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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 169. Köln, 15. Dezember 1848.

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den sich leicht und comfortable gekleidet haben, Sie werden eben so höflich als zutraulich und hingebend sein, kurz, Sie werden sich ganz den Freu den Ihres Besuches hingeben -- -- nun Adieu, Herr Professor! für den Rest werde ich sorgen. Adieu! Bedenken Sie, daß Ihr Leben auf dem Spiele steht -- --"

Da war der Doktor verschwunden.

Von der Angst, die der Professor nach dem Fortgehen des Doktors ausstand, kann sich nur Der eine richtige Idee machen, der überhaupt die Qualen eines Gerechten zu würdigen versteht. Der gelehrte Herr war außer sich. Zwanzig Mal in Zeit von zehn Minuten erlosch ihm die Pfeife. Vierzig Mal rieb er die Stirn und achtzig Mal sah er mit frommen Augen andächtig gen Himmel, innerlich flehend, daß dieserKelch der Freude an ihm vorübergehe. Vor allen Dingen suchte er nach irgend einer Entschuldigung für seine bevorstehende Sünde, denn das Wagniß seines Lebens schien ihm ein keineswegs ausreichender Grund zu sein. Er schlug den Irenaeus nach, den Augustinus, den Eusebius, den Lactantius, den Chrysostomus und einige dreißig andere Schweinslederbände, um nachzuforschen, ob denn nicht irgend ein Kirchenvater weiland in demselben Falle gewesen sei, und ob nicht Einer von ihnen auch nur ein Wörtlein über diesen kitzlichen Punkt habe fallen lassen -- aber vergebens!

Der Professor überzeugte sich davon, daß nie ein Heiliger der Art vom Teufel versucht worden sei, und an Allem verzweifelnd, warf er sich schließlich auf das Lager seiner Leiden, um schlimmer zu träumen als je vorher.

Der kommende Tag brachte nur neue und immer wildere Seelenstürme für den gelehrten Herrn, denn mit jedem Augenblicke rückte ja die Stunde näher, wo die Schelle von unbekannter Hand gerührt, und wo der Herr Professor den Beweis ablegen sollte, daß er als Mann und Meisterstück aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen sei. Wir brauchen nicht zu versichern, daß der Herr Professor die Vorschriften des Doktors genau befolgte. Schon um 2 Uhr Nachmittags war das Haus des Gelehrten wie ausgestorben. Die Schwester des Unglücklichen, die Mägde, der Knecht: Alle waren vertrieben. Die Seufzer, welche sich der Studierstube entrangen, zeigten, daß nur ein einziges Wesen in dem verödeten Raume zurückgeblieben sei.

Es schlug vier Uhr: der Herr Professor zitterte. Es schlug fünf: der Herr Professor trocknere den Schweiß von Stirn und Wangen. Es schlug sechs: der Herr Professor schnappte nach Luft. Es schlug sieben: da tönte die Schelle der Hausthür und der Gelehrte stürzte hinab. -- --

Lassen wir ihn stürzen.

Meine Leser werden mir verzeihen, daß ich sie so lange mit dem alten Professor ennuyire -- -- die Sage geht, daß der unglückliche Mann, statt einer reizenden Bajadere, die bejahrte Freundin seiner Schwester umarmte -- der Herr Professor war mit Blindheit geschlagen; er versicherte, daß sein Leben auf dem Spiel stehe; er hielt den Besuch, welcher der Schwester galt, für den Besuch, den er erwartete, und die herzzerreißendste Scene entwickelte sich zwischen Kirchenvater und Matrone, eine Scene, der Feder eines Swift, eines Sterne, eines Smollet würdig, -- werth, von einem andern Hogarth gezeichnet zu werden, zur Lust aller kommenden Geschlechter.

Herr von Schnapphahnski verlebte vor seiner ersten Unterredung mit der Herzogin von S. einen ähnlichen Tag, wie der Berliner Professor. Der Kirchenvater umarmte statt einer Grazie: eine Matrone. Sehen wir, wie es dem edlen Ritter mit der Herzogin erging.

[Deutschland]

Präsidenten gegen den Wiedereintritt Waldecks, Bedenklichkeiten erhebt, die zwar sehr unbegründeter Natur sind, aber doch zu Wege bringen, daß Waldecks Thätigkeit, die auch im Obertribunal vielen Leuten anstößig war, gehemmt wird.

Der gestern im Claaßen'schen Prozeß von Stieber erhobene Einwand der Inkompetenz unserer Criminalgerichte in allen Prozessen, für welche Art. 93 der Verf. Geschwornengerichte zusagt, ist in der heutigen Plenarsitzung des Criminalgerichts für unzuläßig erklärt worden. Es wird sonach bis das Gesetz über die Geschwornengerichte erscheint, bei dem bisherigen Gerichtsverfahren sein Bewenden haben, und auch der morgen beginnende politische Prozeß gegen Dowiat und Genossen wird vor der ersten Abtheilung des Criminalgerichts verhandelt werden.

* Berlin, 12. December.

Die "Berliner Zeitungshalle" erläßt heute folgende Erklärung:

Die Berliner

Zeitungs-Halle

ist, nachdem sie wieder fünf Nummern ausgegeben, von Neuem unterdrückt worden. -- In einem uns gestern Abend 9 1/2 Uhr zugekommenen Schreiben des Polizei-Präsidiums vom 11. d. M. wird uns angezeigt, daß der Herr Ober-Befehlshaber der Truppen in den Marken unter demselben Datum ein erneuertes Verbot über das fernere Erscheinen der Zeitung (während des Belagerungs-Zustandes) erlassen hat, und daß bei Uebertretung des Verbotes mit Beschlagnahme der Zeitung verfahren würde und der Herr Ober-Befehlshaber sich für diesen Fall auch noch weitere Maaßnahmen vorbehalten habe.

Wir halten uns verpflichtet, dies unseren Lesern mit dem Bemerken anzuzeigen, daß wir heute früh bereits Schritte zur Aufhebung dieser Maaßregel gethan haben und noch weitere Schritte thun werden, um durch ein baldiges Wiedererscheinen der Zeitung unseren Abonnenten gerecht zu werden.

Berlin, den 12. Dezember 1848.

Die Redaktion der Berliner Zeitungs-Halle.

Diese neue Unterdrückung der "Zeitungshalle" und die Wiedereinführung der Censur in Düsseldorf durch den Bürger und Communisten v. Drigalski sind die praktische Nutzanwendung des Art. 24. der octroyirten Verfassung, der also lautet:

"Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Gedanken frei zu äußern. Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen, namentlich weder durch Censur etc. suspendirt oder aufgehoben werden." Und die Censur in Düsseldorf? Und die abermalige Suspension der Zeitungshalle? Nur der "Preuße" versteht seine "Konstitution."

Berlin. Appellation an die Oeffentlichkeit.

Die Maßregeln des Ministeriums Brandenburg, die Vertagung und Verlegung der Nationalversammlung konnten nicht ohne Eindruck auf die Studirenden der Berliner Hochschule bleiben; es mußte ihnen als Ehrensache erscheinen, das vor wenigen Monaten -- bei Gelegenheit der Todtenfeier für die Märzkämpfer -- abgelegte Versprechen: eine Thebanische Schaar um die National-Versammlung bilden zu wollen: im Augenblicke der Gefahr zu erneuen. Am 11. November erfolgte die Zusammenberufung einer Versammlurg zum Zweck der Berathung dieser Angelegenheit Die im Universitätslokal eintreffenden Studenten fanden daselbst den Rektor vor, und hörten aus seinem Munde die Erklärung, daß einem Senatsbeschlusse gemäß jede Versammlung im akademischen Gebäude ungesetzlich sei, falls er nicht die Tagesordnung derselben genehmigt habe. Der Gegenstand, mit dem man sich zu beschäftigen gedenkt, wird dem Rektor mitgetheilt. Als jedoch der Bescheid kömmt, daß vor Ertheilung der Erlaubniß an den Senat berichtet werden müsse, beschließen die Anwes[e]nden ohne Weiteres auf die Berathung einzugehen und sich der Strafe zu unterziehen, welche etwa die Uebertretung der erwähnten Verordnung zur Folge haben könnte. Mehrere dazu bezeichnete Mitglieder setzen eine Adresse auf, die -- wie aus den Zeitungen bekannt -- unter Begleitung einer bedeutenden Anzahl Studirender der Nationalversammlung überreicht worden ist.

Nach wenigen Tagen werden die Verfasser des erwähnten Schriftstücks und einige andere Mitglieder der Versammlung vor das Universitätsgericht gefordert, ausführlich zu Protokoll vernommen und ihnen später folgendes Urtheil publizirt:

1. Die Verfasser der Adresse erhalten wegen Widersetzlichkeit gegen Rektor und den durch ihn vertretenen Senat (bestehend in Theilnahme an einer ungesetzlichen Versammlung und Ausführung von deren Beschlüssen) das Consilium ab[unleserliches Material]undi.

2. Die der einfachen Theilnahme an der Berathung Geständigen haben das Consil zu unterschreiben.

An uns ist es nun, das Verfahren der höchsten akademischen Behörde vor das Tribunal der Oeffentlichkeit zu ziehen, und dasselbe nach einer freimüthigen Kritik, wie sie die Liebe zur Wahrheit und die Ehre unserer bestraften Commilitonen verlangen, der endlichen Entscheidung unserer Mitbürger zu unterwerfen. Wir wissen allerdings, daß die gewichtigsten Männer unserer Zeit den Universitätsgerichtsprozeß, wie er bisher geführt wurde, in geheimer inquisitorischer Weise ohne Vertheidigung des Angeklagten -- als durchaus verwerflich und die Reform der Universitätsgesetze für unabweisbar erklärt haben, allein wir haben leider eingesehen, daß der Standpunkt, den die Herren Senatoren im Gebiete der Wissenschaft einnehmen, ein zu hoher ist, als daß von ihm herab Wünsche und Bedürfnisse der Gegenwart berücksichtigt werden könnten. Mag immerhin die Achtung vor dem unpassenden Gesetz schwinden, die diskretionäre Macht des Senates hat mit Anderem zu thun, als mit der Verbesserung verjährter Mißbräuche.

Wir wollen nicht daran erinnern, daß viele Monate lang die Senatoren, der Rektor als solcher sich redend und stimmend an unseren Versammlungen betheiligt haben, ohne an die geringste Beschränkung des Versammlungsrechtes in der Universität zu denken. Es möchte sonst irgendwer den Grund zu diesem plötzlichen Sinneswechsel in außerakademischen Veränderungen suchen. Wir werden nicht darauf eingehen, wie der Senatsbeschluß, der die Versammlungen künftig censiren will die gemeinsame politische Thätigkeit der Studirenden unmöglich macht, da die Unterwerfung unter eine derartige Censur nie erfolgen wird, und bei den Verhältnissen der Berliner Studenten, der Mangel eines lokalen Mittelpunktes alles Zusammenhalten vollständig abschneidet. Auch suchen wir zu vergessen, daß die Senatoren denselben, die sie täglich liebe Commilitonen, akademische Mitbürger nennen, die Thüre weisen, sobald sie von ihrem Bürgerrechte in der Akademie wirksamen Gebrauch machen.

Gerechtigkeit ist es, was wir fordern; und die Erringung des Beweises, daß diese dem Spruche des Universitätsgerichtes abgeht, wird uns nicht schwer fallen.

Das bestrafte Vergehen, heißt es im Urtheil, ist Widersetzlichkeit gegen den Rektor und den durch ihn vertretenen Senat.

Der Senat erläßt kraft seines Rechtes der Hauspolizei eine diese betreffende Verordnung. Im Augenblicke, in dem dieselbe praktische Wirksamkeit erhalten soll, erfolgt die Erklärung des Rektors, welche auf das Bestehen der Verordnung aufmerksam macht. Die Verordnung enthält keine Strafandrohung, welche auf ihre außerordentliche Natur schließen ließe; und man muß somit der Meinung sein, daß ihre Uebertretung, wie in anderen ähnlichen Fällen, mit Geld oder geringen Carcerstrafen geahndet wird.

Die Uebertretung geht vor sich.

Darin liegt durchaus keine Widersetzlichkeit gegen Rektor und Senat, denn zu einer solchen allerdings härter zu bestrafenden Handlung wäre ein direkt gegen jene Personen gerichteter Wille nothwendig. Es müßte ihrem Beschlusse zuwidergehandelt worden sein, um damit auszudrucken, daß man ihnen überhaupt prinzipiell den Gehorsam aufsage, ihnen das Recht nicht zugestehe, solche Beschlüsse zu fassen. Das war notorisch nicht der Fall, man unterwarf sich der Verordnung, durch Einholung der Erlaubniß, und das Vergehen erfolgte dann, als einfache Uebertretung einer polizeilichen Vorschrift. Darin eine personliche Verletzung von Rektor und Senat zu finden, ist eben so ungerecht, als wenn man in der Nichtachtung irgend welchen Gesetzes eine Majestäts-Beleidigung des gesetzverkündenden Monarchen sehen wollte. --

Die Strafen, welche die einzelnen Verurtheilten treffen, sind verschieden. Das Urtheil gründet die Verschiedenheit darauf, daß die härter bestraften die Beschlüsse der ungesetzlichen Versammlung ausgeführt haben, während den minder gravirten nur Theilnahme an derselben zur Last liege. Diese Begründung ist nur scheinbar:

Die einzige Ungesetzlichkeit, welche vorging, bestand in dem Abhalten der Versammlung. Die Beschlüsie als solche ihrem Inhalte nach (abgesehen davon, daß eben ihre Fassung ein Theil seiner ungesetzlichen Handlung war) sind nicht ungesetzlich, indem die Absendung einer Adresse den Studirenden vollkommen zusteht. Eben so wenig hatte ihre Ausführung, soweit sie im Universitätsgebäude geschah, etwas Strafbares, da der Abfassung eines Schriftstücks in der Universität kein Gesetz entgegensteht, die Anheftung von Anschlägen ohne vidi des Rektor nur unter Androhung der Abreißung untersagt und übrigens von einem der härter Bestraften ausgegangen ist.

Das Vergehen Aller war also ein gleiches und die verschiedene Bestrafung kann als neuer Beweis offenbarer Ungerechtigkeit dienen.

