der Hurban'schen Freischaar, sammt den sie begleitenden k. k. Truppen. Hurban selbst ist gefangen; ob Stur entkommen oder gefallen, weiß man nicht. Das siegreiche Vordringen des Armeekorps aus Mähren durch die Defileen von Jablonka, wovon die Wiener Zeitungen melden und so viel Aufsehen machen, das Einrücken der k. k. Truppen in Sillein, stellt sich jetzt gerade umgekehrt als eine Niederlage dar. Hurban war allerdings am 13. durch die Pässe von Jablonka, welche sehr leicht zu vertheidigen sind, vorgedrungen und in Sillein eingerückt; von dort aus sandte er seine Siegesnachrichten über Teschen nach Olmütz, Wien und Prag, und ahnete nicht, daß die Ungarn, welche genau von der geringen Zahl seines Korps unterrichtet waren, ihn nur hatten vordringen lassen, um ihn desto sicherer in der Falle zu haben, und ihn sammt den Seinigen zu vernichten, was am 15. geschah. Am 16. wurden die Pässe von Jablonka bei ihren Ausgängen gegen Ungarn bei Czocza ziemlich stark besetzt; übrigens in der ganzen Länge derselben die durchführende Straße von Distanz zu Distanz aufgebrochen, und mit Wällen und Gräben durchschnitten. Die am Wege stehenden Bäume wurden gefällt, und quer über die Straße geworfen; einige Brücken vernichtet, und die Seitenpfade, welche ohnehin schwer passirbar sind, durch Verhaue aller Art ganz ungänglich gemacht. Der am 17. und 18. massenhaft gefallene Schnee hat das Werk vollendet, und der Weg über Jablonka ist jetzt so unpraktikabel, daß selbst Schmuggler, die doch jeden Weg und Steg kennen, nicht mehr passiren können, und seit dem 18. jede Verbindung mit Ungarn durch die genannten Defileen leider unmöglich geworden ist.</p>
          <p>In der Gegend von Teschen ist die Furcht vor dem Vordringen der Ungarn sehr groß; die Bauern vergraben, was sie nur Werthvolles haben, und zahlreiche Flüchtlinge begeben sich, selbst aus der unmittelbaren Umgegend von Teschen nach Mähren.</p>
          <p>Dagegen scheint das Vordringen des Armeekorps vom General Schlick, welches auf der Straße von Dukla vom Norden her, und von Galizien aus eindringt, sich zu bestätigen. Es führen in die Ebenen von Nordungarn (in die Ebenen der Wag) bekanntlich nur zwei Routen, die über Jablonka nach Czacza, und die über Dukla nach Eperies und Kaschau. Ebenso bestätigt sich leider die Einnahme von Tyrnau; jedoch war dieser Punkt strategisch nicht haltbar, und ist auch nicht von sehr großer Bedeutung. Es fragt sich jetzt, ob nicht das ungarische Armeekorps von Siebenbürgen aus eine Diversion gegen Westen machen und das Korps des General Schlick, welches nicht bedeutend sein kann, in der Flanke angreifen wird.</p>
          <bibl>(A.Od.-Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar179_015" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Pesth, 8. Dez.</head>
          <p>In der gestrigen Reichstagssitzung hiel Madarasz in Betreff der in Oestreich erfolgten Thronveränderung eine feurige Rede, aus der wir Folgendes entnehmen:</p>
          <p>&#x201E;Das östreichische Haus hat schon oft solche Ungesetzlichkeiten verübt; als es zur Zeit der pragmatischen Sanction durchsetzen wollte, daß das Erbrecht auch auf den weiblichen Zweig übergehe, hat man in Preßburg gegen das Landvolk Kanonen ansstellen lassen. Das Reich kann man nicht veräußern, wie z. B. eine Heerde
