Neue Rheinische Zeitung. Nr. 154. Köln, 28. November 1848.für die preußische Bürgerwehr bestimmt seien, machen wolle. Um den armen Handwerker nicht ferner, wie bisher, durch den Dienst von der Arbeit abzuhalten, sollen künftig nur diejenigen, welche mehr als 500 Thlr. jährliches Einkommen haben, zur Bürgerwehr herangezogen werden. Hierauf entließ der Minister die Majore sehr gnädig. Nachschrift. Soeben verbreitet sich das Gerücht, daß die Nationalversammlung, welche von der Regierung zum 27. d. M. in Brandenburg einberufen ist, auf weitere 14 Tage, bis zum 11. Dezember, vertagt worden sei. Man kann diesen neuen Aufschub nur der Unentschlossenheit des Königs zuschreiben, geändert ist dadurch nicht das Geringste. * Berlin. Gras-Auction. (Annonce). Ende dieser Woche, wenn sonst der gemüthliche Zustand es zuläßt, findet bei mir eine große Berliner Straßen-Gras-Auction statt. Die Zeitbestimmung behalte ich mir vor und bemerke nur noch, daß jeder Kaufer eines Grasquantums, das Bild, wie ein kleiner Mann durch großes Gras reitet, als Gratis-Beilage erhält. Der Erlös wird nach Abzug der Kosten zum Ankauf von Pulver und Blei für den souveränen Linden-Club verwandt. Gustav Müller, Marienstraße 1a. Nachschrift. Wegen eingetretener ungünstiger Witterung ist der Club auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Die Präsidentschaft des Clubs. contrasig. Müller. * Berlin, 26. Novbr. Der "Pr. St. Anz." erhält in seiner heutigen Nummer folgende lustige Bekanntmachung: Da die Einrichtungen und Vorbereitungen zur Wiedereröffnung der Sitzungen der zur Vereinbarung der preußischen Staats-Verfassung berufenen Versammlung in Brandenburg beendigt sind, so werden mit Bezug auf die Allerhöchste Botschaft vom 8. November d. J. die Herren Abgeordneten hiervon in Kenntniß gesetzt und zugleich eingeladen, sich in dem dort für die Sitzungen der Versammlung eingerichteten Lokale am 27. November d. J., um 10 Uhr Vormittags, zur Fortsetzung der Verhandlungen einzufinden. Berlin, den 25. November 1848. Das Staats-Ministerium. (gez.) Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. Rintelen. Dasselbe Blatt enthält einen offiziellen Bericht über die Entwaffnung in Berlin. Danach fehlen noch 3679 Gewehre, 765 Büchsen, 767 Hirschfänger und 2075 Säbel. Der Kommandant Thümen setzt daher einen neuen Termin an, der mit dem 27. d. Abends 5 Uhr zu Ende geht. * Berlin, 24. Novbr. Immer besser! Wurden wir bisher über Einen Kamm geschoren, so werden wir jetzt in Böcke und Schaafe gesondert. Wenigstens den Wirthshausinhabern ist dieses Loos von Pascha Wrangel durch öffentliche Kundmachung vom 22. d. beschieden worden. Seinen früheren Erlaß, die Wirthshäuser um 10 Uhr zu schließen, "will" er dahin modifiziren, "daß dies nur noch solche Gastlokale treffen soll, denen dies besonders auferlegt werden wird." Dahinter kommt Hinckeldey mit einer Proklamation, ganz gerührt über des Pascha's Großmuth. Danach wird das Polizeipräsidium denjenigen Gastwirthen, die nach wie vor um 10 Uhr schließen müssen, das betreffende Mandat insinuiren. Von den Beglückten hofft dagegen Hr. H., daß sie sich nicht durch Duldung eines verbotenen (?!) Verkehrs oder andere (?!!) Ordnungswidrigkeiten der (wie theuren?). Gnade verlustig machen werden. In der hentigen "Voss. Ztg." befindet sich folgendes Inserat:"Herr General Wrangel weshalb bekomme ich die mir bei meiner Verhaftung abgenommenen Sachen nicht zurück? C. W. Wolff, Kammergerichts-Assessor. * Berlin, 25. Nov. Das Ministerium Brandenburg hat von mehr als 6000 Landleuten der Grafschaft Glatz folgende Zuschrift erhalten: "An das des Hochverraths angeklagte Ministerium in Berlin. Wir, die Landbewohner der Grafschaft Glatz, vertreten durch den unterzeichneten Verein, eröffnen Euch, daß der Abscheu über Euer verderbendringendes Treiben bei uns nicht geringer ist, als in allen übrigen Landestheilen. Wir erklären Euch, daß, so lange Ihr die Macht in Euren verbrecherischen Händen haltet, wir ferner keine Steuern bezahlen und auch unsere Söhne nicht länger in den Reihen des Heeres lassen, welches zu Anarchie und Mord gemißbraucht werden soll. Wir fordern unsere Söhne auf, Euch, des Hochverraths Angeklagten und Euren Kreaturen, die Ihr dem Verdammungsurtheile der Geschichte verfallen seid, keinen Gehorsam mehr zu leisten; wer von ihnen es dennoch thut, der sei von uns verstoßen und enterbt. Der Rustikalverein der Grafschaft Glatz. Am 16. Nov. 1848." Pyritz, 18. Nov. Es wird mir so eben der Brief eines Soldaten (eines Offizierburschen) aus Berlin, an seine Schwester hier gerichtet, mitgetheilt, aus welchem ich Folgendes als Beweis dafür anführe, wie furchtbar die Unwissenheit der armen Soldaten von ihren "gebildeten Vorgesetzten" gemißbraucht wird: "Liebe Schwester, nun kannst Du wohl leicht denken, was für eine traurige Lage wir jetzt stehen hier in Berlin, denn wir armen Soldaten müssen uns so umhertreiben in diese Kälte und müssen hierbei biwakiren und auf die Straße liegen und müssen dabei für Kälte erfrieren und hungern und wenn man noch etwas bekommt darf man es noch nicht mal essen, da muß man immer denken, sie haben es vergift, denn acht Soldaten haben sie schon vergift und zwei Offiziere haben sie schon ermordet! (Ofts. Z.) 12 Brünn, 16. Nov. Das Volk, welches den Verzweiflungs-Riesenkampf, die letzte Ehrenschlacht wider die massenhaft angreifenden Truppen wagte, bestand nur aus einer im Vergleich zu der Gegenmacht überaus kleinen Schaar von verwegenen Proletariern, übergetretenen Grenadiren und Studenten, welchen die Bourgeoisie, nachdem sie das Burgthor geöffnet, ihre Häuser verschloß und welche daher von dem eindringenden Militär, das sofort alle Ausgangspunkte besetzte, während der Nacht und an den folgenden Tagen eingefangen, nach Hetzendorf und in die Kasernen getrieben, dort unter den fürchterlichsten Brutalitäten und Mordmetzeleien summarisch verhört und dann sofort erschossen oder den Szeresanern zum qualvollsten Martertode übergeben wurden. Die Scheußlichkeiten, welche in Hetzendorf auf diese Weise verübt worden sind, sollen allen Glauben übersteigen. Dies Schloß liegt einsam unweit Schönbrunn dicht an der Gloppnitzer Bahn. Windischgrätz hält daselbst bekanntlich Hauptquartier und läßt sich von 14 Kanonen und vieler Kavalerie bewachen. Während mehrerer Tage hörte man ringsum Gewehrfeuer, unter welchem die gefangenen Opfer verbluteten. Die Jünglinge der akademischen Legion mußten zwei und zwei sich selbst ihr Grab schaufeln, bevor sie niedergemacht wurden; diejenigen aber, welche man den Szeresanern überlieferte, wurden sämmtlicher Kleider und Habseligkeiten beraubt, sodann zum größten Theil mit Nägeln an die Wände genagelt und dann in der Weise zu Tode gemartert, daß man ihnen die Nägel von den Fingern ablöste, die Finger abschnitt und die Fußzehen mit Kolben vollständig zerstampfte, dann die Pulsadern aufschnitt und diese, sowie die Handfasern mit Gewalt herausriß. Nun wurde den auf diese Weise verstümmelten Märtyrern gemeinlich noch die Haut abgezogen, die Augen ausgestochen, die Köpfe rundum gedreht und zumal an Frauen ein Kannibalismus verübt, der keine Beschreibung zuläßt, weil er die haarsträubendsten Phantasien übertrifft. Ein Bajonnetstich durch die Brust machte gewöhnlich das Ende. -- An andern Stellen wurden ganze Familien ins Feuer getrieben und so verbrannt; der Wirth des Schüttelbades soll mit Frau und Kindern an einen Baum aufgehangen worden sein, unter welchem dann ein Feuer angezündet und die Leichname gebraten wurden. Da sich sehr viele in die Keller geflüchtet hatten, so stürzten beim Stürmen der Häuser die Kroaten, Ortochaner und Szeresaner nicht nur in die Wohnungen, wo sie Alles mordeten, sondern auch in die Keller, aus welchen noch fortwährend Leichen hervorgezogen werden. -- Wehe dem Armen, der sich in diesen Tagen, oder gar jetzt noch mit langen Haaren, einem Stürmer oder Kleide der akademischen Legion sehen zu lassen die Unklugheit beging, er konnte des entsetzlichsten Martertodes gewiß sein. Wer nicht erschossen und gemartert wurde, den steckte man gegen die Ungarn ins Militär und zwar unter das Fuhrwesen, an den schimpflichsten Posten. Die Aula wurde mit einem alle zuführenden Straßen versperrenden Kroatenkordon umgeben und bis in die geheimsten Winkel durchsucht. Wer darin war, wurde unbedingt niedergemacht. Hunde und Bestien waren die gewöhnlichen Benennungen, mit welchen die Wiener Bürger angeredet und eingefangen wurden; die Kroaten drangen, namentlich in den Vorstädten, ohne Umstände in die Häuser und nahmen hinweg oder zertrümmerten, was sich vorfand. Ein Kabinetsstückchen von ihnen war, in parketirten, reich ausmöblirten Salons ein Feuer anzuzünden und so das ganze Haus in Brand zu stecken. Die Verwüstungen, welche also angerichtet worden, sind ganz unbeschreibbar. Die werthvollsten Kostbarkeiten wurden von ihnen für ein Spottgeld verkauft und ich selber habe einen Kroaten ein Bündel seiner Wäsche verhandeln sehen, aus welchem der Käufer eine abgehauene Hand hervorzog. Denken Sie sich bei dem Umfang der Stadt die Anzahl der Grausamkeiten, welche vorgefallen sein müssen! Wenn Sie sich einen ziemlich richtigen Begriff von dem gegenwärtigen Zustande Wiens machen wollen, so stellen Sie sich, die Verwüstungen und Grausamkeiten abgerechnet, Wallensteins Lager vor. Alle Straßen und öffentlichen Plätze liegen noch heute voll Militär, die Wachtfeuer lodern überall hoch auf, slavische Lieder ertönen und die kroatischen Marketenderinnen mit reizendem Fuß und graziösem Körperbau besorgen Küche und die Etceteras. Die Wildheit und Hinrichtungsunheimlichkeit dieses Anblicks hat etwas großartig Grausenhaftes an sich, namentlich zur Nachtzeit. -- Um die Bevölkerung zu zerstreuen und ihre Aufmerksamkeit von den fortdauernden Meuchelmorden abzulenken, zum Theil auch, um das Spionenwesen wirksamer zu machen, sind Theater und sonstige Belustigungen wieder anbefohlen worden. Man will damit beweisen, daß die konstitutionelle Ordnung, Ruhe und Sicherheit, wovon alle Militärproklamationen überfließen, wieder hergestellt worden. Als am Abend des 31. Okt. die Burg in mächtigen Flammen aufloderte, ein Schauspiel, das ich von meiner Wohnung aus in furchtbar naher Pracht genoß und welches nach dem entsetzlichen Bomben-Granaten-Brandraketen-Kartätschen- und Kugel-Donner-Regen das dramatische Ende des Kaiserhauses mit glühenden Feuergriffeln aus Himmelsgewölbe schreiben zu wollen schien, da waren es eben die Proletarier, welche vom Kampfplatz zum Löschen herbeieilten; ihren riesenmäßigen Anstrengungen ist die Rettung der Burg von dem Untergange, die Rettung aller Schätze zu verdanken, die hier im engen Raume zusammenliegen. Dafür verfehlte Windischgrätz auch nicht, diese Leute der Brandlegung anzuklagen, einfangen und hinmartern zu lassen. Nun freilich, Alexander, Ramsinit, Sesostris und die andern Erbauer ägyptischer Pyramiden sollen es ebenso gemacht haben, als sie ihre Riesengräber anfertigen ließen. Kaum hatte das Militär die Stadt in Besitz genommen, so begann