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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 165. Köln, 10. Dezember 1848.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 165. Köln, Sonntag den 10. Dezember. 1848.

Keine Steuern mehr!!!

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Die Bourgeoisie und die Contrerevolution. -- Die "Todtenkäuzchen" der Centralgewalt. -- Ein Bürgermeister von Gottes Gnaden). Berlin. (Versammlung von Abgeordneten. -- Fehlgeschlagene Illumination. -- Ausweisungen. -- Eine baierische Note). Breslau. (Galizische Scenen in Oberschlesien). Glatz. (Ungarische Husaren). Rosenberg. (Tödtung eines Bauers). Stettin. (Die Untersuchungen in Kolberg). Rheden. (Reaktionäre Manöver auf dem platten Lande). Wien. (Die Abdankung des Kaisers. -- Der "Lloyd" über den kaiserl. Titel. -- Die Börse. -- Das Witzblatt "Punch." -- Die Unterrichtsanstalten). Olmütz. (Unterhandlungen mit Ungarn. -- Befriedigung der serbischen Deputation). Schwerin. (Der Landtag schützt das Associationsrecht des Militärs). Cöthen. (Landtagssitzung). Hildburghausen. (Die Last der Reichseinquartirung). Kassel. (Amerikanischer Commodore für das deutsche Seewesen). Stuttgart. (Hr. v. Hügel). Frankfurt. (National-Versammlung. -- Vorberathungen über das Reichsoberhaupt).

Franz. Republik. Paris. (Die drei Schlachtreihen. -- Die Schlange des Hungers. -- Der "National" über L. Bonaparte. -- Berichtigung des Moniteur. -- Der Papst. -- Karl Albert. -- Vermischtes. -- National-Versammlung).

Italien. Neapel. (Ferdinands Vertheidigungsanstalten). Rom. (Pater Ventura).

Großbritannien. London. (Elektrischer Telegraph zwischen Dublin und Holyhead. -- Das elektrische Licht. -- Katastrophe auf dem "Londonderry"). Dublin. (Ankunft Lord Clarendon's).

Schweiz. Bern. (Der Nationalrath. -- Maßregeln wegen der deutschen Flüchtlinge).

Rußland. Von der polnischen Gränze. (Der Krieg gegen die Tscherkessen).

Deutschland.
* Köln, 9. Dezbr.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Köln, 9. Decbr.

Das "Todtenkäuzchen" kündigt nach dem Volksglauben einen Sterbefall in der Familie desjenigen Hauses an, in dessen Nähe es seinen Nachtsitz aufschlägt und seine unheimliche Stimme ertönen läßt.

Seit einigen Monaten fliegen in Deutschland andere "Todeskäuzchen" herum, deren Erscheinen an einem Orte als sicherstes Zeichen von bald herannahendem Unheil, von Mord, Brand, Plünderung, Nothzucht, Belagerungszustand, Standrecht etc. zu betrachten ist.

Diese politischen "Todeskäuzchen" sind -- die Commissäre der Centralgewatt. In Betreff ihrer ruht der Volksglaube nicht auf Vorurtheil, sondern auf der "breitesten" Grundlage praktischer Erfahrung.

Schleswig-Holstein hat als Vorboten seines Mißgeschick's vor dem schmähligen Waffenstillstande einen Abgesandten der Centralgewalt, nach jenem Waffenstillstande einen zweiten in der Person des Hr. Stedtmann gehabt, mit dessen Einzug das begonnene Unheil fortgesetzt wurde. Und war nicht Hr. Wrangel auch ein Central-Commissär?

Kaum ist das edle Brüderpaar Welker-Mosle in Olmütz eingekehrt und an kaiserlicher Tafel abgefüttert, so bricht gegen Oesterreich's Hauptstadt der contrerevolutionäre Sturm los und Gräuel vollenden sich, wie sie seit Jahrhunderten nicht mehr vorgefallen.

Brutus-Bassermann etc. erscheinen in Potsdam und Berlin als Reichskommissäre, und ihnen folgt die "wilde Jagd" der Wrangel'schen Heerschaaren auf die Nationalversammlung, ihnen folgen alle jene Gewaltthaten gegen die Habeas-Corpus-Acte, gegen Preßfreiheit und Vereinsrecht, mit denen die preußische Contrerevolution ihren Einzug in Berlin feierte.

