Neue Rheinische Zeitung. Nr. 148. Köln, 21. November 1848.einen langen, sehr gemäßigten ruhigen Bericht über seine und Blum's Reise nach Wien etc. -- Veranlassung der Reise war eine Sendung der Linken (Donnersberg und deutsches Haus) zur Uebergabe einer sympathisirenden Adresse an den Wiener Reichstag, Gemeinderath, Studenten und Oberkommandant. Am 17. Oktober kamen sie in Wien an. -- Sie erfullten ihren Auftrag und wollten am 20. abreisen. Frobel bekam keinen Paß vom sachsischen Gesandten. -- Sie nahmen Passierscheine, reisten aber nachher nicht ab, weil sie nicht glaubten, ohne Mißhandlungen durch die Soldaten zu kommen, welche gerade solche Passierscheine als Freibriefe der Mißhandlung benutzten. Sie entschlossen sich mitzukämpfen. -- Am 26 Oktober wurden sie von der Oberkommandantur, Blum zum Hauptmann der 1., Fröbel zum Hauptmann der 3. Compagnie des Elitenkorps ernannt; mit der Hauptaufgabe die Ruhe in der Stadt zu sichern. Bald wurden sie anders verwendet, auf die gefahrvollsten Punkte gegen die äußeren Feinde gestellt; -- in's ärgste Feuer, ohne selbst schießen zu dürfen, -- Blum und Fröbel fanden sogar die Patronen, die ihre Leute bekamen, mit Sägespänen gefüllt; -- sie glaubten deßhalb daß Verrath im Spiel sei, und nahmen am 29. ihre Dimission. -- Von da nahmen sie keinen Antheil mehr am Kampfe. Alle entgegenstehenden Nachrichten erklärt Fr bel fur unwahr. Vom 29. Oktober bis 4. November verhielten sie sich ganz passiv. -- Am 2. November verlangten sie vom Commandanten von Wien General Tschoritsch einen Geleitschein zur Abreise. -- Dieser wies sie an den General Cordon. Am 3. schrieben sie an Cordon. -- Als Antwort verhaftete man sie den 4. früh in den Betten. Auf der Rückseite ihres Schreibens an Cordon war der Verhaftsbefehl ausgestellt. -- Sie protestirten als Abgeordnete. -- Umsonst. -- Vom 4. bis 8. wurden sie eingesperrt, aber nachsichtsvoll behandelt Sie schrieben nach Frankfurt an den Präsidenten der Nationalversammlung [wo ist der Brief?]. Mit ihnen sperrte man einen Spion ein unter der Firma eines Mitgefangenen, der ihnen alle Details entlockte, und sie zu einem energischen Protest an Windischgrätz überredete, als das einzige Mittel ihrer Rettung. Sie erließen diesen Protest den 8. Abends. Die Antwort darauf war am 9. früh die Erschießung Blum's. Zwei Stunden hatte man ihn verhört. -- Folgen die Einzelheiten des Frobel'schen Verhörs und seiner gefänglichen Behandlung bis zum 11. Abends. Am 11. Abends wurde er zum Strick verurtheilt -- in ein und demselben Dekret aber völlig begnadigt [???] Von der Polizei wurde er sofort aus Wien und bis zur sächsischen Grenze eskortirt Präsident verweist diesen Bericht an den Ausschuß für die österreichischen Angelegenheiten. Hierauf geht man zur Tagesordnung über [1 Uhr] und der Art. VI. der Verfassung [Vom Eisenbahnwesen] wird größtentheils nach den Anträgen des Verfassungsausschusses folgendermaßen angenommen ohne Diskussion. Art. VI. [§. 29-32]. §. 29. Die Reichsgewalt hat über das gesammte deutsche Eisenbahnwesen das Recht der Gesetzgebung und Oberaufsicht, soweit sie es zum Schutze des Reichs und im Interesse des allgemeinen deutschen Verkehrs für nothwendig oder zweckmäßig erachtet. * München, 13. Novbr. In und um München werden bedeutende Truppenmassen zusammengezogen, angeblich, um den bald zusammentretenden Landtag gegen den Terrorismus "von unten" zu schützen. Se. baierische Majestät hofft unter ihren Generälen ein Windischgrätz'chen zu finden, um etwaige Freiheitsgelüste der Deputirten abzukühlen. Auch Baiern will seine Restauration machen. Stuttgart, 11. Nov. Nach den Berichten der Kammer bezog der König Friedrich vom Jahr 1806-1816, also in zehn Jahren: Fünfzehn Million, vierhundert sechsundvierzigtausend einhundert und acht Gulden aus der Staatskasse. Karlsruhe im Novbr. Die Kammer der Abgeordneten hat dieser Tage die Amnestiefrage erörtert. Der Antrag der Kommission ging auf Ertheilung von Amnestie mit Ausnahme der Anstifter des ersten Aufruhrs und mit gänzlicher Ausnahme der Leiter des Struveschen Aufruhrs. Kuenzer trug dagegen auf allgemeine Amnestie mit Ausnahme der Leiter des Struveschen Aufruhrs an und wurde von der Linken unterstützt. Der Kommissionsantrag wurde jedoch mit 31 gegen 17 Stimmen angenommen. * Rastatt, 17. Nov. Täglich fallen Prügeleien zwischen der östreichischen und badischen Garnison vor. Der Haß zwischen diesen "Reichstruppen" ist so stark, daß wir jeden Tag eine förmliche Schlacht erwarten Die Grausamkeiten der k. k. Truppen in Wien sind die Hauptursache dieses Streites, da die badischen Soldaten öffentlich ihren Abscheu gegen den Idioten Ferdinand und seine Henkersknechte an den Tag legen. * Kassel, 16. Nov. In einer gestern hier gehaltenen, mehrere Tausend starken Volksversammlung wurde beschlossen, daß bei der jetzigen Lage der Dinge unsere Regierung aufgefordert werden solle, alsbald eine durchgreifende Volksbewaffnung ins Leben treten zu lassen, um im Fall der Noth der Reaktion und Contrerevolution mit bewaffneter Hand in den Weg zu treten. Die Versammlung beschloß ferner, die Regierung um sofortige Einberufung der neu gewählten Stände anzugehen, damit das Volk das gesetzliche Organ seines Willens zur Seite habe. Nachdem sodann Windischgrätz als Landesverräther und Mörder erklärt und dem Volkscomite aufgegeben worden war, das Parlament zu Frankfurt aufzufordern, seiner Ehre wegen die Bestrafung dieses Mannes sich am Herzen liegen zu lassen, wurde endlich folgender Zuruf an das preußische Volk