Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 166. Köln, 12. Dezember 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

mer als Duchatel, Duchatel dummer als Thiers, Thiers dummer als der König, der wohl auf einmal der Dummste von allen geworden.

Man hätte aber auch sehen sollen die Aufnahme, welche Bugeaud, Barrot und Thiers bei dem Volke fanden. Dem Herrn Bugeaud wurde geantwortet: Transnonain; dem Herrn Thiers: Septembergesetze und dem Herrn Odilon-Barrot: Deserteur.

An die Stelle Bugeaud's wurde daher Lamoriciere gesetzt; damit glaubte man allen Anforderungen Genüge zu leisten. Offiziere von der Nationalgarde, Polizeikommissäre und Nationalgardisten, mit Blumensträuchen in den Gewehrläufen, durchliefen die Straßen, um diese glückliche Nachricht dem Volke zu überbringen. Aber das Volk blieb stumm; und die Insurgenten ließen den Ruf ertönen: Nieder mit Louis Philipp! Es lebe die Republik!

Lamoriciere und Odilon-Barrat, die den Boulevard hinabritten, sahen sich genöthigt, am Boulevard Montmartre an dem Quartier der Barrikaden langsamer zu reiten. Hier vernahmen sie schon unfreundliche Laute; und als sie nun gar bis zum Quartier St. Denis vorzudringen suchten, traten ihnen die Insurgenten mit gefälltem Bajonette entgegen, und schrieen: es lebe die Republik.

.... Wie 1830 so hatte auch dieses Mal das Volk nur eine Idee, nur einen Plan: direkt in die Tuillerien einzudringen. Der Instinkt des Volkes ist immer richtig und treibt es immer direkt zum Ziele. Ganze Kompagnien von Nationalgardisten wurden vom Strudel mit fortgerissen und so rollten dann die revolutionären Fluthen hin zum Zentrum der Tyrannei.

Von allen Seiten also rannte man nach den Tuilerien; das Faub. Saint Antoine, du Temple Saint Marceau -- Alles strömte dahin, und unterwegs wuchs diese Armee immer mehr und mehr an; es gesellten sich zu ihr Tausende von Kämpfern mit Beilen und Säbeln, mit Pistolen und Stöcken. Man nahm die Posten, vor denen man vorbeizog weg, fraternisirte mit den Soldaten; oder aber wechselte Kugeln mit ihnen: ein ernstliches Handgemein fand erst statt am Chateau d'eau............

"Die ersten Hindernisse, auf welche ich stieß, kamen von Seiten des Stadthauses. Die heterogene Zusammensetzung der provisorischen Regierung war nicht der Art, Ordnung in die Geschäfte zu bringen. Der von jeder Revolution unzertrennliche Zufall hatte in diese diktatorische Commission, ganz entgegengesetzte Elemente gebracht: die Einen vorzugsweise Repräsentanten des National und der Bourgeoisie, die Andern Repräsentanten des Volkes und der Barrikadenmänner. Während letztere die Republik proklamirten, träumte man neben ihnen noch von sogenannten gemischten Combinationen." Am 24. Februar, als noch die letzten Flintenschüsse fielen, schrieb Garnier-Pagees an seinen Freund Leon de Malleville, Ex-Vicepräsidenten der Kammer unter Louis Philipp:

"Die Narren, die Ihnen wohlbekannt sind, haben eben die Republik proklamirt. Halten Sie die Herzogin von Orleans zurück, daß sie sich nicht zeige, der Augenblick wäre ungünstig."

Es war also völlig unmöglich für die beiden Parteien in der provisorischen Regierung sich zu verständigen. Als Garnier-Pages zum Maire von Paris ernannt wurde, erfuhr ich, daß seine Absicht war, die Polizeipräfektur der Mairie unterzuordnen, und daß diese seine Absicht auch von der Majorität der provisorischen Regierung gebilligt worden. Ich empfing daher auch nur den Titel eines Deleguirten, den ich auch annahm, weil ich entschlossen war, meine Entlassung zu geben, sobald die Regierung einen Haltpunkt gewonnen hätte.

[Deutschland]
* Berlin, 6. Decbr.

Gestern ist dem hiesigen Magistrats-Collegium folgende Mißtrauens-Adresse übergeben worden:

An den Magistrat.

Mit tiefster Entrüstung haben die unterzeichneten Einwohner Berlins, die bis zur eingetretenen Militär-Herrschaft verschobene, dann aber endlich an's Licht getretene Gesinnungs-Aeußerung des Magistrats vom 21. d. M. aufgenommen. Unsere Entrüstung war um so größer, als der Magistrat mit diesem lediglich der Macht huldigenden Manifest sich in den offensten Widerspruch mit den Stadtverordneten gesetzt hat, aus deren Wahl er hervorgegangen, und die in edlem Aufschwunge sich dazu erhoben hatten, die entgegengesetzte freie und edle Gesinnung durch Wort und That an den Tag zu legen.

Wir müssen es auf das Schmerzlichste beklagen, daß die oberste Verwaltung der Stadt einem Collegium von Männern der in dem Manifest vom 21. d. M. kundgegebenen Gesinnung anvertraut worden ist.

Berlin, den 27. November 1848.

Die Adresse hat schon in wenigen Tagen 3717 Unterschriften erhalten, sie war schwarz eingebunden und auf dem Rücken als I. Band bezeichnet. Die Deputation bestand aus: dem Justiz-Rath Pfeiffer, Kaufmann Oestmann, Mechanikus J. G. Greiner, Fabrikant Thouret und Kaufmann Reinicke; sie begab sich auf das Rathhaus und bat um Gehör vor dem versammelten Magistrats-Collegium. Dieses wurde aber nicht gewährt, die Deputation vielmehr nur von dem Herrn Bürgermeister Naunyn empfangen.

102 Wien, 6. Dez.

Der neueste Börsenstand heißt: "Panischer Schrecken! .. Der Finanzminister Kraus, ein Ihnen aus den Oktobertagen bekannter Verräther, der damals erst 20 Millionen für kroatische Bedürfnisse erhielt, ist dem erbärmlichen Reichstag zu Kremsier mit einem neuen Panisbrief von 80 Milliönchen auf den Hals gekommen. Auf Sophiens absolutistische Operationen und auf die Liebesbriefe, die sie durch ihren kaiserlichen Sohn-Sekretär an Windischgrätz hat schreiben lassen, ließ sich natürlich eine kleine Nadelgeldforderung bei dem geächteten Reichstag wohl erwarten. Der neue Kaiser, der der März-, Mai- u. s. w. Errungenschaften natürlich mit keiner Silbe erwähnt, und die 80 Milliönchen haben mit Rücksicht auf Ungarn und Italien alle Kurse zum Weichen gebracht, und alle Anstrengungen der Standrechtspresse sind vergebens, dem Volke begreiflich zu machen, es bedeute nichts, und werde sich schon wieder machen.

61 Wien, 6. Dez.

Ich schreibe Ihnen unter dem Donner des Geschützes, der aus der Ferne zu uns herübertönt. Nachdem ich nämlich im gestrigen Lloyd, diesem Organ des "starken" Ministeriums, das gewiß bedeutungsvolle Geständniß gelesen: "Die Magyaren haben gestern bei Bruck einen Einfall über die Gränze gemacht, und sind bis Rohrau vorgedrungen", wollte ich mich bereits der süßen Hoffnung ergeben, die Magyaren seien in unserer Nähe, als ich leider eben höre, Windischgrätz feiere in Schönbrunn, seinem Hauptquartier, ein Ordensfest, und lasse darum seine Kanonen brüllen. Uebrigens beginnt der magyarische Spuck wieder ganz so, wie im Oktober; diesmal jedoch mit dem Unterschiede, daß selbst die infamsten Blätter des Standrechts ihn nicht ignoriren können. Die Magyaren sollen den kaiserlichen Truppen in der That gut aufwarten; es soll unmöglich sein, in ihr Land vorzudringen. Die kaiserliche Armee war bereits in Wieselburg, und nun steht sie hinter Bruck; Windischgrätz hat also Hiebe bekommen.

Auch an der steierischen Gränze gehen die kaiserlichen Operationen schief, wie es scheint. So eben trifft nämlich die Nachricht hier ein, die Magyaren hätten in dieser Nacht Neustadt, unweit Boden, erobert und in Brand gesteckt. Ebenso heißt es, sie hätten Agram, die Hauptstadt Kroatiens, eingenommen. Nur in Siebenbürgen sind sie im Nachtheile, d. h. in den Distrikten, wo Deutsche und Juden wohnen.

Sie können sich denken, in welcher Spannung wir wegen des Ausgangs in Ungarn leben. Sowohl die Partei der k. k. Banditen und Raubmörder, als auch das Volk von Wien setzen ihre letzte Hoffnung auf Ungarn. Regierung und Volk von Frankreich, so spricht man, müssen ja wirklich auf die höchste Stufe der Niederträchtigkeit herabgesunken sein, wenn das wahr ist, was unsere Standrechtsblätter mit Jauchzen berichten. Wider Gewohnheit bringen dieselben seit einigen Tagen die Verhandlungen in der französischen Kammer, worin unter dem Wortführer Bixio noch immer vom Wiener "Aufruhr" und von der römischen "Anarchie" die Rede ist. Diese Menschen nennen es also Aufruhr, daß wir uns gegen den Kannibalismus, die Bestialität und den Metternich-Absolutismus gewehrt haben!

121 Wien 7. Dez.

Die Wiener hatten sich, als sie den Thronwechsel erfuhren, auf Befreiung vom standrechtlichen Zustand, Hoffnung gemacht. Sie hatten erwartet, daß der neue Kaiser die Hand der Versöhnung reichen würde. Irrthum. Der Kaiser soll, wie's heute heißt, erst um Neujahr hieher kommen und der Belagerungszustand fortdauern.

Nikolaus soll sich erboten haben, den Geldverlegenheiten Oestreichs zu begegnen; man sprach gestern Abend davon, daß er die ganzen 80 Millionen vorstrecken wollte: Glück auf! Dessen ungeachtet fährt die Börse fort, den herannahenden Sturm zu wittern; die Course fallen, und das Geld wird mit 18 Proz. bezahlt. Der Absolutismus gebärdet sich übrigens, als hätte er wieder ewig zu leben, und man riskirt Pulver und Blei, wenn man ein Gewitter schnobert. Theater, Kaffee- und Gasthäuser sind täglich voll von Soldaten. Die Verhaftungen dauern nächtlicherweise fort.

Die Abendbeilage zu des edlen Herrn von Rombach Zeitung von gestern ist mit Orden gespickt, welche unter die Armee vertheilt worden. Unter den Dekorirten befindet sich auch ein Schmerling. Es ging nicht wohl an, den Orden direkt nach Frankfurt zu senden. Jellachich ist wirklich in Ungnade gefallen; man macht ihm nun ein Verbrechen daraus, daß er ohne Befehl vor Wien gezogen. Wie schlau! Anfangs hat man diese That gelobt; jetzt aber will man den Herrn los sein, und muß daher einen Vorwand haben. -- Nikolaus soll neben dem Gelde auch eine Tochter für den jungen Kaiser angeboten haben. -- In der ebenerwähnten Abendbeilage wird auch Welcker's Rechtfertigungsrede in extenso mitgetheilt, und ist voll eingeklammerter Bravo's des Frankfurter Parlaments. Metternich soll über nichts mehr Reue empfinden, als daß er den trefflichen Welcker so verkannt. Dieser Mensch ist so frech gewesen, die von Zimmermann hervorgehobenen 16 Greuel in Frage zu stellen, obwohl man dieselben hier sofort mit einigen Schock noch viel ärgerer Schandthaten bereichern könnte.

In allen Blättern, namentlich aber in der Wienerin, trifft man täglich Drohbriefe aus der Armee; sie sind meist in den Redaktionen selbst geschmiedet. Wie man hier behauptet, befindet sich viel russisches Militär im Heere. Warum nicht? Nikolaus scheut weder Geld, noch Soldaten. -- Aus Ungarn soll eine große Zufuhr Ochsen und Schweine hier angekommen sein, die Kossuth angeblich mit der Bemerkung hat abziehen lassen, er könne die Wiener unter den drückenden Verhältnissen nicht leiden lassen.

Es steht unzweifelhaft fest, daß Metternich seit dem 26. Mai, natürlich mit Nikolaus und einigen französischen Bourgeois (man nennt besonders Thiers) im Bunde, nicht nur die östreichische, sondern die europäische Bewegung direkt influenzirt hat. Schon früher, bestimmt aber nach dem 26. Mai, empfand unsere Kamarilla tiefe Reue über ihr Betragen gegen Metternich und knüpfte deshalb wieder mit ihm an. Sophie wurde die Vermittlerin, um den Kaiser nicht zu kompromittiren; durch sie wurde alles geleitet. Die Intriguen der Kamarilla bekamen jetzt eine bestimmte Richtung, in welcher die Czechen mit dem giftig-blöden baculus Palacky an der Spitze, dessen Czechenreich gränzenlos ist, wie der Ocean, blos die Katzen spielten, mit deren Pfoten die Kastanien aus dem Feuer genommen wurden. Die Kamarilla rief: "Gleichberechtigung aller Nationalitäten!" was nichts anders heißt, und heißen sollte, als: "Ihr bekommt alle gar nichts!" Kroaten und Czechen jauchzten mit einem Theil blödsinniger Polen diesen Unsinn nach, und verfochten so sämmtliche Interessen der absolutistisch gesinnten Kamarilla. In Oestreich scheint nur Kossuth diese Intriguen ganz erkannt zu haben. Alle seine Handlungen beweisen das. -- Die Kamarilla hat in dem Slaventhum übrigens jetzt schon einen neuen Feind erhalten; die dummen Czechen scheinen zu merken, daß sie bloß ein Schwamm gewesen, den man ausgedrückt hat. Folgende Stelle aus der Narodni nowiny vom 22. Novbr. mag Ihnen zeigen, wie sie es merken, und wie kläglich sie sich annoch mit ihrem Deutschenhaß darüber gebärden:

"Slaven! Habt Ihr schon die Namen der neuen Minister Oestreichs gehört? Durchgehends deutsche Namen, der größte Theil in Wien geboren, keiner von ihnen auch nur eines slavischen Idioms mächtig. .....