die schwarzgelbe Schaar in freien Tönen der Entzückung ihr Hallelujah anzustimmen. Sie nannte jeden Soldaten ihren Erretter und Befreier und beschenkte ihn mit Geld und Liebkosungen. Zur vollständigsten Genugthuung dieser Leute beeilten sich indessen die Ortochaner, Szeresaner u. s. w. ihnen auf der Stelle Alles abzunehmen und sie oft noch dazu selber zu behalten und natürlich zu schlachten. Dadurch ist der Enthusiasmus vieler Schwarzgelben bedeutend abgekühlt worden. Infamer als alles, was vorgekommen ist und noch vorkommt, ist gleichwohl die wieder in den vollsten Flor gerathene Spionage. Sie war früher das eigentliche Lebenselement Oestreichs, war niemals ausgerottet worden und ist gegenwärtig mit einer Wuth wiederum emporgeschossen, die sich nur durch die lang unterbrochene Verdienstlosigkeit erklären läßt, welche die Kreaturen dieser Bande seit dem März haben aushalten müssen. Auf der Straße, in den Kaffee- und Gasthäusern, in Theatern und Vergnügungsstellen ist der zweite Mensch fast ein Spion. Wer widrige, verrätherische, scheußliche Physionomien schauen will, der muß diese Denunziationsställe besuchen. Ich hätte meine Unbefangenheit beinahe elendiglich büßen müssen, als ich in den ersten Tagen eine Lokalität der Art besuchte. Ein offenes freies Gesicht reicht hin für einen Republikaner oder Kommunisten zu gelten und denunzirt zu werden. Man kommt nach vielfachen Qualen vor eins der 3 Kriegsgerichte und wehe dem, der eine Waffe getragen, einmal ein Wort geredet oder geschrieben hat; er muß schuldig sein, schon weil er eine demokratische Nase hat. -- Gewöhnlich werden die Denunzirten von Polizei und Militär in der Nacht überfallen und geräuschlos davongeschleppt, um meistens nicht mehr ans Tageslicht zu kommen. Da jedes Privatinteresse zur Denunziation genügt und der grundloseste Verdacht zum Verderben des Denunzirten hinreicht, so zittert jeder vor der Nacht, die ohnehin hier ein Greuel ist, weil so viele Exekutionen während derselben stattfinden. Als Jelachich seinen Einzug in die Stadt hielt, stand ich gerade unter dem Durchgang der Post; die Straßen boten eine schauerliche Oede dar, in welcher man die Spatzen schlagen hörte. Kein Fenster öffnete sich, alles floh vor der fürchterlichen Bande, in deren Mitte Jelachich einherritt. Dessenungeachtet berichten die Zeitungen von Vivats der Bevölkerung; allein dies ist eine Lüge, denn ich hörte weit und breit durch die hohlen Gassen nur die Zivio's, welche die durchreitenden Barbarenschwärme mit kannibalischem Geheul sich selber brachten. Am 1. Nov. wollte der Reichstag fortfahren, Sitzung zu halten, seine Diener wollten eben die Thüren öffnen; da ritt der berüchtigte Lanzenknecht Felix Schwarzenberg vorüber, schnauzte die Thürhüter an, was sie hier zu schaffen hätten und befahl ihnen, wieder zu schließen. Einen Augenblick später wurde der Reichstag ringsum von Kroaten umstellt und seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Er sollte am 15. in Kremsier wieder zusammentreten, Windischgrätz mag indessen seine Stimme und seinen Einfluß selbst von diesem Helena-Felsen aus fürchten und für seine Rachepläne gefährlich halten, darum hat er den Kaiser bestimmt, sein Wiederauftreten noch weiter bis zum 22. zu vertagen. Die Kriegsgerichte entwickeln eine ungeheure Thätigkeit und brüsten sich damit, bereits über 600 Schuldlose entlassen zu haben. Die Hinrichtungen folgen sich indessen massenweise von Tag zu Tag und man hört keine andere Neuigkeit zum Frühstück und Diner, als -- Erschießen. Durch die Verfügungen vom 23. Oktober und 1 November sind alle Fremden gleichsam für vogelfrei erklärt worden und dürfen sich, da man sie an ihrer Sprache augenblicklich erkennt, ja gewaltig hüten. Robert Blum wollte Windischgrätz seine ganze Verachtung vor dieser edlen Körperschaft beweisen. Die Führer der akademischen Legion werden zum größten Theile erschossen, ebenso die Mitglieder des Nationalgarde-Generalstab's. Der Oberkommandant Messenhauser ist zum Strang verurtheilt, dann aber auf Verwenden des Gemeinderaths zum Pranger und Erschießen nach drei Tagen begnadigt worden. -- Anfangs glaubte man, Windischgrätz würde, obwohl bei der durch den Reichstag verhinderten Veröffentlichung der ersten schon diese Proklamationen das Aergste sind, nicht über seine Proklamationen vom 23: Okt. und 1. Nov. hinausgehn; aber nein, es finden Hinrichtungen auf Grund einer Proklamation vom 20, die Niemand kennt und auf Grund von blosen am 6. Okt. gesprochenen Worten, statt. Ein Schneider hatte die Unvorsichtigkeit zu äußern, er habe einen Fetzen von Latours Kleidern erbeutet; er wurde verrathen und augenblicklich erschossen. Die Angehörigen der Verschwundenen erhalten nach der Exekution einen Todtenschein in's Haus geschickt. Die Offiziere, welche am 6. Okt. das Militär im Kriegsgebäude befehligten, sollen weil sie sich nicht bis auf den letzten Mann wider das anstürmende Volk gewehrt, sämmtlich erschossen werden, sofern man ihrer habhaft wird. Die Aufregung in der Bevölkerung hat durch die zahlreichen Exekutionen einen unbeschreiblichen Höhepunkt erreicht, den F. M. L. Welden, der den saubern Modena in seine Staaten wieder eingeführt hat und jetzt Gouvernör von Wien ist, damit zu ebnen glaubt, daß er den entsetzten Wienern die Versicherung ertheilt, die Gerüchte über die vielen Hinrichtungen seien erlogen, indem erst drei Hochverräther gerichtet worden seien. Die Wiener Zeitung bringt nur immer die hervorragendsten Namen und muß den geheimen Meuchelmord verschweigen. Um Diejenigen, welche namentlich am 31. gefochten, zu fangen, hatte Windischgrätz gleich anfangs allen Mobilen 15 Kr. pro Tag und Arbeit versprochen; allein das Proletariat merkte die Falle und vermied sie zum größten Theile. Jetzt will man 20,000 Arbeiter zu Staatsbauten haben, aber Niemand meldet sich, weil Jeder befürchtet, unters Militär gesteckt zu werden, um gegen die Ungarn zu kämpfen. -- Welden fordert jetzt den Gemeinderath auf, ihn, damit die Militärherrschaft angeblich bald ein Erde nehme, in seinen Bemühungen zur Wiederherstellung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit kräftigst zu unterstützen, d. h. mit andern Worten, tüchtig denunziren zu helfen, damit bis zum 22. noch tüchtig hingerichtet werden kann. -- Der Gemeinderath ist durch den Torrorismus zu Allem befähigt worden und wenn er Windischgrätz eine Suplik zu überreichen hat, so bittet er durch eine Deputation erst kniefällig um deren Annahme. Die Post macht, was ihr beliebt, und behält nach Gutdünken Briefe zurück, um sie entweder erst später oder gar nicht an ihre Adresse gelangen zu lassen. Die Briefträger stehen wieder im Solde der Polizei und lassen durch sie den Inhalt der Briefe und Zeitungen erforschen. Es soll sogar Postbeamte geben, bei denen man sich auf die Lektüre der Zeitungen abonniren kann, die der Empfänger daher natürlich später, oder auch gar nicht erhält. Ich habe darin bereits Erfahrungen gemacht. Bei der auf allen Gesichtern verzeichneten Furchtbarkeit der Zustände kann die nächste Zukunft, ein Winter, wiederum nur furchtbar werden. Das größte Elend ist um so unvermeidlicher, als durch den Krieg mit Ungarn, dessen Beendigung den Herren gar nicht so leicht zu werden scheint, die bedeutendste Zufuhrquelle vollends abgeschnitten ist und die Frucht bereits eine doppelte Preishöhe erreicht hat. Wie verlautet, sollen die von 5 Seiten zugleich angegriffenen Ungarn sich wüthend wehren und den kaiserl. Generälen bereits die bedeutendsten Verluste beigebracht haben. General Bem soll den linken Flügel ihrer Armee kommandiren. Man soll viele Verwundete nach Wien zurückgebracht haben. Wenn Windischgrätz denkt, er werde mit seinem fürchterlichern Terrorismus die Demokratie in Oesterreich vollends vertilgen, so befindet er sich in dem allergrößten Irrthum. Die Demokratie hätte mit ihren unschuldigen Mitteln und mit ihren naiven Persönlichkeiten in Wien noch manches Jahr ackern können, bevor es ihr geglückt wäre, den Boden des ganzen Landesso demokratisch zu düngen, als es gegenwärtig der Fall ist. Die Demokratie schuldet in Oesterreich Niemand einen Dank, als eben Windischgrätz, den ich den energischsten Republikaner Deutschlands nennen möchte. Die demokratische Burschikosität der Aula, der Blödsinn der Vereine, die Gutmüthigkeit des Volks und die rasende Phrasenlogie der Presse werden künftig einem Ernste, einer Besonnenheit und einem einheitlichen Muthe weichen, die zu großen Resultaten führen müssen. Jellachich ist mit dem größten Theil seiner Kroaten gegen Ungarn gezogen und Windischgrätz scheint die 40,000 Mann, die annoch in Wien liegen, gar gerne ebenfalls in Ungarn verwenden zu wollen, um dem Kriege ein rasches Ende zu machen. Er hat darum die Garde der Stadt ersuchen lassen, einige Posten zu besetzen. Sie sollten die Gewehre dazu beim Beziehen der Wache aus dem Zeughause erhalten, um sie bei der Ablösung wieder niederzulegen. Die Garde soll darauf erklärt haben, daß sie unter dem Standrecht keine Waffe ergreife. Der Silbermangel nimmt in Wien, wie überall überhand. Die Kroaten haben alle Zwanziger mit fortgeschleppt und dafür Banknoten zurückgelassen, die sie mit Gewalt umtauschten. Die meisten Viktualienhändler wissen kaum mehr Guldenscheine zu wechseln. Ich glaube, daß während des Winters der allgemeine Bankrot unvermeindlich wird, da die Armeen die Staatskasse erschöpfen, der Terrorismus und der Krieg aber alles Zutrauen, alle Geschäfte, alles Leben zerstören. 24 Wien, 21. Nov. Die heutige "Wiener Zeitung" bringt nicht weniger als fünf kaiserliche Ansprachen oder Manifeste: "An Meine Völker Ungarn's", (vom 22 Septbr) "Manifest an Meine Völker Ungarns" (d. d. 25. Septbr) etc. bis zum 5., betitelt: "An die Landbewohner der Länder meiner Ungarischen Krone" -- Alles so schwarzgelb und so mit den bekannten metternichschen Phrasen nebst einem konstitutionellen Firniß, daß ich kein Wort weiter darüber verlieren will. Diesen 5 Schriftstücken schließt sich ein 6tes an, von Windisch-Grätz unterzeichnet und gerichtet: "An den Hrn. F. M. L. Moga und sämtliche k. k. Generäle, Stabs- u. Ober-Offiziere". Es ist datirt: Schönbrunn 12. Nov., und fordert die Adressaten auf, längstens bis zum 26. Nov. zur Pflicht und Fahne zurückzukehren, widrigenfalls sie als Verräther und Rebellen betrachtet und behandelt werden sollen. Radetzky braucht neue Truppen. Am 23. wird zu diesem Zweck eine Werbung beginnen. Die sich Anwerbenden erhalten 10 fl. C. M. als Handgeld und verpflichten sich auf die Dauer des Krieges. Das vielfach verbreitete Gerücht, als habe Kossuth und A. eine Vervielfältigung östr. Banknoten durch Nachahmung beabsichtigt, wird heute offiziell für eine Lüge erklärt. * Wien, 22. Nov. Nach einer von Olmütz hier angelangten Depesche ist das neue Ministerium, wie folgt, konstituirt: F.Schwarzenberg, Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen; Gr. Stadion; Inneres; Kraus, Finanzen, v. Cordon, Krieg; Bach, Justiz; Bruck, Handel; Thienfeld, Landeskultur und Bergwesen. 39 Mainz, 25. Nov.