Es liegt im Wesen der Universitätsgerichte, nicht nach einem Gesetzbuche zu urtheilen, in welchem für jedes einzelne Verbrechen die Strafen in detaillirter Weise angedroht sind, sondern für jeden einzelnen Fall nach seiner Individualität unter der Stufenleiter der Strafe die passende heraussuchen.

Ueber das vorliegende Vergehen ist fast die härteste mögliche Strafe verhängt worden. Wir mögen nun nicht glauben, daß dies grundlos geschehen sei; denn wir sind weit davon entfernt, den Senatoren Frivolität zuzutrauen, wenn es sich darum handelt, ihre Commilitonen zu verbannen. Um die Gründe, die bei der Abmessung der Strafen obgewaltet haben, zu finden, bleibt uns daher nichts übrig, als die Modalitäten des Falles zu betrachten.

Sind es vielleicht die das Vergehen begleitenden Umstände, welche eine Schärfung der Strafe herbeigeführt haben?

An einem Tage, an dem die Nationalversammlung vor der Schwelle ihres Sitzungssaales zurückgewiesen, das Haus von Privatleuten aufsuchen muß, um im Namen von 16 Millionen Preußen zu tagen, zu einer Zeit, wo Leidenschaften die besonnensten Männer, ein ganzes Volk ergreift, die höchsten Faktoren des staatlichen Organismus sich gegenseitig des Hochverraths beschuldigen -- in einem solchen Augenblicke überschreiten jugendliche Leute, am meisten zugänglich der Aufregung, eine polizeiliche Verordnung. Liegt darin ein hoher Grad von Strafbarkeit? Wir mögen nicht glauben, daß die Herren Senatoren nicht jeden Milderungsgrund hervorgesucht haben sollten, als es sich um die Verbannung ihrer Commilitonen handelte.

Die Verwerflichkeit der Motive wird es gewesen sein, welche eine so harte Strafe forderte! Die Absicht bei Uebertretung der Verordnung war, wie bereits bewiesen, nicht aus einem gegen das Gesetz als solches gerichteten Willen entsprungen, sondern patriotische Begeisterung, der lebhafte Wunsch, der politischen Ueberzeugung einen offenen Ausdruck zu geben. Sympathie für eine mit Fußen getretene Körperschaft reißt die Contravenienten hin, von zwei Uebeln, Verleugnung ihrer selbst oder Polizeikontraventionen, das geringere zu wählen. Wenn man nicht gerade die politische Ueberzeugung strafen wollte, hätte dies als Milderungsgrund erscheinen müssen. Es fällt uns schwer, eine Beschuldigung von so großem Gewicht anzudeuten, die Beschuldigung, von so großem Gewicht anzudeuten, die Beschuldigung, daß politische Antipathien des Senates das Urtheil diktirt haben.

Ungerechte Richter pflegen bei Abmessung von Strafen Zweckmäßigkeitsrücksichten zu beachten. Nun läßt sich nicht leugnen, daß es zweckmäßig erscheinen konnte, jetzt grade ein Exempel zu statuiren, und die hiesige studentische Opposition von hervorragenden Persönlichkeiten zu befreien, die faulen Elemente auszuschneiden. Uns drängt sich daher nach a[ll]em Vorhergegangenen, in dem wir keinen zureichenden Grund für die außerordentlich harte Bestrafung entdecken konnten, unabweisbar der Schluß auf, daß der Spruch des Senats aus politischem Widerwillen und Gründen der Nützlichkeit hervorgegangen sei. Ob eine derartige Handlungsweise nicht einen härteren Namen als den der Ungerechtigkeit verdient, darüber überlassen wir das Urtheil der Oeffentlichkeit, an die wir hiermit feierlichst appelliren.

Euch aber, Freunde, verbannt durch Euer Talent und Festigkeit des Charakters, Euch erklären wir, daß wir stets Eurer Bemühungen für die Sache der Freiheit eingedenk sein werden. Wir wissen, daß unsere Achtung, die Euch begleitet, Euch für die widerfahrene Verletzung vollständig entschädigen wird, und daß auch Ihr eine ungetrübte Erinnerung der Tage bewahren werdet, die Ihr in unserer Mitte an der Berliner Hochschule verlebtet.

Die Studentenversammlung am 22. Nov. 1848.

43 Berlin, 12. Dezbr.

"Für die zweite Kammer," sagt das oktroyirte Wahlgesetz, ist jeder selbstständige Preuße etc. stimmberechtigter Urwähler." Man erinnert sich der Wahlverordnung vom 8. April. Dieser zufolge war jeder majorenne Preuße, der kein Verbrecher oder Almosen-Empfänger, stimmberechtigt.

Wer die Potsdamer Kamarilla kennt, wird keinen Augenblick an der Absichtlichkeit dieser Aenderung zweifeln.

Man will alle Dienstboten, alle Gesellen etc. von der Wahlberechtigung ausschließen. Zwar fehlt noch die Deklaration, die Erklärung dieser absichtlich zweideutigen Stelle.

Vielleicht giebt uns aber das Königreich Sachsen einen genügenden Fingerzeig. Der Minister des Innern hat dort über das nämliche Wort folgenden Aufschluß gegeben:

"Da die Verschiedenheit der Ansichten zu bemerken gewesen, welche bei den im Gange befindlichen Landtagswahlen über den Begriff der "Selbstständigkeit", namentlich in Ansehung der Handwerksgesellen und andern Gewerbsgehülfen, obwalten, so findet das Ministerium des Innern sich veranlaßt, hierdurch bekannt zu machen, daß die oberste Staatsbehörde auf den Grund der Kammerverhandlungen über das Wahlgesetz die Ansicht festzuhalten habe, daß zur Selbstständigkeit eigene Wohnung und Wirthschaft (eigener Heerd) erforderlich sei, und daß die Wahlbehörden für die aus der Befolgung eines andern Grundsatzes nach §. 43. des Wahlgesetzes etwa hervorgehende Ungültigkeit der Wahl verantwortlich bleiben würden."

Es wäre zu wünschen, daß sich auch Brandenburg-Manteuffel über die bewußte Selbstständigkeit aussprächen.

X Breslau, den 11. Dez.

Der Verein für "gesetzliche" Ordnung hat eine Deputation an den König "von Gottes Gnaden" geschickt, um dem Allerhöchsten zu danken, daß er geruht hat in seiner Weisheit seinen Unterthanen eine Verfassung zu schenken. Die Aufnahme derselben war natürlich sehr freundlich, zumal da dieser Dank aus dem Sodom und Gomorra Schlesiens kam.

Diese ganze Sache wäre ziemlich unbedeutend, wenn hieran sich nicht noch ein anderes Factum knüpfte. Die Stadtverordneten, die "hochweisen Väter" der Stadt, die die Gesinnung Breslaus so vollkommen vertreten, daß sie in der ganzen Stadt kaum 3,000 Genossen finden, diese Gesellschaft wird jetzt auch dem König, "dem Vater des Landes" allerunterthänigst ihren Dank auf den Stufen des Thrones ehrfurchtsvoll niederlegen. Ich muß gestehen, dabei möchte ich gerne sein, gern möchte ich sehen, wie der König die Deputation aufnehmen wird, da doch auch sie aus derselben Gesellschaft hervorging wie die im Monat März, wo der König sagte:

"Sie hat mir das Schimpflichste angethan, was jemals ein König erfahren hat."

Wie feig, wie hündisch werden die Herrn Grätzer und Grund wedeln, wie werden sie lecken und betteln, selbst wenn der Allerhöchste, in Erinnerung an frühere Tage, einen allerhöchsten Fußtritt ihnen geben wird. Schon dagewesen 1840!!

68 Breslau, 12. Decbr.

In der "A. Od. Ztg." findet sich vom Abgeordneten Stein folgende Erklärung:

Erklärung.

"Nach dem gestern erschienenen Extrablatte der Schlesischen Zeitung soll der König zu der Deputation des Vereins für gesetzliche Ordnung sich unter Anderm in folgender Weise geäußert haben: "Ich muß es Ihnen frei heraussagen, ich bin überzeugt, daß die Behandlung, welche mir durch die Breslauer Deputation im März geworden, das Verletzendste war, was einem Könige in dieser Beziehung je geboten wurde. Die Deputation des Vereins für gesetzliche Ordnung muß die Worte des Königs falsch aufgefaßt haben. Nachdem am 22. März die Herren Abegg und Kopisch vor dem König und dem gesammten Staats-Ministerium sehr freimüthig gesprochen hatten, sagte der König wörtlich: Ich danke Ihnen, meine Herren, daß sie gekommen sind; ich sehe mit Freuden Männer mit den populärsten Namen vor mir; wirken sie fort für Erhaltung der Monarchie, wie sie bisher gewirkt haben, so werden Ihre Namen in der Geschichte gesegnet sein." Die Wahrheit werden die Herren Kopisch und Tschocke, ferner die Herren Siebig, Stadtr. Becker, Theinert, Heinrich Simon u. s. w. bezeugen."

Breslau, den 11. Dezbr. 1848.

Dr. Stein.

* Wien, 10. Dez.

Wiederum sind zwei Personen: Joh. Urban aus Wien, 37 Jahre alt, Geschäftsführer in einer Bandfabrik und der ehemalige Lieutenant Skarbek v. Leczynski, ebenfalls aus Wien gebürtig, 46 Jahre alt, kriegsrechtlich zum Tode "mit dem Strange" verurtheilt, aber von Windischgrätz aus besonderer Gnade der Eine mit 12jähriger Schanzarbeit; der Andere mit 12jährigem Festungsarrest begnadigt worden. In einer neulichen Sitzung des Gemeinderaths ließ Kaltenbanck ins Protokoll vermerken, daß "in dem Nachlasse Messenhausers keine noch nicht verausgabte Gelder der Commune begriffen sein können, da letztere dem Nationalgarden-Oberkommando nur jene Summen zugemittelt hat, welche durch den hohen Reichstag und das Ministerium dazu bestimmt worden."

Der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha beschwert sich beim Gemeinderathe wegen Eingriffs in sein Eigenthumsrecht, indem sein Palais auf der Seilerstätte vom Militär besetzt und umgestaltet worden. Dieser deutsche Landesvater verlangt Entschädigung nicht vom Militär, nicht von Windischgrätz und Jelachich, sondern vom Gemeinderath!!!

* Wien, 10. Dezember.

Plakate mit ehrenrührigen Marginalien machten Skandal und wurden von der Behörde herabgerissen. Ernstere Excesse fanden wiederholt gegen das Militär statt. Zweimal wurde auf Patrouillen und in der Josephstraße von einem Fenster auf Offiziere geschossen, von denen auch einer auf der Stelle todt geblieben sein soll. -- Im Gegensatze zu den friedlichen Gerüchten, womit man sich in diesen Tagen herumtrug, werden seit gestern starke Truppenmassen mittelst der Nordbahn den an der ungarischen Gränze schon aufgestellten Armeekorps zugeführt. -- Von einem Hieherkommen des neuen Kaisers ist nun bestimmt keine Rede, so wenig man ein Aufhören des Belagerungszustandes und die Ertheilung einer Amnestie erwartet. Vielmehr sind neuerlich die Buchdrucker berufen und selben bedeutet worden: Nichts gegen den Belagerungszustand aufzunehmen, wobei ihnen jedoch die geforderten umständlicheren Instruktionen verweigert wurden.

Kremsier, 5. Dezember.

Achtzig Millionen!! Die Franzosen würden sagen: 200 Millionen Franks, aber wir sind des Scheingeldes entwöhnt und rechnen nach Silber in halbirten oder geviertheilten Noten. Achtzig Millionen Gulden Silber fordert der Finanzminister außer den Steuern, um die Bedürfnisse des laufenden Verwaltungsjahres 1849 zu decken. Als die Summe genannt wurde, durchlief ein Seufzer die ganze Kammer vom Parterre des Stenographentisches bis in das Stockwerk der Journalistengallerie, und seitdem ist das Tag- und Nachtgespräch der Kremsierer politischen Welt blos diese Kreditforderung. -- Soll man es bewilligen oder nicht? fragen die Einen. -- Kann man es verweigern? sagen die Andern. -- Darf man es bewilligen? raisonniren die Dritten.

Das Ministerium hat ein freisinniges Programm gegeben; aber es läßt die Militärdiktatur fortbestehen, und es legt dem jungen Kaiser Worte in den Mund, die der Reichstagsdeputation nicht erquickend klingen. Während den Offizieren gesagt wird: Auf Sie gestützt, werde ich Gesetz und Ordnung im Innern zu schirmen wissen, wobei der Volkswehr mit keiner Silbe gedacht ist; sollen die Reichstagsabgeordneten zur Antwort erhalten haben: Beenden Sie schnell die Verfassung, damit Ich sie prüfen und sanctioniren kann! -- Und dieselben Minister, welche diese Worte sprechen lassen, treten vor die Kammer und fordern einen Credit, der den Bedarf des ganzen Jahres außer dem gewöhnlichen Einkommen decken soll. Hätte Kraus blos gesagt: Wir benöthigen das Geld für den Krieg in Ungarn, so wäre es in der Kammer zur Entscheidung gekommen, ob dieser Krieg gebilligt wird? Und gewiß die große Majorität hätte sich bei der gegenwärtigen Sachlage dafür entschieden. Alle Slawen, bis auf die links sitzenden Polen, und das ganze Centrum stimmen für diesen Krieg.

Allein eine andere Furcht beschleicht die Kammer, und die Linke schreit darüber in tausend Aengsten, die Rechte verkriecht sich in eine Ecke. Die Steuern sind auf ein halbes Jahr bewilligt, der Stand des Militärs erreicht 600,000 Mann und 80 Millionen Zuschuß werden gegeben -- -- was hindert dann das Ministerium, das unbequeme Volksparlament eines schönen Wintertages nach Hause zu senden, damit es die Faschingsfreuden genieße und sich ausruhe, oder auch zu sagen, ihr habt lange genug 200 Fl. mo-

den sich leicht und comfortable gekleidet haben, Sie werden eben so höflich als zutraulich und hingebend sein, kurz, Sie werden sich ganz den Freu den Ihres Besuches hingeben — — nun Adieu, Herr Professor! für den Rest werde ich sorgen. Adieu! Bedenken Sie, daß Ihr Leben auf dem Spiele steht — —“

Da war der Doktor verschwunden.

