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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 174. Köln, 21. Dezember 1848.

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nochmals solcher Ueberhebungen gegen die Linie zu Schulden kommen lassen, so solle sie durch Verlust der Treffen bestraft werden."!!

Von den vielversprochenen Segnungen, welche die durch den Belagerungszustand hergestellte "gesetzliche Ruhe und Ordnung" für Handel und Gewerbe mit sich bringen sollte, verspüren unsere Kaufleute und Kleinhändler bisher noch nichts. Im Gegentheil sind die Klagen über den sehr schlechten Ausfall des Weihnachtsgeschäftes allgemein. Nur die sehr geringe Anzahl von Geschäftszweigen, welche von den vornehmern Almosenempfängern, den Herren Garde-Lieutenants u. s. w. ihren Haupterwerb beziehen, scheinen zu floriren und sind dafür natürlich Hohen und Allerhöchsten Personen sehr dankbar. So hat auch Herr Kranzler, der Hof-Conditor des Prinzen von Preußen und Inhaber des bekannten Lokals an der "politischen Ecke", seit einigen Tagen wieder den Muth, mit dem am 19. März abgenommenen königl. Wappen zu prangen.

* Berlin, 18. Dez.

Der "Preuß. Staats-Anzeiger" theilt mit, daß sich die Mitglieder der Oberlandesgerichte zu Ratibor, Bromberg und Münster an den König und resp. den Justizminister mit der Bitte gewandt haben, zu bewirken, daß v. Kirchmann, Gierke und Temme nicht bei ihnen eintreten, sondern daß denselben, wo möglich, ein anderer Wirkungskreis angewiesen werde.

Zugleich druckt das Blättchen die von den reaktionswüthigen Justizleuten an Kirchmann etc. erlassenen Schreiben mit, die zur Genüge beweisen, daß das Volk in seinen Märztagen zu allererst einige Schock Beamte aus den Justizkollegien hätte auf Reisen schicken sollen. Auch folgender Brief ist gar eine üble Illustration der Zustände "mit Gott für König und Junkerschaft":

"Ew. Hochwohlgeboren haben leider dem Ihnen im Namen der Mitglieder des ersten Senats des Geh. Ober-Tribunals ausgesprochenen Wunsche: sich bis auf Weiteres von den Sitzungen dieses Senats fernzuhalten, nicht Folge geleistet. Dies hat ein Zusammentreten der Mitglieder aller vier Senate des Kollegiums nöthig gemacht, damit wir uns über die nun zu treffenden Maßregeln vereinigten

Wenn ich Ihnen das Ergebniß dieser Besprechung mitzutheilen habe, so meine ich, Sie vor Allem daran erinnern zu müssen, mit welcher kollegialischen Freundlichkeit Sie von uns Allen bei Ihrem früheren Eintritt in das Kollegium aufgenommen worden sind. Sie mögen daran ermessen, in welchem Grade wir eine geänderte Lage der Dinge wichtig zu nehmen uns verpflichtet fühlen, welche uns die Nothwendigkeit einer Auflösung dieses Verhältnisses als unerläßlich erscheinen läßt

In einer anderen Stellung haben Sie sich zu Ansichten bekannt und diese mit Beharrlichkeit durchzuführen gesucht, welche mit den Auffassungen, die wir über Recht, Pflicht und Treue haben und unbedingt festhalten werden, in dem Maße entschieden und schroff im Widerspruche stehen, daß es uns, wie Ihnen, nur auf das Aeußerste peinlich sein könnte, eine Gemeinschaft äußerlich fortzusetzen, die innerlich nicht mehr besteht.

Ich soll Sie daher auf einstimmiges Verlangen sämmtlicher Mitglieder des Kollegiums, mit Ausnahme des nicht zugezogenen Präsidenten Bornemann, dringend auffordern und ersuchen, Ihrerseits Schritte zu thun, welche zur Auflösung dieser Gemeinschaft führen können.

Zu dieser dringenden Aufforderung sind wir aber verpflichtet, nicht allein und nicht hauptsächlich in Rücksicht auf unsere Person, auch nicht blos in Rücksicht auf Sie selbst, sondern vor Allem in Beziehung auf den höchsten Gerichtshof, dem wir angehören. Vor Gott und Menschen sind wir schuldig, mit allen Kräften dafür zu sorgen, daß diesem Gerichtshofe das Vertrauen und die Achtung des Landes erhalten werde. Das wäre aber unmöglich, wenn irgendwie die Vermuthung Anhalt erhielte, daß in demselben Ansichten Eingang oder auch nur Nachsicht gefunden hätten, bei denen man nicht ohne Grund, Recht und Gerechtigkeit, die man in Anspruch nimmt, gefährdet finden würde.

Berlin, den 16. Dezember 1848.

(gez.) Mühler."

An des Königl. Geheimen Ober-Tribunal-Raths Herrn Dr. Waldeck Hochwohlgeboren.

* Wien, 15. Dezember.

Die Geldnoth geht hier schon ins Unendliche. Nicht allein daß die Einguldennoten schon in 8 Theile zerschnitten werden, es werden auch schon von Privaten Noten zu 10 und 20 Kreuzer ausgegeben. Was für Unheil daraus entstehen muß, wenn Jedermann Papiergeld ausgiebt, ist leicht zu bestimmen. Jeder Kaufmann schreibt auf ein Stück Papier: gut für 10 oder 20 Kreuzer, drückt sein Siegel bei -- und giebt diese Zettel seinen Kunden statt Münze. Wie diesen papiernen Wirren abzuhelfen sei, ist ein Räthsel, das der geübteste Finanzmann nicht zu lösen vermag.

Es sind gestern wiederum Truppen in die Gegend von Krems abgegangen. Die Bauern wiedersetzen sich dort der Rekrutenaushebung. Das Militär soll sie nun zu Paaren treiben.

15 Wien, 15. Dezember.

Zur Beleuchtung des hier von Windischgrätz und Konsorten befolgten Verfahrens wie der zu Frankfurt vorgebrachten unverschämten Lügen und "schwarzgelben" Bemäntelungen mag folgendes aus vorigem Monat datirende Aktenstück einen Platz finden:

"Es ist mit Genehmigung Sr. Durchlaucht des Herrn Feldmarschalls Fürsten zu Windischgrätz die ex offo Stellung aller paß- und ausweislosen Individuen eingeleitet worden, so fern sie nach ihrer persönlichen Stellung im Staatsverbande mit Rücksicht auf die Rekrutirungsvorschriften der Militär- und Landwehrpflicht unterworfen sind; es wurde aber zugleich befohlen, vorzugsweise diesem Verfahren diejenigen zu unterziehen, welche Mitglieder der akademischen Legion waren, dann jene Individuen des Proletariats, welche sich theils in die Mobilgarde einreihen, theils den National-Garden-Bat. als Kämpfer zuweisen ließen. -- Diese Maßregel ward angeordnet, gleich mit jenen Individuen in Ausführung zu bringen, die von der Militär-Untersuchungs-Kommission theils als unbedenklich, theils als bedenklich entlassen werden oder auch schon entlassen worden sind. -- Weil aber nicht alle diese der Assentirungs-Kommission vorzuführenden Individuen die Tauglichkeit zum Gewehrstande haben, so haben Se. Durchtlaucht befohlen, daß jene unter ihnen, welche diese Eignung nicht haben, für das Fuhrwesen und als Krankenwärter in die Militärspitäler assentirt und abgeführt werden sollen. -- Es sollen aber nach der ausgesprochenen Willensmeinung Sr. Durchlaucht sowohl die zum Fuhrwesen oder als Krankenwärter zu assentirenden, als auch die für den Feuerwehrstand assentirten und aus obangedeuteten Kategorien Auszuhebenden nur für die Armee in Italien abgegeben werden. -- Hiernach wäre das Geeignete zu verfügen, und es wird das k. k. niederösterreichische Generalkommando angegangen, die bereits Assentirten für die in Italien liegenden Truppenkörper zu widmen und dahin zu disponiren u. s. w.

Wien, am 17. November 1848.

Von der Centralkommission der k. k. Stadtkommandantur.

Frank. G. M."

* Wien, 15. Decbr.

Verurtheilung folgt auf Verurtheilung; Beweise sind überflüssig; ein Paar Spione mit ihren Aussagen genügen. Die schönste standrechtliche Erfindung besteht aber im "Zusammentreffen der Umstände", wie abermals aus folgender Kundmachung sich ergiebt:

"Wenzel Blaszek, aus Podiebrad in Böhmen gebürtig, 27 Jahre alt, katholisch, ledig, Schneidergeselle, ist durch Zusammentreffen der Umstände überwiesen, am 27., v. M in einem hiesigen Branntweinhause politische Reden gefährlichen Inhaltes gegen die gesetzliche Ordnung geführt zu haben, welche auf die Anwesenden einen verderblichen Eindruck zu machen geeignet waren. Da aber wegen Herstellung des Beweises die zum Standrecht erforderliche gesetzliche Frist überschritten war, wurde er der ordentlichen kriegsrechtlichen Behandlung unterzogen, und durch Einhelligkeit der Stimmen zu sechswöchentlichem Stockhausarrest in Eisen, unter Verschärfung durch Fasten bei Wasser und Brod einmal in jeder Woche, verurtheilt. Welches Erkenntniß heute kundgemacht und in Vollzug gesetzt worden ist.

Wien, den 14. Dezember 1848."

Ferner ist Karl Pfaul, Fleischhauergeselle, wegen Aeußerungen in einem Gasthause gegen den Kaiser und die "hohe Generalität" zu 8jähriger Schanzarbeit in schweren Eisen verurtheilt worden. Das beliebte "durch Zusammentreffen der Umstände" fehlt diesmal in der offiziellen Kundmachung.

X Breslau, 18. Dez.

(Fernerer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Die gestrige Nachmittagssitzung begann mit einem sehr erfreulichen Faktum. Engelmann präsidirt nicht; statt seiner führt Pfeiffer den Vorsitz, hoffentlich hat dieser gelernt, wie man nicht präsidiren soll.

§. 6 der Vorlage lautet: "Der Oberst muß dem Ehrengerichte unterworfen sein." Walesrode wünscht: "jeder Offizier soll demselben unterworfen sein." Angenommen wurde die Vorlage.

§. 7 der Vorlage bestimmt: "Das angenommene Straf- und Gerichtsverfahren darf den Grundsätzen der Geschwornengerichte nicht widersprechen." Der Satz ist klar, aber "die wächserne Nase des Gesetzes" (Meyer) schauspielert einige Gemeinplätze und wiederholt seine gestrige Rede. Sämmtliche Redner sind einverstanden mit der Vorlage, wenn das Wort "angenommen" gestrichen wird, doch -- gesprochen muß werden; sie haben den politischen Durchfall und wollen ihre Waare rasch los werden. Die Abstimmung ergab das erwartete Resultat.

§. 8 verfügt: "Dienstenthebung oder Aufhebung der Bürgerwehr darf nur durch Kabinetsordre wegen Verweigerung der im §. 1 des Gesetzes der Bürgerwehr auferlegten Pflichten erfolgen."

Massen von Anträgen kommen, jeder bringt seine Waare zu Markte; oft werden nur einzelne, unbedeutende Worte verändert. Salbungsvolle Reden ertönen im Saale, in manchen wird die deutsche Gründlichkeit empfohlen. "Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist," beten die Zuhörer und Referenten; denn wenn diese Gesellschaft noch Gründlichkeit empfiehlt, dann wird sie sicher ganz unergründlich werden.

Viele Redner, besonders Cirves aus Oppeln, sagen es unverholen, die Absicht der Regierung sei, die Bürgerwehr nur aufzulösen, um den beliebten Belagerungszustand zu verhängen. Er stellt den Antrag: "Die Bürgerwehr ist unauflöslich." Mätze sprach sehr energisch für die nämliche Forderung; es stand auch ihre Annahme um so mehr zu erwarten, als Mätze's Rede eine wirklich gediegene zu nennen war. Da bekam eine Minorität Furcht und Zittern, sie rief: "Meine Herren, wenn Sie diesen Antrag annehmen, so proklamiren Sie die Revolution; systematisch suchte diese Minorität durch persönliche Bemerkungen, die Wirkung der Mätze'schen Rede abzuschwächen. Als letztes Rettungsmittel schob sie einen Antrag auf Vertagung der Abstimmung bis morgen vor. Die Majorität ging darauf ein -- damit man sich diesen wichtigen Antrag beschlafen könne!

Abends ergötzte sich die Gesellschaft im Theater. Es wurde das Stück aufgeführt: "Ein Minister aus dem Volke." Bei den Worten: "das Bürgerthum, und nochmal das Bürgerthum, muß herangezogen werden," brach großer Applaus los.

Die "souveräne" Bourgeoisie hatte trotz ihres Beschlafens heute, den 17., noch nicht die Gewißheit, daß die Auflösung beschlossen werden würde, sie trat also nochmals vor und verlangte die nochmalige Debatte, voran als muthiger Kämpfer Walesrode! Der Kongreß ging darauf ein, denn -- man kann ja nicht wissen! Die Anträge überstürzen sich wieder. Als besonderes Curiosum hebe ich folgendes Amendement hervor: "Das Institut der Bürgerwehr ist unauflöslich." Es (das Amendement) rührt her von -- Walesrode. Er hat große Furcht vor der "Anarchie," und meint, sie werde sofort entstehen, wenn man die Bürgerwehren nicht aufheben könnte durch Gesetze. Er klammert sich fortwährend nur an das Wort "Institut." Renitente Bürgerwehren müssen jedoch aufgehoben werden können. So kann man die Bürgerwehren jeder Gemeinde einzeln aufheben. Aber -- das "Institut," die "Idee" ist doch gerettet!! Mänels (Thüringen) Rede war eine Erquickung; sie entwickelte klar, es handle sich hier nur um das Prinzip, und diesem gemäß darf die Bürgerwehr nicht aufgelöst werden. Den Eindruck suchte Walesrode zu vernichten durch allerlei Syllogismen und Trugschlüsse. Die Frage: Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise aufgelöst werden? wurde mit 5 gegen 43 Stimmen verneint. Merkwürdiger Weise und mit seltener Konsequenz stimmte auch Walesrode mit "nein." Die meisten Berliner, die es wahrhaftig an Redseligkeit nicht fehlen ließen, enthielten sich der Abstimmung. Auch die Frage: Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise zeitweise aufgelöst werden? wurde mit 35 gegen 21 Stimmen verneint. Die "wächserne Nase des Rechts," Hr. Meyer, enthielt sich bei allen namentlichen Abstimmungen stets der Abstimmung. Die Frage: "Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise zeitweise ihres Dienstes enthoben werden? wurde mit 46 gegen 5 Stimmen bejaht.