Slaven! Ihr hattet in Oestreich nur eine einzige nationale Armee -- die kroatischen Gränzer ... Freut Euch, diese Eure Soldaten sind unter das Kommando eines Feldmarschalls gestellt, der den Slavenkongreß in Prag auseinanderjagte.

Slaven! Italien und das große Wien habt Ihr gedemüthigt, bald, und Ihr habt die räuberischen Truppen der ungarischen Asiaten vernichtet, und doch versteht Ihr es nicht, Euch derer zu entledigen, die waffenlos Euern Nacken beugen -- entledigt Euch ihrer, und

verflucht sei jeder Slave, der da in seinen Rainen von jemand Anderem Befehle annimmt, als von Slaven;

verflucht sei der Slave, der von seiner Regierung eine andere, als slavisch geschriebene Schrift annimmt oder überreicht;

verflucht sei der, wer auf slavischen Landtagen und bei slavischen Gerichten eine andere Sprache spricht, als eine slavische. So lange wir nicht dahin gekommen sind, so lange, Slaven, habt Acht, vorzüglich auf den Landtag in Kremsier."

Folgendes sind die Namen der von Windischgrätz in Hetzendorf eingesperrten Geißeln:

Michael Schmidl, gebürtig aus Linz, Logiker; Joseph Valenta, aus Nikolsburg in Mähren, Philosoph; Joseph Rasp, aus Salzburg, Philosoph; Heinrich Wallmann, aus Mattsee in Salzburg, Dr. der Philosophie; Joseph Lax, aus Reichenau in Oberkärnthen, Bergakademiker; Ignaz Barach, aus Lemberg, Jurist im dritten Jahre; David Kaizes, aus Lemberg, Mediziner im vierten Jahre; Ludwig Hofmann, aus Groß-Arl in Salzburg, Physiker; Ludwig Wagnerberger, aus Braunau in Oberöstreich, Chirurg im zweiten Jahre; Franz Schmidt, aus Abtenau in Salzburg, Physiker; Michael Kellmann, aus Tyrol, Logiker: Johann Guttensohn, aus Tyrol.

Die übrigen vom 1. bis 6. Novbr. eingefangenen Legionäre sind in Hetzendorf insgesammt heimlich erschossen worden. Schade, daß Ihr braver Welcker, dieser gut bezahlte ungläubige Thomas, nicht dabei gewesen!

Wien, 6. Dez.

Die offiziellen Berichte über die Sitzungen unseres Reichstags übergehen merkwürdigerweise die vorletzte Sitzung mit Stillschweigen; wie man jetzt hört, soll dieses Faktum darin seinen Grund haben, daß der parlamentarische Kampf in dieser Sitzung in einen andern Kampf ausartete, der sich nicht stenographiren läßt. Es war nämlich die von dem Ministerium verlangte Kreditbewilligung zur Sprache gekommen; die czechischen Deputirten hatten das Ministerium zu unterstützen versprochen, falls es sich verpflichte, beharrlich gegen jeden Anschluß an Deutschland zu wirken; die deutschen Deputirten konnten und wollten es nicht ruhig mit ansehen, daß man ihre heiligsten Interessen auf diese Weise verkaufe, besonders da einige Führer der Czechen sich ihnen gegenüber ganz wie übermüthige Sieger gerirten; das Resultat war, daß es zu höchst tumultuarischen Scenen, wie man sagt zu einem förmlichen Faustkampf kam; Präsident Smolka, der sich vergeblich alle Mühe gegeben hatte, die Ruhe herzustellen, soll in Folge der heftigen Aufregung noch leidend sein. Daß hierauf in der Sitzung am 4. Dezember die betreffende Vorlage von dem Ministerium gemacht und von dem Reichstage vorläufig an die Finanzkommission verwiesen wurde, ist bekannt.

(D. A. Z.)
* Wien, 7. Dezbr.

Die Wiener Zeitung veröffentlicht unter andern folgendes kaiserl. Schreiben:

"Mein lieber Feldmarschall Fürst Windisch-Grätz! Meine vortreffliche Armee hat in allen Zeiten und besonders in den letzten Stürmen das in sie gesetzte Vertrauen vollkommen gerechtfertigt. Unter Ihrer Leitung war es nicht anders zu erwarten. Sie verschlossen in Ihrer Brust den herben Schmerz, für den ich Ihnen keine Vergeltung zu bieten vermag, und setzten der Empörung den Schild der Ehre und Treue entgegen; dann eilten Sie herbei und bezähmten mit Muth und Klugheit die Flammen des Aufruhrs in der durch Treulosigkeit verführten Residenz. Ich betrachte es als eine meiner ersten Pflichten, Ihnen meine volle Anerkennung Ihrer Verdienste sowie Ihrer ritterlichen Tugenden auszusprechen; dieselben sind mir Bürgen, daß Sie mir auch fortan kräftig zur Seite stehen werden, eine unerschütterliche Stütze des Thrones in der Verfassung. Geben Sie, lieber Fürst, den unter Ihren Befehlen stehenden braven Truppen die Versicherung, daß die Beweise Ihrer Treue und Tapferkeit mit unverlöschlichen Zügen in meinem Herzen geschrieben stehen. Franz Joseph m. p."

27 Breslau, 9. Dezember.

In Betreff der c. 100 ungarischen Husaren, die aus Böhmen über die schlesische Gränze desertirt, um sich nach ihrem Vaterlande zur Theilnahme am dortigen Freiheitskampfe zu begeben, berichtet ein Lokalblatt aus Neisse einige nähere Details:

Den 1. d. Mts. ist ein Detachement vom k. k. österreichischen Husaren-Regiment, Palucci-Husaren, circa 100 Pferde stark, unter Führung eines Wachtmeisters, über die diesseitige Gränze in den südlichen Theil des Reichenbacher Kreises getreten, um zu versuchen, nach Ungarn durchzukommen. Die ersten Nachrichten hierüber gingen der Kommandantur von Neisse am 2. d. Mts. Morgens 3 Uhr zu. Es wurde sofort 1 Kompagnie Infanterie und 30 Husaren von Neisse zur Besetzung der Defileen bei Woitz und Ottmachau beordert. Als die Abtheilungen jedoch hier anlangten, erfuhren dieselben, daß die ungarischen Husaren bereits vor mehreren Stunden über die Brücke von Woitz auf das rechte Neisse-Ufer gegangen waren. Das diesseitige Husarendetachement folgte ihrer Spur. Um 10 Uhr früh ging in Neisse die Meldung ein, daß die ungarischen Husaren bereits seit einigen Stunden in Oppersdorf fütterten. Eine schon bereit stehende Abtheilung Infanterie von 80 Mann wurde sofort dahin abgeschickt und gleichzeitig die Garnison in Neustadt avertirt. Von der Annäherung der Infanterie unterrichtet, brachen die ungarischen Husaren auf und hatten Oppersdorf eben verlassen als die ersteren am jenseitigen Ausgange des Dorfes anlangten. Die Aufforderung mehrerer nachgesandten Offiziere zur Uebergabe war vergeblich, da die ungarischen Husaren erklärten, sie zögen den Tod vor. Hierauf marschirten sie in der Richtung über Steinau nach Zülz. Der ganze disponible Rest von 30 Pferden der in Neustadt stehenden Husaren-Schwadron, von dieser Marschdirektion in Kenntniß gesetzt, hatte sich rechts gewendet und sich am östlichen Ausgange des Dorfes Schmietsch aufgestellt. Als die ungarischen Husaren in dieses eingerückt waren, wurde ihnen die Aufforderung zur Niederlegung der Waffen entgegengeschickt, sie gingen jedoch hierauf nicht ein, setzten sich in Bereitschaft zum Gefecht und stürzten zum Angriff vor. Diesen nahm das diesseitige Husarendetachement wegen der mehr als 3fachen Ueberlegenheit des Angreifers nicht an, sondern begnügte sich, diesem auf der Straße nach Zülz auf dem Fuße zu folgen. Vorausgesendete Offiziere hatten die Bürgerwehr in Zülz benachrichtigt, diese hatte sich mit anerkennungswerther Bereitwilligkeit in unglaublich kurzer Zeit gesammelt und alle Eingänge so vollständig verbarrikadirt und besetzt, daß die ungarischen Husaren bei ihrer Ankunft nicht durchkonnten, sondern sich nördlich wenden mußten, um einen andern Uebergang über das Defilee zu suchen, den sie, wie überall sehr gut geführt, in Schönowitz fanden. Von hier aus wendeten sie sich südlich querfeldein in gerader Linie nach der österreichischen Gränze. Das diesseitige Husarendetachement folgte in nahem Abstande, um bei dem jeden Augenblick erwarteten Erscheinen der Schwadron aus Ober-Glogau einzuwirken. Die letztere langte jedoch erst an, als die ungarischen Husaren zwischen Laßwitz und Paulwitz die Gränze überschritten und damit jede Verfolgung unmöglich machten.

In Betreff der oben erwähnten preußischen Husaren noch Folgendes:

Die preuß. Husaren standen im Defilee, und konnten von den Ungarn nicht gesehen werden. Ein preuß. Major nebst einem Offizier ritten den Ungarn entgegen, fragten wer sie wären, und was sie wollten; auf ihre Erwiederung, daß sie in ihr Vaterland zurück wollten, erhielten sie den Bescheid, sie müßten ihre Waffen abgeben und wären Gefangene. Der Wachtmeister derselben bat, dieses seinen Landsleuten mittheilen zu können. Mittlerweile war der Major zurückgekehrt und die preuß. Husaren erschienen auf der Anhöhe. Der ungarische Wachtmeister ritt zurück, und nachdem er einige Worte mit seinen Kameraden gewechselt, rissen Alle auf einmal die Säbel aus der Scheide, nahmen ihn die Quere in den Mund, dann das Pistol zur Hand, und mit einem furchtbaren Hussah, Hurrah setzten sie sich in Carriere und schlugen? nein ritten sich glücklich durch. Die überraschten preuß. Husaren stoben rechts und links, jedoch so unglücklich auseinander, daß viele Steiße und Beine in die Höhe reckten. Ein Offizier stürzte in eine nahe liegende Pfütze und soll sich furchtbar besudelt haben.

Zu Freiburg, c. 8 Meilen von hier, wurde vorgestern der Baron v. Rothkirch und Panthen, Vorsteher des demokratischen Klubs, hier verhaftet.

11 Dresden, den 8. Decbr.

Am 17. November war unser letzter constitutioneller Landtag aufgelöst worden, und schon in den ersten Tagen des December begann die Wahlschlacht für den neuen, nach einem neuen von dem letzten Landtage herzlich schlecht berathenen Wahlgesetze. Die Ständewahlen sind gefallen; weder die Ritterschaft, noch die Geistlichkeit, noch auch die Bauern und Bürger sind in geschiedenen Kreisen zu wählen, sondern das ganze Volk wählt gemeinsam aus seiner Mitte 75 Abgeordnete ohne Census in die II. Kammer. Jedoch maßen unsere Verwaltungs-, wie unsere Stadtbehörden das Prinzip der Selbstständigkeit nach vormärzlicher Elle und bannten diesen Begriff in so enge Gränzen, daß der größte Theil unserer Arbeiter von der Wahlberechtigung ausgeschlossen blieb, und das gerade der jüngere Theil, der, wie überall, so auch bei uns, der politisch reifste und unbefangenste ist. Die Partei des entschiedenen Fortschritts verliert dadurch mindestens 100,000 Stimmen.

Leider hat jenes "provisorische" Wahlgesetz noch die Aufstellung einer I. Kammer beliebt, welche den Grundbesitz vertreten soll. Somit ist der Grundbesitz doppelt vertreten; denn die Besitzenden wählen natürlich auch für die II. Kammer mit.

Und so hat er denn auch begonnen, der heiße Kampf, und es herrscht ein Drängen und Treiben an den "plakatreichen" Straßenecken und in den größeren Sälen unserer zahlreichen Bezirke zu den Wahlbesprechungen, daß es eine Lust ist. Die Ausschüsse

mer als Duchatel, Duchatel dummer als Thiers, Thiers dummer als der König, der wohl auf einmal der Dummste von allen geworden.

Man hätte aber auch sehen sollen die Aufnahme, welche Bugeaud, Barrot und Thiers bei dem Volke fanden. Dem Herrn Bugeaud wurde geantwortet: Transnonain; dem Herrn Thiers: Septembergesetze und dem Herrn Odilon-Barrot: Deserteur.