Als nun gar der "Edle" von Gagern eine Reichssendung nach Berlin überkam, da konnte es wohl Wenigen zweifelhaft sein, daß noch Aergeres bevorstünde. Und in der That zeigte es sich, daß er als Vorbote des letzten Gewaltstreiches der Potsdamer Kamarilla und ihrer Partei auftrat. Seine "kühnen Griffe" fanden in Potsdam gelehrige Schüler. Der Potsdamer "Griff" bestand in Fortjagung der Nationalversammlung und Herstellung der Gottesgnadenwirthschaft durch Octroyirung einer Charte, das heißt, durch Verletzung der feierlichsten Erklärungen und Verheißungen.

Der "Edle" konnte beruhigt nach Hause reisen; er hatte die Funktionen eines Reichs-"Todeskäuzchens" genügend erfüllt.

Aber bald ruft ein anderes "Todeskäuzchen", und diesmal gilt es der Centralohnmacht selbst mit sammt ihren "kühnen Griffen."

* Berlin, 7. Dez.

Sämmtliche hier noch anwesende Oppositionsmitglieder der Nationalversammlung begaben sich heute Morgen nach Brandenburg. Unter dem Vorsitz des Präsidenten Unruh werden die versammelten Abgeordneten im Saale des Kasino eine Privatberathung abhalten und eine gemeinschaftliche Protestation gegen die letzten Schritte der Krone erlassen. Im Falle sich 202 Mitglieder zu dieser Versammlung eingefunden, wird dieser Protest als von einer beschlußfähigen und ordentlichen Sitzung der Nationalversammlung ausgegangen, anzusehen sein.

Einige Blätter hatten gestern zu einer allgemeinen Illumination, als Feier der Publizirung der Verfassung aufgefordert. Mit Genugthuung können wir berichten, daß dieser Aufforderung nur sehr wenige nachkamen. Dies mag als Beweis dienen, wie richtig das Volk von Berlin die Octroyirung der Verfassung beurtheilt.

Die Ausweisungen Seitens der Polizei nehmen täglich zu. Der aus dem Preßprozesse über den "republikanischen Katechismus" bekannte Dr. Bader ist heute ausgewiesen. Die Ausgewiesenen verlieren überdem bei der bevorstehenden Wahl alle politischen Rechte, da bekanntlich zu deren Ausübung ein Aufenthalt von sechs Monaten an einem Orte gehört.

* Berlin, den 7. Decbr.

Ein hiesiges Blatt berichtet, daß die baierische Regierung in einer an das preuß. Cabinet gerichteten Note gegen ein etwa beabsichtigtes deutsches Kaiserthum protestirt habe.

27 Breslau, 7. Dezbr.

Aus der Nähe von Kreuzburg sind Berichte hieher gelangt, nach denen es auf einigen Dörfern zu wahrhaft galizischen Scenen gekommen ist. Die zusammengerotteten Bauern stürmten das Schloß eines Gutsbesitzers, dem sie Alles demolirten. Ein zweiter Gutsherr wurde durch einen Axthieb in den Kopf zu Boden gestreckt. Der Kirchvater, der sich dem Sturmläuten widersetzen wollte, erfuhr bedeutende Mißhandlungen. Die Bauern hatten zwar alle nach der Kreisstadt führenden Wege besetzt, um das Heranziehen von Militär zu verhindern. Trotzdem gelang es einem Gutsherrn, die Nachricht von den Vorfällen nach Kreuzburg zu befördern, von wo denn auch noch mitten in der Nacht Militär auf Wagen nach den im Aufstand befindlichen Dörfern abgesandt wurde. Die Wuth der Bauern ist besonders in der letzten Zeit aufs Höchste gestiegen, da sie merken, daß der Adel wieder seinen hochmüthigen Ton anstimmt, der schwerste Theil der Feudallasten ihnen auf dem Halse bleiben oder zum Vortheil der gnädigen Herren abgelöst und so ziemlich die alte Wirthschaft "von Gottes Gnaden" wieder eingerichtet werden soll.

Glatz, 4. Dez.