einstimmig angenommen: Preußen, Brüder! Mit bitterem Schmerz, mit Ingrimm sahen wir seit Monden schon der Revolution unseres Frühjahrs, die der heldenmüthige Kampf Berlins besiegelt hatte, Hohn sprechen. Wir wußten es also zuvor, daß die Saat, welche von den Händen der Volksverräther in Wien gesäet wurde, auch in Berlin, in Preußen, in ganz Deutschland ausgestreut würde. Preußen! Euere National-Versammlung hat in diesen Tagen den Gelüsten der Reaktion "Halt!" zugerufen, die Souveränität des Volks wieder zu Ehren gebracht. Deutschlands Zukunft liegt in ihren Händen. Ihr werdet den Schirm und Herr unserer Freiheit nicht verlassen; der Kampf gegen die Tyrannei muß zu Ende gekämpft werden; wir alle, ganz Deutschland wird auf den Kapfplatz treten. Brüder! Diesmal nur noch eine Losung: Freiheit oder Tod! Kassel, am 15. November 1848. Im Namen der Volksversammlung: Schweiz. ** Bern, 16. Nov. Ich eile, Ihnen das Resultat der heute in gemeinsamer Sitzung des Nationalraths und Ständeraths vorgenommenen Wahl des vollziehenden Bundesraths mitzutheilen. Es wurden erwählt: Zum Präsidenten: Bürgermeister Furrer, von Zürich; Die gemäßigte Partei, in beiden Räthen in großer Uebermacht, hat also ihre Kandidaten alle durchgesetzt gegen die radikalen Kandidaten: Eytel, Stämpfli, Luvini ect. Bern, 15. Nov. Der wichtigste Beschluß, welchen der Nationalrath in seiner gestrigen Sitzung gefaßt hat, ist, daß er sämmtliche Wahlen aus dem Kanton Freiburg mit 44 gegen 43 Stimmen für ungültig erklärt und die dortige Regierung aufgefordert hat, eine Wahlordnung in Uebereinstimmung mit dem Bunde zu erlassen und neue Wahlen anzuordnen. Der Staatsrath von Freiburg hatte nämlich nur Diejenigen für berechtigt erklärt, an den Wahlen Theil zu nehmen, welche die Kantons- und Bundesverfassung beschworen haben, von denen aber keine dem Volke zur Annahme vorgelegt war. Bern, 15. Nov. Das Wahlergebniß vom letzten Sonntag ist nun aus allen drei Wahlkreisen, Mittelland, Emmenthal und Seeland, bekannt. An allen drei Orten wurde Hr. General Dufour in Genf gewählt. Genf. Die Revue de Geneve gibt ihre Meinung über die Wahl des künftigen Bundesraths ab. Hr. Fazy sagt, die wahrhaft radikale Partei der Schweiz wolle nichts von Ochsenbein, Furrer, Munzinger und Frei-Herose wissen. Hr. Fazy erklärt, wenn Ochsenbein gewählt werde, würden viele Deputirte austreten. Französische Republik. 19 Paris, 18. Nov. General Cavaignac, der die verzweifeltsten Pygmäensprünge nach der Präsidentschaft der Republik macht, um in Vereinigung mit den kaiserlich-königlichen Mordhunden Windischgrätz, Jellachich, Brandenburg die "wahre Ordnung" des Säbels in Europa herzustellen, hat sich nach dem Abfall der Armee einen neuen Bundesgenossen zu erwerben gewußt: -- das Pfaffenthum. Hat nicht daß Christenthum zu jeder Zeit eine "streitende" und eine "lehrende" Kirche gehabt? War nicht der heilige Loyola Soldat und Pfaffe zugleich, als Pfaffe Soldat und als Soldat Pfaffe? Auch ist die "auf den Felsen gebaute" Christenkirche nicht ganz unabhängig von den Stürmen der profanen Weltpolitik. Seine bischöfliche Gnaden von Orleans, Monseigneur Fayet hat also ganz Recht, wenn er sich für einen Augenblick von dem hohen Sitz seiner "Stellvertreterschaft Gottes" begibt und als Bettelmönch Allmosen für das weltliche Wohlergehen des General Cavaignac sammelt. Alles im Intrresse der "ewigen Kirche", welche in der Wahl des General Cavaignac zum Präsidenten der Republik ihre besten "Garantien" sieht, also durch eine andere Wahl in ihrer heiligen "Ewigkeit" gefährdet wird. Kann es einen innigeren Bund geben? Der Säbel Cavaignac's schützt die gefährdete "Ewigkeit" der Kirche, denn die Vergangenheit Cavaignac's, der im Juni die gefangenen Insurgenten massenweise im Dunkel der Nacht abschlachten ließ, gibt die "besten Garantien" fur die Aufrechthaltung der "heiligen" christlichen Prinzipien; und die Kirche schafft für die fernere weltliche Herrschaft Cavaignac's, denn die Diktatur seines Säbels steht bereits so tief in der öffentlichen Verachtung, daß ihr nur noch überirdische Mittel aufhelfen können. Einstweilen nehmen wir aus dem Rundschreiben des Bischofs, welches die Geistlichen zur Anwendung ihres "legitimen Einflusses" für die Kandidatur Cavaignac's auffordert, Akt uber die Thatsache, daß die Junischlächterei die "besten Garantien" nicht nur fur die "bürgerliche Ordnung" sondern auch fur die "heilige Religion der Liebe" bietet. Zugleich aber erklärt Monseigneur Fayet in diesem Rundschreiben, daß die Empfehlung der Wahl Cavaignac's, welcher der "Religion und der Ordnung" mehr Garantien als irgend ein anderer Kandidat biete, nach reiflicher Berathung von "sämmtlichen Bischöfen und Geistlichen der Nationalversammlung" ausgehe. Diese Behauptung ist eine kleine Unwahrheit, denn der Abbe Leblane erklärt in den heutigen Journalen in seinem und seiner Kollegen Namen, daß sie mit der Kandidatur Cavaignac's nicht übereinstimmten und dies in der Wahlversammlung der Geistlichen dem Präsidenten Bischof Fayet selbst ausgedruckt hätten. Indeß hat der ehrwurdige Prälat nicht sowohl als "untrüglicher Stellvertreter Gottes", sondern als weltlicher Bettelmönch Cavaignac's, diese unschuldige Luge ausgebeutet; gerade wie Hr. Cavaignac nicht als "reiner Republikaner" die Clique-National, welche unter Louis Philipp gegen den "legitimen Einfluß" der Geistlichen in Wahlintriguen das wuthendste Geschrei erhob, sondern als Grundpfeiler der christlichen Liebes-Religion an die Hülfe des Clerus appellirt. Als Thatsache