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0964/0002] auch die deutschen Rebellen in Frankfurt züchtigen kommen. Im gestrigen Abendblatt aber steht wörtlich: „Es wird sich bald zeigen, ob Deutschland ein Klein-Deutschland (?) mit einem preußischen deutschen Kaiser und dem ganzen Gefolge von Antipathien, Rückhalten und Separationsgelüsten des weiland heil. römischen Reichs (_ ), oder ob es eine große Staaten-Konföderation mit gleichmäßig gegliederter Berechtigung aller Theile unter dem historisch, geographisch und politisch angewiesenen österr. Primate, dem starken und gesammten Oesterreich werden solle. Diese Wichte glauben, weil man in Deutschland das preußische von Gottesgnadenthum haßt, gäbe es daselbst Sympathien für den Buddhismus und Dalai-Lama-Dienst in Olmütz. — Weil das deutsche Volk in Oesterreich am freiheitsdürstigsten war, hat man in den deutschen Provinzen selbst, außer den Czechen, eine Menge von Natiönchen heraufbeschworen, und ihnen zugerufen: „Haut die Deutschen nieder, sie wollen euch, die ihr keine Deutschen seid, unterdrücken!“ Man hat sie wirklich niedergehauen, beraubt, auf das scheußlichste ermordet, und nun will dasselbe Scheusal geographisch, historisch und politisch angewiesen(!) sein, Deutschland als solches zu beherrschen! 61 Wien, 21. Dezbr. „Der magyarische Stamm wird auf sein geographisches Territorium gewiesen, und das Königreich „Ungarn“ in der Art, wie es gewesen, geht jetzt nach tausendjahrigem Bestande unter. Seine Geschichte ist geschlossen, seine ganze Zukunft gehört Oesterreich an.“ (Beilage zur Wienerin.) „Die österreichische Regierung hat ihren festen Entschluß laut verkündet, die Rechte des Hauses Oesterreich auf die Lombardie und Venedig aufrecht zu erhalten und betrachtet sonach die Wiederbesitznahme des lombardisch-venetianischen Königreichs als definitiv.“ (Ebendaselbst. Und die Konferenz in Brüssel?) „Die österreichische Macht ist durch den Fall Wiens gekräftigt worden ‥… die piemontesische Armee ist der österreichischen bei weitem nicht gewachsen ‥… der römische Staat ist sehr bedroht‥… von Neapel her bedroht ‥… Lombarden und Venetianer haben keine große militärische Kraft ‥… kein Geld ‥… die Kriegslustigen würden in ihr Verderben rennen ‥ (ditto). Sie sehen hieraus, wie wahnsinnig man bei aller Ohnmacht noch ist. Der heutige Lloyd muß eingestehen, daß die Magyaren das Aliburner Lager erobert haben, und im Begriffe sind, die Serben gänzlich zu vernichten. Der aus Olmütz nach Pancsowa zurückgekehrte General Suplikaz scheint daselbst für die Kamarilla keine guten Geschäfte machen zu können; man nimmt daher ohne Scheu Türken herbei. Es heißt nämlich in demselben Lloyd: „Heute sind 500 Reiter, größtentheils Bulgaren aus Serbien, herübergekommen, (also aus der Türkei!) um sich bei Thomasovacz mit Knicszanin zu verbinden, gegen welches die Hauptangriffe der Magyaren gerichtet sind.“ In der Wahlversammlung vom 19ten zur Wahl eines Abgeordneten an Pillersdorff's Stelle, hat derselbe Pillersdorff sich sehr muthig benommen, indem er erklärte, er sei auch noch jetzt der Meinung, daß Wessenberg unverantwortlich gehandelt habe, d. h., daß er das Manifest unterzeichnet, wodurch Windischgrätz mit der Militärdiktatur bekleidet worden. Der Gonverneur Welden ließ darauf die Wahlversammlung sofort schließen. Vielleicht müssen selbst noch Pillersdorffe vor's Neuthor wandeln, frühere, keineswegs demokratische, Minister! Kremsier, den, 20. Dec. Zwei Reichstagssitzungen haben stattgefunden. In der gestrigen brachte man endlich die Geschäftsordnung zum definitiven Schlusse. Abg. Borrosch beklagte sich zwar, daß sie unter dem klimatischen Einflusse der Hannah gelitten habe, aber er stimmte dennoch dafür, daß jeder Antrag auf Aenderung eines Paragraphen der nun einmal angenommenen Geschäftsordnung zurückgewiesen werde, wenn er nicht wenigstens von 50 Mitgliedern unterstützt wird. Der Paragraph, daß die Person des Kaisers außer der Debatte gelassen werde, wurde in folgender Fassung angenommen: „Die Unverletzlichkeit und Nichtverantwortlichkeit des jedesmaligen Staatsoberhauptes ist in der Debatte strengstens zu beobachten.