Am 2. d. M. wurde an die hiesige Kommandantur ein ungarischer Husar durch einen Neuroder Gränzaufseher, der ihn in Roth-Waltersdorf aufgegriffen hat, abgeliefert. Des unglücklichen Husaren Pferd war gefallen und verwundet, wodurch er von seinen Kameraden, deren etwa 70 auf preußisches Gebiet gekommen waren, zurückgeblieben war. Die erwähnten Husaren sind nach einem Gerüchte in der Nähe von Ottmachau durch ein Detachement preußischer Soldaten aufgehoben, und nach Neisse gebracht worden, nach einem andern Gerüchte aber glücklich wieder über die östreichisch-schlesische Gränze gekommen. So viel ist gewiß, daß sie nach Troppau wollten.

Rosenberg, 4. Dezbr.

Ein armer Bauer von der gräflich Renard'schen Herrschaft, der in den herrschaftlichen Forsten nach Holz gegangen, und dessen Axt -- sein einziger Reichthum -- von einem Förster gepfändet worden war, zog in Begleitung mehrerer Dorfbewohner vor die Wohnung des gedachten Försters, um sein

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 165. Köln, Sonntag den 10. Dezember. 1848.

Keine Steuern mehr!!!

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Die Bourgeoisie und die Contrerevolution. — Die „Todtenkäuzchen“ der Centralgewalt. — Ein Bürgermeister von Gottes Gnaden). Berlin. (Versammlung von Abgeordneten. — Fehlgeschlagene Illumination. — Ausweisungen. — Eine baierische Note). Breslau. (Galizische Scenen in Oberschlesien). Glatz. (Ungarische Husaren). Rosenberg. (Tödtung eines Bauers). Stettin. (Die Untersuchungen in Kolberg). Rheden. (Reaktionäre Manöver auf dem platten Lande). Wien. (Die Abdankung des Kaisers. — Der „Lloyd“ über den kaiserl. Titel. — Die Börse. — Das Witzblatt „Punch.“ — Die Unterrichtsanstalten). Olmütz. (Unterhandlungen mit Ungarn. — Befriedigung der serbischen Deputation). Schwerin. (Der Landtag schützt das Associationsrecht des Militärs). Cöthen. (Landtagssitzung). Hildburghausen. (Die Last der Reichseinquartirung). Kassel. (Amerikanischer Commodore für das deutsche Seewesen). Stuttgart. (Hr. v. Hügel). Frankfurt. (National-Versammlung. — Vorberathungen über das Reichsoberhaupt).

Franz. Republik. Paris. (Die drei Schlachtreihen. — Die Schlange des Hungers. — Der „National“ über L. Bonaparte. — Berichtigung des Moniteur. — Der Papst. — Karl Albert. — Vermischtes. — National-Versammlung).

Italien. Neapel. (Ferdinands Vertheidigungsanstalten). Rom. (Pater Ventura).

Großbritannien. London. (Elektrischer Telegraph zwischen Dublin und Holyhead. — Das elektrische Licht. — Katastrophe auf dem „Londonderry“). Dublin. (Ankunft Lord Clarendon's).

Schweiz. Bern. (Der Nationalrath. — Maßregeln wegen der deutschen Flüchtlinge).

Rußland. Von der polnischen Gränze. (Der Krieg gegen die Tscherkessen).

Deutschland.
* Köln, 9. Dezbr.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Köln, 9. Decbr.

Das „Todtenkäuzchen“ kündigt nach dem Volksglauben einen Sterbefall in der Familie desjenigen Hauses an, in dessen Nähe es seinen Nachtsitz aufschlägt und seine unheimliche Stimme ertönen läßt.

Seit einigen Monaten fliegen in Deutschland andere „Todeskäuzchen“ herum, deren Erscheinen an einem Orte als sicherstes Zeichen von bald herannahendem Unheil, von Mord, Brand, Plünderung, Nothzucht, Belagerungszustand, Standrecht etc. zu betrachten ist.

Diese politischen „Todeskäuzchen“ sind — die Commissäre der Centralgewatt. In Betreff ihrer ruht der Volksglaube nicht auf Vorurtheil, sondern auf der „breitesten“ Grundlage praktischer Erfahrung.