24 Breslau, 16. Dezember.

Er kam heute zu einem Arbeiterauflauf vor'm Ziegelthor, wo sich das Häuschen befindet, in welchem von den städtischen Beamten Arbeitsscheine ausgetheilt werden. Viele Arbeiter drängten sich herzu. Sie wurden von der herbeigerufenen Bürgerwehr, gegen welche einige Steine flogen, durch einen Bajonettangriff zurückgedrängt. Es wurden mehrere Arbeiter bedeutend verwundet. Gegen unbewaffnete Arbeiter zeigte die hiesige Bürgerwehr überhaupt noch jedesmal großen Muth, wenn sie Arbeitern in Uebermacht entgegenstand. Von anderweitigem Muth hat sie bisher aber noch nicht die mindeste Probe abgelegt.

Schweidnitz, 13. Dezember.

An die Direktion des hiesigen Correktionshauses soll höheren Orts die Anfrage ergangen sein, ob Raum da sei, um etwa 100 Tumultuanten unterzubringen. Da aber die Lokalitäten dieses Hauses alle besetzt, ja fast überfüllt sind, so müßte natürlich eine verneinende Antwort erfolgen. Eine schöne Aussicht das, für die zu Versorgenden!

Gestern früh sind 2 Kompagnien des hier garnisonirenden Glatzer Landwehr:Bataillons in die Umgegend von Freiburg marschirt, um, wie es heißt, einigen dortigen Dorfgemeinden die formelle und materielle Ungültigkeit des Steuerverweigerungsbeschlusses praktisch zu insinuiren.

(A. Od.-Ztg.)
* Elbing, 15. Dezember.

Bom Abgeordneten Philipps ist eine Ansprache an seine Wähler erschienen, worin er unter Anderem sagt:

"Nach den Verheißungen, die von der Krone im März gegeben und die ausdrücklich im April von dem zweiten vereinigten Landtage für das Land und Namens desselben acceptirt wurden, sollte Preußen ein konstitutioneller Staat sein. Von diesem Augenblicke an war also die gesetzgebende Gewalt zwischen der Krone und dem Volke getheilt, es war der Anspruch auf diese Gewalt ein Recht des Volkes, und an diesem Rechte mußten seine Vertreter festhalten. Das Ministerium war daher nicht befugt, die Versammlung der Volksvertreter ohne deren Zustimmung zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen.

"Es war daher vollständig konsequent und richtig, Nichts weiter als ein einfaches Festhalten an dem konstitutionellen Prinzip, daß die National-Versammlung diesem Ansinnen keine Folge gab.

"Diejenigen, welche das Verfahren der National-Versammlung am 9. November tadeln, und sagen, das Ministerium -- denn nur zwischen dem verantwortlichen Ministerio und der Versammlung der Volksvertreter wird in einem konstitutionellen Staate der Streit geführt -- habe die Vertagung angeordnet, und deshalb hätte man Folge leisten müssen, die beweisen dadurch, daß sie nicht auf konstitutionellem Boden stehen, sondern daß sie die Wiederherstellung des absoluten Staates wollen. Wenn Jemand di[e]s offen sagt, so ist dies zwar ein, nach meiner Meinung unheilvolles Prinzip, aber es ist dann ein offen ausgesprochener Grundsatz. Wenn er aber sagt, daß er konstitutionell sei, so täuscht er entweder sich oder Andere.

"Was nun das weitere Verfahren nach dem 9. November anbetrifft, so berufe ich mich einfach auf die Autorität des Fürsten Solms, des Marschalls des vereinigten Landtags, den wahrlich Niemand für einen Demokraten halten wird. Er sagt in seiner, in diesen Tagen herausgegebenen kleinen Schrift, "geschichtliche Anmerkungen" betitelt:

"Das Wesen der konstitutionellen Regierungsform ist nicht darin zu finden, daß man künftig nicht mehr von der allgemeinen Ständeversammlung, sondern nur von den Kammern oder der Volksvertretung zu reden hat; der Name thut auch hier wenig zur Sache. Das Wesen dieser Regierungsform liegt vielmehr in dem Rechte der Bewilligung und folglich auch der Verweigerung des jährlich erforderlichen Staatsbedarfs, und in den Folgen, welche aus diesem Recht natürlicher Weise herfließen.

"Man hat der Nationalversammlung den Vorwurf gemacht, sie habe das Verfassungswerk verzögert. Ich bin mit den Arbeiten der verschiedenen Commissionen vermöge der amtlichen Stellung, mit welcher mich die Nationalversammlung beehrt hatte, genau bekannt, und kann daher auch genaue Auskunft darüber geben. Schon während der Arbeiten der Commission, welche den -- größtentheils jetzt in die octroyirte Verfassungs-Urkunde aufgenommenen -- Verfassungsentwurf ausarbeitete, überzeugten sich die Mitglieder derselben, daß es durchaus nothwendig sei, gleichzeitig mit der Verfassung diejenigen Gesetze für das Land in das Leben zu rufen, ohne welche die Verfassung gar nicht auszuführen ist. Bestärkt wurden wir hierin noch durch den Blick in die tiefen Leiden des Volks. Man überzeugte sich, daß es durchaus nothwendig sei, den unglücklichen Verhältnissen des Landmannes, des Handwerkerstandes, der ungerechten und ungleichmäßigen Besteuerung abzuhelfen, daß man eine genaue Einsicht in die Finanz-Verhältnisse sich verschaffen, daß die Gemeindeordnung, als Fundament der Verfassung, dieser vorausgehen müsse u. s. w. Die zu diesem Zweck niedergesetzten Commissionen haben rüstig gearbeitet. Man war in der Berathung der Verfassung es fielen die ersten Schläge gegen das Gebäude der Bevorrechtung. Aber die Versammlung wurde an weiterer Berathung durch Bajonnette gehindert, unsere Arbeiten mögen sogar von den Soldaten bei ihrem Eindringen in das Schauspielhaus zerstört worden sein. Man hat ihnen dieselben wenigstens Preis gegeben Manches ist aber erhalten. Dahin gehört der Bericht der Finanzkommission über den Staatshaushalt, der Bericht der Commission über die Handwerkerverhältnisse u. s. w. Einiges hiervon ist schon im Druck erschienen, Anderes wird später erscheinen.

Bei allen diesen Schritten hat die National-Versammlung nur das Wohl des Volkes im Auge gehabt, nur den Wunsch, dem armen Manne zu helfen."

!!! Frankfurt, 18. Dezember.

Sitzung der National-Versammlung.

Tagesordnung: Präsidentenwahl. Fortsetzung der Berathung über den Entwurf "der Reichstag." (Art. 8, § 20 ff.)

Man schreitet zur Wahl des Präsidenten.

Die Stimmen kommen in sehr schnurriger Weise aus der Urne. Sie sind getheilt in Simson von Königsberg, Kirchgessner und (!) v. Schmerling (!). Dem letzteren geben die Oesterreicher ihre Stimmen

Nach vollendeter Wahl hatte Simson aus Königsberg 181 Stimmen, Kirchgessner 128, und Schmerling 93, Simon aus Breslau 2, v. Trützschler 2, Dahlmann 1.

415 stimmten im Ganzen. Die absolute Majorität beträgt 208. Simson erreichte dieselbe nicht.

Man schreitet zu einer engeren Wahl zwischen Simson und Kirchgessner. Die Spannung ist bei Verlesung der Namen ungemein groß und steige[r]t sich dadurch, daß Kirchgessners (des Kandidaten der Linken) Namen sehr oft ertönt.

Bei vollendeter zweiter Wahl hatte Simson aus Königsberg 215 Stimmen, Kirchgessner 214, v. Soiron 1, v. Schmerling 10. Die absolute Stimmenmehrheit ist 222. Simson hat dieselbe abermals nicht erreicht. Ungeheure Sensation und tumultuose Pause. Man erschöpft sich eine Zeit lang in fruchtlosen Theorien, eine neue und sichere Wahlart zu erfinden, da (obschon unausgesprochen) die Vermuthung entsteht, daß mehr Wahlzetttel aus der Urne hervorgegangen, als Deputirte im Hause sind.

Die Rechte, zumal Hr. v. Vinke, ist innig erbittert. Die Linke spaziert munter im Haus auf und ab. Denken Sie, der Kandidat der Linken hat nur eine Stimme weniger erhalten als der Kandidat der Rechten. Die Oesterreicher haben sich aus Bosheit mit der Linken verbunden.

Endlich genehmigt man eine v. Vinke vorgeschlagene Wahlart durch Namensaufruf. Jeder Abgeordnete muß bei Nennung seines Namens selbst zur Tribüne gehen und seinen Zettel vor den Augen des Bureaus in die Urne werfen.

Man schreitet also zur dritten Wahl. Es macht den komischen Eindruck eines Casperle-Theaters, wie jeder Abgeordnete auf die Tribüne steigt, und wieder verschwindet. Bei dem Namen Engel stürzen beide Engel (es giebt deren 2 im Hause) auf die Tribüne, worauf das Haus ein himmlisches Gelächter erhebt.

Resultat der dritten Wahl: Simson von Königsberg 233 Stimmen; Kirchgessner 223; v. Schmerling 3; verlorene Stimmen 2.

G[e]stimmt haben 461, die absolute Majorität ist 231, Simson von Königsberg übersteigt dieselbe also um 2 Stimmen (!!). Die Wahl eines ersten Vizepräsidenten an Simons Stelle wird bis zum 1. Januar 1849 vertagt. Bis zu Simsons Zurückkunft aus Berlin präsidirt Beseler weiter. Derselbe verliest ein Schreiben des Erzherzogs Johann vom 17. Dezember an die National-Versammlung. Es enthält die offizielle Ernennung Gagerns zum Präsidenten des Ministerraths, Minister des Aeußern und interimistischen Minister des Innern.

Gagern (der Ministerpräsident) legt mit gerührter Stimme und einigen einhüllenden Staatsweisheitsphrasen der Versammlung sein Ministerprogramm vor, er nennt es eine Antwort auf das österreichische Ministerprogramm.

Die vier Punkte desselben, welche unter Tumult und Mißbilligung angehört werden, lauten wörtlich:

1) Bei der Natur der Verbindung Oestreichs mit außerdeutschen Ländern, beschränkt sich für jetzt und während des Provisoriums die Pflicht der Reichsgewalt darauf, das bestehende Bundesverhältniß Oestreichs zu Deutschland im Allgemeinen zu erhalten. Es ist aber das Sonderverhältniß Oestreichs anzuerkennen, wonach es anspricht in den zu errichtenden deutschen Bundesstaat unter Bedingungen, die die staatliche Verbindung der deutschen und nicht deutschen östreichischen Bundestheile alterniren, nicht einzutreten.
2) Oestreich wird also nach den bis jetzt durch die Nationalversammlung gefaßten Beschlüssen, wodurch die Natur des Bundesstaates bestimmt worden ist, als in den zu errichtenden Bundesstaat, nicht eintretend zu betrachten sein.
3) Oestreichs Union-Verhältnisse zu Deutschland mittelst einer besondern Unionsakte zu ordnen und darin all die verwandtschaftlichen, geistigen, politischen und materiellen Bedürfnisse nach Möglichkeit zu befriedigen, welche Deutschland und Oestreich von jeher verbunden habe, und in gesteigertem Maße verbinden können, bleibt der nächsten Zukunft vorbehalten.
4) Da Oestreich zu dem von der provisorischen Centralgewalt repräsentirten Deutschland, zwar in einem unauflöslichem Bunde steht, in den Bundesstaat aber nicht eintritt, so ist die Verständigung über alle gegenseitige, sowohl bereits bestehende als künftige Bundespflichten und Rechte auf gesandschaftlichem Wege einzuleiten und zu unterhalten.
5) Die Verfassung des deutschen Bundesstaates, deren schleunige Beendigung im beiderseitigen Interesse liegt, kann jedoch nicht Gegenstand der Unterhandlung mit Oestreich sein.

Gagern beantragt das Urtheil der Versammlung über dies Programm und demgemäß zuvörderst die Begutachtung desselben durch einen Ausschuß.

Präsident Beseler schlägt hierzu den sogenannten Biedermannschen Ausschuß vor.

Rösler von Oels: In vorliegendem Programm sei Oesterreich als nichtdeutscher Staat betrachtet, es sei also nicht das Verhältniß eines deutschen Staats zur Centralgewalt festzustellen. Dies letztere aber sei die Aufgabe des Biedermannschen Ausschusses; also müßte für die vorliegende Sache ein anderer Ausschuß gewählt werden. Er schlägt den Verfassungsausschuß vor. (Beifall).

Venedey beantragt augenblickliche Verwerfung des Ministerprogramms vom Hause selbst. Deutschland, sagt er, wird durch dasselbe getheilt. (Furchtbarer Beifall von der zur Majorität gewordenen Minorität des Hauses). Wenn das Programm angenommen würde, so will ich keinen Augenblick länger hier sitzen. (Wiederholter lang anhaltender Beifall).

Reitler aus Prag will dem s. g. Oesterreichischen Ausschuß zur Begutachtung dies Programm vorlegen, welches Deutschland wie ein zweites

nochmals solcher Ueberhebungen gegen die Linie zu Schulden kommen lassen, so solle sie durch Verlust der Treffen bestraft werden.“!!

Von den vielversprochenen Segnungen, welche die durch den Belagerungszustand hergestellte „gesetzliche Ruhe und Ordnung“ für Handel und Gewerbe mit sich bringen sollte, verspüren unsere Kaufleute und Kleinhändler bisher noch nichts. Im Gegentheil sind die Klagen über den sehr schlechten Ausfall des Weihnachtsgeschäftes allgemein. Nur die sehr geringe Anzahl von Geschäftszweigen, welche von den vornehmern Almosenempfängern, den Herren Garde-Lieutenants u. s. w. ihren Haupterwerb beziehen, scheinen zu floriren und sind dafür natürlich Hohen und Allerhöchsten Personen sehr dankbar. So hat auch Herr Kranzler, der Hof-Conditor des Prinzen von Preußen und Inhaber des bekannten Lokals an der „politischen Ecke“, seit einigen Tagen wieder den Muth, mit dem am 19. März abgenommenen königl. Wappen zu prangen.