An die Stelle Bugeaud's wurde daher Lamoricière gesetzt; damit glaubte man allen Anforderungen Genüge zu leisten. Offiziere von der Nationalgarde, Polizeikommissäre und Nationalgardisten, mit Blumensträuchen in den Gewehrläufen, durchliefen die Straßen, um diese glückliche Nachricht dem Volke zu überbringen. Aber das Volk blieb stumm; und die Insurgenten ließen den Ruf ertönen: Nieder mit Louis Philipp! Es lebe die Republik!

Lamoriciére und Odilon-Barrat, die den Boulevard hinabritten, sahen sich genöthigt, am Boulevard Montmartre an dem Quartier der Barrikaden langsamer zu reiten. Hier vernahmen sie schon unfreundliche Laute; und als sie nun gar bis zum Quartier St. Denis vorzudringen suchten, traten ihnen die Insurgenten mit gefälltem Bajonette entgegen, und schrieen: es lebe die Republik.

‥‥ Wie 1830 so hatte auch dieses Mal das Volk nur eine Idee, nur einen Plan: direkt in die Tuillerien einzudringen. Der Instinkt des Volkes ist immer richtig und treibt es immer direkt zum Ziele. Ganze Kompagnien von Nationalgardisten wurden vom Strudel mit fortgerissen und so rollten dann die revolutionären Fluthen hin zum Zentrum der Tyrannei.

Von allen Seiten also rannte man nach den Tuilerien; das Faub. Saint Antoine, du Templé Saint Marceau — Alles strömte dahin, und unterwegs wuchs diese Armee immer mehr und mehr an; es gesellten sich zu ihr Tausende von Kämpfern mit Beilen und Säbeln, mit Pistolen und Stöcken. Man nahm die Posten, vor denen man vorbeizog weg, fraternisirte mit den Soldaten; oder aber wechselte Kugeln mit ihnen: ein ernstliches Handgemein fand erst statt am Chateau d'eau.………‥

„Die ersten Hindernisse, auf welche ich stieß, kamen von Seiten des Stadthauses. Die heterogene Zusammensetzung der provisorischen Regierung war nicht der Art, Ordnung in die Geschäfte zu bringen. Der von jeder Revolution unzertrennliche Zufall hatte in diese diktatorische Commission, ganz entgegengesetzte Elemente gebracht: die Einen vorzugsweise Repräsentanten des National und der Bourgeoisie, die Andern Repräsentanten des Volkes und der Barrikadenmänner. Während letztere die Republik proklamirten, träumte man neben ihnen noch von sogenannten gemischten Combinationen.“ Am 24. Februar, als noch die letzten Flintenschüsse fielen, schrieb Garnier-Pagées an seinen Freund Léon de Malleville, Ex-Vicepräsidenten der Kammer unter Louis Philipp:

„Die Narren, die Ihnen wohlbekannt sind, haben eben die Republik proklamirt. Halten Sie die Herzogin von Orleans zurück, daß sie sich nicht zeige, der Augenblick wäre ungünstig.“

Es war also völlig unmöglich für die beiden Parteien in der provisorischen Regierung sich zu verständigen. Als Garnier-Pagès zum Maire von Paris ernannt wurde, erfuhr ich, daß seine Absicht war, die Polizeipräfektur der Mairie unterzuordnen, und daß diese seine Absicht auch von der Majorität der provisorischen Regierung gebilligt worden. Ich empfing daher auch nur den Titel eines Deleguirten, den ich auch annahm, weil ich entschlossen war, meine Entlassung zu geben, sobald die Regierung einen Haltpunkt gewonnen hätte.

[Deutschland]
* Berlin, 6. Decbr.

Gestern ist dem hiesigen Magistrats-Collegium folgende Mißtrauens-Adresse übergeben worden:

An den Magistrat.

Mit tiefster Entrüstung haben die unterzeichneten Einwohner Berlins, die bis zur eingetretenen Militär-Herrschaft verschobene, dann aber endlich an's Licht getretene Gesinnungs-Aeußerung des Magistrats vom 21. d. M. aufgenommen. Unsere Entrüstung war um so größer, als der Magistrat mit diesem lediglich der Macht huldigenden Manifest sich in den offensten Widerspruch mit den Stadtverordneten gesetzt hat, aus deren Wahl er hervorgegangen, und die in edlem Aufschwunge sich dazu erhoben hatten, die entgegengesetzte freie und edle Gesinnung durch Wort und That an den Tag zu legen.

Wir müssen es auf das Schmerzlichste beklagen, daß die oberste Verwaltung der Stadt einem Collegium von Männern der in dem Manifest vom 21. d. M. kundgegebenen Gesinnung anvertraut worden ist.

Berlin, den 27. November 1848.

Die Adresse hat schon in wenigen Tagen 3717 Unterschriften erhalten, sie war schwarz eingebunden und auf dem Rücken als I. Band bezeichnet. Die Deputation bestand aus: dem Justiz-Rath Pfeiffer, Kaufmann Oestmann, Mechanikus J. G. Greiner, Fabrikant Thouret und Kaufmann Reinicke; sie begab sich auf das Rathhaus und bat um Gehör vor dem versammelten Magistrats-Collegium. Dieses wurde aber nicht gewährt, die Deputation vielmehr nur von dem Herrn Bürgermeister Naunyn empfangen.

102 Wien, 6. Dez.

Der neueste Börsenstand heißt: „Panischer Schrecken! ‥ Der Finanzminister Kraus, ein Ihnen aus den Oktobertagen bekannter Verräther, der damals erst 20 Millionen für kroatische Bedürfnisse erhielt, ist dem erbärmlichen Reichstag zu Kremsier mit einem neuen Panisbrief von 80 Milliönchen auf den Hals gekommen. Auf Sophiens absolutistische Operationen und auf die Liebesbriefe, die sie durch ihren kaiserlichen Sohn-Sekretär an Windischgrätz hat schreiben lassen, ließ sich natürlich eine kleine Nadelgeldforderung bei dem geächteten Reichstag wohl erwarten. Der neue Kaiser, der der März-, Mai- u. s. w. Errungenschaften natürlich mit keiner Silbe erwähnt, und die 80 Milliönchen haben mit Rücksicht auf Ungarn und Italien alle Kurse zum Weichen gebracht, und alle Anstrengungen der Standrechtspresse sind vergebens, dem Volke begreiflich zu machen, es bedeute nichts, und werde sich schon wieder machen.

61 Wien, 6. Dez.

Ich schreibe Ihnen unter dem Donner des Geschützes, der aus der Ferne zu uns herübertönt. Nachdem ich nämlich im gestrigen Lloyd, diesem Organ des „starken“ Ministeriums, das gewiß bedeutungsvolle Geständniß gelesen: „Die Magyaren haben gestern bei Bruck einen Einfall über die Gränze gemacht, und sind bis Rohrau vorgedrungen“, wollte ich mich bereits der süßen Hoffnung ergeben, die Magyaren seien in unserer Nähe, als ich leider eben höre, Windischgrätz feiere in Schönbrunn, seinem Hauptquartier, ein Ordensfest, und lasse darum seine Kanonen brüllen. Uebrigens beginnt der magyarische Spuck wieder ganz so, wie im Oktober; diesmal jedoch mit dem Unterschiede, daß selbst die infamsten Blätter des Standrechts ihn nicht ignoriren können. Die Magyaren sollen den kaiserlichen Truppen in der That gut aufwarten; es soll unmöglich sein, in ihr Land vorzudringen. Die kaiserliche Armee war bereits in Wieselburg, und nun steht sie hinter Bruck; Windischgrätz hat also Hiebe bekommen.

Auch an der steierischen Gränze gehen die kaiserlichen Operationen schief, wie es scheint. So eben trifft nämlich die Nachricht hier ein, die Magyaren hätten in dieser Nacht Neustadt, unweit Boden, erobert und in Brand gesteckt. Ebenso heißt es, sie hätten Agram, die Hauptstadt Kroatiens, eingenommen. Nur in Siebenbürgen sind sie im Nachtheile, d. h. in den Distrikten, wo Deutsche und Juden wohnen.

Sie können sich denken, in welcher Spannung wir wegen des Ausgangs in Ungarn leben. Sowohl die Partei der k. k. Banditen und Raubmörder, als auch das Volk von Wien setzen ihre letzte Hoffnung auf Ungarn. Regierung und Volk von Frankreich, so spricht man, müssen ja wirklich auf die höchste Stufe der Niederträchtigkeit herabgesunken sein, wenn das wahr ist, was unsere Standrechtsblätter mit Jauchzen berichten. Wider Gewohnheit bringen dieselben seit einigen Tagen die Verhandlungen in der französischen Kammer, worin unter dem Wortführer Bixio noch immer vom Wiener „Aufruhr“ und von der römischen „Anarchie“ die Rede ist. Diese Menschen nennen es also Aufruhr, daß wir uns gegen den Kannibalismus, die Bestialität und den Metternich-Absolutismus gewehrt haben!

121 Wien 7. Dez.

Die Wiener hatten sich, als sie den Thronwechsel erfuhren, auf Befreiung vom standrechtlichen Zustand, Hoffnung gemacht. Sie hatten erwartet, daß der neue Kaiser die Hand der Versöhnung reichen würde. Irrthum. Der Kaiser soll, wie's heute heißt, erst um Neujahr hieher kommen und der Belagerungszustand fortdauern.

Nikolaus soll sich erboten haben, den Geldverlegenheiten Oestreichs zu begegnen; man sprach gestern Abend davon, daß er die ganzen 80 Millionen vorstrecken wollte: Glück auf! Dessen ungeachtet fährt die Börse fort, den herannahenden Sturm zu wittern; die Course fallen, und das Geld wird mit 18 Proz. bezahlt. Der Absolutismus gebärdet sich übrigens, als hätte er wieder ewig zu leben, und man riskirt Pulver und Blei, wenn man ein Gewitter schnobert. Theater, Kaffee- und Gasthäuser sind täglich voll von Soldaten. Die Verhaftungen dauern nächtlicherweise fort.

Die Abendbeilage zu des edlen Herrn von Rombach Zeitung von gestern ist mit Orden gespickt, welche unter die Armee vertheilt worden. Unter den Dekorirten befindet sich auch ein Schmerling. Es ging nicht wohl an, den Orden direkt nach Frankfurt zu senden. Jellachich ist wirklich in Ungnade gefallen; man macht ihm nun ein Verbrechen daraus, daß er ohne Befehl vor Wien gezogen. Wie schlau! Anfangs hat man diese That gelobt; jetzt aber will man den Herrn los sein, und muß daher einen Vorwand haben. — Nikolaus soll neben dem Gelde auch eine Tochter für den jungen Kaiser angeboten haben. — In der ebenerwähnten Abendbeilage wird auch Welcker's Rechtfertigungsrede in extenso mitgetheilt, und ist voll eingeklammerter Bravo's des Frankfurter Parlaments. Metternich soll über nichts mehr Reue empfinden, als daß er den trefflichen Welcker so verkannt. Dieser Mensch ist so frech gewesen, die von Zimmermann hervorgehobenen 16 Greuel in Frage zu stellen, obwohl man dieselben hier sofort mit einigen Schock noch viel ärgerer Schandthaten bereichern könnte.

In allen Blättern, namentlich aber in der Wienerin, trifft man täglich Drohbriefe aus der Armee; sie sind meist in den Redaktionen selbst geschmiedet. Wie man hier behauptet, befindet sich viel russisches Militär im Heere. Warum nicht? Nikolaus scheut weder Geld, noch Soldaten. — Aus Ungarn soll eine große Zufuhr Ochsen und Schweine hier angekommen sein, die Kossuth angeblich mit der Bemerkung hat abziehen lassen, er könne die Wiener unter den drückenden Verhältnissen nicht leiden lassen.

Es steht unzweifelhaft fest, daß Metternich seit dem 26. Mai, natürlich mit Nikolaus und einigen französischen Bourgeois (man nennt besonders Thiers) im Bunde, nicht nur die östreichische, sondern die europäische Bewegung direkt influenzirt hat. Schon früher, bestimmt aber nach dem 26. Mai, empfand unsere Kamarilla tiefe Reue über ihr Betragen gegen Metternich und knüpfte deshalb wieder mit ihm an. Sophie wurde die Vermittlerin, um den Kaiser nicht zu kompromittiren; durch sie wurde alles geleitet. Die Intriguen der Kamarilla bekamen jetzt eine bestimmte Richtung, in welcher die Czechen mit dem giftig-blöden baculus Palacky an der Spitze, dessen Czechenreich gränzenlos ist, wie der Ocean, blos die Katzen spielten, mit deren Pfoten die Kastanien aus dem Feuer genommen wurden. Die Kamarilla rief: „Gleichberechtigung aller Nationalitäten!“ was nichts anders heißt, und heißen sollte, als: „Ihr bekommt alle gar nichts!“ Kroaten und Czechen jauchzten mit einem Theil blödsinniger Polen diesen Unsinn nach, und verfochten so sämmtliche Interessen der absolutistisch gesinnten Kamarilla. In Oestreich scheint nur Kossuth diese Intriguen ganz erkannt zu haben. Alle seine Handlungen beweisen das. — Die Kamarilla hat in dem Slaventhum übrigens jetzt schon einen neuen Feind erhalten; die dummen Czechen scheinen zu merken, daß sie bloß ein Schwamm gewesen, den man ausgedrückt hat. Folgende Stelle aus der Národni nowiny vom 22. Novbr. mag Ihnen zeigen, wie sie es merken, und wie kläglich sie sich annoch mit ihrem Deutschenhaß darüber gebärden:

„Slaven! Habt Ihr schon die Namen der neuen Minister Oestreichs gehört? Durchgehends deutsche Namen, der größte Theil in Wien geboren, keiner von ihnen auch nur eines slavischen Idioms mächtig. ‥…

Slaven! Ihr hattet in Oestreich nur eine einzige nationale Armee — die kroatischen Gränzer … Freut Euch, diese Eure Soldaten sind unter das Kommando eines Feldmarschalls gestellt, der den Slavenkongreß in Prag auseinanderjagte.