hinsichtlich der kirchlichen Garantien Cavaignac's kann ich Ihnen mittheilen, daß der Juniheld alle 14 Tage pünktlich zur Beichte und zum "Abendmahl" geht. Eine andere Thatsache, die ich aus vollkommen zuverlässiger Quelle habe, ist folgende: Sie wissen, daß die Garde mobile nach dem Junisieg uber die Arbeiter von den Bourgeois-Weibern dafur auf ruhrend dankbare Weise belohnt wurden; die Folge davon war, daß sich eines Morgens die halbe Pariser Bourgeois-Welt mit jener berühmten Krankheit vergiftet fand, an welcher Pangloß, der Lehrer Candide's, nach dem Einfall der Panduren litt. Der Mobilen-Chef Cavaignac ist in diesem Augenblick mit demselben keuschen Uebel behaftet, und man versichert mir, daß dies die wahre Veranlassung war, weshalb er das Constitutionsfest so früh verlassen mußte. Pangloß hatte die Krankheit bekanntlich von dem westphalischen Kammermadchen, welches sie von einem Panduren empfing, der sie einer Marquise verdankte, die einen Pagen liebte, der mit einem Jesuiten zu thun hatte: In wie weit vielleicht der gegenwartige Zustand des Kirchenritters Cavaignac zu den obenerwahnten "Garantien" berechtigt, vermag ich Ihnen jedoch nicht ausführlich darzuthun. -- In der gestrigen Sitzung des Revolutions-Klubs (Rue Montesquieu) wurde wieder auf das Heftigste über die Kandidatur Ledru-Rollin's und Raspail's gestritten. Die Sitzung sollte um 7 1/2 Uhr beginnen, aber die kleine Straße war schon von 5 Uhr an von Hunderten von Arbeitern belagert. Bürger Herve präsidirte und ermahnte die Redner vorsorglich zur Mäßigung. Gleich der zweite Redner aber griff den "Sieur" Ledru-Rollin mit der größten Erbitterung an. Ein Anderer, dessen Namen ich nicht verstand, erklärte sich für einen "persönlichen" Freund Ledru-Rollin's, versicherte aber unter dem Beifall der Arbeiter, daß er "als Demokrat" nur Raspail seine Stimme geben könne. Als nach ihm ein Anhänger Ledru-Rollin's mit der Behauptung auftrat, Ledru-Rollin sei "länger Sozialist als Raspail", entstand wieder der furchtbarste Tumult. Drei Redner führten darauf mit großer Heftigkeit die Sache Raspails, der im Jahre 1834 bei der Assisenverhandlung gegen die Gesellschaft der "Menschenrechte" mit dem Zeugen Vignerte zu dreijähriger Gefängnißstrafe verurtheilt worden sei, weil er den Generalprokurator einen "elenden Lügner" nannte, und dessen Schriften von jeher das droit au travail proklamirten. Die Versammlung trennte sich, nachdem ein Redner noch zu einem Vereinigungsversuch des Central-Komite's mit der Montagne aufgefordert hatte; die Arbeiter ließen draußen Raspail und die demokratische Republik hochleben. -- Ueber Cavaignac ist ein Blatt: Le general Cavaignac devant la commission d'enquete erschienen und sofort konfiszirt worden. Ich werde Ihnen morgen ausführliche Mittheilung daraus geben. 12 Paris, 16. Nov. Wie man doch so dumm sein kann, den dummen Burschen von Napoleon, zum Präsidenten wählen zu wollen! So klagt der Berg, so klagen die Sozialisten. Daß ein Thiers, daß ein Girardin, daß die Legitimisten einen solchen Strohmann vorläufig anpreisen, um ihn später mit ihrem Götzen zu vertauschen, daß will man gerne gelten lassen. Aber daß fast alle Bauern, daß gutgesinnte Demokraten, daß geborne Republikaner einen kaiserlichen Hanswursten zum Präsidenten der Republik machen wollen, daran werden sie alle irre, die Kammer, die Cavaignac'sche Partei, sowie die Anhänger Ledru-Rollins und Raspails. Nach allen Theilen Frankreichs werden Emissäre ausgeschickt, um die Verirrten zu belehren, aufzuklären; aber da kläre Einer 20 Millionen Bauern auf! Louis Napoleon ist kein Mann, das ist ein Namen, ein verschollener Namen, der keine Bedeutung mehr hat. Das wollen sich die Bauern nicht sagen lassen. Louis Napoleon keine Bedeutung? Ihr wißt nicht, was Napoleon bedeutet. Louis Napoleon, das bedeutet, keine Steuern mehr, keine Hypotheken, keine 3 Prozentige; Louis Napoleon ist ein Name? Gut! Der da heißt Louis Napoleon, das will heißen kein Marrast, kein Cavaignac, kein Rothschild, kein Fould. Louis Napoleon bedeutet Alles, nur nicht Louis Napoleon! Louis Napoleon, das ist die Dummheit? Recht! Diese personnifizirte Dummheit setzen wir 20 Millionen Bauern Eurer bürgerlichen Weisheit entgegen. Was habt Ihr mit Eurer bürgerlichen Weisheit zu Wege gebracht? Das schrecklichste Elend im ruhigen, latenten Zustande, in Form von Hypotheken und Staatspapieren. Wir wollen von dieser ruhigen Ausbeutung nichts mehr wissen, gleichviel ob sie sich in das republikanisch-verschossene Gewand von Marrast, oder in den patriarchalischen Mantel des Königthums von Gottes Gnaden hüllt. "Metternich fort mit Dir! Rothschild und Staatspapier ... Louis Napoleon ist das Loosungswort, die Parole, welche die Bauern zusammenrottet, und sie in die Bewegung hineinschleudert. Er ist der Mann, der sie von ihrer verschuldeten Scholle losreißen soll, weil er durch seinen Namen, durch den Namen seines Onkels die Landbewohner mobiler macht als alle Mobilgardisten. Was die Andern anbetrifft, die für Louis Napoleon stimmen, so sind sie schon durch die Alternative dazu gezwungen. Weil sie eben nicht für Cavaignac stimmen wollen, müssen sie für Napoleon stimmen, um eben ihre Stimme nicht zu verlieren. Nun kommen noch die Nebenrücksichten der verschiedenen Parteien, von denen jede eine Seite in Napoleon auffaßt: die Invaliden die kaiserliche Seite, die Legitimisten die legitimistische, Thiers vielleicht die orleanische, und Girardin die Post- und Ministerseite! (Er soll Postdirektor und Cavaignac