Auch hier zeigt sich nun unter dem Militär ein anderer Geist, als der frühere. In den letzten Tagen gab es mehrfache Auftritte von Seiten der 40er gegen ihre Offiziere. Mehrere der letzteren -- Hauptleute und Lieutenants -- wurden von ihren Soldaten höchst unsanft mit Prügeln tractirt. Unsere Bürger sagen: das ist die Nemefi[unleserliches Material] für die Aufhetzerei, durch welche der Soldat im Monat Mai gegen uns eingenommen wurde. Alle bisher im Oberlande befindlichen preußischen Truppen sind hier vorbei in Ihre Nähe gerückt. für die preußische Bürgerwehr bestimmt seien, machen wolle. Um den armen Handwerker nicht ferner, wie bisher, durch den Dienst von der Arbeit abzuhalten, sollen künftig nur diejenigen, welche mehr als 500 Thlr. jährliches Einkommen haben, zur Bürgerwehr herangezogen werden. Hierauf entließ der Minister die Majore sehr gnädig. Nachschrift. Soeben verbreitet sich das Gerücht, daß die Nationalversammlung, welche von der Regierung zum 27. d. M. in Brandenburg einberufen ist, auf weitere 14 Tage, bis zum 11. Dezember, vertagt worden sei. Man kann diesen neuen Aufschub nur der Unentschlossenheit des Königs zuschreiben, geändert ist dadurch nicht das Geringste. * Berlin. Gras-Auction. (Annonce). Ende dieser Woche, wenn sonst der gemüthliche Zustand es zuläßt, findet bei mir eine große Berliner Straßen-Gras-Auction statt. Die Zeitbestimmung behalte ich mir vor und bemerke nur noch, daß jeder Kaufer eines Grasquantums, das Bild, wie ein kleiner Mann durch großes Gras reitet, als Gratis-Beilage erhält. Der Erlös wird nach Abzug der Kosten zum Ankauf von Pulver und Blei für den souveränen Linden-Club verwandt. Gustav Müller, Marienstraße 1a. Nachschrift. Wegen eingetretener ungünstiger Witterung ist der Club auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Die Präsidentschaft des Clubs. contrasig. Müller. * Berlin, 26. Novbr. Der „Pr. St. Anz.“ erhält in seiner heutigen Nummer folgende lustige Bekanntmachung: Da die Einrichtungen und Vorbereitungen zur Wiedereröffnung der Sitzungen der zur Vereinbarung der preußischen Staats-Verfassung berufenen Versammlung in Brandenburg beendigt sind, so werden mit Bezug auf die Allerhöchste Botschaft vom 8. November d. J. die Herren Abgeordneten hiervon in Kenntniß gesetzt und zugleich eingeladen, sich in dem dort für die Sitzungen der Versammlung eingerichteten Lokale am 27. November d. J., um 10 Uhr Vormittags, zur Fortsetzung der Verhandlungen einzufinden. Berlin, den 25. November 1848. Das Staats-Ministerium. (gez.) Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. Rintelen. Dasselbe Blatt enthält einen offiziellen Bericht über die Entwaffnung in Berlin. Danach fehlen noch 3679 Gewehre, 765 Büchsen, 767 Hirschfänger und 2075 Säbel. Der Kommandant Thümen setzt daher einen neuen Termin an, der mit dem 27. d. Abends 5 Uhr zu Ende geht. * Berlin, 24. Novbr. Immer besser! Wurden wir bisher über Einen Kamm geschoren, so werden wir jetzt in Böcke und Schaafe gesondert. Wenigstens den Wirthshausinhabern ist dieses Loos von Pascha Wrangel durch öffentliche Kundmachung vom 22. d. beschieden worden. Seinen früheren Erlaß, die Wirthshäuser um 10 Uhr zu schließen, „will“ er dahin modifiziren, „daß dies nur noch solche Gastlokale treffen soll, denen dies besonders auferlegt werden wird.“ Dahinter kommt Hinckeldey mit einer Proklamation, ganz gerührt über des Pascha's Großmuth. Danach wird das Polizeipräsidium denjenigen Gastwirthen, die nach wie vor um 10 Uhr schließen müssen, das betreffende Mandat insinuiren. Von den Beglückten hofft dagegen Hr. H., daß sie sich nicht durch Duldung eines verbotenen (?!) Verkehrs oder andere (?!!) Ordnungswidrigkeiten der (wie theuren?). Gnade verlustig machen werden. In der hentigen „Voss. Ztg.“ befindet sich folgendes Inserat:„Herr General Wrangel weshalb bekomme ich die mir bei meiner Verhaftung abgenommenen Sachen nicht zurück? C. W. Wolff, Kammergerichts-Assessor. * Berlin, 25. Nov. Das Ministerium Brandenburg hat von mehr als 6000 Landleuten der Grafschaft Glatz folgende Zuschrift erhalten: „An das des Hochverraths angeklagte Ministerium in Berlin. Wir, die Landbewohner der Grafschaft Glatz, vertreten durch den unterzeichneten Verein, eröffnen Euch, daß der Abscheu über Euer verderbendringendes Treiben bei uns nicht geringer ist, als in allen übrigen Landestheilen. Wir erklären Euch, daß, so lange Ihr die Macht in Euren verbrecherischen Händen haltet, wir ferner keine Steuern bezahlen und auch unsere Söhne nicht länger in den Reihen des Heeres lassen, welches zu Anarchie und Mord gemißbraucht werden soll. Wir fordern unsere Söhne auf, Euch, des Hochverraths Angeklagten und Euren Kreaturen, die Ihr dem Verdammungsurtheile der Geschichte verfallen seid, keinen Gehorsam mehr zu leisten; wer von ihnen es dennoch thut, der sei von uns verstoßen und enterbt. Der Rustikalverein der Grafschaft Glatz. Am 16. Nov. 1848.“ Pyritz, 18. Nov. Es wird mir so eben der Brief eines Soldaten (eines Offizierburschen) aus Berlin, an seine Schwester hier gerichtet, mitgetheilt, aus welchem ich Folgendes als Beweis dafür anführe, wie furchtbar die Unwissenheit der armen Soldaten von ihren „gebildeten Vorgesetzten“ gemißbraucht wird: „Liebe Schwester, nun kannst Du wohl leicht denken, was für eine traurige Lage wir jetzt stehen hier in Berlin, denn wir armen Soldaten müssen uns so umhertreiben in diese Kälte und müssen hierbei biwakiren und auf die Straße liegen und müssen dabei für Kälte erfrieren und hungern und wenn man noch etwas bekommt darf man es noch nicht mal essen, da muß man immer denken, sie haben es vergift, denn acht Soldaten haben sie schon vergift und zwei Offiziere haben sie schon ermordet! (Ofts. Z.) 12 Brünn, 16. Nov. Das Volk, welches den Verzweiflungs-Riesenkampf, die letzte Ehrenschlacht wider die massenhaft angreifenden Truppen wagte, bestand nur aus einer im Vergleich zu der Gegenmacht überaus kleinen Schaar von verwegenen Proletariern, übergetretenen Grenadiren und Studenten, welchen die Bourgeoisie, nachdem sie das Burgthor geöffnet, ihre Häuser verschloß und welche daher von dem eindringenden Militär, das sofort alle Ausgangspunkte besetzte, während der Nacht und an den folgenden Tagen eingefangen, nach Hetzendorf und in die Kasernen getrieben, dort unter den fürchterlichsten Brutalitäten und Mordmetzeleien summarisch verhört und dann sofort erschossen oder den Szeresanern zum qualvollsten Martertode übergeben wurden. Die Scheußlichkeiten, welche in Hetzendorf auf diese Weise verübt worden sind, sollen allen Glauben übersteigen. Dies Schloß liegt einsam unweit Schönbrunn dicht an der Gloppnitzer Bahn. Windischgrätz hält daselbst bekanntlich Hauptquartier und läßt sich von 14 Kanonen und vieler Kavalerie bewachen. Während mehrerer Tage hörte man ringsum Gewehrfeuer, unter welchem die gefangenen Opfer verbluteten. Die Jünglinge der akademischen Legion mußten zwei und zwei sich selbst ihr Grab schaufeln, bevor sie niedergemacht wurden; diejenigen aber, welche man den Szeresanern überlieferte, wurden sämmtlicher Kleider und Habseligkeiten beraubt, sodann zum größten Theil mit Nägeln an die Wände genagelt und dann in der Weise zu Tode gemartert, daß man ihnen die Nägel von den Fingern ablöste, die Finger abschnitt und die Fußzehen mit Kolben vollständig zerstampfte, dann die Pulsadern aufschnitt und diese, sowie die Handfasern mit Gewalt herausriß. Nun wurde den auf diese Weise verstümmelten Märtyrern gemeinlich noch die Haut abgezogen, die Augen ausgestochen, die Köpfe rundum gedreht und zumal an Frauen ein Kannibalismus verübt, der keine Beschreibung zuläßt, weil er die haarsträubendsten Phantasien übertrifft. Ein Bajonnetstich durch die Brust machte gewöhnlich das Ende. — An andern Stellen wurden ganze Familien ins Feuer getrieben und so verbrannt; der Wirth des Schüttelbades soll mit Frau und Kindern an einen Baum aufgehangen worden sein, unter welchem dann ein Feuer angezündet und die Leichname gebraten wurden. Da sich sehr viele in die Keller geflüchtet hatten, so stürzten beim Stürmen der Häuser die Kroaten, Ortochaner und Szeresaner nicht nur in die Wohnungen, wo sie Alles mordeten, sondern auch in die Keller, aus welchen noch fortwährend Leichen hervorgezogen werden. — Wehe dem Armen, der sich in diesen Tagen, oder gar jetzt noch mit langen Haaren, einem Stürmer oder Kleide der akademischen Legion sehen zu lassen die Unklugheit beging, er konnte des entsetzlichsten Martertodes gewiß sein. Wer nicht erschossen und gemartert wurde, den steckte man gegen die Ungarn ins Militär und zwar unter das Fuhrwesen, an den schimpflichsten Posten. Die Aula wurde mit einem alle zuführenden Straßen versperrenden Kroatenkordon umgeben und bis in die geheimsten Winkel durchsucht. Wer darin war, wurde unbedingt niedergemacht. Hunde und Bestien waren die gewöhnlichen Benennungen, mit welchen die Wiener Bürger angeredet und eingefangen wurden; die Kroaten drangen, namentlich in den Vorstädten, ohne Umstände in die Häuser und nahmen hinweg oder zertrümmerten, was sich vorfand. Ein Kabinetsstückchen von ihnen war, in parketirten, reich ausmöblirten Salons ein Feuer anzuzünden und so das ganze Haus in Brand zu stecken. Die Verwüstungen, welche also angerichtet worden, sind ganz unbeschreibbar. Die werthvollsten Kostbarkeiten wurden von ihnen für ein Spottgeld verkauft und ich selber habe einen Kroaten ein Bündel seiner Wäsche verhandeln sehen, aus welchem der Käufer eine abgehauene Hand hervorzog. Denken Sie sich bei dem Umfang der Stadt die Anzahl der Grausamkeiten, welche vorgefallen sein müssen! Wenn Sie sich einen ziemlich richtigen Begriff von dem gegenwärtigen Zustande Wiens machen wollen, so stellen Sie sich, die Verwüstungen und Grausamkeiten abgerechnet, Wallensteins Lager vor. Alle Straßen und öffentlichen Plätze liegen noch heute voll Militär, die Wachtfeuer lodern überall hoch auf, slavische Lieder ertönen und die kroatischen Marketenderinnen mit reizendem Fuß und graziösem Körperbau besorgen Küche und die Etceteras. Die Wildheit und Hinrichtungsunheimlichkeit dieses Anblicks hat etwas großartig Grausenhaftes an sich, namentlich zur Nachtzeit. — Um die Bevölkerung zu zerstreuen und ihre Aufmerksamkeit von den fortdauernden Meuchelmorden abzulenken, zum Theil auch, um das Spionenwesen wirksamer zu machen, sind Theater und sonstige Belustigungen wieder anbefohlen worden. Man will damit beweisen, daß die konstitutionelle Ordnung, Ruhe und Sicherheit, wovon alle Militärproklamationen überfließen, wieder hergestellt worden. Als am Abend des 31. Okt. die Burg in mächtigen Flammen aufloderte, ein Schauspiel, das ich von meiner Wohnung aus in furchtbar naher Pracht genoß und welches nach dem entsetzlichen Bomben-Granaten-Brandraketen-Kartätschen- und Kugel-Donner-Regen das dramatische Ende des Kaiserhauses mit glühenden Feuergriffeln aus Himmelsgewölbe schreiben zu wollen schien, da waren es eben die Proletarier, welche vom Kampfplatz zum Löschen herbeieilten; ihren riesenmäßigen Anstrengungen ist die Rettung der Burg von dem Untergange, die Rettung aller Schätze zu verdanken, die hier im engen Raume zusammenliegen. Dafür verfehlte Windischgrätz auch nicht, diese Leute der Brandlegung anzuklagen, einfangen und hinmartern