Schleswig-Holstein hat als Vorboten seines Mißgeschick's vor dem schmähligen Waffenstillstande einen Abgesandten der Centralgewalt, nach jenem Waffenstillstande einen zweiten in der Person des Hr. Stedtmann gehabt, mit dessen Einzug das begonnene Unheil fortgesetzt wurde. Und war nicht Hr. Wrangel auch ein Central-Commissär?

Kaum ist das edle Brüderpaar Welker-Mosle in Olmütz eingekehrt und an kaiserlicher Tafel abgefüttert, so bricht gegen Oesterreich's Hauptstadt der contrerevolutionäre Sturm los und Gräuel vollenden sich, wie sie seit Jahrhunderten nicht mehr vorgefallen.

Brutus-Bassermann etc. erscheinen in Potsdam und Berlin als Reichskommissäre, und ihnen folgt die „wilde Jagd“ der Wrangel'schen Heerschaaren auf die Nationalversammlung, ihnen folgen alle jene Gewaltthaten gegen die Habeas-Corpus-Acte, gegen Preßfreiheit und Vereinsrecht, mit denen die preußische Contrerevolution ihren Einzug in Berlin feierte.

Als nun gar der „Edle“ von Gagern eine Reichssendung nach Berlin überkam, da konnte es wohl Wenigen zweifelhaft sein, daß noch Aergeres bevorstünde. Und in der That zeigte es sich, daß er als Vorbote des letzten Gewaltstreiches der Potsdamer Kamarilla und ihrer Partei auftrat. Seine „kühnen Griffe“ fanden in Potsdam gelehrige Schüler. Der Potsdamer „Griff“ bestand in Fortjagung der Nationalversammlung und Herstellung der Gottesgnadenwirthschaft durch Octroyirung einer Charte, das heißt, durch Verletzung der feierlichsten Erklärungen und Verheißungen.

Der „Edle“ konnte beruhigt nach Hause reisen; er hatte die Funktionen eines Reichs-„Todeskäuzchens“ genügend erfüllt.

Aber bald ruft ein anderes „Todeskäuzchen“, und diesmal gilt es der Centralohnmacht selbst mit sammt ihren „kühnen Griffen.“

* Berlin, 7. Dez.

Sämmtliche hier noch anwesende Oppositionsmitglieder der Nationalversammlung begaben sich heute Morgen nach Brandenburg. Unter dem Vorsitz des Präsidenten Unruh werden die versammelten Abgeordneten im Saale des Kasino eine Privatberathung abhalten und eine gemeinschaftliche Protestation gegen die letzten Schritte der Krone erlassen. Im Falle sich 202 Mitglieder zu dieser Versammlung eingefunden, wird dieser Protest als von einer beschlußfähigen und ordentlichen Sitzung der Nationalversammlung ausgegangen, anzusehen sein.

Einige Blätter hatten gestern zu einer allgemeinen Illumination, als Feier der Publizirung der Verfassung aufgefordert. Mit Genugthuung können wir berichten, daß dieser Aufforderung nur sehr wenige nachkamen. Dies mag als Beweis dienen, wie richtig das Volk von Berlin die Octroyirung der Verfassung beurtheilt.

Die Ausweisungen Seitens der Polizei nehmen täglich zu. Der aus dem Preßprozesse über den „republikanischen Katechismus“ bekannte Dr. Bader ist heute ausgewiesen. Die Ausgewiesenen verlieren überdem bei der bevorstehenden Wahl alle politischen Rechte, da bekanntlich zu deren Ausübung ein Aufenthalt von sechs Monaten an einem Orte gehört.

* Berlin, den 7. Decbr.

Ein hiesiges Blatt berichtet, daß die baierische Regierung in einer an das preuß. Cabinet gerichteten Note gegen ein etwa beabsichtigtes deutsches Kaiserthum protestirt habe.