* Berlin, 18. Dez.

Der „Preuß. Staats-Anzeiger“ theilt mit, daß sich die Mitglieder der Oberlandesgerichte zu Ratibor, Bromberg und Münster an den König und resp. den Justizminister mit der Bitte gewandt haben, zu bewirken, daß v. Kirchmann, Gierke und Temme nicht bei ihnen eintreten, sondern daß denselben, wo möglich, ein anderer Wirkungskreis angewiesen werde.

Zugleich druckt das Blättchen die von den reaktionswüthigen Justizleuten an Kirchmann etc. erlassenen Schreiben mit, die zur Genüge beweisen, daß das Volk in seinen Märztagen zu allererst einige Schock Beamte aus den Justizkollegien hätte auf Reisen schicken sollen. Auch folgender Brief ist gar eine üble Illustration der Zustände „mit Gott für König und Junkerschaft“:

„Ew. Hochwohlgeboren haben leider dem Ihnen im Namen der Mitglieder des ersten Senats des Geh. Ober-Tribunals ausgesprochenen Wunsche: sich bis auf Weiteres von den Sitzungen dieses Senats fernzuhalten, nicht Folge geleistet. Dies hat ein Zusammentreten der Mitglieder aller vier Senate des Kollegiums nöthig gemacht, damit wir uns über die nun zu treffenden Maßregeln vereinigten

Wenn ich Ihnen das Ergebniß dieser Besprechung mitzutheilen habe, so meine ich, Sie vor Allem daran erinnern zu müssen, mit welcher kollegialischen Freundlichkeit Sie von uns Allen bei Ihrem früheren Eintritt in das Kollegium aufgenommen worden sind. Sie mögen daran ermessen, in welchem Grade wir eine geänderte Lage der Dinge wichtig zu nehmen uns verpflichtet fühlen, welche uns die Nothwendigkeit einer Auflösung dieses Verhältnisses als unerläßlich erscheinen läßt

In einer anderen Stellung haben Sie sich zu Ansichten bekannt und diese mit Beharrlichkeit durchzuführen gesucht, welche mit den Auffassungen, die wir über Recht, Pflicht und Treue haben und unbedingt festhalten werden, in dem Maße entschieden und schroff im Widerspruche stehen, daß es uns, wie Ihnen, nur auf das Aeußerste peinlich sein könnte, eine Gemeinschaft äußerlich fortzusetzen, die innerlich nicht mehr besteht.

Ich soll Sie daher auf einstimmiges Verlangen sämmtlicher Mitglieder des Kollegiums, mit Ausnahme des nicht zugezogenen Präsidenten Bornemann, dringend auffordern und ersuchen, Ihrerseits Schritte zu thun, welche zur Auflösung dieser Gemeinschaft führen können.

Zu dieser dringenden Aufforderung sind wir aber verpflichtet, nicht allein und nicht hauptsächlich in Rücksicht auf unsere Person, auch nicht blos in Rücksicht auf Sie selbst, sondern vor Allem in Beziehung auf den höchsten Gerichtshof, dem wir angehören. Vor Gott und Menschen sind wir schuldig, mit allen Kräften dafür zu sorgen, daß diesem Gerichtshofe das Vertrauen und die Achtung des Landes erhalten werde. Das wäre aber unmöglich, wenn irgendwie die Vermuthung Anhalt erhielte, daß in demselben Ansichten Eingang oder auch nur Nachsicht gefunden hätten, bei denen man nicht ohne Grund, Recht und Gerechtigkeit, die man in Anspruch nimmt, gefährdet finden würde.

Berlin, den 16. Dezember 1848.

(gez.) Mühler.“

An des Königl. Geheimen Ober-Tribunal-Raths Herrn Dr. Waldeck Hochwohlgeboren.

* Wien, 15. Dezember.

Die Geldnoth geht hier schon ins Unendliche. Nicht allein daß die Einguldennoten schon in 8 Theile zerschnitten werden, es werden auch schon von Privaten Noten zu 10 und 20 Kreuzer ausgegeben. Was für Unheil daraus entstehen muß, wenn Jedermann Papiergeld ausgiebt, ist leicht zu bestimmen. Jeder Kaufmann schreibt auf ein Stück Papier: gut für 10 oder 20 Kreuzer, drückt sein Siegel bei — und giebt diese Zettel seinen Kunden statt Münze. Wie diesen papiernen Wirren abzuhelfen sei, ist ein Räthsel, das der geübteste Finanzmann nicht zu lösen vermag.

Es sind gestern wiederum Truppen in die Gegend von Krems abgegangen. Die Bauern wiedersetzen sich dort der Rekrutenaushebung. Das Militär soll sie nun zu Paaren treiben.

15 Wien, 15. Dezember.

Zur Beleuchtung des hier von Windischgrätz und Konsorten befolgten Verfahrens wie der zu Frankfurt vorgebrachten unverschämten Lügen und „schwarzgelben“ Bemäntelungen mag folgendes aus vorigem Monat datirende Aktenstück einen Platz finden:

„Es ist mit Genehmigung Sr. Durchlaucht des Herrn Feldmarschalls Fürsten zu Windischgrätz die ex offo Stellung aller paß- und ausweislosen Individuen eingeleitet worden, so fern sie nach ihrer persönlichen Stellung im Staatsverbande mit Rücksicht auf die Rekrutirungsvorschriften der Militär- und Landwehrpflicht unterworfen sind; es wurde aber zugleich befohlen, vorzugsweise diesem Verfahren diejenigen zu unterziehen, welche Mitglieder der akademischen Legion waren, dann jene Individuen des Proletariats, welche sich theils in die Mobilgarde einreihen, theils den National-Garden-Bat. als Kämpfer zuweisen ließen. — Diese Maßregel ward angeordnet, gleich mit jenen Individuen in Ausführung zu bringen, die von der Militär-Untersuchungs-Kommission theils als unbedenklich, theils als bedenklich entlassen werden oder auch schon entlassen worden sind. — Weil aber nicht alle diese der Assentirungs-Kommission vorzuführenden Individuen die Tauglichkeit zum Gewehrstande haben, so haben Se. Durchtlaucht befohlen, daß jene unter ihnen, welche diese Eignung nicht haben, für das Fuhrwesen und als Krankenwärter in die Militärspitäler assentirt und abgeführt werden sollen. — Es sollen aber nach der ausgesprochenen Willensmeinung Sr. Durchlaucht sowohl die zum Fuhrwesen oder als Krankenwärter zu assentirenden, als auch die für den Feuerwehrstand assentirten und aus obangedeuteten Kategorien Auszuhebenden nur für die Armee in Italien abgegeben werden. — Hiernach wäre das Geeignete zu verfügen, und es wird das k. k. niederösterreichische Generalkommando angegangen, die bereits Assentirten für die in Italien liegenden Truppenkörper zu widmen und dahin zu disponiren u. s. w.

Wien, am 17. November 1848.

Von der Centralkommission der k. k. Stadtkommandantur.

Frank. G. M.“

* Wien, 15. Decbr.

Verurtheilung folgt auf Verurtheilung; Beweise sind überflüssig; ein Paar Spione mit ihren Aussagen genügen. Die schönste standrechtliche Erfindung besteht aber im „Zusammentreffen der Umstände“, wie abermals aus folgender Kundmachung sich ergiebt:

Wenzel Blaszek, aus Podiebrad in Böhmen gebürtig, 27 Jahre alt, katholisch, ledig, Schneidergeselle, ist durch Zusammentreffen der Umstände überwiesen, am 27., v. M in einem hiesigen Branntweinhause politische Reden gefährlichen Inhaltes gegen die gesetzliche Ordnung geführt zu haben, welche auf die Anwesenden einen verderblichen Eindruck zu machen geeignet waren. Da aber wegen Herstellung des Beweises die zum Standrecht erforderliche gesetzliche Frist überschritten war, wurde er der ordentlichen kriegsrechtlichen Behandlung unterzogen, und durch Einhelligkeit der Stimmen zu sechswöchentlichem Stockhausarrest in Eisen, unter Verschärfung durch Fasten bei Wasser und Brod einmal in jeder Woche, verurtheilt. Welches Erkenntniß heute kundgemacht und in Vollzug gesetzt worden ist.

Wien, den 14. Dezember 1848.“

Ferner ist Karl Pfaul, Fleischhauergeselle, wegen Aeußerungen in einem Gasthause gegen den Kaiser und die „hohe Generalität“ zu 8jähriger Schanzarbeit in schweren Eisen verurtheilt worden. Das beliebte „durch Zusammentreffen der Umstände“ fehlt diesmal in der offiziellen Kundmachung.

X Breslau, 18. Dez.

(Fernerer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Die gestrige Nachmittagssitzung begann mit einem sehr erfreulichen Faktum. Engelmann präsidirt nicht; statt seiner führt Pfeiffer den Vorsitz, hoffentlich hat dieser gelernt, wie man nicht präsidiren soll.

§. 6 der Vorlage lautet: „Der Oberst muß dem Ehrengerichte unterworfen sein.“ Walesrode wünscht: „jeder Offizier soll demselben unterworfen sein.“ Angenommen wurde die Vorlage.

§. 7 der Vorlage bestimmt: „Das angenommene Straf- und Gerichtsverfahren darf den Grundsätzen der Geschwornengerichte nicht widersprechen.“ Der Satz ist klar, aber „die wächserne Nase des Gesetzes“ (Meyer) schauspielert einige Gemeinplätze und wiederholt seine gestrige Rede. Sämmtliche Redner sind einverstanden mit der Vorlage, wenn das Wort „angenommen“ gestrichen wird, doch — gesprochen muß werden; sie haben den politischen Durchfall und wollen ihre Waare rasch los werden. Die Abstimmung ergab das erwartete Resultat.

§. 8 verfügt: „Dienstenthebung oder Aufhebung der Bürgerwehr darf nur durch Kabinetsordre wegen Verweigerung der im §. 1 des Gesetzes der Bürgerwehr auferlegten Pflichten erfolgen.“

Massen von Anträgen kommen, jeder bringt seine Waare zu Markte; oft werden nur einzelne, unbedeutende Worte verändert. Salbungsvolle Reden ertönen im Saale, in manchen wird die deutsche Gründlichkeit empfohlen. „Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist,“ beten die Zuhörer und Referenten; denn wenn diese Gesellschaft noch Gründlichkeit empfiehlt, dann wird sie sicher ganz unergründlich werden.

Viele Redner, besonders Cirves aus Oppeln, sagen es unverholen, die Absicht der Regierung sei, die Bürgerwehr nur aufzulösen, um den beliebten Belagerungszustand zu verhängen. Er stellt den Antrag: „Die Bürgerwehr ist unauflöslich.“ Mätze sprach sehr energisch für die nämliche Forderung; es stand auch ihre Annahme um so mehr zu erwarten, als Mätze's Rede eine wirklich gediegene zu nennen war. Da bekam eine Minorität Furcht und Zittern, sie rief: „Meine Herren, wenn Sie diesen Antrag annehmen, so proklamiren Sie die Revolution; systematisch suchte diese Minorität durch persönliche Bemerkungen, die Wirkung der Mätze'schen Rede abzuschwächen. Als letztes Rettungsmittel schob sie einen Antrag auf Vertagung der Abstimmung bis morgen vor. Die Majorität ging darauf ein — damit man sich diesen wichtigen Antrag beschlafen könne!

Abends ergötzte sich die Gesellschaft im Theater. Es wurde das Stück aufgeführt: „Ein Minister aus dem Volke.“ Bei den Worten: „das Bürgerthum, und nochmal das Bürgerthum, muß herangezogen werden,“ brach großer Applaus los.

Die „souveräne“ Bourgeoisie hatte trotz ihres Beschlafens heute, den 17., noch nicht die Gewißheit, daß die Auflösung beschlossen werden würde, sie trat also nochmals vor und verlangte die nochmalige Debatte, voran als muthiger Kämpfer Walesrode! Der Kongreß ging darauf ein, denn — man kann ja nicht wissen! Die Anträge überstürzen sich wieder. Als besonderes Curiosum hebe ich folgendes Amendement hervor: „Das Institut der Bürgerwehr ist unauflöslich.“ Es (das Amendement) rührt her von — Walesrode. Er hat große Furcht vor der „Anarchie,“ und meint, sie werde sofort entstehen, wenn man die Bürgerwehren nicht aufheben könnte durch Gesetze. Er klammert sich fortwährend nur an das Wort „Institut.“ Renitente Bürgerwehren müssen jedoch aufgehoben werden können. So kann man die Bürgerwehren jeder Gemeinde einzeln aufheben. Aber — das „Institut,“ die „Idee“ ist doch gerettet!! Mänels (Thüringen) Rede war eine Erquickung; sie entwickelte klar, es handle sich hier nur um das Prinzip, und diesem gemäß darf die Bürgerwehr nicht aufgelöst werden. Den Eindruck suchte Walesrode zu vernichten durch allerlei Syllogismen und Trugschlüsse. Die Frage: Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise aufgelöst werden? wurde mit 5 gegen 43 Stimmen verneint. Merkwürdiger Weise und mit seltener Konsequenz stimmte auch Walesrode mit „nein.“ Die meisten Berliner, die es wahrhaftig an Redseligkeit nicht fehlen ließen, enthielten sich der Abstimmung. Auch die Frage: Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise zeitweise aufgelöst werden? wurde mit 35 gegen 21 Stimmen verneint. Die „wächserne Nase des Rechts,“ Hr. Meyer, enthielt sich bei allen namentlichen Abstimmungen stets der Abstimmung. Die Frage: „Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise zeitweise ihres Dienstes enthoben werden? wurde mit 46 gegen 5 Stimmen bejaht.

24 Breslau, 16. Dezember.

Er kam heute zu einem Arbeiterauflauf vor'm Ziegelthor, wo sich das Häuschen befindet, in welchem von den städtischen Beamten Arbeitsscheine ausgetheilt werden. Viele Arbeiter drängten sich herzu. Sie wurden von der herbeigerufenen Bürgerwehr, gegen welche einige Steine flogen, durch einen Bajonettangriff zurückgedrängt. Es wurden mehrere Arbeiter bedeutend verwundet. Gegen unbewaffnete Arbeiter zeigte die hiesige Bürgerwehr überhaupt noch jedesmal großen Muth, wenn sie Arbeitern in Uebermacht entgegenstand. Von anderweitigem Muth hat sie bisher aber noch nicht die mindeste Probe abgelegt.