zu lassen. Nun freilich, Alexander, Ramsinit, Sesostris und die andern Erbauer ägyptischer Pyramiden sollen es ebenso gemacht haben, als sie ihre Riesengräber anfertigen ließen. Kaum hatte das Militär die Stadt in Besitz genommen, so begann die schwarzgelbe Schaar in freien Tönen der Entzückung ihr Hallelujah anzustimmen. Sie nannte jeden Soldaten ihren Erretter und Befreier und beschenkte ihn mit Geld und Liebkosungen. Zur vollständigsten Genugthuung dieser Leute beeilten sich indessen die Ortochaner, Szeresaner u. s. w. ihnen auf der Stelle Alles abzunehmen und sie oft noch dazu selber zu behalten und natürlich zu schlachten. Dadurch ist der Enthusiasmus vieler Schwarzgelben bedeutend abgekühlt worden. Infamer als alles, was vorgekommen ist und noch vorkommt, ist gleichwohl die wieder in den vollsten Flor gerathene Spionage. Sie war früher das eigentliche Lebenselement Oestreichs, war niemals ausgerottet worden und ist gegenwärtig mit einer Wuth wiederum emporgeschossen, die sich nur durch die lang unterbrochene Verdienstlosigkeit erklären läßt, welche die Kreaturen dieser Bande seit dem März haben aushalten müssen. Auf der Straße, in den Kaffee- und Gasthäusern, in Theatern und Vergnügungsstellen ist der zweite Mensch fast ein Spion. Wer widrige, verrätherische, scheußliche Physionomien schauen will, der muß diese Denunziationsställe besuchen. Ich hätte meine Unbefangenheit beinahe elendiglich büßen müssen, als ich in den ersten Tagen eine Lokalität der Art besuchte. Ein offenes freies Gesicht reicht hin für einen Republikaner oder Kommunisten zu gelten und denunzirt zu werden. Man kommt nach vielfachen Qualen vor eins der 3 Kriegsgerichte und wehe dem, der eine Waffe getragen, einmal ein Wort geredet oder geschrieben hat; er muß schuldig sein, schon weil er eine demokratische Nase hat. — Gewöhnlich werden die Denunzirten von Polizei und Militär in der Nacht überfallen und geräuschlos davongeschleppt, um meistens nicht mehr ans Tageslicht zu kommen. Da jedes Privatinteresse zur Denunziation genügt und der grundloseste Verdacht zum Verderben des Denunzirten hinreicht, so zittert jeder vor der Nacht, die ohnehin hier ein Greuel ist, weil so viele Exekutionen während derselben stattfinden. Als Jelachich seinen Einzug in die Stadt hielt, stand ich gerade unter dem Durchgang der Post; die Straßen boten eine schauerliche Oede dar, in welcher man die Spatzen schlagen hörte. Kein Fenster öffnete sich, alles floh vor der fürchterlichen Bande, in deren Mitte Jelachich einherritt. Dessenungeachtet berichten die Zeitungen von Vivats der Bevölkerung; allein dies ist eine Lüge, denn ich hörte weit und breit durch die hohlen Gassen nur die Zivio's, welche die durchreitenden Barbarenschwärme mit kannibalischem Geheul sich selber brachten. Am 1. Nov. wollte der Reichstag fortfahren, Sitzung zu halten, seine Diener wollten eben die Thüren öffnen; da ritt der berüchtigte Lanzenknecht Felix Schwarzenberg vorüber, schnauzte die Thürhüter an, was sie hier zu schaffen hätten und befahl ihnen, wieder zu schließen. Einen Augenblick später wurde der Reichstag ringsum von Kroaten umstellt und seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Er sollte am 15. in Kremsier wieder zusammentreten, Windischgrätz mag indessen seine Stimme und seinen Einfluß selbst von diesem Helena-Felsen aus fürchten und für seine Rachepläne gefährlich halten, darum hat er den Kaiser bestimmt, sein Wiederauftreten noch weiter bis zum 22. zu vertagen. Die Kriegsgerichte entwickeln eine ungeheure Thätigkeit und brüsten sich damit, bereits über 600 Schuldlose entlassen zu haben. Die Hinrichtungen folgen sich indessen massenweise von Tag zu Tag und man hört keine andere Neuigkeit zum Frühstück und Diner, als — Erschießen. Durch die Verfügungen vom 23. Oktober und 1 November sind alle Fremden gleichsam für vogelfrei erklärt worden und dürfen sich, da man sie an ihrer Sprache augenblicklich erkennt, ja gewaltig hüten. Robert Blum wollte Windischgrätz seine ganze Verachtung vor dieser edlen Körperschaft beweisen. Die Führer der akademischen Legion werden zum größten Theile erschossen, ebenso die Mitglieder des Nationalgarde-Generalstab's. Der Oberkommandant Messenhauser ist zum Strang verurtheilt, dann aber auf Verwenden des Gemeinderaths zum Pranger und Erschießen nach drei Tagen begnadigt worden. — Anfangs glaubte man, Windischgrätz würde, obwohl bei der durch den Reichstag verhinderten Veröffentlichung der ersten schon diese Proklamationen das Aergste sind, nicht über seine Proklamationen vom 23: Okt. und 1. Nov. hinausgehn; aber nein, es finden Hinrichtungen auf Grund einer Proklamation vom 20, die Niemand kennt und auf Grund von blosen am 6. Okt. gesprochenen Worten, statt. Ein Schneider hatte die Unvorsichtigkeit zu äußern, er habe einen Fetzen von Latours Kleidern erbeutet; er wurde verrathen und augenblicklich erschossen. Die Angehörigen der Verschwundenen erhalten nach der Exekution einen Todtenschein in's Haus geschickt. Die Offiziere, welche am 6. Okt. das Militär im Kriegsgebäude befehligten, sollen weil sie sich nicht bis auf den letzten Mann wider das anstürmende Volk gewehrt, sämmtlich erschossen werden, sofern man ihrer habhaft wird. Die Aufregung in der Bevölkerung hat durch die zahlreichen Exekutionen einen unbeschreiblichen Höhepunkt erreicht, den F. M. L. Welden, der den saubern Modena in seine Staaten wieder eingeführt hat und jetzt Gouvernör von Wien ist, damit zu ebnen glaubt, daß er den entsetzten Wienern die Versicherung ertheilt, die Gerüchte über die vielen Hinrichtungen seien erlogen, indem erst drei Hochverräther gerichtet worden seien. Die Wiener Zeitung bringt nur immer die hervorragendsten Namen und muß den geheimen Meuchelmord verschweigen. Um Diejenigen, welche namentlich am 31. gefochten, zu fangen, hatte Windischgrätz gleich anfangs allen Mobilen 15 Kr. pro Tag und Arbeit versprochen; allein das Proletariat merkte die Falle und vermied sie zum größten Theile. Jetzt will man 20,000 Arbeiter zu Staatsbauten haben, aber Niemand meldet sich, weil Jeder befürchtet, unters Militär gesteckt zu werden, um gegen die Ungarn zu kämpfen. — Welden fordert jetzt den Gemeinderath auf, ihn, damit die Militärherrschaft angeblich bald ein Erde nehme, in seinen Bemühungen zur Wiederherstellung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit kräftigst zu unterstützen, d. h. mit andern Worten, tüchtig denunziren zu helfen, damit bis zum 22. noch tüchtig hingerichtet werden kann. — Der Gemeinderath ist durch den Torrorismus zu Allem befähigt worden und wenn er Windischgrätz eine Suplik zu überreichen hat, so bittet er durch eine Deputation erst kniefällig um deren Annahme. Die Post macht, was ihr beliebt, und behält nach Gutdünken Briefe zurück, um sie entweder erst später oder gar nicht an ihre Adresse gelangen zu lassen. Die Briefträger stehen wieder im Solde der Polizei und lassen durch sie den Inhalt der Briefe und Zeitungen erforschen. Es soll sogar Postbeamte geben, bei denen man sich auf die Lektüre der Zeitungen abonniren kann, die der Empfänger daher natürlich später, oder auch gar nicht erhält. Ich habe darin bereits Erfahrungen gemacht. Bei der auf allen Gesichtern verzeichneten Furchtbarkeit der Zustände kann die nächste Zukunft, ein Winter, wiederum nur furchtbar werden. Das größte Elend ist um so unvermeidlicher, als durch den Krieg mit Ungarn, dessen Beendigung den Herren gar nicht so leicht zu werden scheint, die bedeutendste Zufuhrquelle vollends abgeschnitten ist und die Frucht bereits eine doppelte Preishöhe erreicht hat. Wie verlautet, sollen die von 5 Seiten zugleich angegriffenen Ungarn sich wüthend wehren und den kaiserl. Generälen bereits die bedeutendsten Verluste beigebracht haben. General Bem soll den linken Flügel ihrer Armee kommandiren. Man soll viele Verwundete nach Wien zurückgebracht haben. Wenn Windischgrätz denkt, er werde mit seinem fürchterlichern Terrorismus die Demokratie in Oesterreich vollends vertilgen, so befindet er sich in dem allergrößten Irrthum. Die Demokratie hätte mit ihren unschuldigen Mitteln und mit ihren naiven Persönlichkeiten in Wien noch manches Jahr ackern können, bevor es ihr geglückt wäre, den Boden des ganzen Landesso demokratisch zu düngen, als es gegenwärtig der Fall ist. Die Demokratie schuldet in Oesterreich Niemand einen Dank, als eben Windischgrätz, den ich den energischsten Republikaner Deutschlands nennen möchte. Die demokratische Burschikosität der Aula, der Blödsinn der Vereine, die Gutmüthigkeit des Volks und die rasende Phrasenlogie der Presse werden künftig einem Ernste, einer Besonnenheit und einem einheitlichen Muthe weichen, die zu großen Resultaten führen müssen. Jellachich ist mit dem größten Theil seiner Kroaten gegen Ungarn gezogen und Windischgrätz scheint die 40,000 Mann, die annoch in Wien liegen, gar gerne ebenfalls in Ungarn verwenden zu wollen, um dem Kriege ein rasches Ende zu machen. Er hat darum die Garde der Stadt ersuchen lassen, einige Posten zu besetzen. Sie sollten die Gewehre dazu beim Beziehen der Wache aus dem Zeughause erhalten, um sie bei der Ablösung wieder niederzulegen. Die Garde soll darauf erklärt haben, daß sie unter dem Standrecht keine Waffe ergreife. Der Silbermangel nimmt in Wien, wie überall überhand. Die Kroaten haben alle Zwanziger mit fortgeschleppt und dafür Banknoten zurückgelassen, die sie mit Gewalt umtauschten. Die meisten Viktualienhändler wissen kaum mehr Guldenscheine zu wechseln. Ich glaube, daß während des Winters der allgemeine Bankrot unvermeindlich wird, da die Armeen die Staatskasse erschöpfen, der Terrorismus und der Krieg aber alles Zutrauen, alle Geschäfte, alles Leben zerstören. 24 Wien, 21. Nov. Die heutige „Wiener Zeitung“ bringt nicht weniger als fünf kaiserliche Ansprachen oder Manifeste: „An Meine Völker Ungarn's“, (vom 22 Septbr) „Manifest an Meine Völker Ungarns“ (d. d. 25. Septbr) etc. bis zum 5., betitelt: „An die Landbewohner der Länder meiner Ungarischen Krone“ — Alles so schwarzgelb und so mit den bekannten metternichschen Phrasen nebst einem konstitutionellen Firniß, daß ich kein Wort weiter darüber verlieren will. Diesen 5 Schriftstücken schließt sich ein 6tes an, von Windisch-Grätz unterzeichnet und gerichtet: „An den Hrn. F. M. L. Moga und sämtliche k. k. Generäle, Stabs- u. Ober-Offiziere“. Es ist datirt: Schönbrunn 12. Nov., und fordert die Adressaten auf, längstens bis zum 26. Nov. zur Pflicht und Fahne zurückzukehren, widrigenfalls sie als Verräther und Rebellen betrachtet und behandelt werden sollen. Radetzky braucht neue Truppen. Am 23. wird zu diesem Zweck eine Werbung beginnen. Die sich Anwerbenden erhalten 10 fl. C. M. als Handgeld und verpflichten sich auf die Dauer des Krieges. Das vielfach verbreitete Gerücht, als habe Kossuth und A. eine Vervielfältigung östr. Banknoten durch Nachahmung beabsichtigt, wird heute offiziell für eine Lüge erklärt. * Wien, 22. Nov. Nach einer von Olmütz hier angelangten Depesche ist das neue Ministerium, wie folgt, konstituirt: F.Schwarzenberg, Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen; Gr. Stadion; Inneres; Kraus, Finanzen, v. Cordon, Krieg; Bach, Justiz; Bruck, Handel; Thienfeld, Landeskultur und Bergwesen. 39 Mainz, 25. Nov.
