Neue Rheinische Zeitung. Nr. 169. Köln, 15. Dezember 1848. Beilage.Beilage zu Nr. 169 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag 15. Dezember 1848. Französische Republik. feuchtem Stroh verfaulen, am Tage nur das Geräusch der Meereswogen, des Nachts die Ttäume an ihre verhungernden Familien als Echo ihrer Klagen. Ihr würdet den Weheruf der Todten hören, und wie in jenen Gottesurtheilen, wo das Blut des Gemordeten beim Nahen des Mörders von Neuem rieselte, würde aus jenen großen gemeinsamen Gräbern der Kirchhöfe ein finsterer, blutiger Zug vor Euch hintreten: die Gefangenen, die sich auf Ehrenwort ergaben, und in den Cisternen von Ivry, den feuchten Kellern der Tuillerien und des Hotel de Ville erstickten, in dem Temple-Canal ersäuft, in der St. Martin-Caserne niedergemetzelt und im Luxenburg, auf dem Greve-Platz, auf dem St. Jean, in allen Casernen, an den Quais, den Brücken, den Kreuzwegen und Straßenecken, während dreier Tage, im Angesicht der ganzen Stadt füsilirt wurden. Wer will es wagen, sie Lügen zu strafen?! Und Ihr würdet endlich den allgemeinen Racheschrei der europäischen Democratie vernehmen, der verrathenen, geopferten, verkauften europäischen Democratie, der Fisilirten von Barcelona, von Mailand, von Wien, den Todesruf von Neapel, Messina, Prag, Frankfurt, Berlin, überall wo an dem rothen Himmel der eingeäscherten Städte der düstere Schatten der bombardirenden Volksverräther emporsteigt. Das wird der drückende Alp einer Nacht des Todeskampfes sein. Wohlan, General! Man sagt, Ihr habt einen großen Respekt vor dem Urtheil der Geschichte: möge Euch dies einen Vorgeschmack geben. Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme." Das sind die Register der Bourgeoisie und des Volkes. Und das Heer? wie es unter den Mobilen mit der Candidatur Cavaignac's beschaffen ist, kann man nicht bestimmen. Die Linie in und um Paris aber ist von ihm abgefallen. In Versailles, wo das 18. leichte Infanterie-Regiment stimmte, haben für Cavaignac 19, für Louis-Napoleon 800 Mann gestimmt. Das gleiche Verhältniß soll in den meisten andern hiesigen Regimentern stattfinden. Was Herrn Ledru-Rollin betrifft, werden wir Morgen ausführlich nachrechnen. 17 Paris, 12. Dez. Welchen kindischen Marktschreierton die Bonapartischen Blätter anschlagen, beweist wieder die gestrige Nummer des in Paris erscheinenden "L'Evenement" (man schließe daraus, wie die speziell für Bauerknaben berechneten Provinzialblättchen dieser Klike aussehen): "Der große Kaiser ist nicht todt. Nein, er lebt immerdar und wird oft seinen Neffen im Geheimen besuchen, und ihm ins Ohr flüstern, wie das schöne Frankreich glücklich und groß zu machen; ja, er wird ihm sagen, wo der berühmte Kaiserschatz wieder aufzufinden sei, der so ungeheuer groß ist, daß damit alle unsere Abgaben gedeckt werden können. Darum laßt uns stimmen für Napoleon Bonaparte! So reden die braven Landleute, und sie haben Recht in ihrer Unbefangenheit. Ja, stimmen wir nur getrost und getreulich alle für den Neffen des Kaisers!" Scherz bei Seite, dies kann der Stoff zu einer allgemeinen Mordjagd auf Prinz Bonaparte werden, der wirklich durch seine Trödelagenten ausbreiten ließ, er wolle die Abgaben, vielleicht die Hypotheken, den Bauern abnehmen; thut er es nicht, so werden die Getäuschten grimmig. Ueberall hängen die Herren Kronprätendenten am -- Schaufenster; auch der "liebe Henry" (wie er sich antik, mit einem y, unterzeichnet) ist jetzt zu sehen, und die fanatischen Anhänger dieser "prinzlichen Schmeißfliegen, wie National de L'Duest sie nennt, in den Provinzen erklären ganz gelassen: "Paris muß bombardirt werden, wenn die Kommunisten wieder daselbst revoltiren." Die Pariser Spießbürger sind gerade nicht für ein Bombardement gestimmt, indessen wünschen sie sehnlichst der Kommunistenplage los zu werden, und eine Art Glaubenssatz ist bei ihnen, Cavaignac (den sie zwar nicht lieben, seit sie seine Grobheit erfahren, aber als unermüdlichen Kommunistenfresser zu schätzen wissen) müsse, sobald die Eigenthumsfeinde zu krawalliren anfangen, mit der Garnison sich in die Ebene von St. Denis hinausziehen und die Zufuhr abschneiden; inzwischen werde Vater Bugeaud aus den Departements mit etwelchen Zehntausenden von Nationalgardisten gegen Paris heranziehen und den Sieg der Ordnung befestigen. Bugeaud, der "große Marschall," ist dem Aeußern und Innern nach ein leibhaftiger Blücher. Wie ähnlich der "Neuen Preußischen Zeitung" die Blätter des Bourgeoisfrankreich predigen, zeigt sich wieder aus dem "Courier de la Gironde" vom 7. Novbr., wo mit folgenden Worten zum Bürgerkriege aufgemuntert wird: "Aha, ihr Herren Unruhstifter da oben in Paris, ihr meint auch 1848 sei noch eure Stadt die legitime Despotin des gesammten Landes? wir aber sagen euch, wenn ihr wieder neue Streiche macht, so marschiren die Nationalgarden der Provinzen und die Bauern, eine halbe Million an Zahl, auf eure infame Stadt, und dann wird sich zeigen ob die Straßenbuben derselben noch ferner Gesetze der Masse von 33 Mill. Franzosen vorschreiben können?" Dies homerische Aufbrechen der Provinzen und Zerstören der unheimlichen Feste Ilion, ist jedenfalls nicht zu befürchten; rückten die Bourgeois in Uniform aus den Städten nach Paris, so blieben ihre Familien als Geiseln in der Gewalt der Arbeiter ohne Uniform, die wohl bald zu Waffen kommen würden; es müßte dann a la prussienne Stadt um Stadt in Belagerungszustand erklärt werden. Die Arbeiter wurden schon im Juni von den gen Ilion-Paris marschirenden Provinzbourgeois nicht mitgenommen, weil, wie mir ein Haupt-Junibourgeois demonstrirte, man fürchtete sie würden, in Paris angelangt, plötzlich zu den Insurgenten überlaufen. Die Bauern sind eben nicht sehr mobil, und haben seit Juni vielfache Spaltungen in sich; "der Fanatismus des Geldgottes und des Eigenthumsfetisches ist bereits bei vielen "erschüttert", bemerkt "Le Peuple souverain" sehr richtig. Aber Steuerverweigerung wäre allerdings unausbleiblich, wenn die Pariser gar zu hastig und weit ausholten, so daß die Provinzialen, "die gar schwachen Geistes und trägen Fleisches" sind, wie dasselbe Blatt bemerkt, ihnen nicht nachschreiten könnten. -- Allgemeine Heiterkeit erregt die blaue Affische des halbverrückten Dr. med. Watbled, der sich schon zur Nationalrepräsentation anpries und jetzt zum Präsidenten; als Rechtstitel macht er geltend, er habe mehrere Lebensrettungsapparate erfunden, 30 Jahre als Marinearzt in Frankreich und in den Kolonien gedient, an Napoleon schreiben wollen, um ihn von der Schlacht bei Waterloo abzuhalten, aber letztern Brief nicht abgeschickt, weil er Entsetzen vor dem Namen Waterloo, der die drei ersten Buchstaben gleich Watbled habe, gefühlt; übrigens sei er stets auf die Wohlfahrt seiner Mitbürger bedacht. -- Der Polizeipräfekt Dr. med. Gervais wird immer reaktionärer, obschon er einer der weitesten Oppositionellen von 1848 war und sehr wacker vor 10 Jahren mit Pistole und Säbel die Polizeikommissäre, die ohne regulirtes Mandat Haussuchung bei ihm halten wollten, zurücktrieb, wofür er mehrere tausend Franken Buße und Kerker bekam. Aber alle diese bourgeois-republikanischen Heldenstücke können nicht mehr ziehen. "La Tribüne" von Bordeaux, im Dienste Cavaignac's, ruft: "Bürger, auf euren Posten! Die Wahlurnen stehen bereit, ihr seid Söhne des Vaterlandes. Die Demokratie wird nicht untergehen, doch könnte ihr Sieg viel der Thränen und des Blutes kosten. Die Monarchie ist gründlich todt; galvanisiren mag man ihre Leiche, aber nur Zuckungen wären das Resultat, kein Lebenshauch, und sie würde zum vierten Mal in den Koth und in das Blut auf der Straße stürzen. Votirt nicht für den Kandidaten der Zerstörung .... Die Gegner sind kolossal in ihrem Hochmuth, sie haben einen Kopf von Gold, einen Leib von Silber -- aber ihre Beine sind von Thon. Was bedeutet diese wüste Masse, die im Namen Louis Bonaparte's zur Urne getrieben wird? Sie ist ein Bündel von Nattern der Zwietracht, die bald sich lostrennen und einander zerfleischen werden ... Theure Mitbürger, Ehrenmänner, helft uns das Vaterland von den schlimmsten Gefahren erretten, die ihm seit fünfzig Jahren drohte ... Wir sehen schon den Handel vernichtet, den Ackerbau gestört, die Ateliers vereinsamt, den Krieg in den Straßen, den Krieg an den Gränzen des Reichs, Blut und Leichname hier und dort!" Napoleon der Große sprach auf St. Helena: "Wenn mein Sohn am Leben bleibt, dann wird ihn das Zujauchzen des Volkes auf meinen Thron erheben, aber wenn er todt ist, dann wird Frankreich wieder eine Republik werden, keine Hand auf Erden wird das Scepter zu ergreifen wagen, welches sie nicht zu führen vermöchte!" Und doch stimmt das Bauernvolk wie Ein Mann für diesen Abentheurer, der, wie viele behaupten, Vater Bugeaud zum Kriegsminister, Emil Girardin und Thiers zu Ministern des Innern und Aeußern machen wird. -- Nächsten Sonntag findet ein großartiges Bankett der "Verbrüderung der französischen und deutschen Socialdemokraten" Statt; die Comite's der Polen und Italiener, achtzehn Arbeiterassaciationen, viele Volksvertreter wurden eingeladen. Nachschrift. Man spricht von einer nach Mitternacht in der Straße St. Honore stattgefundenen Rauferei zwischen Mobile und Linie, wobei "Nieder mit Cavaignac! Hoch lebe Bonaparte!" geschrieen und zwei rothe Fahnen erschienen seinen. Das Gesetz gegen die Zusammenrottungen ist seit heute affischirt. -- Wahlresultate von vielen Ländereien ergeben, daß Bonaparte dort 80, ja 90 Prozent der Stimmen hat; er bekommt vermuthlich absolute Majorität. Paris, 12. Dezember. Folgende Resultate wurden bis heute Mittag von auswärts auf Privatwegen bekannt: Im Somme-Departement schätzt man auf 80 Prozent die Mehrheit Louis Napoleon Banaparte's. In Hangest an der Somme z. B. erhielt derselbe 986 und Cavaignac 81 Stimmen von 1077 Wählern. In Allonville 229 gegen 1 Stimme für Cavaignac. Im Oise-Departement wurde der "Prinz" einstimmig gewählt z. B. in Breteuil, Maignelay. Im Seine- und Oise-Departement desgleichen. In Reuil z. B. wo Josephine und Hortensie begraben liegen, trug der Gemeindeweibel beim Zuge zur Urne eine Fahne voran, auf der geschrieben stand: "Tod Jedem der gegen Napoleon stimmt." In Indre und Loire (Tours) für Cavaignac 1669, für Louis Napoleon Bonaparte 8261; Oise-Departement (Beauvais) Louis Napoleon 3144; Cavaignac 1535. Nieder Seine (Jugonville) Cavaignac 995; Louis Napoleon 758; Ledru-Rollin 229; Indre (Chateauroux) 1. Sektion Ledru-Rollin 950, Cavaignac 438 Napoleon 292 (in den übrigern Sektionen etwa dasselbe Verhältniß). In Levroux erhielt Napoleon 580, Cavaignac 18, Ledru-Rollin 2. Die Pariser Bannmeile ist ganz bonapartistisch. Sevres, Meudon etc. stimmte wie Ein Mann für den Prinzen. Auch Barbes erhielt hier einige Stimmen, die sich neben Bonaparte ganz sonderbar ausnahmen. In Havre scheinen sich Bonaparte und Cavaignac gleich zu theilen. Selbst unter dem Seemilitär ist Bonaparte nicht weniger glücklich. Von 