Slaven! Italien und das große Wien habt Ihr gedemüthigt, bald, und Ihr habt die räuberischen Truppen der ungarischen Asiaten vernichtet, und doch versteht Ihr es nicht, Euch derer zu entledigen, die waffenlos Euern Nacken beugen — entledigt Euch ihrer, und

verflucht sei jeder Slave, der da in seinen Rainen von jemand Anderem Befehle annimmt, als von Slaven;

verflucht sei der Slave, der von seiner Regierung eine andere, als slavisch geschriebene Schrift annimmt oder überreicht;

verflucht sei der, wer auf slavischen Landtagen und bei slavischen Gerichten eine andere Sprache spricht, als eine slavische. So lange wir nicht dahin gekommen sind, so lange, Slaven, habt Acht, vorzüglich auf den Landtag in Kremsier.“

Folgendes sind die Namen der von Windischgrätz in Hetzendorf eingesperrten Geißeln:

Michael Schmidl, gebürtig aus Linz, Logiker; Joseph Valenta, aus Nikolsburg in Mähren, Philosoph; Joseph Rasp, aus Salzburg, Philosoph; Heinrich Wallmann, aus Mattsee in Salzburg, Dr. der Philosophie; Joseph Lax, aus Reichenau in Oberkärnthen, Bergakademiker; Ignaz Barach, aus Lemberg, Jurist im dritten Jahre; David Kaizes, aus Lemberg, Mediziner im vierten Jahre; Ludwig Hofmann, aus Groß-Arl in Salzburg, Physiker; Ludwig Wagnerberger, aus Braunau in Oberöstreich, Chirurg im zweiten Jahre; Franz Schmidt, aus Abtenau in Salzburg, Physiker; Michael Kellmann, aus Tyrol, Logiker: Johann Guttensohn, aus Tyrol.

Die übrigen vom 1. bis 6. Novbr. eingefangenen Legionäre sind in Hetzendorf insgesammt heimlich erschossen worden. Schade, daß Ihr braver Welcker, dieser gut bezahlte ungläubige Thomas, nicht dabei gewesen!

Wien, 6. Dez.

Die offiziellen Berichte über die Sitzungen unseres Reichstags übergehen merkwürdigerweise die vorletzte Sitzung mit Stillschweigen; wie man jetzt hört, soll dieses Faktum darin seinen Grund haben, daß der parlamentarische Kampf in dieser Sitzung in einen andern Kampf ausartete, der sich nicht stenographiren läßt. Es war nämlich die von dem Ministerium verlangte Kreditbewilligung zur Sprache gekommen; die czechischen Deputirten hatten das Ministerium zu unterstützen versprochen, falls es sich verpflichte, beharrlich gegen jeden Anschluß an Deutschland zu wirken; die deutschen Deputirten konnten und wollten es nicht ruhig mit ansehen, daß man ihre heiligsten Interessen auf diese Weise verkaufe, besonders da einige Führer der Czechen sich ihnen gegenüber ganz wie übermüthige Sieger gerirten; das Resultat war, daß es zu höchst tumultuarischen Scenen, wie man sagt zu einem förmlichen Faustkampf kam; Präsident Smolka, der sich vergeblich alle Mühe gegeben hatte, die Ruhe herzustellen, soll in Folge der heftigen Aufregung noch leidend sein. Daß hierauf in der Sitzung am 4. Dezember die betreffende Vorlage von dem Ministerium gemacht und von dem Reichstage vorläufig an die Finanzkommission verwiesen wurde, ist bekannt.

(D. A. Z.)
* Wien, 7. Dezbr.

Die Wiener Zeitung veröffentlicht unter andern folgendes kaiserl. Schreiben:

„Mein lieber Feldmarschall Fürst Windisch-Grätz! Meine vortreffliche Armee hat in allen Zeiten und besonders in den letzten Stürmen das in sie gesetzte Vertrauen vollkommen gerechtfertigt. Unter Ihrer Leitung war es nicht anders zu erwarten. Sie verschlossen in Ihrer Brust den herben Schmerz, für den ich Ihnen keine Vergeltung zu bieten vermag, und setzten der Empörung den Schild der Ehre und Treue entgegen; dann eilten Sie herbei und bezähmten mit Muth und Klugheit die Flammen des Aufruhrs in der durch Treulosigkeit verführten Residenz. Ich betrachte es als eine meiner ersten Pflichten, Ihnen meine volle Anerkennung Ihrer Verdienste sowie Ihrer ritterlichen Tugenden auszusprechen; dieselben sind mir Bürgen, daß Sie mir auch fortan kräftig zur Seite stehen werden, eine unerschütterliche Stütze des Thrones in der Verfassung. Geben Sie, lieber Fürst, den unter Ihren Befehlen stehenden braven Truppen die Versicherung, daß die Beweise Ihrer Treue und Tapferkeit mit unverlöschlichen Zügen in meinem Herzen geschrieben stehen. Franz Joseph m. p.“

27 Breslau, 9. Dezember.

In Betreff der c. 100 ungarischen Husaren, die aus Böhmen über die schlesische Gränze desertirt, um sich nach ihrem Vaterlande zur Theilnahme am dortigen Freiheitskampfe zu begeben, berichtet ein Lokalblatt aus Neisse einige nähere Details:

Den 1. d. Mts. ist ein Detachement vom k. k. österreichischen Husaren-Regiment, Palucci-Husaren, circa 100 Pferde stark, unter Führung eines Wachtmeisters, über die diesseitige Gränze in den südlichen Theil des Reichenbacher Kreises getreten, um zu versuchen, nach Ungarn durchzukommen. Die ersten Nachrichten hierüber gingen der Kommandantur von Neisse am 2. d. Mts. Morgens 3 Uhr zu. Es wurde sofort 1 Kompagnie Infanterie und 30 Husaren von Neisse zur Besetzung der Defileen bei Woitz und Ottmachau beordert. Als die Abtheilungen jedoch hier anlangten, erfuhren dieselben, daß die ungarischen Husaren bereits vor mehreren Stunden über die Brücke von Woitz auf das rechte Neisse-Ufer gegangen waren. Das diesseitige Husarendetachement folgte ihrer Spur. Um 10 Uhr früh ging in Neisse die Meldung ein, daß die ungarischen Husaren bereits seit einigen Stunden in Oppersdorf fütterten. Eine schon bereit stehende Abtheilung Infanterie von 80 Mann wurde sofort dahin abgeschickt und gleichzeitig die Garnison in Neustadt avertirt. Von der Annäherung der Infanterie unterrichtet, brachen die ungarischen Husaren auf und hatten Oppersdorf eben verlassen als die ersteren am jenseitigen Ausgange des Dorfes anlangten. Die Aufforderung mehrerer nachgesandten Offiziere zur Uebergabe war vergeblich, da die ungarischen Husaren erklärten, sie zögen den Tod vor. Hierauf marschirten sie in der Richtung über Steinau nach Zülz. Der ganze disponible Rest von 30 Pferden der in Neustadt stehenden Husaren-Schwadron, von dieser Marschdirektion in Kenntniß gesetzt, hatte sich rechts gewendet und sich am östlichen Ausgange des Dorfes Schmietsch aufgestellt. Als die ungarischen Husaren in dieses eingerückt waren, wurde ihnen die Aufforderung zur Niederlegung der Waffen entgegengeschickt, sie gingen jedoch hierauf nicht ein, setzten sich in Bereitschaft zum Gefecht und stürzten zum Angriff vor. Diesen nahm das diesseitige Husarendetachement wegen der mehr als 3fachen Ueberlegenheit des Angreifers nicht an, sondern begnügte sich, diesem auf der Straße nach Zülz auf dem Fuße zu folgen. Vorausgesendete Offiziere hatten die Bürgerwehr in Zülz benachrichtigt, diese hatte sich mit anerkennungswerther Bereitwilligkeit in unglaublich kurzer Zeit gesammelt und alle Eingänge so vollständig verbarrikadirt und besetzt, daß die ungarischen Husaren bei ihrer Ankunft nicht durchkonnten, sondern sich nördlich wenden mußten, um einen andern Uebergang über das Defilee zu suchen, den sie, wie überall sehr gut geführt, in Schönowitz fanden. Von hier aus wendeten sie sich südlich querfeldein in gerader Linie nach der österreichischen Gränze. Das diesseitige Husarendetachement folgte in nahem Abstande, um bei dem jeden Augenblick erwarteten Erscheinen der Schwadron aus Ober-Glogau einzuwirken. Die letztere langte jedoch erst an, als die ungarischen Husaren zwischen Laßwitz und Paulwitz die Gränze überschritten und damit jede Verfolgung unmöglich machten.

In Betreff der oben erwähnten preußischen Husaren noch Folgendes:

Die preuß. Husaren standen im Defilee, und konnten von den Ungarn nicht gesehen werden. Ein preuß. Major nebst einem Offizier ritten den Ungarn entgegen, fragten wer sie wären, und was sie wollten; auf ihre Erwiederung, daß sie in ihr Vaterland zurück wollten, erhielten sie den Bescheid, sie müßten ihre Waffen abgeben und wären Gefangene. Der Wachtmeister derselben bat, dieses seinen Landsleuten mittheilen zu können. Mittlerweile war der Major zurückgekehrt und die preuß. Husaren erschienen auf der Anhöhe. Der ungarische Wachtmeister ritt zurück, und nachdem er einige Worte mit seinen Kameraden gewechselt, rissen Alle auf einmal die Säbel aus der Scheide, nahmen ihn die Quere in den Mund, dann das Pistol zur Hand, und mit einem furchtbaren Hussah, Hurrah setzten sie sich in Carriere und schlugen? nein ritten sich glücklich durch. Die überraschten preuß. Husaren stoben rechts und links, jedoch so unglücklich auseinander, daß viele Steiße und Beine in die Höhe reckten. Ein Offizier stürzte in eine nahe liegende Pfütze und soll sich furchtbar besudelt haben.

Zu Freiburg, c. 8 Meilen von hier, wurde vorgestern der Baron v. Rothkirch und Panthen, Vorsteher des demokratischen Klubs, hier verhaftet.

11 Dresden, den 8. Decbr.

Am 17. November war unser letzter constitutioneller Landtag aufgelöst worden, und schon in den ersten Tagen des December begann die Wahlschlacht für den neuen, nach einem neuen von dem letzten Landtage herzlich schlecht berathenen Wahlgesetze. Die Ständewahlen sind gefallen; weder die Ritterschaft, noch die Geistlichkeit, noch auch die Bauern und Bürger sind in geschiedenen Kreisen zu wählen, sondern das ganze Volk wählt gemeinsam aus seiner Mitte 75 Abgeordnete ohne Census in die II. Kammer. Jedoch maßen unsere Verwaltungs-, wie unsere Stadtbehörden das Prinzip der Selbstständigkeit nach vormärzlicher Elle und bannten diesen Begriff in so enge Gränzen, daß der größte Theil unserer Arbeiter von der Wahlberechtigung ausgeschlossen blieb, und das gerade der jüngere Theil, der, wie überall, so auch bei uns, der politisch reifste und unbefangenste ist. Die Partei des entschiedenen Fortschritts verliert dadurch mindestens 100,000 Stimmen.

Leider hat jenes „provisorische“ Wahlgesetz noch die Aufstellung einer I. Kammer beliebt, welche den Grundbesitz vertreten soll. Somit ist der Grundbesitz doppelt vertreten; denn die Besitzenden wählen natürlich auch für die II. Kammer mit.