Auch hier zeigt sich nun unter dem Militär ein anderer Geist, als der frühere. In den letzten Tagen gab es mehrfache Auftritte von Seiten der 40er gegen ihre Offiziere. Mehrere der letzteren — Hauptleute und Lieutenants — wurden von ihren Soldaten höchst unsanft mit Prügeln tractirt. Unsere Bürger sagen: das ist die Nemefi[unleserliches Material] für die Aufhetzerei, durch welche der Soldat im Monat Mai gegen uns eingenommen wurde. Alle bisher im Oberlande befindlichen preußischen Truppen sind hier vorbei in Ihre Nähe gerückt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar154_012" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0813"/> für die preußische Bürgerwehr bestimmt seien, machen wolle. Um den armen Handwerker nicht ferner, wie bisher, durch den Dienst von der Arbeit abzuhalten, sollen künftig nur diejenigen, welche mehr als 500 Thlr. jährliches Einkommen haben, zur Bürgerwehr herangezogen werden. Hierauf entließ der Minister die Majore sehr gnädig.</p> <p><hi rendition="#g">Nachschrift</hi>. Soeben verbreitet sich das Gerücht, daß die Nationalversammlung, welche von der Regierung zum 27. d. M. in Brandenburg einberufen ist, auf weitere 14 Tage, bis zum 11. Dezember, vertagt worden sei. Man kann diesen neuen Aufschub nur der Unentschlossenheit des Königs zuschreiben, geändert ist dadurch nicht das Geringste.</p> </div> <div xml:id="ar154_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin.</head> <p><hi rendition="#g">Gras-Auction.</hi> (Annonce).</p> <p>Ende dieser Woche, wenn sonst der gemüthliche Zustand es zuläßt, findet bei mir eine große Berliner Straßen-Gras-Auction statt. Die Zeitbestimmung behalte ich mir vor und bemerke nur noch, daß jeder Kaufer eines Grasquantums, das Bild, wie ein kleiner Mann durch großes Gras reitet, als Gratis-Beilage erhält. Der Erlös wird nach Abzug der Kosten zum Ankauf von Pulver und Blei für den souveränen Linden-Club verwandt.</p> <p>Gustav Müller, Marienstraße 1a.</p> <p>Nachschrift. Wegen eingetretener ungünstiger Witterung ist der Club auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.</p> <p>Die Präsidentschaft des Clubs. contrasig. Müller.</p> </div> <div xml:id="ar154_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 26. Novbr.</head> <p>Der „Pr. St. Anz.“ erhält in seiner heutigen Nummer folgende lustige Bekanntmachung:</p> <p>Da die Einrichtungen und Vorbereitungen zur Wiedereröffnung der Sitzungen der zur Vereinbarung der preußischen Staats-Verfassung berufenen Versammlung in Brandenburg beendigt sind, so werden mit Bezug auf die Allerhöchste Botschaft vom 8. November d. J. die Herren Abgeordneten hiervon in Kenntniß gesetzt und zugleich eingeladen, sich in dem dort für die Sitzungen der Versammlung eingerichteten Lokale am 27. November d. J., um 10 Uhr Vormittags, zur Fortsetzung der Verhandlungen einzufinden.</p> <p>Berlin, den 25. November 1848.</p> <p>Das Staats-Ministerium.</p> <p>(gez.) Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. Rintelen.</p> <p>Dasselbe Blatt enthält einen offiziellen Bericht über die Entwaffnung in Berlin. Danach fehlen noch 3679 Gewehre, 765 Büchsen, 767 Hirschfänger und 2075 Säbel. Der Kommandant Thümen setzt daher einen neuen Termin an, der mit dem 27. d. Abends 5 Uhr zu Ende geht.</p> </div> <div xml:id="ar154_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 24. Novbr.</head> <p>Immer besser! Wurden wir bisher über Einen Kamm geschoren, so werden wir jetzt in Böcke und Schaafe gesondert. Wenigstens den Wirthshausinhabern ist dieses Loos von Pascha Wrangel durch öffentliche Kundmachung vom 22. d. beschieden worden. Seinen früheren Erlaß, die Wirthshäuser um 10 Uhr zu schließen, „will“ er dahin modifiziren, „daß dies nur noch solche Gastlokale treffen soll, denen dies besonders auferlegt werden wird.“ Dahinter kommt Hinckeldey mit einer Proklamation, ganz gerührt über des Pascha's Großmuth. Danach wird das Polizeipräsidium denjenigen Gastwirthen, die nach wie vor um 10 Uhr schließen müssen, das betreffende Mandat insinuiren. Von den Beglückten hofft dagegen Hr. H., daß sie sich nicht durch Duldung eines verbotenen (?!) Verkehrs oder andere (?!!) Ordnungswidrigkeiten der (wie theuren?). Gnade verlustig machen werden.</p> <p>In der hentigen „Voss. Ztg.“ befindet sich folgendes Inserat:„Herr General Wrangel</p> <p>weshalb bekomme ich die mir bei meiner Verhaftung abgenommenen Sachen nicht zurück?</p> <p>C. W. <hi rendition="#g">Wolff,</hi> Kammergerichts-Assessor.</p> </div> <div xml:id="ar154_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 25. Nov.</head> <p>Das Ministerium Brandenburg hat von mehr als 6000 Landleuten der Grafschaft Glatz folgende Zuschrift erhalten:</p> <p>„An das des Hochverraths angeklagte Ministerium in Berlin. Wir, die Landbewohner der Grafschaft Glatz, vertreten durch den unterzeichneten Verein, eröffnen Euch, daß der Abscheu über Euer verderbendringendes Treiben bei uns nicht geringer ist, als in allen übrigen Landestheilen. Wir erklären Euch, daß, so lange Ihr die Macht in Euren verbrecherischen Händen haltet, wir ferner keine Steuern bezahlen und auch unsere Söhne nicht länger in den Reihen des Heeres lassen, welches zu Anarchie und Mord gemißbraucht werden soll. Wir fordern unsere Söhne auf, Euch, des Hochverraths Angeklagten und Euren Kreaturen, die Ihr dem Verdammungsurtheile der Geschichte verfallen seid, keinen Gehorsam mehr zu leisten; wer von ihnen es dennoch thut, der sei von uns verstoßen und enterbt. Der Rustikalverein der Grafschaft Glatz. Am 16. Nov. 1848.“</p> </div> <div xml:id="ar154_017" type="jArticle"> <head>Pyritz, 18. Nov.</head> <p>Es wird mir so eben der Brief eines Soldaten (eines Offizierburschen) aus Berlin, an seine Schwester hier gerichtet, mitgetheilt, aus welchem ich Folgendes als Beweis dafür anführe, wie furchtbar die Unwissenheit der armen Soldaten von ihren „gebildeten Vorgesetzten“ gemißbraucht wird:</p> <p rendition="#et">„Liebe Schwester, nun kannst Du wohl leicht denken, was für eine traurige Lage wir jetzt stehen hier in Berlin, denn wir armen Soldaten müssen uns so umhertreiben in diese Kälte und müssen hierbei biwakiren und auf die Straße liegen und müssen dabei für Kälte erfrieren und hungern und wenn man noch etwas bekommt darf man es noch nicht mal essen, da muß man immer denken, sie haben es vergift, denn acht Soldaten haben sie schon vergift und zwei Offiziere haben sie schon ermordet!</p> <bibl>(Ofts. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar154_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Brünn, 16. Nov.</head> <p>Das Volk, welches den Verzweiflungs-Riesenkampf, die letzte Ehrenschlacht wider die massenhaft angreifenden Truppen wagte, bestand nur aus einer im Vergleich zu der Gegenmacht überaus kleinen Schaar von verwegenen Proletariern, übergetretenen Grenadiren und Studenten, welchen die Bourgeoisie, nachdem sie das Burgthor geöffnet, ihre Häuser verschloß und welche daher von dem eindringenden Militär, das sofort alle Ausgangspunkte besetzte, während der Nacht und an den folgenden Tagen eingefangen, nach Hetzendorf und in die Kasernen getrieben, dort unter den fürchterlichsten Brutalitäten und Mordmetzeleien summarisch verhört und dann sofort erschossen oder den Szeresanern zum qualvollsten Martertode übergeben wurden. Die Scheußlichkeiten, welche in Hetzendorf auf diese Weise verübt worden sind, sollen allen Glauben übersteigen. Dies Schloß liegt einsam unweit Schönbrunn dicht an der Gloppnitzer Bahn. Windischgrätz hält daselbst bekanntlich Hauptquartier und läßt sich von 14 Kanonen und vieler Kavalerie bewachen. Während mehrerer Tage hörte man ringsum Gewehrfeuer, unter welchem die gefangenen Opfer verbluteten. Die Jünglinge der akademischen Legion mußten zwei und zwei sich selbst ihr Grab schaufeln, bevor sie niedergemacht wurden; diejenigen aber, welche man den Szeresanern überlieferte, wurden sämmtlicher Kleider und Habseligkeiten beraubt, sodann zum größten Theil mit Nägeln an die Wände genagelt und dann in der Weise zu Tode gemartert, daß man ihnen die Nägel von den Fingern ablöste, die Finger abschnitt und die Fußzehen mit Kolben vollständig zerstampfte, dann die Pulsadern aufschnitt und diese, sowie die Handfasern mit Gewalt herausriß. Nun wurde den auf diese Weise verstümmelten Märtyrern gemeinlich noch die Haut abgezogen, die Augen ausgestochen, die Köpfe rundum gedreht und zumal an Frauen ein Kannibalismus verübt, der keine Beschreibung zuläßt, weil er die haarsträubendsten Phantasien übertrifft. Ein Bajonnetstich durch die Brust machte gewöhnlich das Ende. — An andern Stellen wurden ganze Familien ins Feuer getrieben und so verbrannt; der Wirth des Schüttelbades soll mit Frau und Kindern an einen Baum aufgehangen worden sein, unter welchem dann ein Feuer angezündet und die Leichname gebraten wurden. Da sich sehr viele in die Keller geflüchtet hatten, so stürzten beim Stürmen der Häuser die Kroaten, Ortochaner und Szeresaner nicht nur in die Wohnungen, wo sie Alles mordeten, sondern auch in die Keller, aus welchen noch fortwährend Leichen hervorgezogen werden. — Wehe dem Armen, der sich in diesen Tagen, oder gar jetzt noch mit langen Haaren, einem Stürmer oder Kleide der akademischen Legion sehen zu lassen die Unklugheit beging, er konnte des entsetzlichsten Martertodes gewiß sein. Wer nicht erschossen und gemartert wurde, den steckte man gegen die Ungarn ins Militär und zwar unter das Fuhrwesen, an den schimpflichsten Posten.</p> <p>Die Aula wurde mit einem alle zuführenden Straßen versperrenden Kroatenkordon umgeben und bis in die geheimsten Winkel durchsucht. Wer darin war, wurde unbedingt niedergemacht.</p> <p>Hunde und Bestien waren die gewöhnlichen Benennungen, mit welchen die Wiener Bürger angeredet und eingefangen wurden; die Kroaten drangen, namentlich in den Vorstädten, ohne Umstände in die Häuser und nahmen hinweg oder zertrümmerten, was sich vorfand. Ein Kabinetsstückchen von ihnen war, in parketirten, reich ausmöblirten Salons ein Feuer anzuzünden und so das ganze Haus in Brand zu stecken. Die Verwüstungen, welche also angerichtet worden, sind ganz unbeschreibbar. Die werthvollsten Kostbarkeiten wurden von ihnen für ein Spottgeld verkauft und ich selber habe einen Kroaten ein Bündel seiner Wäsche verhandeln sehen, aus welchem der Käufer eine abgehauene Hand hervorzog. Denken Sie sich bei dem Umfang der Stadt die Anzahl der Grausamkeiten, welche vorgefallen sein müssen! Wenn Sie sich einen ziemlich richtigen Begriff von dem gegenwärtigen Zustande Wiens machen wollen, so stellen Sie sich, die Verwüstungen und Grausamkeiten abgerechnet, Wallensteins Lager vor. Alle Straßen und öffentlichen Plätze liegen noch heute voll Militär, die Wachtfeuer lodern überall hoch auf, slavische Lieder ertönen und die kroatischen Marketenderinnen mit reizendem Fuß und graziösem Körperbau besorgen Küche und die Etceteras. Die Wildheit und Hinrichtungsunheimlichkeit dieses Anblicks hat etwas großartig Grausenhaftes an sich, namentlich zur Nachtzeit. — Um die Bevölkerung zu zerstreuen und ihre Aufmerksamkeit von den fortdauernden Meuchelmorden abzulenken, zum Theil auch, um das Spionenwesen wirksamer zu machen, sind Theater und sonstige Belustigungen wieder anbefohlen worden. Man will damit beweisen, daß die konstitutionelle Ordnung, Ruhe und Sicherheit, wovon alle Militärproklamationen überfließen, wieder hergestellt worden.</p> <p>Als am Abend des 31. Okt. die Burg in mächtigen Flammen aufloderte, ein Schauspiel, das ich von meiner Wohnung aus in furchtbar naher Pracht genoß und welches nach dem entsetzlichen Bomben-Granaten-Brandraketen-Kartätschen- und Kugel-Donner-Regen das dramatische Ende des Kaiserhauses mit glühenden Feuergriffeln aus Himmelsgewölbe schreiben zu wollen schien, da waren es eben die Proletarier, welche vom Kampfplatz zum Löschen herbeieilten; ihren riesenmäßigen Anstrengungen ist die Rettung der Burg von dem Untergange, die Rettung aller Schätze zu verdanken, die hier im engen Raume zusammenliegen. Dafür verfehlte Windischgrätz auch nicht, diese Leute der Brandlegung anzuklagen, einfangen und hinmartern zu lassen. Nun freilich, Alexander, Ramsinit, Sesostris und die andern Erbauer ägyptischer Pyramiden sollen es ebenso gemacht haben, als sie ihre Riesengräber anfertigen ließen.