27 Breslau, 7. Dezbr.

Aus der Nähe von Kreuzburg sind Berichte hieher gelangt, nach denen es auf einigen Dörfern zu wahrhaft galizischen Scenen gekommen ist. Die zusammengerotteten Bauern stürmten das Schloß eines Gutsbesitzers, dem sie Alles demolirten. Ein zweiter Gutsherr wurde durch einen Axthieb in den Kopf zu Boden gestreckt. Der Kirchvater, der sich dem Sturmläuten widersetzen wollte, erfuhr bedeutende Mißhandlungen. Die Bauern hatten zwar alle nach der Kreisstadt führenden Wege besetzt, um das Heranziehen von Militär zu verhindern. Trotzdem gelang es einem Gutsherrn, die Nachricht von den Vorfällen nach Kreuzburg zu befördern, von wo denn auch noch mitten in der Nacht Militär auf Wagen nach den im Aufstand befindlichen Dörfern abgesandt wurde. Die Wuth der Bauern ist besonders in der letzten Zeit aufs Höchste gestiegen, da sie merken, daß der Adel wieder seinen hochmüthigen Ton anstimmt, der schwerste Theil der Feudallasten ihnen auf dem Halse bleiben oder zum Vortheil der gnädigen Herren abgelöst und so ziemlich die alte Wirthschaft „von Gottes Gnaden“ wieder eingerichtet werden soll.

Glatz, 4. Dez.

Am 2. d. M. wurde an die hiesige Kommandantur ein ungarischer Husar durch einen Neuroder Gränzaufseher, der ihn in Roth-Waltersdorf aufgegriffen hat, abgeliefert. Des unglücklichen Husaren Pferd war gefallen und verwundet, wodurch er von seinen Kameraden, deren etwa 70 auf preußisches Gebiet gekommen waren, zurückgeblieben war. Die erwähnten Husaren sind nach einem Gerüchte in der Nähe von Ottmachau durch ein Detachement preußischer Soldaten aufgehoben, und nach Neisse gebracht worden, nach einem andern Gerüchte aber glücklich wieder über die östreichisch-schlesische Gränze gekommen. So viel ist gewiß, daß sie nach Troppau wollten.

Rosenberg, 4. Dezbr.

Ein armer Bauer von der gräflich Renard'schen Herrschaft, der in den herrschaftlichen Forsten nach Holz gegangen, und dessen Axt — sein einziger Reichthum — von einem Förster gepfändet worden war, zog in Begleitung mehrerer Dorfbewohner vor die Wohnung des gedachten Försters, um sein