Und so hat er denn auch begonnen, der heiße Kampf, und es herrscht ein Drängen und Treiben an den „plakatreichen“ Straßenecken und in den größeren Sälen unserer zahlreichen Bezirke zu den Wahlbesprechungen, daß es eine Lust ist. Die Ausschüsse

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jFeuilleton" n="1">
        <div xml:id="ar166_005" type="jArticle">
          <p><pb facs="#f0002" n="0890"/>
mer als Duchatel, Duchatel dummer als Thiers, Thiers dummer als der König, der wohl auf einmal der Dummste von allen geworden.</p>
          <p>Man hätte aber auch sehen sollen die Aufnahme, welche Bugeaud, Barrot und Thiers bei dem Volke fanden. Dem Herrn Bugeaud wurde geantwortet: Transnonain; dem Herrn Thiers: Septembergesetze und dem Herrn Odilon-Barrot: Deserteur.</p>
          <p>An die Stelle Bugeaud's wurde daher Lamoricière gesetzt; damit glaubte man allen Anforderungen Genüge zu leisten. Offiziere von der Nationalgarde, Polizeikommissäre und Nationalgardisten, mit Blumensträuchen in den Gewehrläufen, durchliefen die Straßen, um diese glückliche Nachricht dem Volke zu überbringen. Aber das Volk blieb stumm; und die Insurgenten ließen den Ruf ertönen: Nieder mit Louis Philipp! Es lebe die Republik!</p>
          <p>Lamoriciére und Odilon-Barrat, die den Boulevard hinabritten, sahen sich genöthigt, am Boulevard Montmartre an dem Quartier der Barrikaden langsamer zu reiten. Hier vernahmen sie schon unfreundliche Laute; und als sie nun gar bis zum Quartier St. Denis vorzudringen suchten, traten ihnen die Insurgenten mit gefälltem Bajonette entgegen, und schrieen: es lebe die Republik.</p>
          <p>&#x2025;&#x2025; Wie 1830 so hatte auch dieses Mal das Volk nur eine Idee, nur einen Plan: direkt in die Tuillerien einzudringen. Der Instinkt des Volkes ist immer richtig und treibt es immer direkt zum Ziele. Ganze Kompagnien von Nationalgardisten wurden vom Strudel mit fortgerissen und so rollten dann die revolutionären Fluthen hin zum Zentrum der Tyrannei.</p>
          <p>Von allen Seiten also rannte man nach den Tuilerien; das Faub. Saint Antoine, du Templé Saint Marceau &#x2014; Alles strömte dahin, und unterwegs wuchs diese Armee immer mehr und mehr an; es gesellten sich zu ihr Tausende von Kämpfern mit Beilen und Säbeln, mit Pistolen und Stöcken. Man nahm die Posten, vor denen man vorbeizog weg, fraternisirte mit den Soldaten; oder aber wechselte Kugeln mit ihnen: ein ernstliches Handgemein fand erst statt am Chateau d'eau.&#x2026;&#x2026;&#x2026;&#x2025;</p>
          <p>&#x201E;Die ersten Hindernisse, auf welche ich stieß, kamen von Seiten des Stadthauses. Die heterogene Zusammensetzung der provisorischen Regierung war nicht der Art, Ordnung in die Geschäfte zu bringen. Der von jeder Revolution unzertrennliche Zufall hatte in diese diktatorische Commission, ganz entgegengesetzte Elemente gebracht: die Einen vorzugsweise Repräsentanten des National und der Bourgeoisie, die Andern Repräsentanten des Volkes und der Barrikadenmänner. Während letztere die Republik proklamirten, träumte man neben ihnen noch von sogenannten gemischten Combinationen.&#x201C; Am 24. Februar, als noch die letzten Flintenschüsse fielen, schrieb Garnier-Pagées an seinen Freund Léon de Malleville, Ex-Vicepräsidenten der Kammer unter Louis Philipp:</p>
          <p>&#x201E;Die Narren, die Ihnen wohlbekannt sind, haben eben die Republik proklamirt. Halten Sie die Herzogin von Orleans zurück, daß sie sich nicht zeige, der Augenblick wäre ungünstig.&#x201C;</p>
          <p>Es war also völlig unmöglich für die beiden Parteien in der provisorischen Regierung sich zu verständigen. Als Garnier-Pagès zum Maire von Paris ernannt wurde, erfuhr ich, daß seine Absicht war, die Polizeipräfektur der Mairie unterzuordnen, und daß diese seine Absicht auch von der Majorität der provisorischen Regierung gebilligt worden. Ich empfing daher auch nur den Titel eines Deleguirten, den ich auch annahm, weil ich entschlossen war, meine Entlassung zu geben, sobald die Regierung einen Haltpunkt gewonnen hätte.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar166_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 6. Decbr.</head>
          <p>Gestern ist dem hiesigen Magistrats-Collegium folgende Mißtrauens-Adresse übergeben worden:</p>
          <p><hi rendition="#g">An den Magistrat</hi>.</p>
          <p>Mit tiefster Entrüstung haben die unterzeichneten Einwohner Berlins, die bis zur eingetretenen Militär-Herrschaft verschobene, dann aber endlich an's Licht getretene Gesinnungs-Aeußerung des Magistrats vom 21. d. M. aufgenommen. Unsere Entrüstung war um so größer, als der Magistrat mit diesem lediglich der Macht huldigenden Manifest sich in den offensten Widerspruch mit den Stadtverordneten gesetzt hat, aus deren Wahl er hervorgegangen, und die in edlem Aufschwunge sich dazu erhoben hatten, die entgegengesetzte freie und edle Gesinnung durch Wort und That an den Tag zu legen.</p>
          <p>Wir müssen es auf das Schmerzlichste beklagen, daß die oberste Verwaltung der Stadt einem Collegium von Männern der in dem Manifest vom 21. d. M. kundgegebenen Gesinnung anvertraut worden ist.</p>
          <p>Berlin, den 27. November 1848.</p>
          <p>Die Adresse hat schon in wenigen Tagen 3717 Unterschriften erhalten, sie war schwarz eingebunden und auf dem Rücken als I. Band bezeichnet. Die Deputation bestand aus: dem Justiz-Rath Pfeiffer, Kaufmann Oestmann, Mechanikus J. G. Greiner, Fabrikant Thouret und Kaufmann Reinicke; sie begab sich auf das Rathhaus und bat um Gehör vor dem versammelten Magistrats-Collegium. Dieses wurde aber nicht gewährt, die Deputation vielmehr nur von dem Herrn Bürgermeister Naunyn empfangen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar166_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>102</author></bibl> Wien, 6. Dez.</head>
          <p>Der neueste Börsenstand heißt: &#x201E;Panischer Schrecken! &#x2025; Der Finanzminister Kraus, ein Ihnen aus den Oktobertagen bekannter Verräther, der damals erst 20 Millionen für kroatische Bedürfnisse erhielt, ist dem erbärmlichen Reichstag zu Kremsier mit einem neuen Panisbrief von 80 Milliönchen auf den Hals gekommen. Auf Sophiens absolutistische Operationen und auf die Liebesbriefe, die sie durch ihren kaiserlichen Sohn-Sekretär an Windischgrätz hat schreiben lassen, ließ sich natürlich eine kleine Nadelgeldforderung bei dem geächteten Reichstag wohl erwarten. Der neue Kaiser, der der März-, Mai- u. s. w. Errungenschaften natürlich mit keiner Silbe erwähnt, und die 80 Milliönchen haben mit Rücksicht auf Ungarn und Italien alle Kurse zum Weichen gebracht, und alle Anstrengungen der Standrechtspresse sind vergebens, dem Volke begreiflich zu machen, es bedeute nichts, und werde sich schon wieder machen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar166_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 6. Dez.</head>
          <p>Ich schreibe Ihnen unter dem Donner des Geschützes, der aus der Ferne zu uns herübertönt. Nachdem ich nämlich im gestrigen Lloyd, diesem Organ des &#x201E;starken&#x201C; Ministeriums, das gewiß bedeutungsvolle Geständniß gelesen: &#x201E;Die Magyaren haben gestern bei Bruck einen Einfall über die Gränze gemacht, und sind bis Rohrau vorgedrungen&#x201C;, wollte ich mich bereits der süßen Hoffnung ergeben, die Magyaren seien in unserer Nähe, als ich leider eben höre, Windischgrätz feiere in Schönbrunn, seinem Hauptquartier, ein Ordensfest, und lasse darum seine Kanonen brüllen. Uebrigens beginnt der magyarische Spuck wieder ganz so, wie im Oktober; diesmal jedoch mit dem Unterschiede, daß selbst die infamsten Blätter des Standrechts ihn nicht ignoriren können. Die Magyaren sollen den kaiserlichen Truppen in der That gut aufwarten; es soll unmöglich sein, in ihr Land vorzudringen. Die kaiserliche Armee war bereits in Wieselburg, und nun steht sie hinter Bruck; Windischgrätz hat also Hiebe bekommen.</p>
          <p>Auch an der steierischen Gränze gehen die kaiserlichen Operationen schief, wie es scheint. So eben trifft nämlich die Nachricht hier ein, die Magyaren hätten in dieser Nacht Neustadt, unweit Boden, erobert und in Brand gesteckt. Ebenso heißt es, sie hätten Agram, die Hauptstadt Kroatiens, eingenommen. Nur in Siebenbürgen sind sie im Nachtheile, d. h. in den Distrikten, wo Deutsche und Juden wohnen.</p>
          <p>Sie können sich denken, in welcher Spannung wir wegen des Ausgangs in Ungarn leben. Sowohl die Partei der k. k. Banditen und Raubmörder, als auch das Volk von Wien setzen ihre letzte Hoffnung auf Ungarn. Regierung und Volk von Frankreich, so spricht man, müssen ja wirklich auf die höchste Stufe der Niederträchtigkeit herabgesunken sein, wenn das wahr ist, was unsere Standrechtsblätter mit Jauchzen berichten. Wider Gewohnheit bringen dieselben seit einigen Tagen die Verhandlungen in der französischen Kammer, worin unter dem Wortführer Bixio noch immer vom Wiener &#x201E;<hi rendition="#g">Aufruhr</hi>&#x201C; und von der römischen &#x201E;<hi rendition="#g">Anarchie</hi>&#x201C; die Rede ist. Diese Menschen nennen es also Aufruhr, daß wir uns gegen den Kannibalismus, die Bestialität und den Metternich-Absolutismus gewehrt haben!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar166_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>121</author></bibl> Wien 7. Dez.</head>
          <p>Die Wiener hatten sich, als sie den Thronwechsel erfuhren, auf Befreiung vom standrechtlichen Zustand, Hoffnung gemacht. Sie hatten erwartet, daß der neue Kaiser die Hand der Versöhnung reichen würde. Irrthum. Der Kaiser soll, wie's heute heißt, erst um Neujahr hieher kommen und der Belagerungszustand fortdauern.</p>
          <p>Nikolaus soll sich erboten haben, den Geldverlegenheiten Oestreichs zu begegnen; man sprach gestern Abend davon, daß er die ganzen 80 Millionen vorstrecken wollte: Glück auf! Dessen ungeachtet fährt die Börse fort, den herannahenden Sturm zu wittern; die Course fallen, und das Geld wird mit 18 Proz. bezahlt. Der Absolutismus gebärdet sich übrigens, als hätte er wieder ewig zu leben, und man riskirt Pulver und Blei, wenn man ein Gewitter schnobert. Theater, Kaffee- und Gasthäuser sind täglich voll von Soldaten. Die Verhaftungen dauern nächtlicherweise fort.</p>
          <p>Die Abendbeilage zu des edlen Herrn von Rombach Zeitung von gestern ist mit Orden gespickt, welche unter die Armee vertheilt worden. Unter den Dekorirten befindet sich auch ein <hi rendition="#g">Schmerling</hi>. Es ging nicht wohl an, den Orden direkt nach Frankfurt zu senden. Jellachich ist wirklich in Ungnade gefallen; man macht ihm nun ein Verbrechen daraus, daß er ohne Befehl vor Wien gezogen. Wie schlau! Anfangs hat man diese That gelobt; jetzt aber will man den Herrn los sein, und muß daher einen Vorwand haben. &#x2014; Nikolaus soll neben dem Gelde auch <hi rendition="#g">eine Tochter</hi> für den jungen Kaiser <hi rendition="#g">angeboten</hi> haben. &#x2014; In der ebenerwähnten Abendbeilage wird auch Welcker's Rechtfertigungsrede in extenso mitgetheilt, und ist voll eingeklammerter Bravo's des Frankfurter Parlaments. Metternich soll über nichts mehr Reue empfinden, als daß er den trefflichen Welcker so verkannt. Dieser Mensch ist so frech gewesen, die von Zimmermann hervorgehobenen 16 Greuel in Frage zu stellen, obwohl man dieselben hier sofort mit einigen Schock noch viel ärgerer Schandthaten bereichern könnte.</p>
          <p>In allen Blättern, namentlich aber in der Wienerin, trifft man täglich Drohbriefe aus der Armee; sie sind meist in den Redaktionen selbst geschmiedet. Wie man hier behauptet, befindet sich viel russisches Militär im Heere. Warum nicht? Nikolaus scheut weder Geld, noch Soldaten. &#x2014; Aus Ungarn soll eine große Zufuhr Ochsen und Schweine hier angekommen sein, die Kossuth angeblich mit der Bemerkung hat abziehen lassen, er könne die Wiener unter den drückenden Verhältnissen nicht leiden lassen.</p>