228 Matrosen auf der Fregatte Darien erhielt er 153 und Cavaignac nur 16 Stimmen. Die Uebrigen fallen auf Ledru-Rollin und Raspail. -- Wir sind ermächtigt -- sagt Peuple -- zu erklären, daß den Befehlshabern der Bürgerwehr und Artillerie-Kompagnien der Befehl zugegangen ist, einen genauen Rapport aller derjenigen Mannschaften einzureichen, auf welche man zählen könne. Außerdem bereitet man die Herstellung der fliegenden Lazarethe und große Ballen Charpie sollen in die Spitäler geschickt werden. Wir fragen bei der Exekutivgewalt an, was diese Vorbereitungen zu bedeuten haben? -- Laut telegraphischen Depeschen aus Straßburg, Valenciennes, Bordeaux, Metz, Lille und Mittelfrankreich, wurde überall die Wahl ohne Störung geschlossen. -- Nationalversammlung. Sitzung vom 12. December. Anfang 2 Uhr. Präsident Marrast. Wenig Deputirte im Saale. Cavaignac ist auf seinem Platz im Eck der ersten Bank links und unterhält sich lebhaft mit einer ihn umstehenden Gruppe. Wir sind leider zu entfernt, um etwas von ihrem Wahljammer verstehen zu können. Marrast schickt die Huissiers in alle Nebensäle, um die Deputirten herbei zu holen. Spärlich füllen sich die Bänke. Endlich kann man deliberiren. Die Tagesordnung klingt sehr bunt. Nr. I. Gesetzentwurf über 2 Millionen Franken zur Herstellung der Louvresäle. Der Entwurf zählt 3 Artikel, die alle ohne Weiteres durchgehen. Nr. II. betrifft die Junideportirten und allgemeine Amnestie für alle politische Eingefangene seit 24. Februar. Lamoriciere erklärt, es seien bereits 4 Kommissarien in Lorient und Cherbourg zur Sonderung von 1000 Insurgenten. Man solle den Gegenstand vertagen bis zu ihrer Rückkehr. (Vertagt.) Nr. III. betrifft Douanen und die Floconschen Drawbacks. Grandin erklart, daß Flocon kränklich sei und ihm Jemand vorige Nacht gestorben. Darum Vertagung. Nr. IV. Beholzung von Gebirgsrücken. Desmolers erklärt den Gegenstand für das platte Land ungemein wichtig. Alcan bittet um Vertagung bis morgen. Nr. V. Budgetvervollständigungen und Generalvotum pro 1848. Wird ohne Diskussion ausgesprochen. Nr. VI. Förmlichkeiten der Präsidentenwahl betreffend. Während dieser Debatte proklamirt Marrast die diesfällige Commission: Arnaud, Tranchard, Carnot, Mole, Vaulabelle, Sarrans, Buchez, Waldeck, Rousseau, Reignard, Charton, F. Berrot, Conti, Feuillade, Chauvin, Ducos, Beaumont, Astouin, Richard, Nachal, Abal, Pelletier, Durand, Charmarge, Ceyras, Woirhaye, Scheffer, Loissac, Souteyra. Nachdem Marrast die große Protokollbegutachtungs-Commission der Präsidentenwahl vorgelesen, nimmt der Finanzminister Trouve Chavuel das Wort. Trouve Chauvel legt 3 Gesetzentwürfe vor. Der erste spricht der Wagenbau-Industrie, die ganz darnieder liegt, Unterstützungs- und resp. Associationsfonds zu. Der zweite ermächtigt die Regierung, die ersten Vierzwölftheile der Steuern provisorisch für die Monate Januar, Februar, März und April 1849 zu erheben. Der dritte Gesetzentwurf endlich ist das Budget von 1849 selbst. Wir werden morgen auf die Begründung desselben (das s. g. Expose des motifs) zurückkommen. Die Sitzung wird geschlossen. Es schlägt 5 Uhr. Es herrscht eine allgemeine Spannung im Saale. Ungeachtet der Präsident anzeigt, daß die Sitzung aufgehoben, bleiben doch noch viele Deputirte im Saale. Es bilden sich Gruppen, in denen lebhaft diskutirt wird. Erst um 5 1/2 Uhr geht die Versammlung ganz auseinander. Paris ist übrigens ruhig. Das Wetter ist sehr schmutzig. Die Volksgruppen weniger häufig und dicht als gestern. Großbritannien. London, 12. Dez. Die Agitation in Betreff der Fälschung der Jury hat in Dublin eine Petition mit 11,000 Unterschriften zu Wege gebracht, die sofort an den Lordlieutenant von Irland weiterbefördert werden wird, da die Protestation gegen diesen Mißbrauch dem nächstens vor Gericht erscheinenden Insurgenten Charles Gavin Douffy noch von Nutzen sein könnte. Die heute auf direktem Wege aus Süd-Australien eingetroffenen Nachrichten, welche bis zum 23. Juni gehen, enthalten eigentlich wenig Neues, und erwähnen nur als eine Sache von Bedeutung, daß das Bergwerkswesen des Landes mit jedem Tage einen neuen Aufschwung nimmt. Die französische Präsidentschaftswahl beschäftigt die englische Presse jetzt im höchsten Grade. Außerdem giebt die in Irland stets wachsende Noth zu immer neuen Besprechungen Anlaß, von denen wir nächstens eine gedrängtere Zusammenstellung geben werden. Italien. * Das Pariser Journal des Debats vom 12. enthält Berichte aus Rom vom 4. Dez., Gaeta 3. und 4. Dez. mit ausführlichen Nachträgen über die Flucht des Pabstes und die von ihm geschleuderte (von uns bereits gestern gemeldete) Protestation gegen die Römer. Die provisorischen Regierungsglieder in dieser Proklamation, welche auf öffentlichem Platze in Rom verbrannt worden, sind folgende: 1) Kardinal Castracani, 2) Roberto Roberti Abbe, 3) Fürst Roviano, 4) Fürst Barberini, 5) Marquis Bevilacqua aus Bologna, 6) Marquis Ricci de Macerata, 7) General Zucchi, schon unter Rossi. Dies ist das sauberste Reaktionskorps, das der Kartätschenkönig Ferdinand, oder Radetzky selbst ausgewählt zu haben scheinen. Bologna soll das Hauptquartier der Reaktion werden, welche das römische Volk jedoch bis auf die Wurzel zu vertilgen entschlossen ist. * Rom, 4. Dez. Das päpstliche Breve veranlaßte gestern sofort die Zusammenberufung der Kammer. Die Sitzung, welche sich bis in die Nacht hineinzog, fand geheim statt, doch war ihr Resultat heute morgen schon in zwei riesigen Plakaten an den Straßenecken zu lesen. Im ersten derselben erkennt die Kammer die Legalität des Breve nicht an und befiehlt den Ministern, iher Funktionen fortzusetzen. Zwei Deputirte aus dem Schooße der Versammlung werden sich zum Papste verfügen, um ihn zur Rückkehr in die Hauptstadt einzuladen. Eine Proklamation wird in die Provinzen geschickt werden; die Senatorenkammer wird aufgefordert, dem Beispiel der Repräsentantenkammer zu folgen. Das zweite Plakat empfiehlt die Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung. Gaeta, 28. Novbr.
Unter heutigem Datum hat der Pabst folgenden Protest gegen die letzten Vorfälle in Rom erlassen: "Pius XI., Pabst, an seine vielgeliebten Unterthanen! Die wider Uns in den letzten Tagen begangenen Gewaltthaten und die offenbarte Absicht, deren neue zu begehen -- (möge Gott sie fern halten und in die Geister Gefühle der Mäßigung und Menschlichkeit senken) --, haben Uns gezwungen, Uns momentan von Unsern Unterthanen zu trennen, die da sind Unsere Kinder, die wir immer geliebt haben und die Wir noch immer lieben. Unter den Ursachen, welche Uns zu diesem, Gott weiß es, für Unser Herz so schmerzlichen Schritte vermocht, ist eine von der höchsten Wichtigkeit, nämlich die volle Freiheit, deren wir bedürfen, zur Ausübung der höchsten Gewalt des heiligen Stuhles, einer Gewalt und Freiheit, an welcher die katholische Welt mit Grund zweifeln könnte in den heutigen Umständen durch die Hemmnisse, die wir erdulden. Während eine solche Gewaltthat für Uns Gegenstand einer großen Bitterkeit ist, wächst Unsere Betrübniß, wenn Wir gedenken der Schuld von Undankbarkeit, welche eine Klasse verderbter Menschen Angesichts Europa's und der Welt auf sich geladen, sie steigert sich noch mehr dadurch, daß dies Benehmen ihren Seelen die Verachtung Gottes eingeflößt und sie dem blosstellt, früher oder später die von seiner Kirche eingesetzten Strafen zu ertragen. Allerdings erkennen Wir in der Undankbarkeit Unserer Kinder die Hand des Herrn, der Uns schlägt, der Genugthuung will für unsere Sünden, und jene unserer Völker, allein ohne unsere Pflichten zu verrathen, können Wir nicht umhin, vor Allen gegen die unerhörte und Gottesschänderische wider Uns ausgeübte Gewaltthat feierlich zu protestiren, einen Protest, den Wir schon den 16. Novbr. und den 17. Morgens mündlich ausgesprochen, in Gegenwart des diplomatischen Korps, welches eine edle Umgebung Uns bildete und so würdig dazu beigetragen, Unser Herz zu stärken. Denselben Protest wollen Wir heute wieder vorbringen, indem Wir erklären, daß Wir durch die Gewalt unterjocht worden, und daher erklären wir nichtig, ohne Kraft und illegal alle Akte, die daraus geflossen. Die harten Wahrheiten und die Protestationen, die Wir eben ausgesprochen, werden Unseren Lippen entrissen, durch die Verderbtheit der Menschen selbst, wie durch Unser Gewissen, welches Uns zur Erfüllung Unserer Pflichten angeregt und gezwungen hat. Indessen hegen wir die Zuversicht, daß es Uns nicht untersagt sein werde, vor Gott, wenn Wir ihn anrufen, wenn Wir ihn bitten werden, seinen Zorn zu beschwichtigen, Unser Gebet zu beginnen, mit den heiligen Worten des heiligen Königs und Propheten: Memento, domine, David et omnis mansuetudinis ejus." Unterdessen, da es Uns am Herzen liegt, zu Rom das Gouvernement Unseres Staates nicht ohne Leitung und ohne Haupt (acephalo) zu lassen, ernennen Wir eine aus sechs Mitgliedern bestehende Regierungskommission, nämlich den Kardinal Castracane, Monsignor Roberti, den Fürsten Roviano, den Fürsten Barberini, den Marquis Bevilaqua aus Bologna, den Marquis Ricci aus Mazerata und den Generallieutenant Zucchi. Indem Wir diese Kommission mit der weltlichen Leitung der Staatsangelegenheiten beauftragen, empfehlen Wir allen Unsern Unterthanen und Unsern Kindern Ruhe und Aufrechthaltung der guten Ordnung. Endlich wollen und empfehlen Wir, daß man zu Gott täglich und inbrünstig Gebete für Unsere demuthvolle Person sende, auf daß der Friede wiedergegeben werde der Welt, insbesondere Unserm Staate und Rom, wo immer Unser Herz sein wird, bei welchem Theile der Heerde Christi wir auch wohnen. Rufen Wir daher, Wir an Eurer Spitze, wie es die Pflicht des obersten Priesteramtes ist, rufen Wir die große Mutter der Barmherzigkeit an, die unbefleckte Jungfrau, die heiligen Apostel Petrus und Paulus, auf daß nach Unserm Flehen und Unsern brennenden Wünschen, der Zorn des allmächtigen Gottes von der Stadt Rom und jedwedem Staate abgewendet werde." Beilage zu Nr. 169 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag 15. Dezember 1848. Französische Republik. feuchtem Stroh verfaulen, am Tage nur das Geräusch der Meereswogen, des Nachts die Ttäume an ihre verhungernden Familien als Echo ihrer Klagen. Ihr würdet den Weheruf der Todten hören, und wie in jenen Gottesurtheilen, wo das Blut des Gemordeten beim Nahen des Mörders von Neuem rieselte, würde aus jenen großen gemeinsamen Gräbern der Kirchhöfe ein finsterer, blutiger Zug vor Euch hintreten: die Gefangenen, die sich auf Ehrenwort ergaben, und in den Cisternen von Ivry, den feuchten Kellern der Tuillerien und des Hotel de Ville erstickten, in dem Temple-Canal ersäuft, in der St. Martin-Caserne niedergemetzelt und im Luxenburg, auf dem Greve-Platz, auf dem St. Jean, in allen Casernen, an den Quais, den Brücken, den Kreuzwegen und Straßenecken, während dreier Tage, im Angesicht der ganzen Stadt füsilirt wurden. Wer will es wagen, sie Lügen zu strafen?! Und Ihr würdet endlich den allgemeinen Racheschrei der europäischen Democratie vernehmen, der verrathenen, geopferten, verkauften europäischen Democratie, der Fisilirten von Barcelona, von Mailand, von Wien, den Todesruf von Neapel, Messina, Prag, Frankfurt, Berlin, überall wo an dem rothen Himmel der eingeäscherten Städte der düstere Schatten der bombardirenden Volksverräther emporsteigt. Das wird der drückende Alp einer Nacht des Todeskampfes sein. Wohlan, General! Man sagt, Ihr habt einen großen Respekt vor dem Urtheil der Geschichte: möge Euch dies einen Vorgeschmack geben. Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme.“ Das sind die Register der Bourgeoisie und des Volkes. Und das Heer? wie es unter den Mobilen mit der Candidatur Cavaignac's beschaffen ist, kann man nicht bestimmen. Die Linie in und um Paris aber ist von ihm abgefallen. In Versailles, wo das 18. leichte Infanterie-Regiment stimmte, haben für Cavaignac 19, für Louis-Napoleon 800 Mann gestimmt. Das gleiche Verhältniß soll in den meisten andern hiesigen Regimentern stattfinden. Was Herrn Ledru-Rollin betrifft, werden wir Morgen ausführlich nachrechnen. 17 Paris, 12. Dez. Welchen kindischen Marktschreierton die Bonapartischen Blätter anschlagen, beweist wieder die gestrige Nummer des in Paris erscheinenden „L'Evenement“ (man schließe daraus, wie die speziell für Bauerknaben berechneten Provinzialblättchen dieser Klike aussehen): „Der große Kaiser ist nicht todt. Nein, er lebt immerdar und wird oft seinen Neffen im Geheimen besuchen, und ihm ins Ohr flüstern, wie das schöne Frankreich glücklich und groß zu machen; ja, er wird ihm sagen, wo der berühmte Kaiserschatz wieder aufzufinden sei, der so ungeheuer groß ist, daß damit alle unsere Abgaben gedeckt werden können. Darum laßt uns stimmen für Napoleon Bonaparte! So reden die braven Landleute, und sie haben Recht in ihrer Unbefangenheit. Ja, stimmen wir nur getrost und getreulich alle für den Neffen des Kaisers!“ Scherz bei Seite, dies kann der Stoff zu einer allgemeinen Mordjagd auf Prinz Bonaparte werden, der wirklich durch seine Trödelagenten ausbreiten ließ, er wolle die Abgaben, vielleicht die Hypotheken, den Bauern abnehmen; thut er es nicht, so werden die Getäuschten grimmig. Ueberall hängen die Herren Kronprätendenten am — Schaufenster; auch der „liebe Henry“ (wie er sich antik, mit einem y, unterzeichnet) ist jetzt zu sehen, und die fanatischen Anhänger dieser „prinzlichen Schmeißfliegen, wie National de L'Duest sie nennt, in den Provinzen erklären ganz gelassen: „Paris muß bombardirt werden, wenn die Kommunisten wieder daselbst revoltiren.“ Die Pariser Spießbürger sind gerade nicht für ein Bombardement gestimmt, indessen wünschen sie sehnlichst der Kommunistenplage los zu werden, und eine Art Glaubenssatz ist bei ihnen, Cavaignac (den sie zwar nicht lieben, seit sie seine Grobheit erfahren, aber als unermüdlichen Kommunistenfresser zu schätzen wissen) müsse, sobald die Eigenthumsfeinde zu krawalliren anfangen, mit der Garnison sich in die Ebene von St. Denis hinausziehen und die Zufuhr abschneiden; inzwischen werde Vater Bugeaud aus den Departements mit etwelchen Zehntausenden von Nationalgardisten gegen Paris heranziehen und den Sieg der Ordnung befestigen. Bugeaud, der „große Marschall,“ ist dem Aeußern und Innern nach ein leibhaftiger Blücher. Wie ähnlich der „Neuen Preußischen Zeitung“ die Blätter des Bourgeoisfrankreich predigen, zeigt sich wieder aus dem „Courier de la Gironde“ vom 7. Novbr., wo mit folgenden Worten zum Bürgerkriege aufgemuntert wird: „Aha, ihr Herren Unruhstifter da oben in Paris, ihr meint auch 1848 sei noch eure Stadt die legitime Despotin des gesammten Landes? wir aber sagen euch, wenn ihr wieder neue Streiche macht, so marschiren die Nationalgarden der Provinzen und die Bauern, eine halbe Million an Zahl, auf eure infame Stadt, und dann wird sich zeigen ob die Straßenbuben derselben noch ferner Gesetze der Masse von 33 Mill. Franzosen vorschreiben können?“ Dies homerische Aufbrechen der Provinzen und Zerstören der unheimlichen Feste Ilion, ist jedenfalls nicht zu befürchten; rückten die Bourgeois in Uniform aus den Städten nach Paris, so blieben ihre Familien als Geiseln in der Gewalt der Arbeiter ohne Uniform, die wohl bald zu Waffen kommen würden; es müßte dann à la prussienne Stadt um Stadt in Belagerungszustand erklärt werden. Die Arbeiter wurden schon im Juni von den gen Ilion-Paris marschirenden Provinzbourgeois nicht mitgenommen, weil, wie mir ein Haupt-Junibourgeois demonstrirte, man fürchtete sie würden, in Paris angelangt, plötzlich zu den Insurgenten überlaufen. Die Bauern sind eben nicht sehr mobil, und haben seit Juni vielfache Spaltungen in sich; „der Fanatismus des Geldgottes und des Eigenthumsfetisches ist bereits bei vielen „erschüttert“, bemerkt „Le Peuple souverain“ sehr richtig. Aber Steuerverweigerung wäre allerdings unausbleiblich, wenn die Pariser gar zu hastig und weit ausholten, so daß die Provinzialen, „die gar schwachen Geistes und trägen Fleisches“ sind, wie dasselbe Blatt bemerkt, ihnen nicht nachschreiten könnten. — Allgemeine Heiterkeit erregt die blaue Affische des halbverrückten Dr. med. Watbled, der sich schon zur Nationalrepräsentation anpries und jetzt zum Präsidenten; als Rechtstitel macht er geltend, er habe mehrere Lebensrettungsapparate erfunden, 30 Jahre als Marinearzt in Frankreich und in den Kolonien gedient, an Napoleon schreiben wollen, um ihn von der Schlacht bei Waterloo abzuhalten, aber letztern Brief nicht abgeschickt, weil er Entsetzen vor dem Namen Waterloo, der die drei ersten Buchstaben gleich Watbled habe, gefühlt; übrigens sei er stets auf die Wohlfahrt seiner Mitbürger bedacht. — Der Polizeipräfekt Dr. med. Gervais wird immer reaktionärer, obschon er einer der weitesten Oppositionellen von 1848 war und sehr wacker vor 10 Jahren mit Pistole und Säbel die Polizeikommissäre, die ohne regulirtes Mandat Haussuchung bei ihm halten wollten, zurücktrieb, wofür er mehrere tausend Franken Buße und Kerker bekam. Aber alle diese bourgeois-republikanischen Heldenstücke können nicht mehr ziehen. „La Tribüne“ von Bordeaux, im Dienste Cavaignac's, ruft: „Bürger, auf euren Posten! Die Wahlurnen stehen bereit, ihr seid Söhne des Vaterlandes. Die Demokratie wird nicht untergehen, doch könnte ihr Sieg viel der Thränen und des Blutes kosten. Die Monarchie ist gründlich todt; galvanisiren mag man ihre Leiche, aber nur Zuckungen wären das Resultat, kein Lebenshauch, und sie würde zum vierten Mal in den Koth und in das Blut auf der Straße stürzen. Votirt nicht für den Kandidaten der Zerstörung ‥‥ Die Gegner sind kolossal in ihrem Hochmuth, sie haben einen Kopf von Gold, einen Leib von Silber — aber ihre Beine sind von Thon. Was bedeutet diese wüste Masse, die im Namen Louis Bonaparte's zur Urne getrieben wird? Sie ist ein Bündel von Nattern der Zwietracht, die bald sich lostrennen und einander zerfleischen werden … Theure Mitbürger, Ehrenmänner, helft uns das Vaterland von den schlimmsten Gefahren erretten, die ihm seit fünfzig Jahren drohte … Wir sehen schon den Handel vernichtet, den Ackerbau gestört, die Ateliers vereinsamt, den Krieg in den Straßen, den Krieg an den Gränzen des Reichs, Blut und Leichname hier und dort!“ Napoleon der Große sprach auf St. Helena: „Wenn mein Sohn am Leben bleibt, dann wird ihn das Zujauchzen des Volkes auf meinen Thron erheben, aber wenn er todt ist, dann wird Frankreich wieder eine Republik werden, keine Hand auf Erden wird das Scepter zu ergreifen wagen, welches sie nicht zu führen vermöchte!“ Und doch stimmt das Bauernvolk wie Ein Mann für diesen Abentheurer, der, wie viele behaupten, Vater Bugeaud zum Kriegsminister, Emil Girardin und Thiers zu Ministern des Innern und Aeußern machen wird. — Nächsten Sonntag findet ein großartiges Bankett der „Verbrüderung der französischen und deutschen Socialdemokraten“ Statt; die Comité's der Polen und Italiener, achtzehn Arbeiterassaciationen, viele Volksvertreter wurden eingeladen. Nachschrift. Man spricht von einer nach Mitternacht in der Straße St. Honoré stattgefundenen Rauferei zwischen Mobile und Linie, wobei „Nieder mit Cavaignac! Hoch lebe Bonaparte!“ geschrieen und zwei rothe Fahnen erschienen seinen. Das Gesetz gegen die Zusammenrottungen ist seit heute affischirt. — Wahlresultate von vielen Ländereien ergeben, daß Bonaparte dort 80, ja 90 Prozent der Stimmen hat; er bekommt vermuthlich absolute Majorität. Paris, 12. Dezember. Folgende Resultate wurden bis heute Mittag von auswärts auf Privatwegen bekannt: Im Somme-Departement schätzt man auf 80 Prozent die Mehrheit Louis Napoleon Banaparte's. In Hangest an der Somme z. B. erhielt derselbe 986 und Cavaignac 81 Stimmen von 1077 Wählern. In Allonville 229 gegen 1 Stimme für Cavaignac. Im Oise-Departement wurde der „Prinz“ einstimmig gewählt z. B. in Breteuil, Maignelay. Im Seine- und Oise-Departement desgleichen. In Reuil z. B. wo Josephine und Hortensie begraben liegen, trug der Gemeindeweibel beim Zuge zur Urne eine Fahne voran, auf der geschrieben stand: „Tod Jedem der gegen Napoleon stimmt.“ In Indre und Loire (Tours) für Cavaignac 1669, für Louis Napoleon Bonaparte 8261; Oise-Departement (Beauvais) Louis Napoleon 3144; Cavaignac 1535. Nieder Seine (Jugonville) Cavaignac 995; Louis Napoleon 758; Ledru-Rollin 229; Indre (Chateauroux) 1. Sektion Ledru-Rollin 950, Cavaignac 438 Napoleon 292 (in den übrigern Sektionen etwa dasselbe Verhältniß). In Levroux erhielt Napoleon 580, Cavaignac 18, Ledru-Rollin 2. Die Pariser Bannmeile ist ganz bonapartistisch. Sevres, Meudon etc. stimmte wie Ein Mann für den Prinzen. Auch Barbes erhielt hier einige Stimmen, die sich neben Bonaparte ganz sonderbar ausnahmen. In Havre scheinen sich Bonaparte und Cavaignac gleich zu theilen. Selbst unter dem Seemilitär ist Bonaparte nicht weniger glücklich. Von 228 Matrosen auf der Fregatte Darien erhielt er 153 und Cavaignac nur 16 Stimmen. Die Uebrigen fallen auf Ledru-Rollin und Raspail. — Wir sind ermächtigt — sagt Peuple — zu erklären, daß den Befehlshabern der Bürgerwehr und Artillerie-Kompagnien der Befehl zugegangen ist, einen genauen Rapport aller derjenigen Mannschaften einzureichen, auf welche man zählen könne. Außerdem bereitet man die Herstellung der fliegenden Lazarethe und große Ballen Charpie sollen in die Spitäler geschickt werden. Wir fragen bei der Exekutivgewalt an, was diese Vorbereitungen zu bedeuten haben? — Laut telegraphischen Depeschen aus Straßburg, Valenciennes, Bordeaux, Metz, Lille und Mittelfrankreich, wurde überall die Wahl ohne Störung geschlossen. — Nationalversammlung. Sitzung vom 12. December. Anfang 2 Uhr. Präsident Marrast. Wenig Deputirte im Saale. Cavaignac ist auf seinem Platz im Eck der ersten Bank links und unterhält sich lebhaft mit einer ihn umstehenden Gruppe. Wir sind leider zu entfernt, um etwas von ihrem Wahljammer verstehen zu können. Marrast schickt die