Von der Angst, die der Professor nach dem Fortgehen des Doktors ausstand, kann sich nur Der eine richtige Idee machen, der überhaupt die Qualen eines Gerechten zu würdigen versteht. Der gelehrte Herr war außer sich. Zwanzig Mal in Zeit von zehn Minuten erlosch ihm die Pfeife. Vierzig Mal rieb er die Stirn und achtzig Mal sah er mit frommen Augen andächtig gen Himmel, innerlich flehend, daß dieserKelch der Freude an ihm vorübergehe. Vor allen Dingen suchte er nach irgend einer Entschuldigung für seine bevorstehende Sünde, denn das Wagniß seines Lebens schien ihm ein keineswegs ausreichender Grund zu sein. Er schlug den Irenaeus nach, den Augustinus, den Eusebius, den Lactantius, den Chrysostomus und einige dreißig andere Schweinslederbände, um nachzuforschen, ob denn nicht irgend ein Kirchenvater weiland in demselben Falle gewesen sei, und ob nicht Einer von ihnen auch nur ein Wörtlein über diesen kitzlichen Punkt habe fallen lassen — aber vergebens!

Der Professor überzeugte sich davon, daß nie ein Heiliger der Art vom Teufel versucht worden sei, und an Allem verzweifelnd, warf er sich schließlich auf das Lager seiner Leiden, um schlimmer zu träumen als je vorher.

Der kommende Tag brachte nur neue und immer wildere Seelenstürme für den gelehrten Herrn, denn mit jedem Augenblicke rückte ja die Stunde näher, wo die Schelle von unbekannter Hand gerührt, und wo der Herr Professor den Beweis ablegen sollte, daß er als Mann und Meisterstück aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen sei. Wir brauchen nicht zu versichern, daß der Herr Professor die Vorschriften des Doktors genau befolgte. Schon um 2 Uhr Nachmittags war das Haus des Gelehrten wie ausgestorben. Die Schwester des Unglücklichen, die Mägde, der Knecht: Alle waren vertrieben. Die Seufzer, welche sich der Studierstube entrangen, zeigten, daß nur ein einziges Wesen in dem verödeten Raume zurückgeblieben sei.

Es schlug vier Uhr: der Herr Professor zitterte. Es schlug fünf: der Herr Professor trocknere den Schweiß von Stirn und Wangen. Es schlug sechs: der Herr Professor schnappte nach Luft. Es schlug sieben: da tönte die Schelle der Hausthür und der Gelehrte stürzte hinab. — —

Lassen wir ihn stürzen.

Meine Leser werden mir verzeihen, daß ich sie so lange mit dem alten Professor ennuyire — — die Sage geht, daß der unglückliche Mann, statt einer reizenden Bajadere, die bejahrte Freundin seiner Schwester umarmte — der Herr Professor war mit Blindheit geschlagen; er versicherte, daß sein Leben auf dem Spiel stehe; er hielt den Besuch, welcher der Schwester galt, für den Besuch, den er erwartete, und die herzzerreißendste Scene entwickelte sich zwischen Kirchenvater und Matrone, eine Scene, der Feder eines Swift, eines Sterne, eines Smollet würdig, — werth, von einem andern Hogarth gezeichnet zu werden, zur Lust aller kommenden Geschlechter.

Herr von Schnapphahnski verlebte vor seiner ersten Unterredung mit der Herzogin von S. einen ähnlichen Tag, wie der Berliner Professor. Der Kirchenvater umarmte statt einer Grazie: eine Matrone. Sehen wir, wie es dem edlen Ritter mit der Herzogin erging.

[Deutschland]

Präsidenten gegen den Wiedereintritt Waldecks, Bedenklichkeiten erhebt, die zwar sehr unbegründeter Natur sind, aber doch zu Wege bringen, daß Waldecks Thätigkeit, die auch im Obertribunal vielen Leuten anstößig war, gehemmt wird.

Der gestern im Claaßen'schen Prozeß von Stieber erhobene Einwand der Inkompetenz unserer Criminalgerichte in allen Prozessen, für welche Art. 93 der Verf. Geschwornengerichte zusagt, ist in der heutigen Plenarsitzung des Criminalgerichts für unzuläßig erklärt worden. Es wird sonach bis das Gesetz über die Geschwornengerichte erscheint, bei dem bisherigen Gerichtsverfahren sein Bewenden haben, und auch der morgen beginnende politische Prozeß gegen Dowiat und Genossen wird vor der ersten Abtheilung des Criminalgerichts verhandelt werden.

* Berlin, 12. December.

Die „Berliner Zeitungshalle“ erläßt heute folgende Erklärung:

Die Berliner

Zeitungs-Halle

ist, nachdem sie wieder fünf Nummern ausgegeben, von Neuem unterdrückt worden. — In einem uns gestern Abend 9 1/2 Uhr zugekommenen Schreiben des Polizei-Präsidiums vom 11. d. M. wird uns angezeigt, daß der Herr Ober-Befehlshaber der Truppen in den Marken unter demselben Datum ein erneuertes Verbot über das fernere Erscheinen der Zeitung (während des Belagerungs-Zustandes) erlassen hat, und daß bei Uebertretung des Verbotes mit Beschlagnahme der Zeitung verfahren würde und der Herr Ober-Befehlshaber sich für diesen Fall auch noch weitere Maaßnahmen vorbehalten habe.

Wir halten uns verpflichtet, dies unseren Lesern mit dem Bemerken anzuzeigen, daß wir heute früh bereits Schritte zur Aufhebung dieser Maaßregel gethan haben und noch weitere Schritte thun werden, um durch ein baldiges Wiedererscheinen der Zeitung unseren Abonnenten gerecht zu werden.

Berlin, den 12. Dezember 1848.

Die Redaktion der Berliner Zeitungs-Halle.

Diese neue Unterdrückung der „Zeitungshalle“ und die Wiedereinführung der Censur in Düsseldorf durch den Bürger und Communisten v. Drigalski sind die praktische Nutzanwendung des Art. 24. der octroyirten Verfassung, der also lautet:

„Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Gedanken frei zu äußern. Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen, namentlich weder durch Censur etc. suspendirt oder aufgehoben werden.“ Und die Censur in Düsseldorf? Und die abermalige Suspension der Zeitungshalle? Nur der „Preuße“ versteht seine „Konstitution.

Berlin. Appellation an die Oeffentlichkeit.

Die Maßregeln des Ministeriums Brandenburg, die Vertagung und Verlegung der Nationalversammlung konnten nicht ohne Eindruck auf die Studirenden der Berliner Hochschule bleiben; es mußte ihnen als Ehrensache erscheinen, das vor wenigen Monaten — bei Gelegenheit der Todtenfeier für die Märzkämpfer — abgelegte Versprechen: eine Thebanische Schaar um die National-Versammlung bilden zu wollen: im Augenblicke der Gefahr zu erneuen. Am 11. November erfolgte die Zusammenberufung einer Versammlurg zum Zweck der Berathung dieser Angelegenheit Die im Universitätslokal eintreffenden Studenten fanden daselbst den Rektor vor, und hörten aus seinem Munde die Erklärung, daß einem Senatsbeschlusse gemäß jede Versammlung im akademischen Gebäude ungesetzlich sei, falls er nicht die Tagesordnung derselben genehmigt habe. Der Gegenstand, mit dem man sich zu beschäftigen gedenkt, wird dem Rektor mitgetheilt. Als jedoch der Bescheid kömmt, daß vor Ertheilung der Erlaubniß an den Senat berichtet werden müsse, beschließen die Anwes[e]nden ohne Weiteres auf die Berathung einzugehen und sich der Strafe zu unterziehen, welche etwa die Uebertretung der erwähnten Verordnung zur Folge haben könnte. Mehrere dazu bezeichnete Mitglieder setzen eine Adresse auf, die — wie aus den Zeitungen bekannt — unter Begleitung einer bedeutenden Anzahl Studirender der Nationalversammlung überreicht worden ist.

Nach wenigen Tagen werden die Verfasser des erwähnten Schriftstücks und einige andere Mitglieder der Versammlung vor das Universitätsgericht gefordert, ausführlich zu Protokoll vernommen und ihnen später folgendes Urtheil publizirt:

1. Die Verfasser der Adresse erhalten wegen Widersetzlichkeit gegen Rektor und den durch ihn vertretenen Senat (bestehend in Theilnahme an einer ungesetzlichen Versammlung und Ausführung von deren Beschlüssen) das Consilium ab[unleserliches Material]undi.

2. Die der einfachen Theilnahme an der Berathung Geständigen haben das Consil zu unterschreiben.

An uns ist es nun, das Verfahren der höchsten akademischen Behörde vor das Tribunal der Oeffentlichkeit zu ziehen, und dasselbe nach einer freimüthigen Kritik, wie sie die Liebe zur Wahrheit und die Ehre unserer bestraften Commilitonen verlangen, der endlichen Entscheidung unserer Mitbürger zu unterwerfen. Wir wissen allerdings, daß die gewichtigsten Männer unserer Zeit den Universitätsgerichtsprozeß, wie er bisher geführt wurde, in geheimer inquisitorischer Weise ohne Vertheidigung des Angeklagten — als durchaus verwerflich und die Reform der Universitätsgesetze für unabweisbar erklärt haben, allein wir haben leider eingesehen, daß der Standpunkt, den die Herren Senatoren im Gebiete der Wissenschaft einnehmen, ein zu hoher ist, als daß von ihm herab Wünsche und Bedürfnisse der Gegenwart berücksichtigt werden könnten. Mag immerhin die Achtung vor dem unpassenden Gesetz schwinden, die diskretionäre Macht des Senates hat mit Anderem zu thun, als mit der Verbesserung verjährter Mißbräuche.

Wir wollen nicht daran erinnern, daß viele Monate lang die Senatoren, der Rektor als solcher sich redend und stimmend an unseren Versammlungen betheiligt haben, ohne an die geringste Beschränkung des Versammlungsrechtes in der Universität zu denken. Es möchte sonst irgendwer den Grund zu diesem plötzlichen Sinneswechsel in außerakademischen Veränderungen suchen. Wir werden nicht darauf eingehen, wie der Senatsbeschluß, der die Versammlungen künftig censiren will die gemeinsame politische Thätigkeit der Studirenden unmöglich macht, da die Unterwerfung unter eine derartige Censur nie erfolgen wird, und bei den Verhältnissen der Berliner Studenten, der Mangel eines lokalen Mittelpunktes alles Zusammenhalten vollständig abschneidet. Auch suchen wir zu vergessen, daß die Senatoren denselben, die sie täglich liebe Commilitonen, akademische Mitbürger nennen, die Thüre weisen, sobald sie von ihrem Bürgerrechte in der Akademie wirksamen Gebrauch machen.

Gerechtigkeit ist es, was wir fordern; und die Erringung des Beweises, daß diese dem Spruche des Universitätsgerichtes abgeht, wird uns nicht schwer fallen.

Das bestrafte Vergehen, heißt es im Urtheil, ist Widersetzlichkeit gegen den Rektor und den durch ihn vertretenen Senat.

Der Senat erläßt kraft seines Rechtes der Hauspolizei eine diese betreffende Verordnung. Im Augenblicke, in dem dieselbe praktische Wirksamkeit erhalten soll, erfolgt die Erklärung des Rektors, welche auf das Bestehen der Verordnung aufmerksam macht. Die Verordnung enthält keine Strafandrohung, welche auf ihre außerordentliche Natur schließen ließe; und man muß somit der Meinung sein, daß ihre Uebertretung, wie in anderen ähnlichen Fällen, mit Geld oder geringen Carcerstrafen geahndet wird.

Die Uebertretung geht vor sich.

Darin liegt durchaus keine Widersetzlichkeit gegen Rektor und Senat, denn zu einer solchen allerdings härter zu bestrafenden Handlung wäre ein direkt gegen jene Personen gerichteter Wille nothwendig. Es müßte ihrem Beschlusse zuwidergehandelt worden sein, um damit auszudrucken, daß man ihnen überhaupt prinzipiell den Gehorsam aufsage, ihnen das Recht nicht zugestehe, solche Beschlüsse zu fassen. Das war notorisch nicht der Fall, man unterwarf sich der Verordnung, durch Einholung der Erlaubniß, und das Vergehen erfolgte dann, als einfache Uebertretung einer polizeilichen Vorschrift. Darin eine personliche Verletzung von Rektor und Senat zu finden, ist eben so ungerecht, als wenn man in der Nichtachtung irgend welchen Gesetzes eine Majestäts-Beleidigung des gesetzverkündenden Monarchen sehen wollte. —

Die Strafen, welche die einzelnen Verurtheilten treffen, sind verschieden. Das Urtheil gründet die Verschiedenheit darauf, daß die härter bestraften die Beschlüsse der ungesetzlichen Versammlung ausgeführt haben, während den minder gravirten nur Theilnahme an derselben zur Last liege. Diese Begründung ist nur scheinbar:

Die einzige Ungesetzlichkeit, welche vorging, bestand in dem Abhalten der Versammlung. Die Beschlüsie als solche ihrem Inhalte nach (abgesehen davon, daß eben ihre Fassung ein Theil seiner ungesetzlichen Handlung war) sind nicht ungesetzlich, indem die Absendung einer Adresse den Studirenden vollkommen zusteht. Eben so wenig hatte ihre Ausführung, soweit sie im Universitätsgebäude geschah, etwas Strafbares, da der Abfassung eines Schriftstücks in der Universität kein Gesetz entgegensteht, die Anheftung von Anschlägen ohne vidi des Rektor nur unter Androhung der Abreißung untersagt und übrigens von einem der härter Bestraften ausgegangen ist.

Das Vergehen Aller war also ein gleiches und die verschiedene Bestrafung kann als neuer Beweis offenbarer Ungerechtigkeit dienen.

Es liegt im Wesen der Universitätsgerichte, nicht nach einem Gesetzbuche zu urtheilen, in welchem für jedes einzelne Verbrechen die Strafen in detaillirter Weise angedroht sind, sondern für jeden einzelnen Fall nach seiner Individualität unter der Stufenleiter der Strafe die passende heraussuchen.

Ueber das vorliegende Vergehen ist fast die härteste mögliche Strafe verhängt worden. Wir mögen nun nicht glauben, daß dies grundlos geschehen sei; denn wir sind weit davon entfernt, den Senatoren Frivolität zuzutrauen, wenn es sich darum handelt, ihre Commilitonen zu verbannen. Um die Gründe, die bei der Abmessung der Strafen obgewaltet haben, zu finden, bleibt uns daher nichts übrig, als die Modalitäten des Falles zu betrachten.

