Neue Rheinische Zeitung. Nr. 154. Köln, 28. November 1848.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 154. Köln, Dienstag den 28. November. 1848.
Zur Nachricht diene hiermit dem geehrten Publikum, daß unfrankirte Briefe außer von unsern Korrespondenten für die Folge keine Annahme finden von der Redaktion und Expedition der Neuen Rheinischen Zeitung. Köln, den 27. November 1848. Zu Nro. 153 der Neuen Rheinischen Zeitung wurde Sonntag Morgen eine Zweite Ausgabe ausgegeben. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der Bericht des Frankfurter Ausschusses über die österreichischen Angelegenheiten. -- Ein Mahnbrief aus Berlin.) Düsseldorf. (Der Belagerungszustand. -- Schmitz. -- Brutalität der Soldateska. -- Mirbach. -- Zwei Ersatzmänner.) Gladbach. (Antibrandenburgisches). Rheydt. (Die Monarchie gerettet.) Trier. (Sebald.) Mühlhausen. (Elberfeld in Acht erklärt.) Berlin. (Erklärung der Nationalversammlung. -- Erklärung Strotha's. -- Die Landwehr in Sachsen. -- Mißtrauensvotum für Rintelen. -- Berg. -- Pläne der Camarilla. -- Grabow -- Der Berliner Zustand. -- Grasauktion. -- Berufung nach Brandenburg. -- Entwaffnung. -- Schaafe und Böcke. -- Glatzer Adresse an Brandenburg.) Brünn. (Monarchische Thaten. -- Wiener Zustand. -- Das neue Ministerium. -- Proklamationen.) Mainz. (Der Geist unter den Vierzigern.) Frankfurt. (Nationalversammlung.) Deutschland. * Köln, 27. November. Vor einigen 40 Jahren gab es Leute, die "Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung" schilderten. Gut, daß sie bereits ad patres gegangen. Sie könnten jetzt ein solches Buch nicht schreiben; sie wüßten keinen Titel für dasselbe und wählten sie den alten, sie widersprächen sich selbst. Denn für Deutschland gibt es stets, um mit dem englischen Dichter zu reden, "beneath the lowest deep a lower still." Wir glaubten, mit Abschluß des dänischen Waffenstillstandes sei die größte Schmach erschöpft. Ueber die Erniedrigung Deutschlands schien uns nach dem Auftreten des Reichsgesandten Raumer in Paris, Heckscher's in Italien, des Kommissärs Stedtmann in Schleswig-Holstein, und nach den beiden Noten an die Schweiz, nichts hinausgehen zu können. Das Auftreten der beiden Reichskommissäre in den östreichischen Angelegenheiten beweist unsere Täuschung. Wie unglaublich weit deutsche Reichskommissäre es mit der Ehre Deutschlands treiben, welche stupide Unfähigkeit, Feigheit oder Verrätherei die Herren des alten Liberalismus in sich bergen können: ergibt sich zur Genüge aus dem eben erschienenen "Bericht des Ausschusses für die östreichischen Angelegenheiten etc.", namentlich aus den darin enthaltenen 20 Schriftstücken. Am 13. October reisen die Herren Welcker und Mosle im Auftrage der Centralgewalt von Frankfurt ab "zur Vermittelung in den Wiener Angelegenheiten". In der neuen Centraldiplomatie unbewanderte Leute erwarteten binnen einigen Tagen die Nachricht von der Ankunft dieser Herren in Wien. Man wußte damals noch nicht, daß Reichskommissäre eigene Reiserouten besitzen. Die reichsverweserlichen Eisele und Beisele schlugen den geradesten Weg nach Wien ein über -- München. Die bekannte Reisekarte aus der Jobsiade in der Hand, langten sie dort am 15. Oct. Abends an. Bis zum 17. Oct. Mittags studirten sie jetzt die Wiener Ereignisse im traulichen Verein mit den baierischen Ministern und dem östreichischen Geschäftsträger. In ihrem ersten Briefe an Hrn. Schmerling geben sie Rechenschaft von ihren Vorstudien. In München haben Beide einen lichten Augenblick. Sie wünschen sehnlichst die Ankunft eines "dritten Collega", wo möglich eines Preußen, "weil wir dadurch dem großen Auftrage besser gewachsen sein werden". Der Hr. "Collega" erscheint nicht. Die Trinitätshoffnung scheitert; der ärmliche Dualis muß allein in die Welt hinaus. Was wird nun aus dem "großen Auftrage" werden? Der große Auftrag wird in den Taschen der Herren Welcker und Mosle nach Passau gefahren. Noch vor'm Ueberschreiten des östreichischen Rubicon läßt der "große Auftrag" eine Proklamation vorausmarschiren. Da drüben aber war's fürchterlich! "Auch ist", schreibt Welcker an Schmerling, "die Bevölkerung hier an der östreichischen Gränze keineswegs von revolutionären und terroristischen Erscheinungen frei", ja "selbst die Nationalgarden von Krems wurden nur durch das Zuvorkommen einer militärischen Besetzung der Brücke außer Stand gesetzt, dieselbe ihrem Kaiser abzubrechen und diesen also gewissermaßen gefangen zu nehmen." Welcher Leser wäre verhärtet genug, diese Empfindungen einer schönen Staatslexikon-Seele nicht vollständig zu würdigen! Nachdem sich die beiden Herren vom 18. Mittags bis zum 20. früh in Passau gestärkt, begeben sie sich nach Linz. Am 13. October waren sie von Frankfurt abgereist, am 20sten Abends sind sie schon in Linz. Liegt nicht in dieser ungeheuern Schnelligkeit Beweis genug für die Wichtigkeit ihres "großen Auftrages"? Sollten sie durch besondere Instruktionen zu dieser enormen Eile angetrieben worden sein? Genug, nach sieben vollen Tagen langen die Herren in Linz an. Diese Stadt, die bei ihrer "großen, schon durch Wiener Emissäre bearbeiteten Fabrikbevölkerung" im Hrn. Welcker während seines Aufenthalts in Passau bange Ahnungen weckte, zeigt durchaus nichts von den wahrscheinlich für ihn und seinen zweiten Hrn. Collega im Geist erblickten Galgen. Im Gegentheil: "die gesammte Nationalgarde mit ihrem Offizierkorps und ihrer Mu[unleserliches Material]k .... empfing uns in feierlicher Aufstellung mit fliegender deutscher Fahne und im Verein mit dem umgebenden Volk mit wiederholtem Lebehoch." Linz -- das revolutionäre Sodom -- löst sich somit in eine gutgesinnte Stadt auf, die Bonhommie genug besitzt, unsere trefflichen Reichskommissäre feierlich zu empfangen. Desto grausiger tritt dafür Wien in den Welcker-Mosle'schen Berichten an Hrn. Schmerling als das gottloseste Gomorrha, als ein Höllenpfuhl der Anarchie etc., hervor. Am 21. stiegen die Herren auf's Dampfschiff und fuhren nach Krems. Unterwegs berichten sie nach Frankfurt, daß sie in Linz Ehrenwachen gehabt, daß die Hauptwache vor ihnen unter's Gewehr getreten und ähnliche gleichwichtige Dinge mehr. Zugleich fertigen sie 3 Briefe: an Windischgrätz, Minister Kraus und an das Präsidium des Reichstags. Sollte irgend Jemand von der mehr als 8tägigen Wirksamkeit unserer Reichskommissäre noch nicht vollständig befriedigt sein: der begleite sie jetzt in der Nacht vom 21. auf den 22. Octbr. nach Stammersdorf, in's Hauptquartier von Windischgrätz. Hier strahlt uns die kommissarische Centralgewalt in aller Glorie entgegen. "Windischgrätz", sagt Welcker-Mosle, "lehnte jede Einwirkung von unserer Seite mit einer gewissen Schroffheit ab. Mit andern Worten: sie erhalten Fußtritte und müssen sich ihres Weges trollen. "Ja er wollte nicht einmal unsere Vollmacht einsehen", klagt Welcker seinem Minister Schmerling. Und um das Maaß der Betrübniß voll zu machen: Windischgrätz bietet der vor ihm stehenden personifizirten Centralgewalt keinen Tropfen Wein an, nicht einmal einen Schnaps. Unsere Kommissäre setzen sich also wieder in den Wagen, summen traurig vor sich hin: "O du Deutschland etc." und fahren nach -- Wien? Bewahre der Himmel! nach Olmütz "an's kaiserliche Hoflager". Und sie thaten wohl daran. Dem ganzen Reichswitz hätte die Pointe gefehlt, der Vermittelungs-Komödie der letzte Akt. Waren sie von Windischgrätz wie dumme Schulbuben traktirt worden, so fanden sie in Olmütz "von Seiten des Kaisers und der kaiserlichen Familie eine viel entgegenkommendere Aufnahme" (vergl. S. 11 des Berichts, Schreiben Nro. 6). Sie wurden zur Tafel geladen und "wir haben uns", schrieben sie weiter an Hrn. Schmerling, "der gnädigsten Aufnahme zu erfreuen gehabt." Das ist keineswegs die deutsche Lakaien-Natur, die sich hier ausspricht, sondern innigste Dankbarkeit, die in dem Liede: "Nach so vielen Leiden etc." ihren entsprechenden Ausdruck findert. Nach allem Essen und Trinken bleibt immer noch der bekannte "große Auftrag" zu erledigen. Unsere