Huissiers in alle Nebensäle, um die Deputirten herbei zu holen. Spärlich füllen sich die Bänke. Endlich kann man deliberiren. Die Tagesordnung klingt sehr bunt. Nr. I. Gesetzentwurf über 2 Millionen Franken zur Herstellung der Louvresäle. Der Entwurf zählt 3 Artikel, die alle ohne Weiteres durchgehen. Nr. II. betrifft die Junideportirten und allgemeine Amnestie für alle politische Eingefangene seit 24. Februar. Lamoriciere erklärt, es seien bereits 4 Kommissarien in Lorient und Cherbourg zur Sonderung von 1000 Insurgenten. Man solle den Gegenstand vertagen bis zu ihrer Rückkehr. (Vertagt.) Nr. III. betrifft Douanen und die Floconschen Drawbacks. Grandin erklart, daß Flocon kränklich sei und ihm Jemand vorige Nacht gestorben. Darum Vertagung. Nr. IV. Beholzung von Gebirgsrücken. Desmolers erklärt den Gegenstand für das platte Land ungemein wichtig. Alcan bittet um Vertagung bis morgen. Nr. V. Budgetvervollständigungen und Generalvotum pro 1848. Wird ohne Diskussion ausgesprochen. Nr. VI. Förmlichkeiten der Präsidentenwahl betreffend. Während dieser Debatte proklamirt Marrast die diesfällige Commission: Arnaud, Tranchard, Carnot, Molé, Vaulabelle, Sarrans, Buchez, Waldeck, Rousseau, Reignard, Charton, F. Berrot, Conti, Feuillade, Chauvin, Ducos, Beaumont, Astouin, Richard, Nachal, Abal, Pelletier, Durand, Charmarge, Ceyras, Woirhaye, Scheffer, Loissac, Souteyra. Nachdem Marrast die große Protokollbegutachtungs-Commission der Präsidentenwahl vorgelesen, nimmt der Finanzminister Trouvé Chavuel das Wort. Trouvé Chauvel legt 3 Gesetzentwürfe vor. Der erste spricht der Wagenbau-Industrie, die ganz darnieder liegt, Unterstützungs- und resp. Associationsfonds zu. Der zweite ermächtigt die Regierung, die ersten Vierzwölftheile der Steuern provisorisch für die Monate Januar, Februar, März und April 1849 zu erheben. Der dritte Gesetzentwurf endlich ist das Budget von 1849 selbst. Wir werden morgen auf die Begründung desselben (das s. g. Exposé des motifs) zurückkommen. Die Sitzung wird geschlossen. Es schlägt 5 Uhr. Es herrscht eine allgemeine Spannung im Saale. Ungeachtet der Präsident anzeigt, daß die Sitzung aufgehoben, bleiben doch noch viele Deputirte im Saale. Es bilden sich Gruppen, in denen lebhaft diskutirt wird. Erst um 5 1/2 Uhr geht die Versammlung ganz auseinander. Paris ist übrigens ruhig. Das Wetter ist sehr schmutzig. Die Volksgruppen weniger häufig und dicht als gestern. Großbritannien. London, 12. Dez. Die Agitation in Betreff der Fälschung der Jury hat in Dublin eine Petition mit 11,000 Unterschriften zu Wege gebracht, die sofort an den Lordlieutenant von Irland weiterbefördert werden wird, da die Protestation gegen diesen Mißbrauch dem nächstens vor Gericht erscheinenden Insurgenten Charles Gavin Douffy noch von Nutzen sein könnte. Die heute auf direktem Wege aus Süd-Australien eingetroffenen Nachrichten, welche bis zum 23. Juni gehen, enthalten eigentlich wenig Neues, und erwähnen nur als eine Sache von Bedeutung, daß das Bergwerkswesen des Landes mit jedem Tage einen neuen Aufschwung nimmt. Die französische Präsidentschaftswahl beschäftigt die englische Presse jetzt im höchsten Grade. Außerdem giebt die in Irland stets wachsende Noth zu immer neuen Besprechungen Anlaß, von denen wir nächstens eine gedrängtere Zusammenstellung geben werden. Italien. * Das Pariser Journal des Debats vom 12. enthält Berichte aus Rom vom 4. Dez., Gaeta 3. und 4. Dez. mit ausführlichen Nachträgen über die Flucht des Pabstes und die von ihm geschleuderte (von uns bereits gestern gemeldete) Protestation gegen die Römer. Die provisorischen Regierungsglieder in dieser Proklamation, welche auf öffentlichem Platze in Rom verbrannt worden, sind folgende: 1) Kardinal Castracani, 2) Roberto Roberti Abbé, 3) Fürst Roviano, 4) Fürst Barberini, 5) Marquis Bevilacqua aus Bologna, 6) Marquis Ricci de Macerata, 7) General Zucchi, schon unter Rossi. Dies ist das sauberste Reaktionskorps, das der Kartätschenkönig Ferdinand, oder Radetzky selbst ausgewählt zu haben scheinen. Bologna soll das Hauptquartier der Reaktion werden, welche das römische Volk jedoch bis auf die Wurzel zu vertilgen entschlossen ist. * Rom, 4. Dez. Das päpstliche Breve veranlaßte gestern sofort die Zusammenberufung der Kammer. Die Sitzung, welche sich bis in die Nacht hineinzog, fand geheim statt, doch war ihr Resultat heute morgen schon in zwei riesigen Plakaten an den Straßenecken zu lesen. Im ersten derselben erkennt die Kammer die Legalität des Breve nicht an und befiehlt den Ministern, iher Funktionen fortzusetzen. Zwei Deputirte aus dem Schooße der Versammlung werden sich zum Papste verfügen, um ihn zur Rückkehr in die Hauptstadt einzuladen. Eine Proklamation wird in die Provinzen geschickt werden; die Senatorenkammer wird aufgefordert, dem Beispiel der Repräsentantenkammer zu folgen. Das zweite Plakat empfiehlt die Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung. Gaeta, 28. Novbr.
Unter heutigem Datum hat der Pabst folgenden Protest gegen die letzten Vorfälle in Rom erlassen: „Pius XI., Pabst, an seine vielgeliebten Unterthanen! Die wider Uns in den letzten Tagen begangenen Gewaltthaten und die offenbarte Absicht, deren neue zu begehen — (möge Gott sie fern halten und in die Geister Gefühle der Mäßigung und Menschlichkeit senken) —, haben Uns gezwungen, Uns momentan von Unsern Unterthanen zu trennen, die da sind Unsere Kinder, die wir immer geliebt haben und die Wir noch immer lieben. Unter den Ursachen, welche Uns zu diesem, Gott weiß es, für Unser Herz so schmerzlichen Schritte vermocht, ist eine von der höchsten Wichtigkeit, nämlich die volle Freiheit, deren wir bedürfen, zur Ausübung der höchsten Gewalt des heiligen Stuhles, einer Gewalt und Freiheit, an welcher die katholische Welt mit Grund zweifeln könnte in den heutigen Umständen durch die Hemmnisse, die wir erdulden. Während eine solche Gewaltthat für Uns Gegenstand einer großen Bitterkeit ist, wächst Unsere Betrübniß, wenn Wir gedenken der Schuld von Undankbarkeit, welche eine Klasse verderbter Menschen Angesichts Europa's und der Welt auf sich geladen, sie steigert sich noch mehr dadurch, daß dies Benehmen ihren Seelen die Verachtung Gottes eingeflößt und sie dem blosstellt, früher oder später die von seiner Kirche eingesetzten Strafen zu ertragen. Allerdings erkennen Wir in der Undankbarkeit Unserer Kinder die Hand des Herrn, der Uns schlägt, der Genugthuung will für unsere Sünden, und jene unserer Völker, allein ohne unsere Pflichten zu verrathen, können Wir nicht umhin, vor Allen gegen die unerhörte und Gottesschänderische wider Uns ausgeübte Gewaltthat feierlich zu protestiren, einen Protest, den Wir schon den 16. Novbr. und den 17. Morgens mündlich ausgesprochen, in Gegenwart des diplomatischen Korps, welches eine edle Umgebung Uns bildete und so würdig dazu beigetragen, Unser Herz zu stärken. Denselben Protest wollen Wir heute wieder vorbringen, indem Wir erklären, daß Wir durch die Gewalt unterjocht worden, und daher erklären wir nichtig, ohne Kraft und illegal alle Akte, die daraus geflossen. Die harten Wahrheiten und die Protestationen, die Wir eben ausgesprochen, werden Unseren Lippen entrissen, durch die Verderbtheit der Menschen selbst, wie durch Unser Gewissen, welches Uns zur Erfüllung Unserer Pflichten angeregt und gezwungen hat. Indessen hegen wir die Zuversicht, daß es Uns nicht untersagt sein werde, vor Gott, wenn Wir ihn anrufen, wenn Wir ihn bitten werden, seinen Zorn zu beschwichtigen, Unser Gebet zu beginnen, mit den heiligen Worten des heiligen Königs und Propheten: Memento, domine, David et omnis mansuetudinis ejus.« Unterdessen, da es Uns am Herzen liegt, zu Rom das Gouvernement Unseres Staates nicht ohne Leitung und ohne Haupt (acephalo) zu lassen, ernennen Wir eine aus sechs Mitgliedern bestehende Regierungskommission, nämlich den Kardinal Castracane, Monsignor Roberti, den Fürsten Roviano, den Fürsten Barberini, den Marquis Bevilaqua aus Bologna, den Marquis Ricci aus Mazerata und den Generallieutenant Zucchi. Indem Wir diese Kommission mit der weltlichen Leitung der Staatsangelegenheiten beauftragen, empfehlen Wir allen Unsern Unterthanen und Unsern Kindern Ruhe und Aufrechthaltung der guten Ordnung. Endlich wollen und empfehlen Wir, daß man zu Gott täglich und inbrünstig Gebete für Unsere demuthvolle Person sende, auf daß der Friede wiedergegeben werde der Welt, insbesondere Unserm Staate und Rom, wo immer Unser Herz sein wird, bei welchem Theile der Heerde Christi wir auch wohnen. Rufen Wir daher, Wir an Eurer Spitze, wie es die Pflicht des obersten Priesteramtes ist, rufen Wir die große Mutter der Barmherzigkeit an, die unbefleckte Jungfrau, die heiligen Apostel Petrus und Paulus, auf daß nach Unserm Flehen und Unsern brennenden Wünschen, der Zorn des allmächtigen Gottes von der Stadt Rom und jedwedem Staate abgewendet werde.“ <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0911"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 169 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Freitag 15. Dezember 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar169b_001" type="jArticle"> <p>feuchtem Stroh verfaulen, am Tage nur das Geräusch der Meereswogen, des Nachts die Ttäume an ihre verhungernden Familien als Echo ihrer Klagen. Ihr würdet den Weheruf der Todten hören, und wie in jenen Gottesurtheilen, wo das Blut des Gemordeten beim Nahen des Mörders von Neuem rieselte, würde aus jenen großen gemeinsamen Gräbern der Kirchhöfe ein finsterer, blutiger Zug vor Euch hintreten: die Gefangenen, die sich auf Ehrenwort ergaben, und in den Cisternen von Ivry, den feuchten Kellern der Tuillerien und des Hotel de Ville erstickten, in dem Temple-Canal ersäuft, in der St. Martin-Caserne niedergemetzelt und im Luxenburg, auf dem Greve-Platz, auf dem St. Jean, in allen Casernen, an den Quais, den Brücken, den Kreuzwegen und Straßenecken, während dreier Tage, im Angesicht der ganzen Stadt füsilirt wurden. Wer will es wagen, sie Lügen zu strafen?! Und Ihr würdet endlich den allgemeinen Racheschrei der europäischen Democratie vernehmen, der verrathenen, geopferten, verkauften europäischen Democratie, der Fisilirten von Barcelona, von Mailand, von Wien, den Todesruf von Neapel, Messina, Prag, Frankfurt, Berlin, überall wo an dem rothen Himmel der eingeäscherten Städte der düstere Schatten der bombardirenden Volksverräther emporsteigt. Das wird der drückende Alp einer Nacht des Todeskampfes sein. Wohlan, General! Man sagt, Ihr habt einen großen Respekt vor dem Urtheil der Geschichte: möge Euch dies einen Vorgeschmack geben. Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme.“</p> <p>Das sind die Register der Bourgeoisie und des Volkes. Und das Heer? wie es unter den Mobilen mit der Candidatur Cavaignac's beschaffen ist, kann man nicht bestimmen. Die Linie in und um Paris aber ist von ihm abgefallen. In Versailles, wo das 18. leichte Infanterie-Regiment stimmte, haben für Cavaignac 19, für Louis-Napoleon 800 Mann gestimmt. Das gleiche Verhältniß soll in den meisten andern hiesigen Regimentern stattfinden.