          <p>Es steht unzweifelhaft fest, daß Metternich seit dem 26. Mai, natürlich mit Nikolaus und einigen französischen Bourgeois (man nennt besonders Thiers) im Bunde, nicht nur die östreichische, sondern die europäische Bewegung direkt influenzirt hat. Schon früher, bestimmt aber nach dem 26. Mai, empfand unsere Kamarilla tiefe Reue über ihr Betragen gegen Metternich und knüpfte deshalb wieder mit ihm an. Sophie wurde die Vermittlerin, um den Kaiser nicht zu kompromittiren; durch sie wurde alles geleitet. Die Intriguen der Kamarilla bekamen jetzt eine bestimmte Richtung, in welcher die Czechen mit dem giftig-blöden baculus Palacky an der Spitze, dessen Czechenreich gränzenlos ist, wie der Ocean, blos die Katzen spielten, mit deren Pfoten die Kastanien aus dem Feuer genommen wurden. Die Kamarilla rief: &#x201E;Gleichberechtigung aller Nationalitäten!&#x201C; was nichts anders heißt, und heißen sollte, als: &#x201E;Ihr bekommt alle gar nichts!&#x201C; Kroaten und Czechen jauchzten mit einem Theil blödsinniger Polen diesen Unsinn nach, und verfochten so sämmtliche Interessen der absolutistisch gesinnten Kamarilla. In Oestreich scheint nur Kossuth diese Intriguen ganz erkannt zu haben. Alle seine Handlungen beweisen das. &#x2014; Die Kamarilla hat in dem Slaventhum übrigens jetzt schon einen neuen Feind erhalten; die dummen Czechen scheinen zu merken, daß sie bloß ein Schwamm gewesen, den man ausgedrückt hat. Folgende Stelle aus der Národni nowiny vom 22. Novbr. mag Ihnen zeigen, wie sie es merken, und wie kläglich sie sich annoch mit <hi rendition="#g">ihrem Deutschenhaß darüber gebärden:</hi> </p>
          <p>&#x201E;Slaven! Habt Ihr schon die Namen der neuen Minister Oestreichs gehört? Durchgehends deutsche Namen, der größte Theil in Wien geboren, keiner von ihnen auch nur eines slavischen Idioms mächtig. &#x2025;&#x2026;</p>
          <p>Slaven! Ihr hattet in Oestreich nur eine einzige nationale Armee &#x2014; die kroatischen Gränzer &#x2026; Freut Euch, diese Eure Soldaten sind unter das Kommando eines Feldmarschalls gestellt, der den Slavenkongreß in Prag auseinanderjagte.</p>
          <p>Slaven! Italien und das große Wien habt Ihr <hi rendition="#g">gedemüthigt</hi>, bald, und Ihr habt die räuberischen Truppen der ungarischen Asiaten vernichtet, und doch versteht Ihr es nicht, Euch derer zu <hi rendition="#g">entledigen,</hi> die waffenlos Euern Nacken beugen &#x2014; <hi rendition="#g">entledigt Euch ihrer,</hi> und</p>
          <p>verflucht sei jeder Slave, der da in seinen Rainen von jemand Anderem Befehle annimmt, als von Slaven;</p>
          <p>verflucht sei der Slave, der von seiner Regierung eine andere, als slavisch geschriebene Schrift annimmt oder überreicht;</p>
          <p>verflucht sei der, wer auf slavischen Landtagen und bei slavischen Gerichten eine andere Sprache spricht, als eine slavische. So lange wir nicht <hi rendition="#g">dahin</hi> gekommen sind, so lange, Slaven, habt Acht, vorzüglich auf den Landtag in Kremsier.&#x201C;</p>
          <p>Folgendes sind die Namen der von Windischgrätz in Hetzendorf eingesperrten Geißeln:</p>
          <p>Michael Schmidl, gebürtig aus Linz, Logiker; Joseph Valenta, aus Nikolsburg in Mähren, Philosoph; Joseph Rasp, aus Salzburg, Philosoph; Heinrich Wallmann, aus Mattsee in Salzburg, Dr. der Philosophie; Joseph Lax, aus Reichenau in Oberkärnthen, Bergakademiker; Ignaz Barach, aus Lemberg, Jurist im dritten Jahre; David Kaizes, aus Lemberg, Mediziner im vierten Jahre; Ludwig Hofmann, aus Groß-Arl in Salzburg, Physiker; Ludwig Wagnerberger, aus Braunau in Oberöstreich, Chirurg im zweiten Jahre; Franz Schmidt, aus Abtenau in Salzburg, Physiker; Michael Kellmann, aus Tyrol, Logiker: Johann Guttensohn, aus Tyrol.</p>
          <p>Die übrigen vom 1. bis 6. Novbr. eingefangenen Legionäre sind in Hetzendorf insgesammt heimlich erschossen worden. Schade, daß Ihr braver Welcker, dieser gut bezahlte ungläubige Thomas, nicht dabei gewesen!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar166_010" type="jArticle">
          <head>Wien, 6. Dez.</head>
          <p>Die offiziellen Berichte über die Sitzungen unseres Reichstags übergehen merkwürdigerweise die vorletzte Sitzung mit Stillschweigen; wie man jetzt hört, soll dieses Faktum darin seinen Grund haben, daß der parlamentarische Kampf in dieser Sitzung in einen andern Kampf ausartete, der sich nicht stenographiren läßt. Es war nämlich die von dem Ministerium verlangte Kreditbewilligung zur Sprache gekommen; die czechischen Deputirten hatten das Ministerium zu unterstützen versprochen, falls es sich verpflichte, beharrlich gegen jeden Anschluß an Deutschland zu wirken; die deutschen Deputirten konnten und wollten es nicht ruhig mit ansehen, daß man ihre heiligsten Interessen auf diese Weise verkaufe, besonders da einige Führer der Czechen sich ihnen gegenüber ganz wie übermüthige Sieger gerirten; das Resultat war, daß es zu höchst tumultuarischen Scenen, wie man sagt zu einem förmlichen Faustkampf kam; Präsident Smolka, der sich vergeblich alle Mühe gegeben hatte, die Ruhe herzustellen, soll in Folge der heftigen Aufregung noch leidend sein. Daß hierauf in der Sitzung am 4. Dezember die betreffende Vorlage von dem Ministerium gemacht und von dem Reichstage vorläufig an die Finanzkommission verwiesen wurde, ist bekannt.</p>
          <bibl>(D. A. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar166_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 7. Dezbr.</head>
          <p>Die Wiener Zeitung veröffentlicht unter andern folgendes kaiserl. Schreiben:</p>
          <p>&#x201E;Mein lieber Feldmarschall Fürst Windisch-Grätz! Meine vortreffliche Armee hat in allen Zeiten und besonders in den letzten Stürmen das in sie gesetzte Vertrauen vollkommen gerechtfertigt. Unter Ihrer Leitung war es nicht anders zu erwarten. Sie verschlossen in Ihrer Brust den herben Schmerz, für den ich Ihnen keine Vergeltung zu bieten vermag, und setzten der Empörung den Schild der Ehre und Treue entgegen; dann eilten Sie herbei und bezähmten mit Muth und Klugheit die Flammen des Aufruhrs in der durch Treulosigkeit verführten Residenz. Ich betrachte es als eine meiner ersten Pflichten, Ihnen meine volle Anerkennung Ihrer Verdienste sowie Ihrer ritterlichen Tugenden auszusprechen; dieselben sind mir Bürgen, daß Sie mir auch fortan kräftig zur Seite stehen werden, eine unerschütterliche Stütze des Thrones in der Verfassung. Geben Sie, lieber Fürst, den unter Ihren Befehlen stehenden braven Truppen die Versicherung, daß die Beweise Ihrer Treue und Tapferkeit mit unverlöschlichen Zügen in meinem Herzen geschrieben stehen. <hi rendition="#g">Franz Joseph</hi> m. p.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar166_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>27</author></bibl> Breslau, 9. Dezember.</head>
          <p>In Betreff der c. 100 ungarischen Husaren, die aus Böhmen über die schlesische Gränze desertirt, um sich nach ihrem Vaterlande zur Theilnahme am dortigen Freiheitskampfe zu begeben, berichtet ein Lokalblatt aus Neisse einige nähere Details:</p>
          <p>Den 1. d. Mts. ist ein Detachement vom k. k. österreichischen Husaren-Regiment, Palucci-Husaren, circa 100 Pferde stark, unter Führung eines Wachtmeisters, über die diesseitige Gränze in den südlichen Theil des Reichenbacher Kreises getreten, um zu versuchen, nach Ungarn durchzukommen. Die ersten Nachrichten hierüber gingen der Kommandantur von Neisse am 2. d. Mts. Morgens 3 Uhr zu. Es wurde sofort 1 Kompagnie Infanterie und 30 Husaren von Neisse zur Besetzung der Defileen bei Woitz und Ottmachau beordert. Als die Abtheilungen jedoch hier anlangten, erfuhren dieselben, daß die ungarischen Husaren bereits vor mehreren Stunden über die Brücke von Woitz auf das rechte Neisse-Ufer gegangen waren. Das diesseitige Husarendetachement folgte ihrer Spur. Um 10 Uhr früh ging in Neisse die Meldung ein, daß die ungarischen Husaren bereits seit einigen Stunden in Oppersdorf fütterten. Eine schon bereit stehende Abtheilung Infanterie von 80 Mann wurde sofort dahin abgeschickt und gleichzeitig die Garnison in Neustadt avertirt. Von der Annäherung der Infanterie unterrichtet, brachen die ungarischen Husaren auf und hatten Oppersdorf eben verlassen als die ersteren am jenseitigen Ausgange des Dorfes anlangten. Die Aufforderung mehrerer nachgesandten Offiziere zur Uebergabe war vergeblich, da die ungarischen Husaren erklärten, sie zögen den Tod vor. Hierauf marschirten sie in der Richtung über Steinau nach Zülz. Der ganze disponible Rest von 30 Pferden der in Neustadt stehenden Husaren-Schwadron, von dieser Marschdirektion in Kenntniß gesetzt, hatte sich rechts gewendet und sich am östlichen Ausgange des Dorfes Schmietsch aufgestellt. Als die ungarischen Husaren in dieses eingerückt waren, wurde ihnen die Aufforderung zur Niederlegung der Waffen entgegengeschickt, sie gingen jedoch hierauf nicht ein, setzten sich in Bereitschaft zum Gefecht und stürzten zum Angriff vor. Diesen nahm das diesseitige Husarendetachement wegen der mehr als 3fachen Ueberlegenheit des Angreifers nicht an, sondern begnügte sich, diesem auf der Straße nach Zülz auf dem Fuße zu folgen. Vorausgesendete Offiziere hatten die Bürgerwehr in Zülz benachrichtigt, diese hatte sich mit anerkennungswerther Bereitwilligkeit in unglaublich kurzer Zeit gesammelt und alle Eingänge so vollständig verbarrikadirt und besetzt, daß die ungarischen Husaren bei ihrer Ankunft nicht durchkonnten, sondern sich nördlich wenden mußten, um einen andern Uebergang über das Defilee zu suchen, den sie, wie überall sehr gut geführt, in Schönowitz fanden. Von hier aus wendeten sie sich südlich querfeldein in gerader Linie nach der österreichischen Gränze. Das diesseitige Husarendetachement folgte in nahem Abstande, um bei dem jeden Augenblick erwarteten Erscheinen der Schwadron aus Ober-Glogau einzuwirken. Die letztere langte jedoch erst an, als die ungarischen Husaren zwischen Laßwitz und Paulwitz die Gränze überschritten und damit jede Verfolgung unmöglich machten.</p>
          <p>In Betreff der oben erwähnten preußischen Husaren noch Folgendes:</p>
          <p>Die preuß. Husaren standen im Defilee, und konnten von den Ungarn nicht gesehen werden. Ein preuß. Major nebst einem Offizier ritten den Ungarn entgegen, fragten wer sie wären, und was sie wollten; auf ihre Erwiederung, daß sie in ihr Vaterland zurück wollten, erhielten sie den Bescheid, sie müßten ihre Waffen abgeben und wären Gefangene. Der Wachtmeister derselben bat, dieses seinen Landsleuten mittheilen zu können. Mittlerweile war der Major zurückgekehrt und die preuß. Husaren erschienen auf der Anhöhe. Der ungarische Wachtmeister ritt zurück, und nachdem er einige Worte mit seinen Kameraden gewechselt, rissen Alle auf einmal die Säbel aus der Scheide, nahmen ihn die Quere in den Mund, dann das Pistol zur Hand, und mit einem furchtbaren Hussah, Hurrah setzten sie sich in Carriere und schlugen? nein ritten sich glücklich durch. Die überraschten preuß. Husaren stoben rechts und links, jedoch so unglücklich auseinander, daß viele Steiße und Beine in die Höhe reckten. Ein Offizier stürzte in eine nahe liegende Pfütze und soll sich furchtbar besudelt haben.</p>
          <p>Zu Freiburg, c. 8 Meilen von hier, wurde vorgestern der Baron v. Rothkirch und Panthen, Vorsteher des demokratischen Klubs, hier verhaftet.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar166_013" type="jArticle">
          <head><bibl><author>11</author></bibl> Dresden, den 8. Decbr.</head>