</p> <p>Kaum hatte das Militär die Stadt in Besitz genommen, so begann die schwarzgelbe Schaar in freien Tönen der Entzückung ihr Hallelujah anzustimmen. Sie nannte jeden Soldaten ihren Erretter und Befreier und beschenkte ihn mit Geld und Liebkosungen. Zur vollständigsten Genugthuung dieser Leute beeilten sich indessen die Ortochaner, Szeresaner u. s. w. ihnen auf der Stelle Alles abzunehmen und sie oft noch dazu selber zu behalten und natürlich zu schlachten. Dadurch ist der Enthusiasmus vieler Schwarzgelben bedeutend abgekühlt worden.</p> <p>Infamer als alles, was vorgekommen ist und noch vorkommt, ist gleichwohl die wieder in den vollsten Flor gerathene Spionage. Sie war früher das eigentliche Lebenselement Oestreichs, war niemals ausgerottet worden und ist gegenwärtig mit einer Wuth wiederum emporgeschossen, die sich nur durch die lang unterbrochene Verdienstlosigkeit erklären läßt, welche die Kreaturen dieser Bande seit dem März haben aushalten müssen. Auf der Straße, in den Kaffee- und Gasthäusern, in Theatern und Vergnügungsstellen ist der zweite Mensch fast ein Spion. Wer widrige, verrätherische, scheußliche Physionomien schauen will, der muß diese Denunziationsställe besuchen. Ich hätte meine Unbefangenheit beinahe elendiglich büßen müssen, als ich in den ersten Tagen eine Lokalität der Art besuchte. Ein offenes freies Gesicht reicht hin für einen Republikaner oder Kommunisten zu gelten und denunzirt zu werden. Man kommt nach vielfachen Qualen vor eins der 3 Kriegsgerichte und wehe dem, der eine Waffe getragen, einmal ein Wort geredet oder geschrieben hat; er muß schuldig sein, schon weil er eine demokratische Nase hat. — Gewöhnlich werden die Denunzirten von Polizei und Militär in der Nacht überfallen und geräuschlos davongeschleppt, um meistens nicht mehr ans Tageslicht zu kommen. Da jedes Privatinteresse zur Denunziation genügt und der grundloseste Verdacht zum Verderben des Denunzirten hinreicht, so zittert jeder vor der Nacht, die ohnehin hier ein Greuel ist, weil so viele Exekutionen während derselben stattfinden.</p> <p>Als Jelachich seinen Einzug in die Stadt hielt, stand ich gerade unter dem Durchgang der Post; die Straßen boten eine schauerliche Oede dar, in welcher man die Spatzen schlagen hörte. Kein Fenster öffnete sich, alles floh vor der fürchterlichen Bande, in deren Mitte Jelachich einherritt. Dessenungeachtet berichten die Zeitungen von Vivats der Bevölkerung; allein dies ist eine Lüge, denn ich hörte weit und breit durch die hohlen Gassen nur die Zivio's, welche die durchreitenden Barbarenschwärme mit kannibalischem Geheul sich selber brachten.</p> <p>Am 1. Nov. wollte der Reichstag fortfahren, Sitzung zu halten, seine Diener wollten eben die Thüren öffnen; da ritt der berüchtigte Lanzenknecht Felix Schwarzenberg vorüber, schnauzte die Thürhüter an, was sie hier zu schaffen hätten und befahl ihnen, wieder zu schließen. Einen Augenblick später wurde der Reichstag ringsum von Kroaten umstellt und seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Er sollte am 15. in Kremsier wieder zusammentreten, Windischgrätz mag indessen seine Stimme und seinen Einfluß selbst von diesem Helena-Felsen aus fürchten und für seine Rachepläne gefährlich halten, darum hat er den Kaiser bestimmt, sein Wiederauftreten noch weiter bis zum 22. zu vertagen. Die Kriegsgerichte entwickeln eine ungeheure Thätigkeit und brüsten sich damit, bereits über 600 Schuldlose entlassen zu haben. Die Hinrichtungen folgen sich indessen massenweise von Tag zu Tag und man hört keine andere Neuigkeit zum Frühstück und Diner, als — Erschießen.</p> <p>Durch die Verfügungen vom 23. Oktober und 1 November sind alle Fremden gleichsam für vogelfrei erklärt worden und dürfen sich, da man sie an ihrer Sprache augenblicklich erkennt, ja gewaltig hüten. Robert Blum wollte Windischgrätz seine ganze Verachtung vor dieser edlen Körperschaft beweisen.</p> <p>Die Führer der akademischen Legion werden zum größten Theile erschossen, ebenso die Mitglieder des Nationalgarde-Generalstab's. Der Oberkommandant Messenhauser ist zum Strang verurtheilt, dann aber auf Verwenden des Gemeinderaths zum Pranger und Erschießen nach drei Tagen begnadigt worden. — Anfangs glaubte man, Windischgrätz würde, obwohl bei der durch den Reichstag verhinderten Veröffentlichung der ersten schon diese Proklamationen das Aergste sind, nicht über seine Proklamationen vom 23: Okt. und 1. Nov. hinausgehn; aber nein, es finden Hinrichtungen auf Grund einer Proklamation vom 20, die Niemand kennt und auf Grund von blosen am 6. Okt. gesprochenen Worten, statt. Ein Schneider hatte die Unvorsichtigkeit zu äußern, er habe einen Fetzen von Latours Kleidern erbeutet; er wurde verrathen und augenblicklich erschossen. Die Angehörigen der Verschwundenen erhalten nach der Exekution einen Todtenschein in's Haus geschickt. Die Offiziere, welche am 6. Okt. das Militär im Kriegsgebäude befehligten, sollen weil sie sich nicht bis auf den letzten Mann wider das anstürmende Volk gewehrt, sämmtlich erschossen werden, sofern man ihrer habhaft wird. Die Aufregung in der Bevölkerung hat durch die zahlreichen Exekutionen einen unbeschreiblichen Höhepunkt erreicht, den F. M. L. Welden, der den saubern Modena in seine Staaten wieder eingeführt hat und jetzt Gouvernör von Wien ist, damit zu ebnen glaubt, daß er den entsetzten Wienern die Versicherung ertheilt, die Gerüchte über die vielen Hinrichtungen seien erlogen, indem erst drei Hochverräther gerichtet worden seien. Die Wiener Zeitung bringt nur immer die hervorragendsten Namen und muß den geheimen Meuchelmord verschweigen.</p> <p>Um Diejenigen, welche namentlich am 31. gefochten, zu fangen, hatte Windischgrätz gleich anfangs allen Mobilen 15 Kr. pro Tag und Arbeit versprochen; allein das Proletariat merkte die Falle und vermied sie zum größten Theile. Jetzt will man 20,000 Arbeiter zu Staatsbauten haben, aber Niemand meldet sich, weil Jeder befürchtet, unters Militär gesteckt zu werden, um gegen die Ungarn zu kämpfen. — Welden fordert jetzt den Gemeinderath auf, ihn, damit die Militärherrschaft angeblich bald ein Erde nehme, in seinen Bemühungen zur Wiederherstellung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit kräftigst zu unterstützen, d. h. mit andern Worten, tüchtig denunziren zu helfen, damit bis zum 22. noch tüchtig hingerichtet werden kann. — Der Gemeinderath ist durch den Torrorismus zu Allem befähigt worden und wenn er Windischgrätz eine Suplik zu überreichen hat, so bittet er durch eine Deputation erst kniefällig um deren Annahme.</p> <p>Die Post macht, was ihr beliebt, und behält nach Gutdünken Briefe zurück, um sie entweder erst später oder gar nicht an ihre Adresse gelangen zu lassen. Die Briefträger stehen wieder im Solde der Polizei und lassen durch sie den Inhalt der Briefe und Zeitungen erforschen. Es soll sogar Postbeamte geben, bei denen man sich auf die Lektüre der Zeitungen abonniren kann, die der Empfänger daher natürlich später, oder auch gar nicht erhält. Ich habe darin bereits Erfahrungen gemacht.</p> <p>Bei der auf allen Gesichtern verzeichneten Furchtbarkeit der Zustände kann die nächste Zukunft, ein Winter, wiederum nur furchtbar werden. Das größte Elend ist um so unvermeidlicher, als durch den Krieg mit Ungarn, dessen Beendigung den Herren gar nicht so leicht zu werden scheint, die bedeutendste Zufuhrquelle vollends abgeschnitten ist und die Frucht bereits eine doppelte Preishöhe erreicht hat. Wie verlautet, sollen die von 5 Seiten zugleich angegriffenen Ungarn sich wüthend wehren und den kaiserl. Generälen bereits die bedeutendsten Verluste beigebracht haben. General Bem soll den linken Flügel ihrer Armee kommandiren. Man soll viele Verwundete nach Wien zurückgebracht haben. Wenn Windischgrätz denkt, er werde mit seinem fürchterlichern Terrorismus die Demokratie in Oesterreich vollends vertilgen, so befindet er sich in dem allergrößten Irrthum.</p> <p>Die Demokratie hätte mit ihren unschuldigen Mitteln und mit ihren naiven Persönlichkeiten in Wien noch manches Jahr ackern können, bevor es ihr geglückt wäre, den Boden <hi rendition="#g">des ganzen Landes</hi>so demokratisch zu düngen, als es gegenwärtig der Fall ist. Die Demokratie schuldet in Oesterreich Niemand einen Dank, als eben Windischgrätz, den ich den energischsten Republikaner Deutschlands nennen möchte. Die demokratische Burschikosität der Aula, der Blödsinn der Vereine, die Gutmüthigkeit des Volks und die rasende Phrasenlogie der Presse werden künftig einem Ernste, einer Besonnenheit und einem einheitlichen Muthe weichen, die zu großen Resultaten führen müssen.</p> <p>Jellachich ist mit dem größten Theil seiner Kroaten gegen Ungarn gezogen und Windischgrätz scheint die 40,000 Mann, die annoch in Wien liegen, gar gerne ebenfalls in Ungarn verwenden zu wollen, um dem Kriege ein rasches Ende zu machen. Er hat darum die Garde der Stadt ersuchen lassen, einige Posten zu besetzen. Sie sollten die Gewehre dazu beim Beziehen der Wache aus dem Zeughause erhalten, um sie bei der Ablösung wieder niederzulegen. Die Garde soll darauf erklärt haben, daß sie unter dem Standrecht keine Waffe ergreife.</p> <p>Der Silbermangel nimmt in Wien, wie überall überhand. Die Kroaten haben alle Zwanziger mit fortgeschleppt und dafür Banknoten zurückgelassen, die sie mit Gewalt umtauschten. Die meisten Viktualienhändler wissen kaum mehr Guldenscheine zu wechseln. Ich glaube, daß während des Winters der allgemeine Bankrot unvermeindlich wird, da die Armeen die Staatskasse erschöpfen, der Terrorismus und der Krieg aber alles Zutrauen, alle Geschäfte, alles Leben zerstören.</p> </div> <div xml:id="ar154_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl>Wien, 21. Nov.</head> <p>Die heutige „Wiener Zeitung“ bringt nicht weniger als fünf kaiserliche Ansprachen oder Manifeste: „An Meine Völker Ungarn's“, (vom 22 Septbr) „Manifest an Meine Völker Ungarns“ (d. d. 25. Septbr) etc. bis zum 5., betitelt: „An die Landbewohner der Länder meiner Ungarischen Krone“ — Alles so schwarzgelb und so mit den bekannten metternichschen Phrasen nebst einem konstitutionellen Firniß, daß ich kein Wort weiter darüber verlieren will. Diesen 5 Schriftstücken schließt sich ein 6tes an, von Windisch-Grätz unterzeichnet und gerichtet: „An den Hrn. F. M. L. Moga und sämtliche k. k. Generäle, Stabs- u. Ober-Offiziere“. Es ist datirt: Schönbrunn 12. Nov., und fordert die Adressaten auf, längstens bis zum 26. Nov. zur Pflicht und Fahne zurückzukehren, widrigenfalls sie als Verräther und Rebellen betrachtet und behandelt werden sollen.</p> <p>Radetzky braucht neue Truppen. Am 23. wird zu diesem Zweck eine <hi rendition="#g">Werbung</hi> beginnen. Die sich Anwerbenden erhalten 10 fl. C. M. als Handgeld und verpflichten sich auf die Dauer des Krieges. Das vielfach verbreitete Gerücht, als habe Kossuth und A. eine Vervielfältigung östr. Banknoten durch Nachahmung beabsichtigt, wird heute <hi rendition="#g">offiziell</hi> für eine <hi rendition="#g">Lüge</hi> erklärt.</p> </div> <div xml:id="ar154_020" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Wien, 22. Nov.</head> <p>Nach einer von Olmütz hier angelangten Depesche ist das neue Ministerium, wie folgt, konstituirt: F.<hi rendition="#g">Schwarzenberg</hi>, Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen; Gr. Stadion; Inneres; Kraus, Finanzen, v. Cordon, Krieg; Bach, Justiz; Bruck, Handel; Thienfeld, Landeskultur und Bergwesen.</p> </div> <div xml:id="ar154_021" type="jArticle"> <head><bibl><author>39</author></bibl>Mainz, 25. Nov.</head> <p>Auch hier zeigt sich nun unter dem Militär ein anderer Geist, als der frühere. In den letzten Tagen gab es mehrfache Auftritte von Seiten der 40er gegen ihre Offiziere. Mehrere der letzteren — Hauptleute und Lieutenants — wurden von ihren Soldaten höchst unsanft mit Prügeln tractirt. Unsere Bürger sagen: das ist die Nemefi<gap reason="illegible"/> für die Aufhetzerei, durch welche der Soldat im Monat Mai gegen uns eingenommen wurde. Alle bisher im Oberlande befindlichen preußischen Truppen sind hier vorbei in Ihre Nähe gerückt.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0813/0003]
für die preußische Bürgerwehr bestimmt seien, machen wolle. Um den armen Handwerker nicht ferner, wie bisher, durch den Dienst von der Arbeit abzuhalten, sollen künftig nur diejenigen, welche mehr als 500 Thlr. jährliches Einkommen haben, zur Bürgerwehr herangezogen werden. Hierauf entließ der Minister die Majore sehr gnädig.