Schweidnitz, 13. Dezember.

An die Direktion des hiesigen Correktionshauses soll höheren Orts die Anfrage ergangen sein, ob Raum da sei, um etwa 100 Tumultuanten unterzubringen. Da aber die Lokalitäten dieses Hauses alle besetzt, ja fast überfüllt sind, so müßte natürlich eine verneinende Antwort erfolgen. Eine schöne Aussicht das, für die zu Versorgenden!

Gestern früh sind 2 Kompagnien des hier garnisonirenden Glatzer Landwehr:Bataillons in die Umgegend von Freiburg marschirt, um, wie es heißt, einigen dortigen Dorfgemeinden die formelle und materielle Ungültigkeit des Steuerverweigerungsbeschlusses praktisch zu insinuiren.

(A. Od.-Ztg.)
* Elbing, 15. Dezember.

Bom Abgeordneten Philipps ist eine Ansprache an seine Wähler erschienen, worin er unter Anderem sagt:

„Nach den Verheißungen, die von der Krone im März gegeben und die ausdrücklich im April von dem zweiten vereinigten Landtage für das Land und Namens desselben acceptirt wurden, sollte Preußen ein konstitutioneller Staat sein. Von diesem Augenblicke an war also die gesetzgebende Gewalt zwischen der Krone und dem Volke getheilt, es war der Anspruch auf diese Gewalt ein Recht des Volkes, und an diesem Rechte mußten seine Vertreter festhalten. Das Ministerium war daher nicht befugt, die Versammlung der Volksvertreter ohne deren Zustimmung zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen.

„Es war daher vollständig konsequent und richtig, Nichts weiter als ein einfaches Festhalten an dem konstitutionellen Prinzip, daß die National-Versammlung diesem Ansinnen keine Folge gab.

„Diejenigen, welche das Verfahren der National-Versammlung am 9. November tadeln, und sagen, das Ministerium — denn nur zwischen dem verantwortlichen Ministerio und der Versammlung der Volksvertreter wird in einem konstitutionellen Staate der Streit geführt — habe die Vertagung angeordnet, und deshalb hätte man Folge leisten müssen, die beweisen dadurch, daß sie nicht auf konstitutionellem Boden stehen, sondern daß sie die Wiederherstellung des absoluten Staates wollen. Wenn Jemand di[e]s offen sagt, so ist dies zwar ein, nach meiner Meinung unheilvolles Prinzip, aber es ist dann ein offen ausgesprochener Grundsatz. Wenn er aber sagt, daß er konstitutionell sei, so täuscht er entweder sich oder Andere.

„Was nun das weitere Verfahren nach dem 9. November anbetrifft, so berufe ich mich einfach auf die Autorität des Fürsten Solms, des Marschalls des vereinigten Landtags, den wahrlich Niemand für einen Demokraten halten wird. Er sagt in seiner, in diesen Tagen herausgegebenen kleinen Schrift, „geschichtliche Anmerkungen“ betitelt:

„Das Wesen der konstitutionellen Regierungsform ist nicht darin zu finden, daß man künftig nicht mehr von der allgemeinen Ständeversammlung, sondern nur von den Kammern oder der Volksvertretung zu reden hat; der Name thut auch hier wenig zur Sache. Das Wesen dieser Regierungsform liegt vielmehr in dem Rechte der Bewilligung und folglich auch der Verweigerung des jährlich erforderlichen Staatsbedarfs, und in den Folgen, welche aus diesem Recht natürlicher Weise herfließen.

„Man hat der Nationalversammlung den Vorwurf gemacht, sie habe das Verfassungswerk verzögert. Ich bin mit den Arbeiten der verschiedenen Commissionen vermöge der amtlichen Stellung, mit welcher mich die Nationalversammlung beehrt hatte, genau bekannt, und kann daher auch genaue Auskunft darüber geben. Schon während der Arbeiten der Commission, welche den — größtentheils jetzt in die octroyirte Verfassungs-Urkunde aufgenommenen — Verfassungsentwurf ausarbeitete, überzeugten sich die Mitglieder derselben, daß es durchaus nothwendig sei, gleichzeitig mit der Verfassung diejenigen Gesetze für das Land in das Leben zu rufen, ohne welche die Verfassung gar nicht auszuführen ist. Bestärkt wurden wir hierin noch durch den Blick in die tiefen Leiden des Volks. Man überzeugte sich, daß es durchaus nothwendig sei, den unglücklichen Verhältnissen des Landmannes, des Handwerkerstandes, der ungerechten und ungleichmäßigen Besteuerung abzuhelfen, daß man eine genaue Einsicht in die Finanz-Verhältnisse sich verschaffen, daß die Gemeindeordnung, als Fundament der Verfassung, dieser vorausgehen müsse u. s. w. Die zu diesem Zweck niedergesetzten Commissionen haben rüstig gearbeitet. Man war in der Berathung der Verfassung es fielen die ersten Schläge gegen das Gebäude der Bevorrechtung. Aber die Versammlung wurde an weiterer Berathung durch Bajonnette gehindert, unsere Arbeiten mögen sogar von den Soldaten bei ihrem Eindringen in das Schauspielhaus zerstört worden sein. Man hat ihnen dieselben wenigstens Preis gegeben Manches ist aber erhalten. Dahin gehört der Bericht der Finanzkommission über den Staatshaushalt, der Bericht der Commission über die Handwerkerverhältnisse u. s. w. Einiges hiervon ist schon im Druck erschienen, Anderes wird später erscheinen.

Bei allen diesen Schritten hat die National-Versammlung nur das Wohl des Volkes im Auge gehabt, nur den Wunsch, dem armen Manne zu helfen.“

!!! Frankfurt, 18. Dezember.

Sitzung der National-Versammlung.

Tagesordnung: Präsidentenwahl. Fortsetzung der Berathung über den Entwurf „der Reichstag.“ (Art. 8, § 20 ff.)

Man schreitet zur Wahl des Präsidenten.

Die Stimmen kommen in sehr schnurriger Weise aus der Urne. Sie sind getheilt in Simson von Königsberg, Kirchgessner und (!) v. Schmerling (!). Dem letzteren geben die Oesterreicher ihre Stimmen

Nach vollendeter Wahl hatte Simson aus Königsberg 181 Stimmen, Kirchgessner 128, und Schmerling 93, Simon aus Breslau 2, v. Trützschler 2, Dahlmann 1.

415 stimmten im Ganzen. Die absolute Majorität beträgt 208. Simson erreichte dieselbe nicht.

Man schreitet zu einer engeren Wahl zwischen Simson und Kirchgessner. Die Spannung ist bei Verlesung der Namen ungemein groß und steige[r]t sich dadurch, daß Kirchgessners (des Kandidaten der Linken) Namen sehr oft ertönt.

Bei vollendeter zweiter Wahl hatte Simson aus Königsberg 215 Stimmen, Kirchgessner 214, v. Soiron 1, v. Schmerling 10. Die absolute Stimmenmehrheit ist 222. Simson hat dieselbe abermals nicht erreicht. Ungeheure Sensation und tumultuose Pause. Man erschöpft sich eine Zeit lang in fruchtlosen Theorien, eine neue und sichere Wahlart zu erfinden, da (obschon unausgesprochen) die Vermuthung entsteht, daß mehr Wahlzetttel aus der Urne hervorgegangen, als Deputirte im Hause sind.

Die Rechte, zumal Hr. v. Vinke, ist innig erbittert. Die Linke spaziert munter im Haus auf und ab. Denken Sie, der Kandidat der Linken hat nur eine Stimme weniger erhalten als der Kandidat der Rechten. Die Oesterreicher haben sich aus Bosheit mit der Linken verbunden.

Endlich genehmigt man eine v. Vinke vorgeschlagene Wahlart durch Namensaufruf. Jeder Abgeordnete muß bei Nennung seines Namens selbst zur Tribüne gehen und seinen Zettel vor den Augen des Bureaus in die Urne werfen.

Man schreitet also zur dritten Wahl. Es macht den komischen Eindruck eines Casperle-Theaters, wie jeder Abgeordnete auf die Tribüne steigt, und wieder verschwindet. Bei dem Namen Engel stürzen beide Engel (es giebt deren 2 im Hause) auf die Tribüne, worauf das Haus ein himmlisches Gelächter erhebt.

Resultat der dritten Wahl: Simson von Königsberg 233 Stimmen; Kirchgessner 223; v. Schmerling 3; verlorene Stimmen 2.

G[e]stimmt haben 461, die absolute Majorität ist 231, Simson von Königsberg übersteigt dieselbe also um 2 Stimmen (!!). Die Wahl eines ersten Vizepräsidenten an Simons Stelle wird bis zum 1. Januar 1849 vertagt. Bis zu Simsons Zurückkunft aus Berlin präsidirt Beseler weiter. Derselbe verliest ein Schreiben des Erzherzogs Johann vom 17. Dezember an die National-Versammlung. Es enthält die offizielle Ernennung Gagerns zum Präsidenten des Ministerraths, Minister des Aeußern und interimistischen Minister des Innern.

Gagern (der Ministerpräsident) legt mit gerührter Stimme und einigen einhüllenden Staatsweisheitsphrasen der Versammlung sein Ministerprogramm vor, er nennt es eine Antwort auf das österreichische Ministerprogramm.

Die vier Punkte desselben, welche unter Tumult und Mißbilligung angehört werden, lauten wörtlich:

1) Bei der Natur der Verbindung Oestreichs mit außerdeutschen Ländern, beschränkt sich für jetzt und während des Provisoriums die Pflicht der Reichsgewalt darauf, das bestehende Bundesverhältniß Oestreichs zu Deutschland im Allgemeinen zu erhalten. Es ist aber das Sonderverhältniß Oestreichs anzuerkennen, wonach es anspricht in den zu errichtenden deutschen Bundesstaat unter Bedingungen, die die staatliche Verbindung der deutschen und nicht deutschen östreichischen Bundestheile alterniren, nicht einzutreten.
2) Oestreich wird also nach den bis jetzt durch die Nationalversammlung gefaßten Beschlüssen, wodurch die Natur des Bundesstaates bestimmt worden ist, als in den zu errichtenden Bundesstaat, nicht eintretend zu betrachten sein.
3) Oestreichs Union-Verhältnisse zu Deutschland mittelst einer besondern Unionsakte zu ordnen und darin all die verwandtschaftlichen, geistigen, politischen und materiellen Bedürfnisse nach Möglichkeit zu befriedigen, welche Deutschland und Oestreich von jeher verbunden habe, und in gesteigertem Maße verbinden können, bleibt der nächsten Zukunft vorbehalten.
4) Da Oestreich zu dem von der provisorischen Centralgewalt repräsentirten Deutschland, zwar in einem unauflöslichem Bunde steht, in den Bundesstaat aber nicht eintritt, so ist die Verständigung über alle gegenseitige, sowohl bereits bestehende als künftige Bundespflichten und Rechte auf gesandschaftlichem Wege einzuleiten und zu unterhalten.
5) Die Verfassung des deutschen Bundesstaates, deren schleunige Beendigung im beiderseitigen Interesse liegt, kann jedoch nicht Gegenstand der Unterhandlung mit Oestreich sein.

Gagern beantragt das Urtheil der Versammlung über dies Programm und demgemäß zuvörderst die Begutachtung desselben durch einen Ausschuß.

Präsident Beseler schlägt hierzu den sogenannten Biedermannschen Ausschuß vor.

Rösler von Oels: In vorliegendem Programm sei Oesterreich als nichtdeutscher Staat betrachtet, es sei also nicht das Verhältniß eines deutschen Staats zur Centralgewalt festzustellen. Dies letztere aber sei die Aufgabe des Biedermannschen Ausschusses; also müßte für die vorliegende Sache ein anderer Ausschuß gewählt werden. Er schlägt den Verfassungsausschuß vor. (Beifall).

Venedey beantragt augenblickliche Verwerfung des Ministerprogramms vom Hause selbst. Deutschland, sagt er, wird durch dasselbe getheilt. (Furchtbarer Beifall von der zur Majorität gewordenen Minorität des Hauses). Wenn das Programm angenommen würde, so will ich keinen Augenblick länger hier sitzen. (Wiederholter lang anhaltender Beifall).