beiden Kommissäre wenden sich schriftlich an den Minister Freiherrn von Wessenberg. "Ew. Excellenz (beginnt der Brief vom 25. Oct.) ersuchen wir ergebenst, uns geneigtest eine Stunde bestimmen zu wollen, in welcher es ihnen gefällig wäre, unsern Dank für die wohlwollende Aufnahme zu empfangen, welche unserer Mission und uns von Seiten Sr. k. k. Majestät und Eurer Excellenz zu Theil ward, und uns in Beziehung auf folgende noch zur Vollführung unserer Mission gehörigen Punkte Ihre Ansichten und Entschlüsse mitzutheilen." Die "folgenden Punkte" sagen mit vielen Worten, daß die Kommissäre die Erlaubniß wünschen, sich nach Wien zur Vermittelung begeben zu dürfen. Der ganze Brief, wie auch der zweite an Wessenberg, ist in einem so verzwickten Kanzleistyl des vorigen Jahrhunderts abgefaßt, so voll von maßloser Höflichkeit und Unterwürfigkei, daß es ordentlich wohl thut, gleich darauf Wessenberg's Antworten lesen zu können. Die beiden Kommissäre stehen in diesem Briefwechsel dem östreichischen Minister gegenüber da wie zwei tölpische Bauern dem feingebildeten Edelmanne, wenn sie auf dem glatten Fußboden ihre possirlichen Bücklinge machen und recht gewählte Ausdrücke vorzubringen suchen. Wessenberg antwortet auf obigen Brief: "Hochwohlgeborne Herren! Ich muß um Entschuldigung bitten, wenn ich Ihre heutige Zuschrift so spät beantworte ..... Was Ihre wohlmeinende Absicht betrifft, noch einen Versuch in Wien zur Beilegung der dortigen Zerwurfnisse zu machen, so scheint mir nöthig, Sie vorerst in die Kenntniß der dermaligen dortigen Zustände zu setzen. Es handelt sich nämlich nicht darum, mit einer Parthei zu unterhandeln, sondern lediglich eine Insurrektion zu unterdrücken etc." (vergl.: S. 16 des Berichts.) Mit dieser Antwort schickt er ihnen zugleich ihre Vollmachten zurück. Sie wiederholen ihr Anliegen unterm 27. Okt. "Wir müssen," sagen sie, "es für dringende Pflicht halten, Ew. Ex. und in Ihnen die K. Regierung nochmals inständigst zu ersuchen, uns schleunigst mit milden und versöhnenden Aufträgen und Bedingungen unter sicherem Geleite nach Wien zu senden, um so in dieser furchtbaren Krisis die beschwichtigende und persönliche Kraft zu benutzen, welche in uns und in unserer Mission liegt." Wir haben gesehen, wie diese "beschwichtigende und persönliche Kraft" in den 14 Tagen, seitdem sie aus Frankfurt's Thoren gefahren ist, gewirkt hat. Sie übt auf Wessenberg den mächtigen Einfluß, daß er in seiner Antwort auf ihr Anliegen keine Antwort giebt. Er theilt ihnen einige, noch dazu halb unwahre Nachrichten aus Wien mit und bemerkt ironisch: "daß übrigens Empörungen der Art, wie jene der Proletarier in Wien, nicht leicht ohne Anwendung von Zwangsmitteln unterdrückt werden können, haben noch neuerlich die Ereignisse in Frankfurt bewiesen!" Solchen Argumenten konnten die Herren Welcker und Mosle unmöglich widerstehen: sie stehen deshalb von weitern Versuchen ab und harren mit ihrer "beschwichtigenden und persönlichen Kraft" der Dinge, die da kommen sollen. Am 28. Okt. berichten sie in Betreff ihres "großen Auftrages" wieder an Schmerling. Auf Wessenberg's Anerbieten übergeben sie ihre Depesche einem Kurier, den Ersterer nach Frankfurt sendet. Der Kurier geht ab, doch nicht die Depesche. Sie langt erst am 6. Nov. in Frankfurt an. Wären sie nicht an der kaiserlichen Tafel gewesen, hätte die kaiserliche Familie und namentlich der Erzherzog Karl nicht so freundlich mit ihnen gesprochen: die Kommissäre müßten über so viel Pech ihren hohen Verstand verloren haben. Jetzt folgt zweitägiges Stillschweigen. Die "beschwichtigende Kraft" hält Sabbathruhe nach so vieler Arbeit. Da, am 30. Okt., theilt ihnen Wessenberg die offizielle Kunde von der Uebergabe Wiens mit. Ihr Entschluß ist gefaßt. Zwar meinten sie noch am 28. Okt. (S. 14 des Berichts), "es scheint, daß bei ihm (Windischgrätz) ebenso wie wie hier (in Olmütz) bei den einflußreichen Personen der Gedanke, nicht blos Wien zu unterwerfen, sondern auch eine rächende Züchtigung für bisheriges Unrecht eintreten zu lassen, allzusehr vorherrscht." Allein seitdem hat ihnen Wessenberg versichert, und wie sollte ein Reichskommissär da noch zu zweifeln wagen -- er hat ihnen versichert, daß die östreichische Regierung bei der Benutzung dieses Sieges sich von den Grundsätzen leiten lassen werde, welche geeignet seien, ihr die Zuneigung ihrer Unterthanen zu sichern." "So können wir also annehmen," ruft Welcker-Mosle voll Reichspathos aus, "daß unsere Vorschläge doch einigen Einfluß gehabt haben." Also doch? O sicher! Ihr habt Wessenberg, Erzherzog Karl, Sophie und Konsorten 8 Tage lang aufs Prächtigste amüsirt. Ihr ward kaiserlich-königlicher Verdauungspulob, Welcker-Mosle! "Wir halten nach jener Versicherung des Ministers unsere Aufgabe nun für gelöst und werden morgen (31. Okt.) über Prag unsere Rückreise antreten." So schließt die letzte Depesche der Herren Welcker-Mosle. Und in der That, Ihr habt Recht, Euer "großer Auftrag" der Versöhnung und Vermittelung war erledigt. Was hättet Ihr auch jetzt nach Wien gehen sollen? Waren nicht die Apostel der Humanität, Windischgrätz und Jellachich, Herren der Stadt? Predigten nicht die Rothmäntel und die k. k. Truppen mittelst Plünderung, Brand, Mord und Nothzucht das Evangelium des Friedens und der konstitutionellen Freiheit, verständlich für Jedermann? Wie sehr Eure "beschwichtigende Kraft" zum Durchbruch gekommen, wie herrlich Ihr Eure Aufgabe gelöst: das zeigt das Röcheln der Gemordeten, der Verzweiflungsschrei der Geschändeten, das zeigen die Tausende in den Gefängnissen, das lehrt uns der blutige Schatten Robert Blum's. Eure Aufgabe war es, zur Trilogie, welche Windischgrätz, Jellachich und Wessenberg in Scene setzten, in Olmütz das Satyrspiel aufführen zu helfen. Sie ist würdig von Euch gelöst worden: Ihr habt, wenn nichts Schlimmeres, so doch die Rolle der "gefoppten Oheime" mit Virtuosität zu Ende gespielt. * Köln, 27. Nov. Wir erhalten mit der heutigen Berliner Post wieder ein Schreiben von derselben Hand, die schon einmal so freundlich war, uns ernstmahnende Worte an's Herz zu legen. Unsere Leser erinnern sich, daß wir einen Drohbrief aus Berlin sammt Orthographie abdrucken ließen. Das heutige Schreiben zeigt bedeutende Fortschritte des Verfassers. Doch ist es vielleicht richtiger, anzunehmen, daß er den Brief erst einem Schulmeister zur Korrektur vorgelegt. Indeß auch der Schulmeister scheint über den Unterschied zwischen sch, ch, n, u, m, Interpunktionszeichen und dgl. sich noch nicht mit der Grammatik vereinbart zu haben. Wir lassen den neuen Brief wörtlich nachfolgen. Er lautet: "Ihre Brille ist wahrscheinlich fettig gewesen daß Sie so viele orth: Fehler in meinen Schreiben gefunden, die gar nicht drein enthalten, indeßen von solchen Verdrehern der Wahrheit wundert niemand etwas, Ihre ganze Zeitung ist ganz und gar weiter nichts als eine Partei Lüge, Ihre Gemeinheit so groß daß Sie keine Schaam mehr kennen, und jedes Wort an solche Jämmerliche Subjecte verloren ist, auch Ihre Corresp: von hier sind eben solsche Lügner, wie Sie; Die Bevölkerung lebt wieder auf seit wir uns in s: g: Unfreiheit befinden, wo man fast gar kein Militair und Polizei auf den Straßen steht, und dennoch sich nicht der geringste Exceß ereignet, denn Ihre Partei ist so verachtet, daß kein Mensch sich zu ihr bekennt, doch mehr wie zu viel Worte. Berlin den 23t. Nov. Fahren Sie fort die Rhein Provinz aufzuwiegeln, Ihr Lohn wird nicht ausbleiben!" Das Aktenstück ist in der Expedition unseres Blattes beliebig einzusehen. Z Düsseldorf, 25. Nov. Da haben wir's! Die Regierungsräthe wissen selbst nicht mehr, was sie rathen sollen. Die Hälfte unserer Regierung will die Nationalversammlung und ihre Beschlüsse gesetzlich wissen, während der Präsident, der für den Augenblick der Plenarsitzung die Kaserne verlassen mußte, und einige Andere am glorwürdigen Ministerium Brandenburg festhal- Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 154. Köln, Dienstag den 28. November. 1848.