Nachschrift. Soeben verbreitet sich das Gerücht, daß die Nationalversammlung, welche von der Regierung zum 27. d. M. in Brandenburg einberufen ist, auf weitere 14 Tage, bis zum 11. Dezember, vertagt worden sei. Man kann diesen neuen Aufschub nur der Unentschlossenheit des Königs zuschreiben, geändert ist dadurch nicht das Geringste.
* Berlin. Gras-Auction. (Annonce).
Ende dieser Woche, wenn sonst der gemüthliche Zustand es zuläßt, findet bei mir eine große Berliner Straßen-Gras-Auction statt. Die Zeitbestimmung behalte ich mir vor und bemerke nur noch, daß jeder Kaufer eines Grasquantums, das Bild, wie ein kleiner Mann durch großes Gras reitet, als Gratis-Beilage erhält. Der Erlös wird nach Abzug der Kosten zum Ankauf von Pulver und Blei für den souveränen Linden-Club verwandt.
Gustav Müller, Marienstraße 1a.
Nachschrift. Wegen eingetretener ungünstiger Witterung ist der Club auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.
Die Präsidentschaft des Clubs. contrasig. Müller.
* Berlin, 26. Novbr. Der „Pr. St. Anz.“ erhält in seiner heutigen Nummer folgende lustige Bekanntmachung:
Da die Einrichtungen und Vorbereitungen zur Wiedereröffnung der Sitzungen der zur Vereinbarung der preußischen Staats-Verfassung berufenen Versammlung in Brandenburg beendigt sind, so werden mit Bezug auf die Allerhöchste Botschaft vom 8. November d. J. die Herren Abgeordneten hiervon in Kenntniß gesetzt und zugleich eingeladen, sich in dem dort für die Sitzungen der Versammlung eingerichteten Lokale am 27. November d. J., um 10 Uhr Vormittags, zur Fortsetzung der Verhandlungen einzufinden.
Berlin, den 25. November 1848.
Das Staats-Ministerium.
(gez.) Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. Rintelen.
Dasselbe Blatt enthält einen offiziellen Bericht über die Entwaffnung in Berlin. Danach fehlen noch 3679 Gewehre, 765 Büchsen, 767 Hirschfänger und 2075 Säbel. Der Kommandant Thümen setzt daher einen neuen Termin an, der mit dem 27. d. Abends 5 Uhr zu Ende geht.
* Berlin, 24. Novbr. Immer besser! Wurden wir bisher über Einen Kamm geschoren, so werden wir jetzt in Böcke und Schaafe gesondert. Wenigstens den Wirthshausinhabern ist dieses Loos von Pascha Wrangel durch öffentliche Kundmachung vom 22. d. beschieden worden. Seinen früheren Erlaß, die Wirthshäuser um 10 Uhr zu schließen, „will“ er dahin modifiziren, „daß dies nur noch solche Gastlokale treffen soll, denen dies besonders auferlegt werden wird.“ Dahinter kommt Hinckeldey mit einer Proklamation, ganz gerührt über des Pascha's Großmuth. Danach wird das Polizeipräsidium denjenigen Gastwirthen, die nach wie vor um 10 Uhr schließen müssen, das betreffende Mandat insinuiren. Von den Beglückten hofft dagegen Hr. H., daß sie sich nicht durch Duldung eines verbotenen (?!) Verkehrs oder andere (?!!) Ordnungswidrigkeiten der (wie theuren?). Gnade verlustig machen werden.
In der hentigen „Voss. Ztg.“ befindet sich folgendes Inserat:„Herr General Wrangel
weshalb bekomme ich die mir bei meiner Verhaftung abgenommenen Sachen nicht zurück?
C. W. Wolff, Kammergerichts-Assessor.
* Berlin, 25. Nov. Das Ministerium Brandenburg hat von mehr als 6000 Landleuten der Grafschaft Glatz folgende Zuschrift erhalten:
„An das des Hochverraths angeklagte Ministerium in Berlin. Wir, die Landbewohner der Grafschaft Glatz, vertreten durch den unterzeichneten Verein, eröffnen Euch, daß der Abscheu über Euer verderbendringendes Treiben bei uns nicht geringer ist, als in allen übrigen Landestheilen. Wir erklären Euch, daß, so lange Ihr die Macht in Euren verbrecherischen Händen haltet, wir ferner keine Steuern bezahlen und auch unsere Söhne nicht länger in den Reihen des Heeres lassen, welches zu Anarchie und Mord gemißbraucht werden soll. Wir fordern unsere Söhne auf, Euch, des Hochverraths Angeklagten und Euren Kreaturen, die Ihr dem Verdammungsurtheile der Geschichte verfallen seid, keinen Gehorsam mehr zu leisten; wer von ihnen es dennoch thut, der sei von uns verstoßen und enterbt. Der Rustikalverein der Grafschaft Glatz. Am 16. Nov. 1848.“
Pyritz, 18. Nov. Es wird mir so eben der Brief eines Soldaten (eines Offizierburschen) aus Berlin, an seine Schwester hier gerichtet, mitgetheilt, aus welchem ich Folgendes als Beweis dafür anführe, wie furchtbar die Unwissenheit der armen Soldaten von ihren „gebildeten Vorgesetzten“ gemißbraucht wird:
„Liebe Schwester, nun kannst Du wohl leicht denken, was für eine traurige Lage wir jetzt stehen hier in Berlin, denn wir armen Soldaten müssen uns so umhertreiben in diese Kälte und müssen hierbei biwakiren und auf die Straße liegen und müssen dabei für Kälte erfrieren und hungern und wenn man noch etwas bekommt darf man es noch nicht mal essen, da muß man immer denken, sie haben es vergift, denn acht Soldaten haben sie schon vergift und zwei Offiziere haben sie schon ermordet!
(Ofts. Z.) 12 Brünn, 16. Nov. Das Volk, welches den Verzweiflungs-Riesenkampf, die letzte Ehrenschlacht wider die massenhaft angreifenden Truppen wagte, bestand nur aus einer im Vergleich zu der Gegenmacht überaus kleinen Schaar von verwegenen Proletariern, übergetretenen Grenadiren und Studenten, welchen die Bourgeoisie, nachdem sie das Burgthor geöffnet, ihre Häuser verschloß und welche daher von dem eindringenden Militär, das sofort alle Ausgangspunkte besetzte, während der Nacht und an den folgenden Tagen eingefangen, nach Hetzendorf und in die Kasernen getrieben, dort unter den fürchterlichsten Brutalitäten und Mordmetzeleien summarisch verhört und dann sofort erschossen oder den Szeresanern zum qualvollsten Martertode übergeben wurden. Die Scheußlichkeiten, welche in Hetzendorf auf diese Weise verübt worden sind, sollen allen Glauben übersteigen. Dies Schloß liegt einsam unweit Schönbrunn dicht an der Gloppnitzer Bahn. Windischgrätz hält daselbst bekanntlich Hauptquartier und läßt sich von 14 Kanonen und vieler Kavalerie bewachen. Während mehrerer Tage hörte man ringsum Gewehrfeuer, unter welchem die gefangenen Opfer verbluteten. Die Jünglinge der akademischen Legion mußten zwei und zwei sich selbst ihr Grab schaufeln, bevor sie niedergemacht wurden; diejenigen aber, welche man den Szeresanern überlieferte, wurden sämmtlicher Kleider und Habseligkeiten beraubt, sodann zum größten Theil mit Nägeln an die Wände genagelt und dann in der Weise zu Tode gemartert, daß man ihnen die Nägel von den Fingern ablöste, die Finger abschnitt und die Fußzehen mit Kolben vollständig zerstampfte, dann die Pulsadern aufschnitt und diese, sowie die Handfasern mit Gewalt herausriß. Nun wurde den auf diese Weise verstümmelten Märtyrern gemeinlich noch die Haut abgezogen, die Augen ausgestochen, die Köpfe rundum gedreht und zumal an Frauen ein Kannibalismus verübt, der keine Beschreibung zuläßt, weil er die haarsträubendsten Phantasien übertrifft. Ein Bajonnetstich durch die Brust machte gewöhnlich das Ende. — An andern Stellen wurden ganze Familien ins Feuer getrieben und so verbrannt; der Wirth des Schüttelbades soll mit Frau und Kindern an einen Baum aufgehangen worden sein, unter welchem dann ein Feuer angezündet und die Leichname gebraten wurden. Da sich sehr viele in die Keller geflüchtet hatten, so stürzten beim Stürmen der Häuser die Kroaten, Ortochaner und Szeresaner nicht nur in die Wohnungen, wo sie Alles mordeten, sondern auch in die Keller, aus welchen noch fortwährend Leichen hervorgezogen werden. — Wehe dem Armen, der sich in diesen Tagen, oder gar jetzt noch mit langen Haaren, einem Stürmer oder Kleide der akademischen Legion sehen zu lassen die Unklugheit beging, er konnte des entsetzlichsten Martertodes gewiß sein. Wer nicht erschossen und gemartert wurde, den steckte man gegen die Ungarn ins Militär und zwar unter das Fuhrwesen, an den schimpflichsten Posten.
Die Aula wurde mit einem alle zuführenden Straßen versperrenden Kroatenkordon umgeben und bis in die geheimsten Winkel durchsucht. Wer darin war, wurde unbedingt niedergemacht.
Hunde und Bestien waren die gewöhnlichen Benennungen, mit welchen die Wiener Bürger angeredet und eingefangen wurden; die Kroaten drangen, namentlich in den Vorstädten, ohne Umstände in die Häuser und nahmen hinweg oder zertrümmerten, was sich vorfand. Ein Kabinetsstückchen von ihnen war, in parketirten, reich ausmöblirten Salons ein Feuer anzuzünden und so das ganze Haus in Brand zu stecken. Die Verwüstungen, welche also angerichtet worden, sind ganz unbeschreibbar. Die werthvollsten Kostbarkeiten wurden von ihnen für ein Spottgeld verkauft und ich selber habe einen Kroaten ein Bündel seiner Wäsche verhandeln sehen, aus welchem der Käufer eine abgehauene Hand hervorzog. Denken Sie sich bei dem Umfang der Stadt die Anzahl der Grausamkeiten, welche vorgefallen sein müssen! Wenn Sie sich einen ziemlich richtigen Begriff von dem gegenwärtigen Zustande Wiens machen wollen, so stellen Sie sich, die Verwüstungen und Grausamkeiten abgerechnet, Wallensteins Lager vor. Alle Straßen und öffentlichen Plätze liegen noch heute voll Militär, die Wachtfeuer lodern überall hoch auf, slavische Lieder ertönen und die kroatischen Marketenderinnen mit reizendem Fuß und graziösem Körperbau besorgen Küche und die Etceteras. Die Wildheit und Hinrichtungsunheimlichkeit dieses Anblicks hat etwas großartig Grausenhaftes an sich, namentlich zur Nachtzeit. — Um die Bevölkerung zu zerstreuen und ihre Aufmerksamkeit von den fortdauernden Meuchelmorden abzulenken, zum Theil auch, um das Spionenwesen wirksamer zu machen, sind Theater und sonstige Belustigungen wieder anbefohlen worden. Man will damit beweisen, daß die konstitutionelle Ordnung, Ruhe und Sicherheit, wovon alle Militärproklamationen überfließen, wieder hergestellt worden.
Als am Abend des 31. Okt. die Burg in mächtigen Flammen aufloderte, ein Schauspiel, das ich von meiner Wohnung aus in furchtbar naher Pracht genoß und welches nach dem entsetzlichen Bomben-Granaten-Brandraketen-Kartätschen- und Kugel-Donner-Regen das dramatische Ende des Kaiserhauses mit glühenden Feuergriffeln aus Himmelsgewölbe schreiben zu wollen schien, da waren es eben die Proletarier, welche vom Kampfplatz zum Löschen herbeieilten; ihren riesenmäßigen Anstrengungen ist die Rettung der Burg von dem Untergange, die Rettung aller Schätze zu verdanken, die hier im engen Raume zusammenliegen. Dafür verfehlte Windischgrätz auch nicht, diese Leute der Brandlegung anzuklagen, einfangen und hinmartern zu lassen. Nun freilich, Alexander, Ramsinit, Sesostris und die andern Erbauer ägyptischer Pyramiden sollen es ebenso gemacht haben, als sie ihre Riesengräber anfertigen ließen.