          <p>Am 17. November war unser letzter constitutioneller Landtag aufgelöst worden, und schon in den ersten Tagen des December begann die Wahlschlacht für den neuen, nach einem neuen von dem letzten Landtage herzlich schlecht berathenen Wahlgesetze. Die <hi rendition="#g">Stände</hi>wahlen sind gefallen; weder die Ritterschaft, noch die Geistlichkeit, noch auch die Bauern und Bürger sind in <hi rendition="#g">geschiedenen</hi> Kreisen zu wählen, sondern das ganze Volk wählt gemeinsam aus seiner Mitte 75 Abgeordnete <hi rendition="#g">ohne Census</hi> in die II. Kammer. Jedoch maßen unsere Verwaltungs-, wie unsere Stadtbehörden das Prinzip der <hi rendition="#g">Selbstständigkeit</hi> nach vormärzlicher Elle und bannten diesen Begriff in so enge Gränzen, daß der größte Theil unserer Arbeiter von der Wahlberechtigung ausgeschlossen blieb, und das gerade der jüngere Theil, der, wie überall, so auch bei uns, der politisch reifste und unbefangenste ist. Die Partei des entschiedenen Fortschritts verliert dadurch mindestens 100,000 Stimmen.</p>
          <p>Leider hat jenes &#x201E;provisorische&#x201C; Wahlgesetz noch die Aufstellung einer I. Kammer beliebt, welche den <hi rendition="#g">Grundbesitz</hi> vertreten soll. Somit ist der Grundbesitz <hi rendition="#g">doppelt</hi> vertreten; denn die Besitzenden wählen natürlich auch für die II. Kammer mit.</p>
          <p>Und so hat er denn auch begonnen, der heiße Kampf, und es herrscht ein Drängen und Treiben an den &#x201E;plakatreichen&#x201C; Straßenecken und in den größeren Sälen unserer zahlreichen Bezirke zu den Wahlbesprechungen, daß es eine Lust ist. Die Ausschüsse
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0890/0002] mer als Duchatel, Duchatel dummer als Thiers, Thiers dummer als der König, der wohl auf einmal der Dummste von allen geworden. Man hätte aber auch sehen sollen die Aufnahme, welche Bugeaud, Barrot und Thiers bei dem Volke fanden. Dem Herrn Bugeaud wurde geantwortet: Transnonain; dem Herrn Thiers: Septembergesetze und dem Herrn Odilon-Barrot: Deserteur. An die Stelle Bugeaud's wurde daher Lamoricière gesetzt; damit glaubte man allen Anforderungen Genüge zu leisten. Offiziere von der Nationalgarde, Polizeikommissäre und Nationalgardisten, mit Blumensträuchen in den Gewehrläufen, durchliefen die Straßen, um diese glückliche Nachricht dem Volke zu überbringen. Aber das Volk blieb stumm; und die Insurgenten ließen den Ruf ertönen: Nieder mit Louis Philipp! Es lebe die Republik! Lamoriciére und Odilon-Barrat, die den Boulevard hinabritten, sahen sich genöthigt, am Boulevard Montmartre an dem Quartier der Barrikaden langsamer zu reiten. Hier vernahmen sie schon unfreundliche Laute; und als sie nun gar bis zum Quartier St. Denis vorzudringen suchten, traten ihnen die Insurgenten mit gefälltem Bajonette entgegen, und schrieen: es lebe die Republik. ‥‥ Wie 1830 so hatte auch dieses Mal das Volk nur eine Idee, nur einen Plan: direkt in die Tuillerien einzudringen. Der Instinkt des Volkes ist immer richtig und treibt es immer direkt zum Ziele. Ganze Kompagnien von Nationalgardisten wurden vom Strudel mit fortgerissen und so rollten dann die revolutionären Fluthen hin zum Zentrum der Tyrannei. Von allen Seiten also rannte man nach den Tuilerien; das Faub. Saint Antoine, du Templé Saint Marceau — Alles strömte dahin, und unterwegs wuchs diese Armee immer mehr und mehr an; es gesellten sich zu ihr Tausende von Kämpfern mit Beilen und Säbeln, mit Pistolen und Stöcken. Man nahm die Posten, vor denen man vorbeizog weg, fraternisirte mit den Soldaten; oder aber wechselte Kugeln mit ihnen: ein ernstliches Handgemein fand erst statt am Chateau d'eau.………‥ „Die ersten Hindernisse, auf welche ich stieß, kamen von Seiten des Stadthauses. Die heterogene Zusammensetzung der provisorischen Regierung war nicht der Art, Ordnung in die Geschäfte zu bringen. Der von jeder Revolution unzertrennliche Zufall hatte in diese diktatorische Commission, ganz entgegengesetzte Elemente gebracht: die Einen vorzugsweise Repräsentanten des National und der Bourgeoisie, die Andern Repräsentanten des Volkes und der Barrikadenmänner. Während letztere die Republik proklamirten, träumte man neben ihnen noch von sogenannten gemischten Combinationen.“ Am 24. Februar, als noch die letzten Flintenschüsse fielen, schrieb Garnier-Pagées an seinen Freund Léon de Malleville, Ex-Vicepräsidenten der Kammer unter Louis Philipp: „Die Narren, die Ihnen wohlbekannt sind, haben eben die Republik proklamirt. Halten Sie die Herzogin von Orleans zurück, daß sie sich nicht zeige, der Augenblick wäre ungünstig.“ Es war also völlig unmöglich für die beiden Parteien in der provisorischen Regierung sich zu verständigen. Als Garnier-Pagès zum Maire von Paris ernannt wurde, erfuhr ich, daß seine Absicht war, die Polizeipräfektur der Mairie unterzuordnen, und daß diese seine Absicht auch von der Majorität der provisorischen Regierung gebilligt worden. Ich empfing daher auch nur den Titel eines Deleguirten, den ich auch annahm, weil ich entschlossen war, meine Entlassung zu geben, sobald die Regierung einen Haltpunkt gewonnen hätte. [Deutschland] * Berlin, 6. Decbr. Gestern ist dem hiesigen Magistrats-Collegium folgende Mißtrauens-Adresse übergeben worden: An den Magistrat. Mit tiefster Entrüstung haben die unterzeichneten Einwohner Berlins, die bis zur eingetretenen Militär-Herrschaft verschobene, dann aber endlich an's Licht getretene Gesinnungs-Aeußerung des Magistrats vom 21. d. M. aufgenommen. Unsere Entrüstung war um so größer, als der Magistrat mit diesem lediglich der Macht huldigenden Manifest sich in den offensten Widerspruch mit den Stadtverordneten gesetzt hat, aus deren Wahl er hervorgegangen, und die in edlem Aufschwunge sich dazu erhoben hatten, die entgegengesetzte freie und edle Gesinnung durch Wort und That an den Tag zu legen. Wir müssen es auf das Schmerzlichste beklagen, daß die oberste Verwaltung der Stadt einem Collegium von Männern der in dem Manifest vom 21. d. M. kundgegebenen Gesinnung anvertraut worden ist. Berlin, den 27. November 1848. Die Adresse hat schon in wenigen Tagen 3717 Unterschriften erhalten, sie war schwarz eingebunden und auf dem Rücken als I. Band bezeichnet. Die Deputation bestand aus: dem Justiz-Rath Pfeiffer, Kaufmann Oestmann, Mechanikus J. G. Greiner, Fabrikant Thouret und Kaufmann Reinicke; sie begab sich auf das Rathhaus und bat um Gehör vor dem versammelten Magistrats-Collegium. Dieses wurde aber nicht gewährt, die Deputation vielmehr nur von dem Herrn Bürgermeister Naunyn empfangen. 102 Wien, 6. Dez. Der neueste Börsenstand heißt: „Panischer Schrecken! ‥ Der Finanzminister Kraus, ein Ihnen aus den Oktobertagen bekannter Verräther, der damals erst 20 Millionen für kroatische Bedürfnisse erhielt, ist dem erbärmlichen Reichstag zu Kremsier mit einem neuen Panisbrief von 80 Milliönchen auf den Hals gekommen. Auf Sophiens absolutistische Operationen und auf die Liebesbriefe, die sie durch ihren kaiserlichen Sohn-Sekretär an Windischgrätz hat schreiben lassen, ließ sich natürlich eine kleine Nadelgeldforderung bei dem geächteten Reichstag wohl erwarten. Der neue Kaiser, der der März-, Mai- u. s. w. Errungenschaften natürlich mit keiner Silbe erwähnt, und die 80 Milliönchen haben mit Rücksicht auf Ungarn und Italien alle Kurse zum Weichen gebracht, und alle Anstrengungen der Standrechtspresse sind vergebens, dem Volke begreiflich zu machen, es bedeute nichts, und werde sich schon wieder machen. 61 Wien, 6. Dez. Ich schreibe Ihnen unter dem Donner des Geschützes, der aus der Ferne zu uns herübertönt. Nachdem ich nämlich im gestrigen Lloyd, diesem Organ des „starken“ Ministeriums, das gewiß bedeutungsvolle Geständniß gelesen: „Die Magyaren haben gestern bei Bruck einen Einfall über die Gränze gemacht, und sind bis Rohrau vorgedrungen“, wollte ich mich bereits der süßen Hoffnung ergeben, die Magyaren seien in unserer Nähe, als ich leider eben höre, Windischgrätz feiere in Schönbrunn, seinem Hauptquartier, ein Ordensfest, und lasse darum seine Kanonen brüllen. Uebrigens beginnt der magyarische Spuck wieder ganz so, wie im Oktober; diesmal jedoch mit dem Unterschiede, daß selbst die infamsten Blätter des Standrechts ihn nicht ignoriren können. Die Magyaren sollen den kaiserlichen Truppen in der That gut aufwarten; es soll unmöglich sein, in ihr Land vorzudringen. Die kaiserliche Armee war bereits in Wieselburg, und nun steht sie hinter Bruck; Windischgrätz hat also Hiebe bekommen. Auch an der steierischen Gränze gehen die kaiserlichen Operationen schief, wie es scheint. So eben trifft nämlich die Nachricht hier ein, die Magyaren hätten in dieser Nacht Neustadt, unweit Boden, erobert und in Brand gesteckt. Ebenso heißt es, sie hätten Agram, die Hauptstadt Kroatiens, eingenommen. Nur in Siebenbürgen sind sie im Nachtheile, d. h. in den Distrikten, wo Deutsche und Juden wohnen. Sie können sich denken, in welcher Spannung wir wegen des Ausgangs in Ungarn leben. Sowohl die Partei der k. k. Banditen und Raubmörder, als auch das Volk von Wien setzen ihre letzte Hoffnung auf Ungarn. Regierung und Volk von Frankreich, so spricht man, müssen ja wirklich auf die höchste Stufe der Niederträchtigkeit herabgesunken sein, wenn das wahr ist, was unsere Standrechtsblätter mit Jauchzen berichten. Wider Gewohnheit bringen dieselben seit einigen Tagen die Verhandlungen in der französischen Kammer, worin unter dem Wortführer Bixio noch immer vom Wiener „Aufruhr“ und von der römischen „Anarchie“ die Rede ist. Diese Menschen nennen es also Aufruhr, daß wir uns gegen den Kannibalismus, die Bestialität und den Metternich-Absolutismus gewehrt haben! 121 Wien 7. Dez. Die Wiener hatten sich, als sie den Thronwechsel erfuhren, auf Befreiung vom standrechtlichen Zustand, Hoffnung gemacht. Sie hatten erwartet, daß der neue Kaiser die Hand der Versöhnung reichen würde. Irrthum. Der Kaiser soll, wie's heute heißt, erst um Neujahr hieher kommen und der Belagerungszustand fortdauern. Nikolaus soll sich erboten haben, den Geldverlegenheiten Oestreichs zu begegnen; man sprach gestern Abend davon, daß er die ganzen 80 Millionen vorstrecken wollte: Glück auf! Dessen ungeachtet fährt die Börse fort, den herannahenden Sturm zu wittern; die Course fallen, und das Geld wird mit 18 Proz. bezahlt. Der Absolutismus gebärdet sich übrigens, als hätte er wieder ewig zu leben, und man riskirt Pulver und Blei, wenn man ein Gewitter schnobert. Theater, Kaffee- und Gasthäuser sind täglich voll von Soldaten. Die Verhaftungen dauern nächtlicherweise fort. Die Abendbeilage zu des edlen Herrn von Rombach Zeitung von gestern ist mit Orden gespickt, welche unter die Armee vertheilt worden. Unter den Dekorirten befindet sich auch ein Schmerling. Es ging nicht wohl an, den Orden direkt nach Frankfurt zu senden. Jellachich ist wirklich in Ungnade gefallen; man macht ihm nun ein Verbrechen daraus, daß er ohne Befehl vor Wien gezogen. Wie schlau! Anfangs hat man diese That gelobt; jetzt aber will man den Herrn los sein, und muß daher einen Vorwand haben. — Nikolaus soll neben dem Gelde auch eine Tochter für den jungen Kaiser angeboten haben. — In der ebenerwähnten Abendbeilage wird auch Welcker's Rechtfertigungsrede in extenso mitgetheilt, und ist voll eingeklammerter Bravo's des Frankfurter Parlaments. Metternich soll über nichts mehr Reue empfinden, als daß er den trefflichen Welcker so verkannt. Dieser Mensch ist so frech gewesen, die von Zimmermann hervorgehobenen 16 Greuel in Frage zu stellen, obwohl man dieselben hier sofort mit einigen Schock noch viel ärgerer Schandthaten bereichern könnte. In allen Blättern, namentlich aber in der Wienerin, trifft man täglich Drohbriefe aus der Armee; sie sind meist in den Redaktionen selbst geschmiedet. Wie man hier behauptet, befindet sich viel russisches Militär im Heere. Warum nicht? Nikolaus scheut weder Geld, noch Soldaten. — Aus Ungarn soll eine große Zufuhr Ochsen und Schweine hier angekommen sein, die Kossuth angeblich mit der Bemerkung hat abziehen lassen, er könne die Wiener unter den drückenden Verhältnissen nicht leiden lassen. Es steht unzweifelhaft fest, daß Metternich seit dem 26. Mai, natürlich mit Nikolaus und einigen französischen Bourgeois (man nennt besonders Thiers) im Bunde, nicht nur die östreichische, sondern die europäische Bewegung direkt influenzirt hat. Schon früher, bestimmt aber nach dem 26. Mai, empfand unsere Kamarilla tiefe Reue über ihr Betragen gegen Metternich und knüpfte deshalb wieder mit ihm an. Sophie wurde die Vermittlerin, um den Kaiser nicht zu kompromittiren; durch sie wurde alles geleitet. Die Intriguen der Kamarilla bekamen jetzt eine bestimmte Richtung, in welcher die Czechen mit dem giftig-blöden baculus Palacky an der Spitze, dessen Czechenreich gränzenlos ist, wie der Ocean, blos die Katzen spielten, mit deren Pfoten die Kastanien aus dem Feuer genommen wurden. Die Kamarilla rief: „Gleichberechtigung aller Nationalitäten!