Zur Nachricht diene hiermit dem geehrten Publikum, daß unfrankirte Briefe außer von unsern Korrespondenten für die Folge keine Annahme finden von der Redaktion und Expedition der Neuen Rheinischen Zeitung. Köln, den 27. November 1848. Zu Nro. 153 der Neuen Rheinischen Zeitung wurde Sonntag Morgen eine Zweite Ausgabe ausgegeben. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der Bericht des Frankfurter Ausschusses über die österreichischen Angelegenheiten. — Ein Mahnbrief aus Berlin.) Düsseldorf. (Der Belagerungszustand. — Schmitz. — Brutalität der Soldateska. — Mirbach. — Zwei Ersatzmänner.) Gladbach. (Antibrandenburgisches). Rheydt. (Die Monarchie gerettet.) Trier. (Sebald.) Mühlhausen. (Elberfeld in Acht erklärt.) Berlin. (Erklärung der Nationalversammlung. — Erklärung Strotha's. — Die Landwehr in Sachsen. — Mißtrauensvotum für Rintelen. — Berg. — Pläne der Camarilla. — Grabow — Der Berliner Zustand. — Grasauktion. — Berufung nach Brandenburg. — Entwaffnung. — Schaafe und Böcke. — Glatzer Adresse an Brandenburg.) Brünn. (Monarchische Thaten. — Wiener Zustand. — Das neue Ministerium. — Proklamationen.) Mainz. (Der Geist unter den Vierzigern.) Frankfurt. (Nationalversammlung.) Deutschland. * Köln, 27. November. Vor einigen 40 Jahren gab es Leute, die „Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung“ schilderten. Gut, daß sie bereits ad patres gegangen. Sie könnten jetzt ein solches Buch nicht schreiben; sie wüßten keinen Titel für dasselbe und wählten sie den alten, sie widersprächen sich selbst. Denn für Deutschland gibt es stets, um mit dem englischen Dichter zu reden, „beneath the lowest deep a lower still.“ Wir glaubten, mit Abschluß des dänischen Waffenstillstandes sei die größte Schmach erschöpft. Ueber die Erniedrigung Deutschlands schien uns nach dem Auftreten des Reichsgesandten Raumer in Paris, Heckscher's in Italien, des Kommissärs Stedtmann in Schleswig-Holstein, und nach den beiden Noten an die Schweiz, nichts hinausgehen zu können. Das Auftreten der beiden Reichskommissäre in den östreichischen Angelegenheiten beweist unsere Täuschung. Wie unglaublich weit deutsche Reichskommissäre es mit der Ehre Deutschlands treiben, welche stupide Unfähigkeit, Feigheit oder Verrätherei die Herren des alten Liberalismus in sich bergen können: ergibt sich zur Genüge aus dem eben erschienenen „Bericht des Ausschusses für die östreichischen Angelegenheiten etc.“, namentlich aus den darin enthaltenen 20 Schriftstücken. Am 13. October reisen die Herren Welcker und Mosle im Auftrage der Centralgewalt von Frankfurt ab „zur Vermittelung in den Wiener Angelegenheiten“. In der neuen Centraldiplomatie unbewanderte Leute erwarteten binnen einigen Tagen die Nachricht von der Ankunft dieser Herren in Wien. Man wußte damals noch nicht, daß Reichskommissäre eigene Reiserouten besitzen. Die reichsverweserlichen Eisele und Beisele schlugen den geradesten Weg nach Wien ein über — München. Die bekannte Reisekarte aus der Jobsiade in der Hand, langten sie dort am 15. Oct. Abends an. Bis zum 17. Oct. Mittags studirten sie jetzt die Wiener Ereignisse im traulichen Verein mit den baierischen Ministern und dem östreichischen Geschäftsträger. In ihrem ersten Briefe an Hrn. Schmerling geben sie Rechenschaft von ihren Vorstudien. In München haben Beide einen lichten Augenblick. Sie wünschen sehnlichst die Ankunft eines „dritten Collega“, wo möglich eines Preußen, „weil wir dadurch dem großen Auftrage besser gewachsen sein werden“. Der Hr. „Collega“ erscheint nicht. Die Trinitätshoffnung scheitert; der ärmliche Dualis muß allein in die Welt hinaus. Was wird nun aus dem „großen Auftrage“ werden? Der große Auftrag wird in den Taschen der Herren Welcker und Mosle nach Passau gefahren. Noch vor'm Ueberschreiten des östreichischen Rubicon läßt der „große Auftrag“ eine Proklamation vorausmarschiren. Da drüben aber war's fürchterlich! „Auch ist“, schreibt Welcker an Schmerling, „die Bevölkerung hier an der östreichischen Gränze keineswegs von revolutionären und terroristischen Erscheinungen frei“, ja „selbst die Nationalgarden von Krems wurden nur durch das Zuvorkommen einer militärischen Besetzung der Brücke außer Stand gesetzt, dieselbe ihrem Kaiser abzubrechen und diesen also gewissermaßen gefangen zu nehmen.“ Welcher Leser wäre verhärtet genug, diese Empfindungen einer schönen Staatslexikon-Seele nicht vollständig zu würdigen! Nachdem sich die beiden Herren vom 18. Mittags bis zum 20. früh in Passau gestärkt, begeben sie sich nach Linz. Am 13. October waren sie von Frankfurt abgereist, am 20sten Abends sind sie schon in Linz. Liegt nicht in dieser ungeheuern Schnelligkeit Beweis genug für die Wichtigkeit ihres „großen Auftrages“? Sollten sie durch besondere Instruktionen zu dieser enormen Eile angetrieben worden sein? Genug, nach sieben vollen Tagen langen die Herren in Linz an. Diese Stadt, die bei ihrer „großen, schon durch Wiener Emissäre bearbeiteten Fabrikbevölkerung“ im Hrn. Welcker während seines Aufenthalts in Passau bange Ahnungen weckte, zeigt durchaus nichts von den wahrscheinlich für ihn und seinen zweiten Hrn. Collega im Geist erblickten Galgen. Im Gegentheil: „die gesammte Nationalgarde mit ihrem Offizierkorps und ihrer Mu[unleserliches Material]k ‥‥ empfing uns in feierlicher Aufstellung mit fliegender deutscher Fahne und im Verein mit dem umgebenden Volk mit wiederholtem Lebehoch.“ Linz — das revolutionäre Sodom — löst sich somit in eine gutgesinnte Stadt auf, die Bonhommie genug besitzt, unsere trefflichen Reichskommissäre feierlich zu empfangen. Desto grausiger tritt dafür Wien in den Welcker-Mosle'schen Berichten an Hrn. Schmerling als das gottloseste Gomorrha, als ein Höllenpfuhl der Anarchie etc., hervor. Am 21. stiegen die Herren auf's Dampfschiff und fuhren nach Krems. Unterwegs berichten sie nach Frankfurt, daß sie in Linz Ehrenwachen gehabt, daß die Hauptwache vor ihnen unter's Gewehr getreten und ähnliche gleichwichtige Dinge mehr. Zugleich fertigen sie 3 Briefe: an Windischgrätz, Minister Kraus und an das Präsidium des Reichstags. Sollte irgend Jemand von der mehr als 8tägigen Wirksamkeit unserer Reichskommissäre noch nicht vollständig befriedigt sein: der begleite sie jetzt in der Nacht vom 21. auf den 22. Octbr. nach Stammersdorf, in's Hauptquartier von Windischgrätz. Hier strahlt uns die kommissarische Centralgewalt in aller Glorie entgegen. „Windischgrätz“, sagt Welcker-Mosle, „lehnte jede Einwirkung von unserer Seite mit einer gewissen Schroffheit ab. Mit andern Worten: sie erhalten Fußtritte und müssen sich ihres Weges trollen. „Ja er wollte nicht einmal unsere Vollmacht einsehen“, klagt Welcker seinem Minister Schmerling. Und um das Maaß der Betrübniß voll zu machen: Windischgrätz bietet der vor ihm stehenden personifizirten Centralgewalt keinen Tropfen Wein an, nicht einmal einen Schnaps. Unsere Kommissäre setzen sich also wieder in den Wagen, summen traurig vor sich hin: „O du Deutschland etc.“ und fahren nach — Wien? Bewahre der Himmel! nach Olmütz „an's kaiserliche Hoflager“. Und sie thaten wohl daran. Dem ganzen Reichswitz hätte die Pointe gefehlt, der Vermittelungs-Komödie der letzte Akt. Waren sie von Windischgrätz wie dumme Schulbuben traktirt worden, so fanden sie in Olmütz „von Seiten des Kaisers und der kaiserlichen Familie eine viel entgegenkommendere Aufnahme“ (vergl. S. 11 des Berichts, Schreiben Nro. 6). Sie wurden zur Tafel geladen und „wir haben uns“, schrieben sie weiter an Hrn. Schmerling, „der gnädigsten Aufnahme zu erfreuen gehabt.“ Das ist keineswegs die deutsche Lakaien-Natur, die sich hier ausspricht, sondern innigste Dankbarkeit, die in dem Liede: „Nach so vielen Leiden etc.