Kommandant des Invalidenhauses unter Napoleon werden): Wer weiß? Jedenfalls ist nie ein einseitigerer Mann vielseitiger aufgefaßt und besprochen worden: nie gab es eine einseitigere Vielseitigkeit, und eine vielseitigere Einseitigkeit als die Kandidatur Napoleon. Paris, 17. November. Seit zwei bis drei Abenden hat Paris äusserlich wieder seine Aprilwahlmiene angenommen. Zahlreiche Gruppen bilden sich im Faubourg St. Denis, Faubourg St. Martin, auf dem Börsenplatze und vor den Passagen des Boulevards Montmartre, um sich für oder gegen Cavaignac, für oder gegen den "Prinzen" heiser zu schreien. Bemerkenswerth für den Charakter dieses Wahlschwindels ist, daß man in all' diesen Haufen keine einzige Blouse erblickt. Man sieht nur Civilröcke und Bürgerwehr-Uniformen lebhaft diskutiren. Das ist der schlagendste Beweis, daß sich das gesammte Proletariat verteufelt wenig um die Präsidentenwahl kümmert. -- Die Zusammenrottungen auf Straßen und öffentlichen Plätzen gehen lediglich von den Bonapartisten aus. Das Arbeitsvolk verhält sich passiv. In Folge dieser Zusammenrottungen bleiben für heute Abend einige Regimenter in den Kasernen konsignirt; ebenso ist einigen Legionen der Bürgerwehr vom Oberkommando der Befehl zugegangen, sich auf den Mairieplätzen bereit zu halten. Cavaignac scheint entschlossen, dieser bonapartistischen Propaganda unter freiem Himmel ein Ende zu machen. -- Ein Schrei des Entsetzens durchfuhr gestern Abend ganz Paris, als die Abendblätter die Gräuel in Wien mittheilten. Die demokratischen Blätter zeigten in großer Schrift an: "Die europäische Demokratie zählt zwei Martyrer mehr: Robert Blum und Messenhauser." Die Entrüstung gegen die Grausamkeiten der östreichischen Hofjustiz ist allgemein. Hoffentlich wird sie den deutschen siegreichen Demokraten zur Lehre dienen -- bemerken die Blätter. -- Unsere Nationalversammlung ist heute nahe daran, ihre Büdgetdiskussion nicht fortsetzen zu können, weil kaum 500 Glieder noch in Paris sind. 294 sind auf Urlaub und etwa 100 bekleiden Gesandschaftsposten oder werden auf andere Weise dem Dienste entzogen. Darum haben Marrast und die Rue de Poitiers in süßer Uebereinstimmung den Beschluß gefaßt, sämmtliche Glieder die sich seit länger als 14 Tagen auf Urlaub befinden, auf die Kurialbänke zurückzurufen. Der Moniteur enthält heute die diesfällige Note. Ebenso alle größeren Journale. -- Der Moniteur widerlegt die Behauptung daß der König von Preußen dem Vertreter der franz. Republik in Berlin, Bürger Emanuel Arago, den schwarzen Adlerorden verliehen habe. -- Eine Verordnung des Kriegsministers erklärt alle diejenigen Minen-Conzessionen Algeriens als erloschen, welche Aktiengesellschaften zur Ausbeutung ertheilt wurden, bisher aber nicht Hand ans Werk legten, noch sich verpflichten, dies binnen heute und drei Monaten zu thun. -- Gestern wurde ein eilster Zug Emigranten, 852 Köpfe stark, nach Algerien eingeschifft. -- Aus dem so eben erschienenen Bankbericht geht ein abermaliges Sinken des Pariser Wechselverkehrs von 62 Millionen auf 58,994,789 Frk. 10 Cent. während der letzten acht Tagen hervor. National-Versammlung. Sitzung vom 17 November. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast. Die Bänke sind wieder Erwarten ziemlich besetzt. Mehrere Glieder verzichten großmüthig auf die ihnen bereits bewilligten Urlaube, um dadurch die Versammlung beschlußfahig zu erhalten. Mehrere Ausschußgutachten verschiedener Natur werden dem Präsidenten Marrast überreicht. An der Tagesordnung ist außerordentlicherweise zunächst ein Gesetzentwurf, der die Montereau-Troyes'sche Bahngesellschaft ermächtigt, die vollendete Bahnstrecke von Montereau nach Melun (auf der Hauptlinie von Paris nach Lyon) provisorisch auszubeuten. Eine allgemeine Diskussion findet gar nicht statt. Der Entwurf wird ohne Weiteres genehmigt. Ein zweiter Entwurf wird demnächst vorgenommen. Er hat zum Zweck, die Bahnarbeiten zwischen Vierzon und Bec-d' Allier fortzusetzen, welche in Folge der Zahlungslosigkeit der betreffenden Gesellschaft in's Stocken gerathen waren und viele Arbeiter auf's Pflaster geworfen hatte. Der Finanzminister verlangt den nöthigen Kredit, um die Arbeiten vollenden zu können. einen langen, sehr gemäßigten ruhigen Bericht über seine und Blum's Reise nach Wien etc. — Veranlassung der Reise war eine Sendung der Linken (Donnersberg und deutsches Haus) zur Uebergabe einer sympathisirenden Adresse an den Wiener Reichstag, Gemeinderath, Studenten und Oberkommandant. Am 17. Oktober kamen sie in Wien an. — Sie erfullten ihren Auftrag und wollten am 20. abreisen. Frobel bekam keinen Paß vom sachsischen Gesandten. — Sie nahmen Passierscheine, reisten aber nachher nicht ab, weil sie nicht glaubten, ohne Mißhandlungen durch die Soldaten zu kommen, welche gerade solche Passierscheine als Freibriefe der Mißhandlung benutzten. Sie entschlossen sich mitzukämpfen. — Am 26 Oktober wurden sie von der Oberkommandantur, Blum zum Hauptmann der 1., Fröbel zum Hauptmann der 3. Compagnie des Elitenkorps ernannt; mit der Hauptaufgabe die Ruhe in der Stadt zu sichern. Bald wurden sie anders verwendet, auf die gefahrvollsten Punkte gegen die äußeren Feinde gestellt; — in's ärgste Feuer, ohne selbst schießen zu dürfen, — Blum und Fröbel fanden sogar die Patronen, die ihre Leute bekamen, mit Sägespänen gefüllt; — sie glaubten deßhalb daß Verrath im Spiel sei, und nahmen am 29. ihre Dimission. — Von da nahmen sie keinen Antheil mehr am Kampfe. Alle entgegenstehenden Nachrichten erklärt Fr bel fur unwahr. Vom 29. Oktober bis 4. November verhielten sie sich ganz passiv. — Am 2. November verlangten sie vom Commandanten von Wien General Tschoritsch einen Geleitschein zur Abreise. — Dieser wies sie an den General Cordon. Am 3. schrieben sie an Cordon. — Als Antwort verhaftete man sie den 4. früh in den Betten. Auf der Rückseite ihres Schreibens an Cordon war der Verhaftsbefehl ausgestellt. — Sie protestirten als Abgeordnete. — Umsonst. — Vom 4. bis 8. wurden sie eingesperrt, aber nachsichtsvoll behandelt Sie schrieben nach Frankfurt an den Präsidenten der Nationalversammlung [wo ist der Brief?]