Kaum hatte das Militär die Stadt in Besitz genommen, so begann die schwarzgelbe Schaar in freien Tönen der Entzückung ihr Hallelujah anzustimmen. Sie nannte jeden Soldaten ihren Erretter und Befreier und beschenkte ihn mit Geld und Liebkosungen. Zur vollständigsten Genugthuung dieser Leute beeilten sich indessen die Ortochaner, Szeresaner u. s. w. ihnen auf der Stelle Alles abzunehmen und sie oft noch dazu selber zu behalten und natürlich zu schlachten. Dadurch ist der Enthusiasmus vieler Schwarzgelben bedeutend abgekühlt worden.
Infamer als alles, was vorgekommen ist und noch vorkommt, ist gleichwohl die wieder in den vollsten Flor gerathene Spionage. Sie war früher das eigentliche Lebenselement Oestreichs, war niemals ausgerottet worden und ist gegenwärtig mit einer Wuth wiederum emporgeschossen, die sich nur durch die lang unterbrochene Verdienstlosigkeit erklären läßt, welche die Kreaturen dieser Bande seit dem März haben aushalten müssen. Auf der Straße, in den Kaffee- und Gasthäusern, in Theatern und Vergnügungsstellen ist der zweite Mensch fast ein Spion. Wer widrige, verrätherische, scheußliche Physionomien schauen will, der muß diese Denunziationsställe besuchen. Ich hätte meine Unbefangenheit beinahe elendiglich büßen müssen, als ich in den ersten Tagen eine Lokalität der Art besuchte. Ein offenes freies Gesicht reicht hin für einen Republikaner oder Kommunisten zu gelten und denunzirt zu werden. Man kommt nach vielfachen Qualen vor eins der 3 Kriegsgerichte und wehe dem, der eine Waffe getragen, einmal ein Wort geredet oder geschrieben hat; er muß schuldig sein, schon weil er eine demokratische Nase hat. — Gewöhnlich werden die Denunzirten von Polizei und Militär in der Nacht überfallen und geräuschlos davongeschleppt, um meistens nicht mehr ans Tageslicht zu kommen. Da jedes Privatinteresse zur Denunziation genügt und der grundloseste Verdacht zum Verderben des Denunzirten hinreicht, so zittert jeder vor der Nacht, die ohnehin hier ein Greuel ist, weil so viele Exekutionen während derselben stattfinden.
Als Jelachich seinen Einzug in die Stadt hielt, stand ich gerade unter dem Durchgang der Post; die Straßen boten eine schauerliche Oede dar, in welcher man die Spatzen schlagen hörte. Kein Fenster öffnete sich, alles floh vor der fürchterlichen Bande, in deren Mitte Jelachich einherritt. Dessenungeachtet berichten die Zeitungen von Vivats der Bevölkerung; allein dies ist eine Lüge, denn ich hörte weit und breit durch die hohlen Gassen nur die Zivio's, welche die durchreitenden Barbarenschwärme mit kannibalischem Geheul sich selber brachten.
Am 1. Nov. wollte der Reichstag fortfahren, Sitzung zu halten, seine Diener wollten eben die Thüren öffnen; da ritt der berüchtigte Lanzenknecht Felix Schwarzenberg vorüber, schnauzte die Thürhüter an, was sie hier zu schaffen hätten und befahl ihnen, wieder zu schließen. Einen Augenblick später wurde der Reichstag ringsum von Kroaten umstellt und seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Er sollte am 15. in Kremsier wieder zusammentreten, Windischgrätz mag indessen seine Stimme und seinen Einfluß selbst von diesem Helena-Felsen aus fürchten und für seine Rachepläne gefährlich halten, darum hat er den Kaiser bestimmt, sein Wiederauftreten noch weiter bis zum 22. zu vertagen. Die Kriegsgerichte entwickeln eine ungeheure Thätigkeit und brüsten sich damit, bereits über 600 Schuldlose entlassen zu haben. Die Hinrichtungen folgen sich indessen massenweise von Tag zu Tag und man hört keine andere Neuigkeit zum Frühstück und Diner, als — Erschießen.
Durch die Verfügungen vom 23. Oktober und 1 November sind alle Fremden gleichsam für vogelfrei erklärt worden und dürfen sich, da man sie an ihrer Sprache augenblicklich erkennt, ja gewaltig hüten. Robert Blum wollte Windischgrätz seine ganze Verachtung vor dieser edlen Körperschaft beweisen.
Die Führer der akademischen Legion werden zum größten Theile erschossen, ebenso die Mitglieder des Nationalgarde-Generalstab's. Der Oberkommandant Messenhauser ist zum Strang verurtheilt, dann aber auf Verwenden des Gemeinderaths zum Pranger und Erschießen nach drei Tagen begnadigt worden. — Anfangs glaubte man, Windischgrätz würde, obwohl bei der durch den Reichstag verhinderten Veröffentlichung der ersten schon diese Proklamationen das Aergste sind, nicht über seine Proklamationen vom 23: Okt. und 1. Nov. hinausgehn; aber nein, es finden Hinrichtungen auf Grund einer Proklamation vom 20, die Niemand kennt und auf Grund von blosen am 6. Okt. gesprochenen Worten, statt. Ein Schneider hatte die Unvorsichtigkeit zu äußern, er habe einen Fetzen von Latours Kleidern erbeutet; er wurde verrathen und augenblicklich erschossen. Die Angehörigen der Verschwundenen erhalten nach der Exekution einen Todtenschein in's Haus geschickt. Die Offiziere, welche am 6. Okt. das Militär im Kriegsgebäude befehligten, sollen weil sie sich nicht bis auf den letzten Mann wider das anstürmende Volk gewehrt, sämmtlich erschossen werden, sofern man ihrer habhaft wird. Die Aufregung in der Bevölkerung hat durch die zahlreichen Exekutionen einen unbeschreiblichen Höhepunkt erreicht, den F. M. L. Welden, der den saubern Modena in seine Staaten wieder eingeführt hat und jetzt Gouvernör von Wien ist, damit zu ebnen glaubt, daß er den entsetzten Wienern die Versicherung ertheilt, die Gerüchte über die vielen Hinrichtungen seien erlogen, indem erst drei Hochverräther gerichtet worden seien. Die Wiener Zeitung bringt nur immer die hervorragendsten Namen und muß den geheimen Meuchelmord verschweigen.
Um Diejenigen, welche namentlich am 31. gefochten, zu fangen, hatte Windischgrätz gleich anfangs allen Mobilen 15 Kr. pro Tag und Arbeit versprochen; allein das Proletariat merkte die Falle und vermied sie zum größten Theile. Jetzt will man 20,000 Arbeiter zu Staatsbauten haben, aber Niemand meldet sich, weil Jeder befürchtet, unters Militär gesteckt zu werden, um gegen die Ungarn zu kämpfen. — Welden fordert jetzt den Gemeinderath auf, ihn, damit die Militärherrschaft angeblich bald ein Erde nehme, in seinen Bemühungen zur Wiederherstellung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit kräftigst zu unterstützen, d. h. mit andern Worten, tüchtig denunziren zu helfen, damit bis zum 22. noch tüchtig hingerichtet werden kann. — Der Gemeinderath ist durch den Torrorismus zu Allem befähigt worden und wenn er Windischgrätz eine Suplik zu überreichen hat, so bittet er durch eine Deputation erst kniefällig um deren Annahme.
Die Post macht, was ihr beliebt, und behält nach Gutdünken Briefe zurück, um sie entweder erst später oder gar nicht an ihre Adresse gelangen zu lassen. Die Briefträger stehen wieder im Solde der Polizei und lassen durch sie den Inhalt der Briefe und Zeitungen erforschen. Es soll sogar Postbeamte geben, bei denen man sich auf die Lektüre der Zeitungen abonniren kann, die der Empfänger daher natürlich später, oder auch gar nicht erhält. Ich habe darin bereits Erfahrungen gemacht.
Bei der auf allen Gesichtern verzeichneten Furchtbarkeit der Zustände kann die nächste Zukunft, ein Winter, wiederum nur furchtbar werden. Das größte Elend ist um so unvermeidlicher, als durch den Krieg mit Ungarn, dessen Beendigung den Herren gar nicht so leicht zu werden scheint, die bedeutendste Zufuhrquelle vollends abgeschnitten ist und die Frucht bereits eine doppelte Preishöhe erreicht hat. Wie verlautet, sollen die von 5 Seiten zugleich angegriffenen Ungarn sich wüthend wehren und den kaiserl. Generälen bereits die bedeutendsten Verluste beigebracht haben. General Bem soll den linken Flügel ihrer Armee kommandiren. Man soll viele Verwundete nach Wien zurückgebracht haben. Wenn Windischgrätz denkt, er werde mit seinem fürchterlichern Terrorismus die Demokratie in Oesterreich vollends vertilgen, so befindet er sich in dem allergrößten Irrthum.
Die Demokratie hätte mit ihren unschuldigen Mitteln und mit ihren naiven Persönlichkeiten in Wien noch manches Jahr ackern können, bevor es ihr geglückt wäre, den Boden des ganzen Landesso demokratisch zu düngen, als es gegenwärtig der Fall ist. Die Demokratie schuldet in Oesterreich Niemand einen Dank, als eben Windischgrätz, den ich den energischsten Republikaner Deutschlands nennen möchte. Die demokratische Burschikosität der Aula, der Blödsinn der Vereine, die Gutmüthigkeit des Volks und die rasende Phrasenlogie der Presse werden künftig einem Ernste, einer Besonnenheit und einem einheitlichen Muthe weichen, die zu großen Resultaten führen müssen.
Jellachich ist mit dem größten Theil seiner Kroaten gegen Ungarn gezogen und Windischgrätz scheint die 40,000 Mann, die annoch in Wien liegen, gar gerne ebenfalls in Ungarn verwenden zu wollen, um dem Kriege ein rasches Ende zu machen. Er hat darum die Garde der Stadt ersuchen lassen, einige Posten zu besetzen. Sie sollten die Gewehre dazu beim Beziehen der Wache aus dem Zeughause erhalten, um sie bei der Ablösung wieder niederzulegen. Die Garde soll darauf erklärt haben, daß sie unter dem Standrecht keine Waffe ergreife.
Der Silbermangel nimmt in Wien, wie überall überhand. Die Kroaten haben alle Zwanziger mit fortgeschleppt und dafür Banknoten zurückgelassen, die sie mit Gewalt umtauschten. Die meisten Viktualienhändler wissen kaum mehr Guldenscheine zu wechseln. Ich glaube, daß während des Winters der allgemeine Bankrot unvermeindlich wird, da die Armeen die Staatskasse erschöpfen, der Terrorismus und der Krieg aber alles Zutrauen, alle Geschäfte, alles Leben zerstören.
24 Wien, 21. Nov. Die heutige „Wiener Zeitung“ bringt nicht weniger als fünf kaiserliche Ansprachen oder Manifeste: „An Meine Völker Ungarn's“, (vom 22 Septbr) „Manifest an Meine Völker Ungarns“ (d. d. 25. Septbr) etc. bis zum 5., betitelt: „An die Landbewohner der Länder meiner Ungarischen Krone“ — Alles so schwarzgelb und so mit den bekannten metternichschen Phrasen nebst einem konstitutionellen Firniß, daß ich kein Wort weiter darüber verlieren will. Diesen 5 Schriftstücken schließt sich ein 6tes an, von Windisch-Grätz unterzeichnet und gerichtet: „An den Hrn. F. M. L. Moga und sämtliche k. k. Generäle, Stabs- u. Ober-Offiziere“. Es ist datirt: Schönbrunn 12. Nov., und fordert die Adressaten auf, längstens bis zum 26. Nov. zur Pflicht und Fahne zurückzukehren, widrigenfalls sie als Verräther und Rebellen betrachtet und behandelt werden sollen.
Radetzky braucht neue Truppen. Am 23. wird zu diesem Zweck eine Werbung beginnen. Die sich Anwerbenden erhalten 10 fl. C. M. als Handgeld und verpflichten sich auf die Dauer des Krieges. Das vielfach verbreitete Gerücht, als habe Kossuth und A. eine Vervielfältigung östr. Banknoten durch Nachahmung beabsichtigt, wird heute offiziell für eine Lüge erklärt.
* Wien, 22. Nov. Nach einer von Olmütz hier angelangten Depesche ist das neue Ministerium, wie folgt, konstituirt: F.Schwarzenberg, Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen; Gr. Stadion; Inneres; Kraus, Finanzen, v. Cordon, Krieg; Bach, Justiz; Bruck, Handel; Thienfeld, Landeskultur und Bergwesen.
39 Mainz, 25. Nov. Auch hier zeigt sich nun unter dem Militär ein anderer Geist, als der frühere. In den letzten Tagen gab es mehrfache Auftritte von Seiten der 40er gegen ihre Offiziere. Mehrere der letzteren — Hauptleute und Lieutenants — wurden von ihren Soldaten höchst unsanft mit Prügeln tractirt. Unsere Bürger sagen: das ist die Nemefi_ für die Aufhetzerei, durch welche der Soldat im Monat Mai gegen uns eingenommen wurde. Alle bisher im Oberlande befindlichen preußischen Truppen sind hier vorbei in Ihre Nähe gerückt.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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