Sind es vielleicht die das Vergehen begleitenden Umstände, welche eine Schärfung der Strafe herbeigeführt haben?

An einem Tage, an dem die Nationalversammlung vor der Schwelle ihres Sitzungssaales zurückgewiesen, das Haus von Privatleuten aufsuchen muß, um im Namen von 16 Millionen Preußen zu tagen, zu einer Zeit, wo Leidenschaften die besonnensten Männer, ein ganzes Volk ergreift, die höchsten Faktoren des staatlichen Organismus sich gegenseitig des Hochverraths beschuldigen — in einem solchen Augenblicke überschreiten jugendliche Leute, am meisten zugänglich der Aufregung, eine polizeiliche Verordnung. Liegt darin ein hoher Grad von Strafbarkeit? Wir mögen nicht glauben, daß die Herren Senatoren nicht jeden Milderungsgrund hervorgesucht haben sollten, als es sich um die Verbannung ihrer Commilitonen handelte.

Die Verwerflichkeit der Motive wird es gewesen sein, welche eine so harte Strafe forderte! Die Absicht bei Uebertretung der Verordnung war, wie bereits bewiesen, nicht aus einem gegen das Gesetz als solches gerichteten Willen entsprungen, sondern patriotische Begeisterung, der lebhafte Wunsch, der politischen Ueberzeugung einen offenen Ausdruck zu geben. Sympathie für eine mit Fußen getretene Körperschaft reißt die Contravenienten hin, von zwei Uebeln, Verleugnung ihrer selbst oder Polizeikontraventionen, das geringere zu wählen. Wenn man nicht gerade die politische Ueberzeugung strafen wollte, hätte dies als Milderungsgrund erscheinen müssen. Es fällt uns schwer, eine Beschuldigung von so großem Gewicht anzudeuten, die Beschuldigung, von so großem Gewicht anzudeuten, die Beschuldigung, daß politische Antipathien des Senates das Urtheil diktirt haben.

Ungerechte Richter pflegen bei Abmessung von Strafen Zweckmäßigkeitsrücksichten zu beachten. Nun läßt sich nicht leugnen, daß es zweckmäßig erscheinen konnte, jetzt grade ein Exempel zu statuiren, und die hiesige studentische Opposition von hervorragenden Persönlichkeiten zu befreien, die faulen Elemente auszuschneiden. Uns drängt sich daher nach a[ll]em Vorhergegangenen, in dem wir keinen zureichenden Grund für die außerordentlich harte Bestrafung entdecken konnten, unabweisbar der Schluß auf, daß der Spruch des Senats aus politischem Widerwillen und Gründen der Nützlichkeit hervorgegangen sei. Ob eine derartige Handlungsweise nicht einen härteren Namen als den der Ungerechtigkeit verdient, darüber überlassen wir das Urtheil der Oeffentlichkeit, an die wir hiermit feierlichst appelliren.

Euch aber, Freunde, verbannt durch Euer Talent und Festigkeit des Charakters, Euch erklären wir, daß wir stets Eurer Bemühungen für die Sache der Freiheit eingedenk sein werden. Wir wissen, daß unsere Achtung, die Euch begleitet, Euch für die widerfahrene Verletzung vollständig entschädigen wird, und daß auch Ihr eine ungetrübte Erinnerung der Tage bewahren werdet, die Ihr in unserer Mitte an der Berliner Hochschule verlebtet.

Die Studentenversammlung am 22. Nov. 1848.

43 Berlin, 12. Dezbr.

„Für die zweite Kammer,“ sagt das oktroyirte Wahlgesetz, ist jeder selbstständige Preuße etc. stimmberechtigter Urwähler.“ Man erinnert sich der Wahlverordnung vom 8. April. Dieser zufolge war jeder majorenne Preuße, der kein Verbrecher oder Almosen-Empfänger, stimmberechtigt.

Wer die Potsdamer Kamarilla kennt, wird keinen Augenblick an der Absichtlichkeit dieser Aenderung zweifeln.

Man will alle Dienstboten, alle Gesellen etc. von der Wahlberechtigung ausschließen. Zwar fehlt noch die Deklaration, die Erklärung dieser absichtlich zweideutigen Stelle.

Vielleicht giebt uns aber das Königreich Sachsen einen genügenden Fingerzeig. Der Minister des Innern hat dort über das nämliche Wort folgenden Aufschluß gegeben:

„Da die Verschiedenheit der Ansichten zu bemerken gewesen, welche bei den im Gange befindlichen Landtagswahlen über den Begriff der „Selbstständigkeit“, namentlich in Ansehung der Handwerksgesellen und andern Gewerbsgehülfen, obwalten, so findet das Ministerium des Innern sich veranlaßt, hierdurch bekannt zu machen, daß die oberste Staatsbehörde auf den Grund der Kammerverhandlungen über das Wahlgesetz die Ansicht festzuhalten habe, daß zur Selbstständigkeit eigene Wohnung und Wirthschaft (eigener Heerd) erforderlich sei, und daß die Wahlbehörden für die aus der Befolgung eines andern Grundsatzes nach §. 43. des Wahlgesetzes etwa hervorgehende Ungültigkeit der Wahl verantwortlich bleiben würden.“

Es wäre zu wünschen, daß sich auch Brandenburg-Manteuffel über die bewußte Selbstständigkeit aussprächen.

X Breslau, den 11. Dez.

Der Verein für „gesetzliche“ Ordnung hat eine Deputation an den König „von Gottes Gnaden“ geschickt, um dem Allerhöchsten zu danken, daß er geruht hat in seiner Weisheit seinen Unterthanen eine Verfassung zu schenken. Die Aufnahme derselben war natürlich sehr freundlich, zumal da dieser Dank aus dem Sodom und Gomorra Schlesiens kam.

Diese ganze Sache wäre ziemlich unbedeutend, wenn hieran sich nicht noch ein anderes Factum knüpfte. Die Stadtverordneten, die „hochweisen Väter“ der Stadt, die die Gesinnung Breslaus so vollkommen vertreten, daß sie in der ganzen Stadt kaum 3,000 Genossen finden, diese Gesellschaft wird jetzt auch dem König, „dem Vater des Landes“ allerunterthänigst ihren Dank auf den Stufen des Thrones ehrfurchtsvoll niederlegen. Ich muß gestehen, dabei möchte ich gerne sein, gern möchte ich sehen, wie der König die Deputation aufnehmen wird, da doch auch sie aus derselben Gesellschaft hervorging wie die im Monat März, wo der König sagte:

„Sie hat mir das Schimpflichste angethan, was jemals ein König erfahren hat.“

Wie feig, wie hündisch werden die Herrn Grätzer und Grund wedeln, wie werden sie lecken und betteln, selbst wenn der Allerhöchste, in Erinnerung an frühere Tage, einen allerhöchsten Fußtritt ihnen geben wird. Schon dagewesen 1840!!

68 Breslau, 12. Decbr.

In der „A. Od. Ztg.“ findet sich vom Abgeordneten Stein folgende Erklärung:

Erklärung.

„Nach dem gestern erschienenen Extrablatte der Schlesischen Zeitung soll der König zu der Deputation des Vereins für gesetzliche Ordnung sich unter Anderm in folgender Weise geäußert haben: „Ich muß es Ihnen frei heraussagen, ich bin überzeugt, daß die Behandlung, welche mir durch die Breslauer Deputation im März geworden, das Verletzendste war, was einem Könige in dieser Beziehung je geboten wurde. Die Deputation des Vereins für gesetzliche Ordnung muß die Worte des Königs falsch aufgefaßt haben. Nachdem am 22. März die Herren Abegg und Kopisch vor dem König und dem gesammten Staats-Ministerium sehr freimüthig gesprochen hatten, sagte der König wörtlich: Ich danke Ihnen, meine Herren, daß sie gekommen sind; ich sehe mit Freuden Männer mit den populärsten Namen vor mir; wirken sie fort für Erhaltung der Monarchie, wie sie bisher gewirkt haben, so werden Ihre Namen in der Geschichte gesegnet sein.“ Die Wahrheit werden die Herren Kopisch und Tschocke, ferner die Herren Siebig, Stadtr. Becker, Theinert, Heinrich Simon u. s. w. bezeugen.“

Breslau, den 11. Dezbr. 1848.

Dr. Stein.

* Wien, 10. Dez.

Wiederum sind zwei Personen: Joh. Urban aus Wien, 37 Jahre alt, Geschäftsführer in einer Bandfabrik und der ehemalige Lieutenant Skarbek v. Leczynski, ebenfalls aus Wien gebürtig, 46 Jahre alt, kriegsrechtlich zum Tode „mit dem Strange“ verurtheilt, aber von Windischgrätz aus besonderer Gnade der Eine mit 12jähriger Schanzarbeit; der Andere mit 12jährigem Festungsarrest begnadigt worden. In einer neulichen Sitzung des Gemeinderaths ließ Kaltenbanck ins Protokoll vermerken, daß „in dem Nachlasse Messenhausers keine noch nicht verausgabte Gelder der Commune begriffen sein können, da letztere dem Nationalgarden-Oberkommando nur jene Summen zugemittelt hat, welche durch den hohen Reichstag und das Ministerium dazu bestimmt worden.“

Der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha beschwert sich beim Gemeinderathe wegen Eingriffs in sein Eigenthumsrecht, indem sein Palais auf der Seilerstätte vom Militär besetzt und umgestaltet worden. Dieser deutsche Landesvater verlangt Entschädigung nicht vom Militär, nicht von Windischgrätz und Jelachich, sondern vom Gemeinderath!!!

* Wien, 10. Dezember.

Plakate mit ehrenrührigen Marginalien machten Skandal und wurden von der Behörde herabgerissen. Ernstere Excesse fanden wiederholt gegen das Militär statt. Zweimal wurde auf Patrouillen und in der Josephstraße von einem Fenster auf Offiziere geschossen, von denen auch einer auf der Stelle todt geblieben sein soll. — Im Gegensatze zu den friedlichen Gerüchten, womit man sich in diesen Tagen herumtrug, werden seit gestern starke Truppenmassen mittelst der Nordbahn den an der ungarischen Gränze schon aufgestellten Armeekorps zugeführt. — Von einem Hieherkommen des neuen Kaisers ist nun bestimmt keine Rede, so wenig man ein Aufhören des Belagerungszustandes und die Ertheilung einer Amnestie erwartet. Vielmehr sind neuerlich die Buchdrucker berufen und selben bedeutet worden: Nichts gegen den Belagerungszustand aufzunehmen, wobei ihnen jedoch die geforderten umständlicheren Instruktionen verweigert wurden.

Kremsier, 5. Dezember.

Achtzig Millionen!! Die Franzosen würden sagen: 200 Millionen Franks, aber wir sind des Scheingeldes entwöhnt und rechnen nach Silber in halbirten oder geviertheilten Noten. Achtzig Millionen Gulden Silber fordert der Finanzminister außer den Steuern, um die Bedürfnisse des laufenden Verwaltungsjahres 1849 zu decken. Als die Summe genannt wurde, durchlief ein Seufzer die ganze Kammer vom Parterre des Stenographentisches bis in das Stockwerk der Journalistengallerie, und seitdem ist das Tag- und Nachtgespräch der Kremsierer politischen Welt blos diese Kreditforderung. — Soll man es bewilligen oder nicht? fragen die Einen. — Kann man es verweigern? sagen die Andern. — Darf man es bewilligen? raisonniren die Dritten.

Das Ministerium hat ein freisinniges Programm gegeben; aber es läßt die Militärdiktatur fortbestehen, und es legt dem jungen Kaiser Worte in den Mund, die der Reichstagsdeputation nicht erquickend klingen. Während den Offizieren gesagt wird: Auf Sie gestützt, werde ich Gesetz und Ordnung im Innern zu schirmen wissen, wobei der Volkswehr mit keiner Silbe gedacht ist; sollen die Reichstagsabgeordneten zur Antwort erhalten haben: Beenden Sie schnell die Verfassung, damit Ich sie prüfen und sanctioniren kann! — Und dieselben Minister, welche diese Worte sprechen lassen, treten vor die Kammer und fordern einen Credit, der den Bedarf des ganzen Jahres außer dem gewöhnlichen Einkommen decken soll. Hätte Kraus blos gesagt: Wir benöthigen das Geld für den Krieg in Ungarn, so wäre es in der Kammer zur Entscheidung gekommen, ob dieser Krieg gebilligt wird? Und gewiß die große Majorität hätte sich bei der gegenwärtigen Sachlage dafür entschieden. Alle Slawen, bis auf die links sitzenden Polen, und das ganze Centrum stimmen für diesen Krieg.