</p> <p>Was Herrn Ledru-Rollin betrifft, werden wir Morgen ausführlich nachrechnen.</p> </div> <div xml:id="ar169b_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 12. Dez.</head> <p>Welchen kindischen Marktschreierton die Bonapartischen Blätter anschlagen, beweist wieder die gestrige Nummer des in Paris erscheinenden „L'Evenement“ (man schließe daraus, wie die speziell für Bauerknaben berechneten Provinzialblättchen dieser Klike aussehen): „Der große Kaiser ist nicht todt. Nein, er lebt immerdar und wird oft seinen Neffen im Geheimen besuchen, und ihm ins Ohr flüstern, wie das schöne Frankreich glücklich und groß zu machen; ja, er wird ihm sagen, wo der berühmte Kaiserschatz wieder aufzufinden sei, der so ungeheuer groß ist, daß damit alle unsere Abgaben gedeckt werden können. Darum laßt uns stimmen für Napoleon Bonaparte! So reden die braven Landleute, und sie haben Recht in ihrer Unbefangenheit. Ja, stimmen wir nur getrost und getreulich alle für den Neffen des Kaisers!“ Scherz bei Seite, dies kann der Stoff zu einer allgemeinen Mordjagd auf Prinz Bonaparte werden, der wirklich durch seine Trödelagenten ausbreiten ließ, er wolle die Abgaben, vielleicht die Hypotheken, den Bauern abnehmen; thut er es nicht, so werden die Getäuschten grimmig. Ueberall hängen die Herren Kronprätendenten am — Schaufenster; auch der „liebe Henry“ (wie er sich antik, mit einem y, unterzeichnet) ist jetzt zu sehen, und die fanatischen Anhänger dieser „prinzlichen Schmeißfliegen, wie National de L'Duest sie nennt, in den Provinzen erklären ganz gelassen: „Paris muß bombardirt werden, wenn die Kommunisten wieder daselbst revoltiren.“ Die Pariser Spießbürger sind gerade nicht für ein Bombardement gestimmt, indessen wünschen sie sehnlichst der Kommunistenplage los zu werden, und eine Art Glaubenssatz ist bei ihnen, Cavaignac (den sie zwar nicht lieben, seit sie seine Grobheit erfahren, aber als unermüdlichen Kommunistenfresser zu schätzen wissen) müsse, sobald die Eigenthumsfeinde zu krawalliren anfangen, mit der Garnison sich in die Ebene von St. Denis hinausziehen und die Zufuhr abschneiden; inzwischen werde Vater Bugeaud aus den Departements mit etwelchen Zehntausenden von Nationalgardisten gegen Paris heranziehen und den Sieg der Ordnung befestigen. Bugeaud, der „große Marschall,“ ist dem Aeußern und Innern nach ein leibhaftiger Blücher.</p> <p>Wie ähnlich der „Neuen Preußischen Zeitung“ die Blätter des Bourgeoisfrankreich predigen, zeigt sich wieder aus dem „Courier de la Gironde“ vom 7. Novbr., wo mit folgenden Worten zum Bürgerkriege aufgemuntert wird: „Aha, ihr Herren Unruhstifter da oben in Paris, ihr meint auch 1848 sei noch eure Stadt die legitime Despotin des gesammten Landes? wir aber sagen euch, wenn ihr wieder neue Streiche macht, so marschiren die Nationalgarden der Provinzen und die Bauern, eine halbe Million an Zahl, auf eure infame Stadt, und dann wird sich zeigen ob die Straßenbuben derselben noch ferner Gesetze der Masse von 33 Mill. Franzosen vorschreiben können?“ Dies homerische Aufbrechen der Provinzen und Zerstören der unheimlichen Feste Ilion, ist jedenfalls nicht zu befürchten; rückten die Bourgeois in Uniform aus den Städten nach Paris, so blieben ihre Familien als Geiseln in der Gewalt der Arbeiter ohne Uniform, die wohl bald zu Waffen kommen würden; es müßte dann à la prussienne Stadt um Stadt in Belagerungszustand erklärt werden. Die Arbeiter wurden schon im Juni von den gen Ilion-Paris marschirenden Provinzbourgeois <hi rendition="#g">nicht</hi> mitgenommen, weil, wie mir ein Haupt-Junibourgeois demonstrirte, man fürchtete sie würden, in Paris angelangt, plötzlich zu den Insurgenten überlaufen. Die Bauern sind eben nicht sehr mobil, und haben seit Juni vielfache Spaltungen in sich; „der Fanatismus des Geldgottes und des Eigenthumsfetisches ist bereits bei vielen „erschüttert“, bemerkt „Le Peuple souverain“ sehr richtig. Aber Steuerverweigerung wäre allerdings unausbleiblich, wenn die Pariser gar zu hastig und weit ausholten, so daß die Provinzialen, „die gar schwachen Geistes und trägen Fleisches“ sind, wie dasselbe Blatt bemerkt, ihnen nicht nachschreiten könnten. — Allgemeine Heiterkeit erregt die blaue Affische des halbverrückten Dr. med. Watbled, der sich schon zur Nationalrepräsentation anpries und jetzt zum Präsidenten; als Rechtstitel macht er geltend, er habe mehrere Lebensrettungsapparate erfunden, 30 Jahre als Marinearzt in Frankreich und in den Kolonien gedient, an Napoleon schreiben wollen, um ihn von der Schlacht bei Waterloo abzuhalten, aber letztern Brief nicht abgeschickt, weil er Entsetzen vor dem Namen Waterloo, der die drei ersten Buchstaben gleich Watbled habe, gefühlt; übrigens sei er stets auf die Wohlfahrt seiner Mitbürger bedacht. — Der Polizeipräfekt Dr. med. Gervais wird immer reaktionärer, obschon er einer der weitesten Oppositionellen von 1848 war und sehr wacker vor 10 Jahren mit Pistole und Säbel die Polizeikommissäre, die ohne regulirtes Mandat Haussuchung bei ihm halten wollten, zurücktrieb, wofür er mehrere tausend Franken Buße und Kerker bekam. Aber alle diese bourgeois-republikanischen Heldenstücke können nicht mehr ziehen.</p> <p>„La Tribüne“ von Bordeaux, im Dienste Cavaignac's, ruft: „Bürger, auf euren Posten! Die Wahlurnen stehen bereit, ihr seid Söhne des Vaterlandes. Die Demokratie wird nicht untergehen, doch könnte ihr Sieg viel der Thränen und des Blutes kosten. Die Monarchie ist gründlich todt; galvanisiren mag man ihre Leiche, aber nur Zuckungen wären das Resultat, kein Lebenshauch, und sie würde zum vierten Mal in den Koth und in das Blut auf der Straße stürzen. Votirt nicht für den Kandidaten der Zerstörung ‥‥ Die Gegner sind kolossal in ihrem Hochmuth, sie haben einen Kopf von Gold, einen Leib von Silber — aber ihre Beine sind von Thon. Was bedeutet diese wüste Masse, die im Namen Louis Bonaparte's zur Urne getrieben wird? Sie ist ein Bündel von Nattern der Zwietracht, die bald sich lostrennen und einander zerfleischen werden … Theure Mitbürger, Ehrenmänner, helft uns das Vaterland von den schlimmsten Gefahren erretten, die ihm seit fünfzig Jahren drohte … Wir sehen schon den Handel vernichtet, den Ackerbau gestört, die Ateliers vereinsamt, den Krieg in den Straßen, den Krieg an den Gränzen des Reichs, Blut und Leichname hier und dort!“ Napoleon der Große sprach auf St. Helena: „Wenn mein Sohn am Leben bleibt, dann wird ihn das Zujauchzen des Volkes auf meinen Thron erheben, aber wenn er todt ist, dann wird Frankreich wieder eine Republik werden, keine Hand auf Erden wird das Scepter zu ergreifen wagen, welches sie nicht zu führen vermöchte!“ Und doch stimmt das Bauernvolk wie Ein Mann für diesen Abentheurer, der, wie viele behaupten, Vater Bugeaud zum Kriegsminister, Emil Girardin und Thiers zu Ministern des Innern und Aeußern machen wird. — Nächsten Sonntag findet ein großartiges Bankett der „Verbrüderung der französischen und deutschen Socialdemokraten“ Statt; die Comité's der Polen und Italiener, achtzehn Arbeiterassaciationen, viele Volksvertreter wurden eingeladen.</p> <p><hi rendition="#g">Nachschrift</hi>. Man spricht von einer nach Mitternacht in der Straße St. Honoré stattgefundenen Rauferei zwischen Mobile und Linie, wobei „Nieder mit Cavaignac! Hoch lebe Bonaparte!“ geschrieen und zwei rothe Fahnen erschienen seinen. Das Gesetz gegen die Zusammenrottungen ist seit heute affischirt. — Wahlresultate von vielen Ländereien ergeben, daß Bonaparte dort 80, ja 90 Prozent der Stimmen hat; er bekommt vermuthlich absolute Majorität.</p> </div> <div xml:id="ar169b_003" type="jArticle"> <head>Paris, 12. Dezember.</head> <p>Folgende Resultate wurden bis heute Mittag von auswärts auf Privatwegen bekannt: Im Somme-Departement schätzt man auf 80 Prozent die Mehrheit Louis Napoleon Banaparte's. In Hangest an der Somme z. B. erhielt derselbe 986 und Cavaignac 81 Stimmen von 1077 Wählern. In Allonville 229 gegen 1 Stimme für Cavaignac. Im Oise-Departement wurde der „Prinz“ einstimmig gewählt z. B. in Breteuil, Maignelay. Im Seine- und Oise-Departement desgleichen. In Reuil z. B. wo Josephine und Hortensie begraben liegen, trug der Gemeindeweibel beim Zuge zur Urne eine Fahne voran, auf der geschrieben stand: „Tod Jedem der gegen Napoleon stimmt.“ In Indre und Loire (Tours) für Cavaignac 1669, für Louis Napoleon Bonaparte 8261; Oise-Departement (Beauvais) Louis Napoleon 3144; Cavaignac 1535. Nieder Seine (Jugonville) Cavaignac 995; Louis Napoleon 758; Ledru-Rollin 229; Indre (Chateauroux) 1. Sektion Ledru-Rollin 950, Cavaignac 438 Napoleon 292 (in den übrigern Sektionen etwa dasselbe Verhältniß). In Levroux erhielt Napoleon 580, Cavaignac 18, Ledru-Rollin 2. Die Pariser Bannmeile ist ganz bonapartistisch. Sevres, Meudon etc. stimmte wie Ein Mann für den Prinzen. Auch Barbes erhielt hier einige Stimmen, die sich neben Bonaparte ganz sonderbar ausnahmen.</p> <p>In Havre scheinen sich Bonaparte und Cavaignac gleich zu theilen. Selbst unter dem Seemilitär ist Bonaparte nicht weniger glücklich. Von 228 Matrosen auf der Fregatte Darien erhielt er 153 und Cavaignac nur 16 Stimmen. Die Uebrigen fallen auf Ledru-Rollin und Raspail.</p> <p>— Wir sind ermächtigt — sagt Peuple — zu erklären, daß den Befehlshabern der Bürgerwehr und Artillerie-Kompagnien der Befehl zugegangen ist, einen genauen Rapport aller derjenigen Mannschaften einzureichen, auf welche man zählen könne. Außerdem bereitet man die Herstellung der fliegenden Lazarethe und große Ballen Charpie sollen in die Spitäler geschickt werden. Wir fragen bei der Exekutivgewalt an, was diese Vorbereitungen zu bedeuten haben?</p> <p>— Laut telegraphischen Depeschen aus Straßburg, Valenciennes, Bordeaux, Metz, Lille und Mittelfrankreich, wurde überall die Wahl ohne Störung geschlossen.</p> <p>— <hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi>. Sitzung vom 12. December. Anfang 2 Uhr. Präsident Marrast.</p> <p>Wenig Deputirte im Saale. Cavaignac ist auf seinem Platz im Eck der ersten Bank links und unterhält sich lebhaft mit einer ihn umstehenden Gruppe. Wir sind leider zu entfernt, um etwas von ihrem Wahljammer verstehen zu können.</p> <p>Marrast schickt die Huissiers in alle Nebensäle, um die Deputirten herbei zu holen. Spärlich füllen sich die Bänke. Endlich kann man deliberiren. Die Tagesordnung klingt sehr bunt.</p> <p>Nr. I. Gesetzentwurf über 2 Millionen Franken zur Herstellung der Louvresäle. Der Entwurf zählt 3 Artikel, die alle ohne Weiteres durchgehen.</p> <p>Nr. II. betrifft die Junideportirten und allgemeine Amnestie für alle politische Eingefangene seit 24. Februar.</p> <p>Lamoriciere erklärt, es seien bereits 4 Kommissarien in Lorient und Cherbourg zur Sonderung von 1000 Insurgenten. Man solle den Gegenstand vertagen bis zu ihrer Rückkehr. (Vertagt.)