“ Abg. Borrosch beantragte Nichtverantwortlichkeit statt Unverantwortlichkeit zu setzen, denn mancher verantwortliche Minister habe unverantwortlich gehandelt. Auf Abg. Schuselka's Antrag wurde das bereits vom vorigen Ministerium eingebrachte Gesetz zum Schutze der Reichstagsmitglieder, obwohl eine Militairkommission nächstens in den hiesigen Mauern erwartet wird, an den Constitutionsausschuß gewiesen. Die heutige Sitzung war ein Parteienkampf. Die einmonatliche Frist ist abgelaufen, und man mußte ein neues Präsidium wählen. Die Fractionen waren gerüstet, aber sie brachten keine Candidaten, denen eine entschiedene Mehrheit zu prophezeien gewesen wäre. Die Linke ambitionirte für Smolka, die Rechte für Strobach, und das Centrum versuchte Abg. Mayer, den Deputirten aus Brünn und früheren Unterstaatssecretair, mitten durch zu bugsiren. Bei der Wahl des Präsidenten mußte drei Mal votirt werden, denn es stellte sich keine absolute Majorität heraus. Das erste Mal erhielt Abg. Smolka 143, Strobach 130, Mayer 57 Stimmen, aber es waren 332 Stimmende, und die absolute Majorität hätte 167 ergeben müssen. Das zweite Mal erhielt Smolka 160, Strobach 161, Mayer 5 Stimmen, von 326 Votanten; die Majorität wäre 164 gewesen. Das dritte Mal erhielt Smolka nur 157, Strobach hingegen 166 Stimmen von 323 Votanten, und Strobach wurde Präsident. Abg. Smolka's Abschiedsworte vom Präsidentensitze wurden von allen Anwesenden mit den lebhaftesten Zurufen begleitet, gleichsam als Entschädigung für das mit Unrecht verlorne Amt. Zu Vicepräsidenten wurden gewählt: Abg. Dollhoff mit 213 Stimmen von 233 Votanten und Abg. Hasselwander, ein Bauernsohn aus Deutschtirol, mit 130 Stimmen von 251 Votanten. Abg. Dollhoff war eben so überrascht als ergriffen durch dieses Vertrauensvotum der Kammer. Allein die Reichtagsmitglieder suchen überall nach Namen, die noch in Parteien verstrickt sind und zugleich ein Gewicht von Autorität in die Wagschaale legen. Leider finden sie keinen. Die drei Präsidenten zeigen, daß eigentlich keine Majorität existirt, auf die das Ministerium oder überhaupt eine Fraction sich stützen könnte. (D. A. Z.) * Breslau, 19. Decbr. Ueber die bisherige „christlich-germanische“ Schauderwirthschaft Seitens königlicher Beamten und der mit diesen jederzeit verbündeten Dominialverwaltungen enthält die „A. Od.-Z.“ folgenden aus dem Eulengebirge von einem zuverlässigen Manne eingesandten Artikel: „Mit welchen lügenhaften Inseraten die neue Preußische Zeitung ausgepflastert wird, zeigt unter andern der von ihr unterm 4. d. M. wider den Gutsbesitzer Günther veröffentlichte Artikel. — Die von dem frühern Polizei-Verweser Mayer begangenen Brutalitäten werden sämmtlich in Abrede gestellt, und das ganze Inserat enthält durch und durch nicht eine Zeile von Wahrheit. Denn es ist jedem Einwohner von Langenbielau bekannt, daß etc. Mayer sein Amt mit der Drohung antrat: Ihr verfluchten Bielauer müßt vor meinem Schatten zittern; Euch hat heuer der Hunger gequält, künftig wird die Pest über Euch kommen. Arme Leute die betteln gingen, demzufolge eingebracht, halbtodt geprügelt, wurden mit dem Troste entlassen, sich Stricke zu kaufen, und zur Milderung ihres Elends sich aufzuhängen, oder sich im Mühlteiche zu ersäufen. Ein alter Unteroffizier Namens Bleicher von den Kriegs-Husaren, dessen Kinder betteln gingen, die er wegen seiner Armuth nicht zu ernähren vermochte, wurde zuschanden gehauen. — Ein armer Mann, Namens Förster, vergrub sein Kind unter die Dachtraufe, weil Mayer den Sarg verweigerte; — dasselbe wurde erst nach 3 Wochen wieder ausgegraben, weil dessen Nachbar der Krämer Winkler, diese Unzucht nicht leidend, beim Herrn Kreis-Landrath v. Prittwitz um Beschaffung eines Sarges eingekommen war. Polizeiliche