Reitler aus Prag will dem s. g. Oesterreichischen Ausschuß zur Begutachtung dies Programm vorlegen, welches Deutschland wie ein zweites

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          <p><pb facs="#f0002" n="0938"/>
nochmals solcher Ueberhebungen gegen die Linie zu Schulden kommen lassen, so solle sie durch Verlust der Treffen bestraft werden.&#x201C;!!</p>
          <p>Von den vielversprochenen Segnungen, welche die durch den Belagerungszustand hergestellte &#x201E;gesetzliche Ruhe und Ordnung&#x201C; für Handel und Gewerbe mit sich bringen sollte, verspüren unsere Kaufleute und Kleinhändler bisher noch nichts. Im Gegentheil sind die Klagen über den sehr schlechten Ausfall des Weihnachtsgeschäftes allgemein. Nur die sehr geringe Anzahl von Geschäftszweigen, welche von den vornehmern Almosenempfängern, den Herren Garde-Lieutenants u. s. w. ihren Haupterwerb beziehen, scheinen zu floriren und sind dafür natürlich Hohen und Allerhöchsten Personen sehr dankbar. So hat auch Herr <hi rendition="#g">Kranzler,</hi> der Hof-Conditor des Prinzen von Preußen und Inhaber des bekannten Lokals an der &#x201E;politischen Ecke&#x201C;, seit einigen Tagen wieder den Muth, mit dem am 19. März abgenommenen königl. Wappen zu prangen.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 18. Dez.</head>
          <p>Der &#x201E;Preuß. Staats-Anzeiger&#x201C; theilt mit, daß sich die Mitglieder der Oberlandesgerichte zu Ratibor, Bromberg und Münster an den König und resp. den Justizminister mit der Bitte gewandt haben, zu bewirken, daß v. Kirchmann, Gierke und Temme nicht bei ihnen eintreten, sondern daß denselben, <hi rendition="#g">wo möglich,</hi> ein anderer Wirkungskreis angewiesen werde.</p>
          <p>Zugleich druckt <hi rendition="#g">das</hi> Blättchen die von den reaktionswüthigen Justizleuten an Kirchmann etc. erlassenen Schreiben mit, die zur Genüge beweisen, daß das Volk in seinen Märztagen zu allererst einige Schock Beamte aus den Justizkollegien hätte auf Reisen schicken sollen. Auch folgender Brief ist gar eine üble Illustration der Zustände &#x201E;mit Gott für König und Junkerschaft&#x201C;:</p>
          <p>&#x201E;Ew. Hochwohlgeboren haben leider dem Ihnen im Namen der Mitglieder des ersten Senats des Geh. Ober-Tribunals ausgesprochenen Wunsche: <hi rendition="#et">sich bis auf Weiteres von den Sitzungen dieses Senats fernzuhalten,</hi> nicht Folge geleistet. Dies hat ein Zusammentreten der Mitglieder aller vier Senate des Kollegiums nöthig gemacht, damit wir uns über die nun zu treffenden Maßregeln vereinigten</p>
          <p>Wenn ich Ihnen das Ergebniß dieser Besprechung mitzutheilen habe, so meine ich, Sie vor Allem daran erinnern zu müssen, mit welcher kollegialischen Freundlichkeit Sie von uns Allen bei Ihrem früheren Eintritt in das Kollegium aufgenommen worden sind. Sie mögen daran ermessen, in welchem Grade wir eine geänderte Lage der Dinge wichtig zu nehmen uns verpflichtet fühlen, welche uns die Nothwendigkeit einer Auflösung dieses Verhältnisses als unerläßlich erscheinen läßt</p>
          <p>In einer anderen Stellung haben Sie sich zu Ansichten bekannt und diese mit Beharrlichkeit durchzuführen gesucht, welche mit den Auffassungen, die wir über Recht, Pflicht und Treue haben und unbedingt festhalten werden, in dem Maße entschieden und schroff im Widerspruche stehen, daß es uns, wie Ihnen, nur auf das Aeußerste peinlich sein könnte, eine Gemeinschaft äußerlich fortzusetzen, die innerlich nicht mehr besteht.</p>
          <p>Ich soll Sie daher auf einstimmiges Verlangen sämmtlicher Mitglieder des Kollegiums, mit Ausnahme des nicht zugezogenen Präsidenten Bornemann, dringend auffordern und ersuchen, Ihrerseits Schritte zu thun, welche zur Auflösung dieser Gemeinschaft führen können.</p>
          <p>Zu dieser dringenden Aufforderung sind wir aber verpflichtet, nicht allein und nicht hauptsächlich in Rücksicht auf unsere Person, auch nicht blos in Rücksicht auf Sie selbst, sondern vor Allem in Beziehung auf den höchsten Gerichtshof, dem wir angehören. Vor Gott und Menschen sind wir schuldig, mit allen Kräften dafür zu sorgen, daß diesem Gerichtshofe das Vertrauen und die Achtung des Landes erhalten werde. Das wäre aber unmöglich, wenn irgendwie die Vermuthung Anhalt erhielte, daß in demselben Ansichten Eingang oder auch nur Nachsicht gefunden hätten, bei denen man nicht ohne Grund, Recht und Gerechtigkeit, die man in Anspruch nimmt, gefährdet finden würde.</p>
          <p>Berlin, den 16. Dezember 1848.</p>
          <p>(gez.) <hi rendition="#g">Mühler</hi>.&#x201C;</p>
          <p>An des Königl. Geheimen Ober-Tribunal-Raths Herrn Dr. <hi rendition="#g">Waldeck</hi> Hochwohlgeboren.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar174_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 15. Dezember.</head>
          <p>Die Geldnoth geht hier schon ins Unendliche. Nicht allein daß die Einguldennoten schon in 8 Theile zerschnitten werden, es werden auch schon von Privaten Noten zu 10 und 20 Kreuzer ausgegeben. Was für Unheil daraus entstehen muß, wenn Jedermann Papiergeld ausgiebt, ist leicht zu bestimmen. Jeder Kaufmann schreibt auf ein Stück Papier: gut für 10 oder 20 Kreuzer, drückt sein Siegel bei &#x2014; und giebt diese Zettel seinen Kunden statt Münze. Wie diesen papiernen Wirren abzuhelfen sei, ist ein Räthsel, das der geübteste Finanzmann nicht zu lösen vermag.</p>
          <p>Es sind gestern wiederum Truppen in die Gegend von <hi rendition="#g">Krems</hi> abgegangen. Die Bauern wiedersetzen sich dort der Rekrutenaushebung. Das Militär soll sie nun zu Paaren treiben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar174_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Wien, 15. Dezember.</head>
          <p>Zur Beleuchtung des hier von Windischgrätz und Konsorten befolgten Verfahrens wie der zu Frankfurt vorgebrachten unverschämten Lügen und &#x201E;schwarzgelben&#x201C; Bemäntelungen mag folgendes aus vorigem Monat datirende Aktenstück einen Platz finden:</p>
          <p>&#x201E;Es ist mit Genehmigung Sr. Durchlaucht des Herrn Feldmarschalls Fürsten zu Windischgrätz die ex offo Stellung aller paß- und ausweislosen Individuen eingeleitet worden, so fern sie nach ihrer persönlichen Stellung im Staatsverbande mit Rücksicht auf die Rekrutirungsvorschriften der Militär- und Landwehrpflicht unterworfen sind; es wurde aber zugleich befohlen, vorzugsweise diesem Verfahren diejenigen zu unterziehen, welche Mitglieder der akademischen Legion waren, dann jene Individuen des Proletariats, welche sich theils in die Mobilgarde einreihen, theils den National-Garden-Bat. als Kämpfer zuweisen ließen. &#x2014; Diese Maßregel ward angeordnet, gleich mit jenen Individuen in Ausführung zu bringen, die von der Militär-Untersuchungs-Kommission theils als <hi rendition="#g">unbedenklich,</hi> theils als bedenklich entlassen werden oder auch schon entlassen worden sind. &#x2014; Weil aber nicht alle diese der Assentirungs-Kommission vorzuführenden Individuen die Tauglichkeit zum Gewehrstande haben, so haben Se. Durchtlaucht befohlen, daß jene unter ihnen, welche diese Eignung nicht haben, für das Fuhrwesen und als <hi rendition="#g">Krankenwärter</hi> in die Militärspitäler assentirt und abgeführt werden sollen. &#x2014; Es sollen aber nach der ausgesprochenen Willensmeinung Sr. Durchlaucht sowohl die zum Fuhrwesen oder als Krankenwärter zu assentirenden, als auch die für den Feuerwehrstand assentirten und aus obangedeuteten Kategorien Auszuhebenden nur für die Armee in Italien abgegeben werden. &#x2014; Hiernach wäre das Geeignete zu verfügen, und es wird das k. k. niederösterreichische Generalkommando angegangen, die bereits Assentirten für die in Italien liegenden Truppenkörper zu widmen und dahin zu disponiren u. s. w.</p>
          <p>Wien, am 17. November 1848.</p>
          <p>Von der Centralkommission der k. k. Stadtkommandantur.</p>
          <p>Frank. G. M.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar174_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 15. Decbr.</head>
          <p>Verurtheilung folgt auf Verurtheilung; Beweise sind überflüssig; ein Paar Spione mit ihren Aussagen genügen. Die schönste standrechtliche Erfindung besteht aber im &#x201E;Zusammentreffen der Umstände&#x201C;, wie abermals aus folgender Kundmachung sich ergiebt:</p>
          <p>&#x201E;<hi rendition="#g">Wenzel Blaszek,</hi> aus Podiebrad in Böhmen gebürtig, 27 Jahre alt, katholisch, ledig, Schneidergeselle, ist durch Zusammentreffen der Umstände überwiesen, am 27., v. M in einem hiesigen Branntweinhause politische Reden gefährlichen Inhaltes gegen die gesetzliche Ordnung geführt zu haben, welche auf die Anwesenden einen verderblichen Eindruck zu machen geeignet waren. Da aber wegen Herstellung des Beweises die zum Standrecht erforderliche gesetzliche Frist überschritten war, wurde er der ordentlichen kriegsrechtlichen Behandlung unterzogen, und durch Einhelligkeit der Stimmen zu sechswöchentlichem Stockhausarrest in Eisen, unter Verschärfung durch Fasten bei Wasser und Brod einmal in jeder Woche, verurtheilt. Welches Erkenntniß heute kundgemacht und in Vollzug gesetzt worden ist.</p>
          <p>Wien, den 14. Dezember 1848.&#x201C;</p>
          <p>Ferner ist <hi rendition="#g">Karl Pfaul,</hi> Fleischhauergeselle, wegen Aeußerungen in einem Gasthause gegen den Kaiser und die &#x201E;hohe Generalität&#x201C; zu 8<hi rendition="#g">jähriger Schanzarbeit</hi> in schweren Eisen verurtheilt worden. Das beliebte &#x201E;durch Zusammentreffen der Umstände&#x201C; fehlt diesmal in der offiziellen Kundmachung.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>X</author></bibl> Breslau, 18. Dez.</head>
          <p>(Fernerer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Die gestrige Nachmittagssitzung begann mit einem sehr erfreulichen Faktum. Engelmann präsidirt nicht; statt seiner führt Pfeiffer den Vorsitz, hoffentlich hat dieser gelernt, wie man <hi rendition="#g">nicht</hi> präsidiren soll.</p>
          <p>§. 6 der Vorlage lautet: &#x201E;Der Oberst muß dem Ehrengerichte unterworfen sein.&#x201C; Walesrode wünscht: &#x201E;jeder Offizier soll demselben unterworfen sein.&#x201C; Angenommen wurde die Vorlage.</p>
          <p>§. 7 der Vorlage bestimmt: &#x201E;Das angenommene Straf- und Gerichtsverfahren darf den Grundsätzen der Geschwornengerichte nicht widersprechen.&#x201C; Der Satz ist klar, aber &#x201E;die wächserne Nase des Gesetzes&#x201C; (Meyer) schauspielert einige Gemeinplätze und wiederholt seine gestrige Rede. Sämmtliche Redner sind einverstanden mit der Vorlage, wenn das Wort &#x201E;angenommen&#x201C; gestrichen wird, doch &#x2014; gesprochen muß werden; sie haben den politischen Durchfall und wollen ihre Waare rasch los werden. Die Abstimmung ergab das erwartete Resultat.</p>
          <p>§. 8 verfügt: &#x201E;Dienstenthebung oder Aufhebung der Bürgerwehr darf nur durch Kabinetsordre wegen Verweigerung der im §. 1 des Gesetzes der Bürgerwehr auferlegten Pflichten erfolgen.&#x201C;</p>
          <p>Massen von Anträgen kommen, jeder bringt seine Waare zu Markte; oft werden nur einzelne, unbedeutende Worte verändert. Salbungsvolle Reden ertönen im Saale, in manchen wird die deutsche Gründlichkeit empfohlen. &#x201E;Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist,&#x201C; beten die Zuhörer und Referenten; denn wenn diese Gesellschaft noch Gründlichkeit empfiehlt, dann wird sie sicher ganz unergründlich werden.</p>
          <p>Viele Redner, besonders Cirves aus Oppeln, sagen es unverholen, die Absicht der Regierung sei, die Bürgerwehr nur aufzulösen, um den beliebten Belagerungszustand zu verhängen. Er stellt den Antrag: &#x201E;Die Bürgerwehr ist unauflöslich.&#x201C; Mätze sprach sehr energisch für die nämliche Forderung; es stand auch ihre Annahme um so mehr zu erwarten, als Mätze's Rede eine wirklich gediegene zu nennen war. Da bekam eine Minorität Furcht und Zittern, sie rief: &#x201E;Meine Herren, wenn Sie diesen Antrag annehmen, so proklamiren Sie die Revolution; systematisch suchte diese Minorität durch persönliche Bemerkungen, die Wirkung der Mätze'schen Rede abzuschwächen. Als letztes Rettungsmittel schob sie einen Antrag auf Vertagung der Abstimmung bis morgen vor. Die Majorität ging darauf ein &#x2014; damit man sich diesen wichtigen Antrag beschlafen könne!</p>
          <p>Abends ergötzte sich die Gesellschaft im Theater. Es wurde das Stück aufgeführt: &#x201E;Ein Minister aus dem Volke.&#x201C; Bei den Worten: &#x201E;das Bürgerthum, und nochmal das Bürgerthum, muß herangezogen werden,&#x201C; brach großer Applaus los.</p>