Allein eine andere Furcht beschleicht die Kammer, und die Linke schreit darüber in tausend Aengsten, die Rechte verkriecht sich in eine Ecke. Die Steuern sind auf ein halbes Jahr bewilligt, der Stand des Militärs erreicht 600,000 Mann und 80 Millionen Zuschuß werden gegeben — — was hindert dann das Ministerium, das unbequeme Volksparlament eines schönen Wintertages nach Hause zu senden, damit es die Faschingsfreuden genieße und sich ausruhe, oder auch zu sagen, ihr habt lange genug 200 Fl. mo-

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          <p>den sich leicht und comfortable gekleidet haben, Sie werden eben so höflich als zutraulich und hingebend sein, kurz, Sie werden sich ganz den Freu den Ihres Besuches hingeben &#x2014; &#x2014; nun Adieu, Herr Professor! für den Rest werde ich sorgen. Adieu! Bedenken Sie, daß Ihr Leben auf dem Spiele steht &#x2014; &#x2014;&#x201C;</p>
          <p>Da war der Doktor verschwunden.</p>
          <p>Von der Angst, die der Professor nach dem Fortgehen des Doktors ausstand, kann sich nur Der eine richtige Idee machen, der überhaupt die Qualen eines Gerechten zu würdigen versteht. Der gelehrte Herr war außer sich. Zwanzig Mal in Zeit von zehn Minuten erlosch ihm die Pfeife. Vierzig Mal rieb er die Stirn und achtzig Mal sah er mit frommen Augen andächtig gen Himmel, innerlich flehend, daß dieserKelch der Freude an ihm vorübergehe. Vor allen Dingen suchte er nach irgend einer Entschuldigung für seine bevorstehende Sünde, denn das Wagniß seines Lebens schien ihm ein keineswegs ausreichender Grund zu sein. Er schlug den Irenaeus nach, den Augustinus, den Eusebius, den Lactantius, den Chrysostomus und einige dreißig andere Schweinslederbände, um nachzuforschen, ob denn nicht irgend ein Kirchenvater weiland in demselben Falle gewesen sei, und ob nicht Einer von ihnen auch nur ein Wörtlein über diesen kitzlichen Punkt habe fallen lassen &#x2014; aber vergebens!</p>
          <p>Der Professor überzeugte sich davon, daß nie ein Heiliger der Art vom Teufel versucht worden sei, und an Allem verzweifelnd, warf er sich schließlich auf das Lager seiner Leiden, um schlimmer zu träumen als je vorher.</p>
          <p>Der kommende Tag brachte nur neue und immer wildere Seelenstürme für den gelehrten Herrn, denn mit jedem Augenblicke rückte ja die Stunde näher, wo die Schelle von unbekannter Hand gerührt, und wo der Herr Professor den Beweis ablegen sollte, daß er als Mann und Meisterstück aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen sei. Wir brauchen nicht zu versichern, daß der Herr Professor die Vorschriften des Doktors genau befolgte. Schon um 2 Uhr Nachmittags war das Haus des Gelehrten wie ausgestorben. Die Schwester des Unglücklichen, die Mägde, der Knecht: Alle waren vertrieben. Die Seufzer, welche sich der Studierstube entrangen, zeigten, daß nur ein einziges Wesen in dem verödeten Raume zurückgeblieben sei.</p>
          <p>Es schlug vier Uhr: der Herr Professor zitterte. Es schlug fünf: der Herr Professor trocknere den Schweiß von Stirn und Wangen. Es schlug sechs: der Herr Professor schnappte nach Luft. Es schlug sieben: da tönte die Schelle der Hausthür und der Gelehrte stürzte hinab. &#x2014; &#x2014;</p>
          <p>Lassen wir ihn stürzen.</p>
          <p>Meine Leser werden mir verzeihen, daß ich sie so lange mit dem alten Professor ennuyire &#x2014; &#x2014; die Sage geht, daß der unglückliche Mann, statt einer reizenden Bajadere, die bejahrte Freundin seiner Schwester umarmte &#x2014; der Herr Professor war mit Blindheit geschlagen; er versicherte, daß sein Leben auf dem Spiel stehe; er hielt den Besuch, welcher der Schwester galt, für den Besuch, den <hi rendition="#g">er</hi> erwartete, und die herzzerreißendste Scene entwickelte sich zwischen Kirchenvater und Matrone, eine Scene, der Feder eines Swift, eines Sterne, eines Smollet würdig, &#x2014; werth, von einem andern Hogarth gezeichnet zu werden, zur Lust aller kommenden Geschlechter.</p>
          <p>Herr von Schnapphahnski verlebte vor seiner ersten Unterredung mit der Herzogin von S. einen ähnlichen Tag, wie der Berliner Professor. Der Kirchenvater umarmte statt einer Grazie: eine Matrone. Sehen wir, wie es dem edlen Ritter mit der Herzogin erging.</p>
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        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar169_008a" type="jArticle">
          <p>Präsidenten gegen den Wiedereintritt <hi rendition="#g">Waldecks,</hi> Bedenklichkeiten erhebt, die zwar sehr unbegründeter Natur sind, aber doch zu Wege bringen, daß Waldecks Thätigkeit, die auch im Obertribunal vielen Leuten anstößig war, gehemmt wird.</p>
          <p>Der gestern im Claaßen'schen Prozeß von Stieber erhobene Einwand der Inkompetenz unserer Criminalgerichte in allen Prozessen, für welche Art. 93 der Verf. Geschwornengerichte zusagt, ist in der heutigen Plenarsitzung des Criminalgerichts für unzuläßig erklärt worden. Es wird sonach bis das Gesetz über die Geschwornengerichte erscheint, bei dem bisherigen Gerichtsverfahren sein Bewenden haben, und auch der morgen beginnende politische Prozeß gegen <hi rendition="#g">Dowiat</hi> und Genossen wird vor der ersten Abtheilung des Criminalgerichts verhandelt werden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar169_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 12. December.</head>
          <p>Die &#x201E;Berliner Zeitungshalle&#x201C; erläßt heute folgende Erklärung:</p>
          <p>Die Berliner</p>
          <p> <hi rendition="#g">Zeitungs-Halle</hi> </p>
          <p>ist, nachdem sie wieder fünf Nummern ausgegeben, von Neuem unterdrückt worden. &#x2014; In einem uns gestern Abend 9 1/2 Uhr zugekommenen Schreiben des Polizei-Präsidiums vom 11. d. M. wird uns angezeigt, daß der Herr Ober-Befehlshaber der Truppen in den Marken unter demselben Datum ein erneuertes Verbot über das fernere Erscheinen der Zeitung (während des Belagerungs-Zustandes) erlassen hat, und daß bei Uebertretung des Verbotes mit Beschlagnahme der Zeitung verfahren würde und der Herr Ober-Befehlshaber sich für diesen Fall auch noch weitere Maaßnahmen vorbehalten habe.</p>
          <p>Wir halten uns verpflichtet, dies unseren Lesern mit dem Bemerken anzuzeigen, daß wir heute früh bereits Schritte zur Aufhebung dieser Maaßregel gethan haben und noch weitere Schritte thun werden, um durch ein baldiges Wiedererscheinen der Zeitung unseren Abonnenten gerecht zu werden.</p>
          <p>Berlin, den 12. Dezember 1848.</p>
          <p>Die Redaktion der Berliner Zeitungs-Halle.</p>
          <p>Diese neue Unterdrückung der &#x201E;Zeitungshalle&#x201C; und die Wiedereinführung der Censur in Düsseldorf durch den Bürger und Communisten v. Drigalski sind die praktische Nutzanwendung des Art. 24. der octroyirten Verfassung, der also lautet:</p>
          <p>&#x201E;Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Gedanken frei zu äußern. Die Preßfreiheit darf <hi rendition="#g">unter keinen Umständen,</hi> namentlich weder durch <hi rendition="#g">Censur etc. suspendirt</hi> oder <hi rendition="#g">aufgehoben</hi> werden.&#x201C; Und die Censur in Düsseldorf? Und die abermalige Suspension der Zeitungshalle? Nur der &#x201E;<hi rendition="#g">Preuße</hi>&#x201C; versteht seine &#x201E;<hi rendition="#g">Konstitution.</hi>&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#b">Berlin.</hi> Appellation an die Oeffentlichkeit.</p>
          <p>Die Maßregeln des Ministeriums Brandenburg, die Vertagung und Verlegung der Nationalversammlung konnten nicht ohne Eindruck auf die Studirenden der Berliner Hochschule bleiben; es mußte ihnen als Ehrensache erscheinen, das vor wenigen Monaten &#x2014; bei Gelegenheit der Todtenfeier für die Märzkämpfer &#x2014; abgelegte Versprechen: eine Thebanische Schaar um die National-Versammlung bilden zu wollen: im Augenblicke der Gefahr zu erneuen. Am 11. November erfolgte die Zusammenberufung einer Versammlurg zum Zweck der Berathung dieser Angelegenheit Die im Universitätslokal eintreffenden Studenten fanden daselbst den Rektor vor, und hörten aus seinem Munde die Erklärung, daß einem Senatsbeschlusse gemäß jede Versammlung im akademischen Gebäude ungesetzlich sei, falls er nicht die Tagesordnung derselben genehmigt habe. Der Gegenstand, mit dem man sich zu beschäftigen gedenkt, wird dem Rektor mitgetheilt. Als jedoch der Bescheid kömmt, daß vor Ertheilung der Erlaubniß an den Senat berichtet werden müsse, beschließen die Anwes[e]nden ohne Weiteres auf die Berathung einzugehen und sich der Strafe zu unterziehen, welche etwa die Uebertretung der erwähnten Verordnung zur Folge haben könnte. Mehrere dazu bezeichnete Mitglieder setzen eine Adresse auf, die &#x2014; wie aus den Zeitungen bekannt &#x2014; unter Begleitung einer bedeutenden Anzahl Studirender der Nationalversammlung überreicht worden ist.</p>
          <p>Nach wenigen Tagen werden die Verfasser des erwähnten Schriftstücks und einige andere Mitglieder der Versammlung vor das Universitätsgericht gefordert, ausführlich zu Protokoll vernommen und ihnen später folgendes Urtheil publizirt:</p>
          <p>1. Die Verfasser der Adresse erhalten wegen Widersetzlichkeit gegen Rektor und den durch ihn vertretenen Senat (bestehend in Theilnahme an einer ungesetzlichen Versammlung und Ausführung von deren Beschlüssen) das Consilium ab<gap reason="illegible"/>undi.</p>
          <p>2. Die der einfachen Theilnahme an der Berathung Geständigen haben das Consil zu unterschreiben.</p>
          <p>An uns ist es nun, das Verfahren der höchsten akademischen Behörde vor das Tribunal der Oeffentlichkeit zu ziehen, und dasselbe nach einer freimüthigen Kritik, wie sie die Liebe zur Wahrheit und die Ehre unserer bestraften Commilitonen verlangen, der endlichen Entscheidung unserer Mitbürger zu unterwerfen. Wir wissen allerdings, daß die gewichtigsten Männer unserer Zeit den Universitätsgerichtsprozeß, wie er bisher geführt wurde, in geheimer inquisitorischer Weise ohne Vertheidigung des Angeklagten &#x2014; als durchaus verwerflich und die Reform der Universitätsgesetze für unabweisbar erklärt haben, allein wir haben leider eingesehen, daß der Standpunkt, den die Herren Senatoren im Gebiete der Wissenschaft einnehmen, ein zu hoher ist, als daß von ihm herab Wünsche und Bedürfnisse der Gegenwart berücksichtigt werden könnten. Mag immerhin die Achtung vor dem unpassenden Gesetz schwinden, die diskretionäre Macht des Senates hat mit Anderem zu thun, als mit der Verbesserung verjährter Mißbräuche.</p>
          <p>Wir wollen nicht daran erinnern, daß viele Monate lang die Senatoren, der Rektor als solcher sich redend und stimmend an unseren Versammlungen betheiligt haben, ohne an die geringste Beschränkung des Versammlungsrechtes in der Universität zu denken. Es möchte sonst irgendwer den Grund zu diesem plötzlichen Sinneswechsel in außerakademischen Veränderungen suchen. Wir werden nicht darauf eingehen, wie der Senatsbeschluß, der die Versammlungen künftig censiren will die gemeinsame politische Thätigkeit der Studirenden unmöglich macht, da die Unterwerfung unter eine derartige Censur nie erfolgen wird, und bei den Verhältnissen der Berliner Studenten, der Mangel eines lokalen Mittelpunktes alles Zusammenhalten vollständig abschneidet. Auch suchen wir zu vergessen, daß die Senatoren denselben, die sie täglich liebe Commilitonen, akademische Mitbürger nennen, die Thüre weisen, sobald sie von ihrem Bürgerrechte in der Akademie wirksamen Gebrauch machen.</p>
          <p>Gerechtigkeit ist es, was wir fordern; und die Erringung des Beweises, daß diese dem Spruche des Universitätsgerichtes abgeht, wird uns nicht schwer fallen.</p>
          <p>Das bestrafte Vergehen, heißt es im Urtheil, ist Widersetzlichkeit gegen den Rektor und den durch ihn vertretenen Senat.</p>
          <p>Der Senat erläßt kraft seines Rechtes der Hauspolizei eine diese betreffende Verordnung. Im Augenblicke, in dem dieselbe praktische Wirksamkeit erhalten soll, erfolgt die Erklärung des Rektors, welche auf das Bestehen der Verordnung aufmerksam macht. Die Verordnung enthält keine Strafandrohung, welche auf ihre außerordentliche Natur schließen ließe; und man muß somit der Meinung sein, daß ihre Uebertretung, wie in anderen ähnlichen Fällen, mit Geld oder geringen Carcerstrafen geahndet wird.</p>
          <p>Die Uebertretung geht vor sich.</p>
          <p>Darin liegt durchaus keine Widersetzlichkeit gegen Rektor und Senat, denn zu einer solchen allerdings härter zu bestrafenden Handlung wäre ein direkt gegen jene Personen gerichteter Wille nothwendig. Es müßte ihrem Beschlusse zuwidergehandelt worden sein, um damit auszudrucken, daß man ihnen überhaupt prinzipiell den Gehorsam aufsage, ihnen das Recht nicht zugestehe, solche Beschlüsse zu fassen. Das war notorisch nicht der Fall, man unterwarf sich der Verordnung, durch Einholung der Erlaubniß, und das Vergehen erfolgte dann, als einfache Uebertretung einer polizeilichen Vorschrift. Darin eine personliche Verletzung von Rektor und Senat zu finden, ist eben so ungerecht, als wenn man in der Nichtachtung irgend welchen Gesetzes eine Majestäts-Beleidigung des gesetzverkündenden Monarchen sehen wollte. &#x2014;</p>