. Mit ihnen sperrte man einen Spion ein unter der Firma eines Mitgefangenen, der ihnen alle Details entlockte, und sie zu einem energischen Protest an Windischgrätz überredete, als das einzige Mittel ihrer Rettung. Sie erließen diesen Protest den 8. Abends. Die Antwort darauf war am 9. früh die Erschießung Blum's. Zwei Stunden hatte man ihn verhört. — Folgen die Einzelheiten des Frobel'schen Verhörs und seiner gefänglichen Behandlung bis zum 11. Abends. Am 11. Abends wurde er zum Strick verurtheilt — in ein und demselben Dekret aber völlig begnadigt [???] Von der Polizei wurde er sofort aus Wien und bis zur sächsischen Grenze eskortirt Präsident verweist diesen Bericht an den Ausschuß für die österreichischen Angelegenheiten. Hierauf geht man zur Tagesordnung über [1 Uhr] und der Art. VI. der Verfassung [Vom Eisenbahnwesen] wird größtentheils nach den Anträgen des Verfassungsausschusses folgendermaßen angenommen ohne Diskussion. Art. VI. [§. 29-32]. §. 29. Die Reichsgewalt hat über das gesammte deutsche Eisenbahnwesen das Recht der Gesetzgebung und Oberaufsicht, soweit sie es zum Schutze des Reichs und im Interesse des allgemeinen deutschen Verkehrs für nothwendig oder zweckmäßig erachtet. * München, 13. Novbr. In und um München werden bedeutende Truppenmassen zusammengezogen, angeblich, um den bald zusammentretenden Landtag gegen den Terrorismus „von unten“ zu schützen. Se. baierische Majestät hofft unter ihren Generälen ein Windischgrätz'chen zu finden, um etwaige Freiheitsgelüste der Deputirten abzukühlen. Auch Baiern will seine Restauration machen. Stuttgart, 11. Nov. Nach den Berichten der Kammer bezog der König Friedrich vom Jahr 1806-1816, also in zehn Jahren: Fünfzehn Million, vierhundert sechsundvierzigtausend einhundert und acht Gulden aus der Staatskasse. Karlsruhe im Novbr. Die Kammer der Abgeordneten hat dieser Tage die Amnestiefrage erörtert. Der Antrag der Kommission ging auf Ertheilung von Amnestie mit Ausnahme der Anstifter des ersten Aufruhrs und mit gänzlicher Ausnahme der Leiter des Struveschen Aufruhrs. Kuenzer trug dagegen auf allgemeine Amnestie mit Ausnahme der Leiter des Struveschen Aufruhrs an und wurde von der Linken unterstützt. Der Kommissionsantrag wurde jedoch mit 31 gegen 17 Stimmen angenommen. * Rastatt, 17. Nov. Täglich fallen Prügeleien zwischen der östreichischen und badischen Garnison vor. Der Haß zwischen diesen „Reichstruppen“ ist so stark, daß wir jeden Tag eine förmliche Schlacht erwarten Die Grausamkeiten der k. k. Truppen in Wien sind die Hauptursache dieses Streites, da die badischen Soldaten öffentlich ihren Abscheu gegen den Idioten Ferdinand und seine Henkersknechte an den Tag legen. * Kassel, 16. Nov. In einer gestern hier gehaltenen, mehrere Tausend starken Volksversammlung wurde beschlossen, daß bei der jetzigen Lage der Dinge unsere Regierung aufgefordert werden solle, alsbald eine durchgreifende Volksbewaffnung ins Leben treten zu lassen, um im Fall der Noth der Reaktion und Contrerevolution mit bewaffneter Hand in den Weg zu treten. Die Versammlung beschloß ferner, die Regierung um sofortige Einberufung der neu gewählten Stände anzugehen, damit das Volk das gesetzliche Organ seines Willens zur Seite habe. Nachdem sodann Windischgrätz als Landesverräther und Mörder erklärt und dem Volkscomite aufgegeben worden war, das Parlament zu Frankfurt aufzufordern, seiner Ehre wegen die Bestrafung dieses Mannes sich am Herzen liegen zu lassen, wurde endlich folgender Zuruf an das preußische Volk einstimmig angenommen: Preußen, Brüder! Mit bitterem Schmerz, mit Ingrimm sahen wir seit Monden schon der Revolution unseres Frühjahrs, die der heldenmüthige Kampf Berlins besiegelt hatte, Hohn sprechen. Wir wußten es also zuvor, daß die Saat, welche von den Händen der Volksverräther in Wien gesäet wurde, auch in Berlin, in Preußen, in ganz Deutschland ausgestreut würde. Preußen! Euere National-Versammlung hat in diesen Tagen den Gelüsten der Reaktion „Halt!“ zugerufen, die Souveränität des Volks wieder zu Ehren gebracht. Deutschlands Zukunft liegt in ihren Händen. Ihr werdet den Schirm und Herr unserer Freiheit nicht verlassen; der Kampf gegen die Tyrannei muß zu Ende gekämpft werden; wir alle, ganz Deutschland wird auf den Kapfplatz treten. Brüder! Diesmal nur noch eine Losung: Freiheit oder Tod! Kassel, am 15. November 1848. Im Namen der Volksversammlung: Schweiz. ** Bern, 16. Nov. Ich eile, Ihnen das Resultat der heute in gemeinsamer Sitzung des Nationalraths und Ständeraths vorgenommenen Wahl des vollziehenden Bundesraths mitzutheilen. Es wurden erwählt: Zum Präsidenten: Bürgermeister Furrer, von Zürich; Die gemäßigte Partei, in beiden Räthen in großer Uebermacht, hat also ihre Kandidaten alle durchgesetzt gegen die radikalen Kandidaten: Eytel, Stämpfli, Luvini ect. Bern, 15. Nov. Der wichtigste Beschluß, welchen der Nationalrath in seiner gestrigen Sitzung gefaßt