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          <p>Brutus-Bassermann etc. erscheinen in Potsdam und Berlin als Reichskommissäre, und ihnen folgt die &#x201E;wilde Jagd&#x201C; der Wrangel'schen Heerschaaren auf die Nationalversammlung, ihnen folgen alle jene Gewaltthaten gegen die Habeas-Corpus-Acte, gegen Preßfreiheit und Vereinsrecht, mit denen die preußische Contrerevolution ihren Einzug in Berlin feierte.</p>
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          <p>Die Ausweisungen Seitens der Polizei nehmen täglich zu. Der aus dem Preßprozesse über den &#x201E;republikanischen Katechismus&#x201C; bekannte Dr. Bader ist heute ausgewiesen. Die Ausgewiesenen verlieren überdem bei der bevorstehenden Wahl alle politischen Rechte, da bekanntlich zu deren Ausübung ein Aufenthalt von sechs Monaten an einem Orte gehört.</p>
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[0881/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 165. Köln, Sonntag den 10. Dezember. 1848. Keine Steuern mehr!!! Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Bourgeoisie und die Contrerevolution. — Die „Todtenkäuzchen“ der Centralgewalt. — Ein Bürgermeister von Gottes Gnaden). Berlin. (Versammlung von Abgeordneten. — Fehlgeschlagene Illumination. — Ausweisungen. — Eine baierische Note). Breslau. (Galizische Scenen in Oberschlesien). Glatz. (Ungarische Husaren). Rosenberg. (Tödtung eines Bauers). Stettin. (Die Untersuchungen in Kolberg). Rheden. (Reaktionäre Manöver auf dem platten Lande). Wien. (Die Abdankung des Kaisers. — Der „Lloyd“ über den kaiserl. Titel. — Die Börse. — Das Witzblatt „Punch.“ — Die Unterrichtsanstalten). Olmütz. (Unterhandlungen mit Ungarn. — Befriedigung der serbischen Deputation). Schwerin. (Der Landtag schützt das Associationsrecht des Militärs). Cöthen. (Landtagssitzung). Hildburghausen. (Die Last der Reichseinquartirung). Kassel. (Amerikanischer Commodore für das deutsche Seewesen). Stuttgart. (Hr. v. Hügel). Frankfurt. (National-Versammlung. — Vorberathungen über das Reichsoberhaupt). Franz. Republik. Paris. (Die drei Schlachtreihen. — Die Schlange des Hungers. — Der „National“ über L. Bonaparte. — Berichtigung des Moniteur. — Der Papst. — Karl Albert. — Vermischtes. — National-Versammlung). Italien. Neapel. (Ferdinands Vertheidigungsanstalten). Rom. (Pater Ventura). Großbritannien. London. (Elektrischer Telegraph zwischen Dublin und Holyhead. — Das elektrische Licht. — Katastrophe auf dem „Londonderry“). Dublin. (Ankunft Lord Clarendon's). Schweiz. Bern. (Der Nationalrath. — Maßregeln wegen der deutschen Flüchtlinge). Rußland. Von der polnischen Gränze. (Der Krieg gegen die Tscherkessen). Deutschland. * Köln, 9. Dezbr. _ * Köln, 9. Decbr. Das „Todtenkäuzchen“ kündigt nach dem Volksglauben einen Sterbefall in der Familie desjenigen Hauses an, in dessen Nähe es seinen Nachtsitz aufschlägt und seine unheimliche Stimme ertönen läßt. Seit einigen Monaten fliegen in Deutschland andere „Todeskäuzchen“ herum, deren Erscheinen an einem Orte als sicherstes Zeichen von bald herannahendem Unheil, von Mord, Brand, Plünderung, Nothzucht, Belagerungszustand, Standrecht etc. zu betrachten ist. Diese politischen „Todeskäuzchen“ sind — die Commissäre der Centralgewatt. In Betreff ihrer ruht der Volksglaube nicht auf Vorurtheil, sondern auf der „breitesten“ Grundlage praktischer Erfahrung. Schleswig-Holstein hat als Vorboten seines Mißgeschick's vor dem schmähligen Waffenstillstande einen Abgesandten der Centralgewalt, nach jenem Waffenstillstande einen zweiten in der Person des Hr. Stedtmann gehabt, mit dessen Einzug das begonnene Unheil fortgesetzt wurde. Und war nicht Hr. Wrangel auch ein Central-Commissär? Kaum ist das edle Brüderpaar Welker-Mosle in Olmütz eingekehrt und an kaiserlicher Tafel abgefüttert, so bricht gegen Oesterreich's Hauptstadt der contrerevolutionäre Sturm los und Gräuel vollenden sich, wie sie seit Jahrhunderten nicht mehr vorgefallen. Brutus-Bassermann etc. erscheinen in Potsdam und Berlin als Reichskommissäre, und ihnen folgt die „wilde Jagd“ der Wrangel'schen Heerschaaren auf die Nationalversammlung, ihnen folgen alle jene Gewaltthaten gegen die Habeas-Corpus-Acte, gegen Preßfreiheit und Vereinsrecht, mit denen die preußische Contrerevolution ihren Einzug in Berlin feierte. Als nun gar der „Edle“ von Gagern eine Reichssendung nach Berlin überkam, da