</p> <p>Nr. III. betrifft Douanen und die Floconschen Drawbacks. Grandin erklart, daß Flocon kränklich sei und ihm Jemand vorige Nacht gestorben. Darum Vertagung.</p> <p>Nr. IV. Beholzung von Gebirgsrücken.</p> <p>Desmolers erklärt den Gegenstand für das platte Land ungemein wichtig.</p> <p>Alcan bittet um Vertagung bis morgen.</p> <p>Nr. V. Budgetvervollständigungen und Generalvotum pro 1848.</p> <p>Wird ohne Diskussion ausgesprochen.</p> <p>Nr. VI. Förmlichkeiten der Präsidentenwahl betreffend. Während dieser Debatte proklamirt Marrast die diesfällige Commission:</p> <p>Arnaud, Tranchard, Carnot, Molé, Vaulabelle, Sarrans, Buchez, Waldeck, Rousseau, Reignard, Charton, F. Berrot, Conti, Feuillade, Chauvin, Ducos, Beaumont, Astouin, Richard, Nachal, Abal, Pelletier, Durand, Charmarge, Ceyras, Woirhaye, Scheffer, Loissac, Souteyra.</p> <p>Nachdem Marrast die große Protokollbegutachtungs-Commission der Präsidentenwahl vorgelesen, nimmt der Finanzminister Trouvé Chavuel das Wort.</p> <p><hi rendition="#g">Trouvé Chauvel</hi> legt 3 Gesetzentwürfe vor. Der erste spricht der Wagenbau-Industrie, die ganz darnieder liegt, Unterstützungs- und resp. Associationsfonds zu. Der zweite ermächtigt die Regierung, die ersten Vierzwölftheile der Steuern provisorisch für die Monate Januar, Februar, März und April 1849 zu erheben. Der dritte Gesetzentwurf endlich ist das Budget von 1849 selbst.</p> <p>Wir werden morgen auf die Begründung desselben (das s. g. Exposé des motifs) zurückkommen.</p> <p>Die Sitzung wird geschlossen. Es schlägt 5 Uhr. Es herrscht eine allgemeine Spannung im Saale. Ungeachtet der Präsident anzeigt, daß die Sitzung aufgehoben, bleiben doch noch viele Deputirte im Saale. Es bilden sich Gruppen, in denen lebhaft diskutirt wird. Erst um 5 1/2 Uhr geht die Versammlung ganz auseinander.</p> <p>Paris ist übrigens ruhig.</p> <p>Das Wetter ist sehr schmutzig. Die Volksgruppen weniger häufig und dicht als gestern.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar169b_004" type="jArticle"> <head>London, 12. Dez.</head> <p>Die Agitation in Betreff der Fälschung der Jury hat in Dublin eine Petition mit 11,000 Unterschriften zu Wege gebracht, die sofort an den Lordlieutenant von Irland weiterbefördert werden wird, da die Protestation gegen diesen Mißbrauch dem nächstens vor Gericht erscheinenden Insurgenten Charles Gavin Douffy noch von Nutzen sein könnte.</p> <p>Die heute auf direktem Wege aus Süd-Australien eingetroffenen Nachrichten, welche bis zum 23. Juni gehen, enthalten eigentlich wenig Neues, und erwähnen nur als eine Sache von Bedeutung, daß das Bergwerkswesen des Landes mit jedem Tage einen neuen Aufschwung nimmt.</p> <p>Die französische Präsidentschaftswahl beschäftigt die englische Presse jetzt im höchsten Grade. Außerdem giebt die in Irland stets wachsende Noth zu immer neuen Besprechungen Anlaß, von denen wir nächstens eine gedrängtere Zusammenstellung geben werden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar169b_005" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Das Pariser Journal des Debats vom 12. enthält Berichte aus Rom vom 4. Dez., Gaeta 3. und 4. Dez. mit ausführlichen Nachträgen über die Flucht des Pabstes und die von ihm geschleuderte (von uns bereits gestern gemeldete) Protestation gegen die Römer. Die provisorischen Regierungsglieder in dieser Proklamation, welche auf öffentlichem Platze in Rom verbrannt worden, sind folgende: 1) Kardinal Castracani, 2) Roberto Roberti Abbé, 3) Fürst Roviano, 4) Fürst Barberini, 5) Marquis Bevilacqua aus Bologna, 6) Marquis Ricci de Macerata, 7) General Zucchi, schon unter Rossi.</p> <p>Dies ist das sauberste Reaktionskorps, das der Kartätschenkönig Ferdinand, oder Radetzky selbst ausgewählt zu haben scheinen. Bologna soll das Hauptquartier der Reaktion werden, welche das römische Volk jedoch bis auf die Wurzel zu vertilgen entschlossen ist.</p> </div> <div xml:id="ar169b_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 4. Dez.</head> <p>Das päpstliche Breve veranlaßte gestern sofort die Zusammenberufung der Kammer. Die Sitzung, welche sich bis in die Nacht hineinzog, fand geheim statt, doch war ihr Resultat heute morgen schon in zwei riesigen Plakaten an den Straßenecken zu lesen. Im ersten derselben erkennt die Kammer die Legalität des Breve nicht an und befiehlt den Ministern, iher Funktionen fortzusetzen. Zwei Deputirte aus dem Schooße der Versammlung werden sich zum Papste verfügen, um ihn zur Rückkehr in die Hauptstadt einzuladen. Eine Proklamation wird in die Provinzen geschickt werden; die Senatorenkammer wird aufgefordert, dem Beispiel der Repräsentantenkammer zu folgen. Das zweite Plakat empfiehlt die Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung.</p> </div> <div xml:id="ar169b_007" type="jArticle"> <head>Gaeta, 28. Novbr.</head> <p>Unter heutigem Datum hat der Pabst folgenden <hi rendition="#g">Protest</hi> gegen die letzten Vorfälle in Rom erlassen:</p> <p>„Pius XI., Pabst, an seine vielgeliebten Unterthanen!</p> <p>Die wider Uns in den letzten Tagen begangenen Gewaltthaten und die offenbarte Absicht, deren neue zu begehen — (möge Gott sie fern halten und in die Geister Gefühle der Mäßigung und Menschlichkeit senken) —, haben Uns gezwungen, Uns momentan von Unsern Unterthanen zu trennen, die da sind Unsere Kinder, die wir immer geliebt haben und die Wir noch immer lieben. Unter den Ursachen, welche Uns zu diesem, Gott weiß es, für Unser Herz so schmerzlichen Schritte vermocht, ist eine von der höchsten Wichtigkeit, nämlich die volle Freiheit, deren wir bedürfen, zur Ausübung der höchsten Gewalt des heiligen Stuhles, einer Gewalt und Freiheit, an welcher die katholische Welt mit Grund zweifeln könnte in den heutigen Umständen durch die Hemmnisse, die wir erdulden. Während eine solche Gewaltthat für Uns Gegenstand einer großen Bitterkeit ist, wächst Unsere Betrübniß, wenn Wir gedenken der Schuld von Undankbarkeit, welche eine Klasse verderbter Menschen Angesichts Europa's und der Welt auf sich geladen, sie steigert sich noch mehr dadurch, daß dies Benehmen ihren Seelen die Verachtung Gottes eingeflößt und sie dem blosstellt, früher oder später die von seiner Kirche eingesetzten Strafen zu ertragen. Allerdings erkennen Wir in der Undankbarkeit Unserer Kinder die Hand des Herrn, der Uns schlägt, der Genugthuung will für unsere Sünden, und jene unserer Völker, allein ohne unsere Pflichten zu verrathen, können Wir nicht umhin, vor Allen gegen die unerhörte und Gottesschänderische wider Uns ausgeübte Gewaltthat feierlich zu protestiren, einen Protest, den Wir schon den 16. Novbr. und den 17. Morgens mündlich ausgesprochen, in Gegenwart des diplomatischen Korps, welches eine edle Umgebung Uns bildete und so würdig dazu beigetragen, Unser Herz zu stärken. Denselben Protest wollen Wir heute wieder vorbringen, indem Wir erklären, daß Wir durch die Gewalt unterjocht worden, und daher erklären wir nichtig, ohne Kraft und illegal alle Akte, die daraus geflossen. Die harten Wahrheiten und die Protestationen, die Wir eben ausgesprochen, werden Unseren Lippen entrissen, durch die Verderbtheit der Menschen selbst, wie durch Unser Gewissen, welches Uns zur Erfüllung Unserer Pflichten angeregt und gezwungen hat. Indessen hegen wir die Zuversicht, daß es Uns nicht untersagt sein werde, vor Gott, wenn Wir ihn anrufen, wenn Wir ihn bitten werden, seinen Zorn zu beschwichtigen, Unser Gebet zu beginnen, mit den heiligen Worten des heiligen Königs und Propheten: Memento, domine, David et omnis mansuetudinis ejus.«</p> <p>Unterdessen, da es Uns am Herzen liegt, zu Rom das Gouvernement Unseres Staates nicht ohne Leitung und ohne Haupt (acephalo) zu lassen, ernennen Wir eine aus sechs Mitgliedern bestehende Regierungskommission, nämlich den Kardinal Castracane, Monsignor Roberti, den Fürsten Roviano, den Fürsten Barberini, den Marquis Bevilaqua aus Bologna, den Marquis Ricci aus Mazerata und den Generallieutenant Zucchi. Indem Wir diese Kommission mit der weltlichen Leitung der Staatsangelegenheiten beauftragen, empfehlen Wir allen Unsern Unterthanen und Unsern Kindern Ruhe und Aufrechthaltung der guten Ordnung. Endlich wollen und empfehlen Wir, daß man zu Gott täglich und inbrünstig Gebete für Unsere demuthvolle Person sende, auf daß der Friede wiedergegeben werde der Welt, insbesondere Unserm Staate und Rom, wo immer Unser Herz sein wird, bei welchem Theile der Heerde Christi wir auch wohnen. Rufen Wir daher, Wir an Eurer Spitze, wie es die Pflicht des obersten Priesteramtes ist, rufen Wir die große Mutter der Barmherzigkeit an, die unbefleckte Jungfrau, die heiligen Apostel Petrus und Paulus, auf daß nach Unserm Flehen und Unsern brennenden Wünschen, der Zorn des allmächtigen Gottes von der Stadt Rom und jedwedem Staate abgewendet werde.“</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0911/0001]
Beilage zu Nr. 169 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag 15. Dezember 1848. Französische Republik. feuchtem Stroh verfaulen, am Tage nur das Geräusch der Meereswogen, des Nachts die Ttäume an ihre verhungernden Familien als Echo ihrer Klagen. Ihr würdet den Weheruf der Todten hören, und wie in jenen Gottesurtheilen, wo das Blut des Gemordeten beim Nahen des Mörders von Neuem rieselte, würde aus jenen großen gemeinsamen Gräbern der Kirchhöfe ein finsterer, blutiger Zug vor Euch hintreten: die Gefangenen, die sich auf Ehrenwort ergaben, und in den Cisternen von Ivry, den feuchten Kellern der Tuillerien und des Hotel de Ville erstickten, in dem Temple-Canal ersäuft, in der St. Martin-Caserne niedergemetzelt und im Luxenburg, auf dem Greve-Platz, auf dem St. Jean, in allen Casernen, an den Quais, den Brücken, den Kreuzwegen und Straßenecken, während dreier Tage, im Angesicht der ganzen Stadt füsilirt wurden. Wer will es wagen, sie Lügen zu strafen?! Und Ihr würdet endlich den allgemeinen Racheschrei der europäischen Democratie vernehmen, der verrathenen, geopferten, verkauften europäischen Democratie, der Fisilirten von Barcelona, von Mailand, von Wien, den Todesruf von Neapel, Messina, Prag, Frankfurt, Berlin, überall wo an dem rothen Himmel der eingeäscherten Städte der düstere Schatten der bombardirenden Volksverräther emporsteigt. Das wird der drückende Alp einer Nacht des Todeskampfes sein. Wohlan, General! Man sagt, Ihr habt einen großen Respekt vor dem Urtheil der Geschichte: möge Euch dies einen Vorgeschmack geben. Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme.“
Das sind die Register der Bourgeoisie und des Volkes. Und das Heer? wie es unter den Mobilen mit der Candidatur Cavaignac's beschaffen ist, kann man nicht bestimmen. Die Linie in und um Paris aber ist von ihm abgefallen. In Versailles, wo das 18. leichte Infanterie-Regiment stimmte, haben für Cavaignac 19, für Louis-Napoleon 800 Mann gestimmt. Das gleiche Verhältniß soll in den meisten andern hiesigen Regimentern stattfinden.