“ ihren entsprechenden Ausdruck findert. Nach allem Essen und Trinken bleibt immer noch der bekannte „große Auftrag“ zu erledigen. Unsere beiden Kommissäre wenden sich schriftlich an den Minister Freiherrn von Wessenberg. „Ew. Excellenz (beginnt der Brief vom 25. Oct.) ersuchen wir ergebenst, uns geneigtest eine Stunde bestimmen zu wollen, in welcher es ihnen gefällig wäre, unsern Dank für die wohlwollende Aufnahme zu empfangen, welche unserer Mission und uns von Seiten Sr. k. k. Majestät und Eurer Excellenz zu Theil ward, und uns in Beziehung auf folgende noch zur Vollführung unserer Mission gehörigen Punkte Ihre Ansichten und Entschlüsse mitzutheilen.“ Die „folgenden Punkte“ sagen mit vielen Worten, daß die Kommissäre die Erlaubniß wünschen, sich nach Wien zur Vermittelung begeben zu dürfen. Der ganze Brief, wie auch der zweite an Wessenberg, ist in einem so verzwickten Kanzleistyl des vorigen Jahrhunderts abgefaßt, so voll von maßloser Höflichkeit und Unterwürfigkei, daß es ordentlich wohl thut, gleich darauf Wessenberg's Antworten lesen zu können. Die beiden Kommissäre stehen in diesem Briefwechsel dem östreichischen Minister gegenüber da wie zwei tölpische Bauern dem feingebildeten Edelmanne, wenn sie auf dem glatten Fußboden ihre possirlichen Bücklinge machen und recht gewählte Ausdrücke vorzubringen suchen. Wessenberg antwortet auf obigen Brief: „Hochwohlgeborne Herren! Ich muß um Entschuldigung bitten, wenn ich Ihre heutige Zuschrift so spät beantworte ‥… Was Ihre wohlmeinende Absicht betrifft, noch einen Versuch in Wien zur Beilegung der dortigen Zerwurfnisse zu machen, so scheint mir nöthig, Sie vorerst in die Kenntniß der dermaligen dortigen Zustände zu setzen. Es handelt sich nämlich nicht darum, mit einer Parthei zu unterhandeln, sondern lediglich eine Insurrektion zu unterdrücken etc.“ (vergl.: S. 16 des Berichts.) Mit dieser Antwort schickt er ihnen zugleich ihre Vollmachten zurück. Sie wiederholen ihr Anliegen unterm 27. Okt. „Wir müssen,“ sagen sie, „es für dringende Pflicht halten, Ew. Ex. und in Ihnen die K. Regierung nochmals inständigst zu ersuchen, uns schleunigst mit milden und versöhnenden Aufträgen und Bedingungen unter sicherem Geleite nach Wien zu senden, um so in dieser furchtbaren Krisis die beschwichtigende und persönliche Kraft zu benutzen, welche in uns und in unserer Mission liegt.“ Wir haben gesehen, wie diese „beschwichtigende und persönliche Kraft“ in den 14 Tagen, seitdem sie aus Frankfurt's Thoren gefahren ist, gewirkt hat. Sie übt auf Wessenberg den mächtigen Einfluß, daß er in seiner Antwort auf ihr Anliegen keine Antwort giebt. Er theilt ihnen einige, noch dazu halb unwahre Nachrichten aus Wien mit und bemerkt ironisch: „daß übrigens Empörungen der Art, wie jene der Proletarier in Wien, nicht leicht ohne Anwendung von Zwangsmitteln unterdrückt werden können, haben noch neuerlich die Ereignisse in Frankfurt bewiesen!“ Solchen Argumenten konnten die Herren Welcker und Mosle unmöglich widerstehen: sie stehen deshalb von weitern Versuchen ab und harren mit ihrer „beschwichtigenden und persönlichen Kraft“ der Dinge, die da kommen sollen. Am 28. Okt. berichten sie in Betreff ihres „großen Auftrages“ wieder an Schmerling. Auf Wessenberg's Anerbieten übergeben sie ihre Depesche einem Kurier, den Ersterer nach Frankfurt sendet. Der Kurier geht ab, doch nicht die Depesche. Sie langt erst am 6. Nov. in Frankfurt an. Wären sie nicht an der kaiserlichen Tafel gewesen, hätte die kaiserliche Familie und namentlich der Erzherzog Karl nicht so freundlich mit ihnen gesprochen: die Kommissäre müßten über so viel Pech ihren hohen Verstand verloren haben. Jetzt folgt zweitägiges Stillschweigen. Die „beschwichtigende Kraft“ hält Sabbathruhe nach so vieler Arbeit. Da, am 30. Okt., theilt ihnen Wessenberg die offizielle Kunde von der Uebergabe Wiens mit. Ihr Entschluß ist gefaßt. Zwar meinten sie noch am 28. Okt. (S. 14 des Berichts), „es scheint, daß bei ihm (Windischgrätz) ebenso wie wie hier (in Olmütz) bei den einflußreichen Personen der Gedanke, nicht blos Wien zu unterwerfen, sondern auch eine rächende Züchtigung für bisheriges Unrecht eintreten zu lassen, allzusehr vorherrscht.“ Allein seitdem hat ihnen Wessenberg versichert, und wie sollte ein Reichskommissär da noch zu zweifeln wagen — er hat ihnen versichert, daß die östreichische Regierung bei der Benutzung dieses Sieges sich von den Grundsätzen leiten lassen werde, welche geeignet seien, ihr die Zuneigung ihrer Unterthanen zu sichern.“ „So können wir also annehmen,“ ruft Welcker-Mosle voll Reichspathos aus, „daß unsere Vorschläge doch einigen Einfluß gehabt haben.“ Also doch? O sicher! Ihr habt Wessenberg, Erzherzog Karl, Sophie und Konsorten 8 Tage lang aufs Prächtigste amüsirt. Ihr ward kaiserlich-königlicher Verdauungspulob, Welcker-Mosle! „Wir halten nach jener Versicherung des Ministers unsere Aufgabe nun für gelöst und werden morgen (31. Okt.) über Prag unsere Rückreise antreten.“ So schließt die letzte Depesche der Herren Welcker-Mosle. Und in der That, Ihr habt Recht, Euer „großer Auftrag“ der Versöhnung und Vermittelung war erledigt. Was hättet Ihr auch jetzt nach Wien gehen sollen? Waren nicht die Apostel der Humanität, Windischgrätz und Jellachich, Herren der Stadt? Predigten nicht die Rothmäntel und die k. k. Truppen mittelst Plünderung, Brand, Mord und Nothzucht das Evangelium des Friedens und der konstitutionellen Freiheit, verständlich für Jedermann? Wie sehr Eure „beschwichtigende Kraft“ zum Durchbruch gekommen, wie herrlich Ihr Eure Aufgabe gelöst: das zeigt das Röcheln der Gemordeten, der Verzweiflungsschrei der Geschändeten, das zeigen die Tausende in den Gefängnissen, das lehrt uns der blutige Schatten Robert Blum's. Eure Aufgabe war es, zur Trilogie, welche Windischgrätz, Jellachich und Wessenberg in Scene setzten, in Olmütz das Satyrspiel aufführen zu helfen. Sie ist würdig von Euch gelöst worden: Ihr habt, wenn nichts Schlimmeres, so doch die Rolle der „gefoppten Oheime“ mit Virtuosität zu Ende gespielt. * Köln, 27. Nov. Wir erhalten mit der heutigen Berliner Post wieder ein Schreiben von derselben Hand, die schon einmal so freundlich war, uns ernstmahnende Worte an's Herz zu legen. Unsere Leser erinnern sich, daß wir einen Drohbrief aus Berlin sammt Orthographie abdrucken ließen. Das heutige Schreiben zeigt bedeutende Fortschritte des Verfassers. Doch ist es vielleicht richtiger, anzunehmen, daß er den Brief erst einem Schulmeister zur Korrektur vorgelegt. Indeß auch der Schulmeister scheint über den Unterschied zwischen sch, ch, n, u, m, Interpunktionszeichen und dgl. sich noch nicht mit der Grammatik vereinbart zu haben. Wir lassen den neuen Brief wörtlich nachfolgen. Er lautet: „Ihre Brille ist wahrscheinlich fettig gewesen daß Sie so viele orth: Fehler in meinen Schreiben gefunden, die gar nicht drein enthalten, indeßen von solchen Verdrehern der Wahrheit wundert niemand etwas, Ihre ganze Zeitung ist ganz und gar weiter nichts als eine Partei Lüge, Ihre Gemeinheit so groß daß Sie keine Schaam mehr kennen, und jedes Wort an solche Jämmerliche Subjecte verloren ist, auch Ihre Corresp: von hier sind eben solsche Lügner, wie Sie; Die Bevölkerung lebt wieder auf seit wir uns in s: g: Unfreiheit befinden, wo man fast gar kein Militair und Polizei auf den Straßen steht, und dennoch sich nicht der geringste Exceß ereignet, denn Ihre Partei ist so verachtet, daß kein Mensch sich zu ihr bekennt, doch mehr wie zu viel Worte. Berlin den 23t. Nov. Fahren Sie fort die Rhein Provinz aufzuwiegeln, Ihr Lohn wird nicht ausbleiben!“ Das Aktenstück ist in der Expedition unseres Blattes beliebig einzusehen. Z Düsseldorf, 25. Nov. Da haben wir's! Die Regierungsräthe wissen selbst nicht mehr, was sie rathen sollen. Die Hälfte unserer Regierung will die Nationalversammlung und ihre Beschlüsse gesetzlich wissen, während der Präsident, der für den Augenblick der Plenarsitzung die Kaserne verlassen mußte, und einige Andere am glorwürdigen Ministerium Brandenburg festhal- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0811"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 154. Köln, Dienstag den 28. 