Strafgelder wurden, ohnerachtet der hiesigen großen Armuth, dennoch, obgleich der Tenor quaest. Resolut, zum Armen-Fonds lautete, der Gräflichen Rentkasse übermacht. — Bei dem hier ausgebrochenen epidemischen Typhus lagen arme Kranke ohne Hilfe, daß sie ihren eigenen Urin tranken, ja Leichen lagen bis 5 Tage unterm heißen Ziegeldache unbeerdigt, damit die Krankheit, so gräßlich sie schon war, noch mehr genährt wurde, und den Kranken wurde der Trost: Euch hätte sollen der Doctor statt Medicin Kuhpisse verschreiben. Darum Dank! Herrn Gutsbesitzer Günther! Derselbe hatte den Ränken dieses Unmenschen schon längst mit Ungeduld zugesehen und Dank Demselben für die beantragte Entfernung des Mißliebigen. Seiner Zeit wird Mayer gewiß die wohlverdiente Strafe erhalten, als bereits sämmtliche Zeugen hierüber gerichtlich vernommen worden sind. Alle geehrten Zeitungs-Redactionen werden ergebenst ersucht: dieses Inserat aufzunehmen, damit die Abonnenten der neuen Preußischen Zeitung erfahren, mit welchen lügenhaften Artikeln das fragliche Blatt ausgepflastert ist.“ 34 Dessau, 22. Dezember. Mit unserem Märzministerium scheint es auf die Neige zu gehen. Nicht, als ob es an Popularität verloren hätte, nicht, als ob ihm im Landtage die Majorität fehlte; aber es ist durch Intriguen der Reaktion unterwühlt, und an einem schönen Morgen werden wir beim Erwachen das vorrevolutionäre Ministerium uns oktroyirt sehen, wie man in Preußen die Verfassung oktroyirt hat und in Oestreich sie oktroyiren wird. — Freilich die Verfassung selbst kann uns nicht mehr geschenkt werden; denn sie ist nun einmal in bester Form vereinbart, sanktionirt und publizirt; allein wie wird man der auf diese Weise fertig gewordenen zu Leibe gehen, sie beschneiden und zustutzen, durch reaktionäre Gesetze zur Chimäre machen! Unglücklicherweise hat unsere Vereinbarerversammlung die Bestimmung aufgestellt, daß jeder ordentliche Landtag durch einfache Majorität Aenderungen in der Verfassung soll vornehmen können; man dachte dabei nur an ein Weitergehen, nicht aber an ein Zurückschreiten. Gewiß wird uns schon der nächste Landtag zeigen, wie die Reaktion diesen Punkt für sich zu benutzen versteht. Schon tritt die Reaktion offen auf. Nachdem sie durch Korrespondenzen in auswärtigen Zeitungen, namentlich in der „Deutschen Reform“ und der „Spenerschen“ vorgearbeitet und das hiesige Publikum auf einen Schlag vorbereitet hat, stellt sie jetzt in hiesigen Blättern schon die neue Ministerliste und das Programm des neuen Ministeriums auf, mit dem uns wahrscheinlich ein Weihnachtsgeschenk gemacht werden soll. — Die Seele dieses Ministeriums soll der im März schmählich davongejagte Minister Morgenstern sein. Zwar will man vor der Hand noch den bisherigen Präsidenten Habicht im Kabinet lassen; aber natürlich nur, um der demokratischen Partei Sand in die Augen zu streuen. Zwischen zwei vollständige Reaktionärs gestellt, würde er, auch wenn er es versuchen sollte, niemals durchdringen können; er ist also von vornherein für die Reaktion unschädlich; dann aber hofft man ihn entweder mit der Zeit zu kirren, oder ihn gleichfalls bei Seite zu schaffen. — Der jetzige Landtag müßte natürlich aufgelöst werden, da auf ihm das Ministerium Habicht-Köppe die Majorität hat; den zunächst zu berufenden würde man dann schon wieder nach Morgenstern'schem Sinne herzurichten wissen; und dann wäre trotz der Verfassung die alte Wirthschaft da. * Hamburg, 21. Dez. In der gestrigen vierten Sitzung der konstit. Versammlung wurde das Rückschreiben des Senats verlesen, worin letzterer jede Modifikation des von ihm einmal vorgeschriebenen Eides ablehnt. Die Vereinbarer setzen demnach auf morgen die Eidesleistung fest, nachdem zuvor eine Deputation der Abwesenden mit der Erklärung erschienen war, daß sie wieder eintreten wollten, wenn über den Eid keine Debatte mehr stattfinde. In der heutigen (5.) Sitzung der konstituirenden Versammlung werden 2 Senatskommissäre eingeführt und ein Senatsprotokoll wird verlesen, wonach für alle Abgeordnete, ohne Rücksicht auf die Konfession, „so wahr mir Gott helfe!