          <p>Die &#x201E;souveräne&#x201C; Bourgeoisie hatte trotz ihres Beschlafens heute, den 17., noch nicht die Gewißheit, daß die Auflösung beschlossen werden würde, sie trat also nochmals vor und verlangte die nochmalige Debatte, voran als muthiger Kämpfer Walesrode! Der Kongreß ging darauf ein, denn &#x2014; man kann ja nicht wissen! Die Anträge überstürzen sich wieder. Als besonderes Curiosum hebe ich folgendes Amendement hervor: &#x201E;Das Institut der Bürgerwehr ist unauflöslich.&#x201C; Es (das Amendement) rührt her von &#x2014; Walesrode. Er hat große Furcht vor der &#x201E;Anarchie,&#x201C; und meint, sie werde sofort entstehen, wenn man die Bürgerwehren nicht aufheben könnte durch Gesetze. Er klammert sich fortwährend nur an das Wort &#x201E;Institut.&#x201C; Renitente Bürgerwehren müssen jedoch aufgehoben werden können. So kann man die Bürgerwehren jeder Gemeinde einzeln aufheben. Aber &#x2014; das &#x201E;Institut,&#x201C; die &#x201E;<hi rendition="#g">Idee</hi>&#x201C; ist doch gerettet!! Mänels (Thüringen) Rede war eine Erquickung; sie entwickelte klar, es handle sich hier nur um das Prinzip, und diesem gemäß darf die Bürgerwehr nicht aufgelöst werden. Den Eindruck suchte Walesrode zu vernichten durch allerlei Syllogismen und Trugschlüsse. Die Frage: Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise aufgelöst werden? wurde mit 5 gegen 43 Stimmen verneint. Merkwürdiger Weise und mit seltener Konsequenz stimmte auch Walesrode mit &#x201E;nein.&#x201C; Die meisten Berliner, die es wahrhaftig an Redseligkeit nicht fehlen ließen, enthielten sich der Abstimmung. Auch die Frage: Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise zeitweise aufgelöst werden? wurde mit 35 gegen 21 Stimmen verneint. Die &#x201E;wächserne Nase des Rechts,&#x201C; Hr. Meyer, enthielt sich bei allen namentlichen Abstimmungen stets der Abstimmung. Die Frage: &#x201E;Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise zeitweise ihres Dienstes enthoben werden? wurde mit 46 gegen 5 Stimmen bejaht.</p>
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          <p>Er kam heute zu einem Arbeiterauflauf vor'm Ziegelthor, wo sich das Häuschen befindet, in welchem von den städtischen Beamten Arbeitsscheine ausgetheilt werden. Viele Arbeiter drängten sich herzu. Sie wurden von der herbeigerufenen Bürgerwehr, gegen welche einige Steine flogen, durch einen Bajonettangriff zurückgedrängt. Es wurden mehrere Arbeiter bedeutend verwundet. Gegen unbewaffnete Arbeiter zeigte die hiesige Bürgerwehr überhaupt noch jedesmal großen Muth, wenn sie Arbeitern in Uebermacht entgegenstand. Von anderweitigem Muth hat sie bisher aber noch nicht die mindeste Probe abgelegt.</p>
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        <div xml:id="ar174_011" type="jArticle">
          <head>Schweidnitz, 13. Dezember.</head>
          <p>An die Direktion des hiesigen Correktionshauses soll höheren Orts die Anfrage ergangen sein, ob Raum da sei, um etwa 100 Tumultuanten unterzubringen. Da aber die Lokalitäten dieses Hauses alle besetzt, ja fast überfüllt sind, so müßte natürlich eine verneinende Antwort erfolgen. Eine schöne Aussicht das, für die zu Versorgenden!</p>
          <p>Gestern früh sind 2 Kompagnien des hier garnisonirenden Glatzer Landwehr:Bataillons in die Umgegend von Freiburg marschirt, um, wie es heißt, einigen dortigen Dorfgemeinden die formelle und materielle Ungültigkeit des Steuerverweigerungsbeschlusses praktisch zu insinuiren.</p>
          <bibl>(A. Od.-Ztg.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar174_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Elbing, 15. Dezember.</head>
          <p>Bom Abgeordneten <hi rendition="#g">Philipps</hi> ist eine Ansprache an seine Wähler erschienen, worin er unter Anderem sagt:</p>
          <p>&#x201E;Nach den Verheißungen, die von der Krone im März gegeben und die ausdrücklich im April von dem zweiten vereinigten Landtage für das Land und Namens desselben acceptirt wurden, sollte Preußen ein konstitutioneller Staat sein. Von diesem Augenblicke an war also die gesetzgebende Gewalt zwischen der Krone und dem Volke getheilt, es war der Anspruch auf diese Gewalt ein Recht des Volkes, und an diesem Rechte mußten seine Vertreter festhalten. Das Ministerium war daher nicht befugt, die Versammlung der Volksvertreter ohne deren Zustimmung zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen.</p>
          <p>&#x201E;Es war daher vollständig konsequent und richtig, Nichts weiter als ein einfaches Festhalten an dem konstitutionellen Prinzip, daß die National-Versammlung diesem Ansinnen keine Folge gab.</p>
          <p>&#x201E;Diejenigen, welche das Verfahren der National-Versammlung am 9. November tadeln, und sagen, das Ministerium &#x2014; denn nur zwischen dem verantwortlichen Ministerio und der Versammlung der Volksvertreter wird in einem konstitutionellen Staate der Streit geführt &#x2014; habe die Vertagung angeordnet, und deshalb hätte man Folge leisten müssen, die beweisen dadurch, daß sie nicht auf konstitutionellem Boden stehen, sondern daß sie die Wiederherstellung des absoluten Staates wollen. Wenn Jemand di[e]s offen sagt, so ist dies zwar ein, nach meiner Meinung unheilvolles Prinzip, aber es ist dann ein offen ausgesprochener Grundsatz. Wenn er aber sagt, daß er konstitutionell sei, so täuscht er entweder sich oder Andere.</p>
          <p>&#x201E;Was nun das weitere Verfahren nach dem 9. November anbetrifft, so berufe ich mich einfach auf die Autorität des Fürsten Solms, des Marschalls des vereinigten Landtags, den wahrlich Niemand für einen Demokraten halten wird. Er sagt in seiner, in diesen Tagen herausgegebenen kleinen Schrift, &#x201E;geschichtliche Anmerkungen&#x201C; betitelt:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Das Wesen der konstitutionellen Regierungsform ist nicht darin zu finden, daß man künftig nicht mehr von der allgemeinen Ständeversammlung, sondern nur von den Kammern oder der Volksvertretung zu reden hat; der Name thut auch hier wenig zur Sache. Das Wesen dieser Regierungsform liegt vielmehr in dem Rechte der Bewilligung und folglich auch der Verweigerung des jährlich erforderlichen Staatsbedarfs, und in den Folgen, welche aus diesem Recht natürlicher Weise herfließen.</p>
          <p>&#x201E;Man hat der Nationalversammlung den Vorwurf gemacht, sie habe das Verfassungswerk verzögert. Ich bin mit den Arbeiten der verschiedenen Commissionen vermöge der amtlichen Stellung, mit welcher mich die Nationalversammlung beehrt hatte, genau bekannt, und kann daher auch genaue Auskunft darüber geben. Schon während der Arbeiten der Commission, welche den &#x2014; größtentheils jetzt in die octroyirte Verfassungs-Urkunde aufgenommenen &#x2014; Verfassungsentwurf ausarbeitete, überzeugten sich die Mitglieder derselben, daß es durchaus nothwendig sei, gleichzeitig mit der Verfassung diejenigen Gesetze für das Land in das Leben zu rufen, ohne welche die Verfassung gar nicht auszuführen ist. Bestärkt wurden wir hierin noch durch den Blick in die tiefen Leiden des Volks. Man überzeugte sich, daß es durchaus nothwendig sei, den unglücklichen Verhältnissen des Landmannes, des Handwerkerstandes, der ungerechten und ungleichmäßigen Besteuerung abzuhelfen, daß man eine genaue Einsicht in die Finanz-Verhältnisse sich verschaffen, daß die Gemeindeordnung, als Fundament der Verfassung, dieser vorausgehen müsse u. s. w. Die zu diesem Zweck niedergesetzten Commissionen haben rüstig gearbeitet. Man war in der Berathung der Verfassung es fielen die ersten Schläge gegen das Gebäude der Bevorrechtung. Aber die Versammlung wurde an weiterer Berathung durch Bajonnette gehindert, unsere Arbeiten mögen sogar von den Soldaten bei ihrem Eindringen in das Schauspielhaus zerstört worden sein. Man hat ihnen dieselben wenigstens Preis gegeben Manches ist aber erhalten. Dahin gehört der Bericht der Finanzkommission über den Staatshaushalt, der Bericht der Commission über die Handwerkerverhältnisse u. s. w. Einiges hiervon ist schon im Druck erschienen, Anderes wird später erscheinen.</p>
          <p>Bei allen diesen Schritten hat die National-Versammlung nur das Wohl des Volkes im Auge gehabt, nur den Wunsch, dem armen Manne zu helfen.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar174_013" type="jArticle">
          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 18. Dezember.</head>
          <p>Sitzung der National-Versammlung.</p>
          <p>Tagesordnung: Präsidentenwahl. Fortsetzung der Berathung über den Entwurf &#x201E;der Reichstag.&#x201C; (Art. 8, § 20 ff.)</p>
          <p>Man schreitet zur Wahl des Präsidenten.</p>
          <p>Die Stimmen kommen in sehr schnurriger Weise aus der Urne. Sie sind getheilt in Simson von Königsberg, Kirchgessner und (!) v. Schmerling (!). Dem letzteren geben die Oesterreicher ihre Stimmen</p>
          <p>Nach vollendeter Wahl hatte Simson aus Königsberg 181 Stimmen, Kirchgessner 128, und Schmerling 93, Simon aus Breslau 2, v. Trützschler 2, Dahlmann 1.</p>
          <p>415 stimmten im Ganzen. Die absolute Majorität beträgt 208. Simson erreichte dieselbe nicht.</p>
          <p>Man schreitet zu einer engeren Wahl zwischen Simson und Kirchgessner. Die Spannung ist bei Verlesung der Namen ungemein groß und steige[r]t sich dadurch, daß Kirchgessners (des Kandidaten der Linken) Namen sehr oft ertönt.</p>
          <p>Bei vollendeter zweiter Wahl hatte Simson aus Königsberg 215 Stimmen, Kirchgessner 214, v. Soiron 1, v. Schmerling 10. Die absolute Stimmenmehrheit ist 222. Simson hat dieselbe abermals nicht erreicht. Ungeheure Sensation und tumultuose Pause. Man erschöpft sich eine Zeit lang in fruchtlosen Theorien, eine neue und sichere Wahlart zu erfinden, da (obschon unausgesprochen) die Vermuthung entsteht, daß mehr Wahlzetttel aus der Urne hervorgegangen, als Deputirte im Hause sind.</p>
          <p>Die Rechte, zumal Hr. v. Vinke, ist innig erbittert. Die Linke spaziert munter im Haus auf und ab. Denken Sie, der Kandidat der Linken hat nur eine Stimme weniger erhalten als der Kandidat der Rechten. Die Oesterreicher haben sich aus Bosheit mit der Linken verbunden.</p>
          <p>Endlich genehmigt man eine v. Vinke vorgeschlagene Wahlart durch Namensaufruf. Jeder Abgeordnete muß bei Nennung seines Namens selbst zur Tribüne gehen und seinen Zettel vor den Augen des Bureaus in die Urne werfen.</p>
          <p>Man schreitet also zur dritten Wahl. Es macht den komischen Eindruck eines Casperle-Theaters, wie jeder Abgeordnete auf die Tribüne steigt, und wieder verschwindet. Bei dem Namen Engel stürzen beide Engel (es giebt deren 2 im Hause) auf die Tribüne, worauf das Haus ein himmlisches Gelächter erhebt.</p>
          <p>Resultat der dritten Wahl: Simson von Königsberg 233 Stimmen; Kirchgessner 223; v. Schmerling 3; verlorene Stimmen 2.</p>
          <p>G[e]stimmt haben 461, die absolute Majorität ist 231, Simson von Königsberg übersteigt dieselbe also um 2 Stimmen (!!). Die Wahl eines ersten Vizepräsidenten an Simons Stelle wird bis zum 1. Januar 1849 vertagt. Bis zu Simsons Zurückkunft aus Berlin präsidirt Beseler weiter. Derselbe verliest ein Schreiben des Erzherzogs Johann vom 17. Dezember an die National-Versammlung. Es enthält die offizielle Ernennung Gagerns zum Präsidenten des Ministerraths, Minister des Aeußern und interimistischen Minister des Innern.</p>
          <p><hi rendition="#g">Gagern</hi> (der Ministerpräsident) legt mit gerührter Stimme und einigen einhüllenden Staatsweisheitsphrasen der Versammlung sein Ministerprogramm vor, er nennt es eine Antwort auf das österreichische Ministerprogramm.</p>
          <p>Die vier Punkte desselben, welche unter Tumult und Mißbilligung angehört werden, lauten <hi rendition="#g">wörtlich:</hi> </p>
          <p rendition="#et">1) Bei der Natur der Verbindung Oestreichs mit außerdeutschen Ländern, beschränkt sich für jetzt und während des Provisoriums die Pflicht der Reichsgewalt darauf, das bestehende Bundesverhältniß Oestreichs zu Deutschland im <hi rendition="#g">Allgemeinen zu erhalten</hi>. Es ist aber das <hi rendition="#g">Sonderverhältniß Oestreichs anzuerkennen,</hi> wonach es anspricht in den zu errichtenden deutschen Bundesstaat unter Bedingungen, die die staatliche Verbindung der deutschen und nicht deutschen östreichischen Bundestheile alterniren, nicht einzutreten.<lb/>
2) Oestreich wird also nach den bis jetzt durch die Nationalversammlung gefaßten Beschlüssen, wodurch die Natur des Bundesstaates bestimmt worden ist, als in den zu errichtenden Bundesstaat, <hi rendition="#g">nicht eintretend</hi> zu betrachten sein.<lb/>
3) Oestreichs Union-Verhältnisse zu Deutschland mittelst einer besondern Unionsakte zu ordnen und darin all die verwandtschaftlichen, geistigen, politischen und materiellen Bedürfnisse nach Möglichkeit zu befriedigen, welche Deutschland und Oestreich von jeher verbunden habe, und in gesteigertem Maße verbinden können, bleibt der nächsten Zukunft vorbehalten.<lb/>
4) Da Oestreich zu dem von der provisorischen Centralgewalt repräsentirten Deutschland, zwar in einem unauflöslichem Bunde steht, in den Bundesstaat aber nicht eintritt, so ist die Verständigung über alle gegenseitige, sowohl bereits bestehende als künftige Bundespflichten und Rechte <hi rendition="#g">auf gesandschaftlichem Wege</hi> einzuleiten und zu unterhalten.<lb/>