          <p>Die Strafen, welche die einzelnen Verurtheilten treffen, sind verschieden. Das Urtheil gründet die Verschiedenheit darauf, daß die härter bestraften die Beschlüsse der ungesetzlichen Versammlung ausgeführt haben, während den minder gravirten nur Theilnahme an derselben zur Last liege. Diese Begründung ist nur scheinbar:</p>
          <p>Die einzige Ungesetzlichkeit, welche vorging, bestand in dem Abhalten der Versammlung. Die Beschlüsie als solche ihrem Inhalte nach (abgesehen davon, daß eben ihre Fassung ein Theil seiner ungesetzlichen Handlung war) sind nicht ungesetzlich, indem die Absendung einer Adresse den Studirenden vollkommen zusteht. Eben so wenig hatte ihre Ausführung, soweit sie im Universitätsgebäude geschah, etwas Strafbares, da der Abfassung eines Schriftstücks in der Universität kein Gesetz entgegensteht, die Anheftung von Anschlägen ohne vidi des Rektor nur unter Androhung der Abreißung untersagt und übrigens von einem der härter Bestraften ausgegangen ist.</p>
          <p>Das Vergehen Aller war also ein gleiches und die verschiedene Bestrafung kann als neuer Beweis offenbarer Ungerechtigkeit dienen.</p>
          <p>Es liegt im Wesen der Universitätsgerichte, nicht nach einem Gesetzbuche zu urtheilen, in welchem für jedes einzelne Verbrechen die Strafen in detaillirter Weise angedroht sind, sondern für jeden einzelnen Fall nach seiner Individualität unter der Stufenleiter der Strafe die passende heraussuchen.</p>
          <p>Ueber das vorliegende Vergehen ist fast die härteste mögliche Strafe verhängt worden. Wir mögen nun nicht glauben, daß dies grundlos geschehen sei; denn wir sind weit davon entfernt, den Senatoren Frivolität zuzutrauen, wenn es sich darum handelt, ihre Commilitonen zu verbannen. Um die Gründe, die bei der Abmessung der Strafen obgewaltet haben, zu finden, bleibt uns daher nichts übrig, als die Modalitäten des Falles zu betrachten.</p>
          <p>Sind es vielleicht die das Vergehen begleitenden Umstände, welche eine Schärfung der Strafe herbeigeführt haben?</p>
          <p>An einem Tage, an dem die Nationalversammlung vor der Schwelle ihres Sitzungssaales zurückgewiesen, das Haus von Privatleuten aufsuchen muß, um im Namen von 16 Millionen Preußen zu tagen, zu einer Zeit, wo Leidenschaften die besonnensten Männer, ein ganzes Volk ergreift, die höchsten Faktoren des staatlichen Organismus sich gegenseitig des Hochverraths beschuldigen &#x2014; in einem solchen Augenblicke überschreiten jugendliche Leute, am meisten zugänglich der Aufregung, eine polizeiliche Verordnung. Liegt darin ein hoher Grad von Strafbarkeit? Wir mögen nicht glauben, daß die Herren Senatoren nicht jeden Milderungsgrund hervorgesucht haben sollten, als es sich um die Verbannung ihrer Commilitonen handelte.</p>
          <p>Die Verwerflichkeit der Motive wird es gewesen sein, welche eine so harte Strafe forderte! Die Absicht bei Uebertretung der Verordnung war, wie bereits bewiesen, nicht aus einem gegen das Gesetz als solches gerichteten Willen entsprungen, sondern patriotische Begeisterung, der lebhafte Wunsch, der politischen Ueberzeugung einen offenen Ausdruck zu geben. Sympathie für eine mit Fußen getretene Körperschaft reißt die Contravenienten hin, von zwei Uebeln, Verleugnung ihrer selbst oder Polizeikontraventionen, das geringere zu wählen. Wenn man nicht gerade die politische Ueberzeugung strafen wollte, hätte dies als Milderungsgrund erscheinen müssen. Es fällt uns schwer, eine Beschuldigung von so großem Gewicht anzudeuten, die Beschuldigung, von so großem Gewicht anzudeuten, die Beschuldigung, daß politische Antipathien des Senates das Urtheil diktirt haben.</p>
          <p>Ungerechte Richter pflegen bei Abmessung von Strafen Zweckmäßigkeitsrücksichten zu beachten. Nun läßt sich nicht leugnen, daß es zweckmäßig erscheinen konnte, jetzt grade ein Exempel zu statuiren, und die hiesige studentische Opposition von hervorragenden Persönlichkeiten zu befreien, die faulen Elemente auszuschneiden. Uns drängt sich daher nach a[ll]em Vorhergegangenen, in dem wir keinen zureichenden Grund für die außerordentlich harte Bestrafung entdecken konnten, unabweisbar der Schluß auf, daß der Spruch des Senats aus politischem Widerwillen und Gründen der Nützlichkeit hervorgegangen sei. Ob eine derartige Handlungsweise nicht einen härteren Namen als den der Ungerechtigkeit verdient, darüber überlassen wir das Urtheil der Oeffentlichkeit, an die wir hiermit feierlichst appelliren.</p>
          <p>Euch aber, Freunde, verbannt durch Euer Talent und Festigkeit des Charakters, Euch erklären wir, daß wir stets Eurer Bemühungen für die Sache der Freiheit eingedenk sein werden. Wir wissen, daß unsere Achtung, die Euch begleitet, Euch für die widerfahrene Verletzung vollständig entschädigen wird, und daß auch Ihr eine ungetrübte Erinnerung der Tage bewahren werdet, die Ihr in unserer Mitte an der Berliner Hochschule verlebtet.</p>
          <p>Die Studentenversammlung am 22. Nov. 1848.</p>
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        <div xml:id="ar169_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>43</author></bibl> Berlin, 12. Dezbr.</head>
          <p>&#x201E;Für die zweite Kammer,&#x201C; sagt das oktroyirte Wahlgesetz, ist jeder selbstständige Preuße etc. stimmberechtigter Urwähler.&#x201C; Man erinnert sich der Wahlverordnung vom 8. April. Dieser zufolge war jeder majorenne Preuße, der kein Verbrecher oder Almosen-Empfänger, stimmberechtigt.</p>
          <p>Wer die Potsdamer Kamarilla kennt, wird keinen Augenblick an der Absichtlichkeit dieser Aenderung zweifeln.</p>
          <p>Man will alle Dienstboten, alle Gesellen etc. von der Wahlberechtigung ausschließen. Zwar fehlt noch die Deklaration, die Erklärung dieser absichtlich zweideutigen Stelle.</p>
          <p>Vielleicht giebt uns aber das Königreich Sachsen einen genügenden Fingerzeig. Der Minister des Innern hat dort über das nämliche Wort folgenden Aufschluß gegeben:</p>
          <p>&#x201E;Da die Verschiedenheit der Ansichten zu bemerken gewesen, welche bei den im Gange befindlichen Landtagswahlen über den Begriff der &#x201E;Selbstständigkeit&#x201C;, namentlich in Ansehung der Handwerksgesellen und andern Gewerbsgehülfen, obwalten, so findet das Ministerium des Innern sich veranlaßt, hierdurch bekannt zu machen, daß die oberste Staatsbehörde auf den Grund der Kammerverhandlungen über das Wahlgesetz die Ansicht festzuhalten habe, daß zur Selbstständigkeit eigene Wohnung und Wirthschaft (eigener Heerd) erforderlich sei, und daß die Wahlbehörden für die aus der Befolgung eines andern Grundsatzes nach §. 43. des Wahlgesetzes etwa hervorgehende Ungültigkeit der Wahl verantwortlich bleiben würden.&#x201C;</p>
          <p>Es wäre zu wünschen, daß sich auch Brandenburg-Manteuffel über die bewußte Selbstständigkeit aussprächen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar169_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Breslau, den 11. Dez.</head>
          <p>Der Verein für &#x201E;gesetzliche&#x201C; Ordnung hat eine Deputation an den König &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C; geschickt, um dem Allerhöchsten zu danken, daß er geruht hat in seiner Weisheit seinen Unterthanen eine Verfassung zu schenken. Die Aufnahme derselben war natürlich sehr freundlich, zumal da dieser Dank aus dem Sodom und Gomorra Schlesiens kam.</p>
          <p>Diese ganze Sache wäre ziemlich unbedeutend, wenn hieran sich nicht noch ein anderes Factum knüpfte. Die Stadtverordneten, die &#x201E;hochweisen Väter&#x201C; der Stadt, die die Gesinnung Breslaus so vollkommen vertreten, daß sie in der ganzen Stadt kaum 3,000 Genossen finden, diese Gesellschaft wird jetzt auch dem König, &#x201E;dem Vater des Landes&#x201C; allerunterthänigst ihren Dank auf den Stufen des Thrones ehrfurchtsvoll niederlegen. Ich muß gestehen, dabei möchte ich gerne sein, gern möchte ich sehen, wie der König die Deputation aufnehmen wird, da doch auch sie aus derselben Gesellschaft hervorging wie die im Monat März, wo der König sagte:</p>
          <p>&#x201E;Sie hat mir das Schimpflichste angethan, was jemals ein König erfahren hat.&#x201C;</p>
          <p>Wie feig, wie hündisch werden die Herrn Grätzer und Grund wedeln, wie werden sie lecken und betteln, selbst wenn der Allerhöchste, in Erinnerung an frühere Tage, einen allerhöchsten Fußtritt ihnen geben wird. Schon dagewesen 1840!!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar169_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Breslau, 12. Decbr.</head>
          <p>In der &#x201E;A. Od. Ztg.&#x201C; findet sich vom Abgeordneten Stein folgende Erklärung:</p>
          <p><hi rendition="#g">Erklärung</hi>.</p>
          <p>&#x201E;Nach dem gestern erschienenen Extrablatte der Schlesischen Zeitung soll der König zu der Deputation des Vereins für gesetzliche Ordnung sich unter Anderm in folgender Weise geäußert haben: &#x201E;Ich muß es Ihnen frei heraussagen, ich bin überzeugt, daß die Behandlung, welche mir durch die Breslauer Deputation im März geworden, das Verletzendste war, was einem Könige in dieser Beziehung je geboten wurde. Die Deputation des Vereins für gesetzliche Ordnung muß die Worte des Königs falsch aufgefaßt haben. Nachdem am 22. März die Herren Abegg und Kopisch vor dem König und dem gesammten Staats-Ministerium sehr freimüthig gesprochen hatten, sagte der König wörtlich: Ich danke Ihnen, meine Herren, daß sie gekommen sind; ich sehe mit Freuden Männer mit den populärsten Namen vor mir; wirken sie fort für Erhaltung der Monarchie, wie sie bisher gewirkt haben, so werden Ihre Namen in der Geschichte gesegnet sein.&#x201C; Die Wahrheit werden die Herren Kopisch und Tschocke, ferner die Herren Siebig, Stadtr. Becker, Theinert, Heinrich Simon u. s. w. bezeugen.&#x201C;</p>
          <p>Breslau, den 11. Dezbr. 1848.</p>
          <p>Dr. <hi rendition="#g">Stein</hi>.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar169_013" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 10. Dez.</head>
          <p>Wiederum sind zwei Personen: Joh. Urban aus Wien, 37 Jahre alt, Geschäftsführer in einer Bandfabrik und der ehemalige Lieutenant Skarbek v. Leczynski, ebenfalls aus Wien gebürtig, 46 Jahre alt, kriegsrechtlich zum Tode &#x201E;mit dem Strange&#x201C; verurtheilt, aber von Windischgrätz aus besonderer Gnade der Eine mit 12jähriger Schanzarbeit; der Andere mit 12jährigem Festungsarrest begnadigt worden. In einer neulichen Sitzung des Gemeinderaths ließ Kaltenbanck ins Protokoll vermerken, daß &#x201E;in dem Nachlasse Messenhausers keine <hi rendition="#g">noch nicht verausgabte Gelder der Commune</hi> begriffen sein können, da letztere dem Nationalgarden-Oberkommando nur jene Summen zugemittelt hat, welche durch den hohen Reichstag und das Ministerium dazu bestimmt worden.&#x201C;</p>
          <p>Der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha beschwert sich beim Gemeinderathe wegen Eingriffs in sein Eigenthumsrecht, indem sein Palais auf der Seilerstätte vom Militär besetzt und umgestaltet worden. Dieser deutsche Landesvater verlangt Entschädigung nicht vom Militär, nicht von Windischgrätz und Jelachich, sondern vom Gemeinderath!!!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar169_014" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 10. Dezember.</head>
          <p>Plakate mit ehrenrührigen Marginalien machten Skandal und wurden von der Behörde herabgerissen. Ernstere Excesse fanden wiederholt gegen das Militär statt. Zweimal wurde auf Patrouillen und in der Josephstraße von einem Fenster auf Offiziere geschossen, von denen auch einer auf der Stelle todt geblieben sein soll. &#x2014; Im Gegensatze zu den friedlichen Gerüchten, womit man sich in diesen Tagen herumtrug, werden seit gestern starke Truppenmassen mittelst der Nordbahn den an der ungarischen Gränze schon aufgestellten Armeekorps zugeführt. &#x2014; Von einem Hieherkommen des neuen Kaisers ist nun bestimmt keine Rede, so wenig man ein Aufhören des Belagerungszustandes und die Ertheilung einer Amnestie erwartet. Vielmehr sind neuerlich die Buchdrucker berufen und selben bedeutet worden: Nichts gegen den Belagerungszustand aufzunehmen, wobei ihnen jedoch die geforderten umständlicheren Instruktionen verweigert wurden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar169_015" type="jArticle">
          <head>Kremsier, 5. Dezember.</head>
          <p>Achtzig Millionen!! Die Franzosen würden sagen: 200 Millionen Franks, aber wir sind des Scheingeldes entwöhnt und rechnen nach Silber in halbirten oder geviertheilten Noten. Achtzig Millionen Gulden Silber fordert der Finanzminister außer den Steuern, um die Bedürfnisse des laufenden Verwaltungsjahres 1849 zu decken. Als die Summe genannt wurde, durchlief ein Seufzer die ganze Kammer vom Parterre des Stenographentisches bis in das Stockwerk der Journalistengallerie, und seitdem ist das Tag- und Nachtgespräch der Kremsierer politischen Welt blos diese Kreditforderung. &#x2014; Soll man es bewilligen oder nicht? fragen die Einen. &#x2014; Kann man es verweigern? sagen die Andern. &#x2014; Darf man es bewilligen? raisonniren die Dritten.</p>