“ als Eidesformel bestimmt wird. Hierauf beginnt das Schwören; 164 Abgeordnete leisten den Eid (25 sind abwesend). Die Versammlung erklärt sich für konstituirt und vertagt sich bis morgen. Hadersleben, 21. Dez. Es dürfte die Leser dieses Blattes interessiren, die Meinung zu erfahren, die in diesem Augenblicke unter den Dänen über die Absichten der Regierung von Munde zu Munde geht, und, wie fabelhaft sie auch klingt, unter der dänischen Bevölkerung vielfachen Glauben findet. An der Südgränze von Jütland werden 8000 Mann zusammengezogen, um gleichzeitig mit den nach Alsen übergeschifften 8000 Mann über Schleswig herzufallen, sobald in Deutschland, wie man stündlich erwartet, Umstände eintreten, die den Waffenstillstandsbruch begünstigen. Die Einnahme Schleswigs, meinen die Dänen, würde trotz einem Winterfeldzuge ein Leichtes sein, und wäre sie erst zum fait accompli geworden, wie die letzten Wiener und Berliner Ereignisse, würden die spätern Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu einem so erwünschten Ziele führen, als Rußland diesem angeblichen Plane ein williges Ohr geliehen haben soll; auch soll mit dieser Absicht die im nächsten Monat zu erwartende Ankunft des Königs Oscar in Malmö in Verbindung stehen. (Schl. H. Ztg.) * Mainz, 24. Dezember. Die Demokratische Partei in Rhein hessen hat bei der gestrige Wahl in Bingen abermals einen Sieg davon getragen, denn ihr Kandidat, J. F. Schütz, Präsident des hiesigen demokratischen Vereins, ist für den verstorbenen Brunck mit 131 gegen 100 Stimmen zum Abgeordneten nach Frankfurt erwählt worden. Darmstadt, 18. Dezember. In der ersten Kammer hat Frhr. v. Gagern angetragen, die Staatsregierung zu ersuchen, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, „daß Pius IX. und den Kardinälen ein einstweiliges Asyl, eine verlängerte Residenz in Deutschland angeboten werde, und die Einladung in nationalem Sinne von den geeigneten Behörden an sie ergehe.“ (Darmst. Ztg.) 14 Darmstadt, den 23. Debr. In der Sitzung vom 20. December erschöpfte die Opposition alle Macht der Beredsamkeit und der Logik, um die Genehmigung des Zweikammersystems zu verhindern. Vergebens! Es wurde mit 28 gegen 16 Stimmen angenommen. Die Opposition machte später darauf aufmerksam, daß _ /3 Stimmen nöthig wären, um einen solchen Beschluß, der eine Veränderung der Verfassungsurkunde enthalte, durchzusetzen. Schon glaubten Viele das „Ministerium der That“ an einem gefährlichen Dilemma angekommen und in die Nothwendigkeit versetzt abzutreten oder die Kammer aufzulösen; aber was geschieht? Man beräth ungestört die folgenden Art. weiter, und das „Ministerium der That“ schmunzelt von der Ministerbank seinen Getreuen Beifall zu. Es wurde hierauf gestern ein Alterscensus von 25 Jahren für die Stimmberechtigung und für die erste Kammer auf Antrag des Ausschusses und des „Reichstelegraphen“ statt des von der Regierung vorgeschlagenen aktiven Census ein passiver von 20 fl. Steuern angenommen. Ausgeschlossen wurden natürlich auch die von öffentlichen Unterstützungen Lebenden; die „Unselbständigen“, wie das Reichswörterbuch sagt. Vergebens sprach die Opposition, besonders Zitz, für das Recht der Jugend und der Armen: es zeigte sich, daß die Kammer in ihrer Mehrzahl noch reaktionärer ist als das „Ministerium der That.