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(Antibrandenburgisches). Rheydt. (Die Monarchie gerettet.) Trier. (Sebald.) Mühlhausen. (Elberfeld in Acht erklärt.) Berlin. (Erklärung der Nationalversammlung. — Erklärung Strotha's. — Die Landwehr in Sachsen. — Mißtrauensvotum für Rintelen. — Berg. — Pläne der Camarilla. — Grabow — Der Berliner Zustand. — Grasauktion. — Berufung nach Brandenburg. — Entwaffnung. — Schaafe und Böcke. — Glatzer Adresse an Brandenburg.) Brünn. (Monarchische Thaten. — Wiener Zustand. — Das neue Ministerium. — Proklamationen.) Mainz. (Der Geist unter den Vierzigern.) Frankfurt. (Nationalversammlung.)</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar154_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 27. November.</head> <p>Vor einigen 40 Jahren gab es Leute, die „Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung“ schilderten. Gut, daß sie bereits ad patres gegangen. Sie könnten jetzt ein solches Buch nicht schreiben; sie wüßten keinen Titel für dasselbe und wählten sie den alten, sie widersprächen sich selbst.</p> <p>Denn für Deutschland gibt es stets, um mit dem englischen Dichter zu reden, „beneath the lowest deep a lower still.“</p> <p>Wir glaubten, mit Abschluß des dänischen Waffenstillstandes sei die größte Schmach erschöpft. Ueber die Erniedrigung Deutschlands schien uns nach dem Auftreten des Reichsgesandten Raumer in Paris, Heckscher's in Italien, des Kommissärs Stedtmann in Schleswig-Holstein, und nach den beiden Noten an die Schweiz, nichts hinausgehen zu können. Das Auftreten der beiden Reichskommissäre in den <hi rendition="#g">östreichischen</hi> Angelegenheiten beweist unsere Täuschung. Wie unglaublich weit deutsche Reichskommissäre es mit der Ehre Deutschlands treiben, welche stupide Unfähigkeit, Feigheit oder Verrätherei die Herren des alten Liberalismus in sich bergen können: ergibt sich zur Genüge aus dem eben erschienenen „Bericht des Ausschusses für die östreichischen Angelegenheiten etc.“, namentlich aus den darin enthaltenen 20 Schriftstücken.</p> <p>Am 13. October reisen die Herren Welcker und Mosle im Auftrage der Centralgewalt von Frankfurt ab „zur Vermittelung in den <hi rendition="#g">Wiener</hi> Angelegenheiten“. In der neuen Centraldiplomatie unbewanderte Leute erwarteten binnen einigen Tagen die Nachricht von der Ankunft dieser Herren in Wien. Man wußte damals noch nicht, daß Reichskommissäre eigene Reiserouten besitzen. Die reichsverweserlichen Eisele und Beisele schlugen den geradesten Weg nach <hi rendition="#g">Wien</hi> ein über — <hi rendition="#g">München</hi>. Die bekannte Reisekarte aus der Jobsiade in der Hand, langten sie dort am 15. Oct. Abends an. Bis zum 17. Oct. Mittags studirten sie jetzt die Wiener Ereignisse im traulichen Verein mit den baierischen Ministern und dem östreichischen Geschäftsträger. In ihrem ersten Briefe an Hrn. Schmerling geben sie Rechenschaft von ihren Vorstudien. In München haben Beide einen lichten Augenblick. Sie wünschen sehnlichst die Ankunft eines „dritten Collega“, wo möglich eines Preußen, „weil wir dadurch dem großen Auftrage besser gewachsen sein werden“. Der Hr. „Collega“ erscheint nicht. Die Trinitätshoffnung scheitert; der ärmliche Dualis muß allein in die Welt hinaus. Was wird nun aus dem „großen Auftrage“ werden? Der große Auftrag wird in den Taschen der Herren Welcker und Mosle nach Passau gefahren. Noch vor'm Ueberschreiten des östreichischen Rubicon läßt der „große Auftrag“ eine Proklamation vorausmarschiren. Da drüben aber war's fürchterlich! „Auch ist“, schreibt Welcker an Schmerling, „die Bevölkerung hier an der östreichischen Gränze keineswegs von revolutionären und terroristischen Erscheinungen frei“, ja „selbst die Nationalgarden von Krems wurden nur durch das Zuvorkommen einer militärischen Besetzung der Brücke außer Stand gesetzt, dieselbe ihrem Kaiser abzubrechen und diesen also gewissermaßen gefangen zu nehmen.“ Welcher Leser wäre verhärtet genug, diese Empfindungen einer schönen Staatslexikon-Seele nicht vollständig zu würdigen! Nachdem sich die beiden Herren vom 18. Mittags bis zum 20. früh in Passau gestärkt, begeben sie sich nach Linz.</p> <p>Am 13. October waren sie von Frankfurt abgereist, am 20sten Abends sind sie schon in Linz. Liegt nicht in dieser ungeheuern Schnelligkeit Beweis genug für die Wichtigkeit ihres „großen Auftrages“? Sollten sie durch besondere Instruktionen zu dieser enormen Eile angetrieben worden sein? Genug, nach sieben vollen Tagen langen die Herren in Linz an. Diese Stadt, die bei ihrer „großen, schon durch Wiener Emissäre bearbeiteten Fabrikbevölkerung“ im Hrn. Welcker während seines Aufenthalts in Passau bange Ahnungen weckte, zeigt durchaus nichts von den wahrscheinlich für ihn und seinen zweiten Hrn. Collega im Geist erblickten Galgen. Im Gegentheil: „die gesammte Nationalgarde mit ihrem Offizierkorps und ihrer Mu<gap reason="illegible"/>k ‥‥ empfing uns in feierlicher Aufstellung mit fliegender deutscher Fahne und im Verein mit dem umgebenden Volk mit wiederholtem Lebehoch.“ Linz — das revolutionäre Sodom — löst sich somit in eine gutgesinnte Stadt auf, die Bonhommie genug besitzt, unsere trefflichen Reichskommissäre feierlich zu empfangen. Desto grausiger tritt dafür Wien in den Welcker-Mosle'schen Berichten an Hrn. Schmerling als das gottloseste Gomorrha, als ein Höllenpfuhl der Anarchie etc., hervor.</p> <p>Am 21. stiegen die Herren auf's Dampfschiff und fuhren nach Krems. Unterwegs berichten sie nach Frankfurt, daß sie in Linz Ehrenwachen gehabt, daß die Hauptwache vor ihnen unter's Gewehr getreten und ähnliche gleichwichtige Dinge mehr. Zugleich fertigen sie 3 Briefe: an Windischgrätz, Minister Kraus und an das Präsidium des Reichstags.</p> <p>Sollte irgend Jemand von der mehr als 8tägigen Wirksamkeit unserer Reichskommissäre noch nicht vollständig befriedigt sein: der begleite sie jetzt in der Nacht vom 21. auf den 22. Octbr. nach Stammersdorf, in's Hauptquartier von Windischgrätz. Hier strahlt uns die kommissarische Centralgewalt in aller Glorie entgegen. „Windischgrätz“, sagt Welcker-Mosle, „lehnte jede Einwirkung von unserer Seite mit einer <hi rendition="#g">gewissen Schroffheit</hi> ab. Mit andern Worten: sie erhalten Fußtritte und müssen sich ihres Weges trollen. „Ja er wollte nicht einmal unsere Vollmacht einsehen“, klagt Welcker seinem Minister Schmerling. Und um das Maaß der Betrübniß voll zu machen: Windischgrätz bietet der vor ihm stehenden personifizirten Centralgewalt keinen Tropfen Wein an, nicht einmal einen Schnaps.</p> <p>Unsere Kommissäre setzen sich also wieder in den Wagen, summen traurig vor sich hin: „O du Deutschland etc.“ und fahren nach — Wien? Bewahre der Himmel! nach Olmütz „an's kaiserliche Hoflager“. Und sie thaten wohl daran. Dem ganzen Reichswitz hätte die Pointe gefehlt, der Vermittelungs-Komödie der letzte Akt. Waren sie von Windischgrätz wie dumme Schulbuben traktirt worden, so fanden sie in Olmütz „von Seiten des Kaisers und der kaiserlichen Familie <hi rendition="#g">eine viel entgegenkommendere Aufnahme</hi>“ (vergl. S. 11 des Berichts, Schreiben Nro. 6). Sie wurden zur Tafel geladen und „wir haben uns“, schrieben sie weiter an Hrn. Schmerling, „der <hi rendition="#g">gnädigsten</hi> Aufnahme zu erfreuen gehabt.“ Das ist keineswegs die deutsche Lakaien-Natur, die sich hier ausspricht, sondern innigste Dankbarkeit, die in dem Liede: „Nach so vielen Leiden etc.“ ihren entsprechenden Ausdruck findert.</p> <p>Nach allem Essen und Trinken bleibt immer noch der bekannte „große Auftrag“ zu erledigen. Unsere beiden Kommissäre wenden sich schriftlich an den Minister Freiherrn von <hi rendition="#g">Wessenberg</hi>.</p> <p>„Ew. Excellenz (beginnt der Brief vom 25. Oct.) ersuchen wir ergebenst, uns <hi rendition="#g">geneigtest</hi> eine Stunde bestimmen zu wollen, in welcher es ihnen gefällig wäre, unsern Dank für die wohlwollende Aufnahme zu empfangen, welche unserer Mission und uns von Seiten Sr. k. k. Majestät und Eurer Excellenz zu Theil ward, und uns in Beziehung auf folgende noch zur Vollführung unserer Mission gehörigen Punkte Ihre Ansichten und Entschlüsse mitzutheilen.