hat, ist, daß er sämmtliche Wahlen aus dem Kanton Freiburg mit 44 gegen 43 Stimmen für ungültig erklärt und die dortige Regierung aufgefordert hat, eine Wahlordnung in Uebereinstimmung mit dem Bunde zu erlassen und neue Wahlen anzuordnen. Der Staatsrath von Freiburg hatte nämlich nur Diejenigen für berechtigt erklärt, an den Wahlen Theil zu nehmen, welche die Kantons- und Bundesverfassung beschworen haben, von denen aber keine dem Volke zur Annahme vorgelegt war. Bern, 15. Nov. Das Wahlergebniß vom letzten Sonntag ist nun aus allen drei Wahlkreisen, Mittelland, Emmenthal und Seeland, bekannt. An allen drei Orten wurde Hr. General Dufour in Genf gewählt. Genf. Die Revue de Geneve gibt ihre Meinung über die Wahl des künftigen Bundesraths ab. Hr. Fazy sagt, die wahrhaft radikale Partei der Schweiz wolle nichts von Ochsenbein, Furrer, Munzinger und Frei-Herose wissen. Hr. Fazy erklärt, wenn Ochsenbein gewählt werde, würden viele Deputirte austreten. Französische Republik. 19 Paris, 18. Nov. General Cavaignac, der die verzweifeltsten Pygmäensprünge nach der Präsidentschaft der Republik macht, um in Vereinigung mit den kaiserlich-königlichen Mordhunden Windischgrätz, Jellachich, Brandenburg die „wahre Ordnung“ des Säbels in Europa herzustellen, hat sich nach dem Abfall der Armee einen neuen Bundesgenossen zu erwerben gewußt: — das Pfaffenthum. Hat nicht daß Christenthum zu jeder Zeit eine „streitende“ und eine „lehrende“ Kirche gehabt? War nicht der heilige Loyola Soldat und Pfaffe zugleich, als Pfaffe Soldat und als Soldat Pfaffe? Auch ist die „auf den Felsen gebaute“ Christenkirche nicht ganz unabhängig von den Stürmen der profanen Weltpolitik. Seine bischöfliche Gnaden von Orleans, Monseigneur Fayet hat also ganz Recht, wenn er sich für einen Augenblick von dem hohen Sitz seiner „Stellvertreterschaft Gottes“ begibt und als Bettelmönch Allmosen für das weltliche Wohlergehen des General Cavaignac sammelt. Alles im Intrresse der „ewigen Kirche“, welche in der Wahl des General Cavaignac zum Präsidenten der Republik ihre besten „Garantien“ sieht, also durch eine andere Wahl in ihrer heiligen „Ewigkeit“ gefährdet wird. Kann es einen innigeren Bund geben? Der Säbel Cavaignac's schützt die gefährdete „Ewigkeit“ der Kirche, denn die Vergangenheit Cavaignac's, der im Juni die gefangenen Insurgenten massenweise im Dunkel der Nacht abschlachten ließ, gibt die „besten Garantien“ fur die Aufrechthaltung der „heiligen“ christlichen Prinzipien; und die Kirche schafft für die fernere weltliche Herrschaft Cavaignac's, denn die Diktatur seines Säbels steht bereits so tief in der öffentlichen Verachtung, daß ihr nur noch überirdische Mittel aufhelfen können. Einstweilen nehmen wir aus dem Rundschreiben des Bischofs, welches die Geistlichen zur Anwendung ihres „legitimen Einflusses“ für die Kandidatur Cavaignac's auffordert, Akt uber die Thatsache, daß die Junischlächterei die „besten Garantien“ nicht nur fur die „bürgerliche Ordnung“ sondern auch fur die „heilige Religion der Liebe“ bietet. Zugleich aber erklärt Monseigneur Fayet in diesem Rundschreiben, daß die Empfehlung der Wahl Cavaignac's, welcher der „Religion und der Ordnung“ mehr Garantien als irgend ein anderer Kandidat biete, nach reiflicher Berathung von „sämmtlichen Bischöfen und Geistlichen der Nationalversammlung“ ausgehe. Diese Behauptung ist eine kleine Unwahrheit, denn der Abbé Leblane erklärt in den heutigen Journalen in seinem und seiner Kollegen Namen, daß sie mit der Kandidatur Cavaignac's nicht übereinstimmten und dies in der Wahlversammlung der Geistlichen dem Präsidenten Bischof Fayet selbst ausgedruckt hätten. Indeß hat der ehrwurdige Prälat nicht sowohl als „untrüglicher Stellvertreter Gottes“, sondern als weltlicher Bettelmönch Cavaignac's, diese unschuldige Luge ausgebeutet; gerade wie Hr. Cavaignac nicht als „reiner Republikaner“ die Clique-National, welche unter Louis Philipp gegen den „legitimen Einfluß“ der Geistlichen in Wahlintriguen das wuthendste Geschrei erhob, sondern als Grundpfeiler der christlichen Liebes-Religion an die Hülfe des Clerus appellirt. Als Thatsache hinsichtlich der kirchlichen Garantien Cavaignac's kann ich Ihnen mittheilen, daß der Juniheld alle 14 Tage pünktlich zur Beichte und zum „Abendmahl“ geht. Eine andere Thatsache, die ich aus vollkommen zuverlässiger Quelle habe, ist folgende: Sie wissen, daß die Garde mobile nach dem Junisieg uber die Arbeiter von den Bourgeois-Weibern dafur auf ruhrend dankbare Weise belohnt wurden; die Folge davon war, daß sich eines Morgens die halbe Pariser Bourgeois-Welt mit jener berühmten Krankheit vergiftet fand, an welcher Pangloß, der Lehrer Candide's, nach dem Einfall der Panduren litt. Der Mobilen-Chef Cavaignac ist in diesem Augenblick mit demselben keuschen Uebel behaftet, und man versichert mir, daß dies die wahre Veranlassung war, weshalb er das Constitutionsfest so früh verlassen mußte. Pangloß hatte die Krankheit bekanntlich von dem westphalischen Kammermadchen, welches sie von einem Panduren empfing, der sie einer Marquise verdankte, die einen Pagen liebte, der mit einem Jesuiten zu thun hatte: In wie weit vielleicht der gegenwartige Zustand des Kirchenritters Cavaignac zu den obenerwahnten „Garantien“ berechtigt, vermag ich Ihnen jedoch nicht ausführlich darzuthun. — In der gestrigen Sitzung des Revolutions-Klubs (Rue Montesquieu) wurde wieder auf das Heftigste über die Kandidatur Ledru-Rollin's und Raspail's gestritten. Die Sitzung sollte um 7 1/2 Uhr beginnen, aber