Was Herrn Ledru-Rollin betrifft, werden wir Morgen ausführlich nachrechnen.
17 Paris, 12. Dez. Welchen kindischen Marktschreierton die Bonapartischen Blätter anschlagen, beweist wieder die gestrige Nummer des in Paris erscheinenden „L'Evenement“ (man schließe daraus, wie die speziell für Bauerknaben berechneten Provinzialblättchen dieser Klike aussehen): „Der große Kaiser ist nicht todt. Nein, er lebt immerdar und wird oft seinen Neffen im Geheimen besuchen, und ihm ins Ohr flüstern, wie das schöne Frankreich glücklich und groß zu machen; ja, er wird ihm sagen, wo der berühmte Kaiserschatz wieder aufzufinden sei, der so ungeheuer groß ist, daß damit alle unsere Abgaben gedeckt werden können. Darum laßt uns stimmen für Napoleon Bonaparte! So reden die braven Landleute, und sie haben Recht in ihrer Unbefangenheit. Ja, stimmen wir nur getrost und getreulich alle für den Neffen des Kaisers!“ Scherz bei Seite, dies kann der Stoff zu einer allgemeinen Mordjagd auf Prinz Bonaparte werden, der wirklich durch seine Trödelagenten ausbreiten ließ, er wolle die Abgaben, vielleicht die Hypotheken, den Bauern abnehmen; thut er es nicht, so werden die Getäuschten grimmig. Ueberall hängen die Herren Kronprätendenten am — Schaufenster; auch der „liebe Henry“ (wie er sich antik, mit einem y, unterzeichnet) ist jetzt zu sehen, und die fanatischen Anhänger dieser „prinzlichen Schmeißfliegen, wie National de L'Duest sie nennt, in den Provinzen erklären ganz gelassen: „Paris muß bombardirt werden, wenn die Kommunisten wieder daselbst revoltiren.“ Die Pariser Spießbürger sind gerade nicht für ein Bombardement gestimmt, indessen wünschen sie sehnlichst der Kommunistenplage los zu werden, und eine Art Glaubenssatz ist bei ihnen, Cavaignac (den sie zwar nicht lieben, seit sie seine Grobheit erfahren, aber als unermüdlichen Kommunistenfresser zu schätzen wissen) müsse, sobald die Eigenthumsfeinde zu krawalliren anfangen, mit der Garnison sich in die Ebene von St. Denis hinausziehen und die Zufuhr abschneiden; inzwischen werde Vater Bugeaud aus den Departements mit etwelchen Zehntausenden von Nationalgardisten gegen Paris heranziehen und den Sieg der Ordnung befestigen. Bugeaud, der „große Marschall,“ ist dem Aeußern und Innern nach ein leibhaftiger Blücher.
Wie ähnlich der „Neuen Preußischen Zeitung“ die Blätter des Bourgeoisfrankreich predigen, zeigt sich wieder aus dem „Courier de la Gironde“ vom 7. Novbr., wo mit folgenden Worten zum Bürgerkriege aufgemuntert wird: „Aha, ihr Herren Unruhstifter da oben in Paris, ihr meint auch 1848 sei noch eure Stadt die legitime Despotin des gesammten Landes? wir aber sagen euch, wenn ihr wieder neue Streiche macht, so marschiren die Nationalgarden der Provinzen und die Bauern, eine halbe Million an Zahl, auf eure infame Stadt, und dann wird sich zeigen ob die Straßenbuben derselben noch ferner Gesetze der Masse von 33 Mill. Franzosen vorschreiben können?“ Dies homerische Aufbrechen der Provinzen und Zerstören der unheimlichen Feste Ilion, ist jedenfalls nicht zu befürchten; rückten die Bourgeois in Uniform aus den Städten nach Paris, so blieben ihre Familien als Geiseln in der Gewalt der Arbeiter ohne Uniform, die wohl bald zu Waffen kommen würden; es müßte dann à la prussienne Stadt um Stadt in Belagerungszustand erklärt werden. Die Arbeiter wurden schon im Juni von den gen Ilion-Paris marschirenden Provinzbourgeois nicht mitgenommen, weil, wie mir ein Haupt-Junibourgeois demonstrirte, man fürchtete sie würden, in Paris angelangt, plötzlich zu den Insurgenten überlaufen. Die Bauern sind eben nicht sehr mobil, und haben seit Juni vielfache Spaltungen in sich; „der Fanatismus des Geldgottes und des Eigenthumsfetisches ist bereits bei vielen „erschüttert“, bemerkt „Le Peuple souverain“ sehr richtig. Aber Steuerverweigerung wäre allerdings unausbleiblich, wenn die Pariser gar zu hastig und weit ausholten, so daß die Provinzialen, „die gar schwachen Geistes und trägen Fleisches“ sind, wie dasselbe Blatt bemerkt, ihnen nicht nachschreiten könnten. — Allgemeine Heiterkeit erregt die blaue Affische des halbverrückten Dr. med. Watbled, der sich schon zur Nationalrepräsentation anpries und jetzt zum Präsidenten; als Rechtstitel macht er geltend, er habe mehrere Lebensrettungsapparate erfunden, 30 Jahre als Marinearzt in Frankreich und in den Kolonien gedient, an Napoleon schreiben wollen, um ihn von der Schlacht bei Waterloo abzuhalten, aber letztern Brief nicht abgeschickt, weil er Entsetzen vor dem Namen Waterloo, der die drei ersten Buchstaben gleich Watbled habe, gefühlt; übrigens sei er stets auf die Wohlfahrt seiner Mitbürger bedacht. — Der Polizeipräfekt Dr. med. Gervais wird immer reaktionärer, obschon er einer der weitesten Oppositionellen von 1848 war und sehr wacker vor 10 Jahren mit Pistole und Säbel die Polizeikommissäre, die ohne regulirtes Mandat Haussuchung bei ihm halten wollten, zurücktrieb, wofür er mehrere tausend Franken Buße und Kerker bekam. Aber alle diese bourgeois-republikanischen Heldenstücke können nicht mehr ziehen.
„La Tribüne“ von Bordeaux, im Dienste Cavaignac's, ruft: „Bürger, auf euren Posten! Die Wahlurnen stehen bereit, ihr seid Söhne des Vaterlandes. Die Demokratie wird nicht untergehen, doch könnte ihr Sieg viel der Thränen und des Blutes kosten. Die Monarchie ist gründlich todt; galvanisiren mag man ihre Leiche, aber nur Zuckungen wären das Resultat, kein Lebenshauch, und sie würde zum vierten Mal in den Koth und in das Blut auf der Straße stürzen. Votirt nicht für den Kandidaten der Zerstörung ‥‥ Die Gegner sind kolossal in ihrem Hochmuth, sie haben einen Kopf von Gold, einen Leib von Silber — aber ihre Beine sind von Thon. Was bedeutet diese wüste Masse, die im Namen Louis Bonaparte's zur Urne getrieben wird? Sie ist ein Bündel von Nattern der Zwietracht, die bald sich lostrennen und einander zerfleischen werden … Theure Mitbürger, Ehrenmänner, helft uns das Vaterland von den schlimmsten Gefahren erretten, die ihm seit fünfzig Jahren drohte … Wir sehen schon den Handel vernichtet, den Ackerbau gestört, die Ateliers vereinsamt, den Krieg in den Straßen, den Krieg an den Gränzen des Reichs, Blut und Leichname hier und dort!“ Napoleon der Große sprach auf St. Helena: „Wenn mein Sohn am Leben bleibt, dann wird ihn das Zujauchzen des Volkes auf meinen Thron erheben, aber wenn er todt ist, dann wird Frankreich wieder eine Republik werden, keine Hand auf Erden wird das Scepter zu ergreifen wagen, welches sie nicht zu führen vermöchte!“ Und doch stimmt das Bauernvolk wie Ein Mann für diesen Abentheurer, der, wie viele behaupten, Vater Bugeaud zum Kriegsminister, Emil Girardin und Thiers zu Ministern des Innern und Aeußern machen wird. — Nächsten Sonntag findet ein großartiges Bankett der „Verbrüderung der französischen und deutschen Socialdemokraten“ Statt; die Comité's der Polen und Italiener, achtzehn Arbeiterassaciationen, viele Volksvertreter wurden eingeladen.
Nachschrift. Man spricht von einer nach Mitternacht in der Straße St. Honoré stattgefundenen Rauferei zwischen Mobile und Linie, wobei „Nieder mit Cavaignac! Hoch lebe Bonaparte!“ geschrieen und zwei rothe Fahnen erschienen seinen. Das Gesetz gegen die Zusammenrottungen ist seit heute affischirt. — Wahlresultate von vielen Ländereien ergeben, daß Bonaparte dort 80, ja 90 Prozent der Stimmen hat; er bekommt vermuthlich absolute Majorität.
Paris, 12. Dezember. Folgende Resultate wurden bis heute Mittag von auswärts auf Privatwegen bekannt: Im Somme-Departement schätzt man auf 80 Prozent die Mehrheit Louis Napoleon Banaparte's. In Hangest an der Somme z. B. erhielt derselbe 986 und Cavaignac 81 Stimmen von 1077 Wählern. In Allonville 229 gegen 1 Stimme für Cavaignac. Im Oise-Departement wurde der „Prinz“ einstimmig gewählt z. B. in Breteuil, Maignelay. Im Seine- und Oise-Departement desgleichen. In Reuil z. B. wo Josephine und Hortensie begraben liegen, trug der Gemeindeweibel beim Zuge zur Urne eine Fahne voran, auf der geschrieben stand: „Tod Jedem der gegen Napoleon stimmt.“ In Indre und Loire (Tours) für Cavaignac 1669, für Louis Napoleon Bonaparte 8261; Oise-Departement (Beauvais) Louis Napoleon 3144; Cavaignac 1535. Nieder Seine (Jugonville) Cavaignac 995; Louis Napoleon 758; Ledru-Rollin 229; Indre (Chateauroux) 1. Sektion Ledru-Rollin 950, Cavaignac 438 Napoleon 292 (in den übrigern Sektionen etwa dasselbe Verhältniß). In Levroux erhielt Napoleon 580, Cavaignac 18, Ledru-Rollin 2. Die Pariser Bannmeile ist ganz bonapartistisch. Sevres, Meudon etc. stimmte wie Ein Mann für den Prinzen. Auch Barbes erhielt hier einige Stimmen, die sich neben Bonaparte ganz sonderbar ausnahmen.