“ Die „folgenden Punkte“ sagen mit vielen Worten, daß die Kommissäre die Erlaubniß wünschen, sich nach Wien zur Vermittelung begeben zu dürfen.</p> <p>Der ganze Brief, wie auch der zweite an Wessenberg, ist in einem so verzwickten Kanzleistyl des vorigen Jahrhunderts abgefaßt, so voll von maßloser Höflichkeit und Unterwürfigkei, daß es ordentlich wohl thut, gleich darauf Wessenberg's Antworten lesen zu können. Die beiden Kommissäre stehen in diesem Briefwechsel dem östreichischen Minister gegenüber da wie zwei tölpische Bauern dem feingebildeten Edelmanne, wenn sie auf dem glatten Fußboden ihre possirlichen Bücklinge machen und recht gewählte Ausdrücke vorzubringen suchen.</p> <p>Wessenberg antwortet auf obigen Brief: „Hochwohlgeborne Herren! Ich muß um Entschuldigung bitten, wenn ich Ihre heutige Zuschrift so spät beantworte ‥… Was Ihre wohlmeinende Absicht betrifft, noch einen Versuch in Wien zur Beilegung der dortigen Zerwurfnisse zu machen, so scheint mir nöthig, Sie vorerst in die Kenntniß der dermaligen dortigen Zustände zu setzen. Es handelt sich nämlich nicht darum, mit einer Parthei zu unterhandeln, sondern lediglich eine Insurrektion zu unterdrücken etc.“ (vergl.: S. 16 des Berichts.) Mit dieser Antwort schickt er ihnen zugleich ihre Vollmachten zurück.</p> <p>Sie wiederholen ihr Anliegen unterm 27. Okt. „Wir müssen,“ sagen sie, „es für dringende Pflicht halten, Ew. Ex. und in Ihnen die K. Regierung nochmals <hi rendition="#g">inständigst zu ersuchen,</hi> uns schleunigst mit milden und versöhnenden Aufträgen und Bedingungen unter sicherem Geleite nach Wien zu senden, um so in dieser furchtbaren Krisis die beschwichtigende und persönliche Kraft zu benutzen, welche in uns und in unserer Mission liegt.“</p> <p>Wir haben gesehen, wie diese „beschwichtigende und persönliche Kraft“ in den 14 Tagen, seitdem sie aus Frankfurt's Thoren gefahren ist, gewirkt hat.</p> <p>Sie übt auf Wessenberg den mächtigen Einfluß, daß er in seiner Antwort auf ihr Anliegen keine Antwort giebt. Er theilt ihnen einige, noch dazu halb unwahre Nachrichten aus Wien mit und bemerkt ironisch: „daß übrigens Empörungen der Art, wie jene der Proletarier in Wien, nicht leicht ohne Anwendung von Zwangsmitteln unterdrückt werden können, haben noch neuerlich die Ereignisse in Frankfurt bewiesen!“ Solchen Argumenten konnten die Herren Welcker und Mosle unmöglich widerstehen: sie stehen deshalb von weitern Versuchen ab und harren mit ihrer „beschwichtigenden und persönlichen Kraft“ der Dinge, die da kommen sollen.</p> <p>Am 28. Okt. berichten sie in Betreff ihres „großen Auftrages“ wieder an Schmerling. Auf Wessenberg's Anerbieten übergeben sie ihre Depesche einem Kurier, den Ersterer nach Frankfurt sendet. Der Kurier geht ab, doch nicht die Depesche. Sie langt erst am 6. Nov. in Frankfurt an. Wären sie nicht an der kaiserlichen Tafel gewesen, hätte die kaiserliche Familie und namentlich der Erzherzog Karl nicht so freundlich mit ihnen gesprochen: die Kommissäre müßten über so viel Pech ihren hohen Verstand verloren haben.</p> <p>Jetzt folgt zweitägiges Stillschweigen. Die „beschwichtigende Kraft“ hält Sabbathruhe nach so vieler Arbeit.</p> <p>Da, am 30. Okt., theilt ihnen Wessenberg die offizielle Kunde von der Uebergabe Wiens mit. Ihr Entschluß ist gefaßt. Zwar meinten sie noch am 28. Okt. (S. 14 des Berichts), „es scheint, daß bei ihm (Windischgrätz) ebenso wie wie hier (in Olmütz) bei den einflußreichen Personen der Gedanke, nicht blos Wien zu unterwerfen, sondern auch eine rächende Züchtigung für bisheriges Unrecht eintreten zu lassen, <hi rendition="#g">allzusehr</hi> vorherrscht.“ Allein seitdem hat ihnen Wessenberg versichert, und wie sollte ein Reichskommissär da noch zu zweifeln wagen — er hat ihnen versichert, daß die östreichische Regierung bei der Benutzung dieses Sieges sich von den Grundsätzen leiten lassen werde, welche geeignet seien, ihr die Zuneigung ihrer Unterthanen zu sichern.“</p> <p>„So können wir also annehmen,“ ruft Welcker-Mosle voll Reichspathos aus, „daß unsere Vorschläge <hi rendition="#g">doch</hi> einigen Einfluß gehabt haben.“ Also doch? O sicher! Ihr habt Wessenberg, Erzherzog Karl, Sophie und Konsorten 8 Tage lang aufs Prächtigste amüsirt. Ihr ward kaiserlich-königlicher Verdauungspulob, <hi rendition="#g">Welcker-Mosle!</hi> </p> <p>„Wir halten nach jener Versicherung des Ministers unsere Aufgabe nun für gelöst und werden morgen (31. Okt.) über Prag unsere Rückreise antreten.“ So schließt die letzte Depesche der Herren Welcker-Mosle.</p> <p>Und in der That, Ihr habt Recht, Euer „großer Auftrag“ der Versöhnung und Vermittelung war erledigt. Was hättet Ihr auch jetzt nach Wien gehen sollen? Waren nicht die Apostel der Humanität, Windischgrätz und Jellachich, Herren der Stadt? Predigten nicht die Rothmäntel und die k. k. Truppen mittelst Plünderung, Brand, Mord und Nothzucht das Evangelium des Friedens und der konstitutionellen Freiheit, verständlich für Jedermann?</p> <p>Wie sehr Eure „beschwichtigende Kraft“ zum Durchbruch gekommen, wie herrlich Ihr Eure Aufgabe gelöst: das zeigt das Röcheln der Gemordeten, der Verzweiflungsschrei der Geschändeten, das zeigen die Tausende in den Gefängnissen, das lehrt uns der blutige Schatten <hi rendition="#g">Robert Blum's</hi>.</p> <p>Eure Aufgabe war es, zur Trilogie, welche Windischgrätz, Jellachich und Wessenberg in Scene setzten, in Olmütz das Satyrspiel aufführen zu helfen. Sie ist würdig von Euch gelöst worden: Ihr habt, wenn nichts Schlimmeres, so doch die Rolle der „<hi rendition="#g">gefoppten Oheime</hi>“ mit Virtuosität zu Ende gespielt.</p> </div> <div xml:id="ar154_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 27. Nov.</head> <p>Wir erhalten mit der heutigen Berliner Post wieder ein Schreiben von derselben Hand, die schon einmal so freundlich war, uns ernstmahnende Worte an's Herz zu legen. Unsere Leser erinnern sich, daß wir einen Drohbrief aus Berlin sammt Orthographie abdrucken ließen. Das heutige Schreiben zeigt bedeutende Fortschritte des Verfassers. Doch ist es vielleicht richtiger, anzunehmen, daß er den Brief erst einem Schulmeister zur Korrektur vorgelegt. Indeß auch der Schulmeister scheint über den Unterschied zwischen sch, ch, n, u, m, Interpunktionszeichen und dgl. sich noch nicht mit der Grammatik vereinbart zu haben. Wir lassen den neuen Brief wörtlich nachfolgen. Er lautet:</p> <p>„Ihre Brille ist wahrscheinlich fettig gewesen daß Sie so viele orth: Fehler in meinen Schreiben gefunden, die gar nicht drein enthalten, indeßen von solchen Verdrehern der Wahrheit wundert niemand etwas, Ihre ganze Zeitung ist ganz und gar weiter nichts als eine Partei Lüge, Ihre Gemeinheit so groß daß Sie keine Schaam mehr kennen, und jedes Wort an solche Jämmerliche Subjecte verloren ist, auch Ihre Corresp: von hier sind eben solsche Lügner, wie Sie; Die Bevölkerung lebt wieder auf seit wir uns in s: g: Unfreiheit befinden, wo man fast gar kein Militair und Polizei auf den Straßen steht, und dennoch sich nicht der geringste Exceß ereignet, denn Ihre Partei ist so verachtet, daß kein Mensch sich zu ihr bekennt, doch mehr wie zu viel Worte.</p> <p>Berlin den 23t. Nov.</p> <p>Fahren Sie fort die Rhein Provinz aufzuwiegeln, Ihr Lohn wird nicht ausbleiben!“</p> <p>Das Aktenstück ist in der Expedition unseres Blattes beliebig einzusehen.</p> </div> <div xml:id="ar154_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>Z</author></bibl> Düsseldorf, 25. Nov.</head> <p>Da haben wir's! Die Regierungsräthe wissen selbst nicht mehr, was sie rathen sollen. Die Hälfte unserer Regierung will die Nationalversammlung und ihre Beschlüsse gesetzlich wissen, während der Präsident, der für den Augenblick der Plenarsitzung die Kaserne verlassen mußte, und einige Andere am glorwürdigen Ministerium Brandenburg festhal- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0811/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 154. Köln, Dienstag den 28. November. 1848. Keine Steuern mehr!!!