“ was nichts anders heißt, und heißen sollte, als: „Ihr bekommt alle gar nichts!“ Kroaten und Czechen jauchzten mit einem Theil blödsinniger Polen diesen Unsinn nach, und verfochten so sämmtliche Interessen der absolutistisch gesinnten Kamarilla. In Oestreich scheint nur Kossuth diese Intriguen ganz erkannt zu haben. Alle seine Handlungen beweisen das. — Die Kamarilla hat in dem Slaventhum übrigens jetzt schon einen neuen Feind erhalten; die dummen Czechen scheinen zu merken, daß sie bloß ein Schwamm gewesen, den man ausgedrückt hat. Folgende Stelle aus der Národni nowiny vom 22. Novbr. mag Ihnen zeigen, wie sie es merken, und wie kläglich sie sich annoch mit ihrem Deutschenhaß darüber gebärden: „Slaven! Habt Ihr schon die Namen der neuen Minister Oestreichs gehört? Durchgehends deutsche Namen, der größte Theil in Wien geboren, keiner von ihnen auch nur eines slavischen Idioms mächtig. ‥… Slaven! Ihr hattet in Oestreich nur eine einzige nationale Armee — die kroatischen Gränzer … Freut Euch, diese Eure Soldaten sind unter das Kommando eines Feldmarschalls gestellt, der den Slavenkongreß in Prag auseinanderjagte. Slaven! Italien und das große Wien habt Ihr gedemüthigt, bald, und Ihr habt die räuberischen Truppen der ungarischen Asiaten vernichtet, und doch versteht Ihr es nicht, Euch derer zu entledigen, die waffenlos Euern Nacken beugen — entledigt Euch ihrer, und verflucht sei jeder Slave, der da in seinen Rainen von jemand Anderem Befehle annimmt, als von Slaven; verflucht sei der Slave, der von seiner Regierung eine andere, als slavisch geschriebene Schrift annimmt oder überreicht; verflucht sei der, wer auf slavischen Landtagen und bei slavischen Gerichten eine andere Sprache spricht, als eine slavische. So lange wir nicht dahin gekommen sind, so lange, Slaven, habt Acht, vorzüglich auf den Landtag in Kremsier.“ Folgendes sind die Namen der von Windischgrätz in Hetzendorf eingesperrten Geißeln: Michael Schmidl, gebürtig aus Linz, Logiker; Joseph Valenta, aus Nikolsburg in Mähren, Philosoph; Joseph Rasp, aus Salzburg, Philosoph; Heinrich Wallmann, aus Mattsee in Salzburg, Dr. der Philosophie; Joseph Lax, aus Reichenau in Oberkärnthen, Bergakademiker; Ignaz Barach, aus Lemberg, Jurist im dritten Jahre; David Kaizes, aus Lemberg, Mediziner im vierten Jahre; Ludwig Hofmann, aus Groß-Arl in Salzburg, Physiker; Ludwig Wagnerberger, aus Braunau in Oberöstreich, Chirurg im zweiten Jahre; Franz Schmidt, aus Abtenau in Salzburg, Physiker; Michael Kellmann, aus Tyrol, Logiker: Johann Guttensohn, aus Tyrol. Die übrigen vom 1. bis 6. Novbr. eingefangenen Legionäre sind in Hetzendorf insgesammt heimlich erschossen worden. Schade, daß Ihr braver Welcker, dieser gut bezahlte ungläubige Thomas, nicht dabei gewesen! Wien, 6. Dez. Die offiziellen Berichte über die Sitzungen unseres Reichstags übergehen merkwürdigerweise die vorletzte Sitzung mit Stillschweigen; wie man jetzt hört, soll dieses Faktum darin seinen Grund haben, daß der parlamentarische Kampf in dieser Sitzung in einen andern Kampf ausartete, der sich nicht stenographiren läßt. Es war nämlich die von dem Ministerium verlangte Kreditbewilligung zur Sprache gekommen; die czechischen Deputirten hatten das Ministerium zu unterstützen versprochen, falls es sich verpflichte, beharrlich gegen jeden Anschluß an Deutschland zu wirken; die deutschen Deputirten konnten und wollten es nicht ruhig mit ansehen, daß man ihre heiligsten Interessen auf diese Weise verkaufe, besonders da einige Führer der Czechen sich ihnen gegenüber ganz wie übermüthige Sieger gerirten; das Resultat war, daß es zu höchst tumultuarischen Scenen, wie man sagt zu einem förmlichen Faustkampf kam; Präsident Smolka, der sich vergeblich alle Mühe gegeben hatte, die Ruhe herzustellen, soll in Folge der heftigen Aufregung noch leidend sein. Daß hierauf in der Sitzung am 4. Dezember die betreffende Vorlage von dem Ministerium gemacht und von dem Reichstage vorläufig an die Finanzkommission verwiesen wurde, ist bekannt. (D. A. Z.) * Wien, 7. Dezbr. Die Wiener Zeitung veröffentlicht unter andern folgendes kaiserl. Schreiben: „Mein lieber Feldmarschall Fürst Windisch-Grätz! Meine vortreffliche Armee hat in allen Zeiten und besonders in den letzten Stürmen das in sie gesetzte Vertrauen vollkommen gerechtfertigt. Unter Ihrer Leitung war es nicht anders zu erwarten. Sie verschlossen in Ihrer Brust den herben Schmerz, für den ich Ihnen keine Vergeltung zu bieten vermag, und setzten der Empörung den Schild der Ehre und Treue entgegen; dann eilten Sie herbei und bezähmten mit Muth und Klugheit die Flammen des Aufruhrs in der durch Treulosigkeit verführten Residenz. Ich betrachte es als eine meiner ersten Pflichten, Ihnen meine volle Anerkennung Ihrer Verdienste sowie Ihrer ritterlichen Tugenden auszusprechen; dieselben sind mir Bürgen, daß Sie mir auch fortan kräftig zur Seite stehen werden, eine unerschütterliche Stütze des Thrones in der Verfassung. Geben Sie, lieber Fürst, den unter Ihren Befehlen stehenden braven Truppen die Versicherung, daß die Beweise Ihrer Treue und Tapferkeit mit unverlöschlichen Zügen in meinem Herzen geschrieben stehen. Franz Joseph m. p.“ 27 Breslau, 9. Dezember. In Betreff der c. 100 ungarischen Husaren, die aus Böhmen über die schlesische Gränze desertirt, um sich nach ihrem Vaterlande zur Theilnahme am dortigen Freiheitskampfe zu begeben, berichtet ein Lokalblatt aus Neisse einige nähere Details: Den 1. d. Mts. ist ein Detachement vom k. k. österreichischen Husaren-Regiment, Palucci-Husaren, circa 100 Pferde stark, unter Führung eines Wachtmeisters, über die diesseitige Gränze in den südlichen Theil des Reichenbacher Kreises getreten, um zu versuchen, nach Ungarn durchzukommen. Die ersten Nachrichten hierüber gingen der Kommandantur von Neisse am 2. d. Mts. Morgens 3 Uhr zu. Es wurde sofort 1 Kompagnie Infanterie und 30 Husaren von Neisse zur Besetzung der Defileen bei Woitz und Ottmachau beordert. Als die Abtheilungen jedoch hier anlangten, erfuhren dieselben, daß die ungarischen Husaren bereits vor mehreren Stunden über die Brücke von Woitz auf das rechte Neisse-Ufer gegangen waren. Das diesseitige Husarendetachement folgte ihrer Spur. Um 10 Uhr früh ging in Neisse die Meldung ein, daß die ungarischen Husaren bereits seit einigen Stunden in Oppersdorf fütterten. Eine schon bereit stehende Abtheilung Infanterie von 80 Mann wurde sofort dahin abgeschickt und gleichzeitig die Garnison in Neustadt avertirt. Von der Annäherung der Infanterie unterrichtet, brachen die ungarischen Husaren auf und hatten Oppersdorf eben verlassen als die ersteren am jenseitigen Ausgange des Dorfes anlangten. Die Aufforderung mehrerer nachgesandten Offiziere zur Uebergabe war vergeblich, da die ungarischen Husaren erklärten, sie zögen den Tod vor. Hierauf marschirten sie in der Richtung über Steinau nach Zülz. Der ganze disponible Rest von 30 Pferden der in Neustadt stehenden Husaren-Schwadron, von dieser Marschdirektion in Kenntniß gesetzt, hatte sich rechts gewendet und sich am östlichen Ausgange des Dorfes Schmietsch aufgestellt. Als die ungarischen Husaren in dieses eingerückt waren, wurde ihnen die Aufforderung zur Niederlegung der Waffen entgegengeschickt, sie gingen jedoch hierauf nicht ein, setzten sich in Bereitschaft zum Gefecht und stürzten zum Angriff vor. Diesen nahm das diesseitige Husarendetachement wegen der mehr als 3fachen Ueberlegenheit des Angreifers nicht an, sondern begnügte sich, diesem auf der Straße nach Zülz auf dem Fuße zu folgen. Vorausgesendete Offiziere hatten die Bürgerwehr in Zülz benachrichtigt, diese hatte sich mit anerkennungswerther Bereitwilligkeit in unglaublich kurzer Zeit gesammelt und alle Eingänge so vollständig verbarrikadirt und besetzt, daß die ungarischen Husaren bei ihrer Ankunft nicht durchkonnten, sondern sich nördlich wenden mußten, um einen andern Uebergang über das Defilee zu suchen, den sie, wie überall sehr gut geführt, in Schönowitz fanden. Von hier aus wendeten sie sich südlich querfeldein in gerader Linie nach der österreichischen Gränze. Das diesseitige Husarendetachement folgte in nahem Abstande, um bei dem jeden Augenblick erwarteten Erscheinen der Schwadron aus Ober-Glogau einzuwirken. Die letztere langte jedoch erst an, als die ungarischen Husaren zwischen Laßwitz und Paulwitz die Gränze überschritten und damit jede Verfolgung unmöglich machten. In Betreff der oben erwähnten preußischen Husaren noch Folgendes: Die preuß. Husaren standen im Defilee, und konnten von den Ungarn nicht gesehen werden. Ein preuß. Major nebst einem Offizier ritten den Ungarn entgegen, fragten wer sie wären, und was sie wollten; auf ihre Erwiederung, daß sie in ihr Vaterland zurück wollten, erhielten sie den Bescheid, sie müßten ihre Waffen abgeben und wären Gefangene. Der Wachtmeister derselben bat, dieses seinen Landsleuten mittheilen zu können. Mittlerweile war der Major zurückgekehrt und die preuß. Husaren erschienen auf der Anhöhe. Der ungarische Wachtmeister ritt zurück, und nachdem er einige Worte mit seinen Kameraden gewechselt, rissen Alle auf einmal die Säbel aus der Scheide, nahmen ihn die Quere in den Mund, dann das Pistol zur Hand, und mit einem furchtbaren Hussah, Hurrah setzten sie sich in Carriere und schlugen? nein ritten sich glücklich durch. Die überraschten preuß. Husaren stoben rechts und links, jedoch so unglücklich auseinander, daß viele Steiße und Beine in die Höhe reckten. Ein Offizier stürzte in eine nahe liegende Pfütze und soll sich furchtbar besudelt haben. Zu Freiburg, c. 8 Meilen von hier, wurde vorgestern der Baron v. Rothkirch und Panthen, Vorsteher des demokratischen Klubs, hier verhaftet. 11 Dresden, den 8. Decbr. Am 17. November war unser letzter constitutioneller Landtag aufgelöst worden, und schon in den ersten Tagen des December begann die Wahlschlacht für den neuen, nach einem neuen von dem letzten Landtage herzlich schlecht berathenen Wahlgesetze. Die Ständewahlen sind gefallen; weder die Ritterschaft, noch die Geistlichkeit, noch auch die Bauern und Bürger sind in geschiedenen Kreisen zu wählen, sondern das ganze Volk wählt gemeinsam aus seiner Mitte 75 Abgeordnete ohne Census in die II. Kammer. Jedoch maßen unsere Verwaltungs-, wie unsere Stadtbehörden das Prinzip der Selbstständigkeit nach vormärzlicher Elle und bannten diesen Begriff in so enge Gränzen, daß der größte Theil unserer Arbeiter von der Wahlberechtigung ausgeschlossen blieb, und das gerade der jüngere Theil, der, wie überall, so auch bei uns, der politisch reifste und unbefangenste ist. Die Partei des entschiedenen Fortschritts verliert dadurch mindestens 100,000 Stimmen. Leider hat jenes „provisorische“ Wahlgesetz noch die Aufstellung einer I. Kammer beliebt, welche den Grundbesitz vertreten soll. Somit ist der Grundbesitz doppelt vertreten; denn die Besitzenden wählen natürlich auch für die II. Kammer mit. Und so hat er denn auch begonnen, der heiße Kampf, und es herrscht ein Drängen und Treiben an den „plakatreichen“ Straßenecken und in den größeren Sälen unserer zahlreichen Bezirke zu den Wahlbesprechungen, daß es eine Lust ist. Die Ausschüsse

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz166_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz166_1848/2
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 166. Köln, 12. Dezember 1848, S. 0890. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz166_1848/2>, abgerufen am 21.11.2024.