“ K. Zöggeritz, ein Darmstädter Bourgeois, sprach sogar begeistert für indirekte Wahlen, die doch sogar dem Gesetzentwurf und seiner ministeriellen Weisheit zu kühn waren. Besonders ergötzlich waren wieder die geschwollenen Phrasen des Hrn. Wernher v. Nierstein. Geben Sie mir mein Volk! rief er wie der jüdische Jehovah. Ein Demokrat ist derjenige, welcher die Macht in die Hände des eigentlichen Volks, der Steuerpflichtigen, legt. Mag man mich wegen dieser Ansicht verdammen, ich habe nie den Taumelbecher der Popularität an meine Lippen gesetzt!“ (gewiß nicht!) Er sprach sodann noch de variis et quibusdam aliis rebus — von Knechten und Mägden, von der allgemeinen Wehrhaftigkeit, die in der modernen Welt durch das Geld ersetzt werde, und segnete schließlich den Augenblick, wo es ihm wieder vergönnt sein werde, an seinen Pflug zurückzukehren.“ Und alles Volk wird Amen! dazu sagen. München, 20. Dez. Der König hat unterm 16. d. Mts. folgende Orden verliehen: das Großkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael dem Gesandten Grafen Spaur in Rom; das Großkreuz des Civilverdienstordens der bayerischen Krone dem Kardinal-Staatssekretär Antonelli, dann dem Botschafter der französischen Republik in Rom, d'Harcourt, und dem spanischen Botschafter ebendaselbst Martinez de la Rosa; das Kommenthurkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael dem spanischen Legationssekretär d'Arnao. (Sämmtlich bei der Flucht des Papstes betheiligt.) Zugleich hat Spaur ein sehr huldvolles Schreiben von seinem theuern Könige erhalten. So treffliche Dienste hat dieser Herr Graf der contrerevolutionären Parthei geleistet. Ungarn. Von der ungarischen Grenze, 19. Dez. Nachdem die Kolonnen Windischgrätzs vor Preßburg angekommen waren, entstand in der Stadt zwischen der schon früher entwaffneten Bürgerschaft und der Besatzung, welche 10,000 Mann stark, sich zur Vertheidigung anschickte, ein Zwist, indem die Einwohner von einem Widerstand nichts wissen wollten. Da die Ungarn befürchten mochten, im Augenblick des Kampfes nicht nur einen mächtigen Gegner vor sich, sondern auch einen erbitterten Feind im Rücken und an der Seite zu haben, zogen sie es vor, den Platz freiwillig zu räumen, worauf am 18. d. M. um 3 Uhr Nachmittags die k. k. Truppen ohne Schwertstreich in der alten Krönungsstadt Ungarns einzogen. Inzwischen hatte der Banus als Kommandeur des ersten Armeekorps auch nicht gefeiert und während das zweite Korps in Preßburg einzog, hatte er den Feind endlich bei Wieselburg eingeholt, wo sich sofort ein äußerst hitziges Gefecht entspann, das, wenn wir den eingegangenen Berichten Glauben schenken wollen, sehr mörderisch ausfiel. Jellachich selbst stellte sich zweimal an die Spitze seiner Kroaten gegen die wüthenden Magyaren, die endlich weichen mußten. Nicht nur Jellachich selbst, auch General Zeisberg schwebten in der Gefahr gefangen genommen zu werden und haben nur die Kürassiere den Letztern noch zu gelegener Zeit aus den Händen der Husaren befreit. Zwei k. k. Generäle, 4 Stabs- und 57 Oberoffiziere sollen sich unter den Todten und Verwundeten befinden, wie man denn überhaupt bemerkt, daß sich die Offiziere im Gefecht aus Begierde nach Auszeichnung mehr als nöthig ist, blosstellten. Die Stadt Wieselburg ist bei der Affaire sehr schlimm weggekommen, indem ein Theil derselben in Asche liegt, und fast jedes Haus geplündert wurde. Zum Glück haben die durch ihren äußerst ergiebigen Getreidehandel steinreich gewordenen Einwohner ihre Habe meistens in Sicherheit gebracht, sonst wäre die Beute der Kroaten unermeßlich zu nennen. Von Wieselburg setzt sich nun sowohl das erste als auch das zweite Armeekorps gegen Raab in Bewegung, das durch seine Lage und Verschanzungen eine der stärksten Positionen in der Welt ist und selbst bei mittelmäßiger Vertheidigung viel Blut kosten muß. (Nachrichten aus Olmütz sprechen bereits von der Einnahme der Festung Raab, und die „Fr. O.