Zur Nachricht diene hiermit dem geehrten Publikum, daß unfrankirte Briefe außer von unsern Korrespondenten für die Folge keine Annahme finden von der Redaktion und Expedition der Neuen Rheinischen Zeitung.
Köln, den 27. November 1848.
Zu Nro. 153 der Neuen Rheinischen Zeitung wurde Sonntag Morgen eine Zweite Ausgabe ausgegeben.
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der Bericht des Frankfurter Ausschusses über die österreichischen Angelegenheiten. — Ein Mahnbrief aus Berlin.) Düsseldorf. (Der Belagerungszustand. — Schmitz. — Brutalität der Soldateska. — Mirbach. — Zwei Ersatzmänner.) Gladbach. (Antibrandenburgisches). Rheydt. (Die Monarchie gerettet.) Trier. (Sebald.) Mühlhausen. (Elberfeld in Acht erklärt.) Berlin. (Erklärung der Nationalversammlung. — Erklärung Strotha's. — Die Landwehr in Sachsen. — Mißtrauensvotum für Rintelen. — Berg. — Pläne der Camarilla. — Grabow — Der Berliner Zustand. — Grasauktion. — Berufung nach Brandenburg. — Entwaffnung. — Schaafe und Böcke. — Glatzer Adresse an Brandenburg.) Brünn. (Monarchische Thaten. — Wiener Zustand. — Das neue Ministerium. — Proklamationen.) Mainz. (Der Geist unter den Vierzigern.) Frankfurt. (Nationalversammlung.)
Deutschland. * Köln, 27. November. Vor einigen 40 Jahren gab es Leute, die „Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung“ schilderten. Gut, daß sie bereits ad patres gegangen. Sie könnten jetzt ein solches Buch nicht schreiben; sie wüßten keinen Titel für dasselbe und wählten sie den alten, sie widersprächen sich selbst.
Denn für Deutschland gibt es stets, um mit dem englischen Dichter zu reden, „beneath the lowest deep a lower still.“
Wir glaubten, mit Abschluß des dänischen Waffenstillstandes sei die größte Schmach erschöpft. Ueber die Erniedrigung Deutschlands schien uns nach dem Auftreten des Reichsgesandten Raumer in Paris, Heckscher's in Italien, des Kommissärs Stedtmann in Schleswig-Holstein, und nach den beiden Noten an die Schweiz, nichts hinausgehen zu können. Das Auftreten der beiden Reichskommissäre in den östreichischen Angelegenheiten beweist unsere Täuschung. Wie unglaublich weit deutsche Reichskommissäre es mit der Ehre Deutschlands treiben, welche stupide Unfähigkeit, Feigheit oder Verrätherei die Herren des alten Liberalismus in sich bergen können: ergibt sich zur Genüge aus dem eben erschienenen „Bericht des Ausschusses für die östreichischen Angelegenheiten etc.“, namentlich aus den darin enthaltenen 20 Schriftstücken.
Am 13. October reisen die Herren Welcker und Mosle im Auftrage der Centralgewalt von Frankfurt ab „zur Vermittelung in den Wiener Angelegenheiten“. In der neuen Centraldiplomatie unbewanderte Leute erwarteten binnen einigen Tagen die Nachricht von der Ankunft dieser Herren in Wien. Man wußte damals noch nicht, daß Reichskommissäre eigene Reiserouten besitzen. Die reichsverweserlichen Eisele und Beisele schlugen den geradesten Weg nach Wien ein über — München. Die bekannte Reisekarte aus der Jobsiade in der Hand, langten sie dort am 15. Oct. Abends an. Bis zum 17. Oct. Mittags studirten sie jetzt die Wiener Ereignisse im traulichen Verein mit den baierischen Ministern und dem östreichischen Geschäftsträger. In ihrem ersten Briefe an Hrn. Schmerling geben sie Rechenschaft von ihren Vorstudien. In München haben Beide einen lichten Augenblick. Sie wünschen sehnlichst die Ankunft eines „dritten Collega“, wo möglich eines Preußen, „weil wir dadurch dem großen Auftrage besser gewachsen sein werden“. Der Hr. „Collega“ erscheint nicht. Die Trinitätshoffnung scheitert; der ärmliche Dualis muß allein in die Welt hinaus. Was wird nun aus dem „großen Auftrage“ werden? Der große Auftrag wird in den Taschen der Herren Welcker und Mosle nach Passau gefahren. Noch vor'm Ueberschreiten des östreichischen Rubicon läßt der „große Auftrag“ eine Proklamation vorausmarschiren. Da drüben aber war's fürchterlich! „Auch ist“, schreibt Welcker an Schmerling, „die Bevölkerung hier an der östreichischen Gränze keineswegs von revolutionären und terroristischen Erscheinungen frei“, ja „selbst die Nationalgarden von Krems wurden nur durch das Zuvorkommen einer militärischen Besetzung der Brücke außer Stand gesetzt, dieselbe ihrem Kaiser abzubrechen und diesen also gewissermaßen gefangen zu nehmen.“ Welcher Leser wäre verhärtet genug, diese Empfindungen einer schönen Staatslexikon-Seele nicht vollständig zu würdigen! Nachdem sich die beiden Herren vom 18. Mittags bis zum 20. früh in Passau gestärkt, begeben sie sich nach Linz.
Am 13. October waren sie von Frankfurt abgereist, am 20sten Abends sind sie schon in Linz. Liegt nicht in dieser ungeheuern Schnelligkeit Beweis genug für die Wichtigkeit ihres „großen Auftrages“? Sollten sie durch besondere Instruktionen zu dieser enormen Eile angetrieben worden sein? Genug, nach sieben vollen Tagen langen die Herren in Linz an. Diese Stadt, die bei ihrer „großen, schon durch Wiener Emissäre bearbeiteten Fabrikbevölkerung“ im Hrn. Welcker während seines Aufenthalts in Passau bange Ahnungen weckte, zeigt durchaus nichts von den wahrscheinlich für ihn und seinen zweiten Hrn. Collega im Geist erblickten Galgen. Im Gegentheil: „die gesammte Nationalgarde mit ihrem Offizierkorps und ihrer Mu_ k ‥‥ empfing uns in feierlicher Aufstellung mit fliegender deutscher Fahne und im Verein mit dem umgebenden Volk mit wiederholtem Lebehoch.“ Linz — das revolutionäre Sodom — löst sich somit in eine gutgesinnte Stadt auf, die Bonhommie genug besitzt, unsere trefflichen Reichskommissäre feierlich zu empfangen. Desto grausiger tritt dafür Wien in den Welcker-Mosle'schen Berichten an Hrn. Schmerling als das gottloseste Gomorrha, als ein Höllenpfuhl der Anarchie etc., hervor.
Am 21. stiegen die Herren auf's Dampfschiff und fuhren nach Krems. Unterwegs berichten sie nach Frankfurt, daß sie in Linz Ehrenwachen gehabt, daß die Hauptwache vor ihnen unter's Gewehr getreten und ähnliche gleichwichtige Dinge mehr. Zugleich fertigen sie 3 Briefe: an Windischgrätz, Minister Kraus und an das Präsidium des Reichstags.
Sollte irgend Jemand von der mehr als 8tägigen Wirksamkeit unserer Reichskommissäre noch nicht vollständig befriedigt sein: der begleite sie jetzt in der Nacht vom 21. auf den 22. Octbr. nach Stammersdorf, in's Hauptquartier von Windischgrätz. Hier strahlt uns die kommissarische Centralgewalt in aller Glorie entgegen. „Windischgrätz“, sagt Welcker-Mosle, „lehnte jede Einwirkung von unserer Seite mit einer gewissen Schroffheit ab. Mit andern Worten: sie erhalten Fußtritte und müssen sich ihres Weges trollen. „Ja er wollte nicht einmal unsere Vollmacht einsehen“, klagt Welcker seinem Minister Schmerling. Und um das Maaß der Betrübniß voll zu machen: Windischgrätz bietet der vor ihm stehenden personifizirten Centralgewalt keinen Tropfen Wein an, nicht einmal einen Schnaps.
Unsere Kommissäre setzen sich also wieder in den Wagen, summen traurig vor sich hin: „O du Deutschland etc.“ und fahren nach — Wien? Bewahre der Himmel! nach Olmütz „an's kaiserliche Hoflager“. Und sie thaten wohl daran. Dem ganzen Reichswitz hätte die Pointe gefehlt, der Vermittelungs-Komödie der letzte Akt. Waren sie von Windischgrätz wie dumme Schulbuben traktirt worden, so fanden sie in Olmütz „von Seiten des Kaisers und der kaiserlichen Familie eine viel entgegenkommendere Aufnahme“ (vergl. S. 11 des Berichts, Schreiben Nro. 6). Sie wurden zur Tafel geladen und „wir haben uns“, schrieben sie weiter an Hrn. Schmerling, „der gnädigsten Aufnahme zu erfreuen gehabt.“ Das ist keineswegs die deutsche Lakaien-Natur, die sich hier ausspricht, sondern innigste Dankbarkeit, die in dem Liede: „Nach so vielen Leiden etc.“ ihren entsprechenden Ausdruck findert.
Nach allem Essen und Trinken bleibt immer noch der bekannte „große Auftrag“ zu erledigen. Unsere beiden Kommissäre wenden sich schriftlich an den Minister Freiherrn von Wessenberg.