konnte es wohl Wenigen zweifelhaft sein, daß noch Aergeres bevorstünde. Und in der That zeigte es sich, daß er als Vorbote des letzten Gewaltstreiches der Potsdamer Kamarilla und ihrer Partei auftrat. Seine „kühnen Griffe“ fanden in Potsdam gelehrige Schüler. Der Potsdamer „Griff“ bestand in Fortjagung der Nationalversammlung und Herstellung der Gottesgnadenwirthschaft durch Octroyirung einer Charte, das heißt, durch Verletzung der feierlichsten Erklärungen und Verheißungen. Der „Edle“ konnte beruhigt nach Hause reisen; er hatte die Funktionen eines Reichs-„Todeskäuzchens“ genügend erfüllt. Aber bald ruft ein anderes „Todeskäuzchen“, und diesmal gilt es der Centralohnmacht selbst mit sammt ihren „kühnen Griffen.“ * Berlin, 7. Dez. Sämmtliche hier noch anwesende Oppositionsmitglieder der Nationalversammlung begaben sich heute Morgen nach Brandenburg. Unter dem Vorsitz des Präsidenten Unruh werden die versammelten Abgeordneten im Saale des Kasino eine Privatberathung abhalten und eine gemeinschaftliche Protestation gegen die letzten Schritte der Krone erlassen. Im Falle sich 202 Mitglieder zu dieser Versammlung eingefunden, wird dieser Protest als von einer beschlußfähigen und ordentlichen Sitzung der Nationalversammlung ausgegangen, anzusehen sein. Einige Blätter hatten gestern zu einer allgemeinen Illumination, als Feier der Publizirung der Verfassung aufgefordert. Mit Genugthuung können wir berichten, daß dieser Aufforderung nur sehr wenige nachkamen. Dies mag als Beweis dienen, wie richtig das Volk von Berlin die Octroyirung der Verfassung beurtheilt. Die Ausweisungen Seitens der Polizei nehmen täglich zu. Der aus dem Preßprozesse über den „republikanischen Katechismus“ bekannte Dr. Bader ist heute ausgewiesen. Die Ausgewiesenen verlieren überdem bei der bevorstehenden Wahl alle politischen Rechte, da bekanntlich zu deren Ausübung ein Aufenthalt von sechs Monaten an einem Orte gehört. * Berlin, den 7. Decbr. Ein hiesiges Blatt berichtet, daß die baierische Regierung in einer an das preuß. Cabinet gerichteten Note gegen ein etwa beabsichtigtes deutsches Kaiserthum protestirt habe. 27 Breslau, 7. Dezbr. Aus der Nähe von Kreuzburg sind Berichte hieher gelangt, nach denen es auf einigen Dörfern zu wahrhaft galizischen Scenen gekommen ist. Die zusammengerotteten Bauern stürmten das Schloß eines Gutsbesitzers, dem sie Alles demolirten. Ein zweiter Gutsherr wurde durch einen Axthieb in den Kopf zu Boden gestreckt. Der Kirchvater, der sich dem Sturmläuten widersetzen wollte, erfuhr bedeutende Mißhandlungen. Die Bauern hatten zwar alle nach der Kreisstadt führenden Wege besetzt, um das Heranziehen von Militär zu verhindern. Trotzdem gelang es einem Gutsherrn, die Nachricht von den Vorfällen nach Kreuzburg zu befördern, von wo denn auch noch mitten in der Nacht Militär auf Wagen nach den im Aufstand befindlichen Dörfern abgesandt wurde. Die Wuth der Bauern ist besonders in der letzten Zeit aufs Höchste gestiegen, da sie merken, daß der Adel wieder seinen hochmüthigen Ton anstimmt, der schwerste Theil der Feudallasten ihnen auf dem Halse bleiben oder zum Vortheil der gnädigen Herren abgelöst und so ziemlich die alte Wirthschaft „von Gottes Gnaden“ wieder eingerichtet werden soll. Glatz, 4. Dez. Am 2. d. M. wurde an die hiesige Kommandantur ein ungarischer Husar durch einen Neuroder Gränzaufseher, der ihn in Roth-Waltersdorf aufgegriffen hat, abgeliefert. Des unglücklichen Husaren Pferd war gefallen und verwundet, wodurch er von seinen Kameraden, deren etwa 70 auf preußisches Gebiet gekommen waren, zurückgeblieben war. Die erwähnten Husaren sind nach einem Gerüchte in der Nähe von Ottmachau durch ein Detachement preußischer Soldaten aufgehoben, und nach Neisse gebracht worden, nach einem andern Gerüchte aber glücklich wieder über die östreichisch-schlesische Gränze gekommen. So viel ist gewiß, daß sie nach Troppau wollten. Rosenberg, 4. Dezbr. Ein armer Bauer von der gräflich Renard'schen Herrschaft, der in den herrschaftlichen Forsten nach Holz gegangen, und dessen Axt — sein einziger Reichthum — von einem Förster gepfändet worden war, zog in Begleitung mehrerer Dorfbewohner vor die Wohnung des gedachten Försters, um sein

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 165. Köln, 10. Dezember 1848, S. 0881. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz165i_1848/1>, abgerufen am 24.11.2024.