          <p>Das Ministerium hat ein freisinniges Programm gegeben; aber es läßt die Militärdiktatur fortbestehen, und es legt dem jungen Kaiser Worte in den Mund, die der Reichstagsdeputation nicht erquickend klingen. Während den Offizieren gesagt wird: Auf Sie gestützt, werde ich Gesetz und Ordnung im Innern zu schirmen wissen, wobei der Volkswehr mit keiner Silbe gedacht ist; sollen die Reichstagsabgeordneten zur Antwort erhalten haben: Beenden Sie schnell die Verfassung, damit Ich sie prüfen und sanctioniren kann! &#x2014; Und dieselben Minister, welche diese Worte sprechen lassen, treten vor die Kammer und fordern einen Credit, der den Bedarf des ganzen Jahres außer dem gewöhnlichen Einkommen decken soll. Hätte Kraus blos gesagt: Wir benöthigen das Geld für den Krieg in Ungarn, so wäre es in der Kammer zur Entscheidung gekommen, ob dieser Krieg gebilligt wird? Und gewiß die große Majorität hätte sich bei der gegenwärtigen Sachlage dafür entschieden. Alle Slawen, bis auf die links sitzenden Polen, und das ganze Centrum stimmen für diesen Krieg.</p>
          <p>Allein eine andere Furcht beschleicht die Kammer, und die Linke schreit darüber in tausend Aengsten, die Rechte verkriecht sich in eine Ecke. Die Steuern sind auf ein halbes Jahr bewilligt, der Stand des Militärs erreicht 600,000 Mann und 80 Millionen Zuschuß werden gegeben &#x2014; &#x2014; was hindert dann das Ministerium, das unbequeme Volksparlament eines schönen Wintertages nach Hause zu senden, damit es die Faschingsfreuden genieße und sich ausruhe, oder auch zu sagen, ihr habt lange genug 200 Fl. mo-
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
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</TEI>
[0909/0003] den sich leicht und comfortable gekleidet haben, Sie werden eben so höflich als zutraulich und hingebend sein, kurz, Sie werden sich ganz den Freu den Ihres Besuches hingeben — — nun Adieu, Herr Professor! für den Rest werde ich sorgen. Adieu! Bedenken Sie, daß Ihr Leben auf dem Spiele steht — —“ Da war der Doktor verschwunden. Von der Angst, die der Professor nach dem Fortgehen des Doktors ausstand, kann sich nur Der eine richtige Idee machen, der überhaupt die Qualen eines Gerechten zu würdigen versteht. Der gelehrte Herr war außer sich. Zwanzig Mal in Zeit von zehn Minuten erlosch ihm die Pfeife. Vierzig Mal rieb er die Stirn und achtzig Mal sah er mit frommen Augen andächtig gen Himmel, innerlich flehend, daß dieserKelch der Freude an ihm vorübergehe. Vor allen Dingen suchte er nach irgend einer Entschuldigung für seine bevorstehende Sünde, denn das Wagniß seines Lebens schien ihm ein keineswegs ausreichender Grund zu sein. Er schlug den Irenaeus nach, den Augustinus, den Eusebius, den Lactantius, den Chrysostomus und einige dreißig andere Schweinslederbände, um nachzuforschen, ob denn nicht irgend ein Kirchenvater weiland in demselben Falle gewesen sei, und ob nicht Einer von ihnen auch nur ein Wörtlein über diesen kitzlichen Punkt habe fallen lassen — aber vergebens! Der Professor überzeugte sich davon, daß nie ein Heiliger der Art vom Teufel versucht worden sei, und an Allem verzweifelnd, warf er sich schließlich auf das Lager seiner Leiden, um schlimmer zu träumen als je vorher. Der kommende Tag brachte nur neue und immer wildere Seelenstürme für den gelehrten Herrn, denn mit jedem Augenblicke rückte ja die Stunde näher, wo die Schelle von unbekannter Hand gerührt, und wo der Herr Professor den Beweis ablegen sollte, daß er als Mann und Meisterstück aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen sei. Wir brauchen nicht zu versichern, daß der Herr Professor die Vorschriften des Doktors genau befolgte. Schon um 2 Uhr Nachmittags war das Haus des Gelehrten wie ausgestorben. Die Schwester des Unglücklichen, die Mägde, der Knecht: Alle waren vertrieben. Die Seufzer, welche sich der Studierstube entrangen, zeigten, daß nur ein einziges Wesen in dem verödeten Raume zurückgeblieben sei. Es schlug vier Uhr: der Herr Professor zitterte. Es schlug fünf: der Herr Professor trocknere den Schweiß von Stirn und Wangen. Es schlug sechs: der Herr Professor schnappte nach Luft. Es schlug sieben: da tönte die Schelle der Hausthür und der Gelehrte stürzte hinab. — — Lassen wir ihn stürzen. Meine Leser werden mir verzeihen, daß ich sie so lange mit dem alten Professor ennuyire — — die Sage geht, daß der unglückliche Mann, statt einer reizenden Bajadere, die bejahrte Freundin seiner Schwester umarmte — der Herr Professor war mit Blindheit geschlagen; er versicherte, daß sein Leben auf dem Spiel stehe; er hielt den Besuch, welcher der Schwester galt, für den Besuch, den er erwartete, und die herzzerreißendste Scene entwickelte sich zwischen Kirchenvater und Matrone, eine Scene, der Feder eines Swift, eines Sterne, eines Smollet würdig, — werth, von einem andern Hogarth gezeichnet zu werden, zur Lust aller kommenden Geschlechter. Herr von Schnapphahnski verlebte vor seiner ersten Unterredung mit der Herzogin von S. einen ähnlichen Tag, wie der Berliner Professor. Der Kirchenvater umarmte statt einer Grazie: eine Matrone. Sehen wir, wie es dem edlen Ritter mit der Herzogin erging. [Deutschland] Präsidenten gegen den Wiedereintritt Waldecks, Bedenklichkeiten erhebt, die zwar sehr unbegründeter Natur sind, aber doch zu Wege bringen, daß Waldecks Thätigkeit, die auch im Obertribunal vielen Leuten anstößig war, gehemmt wird. Der gestern im Claaßen'schen Prozeß von Stieber erhobene Einwand der Inkompetenz unserer Criminalgerichte in allen Prozessen, für welche Art. 93 der Verf. Geschwornengerichte zusagt, ist in der heutigen Plenarsitzung des Criminalgerichts für unzuläßig erklärt worden. Es wird sonach bis das Gesetz über die Geschwornengerichte erscheint, bei dem bisherigen Gerichtsverfahren sein Bewenden haben, und auch der morgen beginnende politische Prozeß gegen Dowiat und Genossen wird vor der ersten Abtheilung des Criminalgerichts verhandelt werden. * Berlin, 12. December. Die „Berliner Zeitungshalle“ erläßt heute folgende Erklärung: Die Berliner Zeitungs-Halle ist, nachdem sie wieder fünf Nummern ausgegeben, von Neuem unterdrückt worden. — In einem uns gestern Abend 9 1/2 Uhr zugekommenen Schreiben des Polizei-Präsidiums vom 11. d. M. wird uns angezeigt, daß der Herr Ober-Befehlshaber der Truppen in den Marken unter demselben Datum ein erneuertes Verbot über das fernere Erscheinen der Zeitung (während des Belagerungs-Zustandes) erlassen hat, und daß bei Uebertretung des Verbotes mit Beschlagnahme der Zeitung verfahren würde und der Herr Ober-Befehlshaber sich für diesen Fall auch noch weitere Maaßnahmen vorbehalten habe. Wir halten uns verpflichtet, dies unseren Lesern mit dem Bemerken anzuzeigen, daß wir heute früh bereits Schritte zur Aufhebung dieser Maaßregel gethan haben und noch weitere Schritte thun werden, um durch ein baldiges Wiedererscheinen der Zeitung unseren Abonnenten gerecht zu werden. Berlin, den 12. Dezember 1848. Die Redaktion der Berliner Zeitungs-Halle. Diese neue Unterdrückung der „Zeitungshalle“ und die Wiedereinführung der Censur in Düsseldorf durch den Bürger und Communisten v. Drigalski sind die praktische Nutzanwendung des Art. 24. der octroyirten Verfassung, der also lautet: „Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Gedanken frei zu äußern. Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen, namentlich weder durch Censur etc. suspendirt oder aufgehoben werden.“ Und die Censur in Düsseldorf? Und die abermalige Suspension der Zeitungshalle? Nur der „Preuße“ versteht seine „Konstitution.“ Berlin. Appellation an die Oeffentlichkeit. Die Maßregeln des Ministeriums Brandenburg, die Vertagung und Verlegung der Nationalversammlung konnten nicht ohne Eindruck auf die Studirenden der Berliner Hochschule bleiben; es mußte ihnen als Ehrensache erscheinen, das vor wenigen Monaten — bei Gelegenheit der Todtenfeier für die Märzkämpfer — abgelegte Versprechen: eine Thebanische Schaar um die National-Versammlung bilden zu wollen: im Augenblicke der Gefahr zu erneuen. Am 11. November erfolgte die Zusammenberufung einer Versammlurg zum Zweck der Berathung dieser Angelegenheit Die im Universitätslokal eintreffenden Studenten fanden daselbst den Rektor vor, und hörten aus seinem Munde die Erklärung, daß einem Senatsbeschlusse gemäß jede Versammlung im akademischen Gebäude ungesetzlich sei, falls er nicht die Tagesordnung derselben genehmigt habe. Der Gegenstand, mit dem man sich zu beschäftigen gedenkt, wird dem Rektor mitgetheilt. Als jedoch der Bescheid kömmt, daß vor Ertheilung der Erlaubniß an den Senat berichtet werden müsse, beschließen die Anwes[e]nden ohne Weiteres auf die Berathung einzugehen und sich der Strafe zu unterziehen, welche etwa die Uebertretung der erwähnten Verordnung zur Folge haben könnte. Mehrere dazu bezeichnete Mitglieder setzen eine Adresse auf, die — wie aus den Zeitungen bekannt — unter Begleitung einer bedeutenden Anzahl Studirender der Nationalversammlung überreicht worden ist. Nach wenigen Tagen werden die Verfasser des erwähnten Schriftstücks und einige andere Mitglieder der Versammlung vor das Universitätsgericht gefordert, ausführlich zu Protokoll vernommen und ihnen später folgendes Urtheil publizirt: 1. Die Verfasser der Adresse erhalten wegen Widersetzlichkeit gegen Rektor und den durch ihn vertretenen Senat (bestehend in Theilnahme an einer ungesetzlichen Versammlung und Ausführung von deren Beschlüssen) das Consilium ab_ undi. 2. Die der einfachen Theilnahme an der Berathung Geständigen haben das Consil zu unterschreiben. An uns ist es nun, das Verfahren der höchsten akademischen Behörde vor das Tribunal der Oeffentlichkeit zu ziehen, und dasselbe nach einer freimüthigen Kritik, wie sie die Liebe zur Wahrheit und die Ehre unserer bestraften Commilitonen verlangen, der endlichen Entscheidung unserer Mitbürger zu unterwerfen. Wir wissen allerdings, daß die gewichtigsten Männer unserer Zeit den Universitätsgerichtsprozeß, wie er bisher geführt wurde, in geheimer inquisitorischer Weise ohne Vertheidigung des Angeklagten — als durchaus verwerflich und die Reform der Universitätsgesetze für unabweisbar erklärt haben, allein wir haben leider eingesehen, daß der Standpunkt, den die Herren Senatoren im Gebiete der Wissenschaft einnehmen, ein zu hoher ist, als daß von ihm herab Wünsche und Bedürfnisse der Gegenwart berücksichtigt werden könnten. Mag immerhin die Achtung vor dem unpassenden Gesetz schwinden, die diskretionäre Macht des Senates hat mit Anderem zu thun, als mit der Verbesserung verjährter Mißbräuche. Wir wollen nicht daran erinnern, daß viele Monate lang die Senatoren, der Rektor als solcher sich redend und stimmend an unseren Versammlungen betheiligt haben, ohne an die geringste Beschränkung des Versammlungsrechtes in der Universität zu denken. Es möchte sonst irgendwer den Grund zu diesem plötzlichen Sinneswechsel in außerakademischen Veränderungen suchen. Wir werden nicht darauf eingehen, wie der Senatsbeschluß, der die Versammlungen künftig censiren will die gemeinsame politische Thätigkeit der Studirenden unmöglich macht, da die Unterwerfung unter eine derartige Censur nie erfolgen wird, und bei den Verhältnissen der Berliner Studenten, der Mangel eines lokalen Mittelpunktes alles Zusammenhalten vollständig abschneidet. Auch suchen wir zu vergessen, daß die Senatoren denselben, die sie täglich liebe Commilitonen, akademische Mitbürger nennen, die Thüre weisen, sobald sie von ihrem Bürgerrechte in der Akademie wirksamen Gebrauch machen. Gerechtigkeit ist es, was wir fordern; und die Erringung des Beweises, daß diese dem Spruche des Universitätsgerichtes abgeht, wird uns nicht schwer fallen. Das bestrafte Vergehen, heißt es im Urtheil, ist Widersetzlichkeit gegen den Rektor und den durch ihn vertretenen Senat. Der Senat erläßt kraft seines Rechtes der Hauspolizei eine diese betreffende Verordnung. Im Augenblicke, in dem dieselbe praktische Wirksamkeit erhalten soll, erfolgt die Erklärung des Rektors, welche auf das Bestehen der Verordnung aufmerksam macht. Die Verordnung enthält keine Strafandrohung, welche auf ihre außerordentliche Natur schließen ließe; und man muß somit der Meinung sein, daß ihre Uebertretung, wie in anderen ähnlichen Fällen, mit Geld oder geringen Carcerstrafen geahndet wird. Die Uebertretung geht vor sich. Darin liegt durchaus keine Widersetzlichkeit gegen Rektor und Senat, denn zu einer solchen allerdings härter zu bestrafenden Handlung wäre ein direkt gegen jene Personen gerichteter Wille nothwendig. Es müßte ihrem Beschlusse zuwidergehandelt worden sein, um damit auszudrucken, daß man ihnen überhaupt prinzipiell den Gehorsam aufsage, ihnen das Recht nicht zugestehe, solche Beschlüsse zu fassen. Das war notorisch nicht der Fall, man unterwarf sich der Verordnung, durch Einholung der Erlaubniß, und das Vergehen erfolgte dann, als einfache Uebertretung einer polizeilichen Vorschrift. Darin eine personliche Verletzung von Rektor und Senat zu finden, ist eben so ungerecht, als wenn man in der Nichtachtung irgend welchen Gesetzes eine Majestäts-Beleidigung des gesetzverkündenden Monarchen sehen wollte. — Die Strafen, welche die einzelnen Verurtheilten treffen, sind verschieden. Das Urtheil gründet die Verschiedenheit darauf, daß die härter bestraften die