die kleine Straße war schon von 5 Uhr an von Hunderten von Arbeitern belagert. Bürger Hervé präsidirte und ermahnte die Redner vorsorglich zur Mäßigung. Gleich der zweite Redner aber griff den „Sieur“ Ledru-Rollin mit der größten Erbitterung an. Ein Anderer, dessen Namen ich nicht verstand, erklärte sich für einen „persönlichen“ Freund Ledru-Rollin's, versicherte aber unter dem Beifall der Arbeiter, daß er „als Demokrat“ nur Raspail seine Stimme geben könne. Als nach ihm ein Anhänger Ledru-Rollin's mit der Behauptung auftrat, Ledru-Rollin sei „länger Sozialist als Raspail“, entstand wieder der furchtbarste Tumult. Drei Redner führten darauf mit großer Heftigkeit die Sache Raspails, der im Jahre 1834 bei der Assisenverhandlung gegen die Gesellschaft der „Menschenrechte“ mit dem Zeugen Vignerte zu dreijähriger Gefängnißstrafe verurtheilt worden sei, weil er den Generalprokurator einen „elenden Lügner“ nannte, und dessen Schriften von jeher das droit au travail proklamirten. Die Versammlung trennte sich, nachdem ein Redner noch zu einem Vereinigungsversuch des Central-Komite's mit der Montagne aufgefordert hatte; die Arbeiter ließen draußen Raspail und die demokratische Republik hochleben. — Ueber Cavaignac ist ein Blatt: Le général Cavaignac devant la commission d'enquête erschienen und sofort konfiszirt worden. Ich werde Ihnen morgen ausführliche Mittheilung daraus geben. 12 Paris, 16. Nov. Wie man doch so dumm sein kann, den dummen Burschen von Napoleon, zum Präsidenten wählen zu wollen! So klagt der Berg, so klagen die Sozialisten. Daß ein Thiers, daß ein Girardin, daß die Legitimisten einen solchen Strohmann vorläufig anpreisen, um ihn später mit ihrem Götzen zu vertauschen, daß will man gerne gelten lassen. Aber daß fast alle Bauern, daß gutgesinnte Demokraten, daß geborne Republikaner einen kaiserlichen Hanswursten zum Präsidenten der Republik machen wollen, daran werden sie alle irre, die Kammer, die Cavaignac'sche Partei, sowie die Anhänger Ledru-Rollins und Raspails. Nach allen Theilen Frankreichs werden Emissäre ausgeschickt, um die Verirrten zu belehren, aufzuklären; aber da kläre Einer 20 Millionen Bauern auf! Louis Napoleon ist kein Mann, das ist ein Namen, ein verschollener Namen, der keine Bedeutung mehr hat. Das wollen sich die Bauern nicht sagen lassen. Louis Napoleon keine Bedeutung? Ihr wißt nicht, was Napoleon bedeutet. Louis Napoleon, das bedeutet, keine Steuern mehr, keine Hypotheken, keine 3 Prozentige; Louis Napoleon ist ein Name? Gut! Der da heißt Louis Napoleon, das will heißen kein Marrast, kein Cavaignac, kein Rothschild, kein Fould. Louis Napoleon bedeutet Alles, nur nicht Louis Napoleon! Louis Napoleon, das ist die Dummheit? Recht! Diese personnifizirte Dummheit setzen wir 20 Millionen Bauern Eurer bürgerlichen Weisheit entgegen. Was habt Ihr mit Eurer bürgerlichen Weisheit zu Wege gebracht? Das schrecklichste Elend im ruhigen, latenten Zustande, in Form von Hypotheken und Staatspapieren. Wir wollen von dieser ruhigen Ausbeutung nichts mehr wissen, gleichviel ob sie sich in das republikanisch-verschossene Gewand von Marrast, oder in den patriarchalischen Mantel des Königthums von Gottes Gnaden hüllt. „Metternich fort mit Dir! Rothschild und Staatspapier … Louis Napoleon ist das Loosungswort, die Parole, welche die Bauern zusammenrottet, und sie in die Bewegung hineinschleudert. Er ist der Mann, der sie von ihrer verschuldeten Scholle losreißen soll, weil er durch seinen Namen, durch den Namen seines Onkels die Landbewohner mobiler macht als alle Mobilgardisten. Was die Andern anbetrifft, die für Louis Napoleon stimmen, so sind sie schon durch die Alternative dazu gezwungen. Weil sie eben nicht für Cavaignac stimmen wollen, müssen sie für Napoleon stimmen, um eben ihre Stimme nicht zu verlieren. Nun kommen noch die Nebenrücksichten der verschiedenen Parteien, von denen jede eine Seite in Napoleon auffaßt: die Invaliden die kaiserliche Seite, die Legitimisten die legitimistische, Thiers vielleicht die orleanische, und Girardin die Post- und Ministerseite! (Er soll Postdirektor und Cavaignac Kommandant des Invalidenhauses unter Napoleon werden): Wer weiß? Jedenfalls ist nie ein einseitigerer Mann vielseitiger aufgefaßt und besprochen worden: nie gab es eine einseitigere Vielseitigkeit, und eine vielseitigere Einseitigkeit als die Kandidatur Napoleon. Paris, 17. November. Seit zwei bis drei Abenden hat Paris äusserlich wieder seine Aprilwahlmiene angenommen. Zahlreiche Gruppen bilden sich im Faubourg St. Denis, Faubourg St. Martin, auf dem Börsenplatze und vor den Passagen des Boulevards Montmartre, um sich für oder gegen Cavaignac, für oder gegen den „Prinzen“ heiser zu schreien. Bemerkenswerth für den Charakter dieses Wahlschwindels ist, daß man in all' diesen Haufen keine einzige Blouse erblickt. Man sieht nur Civilröcke und Bürgerwehr-Uniformen lebhaft diskutiren. Das ist der schlagendste Beweis, daß sich das gesammte Proletariat verteufelt wenig um die Präsidentenwahl kümmert. — Die Zusammenrottungen auf Straßen und öffentlichen Plätzen gehen lediglich von den Bonapartisten aus. Das Arbeitsvolk verhält sich passiv. In Folge dieser Zusammenrottungen bleiben für heute Abend einige Regimenter in den Kasernen konsignirt; ebenso ist einigen Legionen der Bürgerwehr vom Oberkommando der Befehl zugegangen, sich auf den Mairieplätzen bereit zu halten. Cavaignac scheint entschlossen, dieser bonapartistischen Propaganda unter freiem Himmel ein Ende zu machen. — Ein Schrei des Entsetzens durchfuhr gestern Abend ganz Paris, als die Abendblätter die Gräuel in Wien mittheilten. Die demokratischen Blätter zeigten in großer Schrift an: „Die europäische Demokratie zählt zwei Martyrer mehr: Robert Blum und Messenhauser.