In Havre scheinen sich Bonaparte und Cavaignac gleich zu theilen. Selbst unter dem Seemilitär ist Bonaparte nicht weniger glücklich. Von 228 Matrosen auf der Fregatte Darien erhielt er 153 und Cavaignac nur 16 Stimmen. Die Uebrigen fallen auf Ledru-Rollin und Raspail.
— Wir sind ermächtigt — sagt Peuple — zu erklären, daß den Befehlshabern der Bürgerwehr und Artillerie-Kompagnien der Befehl zugegangen ist, einen genauen Rapport aller derjenigen Mannschaften einzureichen, auf welche man zählen könne. Außerdem bereitet man die Herstellung der fliegenden Lazarethe und große Ballen Charpie sollen in die Spitäler geschickt werden. Wir fragen bei der Exekutivgewalt an, was diese Vorbereitungen zu bedeuten haben?
— Laut telegraphischen Depeschen aus Straßburg, Valenciennes, Bordeaux, Metz, Lille und Mittelfrankreich, wurde überall die Wahl ohne Störung geschlossen.
— Nationalversammlung. Sitzung vom 12. December. Anfang 2 Uhr. Präsident Marrast.
Wenig Deputirte im Saale. Cavaignac ist auf seinem Platz im Eck der ersten Bank links und unterhält sich lebhaft mit einer ihn umstehenden Gruppe. Wir sind leider zu entfernt, um etwas von ihrem Wahljammer verstehen zu können.
Marrast schickt die Huissiers in alle Nebensäle, um die Deputirten herbei zu holen. Spärlich füllen sich die Bänke. Endlich kann man deliberiren. Die Tagesordnung klingt sehr bunt.
Nr. I. Gesetzentwurf über 2 Millionen Franken zur Herstellung der Louvresäle. Der Entwurf zählt 3 Artikel, die alle ohne Weiteres durchgehen.
Nr. II. betrifft die Junideportirten und allgemeine Amnestie für alle politische Eingefangene seit 24. Februar.
Lamoriciere erklärt, es seien bereits 4 Kommissarien in Lorient und Cherbourg zur Sonderung von 1000 Insurgenten. Man solle den Gegenstand vertagen bis zu ihrer Rückkehr. (Vertagt.)
Nr. III. betrifft Douanen und die Floconschen Drawbacks. Grandin erklart, daß Flocon kränklich sei und ihm Jemand vorige Nacht gestorben. Darum Vertagung.
Nr. IV. Beholzung von Gebirgsrücken.
Desmolers erklärt den Gegenstand für das platte Land ungemein wichtig.
Alcan bittet um Vertagung bis morgen.
Nr. V. Budgetvervollständigungen und Generalvotum pro 1848.
Wird ohne Diskussion ausgesprochen.
Nr. VI. Förmlichkeiten der Präsidentenwahl betreffend. Während dieser Debatte proklamirt Marrast die diesfällige Commission:
Arnaud, Tranchard, Carnot, Molé, Vaulabelle, Sarrans, Buchez, Waldeck, Rousseau, Reignard, Charton, F. Berrot, Conti, Feuillade, Chauvin, Ducos, Beaumont, Astouin, Richard, Nachal, Abal, Pelletier, Durand, Charmarge, Ceyras, Woirhaye, Scheffer, Loissac, Souteyra.
Nachdem Marrast die große Protokollbegutachtungs-Commission der Präsidentenwahl vorgelesen, nimmt der Finanzminister Trouvé Chavuel das Wort.
Trouvé Chauvel legt 3 Gesetzentwürfe vor. Der erste spricht der Wagenbau-Industrie, die ganz darnieder liegt, Unterstützungs- und resp. Associationsfonds zu. Der zweite ermächtigt die Regierung, die ersten Vierzwölftheile der Steuern provisorisch für die Monate Januar, Februar, März und April 1849 zu erheben. Der dritte Gesetzentwurf endlich ist das Budget von 1849 selbst.
Wir werden morgen auf die Begründung desselben (das s. g. Exposé des motifs) zurückkommen.
Die Sitzung wird geschlossen. Es schlägt 5 Uhr. Es herrscht eine allgemeine Spannung im Saale. Ungeachtet der Präsident anzeigt, daß die Sitzung aufgehoben, bleiben doch noch viele Deputirte im Saale. Es bilden sich Gruppen, in denen lebhaft diskutirt wird. Erst um 5 1/2 Uhr geht die Versammlung ganz auseinander.
Paris ist übrigens ruhig.
Das Wetter ist sehr schmutzig. Die Volksgruppen weniger häufig und dicht als gestern.
Großbritannien. London, 12. Dez. Die Agitation in Betreff der Fälschung der Jury hat in Dublin eine Petition mit 11,000 Unterschriften zu Wege gebracht, die sofort an den Lordlieutenant von Irland weiterbefördert werden wird, da die Protestation gegen diesen Mißbrauch dem nächstens vor Gericht erscheinenden Insurgenten Charles Gavin Douffy noch von Nutzen sein könnte.
Die heute auf direktem Wege aus Süd-Australien eingetroffenen Nachrichten, welche bis zum 23. Juni gehen, enthalten eigentlich wenig Neues, und erwähnen nur als eine Sache von Bedeutung, daß das Bergwerkswesen des Landes mit jedem Tage einen neuen Aufschwung nimmt.
Die französische Präsidentschaftswahl beschäftigt die englische Presse jetzt im höchsten Grade. Außerdem giebt die in Irland stets wachsende Noth zu immer neuen Besprechungen Anlaß, von denen wir nächstens eine gedrängtere Zusammenstellung geben werden.
Italien. * Das Pariser Journal des Debats vom 12. enthält Berichte aus Rom vom 4. Dez., Gaeta 3. und 4. Dez. mit ausführlichen Nachträgen über die Flucht des Pabstes und die von ihm geschleuderte (von uns bereits gestern gemeldete) Protestation gegen die Römer. Die provisorischen Regierungsglieder in dieser Proklamation, welche auf öffentlichem Platze in Rom verbrannt worden, sind folgende: 1) Kardinal Castracani, 2) Roberto Roberti Abbé, 3) Fürst Roviano, 4) Fürst Barberini, 5) Marquis Bevilacqua aus Bologna, 6) Marquis Ricci de Macerata, 7) General Zucchi, schon unter Rossi.
Dies ist das sauberste Reaktionskorps, das der Kartätschenkönig Ferdinand, oder Radetzky selbst ausgewählt zu haben scheinen. Bologna soll das Hauptquartier der Reaktion werden, welche das römische Volk jedoch bis auf die Wurzel zu vertilgen entschlossen ist.
* Rom, 4. Dez. Das päpstliche Breve veranlaßte gestern sofort die Zusammenberufung der Kammer. Die Sitzung, welche sich bis in die Nacht hineinzog, fand geheim statt, doch war ihr Resultat heute morgen schon in zwei riesigen Plakaten an den Straßenecken zu lesen. Im ersten derselben erkennt die Kammer die Legalität des Breve nicht an und befiehlt den Ministern, iher Funktionen fortzusetzen. Zwei Deputirte aus dem Schooße der Versammlung werden sich zum Papste verfügen, um ihn zur Rückkehr in die Hauptstadt einzuladen. Eine Proklamation wird in die Provinzen geschickt werden; die Senatorenkammer wird aufgefordert, dem Beispiel der Repräsentantenkammer zu folgen. Das zweite Plakat empfiehlt die Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung.
Gaeta, 28. Novbr. Unter heutigem Datum hat der Pabst folgenden Protest gegen die letzten Vorfälle in Rom erlassen:
„Pius XI., Pabst, an seine vielgeliebten Unterthanen!
Die wider Uns in den letzten Tagen begangenen Gewaltthaten und die offenbarte Absicht, deren neue zu begehen — (möge Gott sie fern halten und in die Geister Gefühle der Mäßigung und Menschlichkeit senken) —, haben Uns gezwungen, Uns momentan von Unsern Unterthanen zu trennen, die da sind Unsere Kinder, die wir immer geliebt haben und die Wir noch immer lieben. Unter den Ursachen, welche Uns zu diesem, Gott weiß es, für Unser Herz so schmerzlichen Schritte vermocht, ist eine von der höchsten Wichtigkeit, nämlich die volle Freiheit, deren wir bedürfen, zur Ausübung der höchsten Gewalt des heiligen Stuhles, einer Gewalt und Freiheit, an welcher die katholische Welt mit Grund zweifeln könnte in den heutigen Umständen durch die Hemmnisse, die wir erdulden. Während eine solche Gewaltthat für Uns Gegenstand einer großen Bitterkeit ist, wächst Unsere Betrübniß, wenn Wir gedenken der Schuld von Undankbarkeit, welche eine Klasse verderbter Menschen Angesichts Europa's und der Welt auf sich geladen, sie steigert sich noch mehr dadurch, daß dies Benehmen ihren Seelen die Verachtung Gottes eingeflößt und sie dem blosstellt, früher oder später die von seiner Kirche eingesetzten Strafen zu ertragen. Allerdings erkennen Wir in der Undankbarkeit Unserer Kinder die Hand des Herrn, der Uns schlägt, der Genugthuung will für unsere Sünden, und jene unserer Völker, allein ohne unsere Pflichten zu verrathen, können Wir nicht umhin, vor Allen gegen die unerhörte und Gottesschänderische wider Uns ausgeübte Gewaltthat feierlich zu protestiren, einen Protest, den Wir schon den 16. Novbr. und den 17. Morgens mündlich ausgesprochen, in Gegenwart des diplomatischen Korps, welches eine edle Umgebung Uns bildete und so würdig dazu beigetragen, Unser Herz zu stärken. Denselben Protest wollen Wir heute wieder vorbringen, indem Wir erklären, daß Wir durch die Gewalt unterjocht worden, und daher erklären wir nichtig, ohne Kraft und illegal alle Akte, die daraus geflossen. Die harten Wahrheiten und die Protestationen, die Wir eben ausgesprochen, werden Unseren Lippen entrissen, durch die Verderbtheit der Menschen selbst, wie durch Unser Gewissen, welches Uns zur Erfüllung Unserer Pflichten angeregt und gezwungen hat. Indessen hegen wir die Zuversicht, daß es Uns nicht untersagt sein werde, vor Gott, wenn Wir ihn anrufen, wenn Wir ihn bitten werden, seinen Zorn zu beschwichtigen, Unser Gebet zu beginnen, mit den heiligen Worten des heiligen Königs und Propheten: Memento, domine, David et omnis mansuetudinis ejus.«
Unterdessen, da es Uns am Herzen liegt, zu Rom das Gouvernement Unseres Staates nicht ohne Leitung und ohne Haupt (acephalo) zu lassen, ernennen Wir eine aus sechs Mitgliedern bestehende Regierungskommission, nämlich den Kardinal Castracane, Monsignor Roberti, den Fürsten Roviano, den Fürsten Barberini, den Marquis Bevilaqua aus Bologna, den Marquis Ricci aus Mazerata und den Generallieutenant Zucchi. Indem Wir diese Kommission mit der weltlichen Leitung der Staatsangelegenheiten beauftragen, empfehlen Wir allen Unsern Unterthanen und Unsern Kindern Ruhe und Aufrechthaltung der guten Ordnung. Endlich wollen und empfehlen Wir, daß man zu Gott täglich und inbrünstig Gebete für Unsere demuthvolle Person sende, auf daß der Friede wiedergegeben werde der Welt, insbesondere Unserm Staate und Rom, wo immer Unser Herz sein wird, bei welchem Theile der Heerde Christi wir auch wohnen. Rufen Wir daher, Wir an Eurer Spitze, wie es die Pflicht des obersten Priesteramtes ist, rufen Wir die große Mutter der Barmherzigkeit an, die unbefleckte Jungfrau, die heiligen Apostel Petrus und Paulus, auf daß nach Unserm Flehen und Unsern brennenden Wünschen, der Zorn des allmächtigen Gottes von der Stadt Rom und jedwedem Staate abgewendet werde.“
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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