5) Die Verfassung des deutschen Bundesstaates, deren schleunige Beendigung im beiderseitigen Interesse liegt, <hi rendition="#g">kann jedoch nicht Gegenstand der Unterhandlung mit Oestreich sein</hi>.</p>
          <p><hi rendition="#g">Gagern</hi> beantragt das Urtheil der Versammlung über dies Programm und demgemäß zuvörderst die Begutachtung desselben durch einen Ausschuß.</p>
          <p>Präsident <hi rendition="#g">Beseler</hi> schlägt hierzu den sogenannten Biedermannschen Ausschuß vor.</p>
          <p><hi rendition="#g">Rösler</hi> von Oels: In vorliegendem Programm sei Oesterreich als nichtdeutscher Staat betrachtet, es sei also nicht das Verhältniß eines deutschen Staats zur Centralgewalt festzustellen. Dies letztere aber sei die Aufgabe des Biedermannschen Ausschusses; also müßte für die vorliegende Sache ein anderer Ausschuß gewählt werden. Er schlägt den Verfassungsausschuß vor. (Beifall).</p>
          <p><hi rendition="#g">Venedey</hi> beantragt augenblickliche Verwerfung des Ministerprogramms vom Hause selbst. Deutschland, sagt er, wird durch dasselbe getheilt. (Furchtbarer Beifall von der zur Majorität gewordenen Minorität des Hauses). Wenn das Programm angenommen würde, so will ich keinen Augenblick länger hier sitzen. (Wiederholter lang anhaltender Beifall).</p>
          <p><hi rendition="#g">Reitler</hi> aus Prag will dem s. g. Oesterreichischen Ausschuß zur Begutachtung dies Programm vorlegen, welches Deutschland wie ein zweites
</p>
        </div>
      </div>
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  </text>
</TEI>
[0938/0002] nochmals solcher Ueberhebungen gegen die Linie zu Schulden kommen lassen, so solle sie durch Verlust der Treffen bestraft werden.“!! Von den vielversprochenen Segnungen, welche die durch den Belagerungszustand hergestellte „gesetzliche Ruhe und Ordnung“ für Handel und Gewerbe mit sich bringen sollte, verspüren unsere Kaufleute und Kleinhändler bisher noch nichts. Im Gegentheil sind die Klagen über den sehr schlechten Ausfall des Weihnachtsgeschäftes allgemein. Nur die sehr geringe Anzahl von Geschäftszweigen, welche von den vornehmern Almosenempfängern, den Herren Garde-Lieutenants u. s. w. ihren Haupterwerb beziehen, scheinen zu floriren und sind dafür natürlich Hohen und Allerhöchsten Personen sehr dankbar. So hat auch Herr Kranzler, der Hof-Conditor des Prinzen von Preußen und Inhaber des bekannten Lokals an der „politischen Ecke“, seit einigen Tagen wieder den Muth, mit dem am 19. März abgenommenen königl. Wappen zu prangen. * Berlin, 18. Dez. Der „Preuß. Staats-Anzeiger“ theilt mit, daß sich die Mitglieder der Oberlandesgerichte zu Ratibor, Bromberg und Münster an den König und resp. den Justizminister mit der Bitte gewandt haben, zu bewirken, daß v. Kirchmann, Gierke und Temme nicht bei ihnen eintreten, sondern daß denselben, wo möglich, ein anderer Wirkungskreis angewiesen werde. Zugleich druckt das Blättchen die von den reaktionswüthigen Justizleuten an Kirchmann etc. erlassenen Schreiben mit, die zur Genüge beweisen, daß das Volk in seinen Märztagen zu allererst einige Schock Beamte aus den Justizkollegien hätte auf Reisen schicken sollen. Auch folgender Brief ist gar eine üble Illustration der Zustände „mit Gott für König und Junkerschaft“: „Ew. Hochwohlgeboren haben leider dem Ihnen im Namen der Mitglieder des ersten Senats des Geh. Ober-Tribunals ausgesprochenen Wunsche: sich bis auf Weiteres von den Sitzungen dieses Senats fernzuhalten, nicht Folge geleistet. Dies hat ein Zusammentreten der Mitglieder aller vier Senate des Kollegiums nöthig gemacht, damit wir uns über die nun zu treffenden Maßregeln vereinigten Wenn ich Ihnen das Ergebniß dieser Besprechung mitzutheilen habe, so meine ich, Sie vor Allem daran erinnern zu müssen, mit welcher kollegialischen Freundlichkeit Sie von uns Allen bei Ihrem früheren Eintritt in das Kollegium aufgenommen worden sind. Sie mögen daran ermessen, in welchem Grade wir eine geänderte Lage der Dinge wichtig zu nehmen uns verpflichtet fühlen, welche uns die Nothwendigkeit einer Auflösung dieses Verhältnisses als unerläßlich erscheinen läßt In einer anderen Stellung haben Sie sich zu Ansichten bekannt und diese mit Beharrlichkeit durchzuführen gesucht, welche mit den Auffassungen, die wir über Recht, Pflicht und Treue haben und unbedingt festhalten werden, in dem Maße entschieden und schroff im Widerspruche stehen, daß es uns, wie Ihnen, nur auf das Aeußerste peinlich sein könnte, eine Gemeinschaft äußerlich fortzusetzen, die innerlich nicht mehr besteht. Ich soll Sie daher auf einstimmiges Verlangen sämmtlicher Mitglieder des Kollegiums, mit Ausnahme des nicht zugezogenen Präsidenten Bornemann, dringend auffordern und ersuchen, Ihrerseits Schritte zu thun, welche zur Auflösung dieser Gemeinschaft führen können. Zu dieser dringenden Aufforderung sind wir aber verpflichtet, nicht allein und nicht hauptsächlich in Rücksicht auf unsere Person, auch nicht blos in Rücksicht auf Sie selbst, sondern vor Allem in Beziehung auf den höchsten Gerichtshof, dem wir angehören. Vor Gott und Menschen sind wir schuldig, mit allen Kräften dafür zu sorgen, daß diesem Gerichtshofe das Vertrauen und die Achtung des Landes erhalten werde. Das wäre aber unmöglich, wenn irgendwie die Vermuthung Anhalt erhielte, daß in demselben Ansichten Eingang oder auch nur Nachsicht gefunden hätten, bei denen man nicht ohne Grund, Recht und Gerechtigkeit, die man in Anspruch nimmt, gefährdet finden würde. Berlin, den 16. Dezember 1848. (gez.) Mühler.“ An des Königl. Geheimen Ober-Tribunal-Raths Herrn Dr. Waldeck Hochwohlgeboren. * Wien, 15. Dezember. Die Geldnoth geht hier schon ins Unendliche. Nicht allein daß die Einguldennoten schon in 8 Theile zerschnitten werden, es werden auch schon von Privaten Noten zu 10 und 20 Kreuzer ausgegeben. Was für Unheil daraus entstehen muß, wenn Jedermann Papiergeld ausgiebt, ist leicht zu bestimmen. Jeder Kaufmann schreibt auf ein Stück Papier: gut für 10 oder 20 Kreuzer, drückt sein Siegel bei — und giebt diese Zettel seinen Kunden statt Münze. Wie diesen papiernen Wirren abzuhelfen sei, ist ein Räthsel, das der geübteste Finanzmann nicht zu lösen vermag. Es sind gestern wiederum Truppen in die Gegend von Krems abgegangen. Die Bauern wiedersetzen sich dort der Rekrutenaushebung. Das Militär soll sie nun zu Paaren treiben. 15 Wien, 15. Dezember. Zur Beleuchtung des hier von Windischgrätz und Konsorten befolgten Verfahrens wie der zu Frankfurt vorgebrachten unverschämten Lügen und „schwarzgelben“ Bemäntelungen mag folgendes aus vorigem Monat datirende Aktenstück einen Platz finden: „Es ist mit Genehmigung Sr. Durchlaucht des Herrn Feldmarschalls Fürsten zu Windischgrätz die ex offo Stellung aller paß- und ausweislosen Individuen eingeleitet worden, so fern sie nach ihrer persönlichen Stellung im Staatsverbande mit Rücksicht auf die Rekrutirungsvorschriften der Militär- und Landwehrpflicht unterworfen sind; es wurde aber zugleich befohlen, vorzugsweise diesem Verfahren diejenigen zu unterziehen, welche Mitglieder der akademischen Legion waren, dann jene Individuen des Proletariats, welche sich theils in die Mobilgarde einreihen, theils den National-Garden-Bat. als Kämpfer zuweisen ließen. — Diese Maßregel ward angeordnet, gleich mit jenen Individuen in Ausführung zu bringen, die von der Militär-Untersuchungs-Kommission theils als unbedenklich, theils als bedenklich entlassen werden oder auch schon entlassen worden sind. — Weil aber nicht alle diese der Assentirungs-Kommission vorzuführenden Individuen die Tauglichkeit zum Gewehrstande haben, so haben Se. Durchtlaucht befohlen, daß jene unter ihnen, welche diese Eignung nicht haben, für das Fuhrwesen und als Krankenwärter in die Militärspitäler assentirt und abgeführt werden sollen. — Es sollen aber nach der ausgesprochenen Willensmeinung Sr. Durchlaucht sowohl die zum Fuhrwesen oder als Krankenwärter zu assentirenden, als auch die für den Feuerwehrstand assentirten und aus obangedeuteten Kategorien Auszuhebenden nur für die Armee in Italien abgegeben werden. — Hiernach wäre das Geeignete zu verfügen, und es wird das k. k. niederösterreichische Generalkommando angegangen, die bereits Assentirten für die in Italien liegenden Truppenkörper zu widmen und dahin zu disponiren u. s. w. Wien, am 17. November 1848. Von der Centralkommission der k. k. Stadtkommandantur. Frank. G. M.“ * Wien, 15. Decbr. Verurtheilung folgt auf Verurtheilung; Beweise sind überflüssig; ein Paar Spione mit ihren Aussagen genügen. Die schönste standrechtliche Erfindung besteht aber im „Zusammentreffen der Umstände“, wie abermals aus folgender Kundmachung sich ergiebt: „Wenzel Blaszek, aus Podiebrad in Böhmen gebürtig, 27 Jahre alt, katholisch, ledig, Schneidergeselle, ist durch Zusammentreffen der Umstände überwiesen, am 27., v. M in einem hiesigen Branntweinhause politische Reden gefährlichen Inhaltes gegen die gesetzliche Ordnung geführt zu haben, welche auf die Anwesenden einen verderblichen Eindruck zu machen geeignet waren. Da aber wegen Herstellung des Beweises die zum Standrecht erforderliche gesetzliche Frist überschritten war, wurde er der ordentlichen kriegsrechtlichen Behandlung unterzogen, und durch Einhelligkeit der Stimmen zu sechswöchentlichem Stockhausarrest in Eisen, unter Verschärfung durch Fasten bei Wasser und Brod einmal in jeder Woche, verurtheilt. Welches Erkenntniß heute kundgemacht und in Vollzug gesetzt worden ist. Wien, den 14. Dezember 1848.“ Ferner ist Karl Pfaul, Fleischhauergeselle, wegen Aeußerungen in einem Gasthause gegen den Kaiser und die „hohe Generalität“ zu 8jähriger Schanzarbeit in schweren Eisen verurtheilt worden. Das beliebte „durch Zusammentreffen der Umstände“ fehlt diesmal in der offiziellen Kundmachung. X Breslau, 18. Dez. (Fernerer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Die gestrige Nachmittagssitzung begann mit einem sehr erfreulichen Faktum. Engelmann präsidirt nicht; statt seiner führt Pfeiffer den Vorsitz, hoffentlich hat dieser gelernt, wie man nicht präsidiren soll. §. 6 der Vorlage lautet: „Der Oberst muß dem Ehrengerichte unterworfen sein.“ Walesrode wünscht: „jeder Offizier soll demselben unterworfen sein.“ Angenommen wurde die Vorlage. §. 7 der Vorlage bestimmt: „Das angenommene Straf- und Gerichtsverfahren darf den Grundsätzen der Geschwornengerichte nicht widersprechen.“ Der Satz ist klar, aber „die wächserne Nase des Gesetzes“ (Meyer) schauspielert einige Gemeinplätze und wiederholt seine gestrige Rede. Sämmtliche Redner sind einverstanden mit der Vorlage, wenn das Wort „angenommen“ gestrichen wird, doch — gesprochen muß werden; sie haben den politischen Durchfall und wollen ihre Waare rasch los werden. Die Abstimmung ergab das erwartete Resultat. §. 8 verfügt: „Dienstenthebung oder Aufhebung der Bürgerwehr darf nur durch Kabinetsordre wegen Verweigerung der im §. 1 des Gesetzes der Bürgerwehr auferlegten Pflichten erfolgen.“ Massen von Anträgen kommen, jeder bringt seine Waare zu Markte; oft werden nur einzelne, unbedeutende Worte verändert. Salbungsvolle Reden ertönen im Saale, in manchen wird die deutsche Gründlichkeit empfohlen. „Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist,“ beten die Zuhörer und Referenten; denn wenn diese Gesellschaft noch Gründlichkeit empfiehlt, dann wird sie sicher ganz unergründlich werden. Viele Redner, besonders Cirves aus Oppeln, sagen es unverholen, die Absicht der Regierung sei, die Bürgerwehr nur aufzulösen, um den beliebten Belagerungszustand zu verhängen. Er stellt den Antrag: „Die Bürgerwehr ist unauflöslich.“ Mätze sprach sehr energisch für die nämliche Forderung; es stand auch ihre Annahme um so mehr zu erwarten, als Mätze's Rede eine wirklich gediegene zu nennen war. Da bekam eine Minorität Furcht und Zittern, sie rief: „Meine Herren, wenn Sie diesen Antrag annehmen, so proklamiren Sie die Revolution; systematisch suchte diese Minorität durch persönliche Bemerkungen, die Wirkung der Mätze'schen Rede abzuschwächen. Als letztes Rettungsmittel schob sie einen Antrag auf Vertagung der Abstimmung bis morgen vor. Die Majorität ging darauf ein — damit man sich diesen wichtigen Antrag beschlafen könne! Abends ergötzte sich die Gesellschaft im Theater. Es wurde das Stück aufgeführt: „Ein Minister aus dem Volke.“ Bei den Worten: „das Bürgerthum, und nochmal das Bürgerthum, muß herangezogen werden,“ brach großer Applaus los. Die „souveräne“ Bourgeoisie hatte trotz ihres Beschlafens heute, den 17., noch nicht die Gewißheit, daß die Auflösung beschlossen werden würde, sie trat also nochmals vor und verlangte die nochmalige Debatte, voran als muthiger Kämpfer Walesrode! Der Kongreß ging darauf ein, denn — man kann ja nicht wissen! Die Anträge überstürzen sich wieder. Als besonderes Curiosum hebe ich folgendes Amendement hervor: „Das Institut der Bürgerwehr ist unauflöslich.