-P.-A.-Z.“ meldet, daß ein Kourier die Nachricht von der Einnahme Raabs nach Frankfurt überbracht hat.) Die neuesten aus Ungarn uns zukommenden Berichte (vom 18. und 19.) bestätigen die Gefangennahme und Vernichtung der Hurban'schen Freischaar, sammt den sie begleitenden k. k. Truppen. Hurban selbst ist gefangen; ob Stur entkommen oder gefallen, weiß man nicht. Das siegreiche Vordringen des Armeekorps aus Mähren durch die Defileen von Jablonka, wovon die Wiener Zeitungen melden und so viel Aufsehen machen, das Einrücken der k. k. Truppen in Sillein, stellt sich jetzt gerade umgekehrt als eine Niederlage dar. Hurban war allerdings am 13. durch die Pässe von Jablonka, welche sehr leicht zu vertheidigen sind, vorgedrungen und in Sillein eingerückt; von dort aus sandte er seine Siegesnachrichten über Teschen nach Olmütz, Wien und Prag, und ahnete nicht, daß die Ungarn, welche genau von der geringen Zahl seines Korps unterrichtet waren, ihn nur hatten vordringen lassen, um ihn desto sicherer in der Falle zu haben, und ihn sammt den Seinigen zu vernichten, was am 15. geschah. Am 16. wurden die Pässe von Jablonka bei ihren Ausgängen gegen Ungarn bei Czocza ziemlich stark besetzt; übrigens in der ganzen Länge derselben die durchführende Straße von Distanz zu Distanz aufgebrochen, und mit Wällen und Gräben durchschnitten. Die am Wege stehenden Bäume wurden gefällt, und quer über die Straße geworfen; einige Brücken vernichtet, und die Seitenpfade, welche ohnehin schwer passirbar sind, durch Verhaue aller Art ganz ungänglich gemacht. Der am 17. und 18. massenhaft gefallene Schnee hat das Werk vollendet, und der Weg über Jablonka ist jetzt so unpraktikabel, daß selbst Schmuggler, die doch jeden Weg und Steg kennen, nicht mehr passiren können, und seit dem 18. jede Verbindung mit Ungarn durch die genannten Defileen leider unmöglich geworden ist. In der Gegend von Teschen ist die Furcht vor dem Vordringen der Ungarn sehr groß; die Bauern vergraben, was sie nur Werthvolles haben, und zahlreiche Flüchtlinge begeben sich, selbst aus der unmittelbaren Umgegend von Teschen nach Mähren. Dagegen scheint das Vordringen des Armeekorps vom General Schlick, welches auf der Straße von Dukla vom Norden her, und von Galizien aus eindringt, sich zu bestätigen. Es führen in die Ebenen von Nordungarn (in die Ebenen der Wag) bekanntlich nur zwei Routen, die über Jablonka nach Czacza, und die über Dukla nach Eperies und Kaschau. Ebenso bestätigt sich leider die Einnahme von Tyrnau; jedoch war dieser Punkt strategisch nicht haltbar, und ist auch nicht von sehr großer Bedeutung. Es fragt sich jetzt, ob nicht das ungarische Armeekorps von Siebenbürgen aus eine Diversion gegen Westen machen und das Korps des General Schlick, welches nicht bedeutend sein kann, in der Flanke angreifen wird. (A.Od.-Z.) * Pesth, 8. Dez. In der gestrigen Reichstagssitzung hiel Madarasz in Betreff der in Oestreich erfolgten Thronveränderung eine feurige Rede, aus der wir Folgendes entnehmen: „Das östreichische Haus hat schon oft solche Ungesetzlichkeiten verübt; als es zur Zeit der pragmatischen Sanction durchsetzen wollte, daß das Erbrecht auch auf den weiblichen Zweig übergehe, hat man in Preßburg gegen das Landvolk Kanonen ansstellen lassen. Das Reich kann man nicht veräußern, wie z. B. eine Heerde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz179_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz179_1848/2
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 179. Köln, 27. Dezember 1848, S. 0964. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz179_1848/2>, abgerufen am 24.11.2024.