Beschlüsse der ungesetzlichen Versammlung ausgeführt haben, während den minder gravirten nur Theilnahme an derselben zur Last liege. Diese Begründung ist nur scheinbar: Die einzige Ungesetzlichkeit, welche vorging, bestand in dem Abhalten der Versammlung. Die Beschlüsie als solche ihrem Inhalte nach (abgesehen davon, daß eben ihre Fassung ein Theil seiner ungesetzlichen Handlung war) sind nicht ungesetzlich, indem die Absendung einer Adresse den Studirenden vollkommen zusteht. Eben so wenig hatte ihre Ausführung, soweit sie im Universitätsgebäude geschah, etwas Strafbares, da der Abfassung eines Schriftstücks in der Universität kein Gesetz entgegensteht, die Anheftung von Anschlägen ohne vidi des Rektor nur unter Androhung der Abreißung untersagt und übrigens von einem der härter Bestraften ausgegangen ist. Das Vergehen Aller war also ein gleiches und die verschiedene Bestrafung kann als neuer Beweis offenbarer Ungerechtigkeit dienen. Es liegt im Wesen der Universitätsgerichte, nicht nach einem Gesetzbuche zu urtheilen, in welchem für jedes einzelne Verbrechen die Strafen in detaillirter Weise angedroht sind, sondern für jeden einzelnen Fall nach seiner Individualität unter der Stufenleiter der Strafe die passende heraussuchen. Ueber das vorliegende Vergehen ist fast die härteste mögliche Strafe verhängt worden. Wir mögen nun nicht glauben, daß dies grundlos geschehen sei; denn wir sind weit davon entfernt, den Senatoren Frivolität zuzutrauen, wenn es sich darum handelt, ihre Commilitonen zu verbannen. Um die Gründe, die bei der Abmessung der Strafen obgewaltet haben, zu finden, bleibt uns daher nichts übrig, als die Modalitäten des Falles zu betrachten. Sind es vielleicht die das Vergehen begleitenden Umstände, welche eine Schärfung der Strafe herbeigeführt haben? An einem Tage, an dem die Nationalversammlung vor der Schwelle ihres Sitzungssaales zurückgewiesen, das Haus von Privatleuten aufsuchen muß, um im Namen von 16 Millionen Preußen zu tagen, zu einer Zeit, wo Leidenschaften die besonnensten Männer, ein ganzes Volk ergreift, die höchsten Faktoren des staatlichen Organismus sich gegenseitig des Hochverraths beschuldigen — in einem solchen Augenblicke überschreiten jugendliche Leute, am meisten zugänglich der Aufregung, eine polizeiliche Verordnung. Liegt darin ein hoher Grad von Strafbarkeit? Wir mögen nicht glauben, daß die Herren Senatoren nicht jeden Milderungsgrund hervorgesucht haben sollten, als es sich um die Verbannung ihrer Commilitonen handelte. Die Verwerflichkeit der Motive wird es gewesen sein, welche eine so harte Strafe forderte! Die Absicht bei Uebertretung der Verordnung war, wie bereits bewiesen, nicht aus einem gegen das Gesetz als solches gerichteten Willen entsprungen, sondern patriotische Begeisterung, der lebhafte Wunsch, der politischen Ueberzeugung einen offenen Ausdruck zu geben. Sympathie für eine mit Fußen getretene Körperschaft reißt die Contravenienten hin, von zwei Uebeln, Verleugnung ihrer selbst oder Polizeikontraventionen, das geringere zu wählen. Wenn man nicht gerade die politische Ueberzeugung strafen wollte, hätte dies als Milderungsgrund erscheinen müssen. Es fällt uns schwer, eine Beschuldigung von so großem Gewicht anzudeuten, die Beschuldigung, von so großem Gewicht anzudeuten, die Beschuldigung, daß politische Antipathien des Senates das Urtheil diktirt haben. Ungerechte Richter pflegen bei Abmessung von Strafen Zweckmäßigkeitsrücksichten zu beachten. Nun läßt sich nicht leugnen, daß es zweckmäßig erscheinen konnte, jetzt grade ein Exempel zu statuiren, und die hiesige studentische Opposition von hervorragenden Persönlichkeiten zu befreien, die faulen Elemente auszuschneiden. Uns drängt sich daher nach a[ll]em Vorhergegangenen, in dem wir keinen zureichenden Grund für die außerordentlich harte Bestrafung entdecken konnten, unabweisbar der Schluß auf, daß der Spruch des Senats aus politischem Widerwillen und Gründen der Nützlichkeit hervorgegangen sei. Ob eine derartige Handlungsweise nicht einen härteren Namen als den der Ungerechtigkeit verdient, darüber überlassen wir das Urtheil der Oeffentlichkeit, an die wir hiermit feierlichst appelliren. Euch aber, Freunde, verbannt durch Euer Talent und Festigkeit des Charakters, Euch erklären wir, daß wir stets Eurer Bemühungen für die Sache der Freiheit eingedenk sein werden. Wir wissen, daß unsere Achtung, die Euch begleitet, Euch für die widerfahrene Verletzung vollständig entschädigen wird, und daß auch Ihr eine ungetrübte Erinnerung der Tage bewahren werdet, die Ihr in unserer Mitte an der Berliner Hochschule verlebtet. Die Studentenversammlung am 22. Nov. 1848. 43 Berlin, 12. Dezbr. „Für die zweite Kammer,“ sagt das oktroyirte Wahlgesetz, ist jeder selbstständige Preuße etc. stimmberechtigter Urwähler.“ Man erinnert sich der Wahlverordnung vom 8. April. Dieser zufolge war jeder majorenne Preuße, der kein Verbrecher oder Almosen-Empfänger, stimmberechtigt. Wer die Potsdamer Kamarilla kennt, wird keinen Augenblick an der Absichtlichkeit dieser Aenderung zweifeln. Man will alle Dienstboten, alle Gesellen etc. von der Wahlberechtigung ausschließen. Zwar fehlt noch die Deklaration, die Erklärung dieser absichtlich zweideutigen Stelle. Vielleicht giebt uns aber das Königreich Sachsen einen genügenden Fingerzeig. Der Minister des Innern hat dort über das nämliche Wort folgenden Aufschluß gegeben: „Da die Verschiedenheit der Ansichten zu bemerken gewesen, welche bei den im Gange befindlichen Landtagswahlen über den Begriff der „Selbstständigkeit“, namentlich in Ansehung der Handwerksgesellen und andern Gewerbsgehülfen, obwalten, so findet das Ministerium des Innern sich veranlaßt, hierdurch bekannt zu machen, daß die oberste Staatsbehörde auf den Grund der Kammerverhandlungen über das Wahlgesetz die Ansicht festzuhalten habe, daß zur Selbstständigkeit eigene Wohnung und Wirthschaft (eigener Heerd) erforderlich sei, und daß die Wahlbehörden für die aus der Befolgung eines andern Grundsatzes nach §. 43. des Wahlgesetzes etwa hervorgehende Ungültigkeit der Wahl verantwortlich bleiben würden.“ Es wäre zu wünschen, daß sich auch Brandenburg-Manteuffel über die bewußte Selbstständigkeit aussprächen. X Breslau, den 11. Dez. Der Verein für „gesetzliche“ Ordnung hat eine Deputation an den König „von Gottes Gnaden“ geschickt, um dem Allerhöchsten zu danken, daß er geruht hat in seiner Weisheit seinen Unterthanen eine Verfassung zu schenken. Die Aufnahme derselben war natürlich sehr freundlich, zumal da dieser Dank aus dem Sodom und Gomorra Schlesiens kam. Diese ganze Sache wäre ziemlich unbedeutend, wenn hieran sich nicht noch ein anderes Factum knüpfte. Die Stadtverordneten, die „hochweisen Väter“ der Stadt, die die Gesinnung Breslaus so vollkommen vertreten, daß sie in der ganzen Stadt kaum 3,000 Genossen finden, diese Gesellschaft wird jetzt auch dem König, „dem Vater des Landes“ allerunterthänigst ihren Dank auf den Stufen des Thrones ehrfurchtsvoll niederlegen. Ich muß gestehen, dabei möchte ich gerne sein, gern möchte ich sehen, wie der König die Deputation aufnehmen wird, da doch auch sie aus derselben Gesellschaft hervorging wie die im Monat März, wo der König sagte: „Sie hat mir das Schimpflichste angethan, was jemals ein König erfahren hat.“ Wie feig, wie hündisch werden die Herrn Grätzer und Grund wedeln, wie werden sie lecken und betteln, selbst wenn der Allerhöchste, in Erinnerung an frühere Tage, einen allerhöchsten Fußtritt ihnen geben wird. Schon dagewesen 1840!! 68 Breslau, 12. Decbr. In der „A. Od. Ztg.“ findet sich vom Abgeordneten Stein folgende Erklärung: Erklärung. „Nach dem gestern erschienenen Extrablatte der Schlesischen Zeitung soll der König zu der Deputation des Vereins für gesetzliche Ordnung sich unter Anderm in folgender Weise geäußert haben: „Ich muß es Ihnen frei heraussagen, ich bin überzeugt, daß die Behandlung, welche mir durch die Breslauer Deputation im März geworden, das Verletzendste war, was einem Könige in dieser Beziehung je geboten wurde. Die Deputation des Vereins für gesetzliche Ordnung muß die Worte des Königs falsch aufgefaßt haben. Nachdem am 22. März die Herren Abegg und Kopisch vor dem König und dem gesammten Staats-Ministerium sehr freimüthig gesprochen hatten, sagte der König wörtlich: Ich danke Ihnen, meine Herren, daß sie gekommen sind; ich sehe mit Freuden Männer mit den populärsten Namen vor mir; wirken sie fort für Erhaltung der Monarchie, wie sie bisher gewirkt haben, so werden Ihre Namen in der Geschichte gesegnet sein.“ Die Wahrheit werden die Herren Kopisch und Tschocke, ferner die Herren Siebig, Stadtr. Becker, Theinert, Heinrich Simon u. s. w. bezeugen.“ Breslau, den 11. Dezbr. 1848. Dr. Stein. * Wien, 10. Dez. Wiederum sind zwei Personen: Joh. Urban aus Wien, 37 Jahre alt, Geschäftsführer in einer Bandfabrik und der ehemalige Lieutenant Skarbek v. Leczynski, ebenfalls aus Wien gebürtig, 46 Jahre alt, kriegsrechtlich zum Tode „mit dem Strange“ verurtheilt, aber von Windischgrätz aus besonderer Gnade der Eine mit 12jähriger Schanzarbeit; der Andere mit 12jährigem Festungsarrest begnadigt worden. In einer neulichen Sitzung des Gemeinderaths ließ Kaltenbanck ins Protokoll vermerken, daß „in dem Nachlasse Messenhausers keine noch nicht verausgabte Gelder der Commune begriffen sein können, da letztere dem Nationalgarden-Oberkommando nur jene Summen zugemittelt hat, welche durch den hohen Reichstag und das Ministerium dazu bestimmt worden.“ Der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha beschwert sich beim Gemeinderathe wegen Eingriffs in sein Eigenthumsrecht, indem sein Palais auf der Seilerstätte vom Militär besetzt und umgestaltet worden. Dieser deutsche Landesvater verlangt Entschädigung nicht vom Militär, nicht von Windischgrätz und Jelachich, sondern vom Gemeinderath!!! * Wien, 10. Dezember. Plakate mit ehrenrührigen Marginalien machten Skandal und wurden von der Behörde herabgerissen. Ernstere Excesse fanden wiederholt gegen das Militär statt. Zweimal wurde auf Patrouillen und in der Josephstraße von einem Fenster auf Offiziere geschossen, von denen auch einer auf der Stelle todt geblieben sein soll. — Im Gegensatze zu den friedlichen Gerüchten, womit man sich in diesen Tagen herumtrug, werden seit gestern starke Truppenmassen mittelst der Nordbahn den an der ungarischen Gränze schon aufgestellten Armeekorps zugeführt. — Von einem Hieherkommen des neuen Kaisers ist nun bestimmt keine Rede, so wenig man ein Aufhören des Belagerungszustandes und die Ertheilung einer Amnestie erwartet. Vielmehr sind neuerlich die Buchdrucker berufen und selben bedeutet worden: Nichts gegen den Belagerungszustand aufzunehmen, wobei ihnen jedoch die geforderten umständlicheren Instruktionen verweigert wurden. Kremsier, 5. Dezember. Achtzig Millionen!! Die Franzosen würden sagen: 200 Millionen Franks, aber wir sind des Scheingeldes entwöhnt und rechnen nach Silber in halbirten oder geviertheilten Noten. Achtzig Millionen Gulden Silber fordert der Finanzminister außer den Steuern, um die Bedürfnisse des laufenden Verwaltungsjahres 1849 zu decken. Als die Summe genannt wurde, durchlief ein Seufzer die ganze Kammer vom Parterre des Stenographentisches bis in das Stockwerk der Journalistengallerie, und seitdem ist das Tag- und Nachtgespräch der Kremsierer politischen Welt blos diese Kreditforderung. — Soll man es bewilligen oder nicht? fragen die Einen. — Kann man es verweigern? sagen die Andern. — Darf man es bewilligen? raisonniren die Dritten. Das Ministerium hat ein freisinniges Programm gegeben; aber es läßt die Militärdiktatur fortbestehen, und es legt dem jungen Kaiser Worte in den Mund, die der Reichstagsdeputation nicht erquickend klingen. Während den Offizieren gesagt wird: Auf Sie gestützt, werde ich Gesetz und Ordnung im Innern zu schirmen wissen, wobei der Volkswehr mit keiner Silbe gedacht ist; sollen die Reichstagsabgeordneten zur Antwort erhalten haben: Beenden Sie schnell die Verfassung, damit Ich sie prüfen und sanctioniren kann! — Und dieselben Minister, welche diese Worte sprechen lassen, treten vor die Kammer und fordern einen Credit, der den Bedarf des ganzen Jahres außer dem gewöhnlichen Einkommen decken soll. Hätte Kraus blos gesagt: Wir benöthigen das Geld für den Krieg in Ungarn, so wäre es in der Kammer zur Entscheidung gekommen, ob dieser Krieg gebilligt wird? Und gewiß die große Majorität hätte sich bei der gegenwärtigen Sachlage dafür entschieden. Alle Slawen, bis auf die links sitzenden Polen, und das ganze Centrum stimmen für diesen Krieg. Allein eine andere Furcht beschleicht die Kammer, und die Linke schreit darüber in tausend Aengsten, die Rechte verkriecht sich in eine Ecke. Die Steuern sind auf ein halbes Jahr bewilligt, der Stand des Militärs erreicht 600,000 Mann und 80 Millionen Zuschuß werden gegeben — — was hindert dann das Ministerium, das unbequeme Volksparlament eines schönen Wintertages nach Hause zu senden, damit es die Faschingsfreuden genieße und sich ausruhe, oder auch zu sagen, ihr habt lange genug 200 Fl. mo-

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 169. Köln, 15. Dezember 1848, S. 0909. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz169_1848/3>, abgerufen am 21.11.2024.