„Ew. Excellenz (beginnt der Brief vom 25. Oct.) ersuchen wir ergebenst, uns geneigtest eine Stunde bestimmen zu wollen, in welcher es ihnen gefällig wäre, unsern Dank für die wohlwollende Aufnahme zu empfangen, welche unserer Mission und uns von Seiten Sr. k. k. Majestät und Eurer Excellenz zu Theil ward, und uns in Beziehung auf folgende noch zur Vollführung unserer Mission gehörigen Punkte Ihre Ansichten und Entschlüsse mitzutheilen.“ Die „folgenden Punkte“ sagen mit vielen Worten, daß die Kommissäre die Erlaubniß wünschen, sich nach Wien zur Vermittelung begeben zu dürfen.
Der ganze Brief, wie auch der zweite an Wessenberg, ist in einem so verzwickten Kanzleistyl des vorigen Jahrhunderts abgefaßt, so voll von maßloser Höflichkeit und Unterwürfigkei, daß es ordentlich wohl thut, gleich darauf Wessenberg's Antworten lesen zu können. Die beiden Kommissäre stehen in diesem Briefwechsel dem östreichischen Minister gegenüber da wie zwei tölpische Bauern dem feingebildeten Edelmanne, wenn sie auf dem glatten Fußboden ihre possirlichen Bücklinge machen und recht gewählte Ausdrücke vorzubringen suchen.
Wessenberg antwortet auf obigen Brief: „Hochwohlgeborne Herren! Ich muß um Entschuldigung bitten, wenn ich Ihre heutige Zuschrift so spät beantworte ‥… Was Ihre wohlmeinende Absicht betrifft, noch einen Versuch in Wien zur Beilegung der dortigen Zerwurfnisse zu machen, so scheint mir nöthig, Sie vorerst in die Kenntniß der dermaligen dortigen Zustände zu setzen. Es handelt sich nämlich nicht darum, mit einer Parthei zu unterhandeln, sondern lediglich eine Insurrektion zu unterdrücken etc.“ (vergl.: S. 16 des Berichts.) Mit dieser Antwort schickt er ihnen zugleich ihre Vollmachten zurück.
Sie wiederholen ihr Anliegen unterm 27. Okt. „Wir müssen,“ sagen sie, „es für dringende Pflicht halten, Ew. Ex. und in Ihnen die K. Regierung nochmals inständigst zu ersuchen, uns schleunigst mit milden und versöhnenden Aufträgen und Bedingungen unter sicherem Geleite nach Wien zu senden, um so in dieser furchtbaren Krisis die beschwichtigende und persönliche Kraft zu benutzen, welche in uns und in unserer Mission liegt.“
Wir haben gesehen, wie diese „beschwichtigende und persönliche Kraft“ in den 14 Tagen, seitdem sie aus Frankfurt's Thoren gefahren ist, gewirkt hat.
Sie übt auf Wessenberg den mächtigen Einfluß, daß er in seiner Antwort auf ihr Anliegen keine Antwort giebt. Er theilt ihnen einige, noch dazu halb unwahre Nachrichten aus Wien mit und bemerkt ironisch: „daß übrigens Empörungen der Art, wie jene der Proletarier in Wien, nicht leicht ohne Anwendung von Zwangsmitteln unterdrückt werden können, haben noch neuerlich die Ereignisse in Frankfurt bewiesen!“ Solchen Argumenten konnten die Herren Welcker und Mosle unmöglich widerstehen: sie stehen deshalb von weitern Versuchen ab und harren mit ihrer „beschwichtigenden und persönlichen Kraft“ der Dinge, die da kommen sollen.
Am 28. Okt. berichten sie in Betreff ihres „großen Auftrages“ wieder an Schmerling. Auf Wessenberg's Anerbieten übergeben sie ihre Depesche einem Kurier, den Ersterer nach Frankfurt sendet. Der Kurier geht ab, doch nicht die Depesche. Sie langt erst am 6. Nov. in Frankfurt an. Wären sie nicht an der kaiserlichen Tafel gewesen, hätte die kaiserliche Familie und namentlich der Erzherzog Karl nicht so freundlich mit ihnen gesprochen: die Kommissäre müßten über so viel Pech ihren hohen Verstand verloren haben.
Jetzt folgt zweitägiges Stillschweigen. Die „beschwichtigende Kraft“ hält Sabbathruhe nach so vieler Arbeit.
Da, am 30. Okt., theilt ihnen Wessenberg die offizielle Kunde von der Uebergabe Wiens mit. Ihr Entschluß ist gefaßt. Zwar meinten sie noch am 28. Okt. (S. 14 des Berichts), „es scheint, daß bei ihm (Windischgrätz) ebenso wie wie hier (in Olmütz) bei den einflußreichen Personen der Gedanke, nicht blos Wien zu unterwerfen, sondern auch eine rächende Züchtigung für bisheriges Unrecht eintreten zu lassen, allzusehr vorherrscht.“ Allein seitdem hat ihnen Wessenberg versichert, und wie sollte ein Reichskommissär da noch zu zweifeln wagen — er hat ihnen versichert, daß die östreichische Regierung bei der Benutzung dieses Sieges sich von den Grundsätzen leiten lassen werde, welche geeignet seien, ihr die Zuneigung ihrer Unterthanen zu sichern.“
„So können wir also annehmen,“ ruft Welcker-Mosle voll Reichspathos aus, „daß unsere Vorschläge doch einigen Einfluß gehabt haben.“ Also doch? O sicher! Ihr habt Wessenberg, Erzherzog Karl, Sophie und Konsorten 8 Tage lang aufs Prächtigste amüsirt. Ihr ward kaiserlich-königlicher Verdauungspulob, Welcker-Mosle!
„Wir halten nach jener Versicherung des Ministers unsere Aufgabe nun für gelöst und werden morgen (31. Okt.) über Prag unsere Rückreise antreten.“ So schließt die letzte Depesche der Herren Welcker-Mosle.
Und in der That, Ihr habt Recht, Euer „großer Auftrag“ der Versöhnung und Vermittelung war erledigt. Was hättet Ihr auch jetzt nach Wien gehen sollen? Waren nicht die Apostel der Humanität, Windischgrätz und Jellachich, Herren der Stadt? Predigten nicht die Rothmäntel und die k. k. Truppen mittelst Plünderung, Brand, Mord und Nothzucht das Evangelium des Friedens und der konstitutionellen Freiheit, verständlich für Jedermann?
Wie sehr Eure „beschwichtigende Kraft“ zum Durchbruch gekommen, wie herrlich Ihr Eure Aufgabe gelöst: das zeigt das Röcheln der Gemordeten, der Verzweiflungsschrei der Geschändeten, das zeigen die Tausende in den Gefängnissen, das lehrt uns der blutige Schatten Robert Blum's.
Eure Aufgabe war es, zur Trilogie, welche Windischgrätz, Jellachich und Wessenberg in Scene setzten, in Olmütz das Satyrspiel aufführen zu helfen. Sie ist würdig von Euch gelöst worden: Ihr habt, wenn nichts Schlimmeres, so doch die Rolle der „gefoppten Oheime“ mit Virtuosität zu Ende gespielt.
* Köln, 27. Nov. Wir erhalten mit der heutigen Berliner Post wieder ein Schreiben von derselben Hand, die schon einmal so freundlich war, uns ernstmahnende Worte an's Herz zu legen. Unsere Leser erinnern sich, daß wir einen Drohbrief aus Berlin sammt Orthographie abdrucken ließen. Das heutige Schreiben zeigt bedeutende Fortschritte des Verfassers. Doch ist es vielleicht richtiger, anzunehmen, daß er den Brief erst einem Schulmeister zur Korrektur vorgelegt. Indeß auch der Schulmeister scheint über den Unterschied zwischen sch, ch, n, u, m, Interpunktionszeichen und dgl. sich noch nicht mit der Grammatik vereinbart zu haben. Wir lassen den neuen Brief wörtlich nachfolgen. Er lautet:
„Ihre Brille ist wahrscheinlich fettig gewesen daß Sie so viele orth: Fehler in meinen Schreiben gefunden, die gar nicht drein enthalten, indeßen von solchen Verdrehern der Wahrheit wundert niemand etwas, Ihre ganze Zeitung ist ganz und gar weiter nichts als eine Partei Lüge, Ihre Gemeinheit so groß daß Sie keine Schaam mehr kennen, und jedes Wort an solche Jämmerliche Subjecte verloren ist, auch Ihre Corresp: von hier sind eben solsche Lügner, wie Sie; Die Bevölkerung lebt wieder auf seit wir uns in s: g: Unfreiheit befinden, wo man fast gar kein Militair und Polizei auf den Straßen steht, und dennoch sich nicht der geringste Exceß ereignet, denn Ihre Partei ist so verachtet, daß kein Mensch sich zu ihr bekennt, doch mehr wie zu viel Worte.
Berlin den 23t. Nov.
Fahren Sie fort die Rhein Provinz aufzuwiegeln, Ihr Lohn wird nicht ausbleiben!“
Das Aktenstück ist in der Expedition unseres Blattes beliebig einzusehen.
Z Düsseldorf, 25. Nov. Da haben wir's! Die Regierungsräthe wissen selbst nicht mehr, was sie rathen sollen. Die Hälfte unserer Regierung will die Nationalversammlung und ihre Beschlüsse gesetzlich wissen, während der Präsident, der für den Augenblick der Plenarsitzung die Kaserne verlassen mußte, und einige Andere am glorwürdigen Ministerium Brandenburg festhal-
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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