“ Es (das Amendement) rührt her von — Walesrode. Er hat große Furcht vor der „Anarchie,“ und meint, sie werde sofort entstehen, wenn man die Bürgerwehren nicht aufheben könnte durch Gesetze. Er klammert sich fortwährend nur an das Wort „Institut.“ Renitente Bürgerwehren müssen jedoch aufgehoben werden können. So kann man die Bürgerwehren jeder Gemeinde einzeln aufheben. Aber — das „Institut,“ die „Idee“ ist doch gerettet!! Mänels (Thüringen) Rede war eine Erquickung; sie entwickelte klar, es handle sich hier nur um das Prinzip, und diesem gemäß darf die Bürgerwehr nicht aufgelöst werden. Den Eindruck suchte Walesrode zu vernichten durch allerlei Syllogismen und Trugschlüsse. Die Frage: Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise aufgelöst werden? wurde mit 5 gegen 43 Stimmen verneint. Merkwürdiger Weise und mit seltener Konsequenz stimmte auch Walesrode mit „nein.“ Die meisten Berliner, die es wahrhaftig an Redseligkeit nicht fehlen ließen, enthielten sich der Abstimmung. Auch die Frage: Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise zeitweise aufgelöst werden? wurde mit 35 gegen 21 Stimmen verneint. Die „wächserne Nase des Rechts,“ Hr. Meyer, enthielt sich bei allen namentlichen Abstimmungen stets der Abstimmung. Die Frage: „Kann die Bürgerwehr einzelner Gemeinden oder Kreise zeitweise ihres Dienstes enthoben werden? wurde mit 46 gegen 5 Stimmen bejaht. 24 Breslau, 16. Dezember. Er kam heute zu einem Arbeiterauflauf vor'm Ziegelthor, wo sich das Häuschen befindet, in welchem von den städtischen Beamten Arbeitsscheine ausgetheilt werden. Viele Arbeiter drängten sich herzu. Sie wurden von der herbeigerufenen Bürgerwehr, gegen welche einige Steine flogen, durch einen Bajonettangriff zurückgedrängt. Es wurden mehrere Arbeiter bedeutend verwundet. Gegen unbewaffnete Arbeiter zeigte die hiesige Bürgerwehr überhaupt noch jedesmal großen Muth, wenn sie Arbeitern in Uebermacht entgegenstand. Von anderweitigem Muth hat sie bisher aber noch nicht die mindeste Probe abgelegt. Schweidnitz, 13. Dezember. An die Direktion des hiesigen Correktionshauses soll höheren Orts die Anfrage ergangen sein, ob Raum da sei, um etwa 100 Tumultuanten unterzubringen. Da aber die Lokalitäten dieses Hauses alle besetzt, ja fast überfüllt sind, so müßte natürlich eine verneinende Antwort erfolgen. Eine schöne Aussicht das, für die zu Versorgenden! Gestern früh sind 2 Kompagnien des hier garnisonirenden Glatzer Landwehr:Bataillons in die Umgegend von Freiburg marschirt, um, wie es heißt, einigen dortigen Dorfgemeinden die formelle und materielle Ungültigkeit des Steuerverweigerungsbeschlusses praktisch zu insinuiren. (A. Od.-Ztg.) * Elbing, 15. Dezember. Bom Abgeordneten Philipps ist eine Ansprache an seine Wähler erschienen, worin er unter Anderem sagt: „Nach den Verheißungen, die von der Krone im März gegeben und die ausdrücklich im April von dem zweiten vereinigten Landtage für das Land und Namens desselben acceptirt wurden, sollte Preußen ein konstitutioneller Staat sein. Von diesem Augenblicke an war also die gesetzgebende Gewalt zwischen der Krone und dem Volke getheilt, es war der Anspruch auf diese Gewalt ein Recht des Volkes, und an diesem Rechte mußten seine Vertreter festhalten. Das Ministerium war daher nicht befugt, die Versammlung der Volksvertreter ohne deren Zustimmung zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen. „Es war daher vollständig konsequent und richtig, Nichts weiter als ein einfaches Festhalten an dem konstitutionellen Prinzip, daß die National-Versammlung diesem Ansinnen keine Folge gab. „Diejenigen, welche das Verfahren der National-Versammlung am 9. November tadeln, und sagen, das Ministerium — denn nur zwischen dem verantwortlichen Ministerio und der Versammlung der Volksvertreter wird in einem konstitutionellen Staate der Streit geführt — habe die Vertagung angeordnet, und deshalb hätte man Folge leisten müssen, die beweisen dadurch, daß sie nicht auf konstitutionellem Boden stehen, sondern daß sie die Wiederherstellung des absoluten Staates wollen. Wenn Jemand di[e]s offen sagt, so ist dies zwar ein, nach meiner Meinung unheilvolles Prinzip, aber es ist dann ein offen ausgesprochener Grundsatz. Wenn er aber sagt, daß er konstitutionell sei, so täuscht er entweder sich oder Andere. „Was nun das weitere Verfahren nach dem 9. November anbetrifft, so berufe ich mich einfach auf die Autorität des Fürsten Solms, des Marschalls des vereinigten Landtags, den wahrlich Niemand für einen Demokraten halten wird. Er sagt in seiner, in diesen Tagen herausgegebenen kleinen Schrift, „geschichtliche Anmerkungen“ betitelt: „Das Wesen der konstitutionellen Regierungsform ist nicht darin zu finden, daß man künftig nicht mehr von der allgemeinen Ständeversammlung, sondern nur von den Kammern oder der Volksvertretung zu reden hat; der Name thut auch hier wenig zur Sache. Das Wesen dieser Regierungsform liegt vielmehr in dem Rechte der Bewilligung und folglich auch der Verweigerung des jährlich erforderlichen Staatsbedarfs, und in den Folgen, welche aus diesem Recht natürlicher Weise herfließen. „Man hat der Nationalversammlung den Vorwurf gemacht, sie habe das Verfassungswerk verzögert. Ich bin mit den Arbeiten der verschiedenen Commissionen vermöge der amtlichen Stellung, mit welcher mich die Nationalversammlung beehrt hatte, genau bekannt, und kann daher auch genaue Auskunft darüber geben. Schon während der Arbeiten der Commission, welche den — größtentheils jetzt in die octroyirte Verfassungs-Urkunde aufgenommenen — Verfassungsentwurf ausarbeitete, überzeugten sich die Mitglieder derselben, daß es durchaus nothwendig sei, gleichzeitig mit der Verfassung diejenigen Gesetze für das Land in das Leben zu rufen, ohne welche die Verfassung gar nicht auszuführen ist. Bestärkt wurden wir hierin noch durch den Blick in die tiefen Leiden des Volks. Man überzeugte sich, daß es durchaus nothwendig sei, den unglücklichen Verhältnissen des Landmannes, des Handwerkerstandes, der ungerechten und ungleichmäßigen Besteuerung abzuhelfen, daß man eine genaue Einsicht in die Finanz-Verhältnisse sich verschaffen, daß die Gemeindeordnung, als Fundament der Verfassung, dieser vorausgehen müsse u. s. w. Die zu diesem Zweck niedergesetzten Commissionen haben rüstig gearbeitet. Man war in der Berathung der Verfassung es fielen die ersten Schläge gegen das Gebäude der Bevorrechtung. Aber die Versammlung wurde an weiterer Berathung durch Bajonnette gehindert, unsere Arbeiten mögen sogar von den Soldaten bei ihrem Eindringen in das Schauspielhaus zerstört worden sein. Man hat ihnen dieselben wenigstens Preis gegeben Manches ist aber erhalten. Dahin gehört der Bericht der Finanzkommission über den Staatshaushalt, der Bericht der Commission über die Handwerkerverhältnisse u. s. w. Einiges hiervon ist schon im Druck erschienen, Anderes wird später erscheinen. Bei allen diesen Schritten hat die National-Versammlung nur das Wohl des Volkes im Auge gehabt, nur den Wunsch, dem armen Manne zu helfen.“ !!! Frankfurt, 18. Dezember. Sitzung der National-Versammlung. Tagesordnung: Präsidentenwahl. Fortsetzung der Berathung über den Entwurf „der Reichstag.“ (Art. 8, § 20 ff.) Man schreitet zur Wahl des Präsidenten. Die Stimmen kommen in sehr schnurriger Weise aus der Urne. Sie sind getheilt in Simson von Königsberg, Kirchgessner und (!) v. Schmerling (!). Dem letzteren geben die Oesterreicher ihre Stimmen Nach vollendeter Wahl hatte Simson aus Königsberg 181 Stimmen, Kirchgessner 128, und Schmerling 93, Simon aus Breslau 2, v. Trützschler 2, Dahlmann 1. 415 stimmten im Ganzen. Die absolute Majorität beträgt 208. Simson erreichte dieselbe nicht. Man schreitet zu einer engeren Wahl zwischen Simson und Kirchgessner. Die Spannung ist bei Verlesung der Namen ungemein groß und steige[r]t sich dadurch, daß Kirchgessners (des Kandidaten der Linken) Namen sehr oft ertönt. Bei vollendeter zweiter Wahl hatte Simson aus Königsberg 215 Stimmen, Kirchgessner 214, v. Soiron 1, v. Schmerling 10. Die absolute Stimmenmehrheit ist 222. Simson hat dieselbe abermals nicht erreicht. Ungeheure Sensation und tumultuose Pause. Man erschöpft sich eine Zeit lang in fruchtlosen Theorien, eine neue und sichere Wahlart zu erfinden, da (obschon unausgesprochen) die Vermuthung entsteht, daß mehr Wahlzetttel aus der Urne hervorgegangen, als Deputirte im Hause sind. Die Rechte, zumal Hr. v. Vinke, ist innig erbittert. Die Linke spaziert munter im Haus auf und ab. Denken Sie, der Kandidat der Linken hat nur eine Stimme weniger erhalten als der Kandidat der Rechten. Die Oesterreicher haben sich aus Bosheit mit der Linken verbunden. Endlich genehmigt man eine v. Vinke vorgeschlagene Wahlart durch Namensaufruf. Jeder Abgeordnete muß bei Nennung seines Namens selbst zur Tribüne gehen und seinen Zettel vor den Augen des Bureaus in die Urne werfen. Man schreitet also zur dritten Wahl. Es macht den komischen Eindruck eines Casperle-Theaters, wie jeder Abgeordnete auf die Tribüne steigt, und wieder verschwindet. Bei dem Namen Engel stürzen beide Engel (es giebt deren 2 im Hause) auf die Tribüne, worauf das Haus ein himmlisches Gelächter erhebt. Resultat der dritten Wahl: Simson von Königsberg 233 Stimmen; Kirchgessner 223; v. Schmerling 3; verlorene Stimmen 2. G[e]stimmt haben 461, die absolute Majorität ist 231, Simson von Königsberg übersteigt dieselbe also um 2 Stimmen (!!). Die Wahl eines ersten Vizepräsidenten an Simons Stelle wird bis zum 1. Januar 1849 vertagt. Bis zu Simsons Zurückkunft aus Berlin präsidirt Beseler weiter. Derselbe verliest ein Schreiben des Erzherzogs Johann vom 17. Dezember an die National-Versammlung. Es enthält die offizielle Ernennung Gagerns zum Präsidenten des Ministerraths, Minister des Aeußern und interimistischen Minister des Innern. Gagern (der Ministerpräsident) legt mit gerührter Stimme und einigen einhüllenden Staatsweisheitsphrasen der Versammlung sein Ministerprogramm vor, er nennt es eine Antwort auf das österreichische Ministerprogramm. Die vier Punkte desselben, welche unter Tumult und Mißbilligung angehört werden, lauten wörtlich: 1) Bei der Natur der Verbindung Oestreichs mit außerdeutschen Ländern, beschränkt sich für jetzt und während des Provisoriums die Pflicht der Reichsgewalt darauf, das bestehende Bundesverhältniß Oestreichs zu Deutschland im Allgemeinen zu erhalten. Es ist aber das Sonderverhältniß Oestreichs anzuerkennen, wonach es anspricht in den zu errichtenden deutschen Bundesstaat unter Bedingungen, die die staatliche Verbindung der deutschen und nicht deutschen östreichischen Bundestheile alterniren, nicht einzutreten. 2) Oestreich wird also nach den bis jetzt durch die Nationalversammlung gefaßten Beschlüssen, wodurch die Natur des Bundesstaates bestimmt worden ist, als in den zu errichtenden Bundesstaat, nicht eintretend zu betrachten sein. 3) Oestreichs Union-Verhältnisse zu Deutschland mittelst einer besondern Unionsakte zu ordnen und darin all die verwandtschaftlichen, geistigen, politischen und materiellen Bedürfnisse nach Möglichkeit zu befriedigen, welche Deutschland und Oestreich von jeher verbunden habe, und in gesteigertem Maße verbinden können, bleibt der nächsten Zukunft vorbehalten. 4) Da Oestreich zu dem von der provisorischen Centralgewalt repräsentirten Deutschland, zwar in einem unauflöslichem Bunde steht, in den Bundesstaat aber nicht eintritt, so ist die Verständigung über alle gegenseitige, sowohl bereits bestehende als künftige Bundespflichten und Rechte auf gesandschaftlichem Wege einzuleiten und zu unterhalten. 5) Die Verfassung des deutschen Bundesstaates, deren schleunige Beendigung im beiderseitigen Interesse liegt, kann jedoch nicht Gegenstand der Unterhandlung mit Oestreich sein. Gagern beantragt das Urtheil der Versammlung über dies Programm und demgemäß zuvörderst die Begutachtung desselben durch einen Ausschuß. Präsident Beseler schlägt hierzu den sogenannten Biedermannschen Ausschuß vor. Rösler von Oels: In vorliegendem Programm sei Oesterreich als nichtdeutscher Staat betrachtet, es sei also nicht das Verhältniß eines deutschen Staats zur Centralgewalt festzustellen. Dies letztere aber sei die Aufgabe des Biedermannschen Ausschusses; also müßte für die vorliegende Sache ein anderer Ausschuß gewählt werden. Er schlägt den Verfassungsausschuß vor. (Beifall). Venedey beantragt augenblickliche Verwerfung des Ministerprogramms vom Hause selbst. Deutschland, sagt er, wird durch dasselbe getheilt. (Furchtbarer Beifall von der zur Majorität gewordenen Minorität des Hauses). Wenn das Programm angenommen würde, so will ich keinen Augenblick länger hier sitzen. (Wiederholter lang anhaltender Beifall). Reitler aus Prag will dem s. g. Oesterreichischen Ausschuß zur Begutachtung dies Programm vorlegen, welches Deutschland wie ein zweites

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 174. Köln, 21. Dezember 1848, S. 0938. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz174_1848/2>, abgerufen am 24.11.2024.