“ Die Entrüstung gegen die Grausamkeiten der östreichischen Hofjustiz ist allgemein. Hoffentlich wird sie den deutschen siegreichen Demokraten zur Lehre dienen — bemerken die Blätter. — Unsere Nationalversammlung ist heute nahe daran, ihre Büdgetdiskussion nicht fortsetzen zu können, weil kaum 500 Glieder noch in Paris sind. 294 sind auf Urlaub und etwa 100 bekleiden Gesandschaftsposten oder werden auf andere Weise dem Dienste entzogen. Darum haben Marrast und die Rue de Poitiers in süßer Uebereinstimmung den Beschluß gefaßt, sämmtliche Glieder die sich seit länger als 14 Tagen auf Urlaub befinden, auf die Kurialbänke zurückzurufen. Der Moniteur enthält heute die diesfällige Note. Ebenso alle größeren Journale. — Der Moniteur widerlegt die Behauptung daß der König von Preußen dem Vertreter der franz. Republik in Berlin, Bürger Emanuel Arago, den schwarzen Adlerorden verliehen habe. — Eine Verordnung des Kriegsministers erklärt alle diejenigen Minen-Conzessionen Algeriens als erloschen, welche Aktiengesellschaften zur Ausbeutung ertheilt wurden, bisher aber nicht Hand ans Werk legten, noch sich verpflichten, dies binnen heute und drei Monaten zu thun. — Gestern wurde ein eilster Zug Emigranten, 852 Köpfe stark, nach Algerien eingeschifft. — Aus dem so eben erschienenen Bankbericht geht ein abermaliges Sinken des Pariser Wechselverkehrs von 62 Millionen auf 58,994,789 Frk. 10 Cent. während der letzten acht Tagen hervor. National-Versammlung. Sitzung vom 17 November. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast. Die Bänke sind wieder Erwarten ziemlich besetzt. Mehrere Glieder verzichten großmüthig auf die ihnen bereits bewilligten Urlaube, um dadurch die Versammlung beschlußfahig zu erhalten. Mehrere Ausschußgutachten verschiedener Natur werden dem Präsidenten Marrast überreicht. An der Tagesordnung ist außerordentlicherweise zunächst ein Gesetzentwurf, der die Montereau-Troyes'sche Bahngesellschaft ermächtigt, die vollendete Bahnstrecke von Montereau nach Melun (auf der Hauptlinie von Paris nach Lyon) provisorisch auszubeuten. Eine allgemeine Diskussion findet gar nicht statt. Der Entwurf wird ohne Weiteres genehmigt. Ein zweiter Entwurf wird demnächst vorgenommen. Er hat zum Zweck, die Bahnarbeiten zwischen Vierzon und Bec-d' Allier fortzusetzen, welche in Folge der Zahlungslosigkeit der betreffenden Gesellschaft in's Stocken gerathen waren und viele Arbeiter auf's Pflaster geworfen hatte. Der Finanzminister verlangt den nöthigen Kredit, um die Arbeiten vollenden zu können. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar148-1_020" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0775"/> einen langen, sehr gemäßigten ruhigen Bericht über seine und Blum's Reise nach Wien etc. — Veranlassung der Reise war eine Sendung der Linken (Donnersberg und deutsches Haus) zur Uebergabe einer sympathisirenden Adresse an den Wiener Reichstag, Gemeinderath, Studenten und Oberkommandant. Am 17. Oktober kamen sie in Wien an. — Sie erfullten ihren Auftrag und wollten am 20. abreisen. Frobel bekam keinen Paß vom sachsischen Gesandten. — Sie nahmen Passierscheine, reisten aber nachher nicht ab, weil sie nicht glaubten, ohne Mißhandlungen durch die Soldaten zu kommen, welche gerade solche Passierscheine als Freibriefe der Mißhandlung benutzten. Sie entschlossen sich mitzukämpfen. — Am 26 Oktober wurden sie von der Oberkommandantur, Blum zum Hauptmann der 1., Fröbel zum Hauptmann der 3. Compagnie des Elitenkorps ernannt; mit der Hauptaufgabe die Ruhe in der Stadt zu sichern. Bald wurden sie anders verwendet, auf die gefahrvollsten Punkte gegen die äußeren Feinde gestellt; — in's ärgste Feuer, ohne selbst schießen zu dürfen, — Blum und Fröbel fanden sogar die Patronen, die ihre Leute bekamen, mit Sägespänen gefüllt; — sie glaubten deßhalb daß Verrath im Spiel sei, und nahmen am 29. ihre Dimission. — Von da nahmen sie keinen Antheil mehr am Kampfe. Alle entgegenstehenden Nachrichten erklärt Fr bel fur unwahr.</p> <p>Vom 29. Oktober bis 4. November verhielten sie sich ganz passiv. — Am 2. November verlangten sie vom Commandanten von Wien General Tschoritsch einen Geleitschein zur Abreise. — Dieser wies sie an den General Cordon. Am 3. schrieben sie an Cordon. — Als Antwort verhaftete man sie den 4. früh in den Betten. Auf der Rückseite ihres Schreibens an Cordon war der Verhaftsbefehl ausgestellt. — Sie protestirten als Abgeordnete. — Umsonst. —</p> <p>Vom 4. bis 8. wurden sie eingesperrt, aber nachsichtsvoll behandelt Sie schrieben nach Frankfurt an den Präsidenten der Nationalversammlung [wo ist der Brief?]. Mit ihnen sperrte man einen Spion ein unter der Firma eines Mitgefangenen, der ihnen alle Details entlockte, und sie zu einem energischen Protest an Windischgrätz überredete, als das einzige Mittel ihrer Rettung. Sie erließen diesen Protest den 8. Abends. Die Antwort darauf war am 9. früh die Erschießung Blum's. Zwei Stunden hatte man ihn verhört. — Folgen die Einzelheiten des Frobel'schen Verhörs und seiner gefänglichen Behandlung bis zum 11. Abends. Am 11. Abends wurde er zum Strick verurtheilt — in ein und demselben Dekret aber völlig begnadigt [???] Von der Polizei wurde er sofort aus Wien und bis zur sächsischen Grenze eskortirt</p> <p><hi rendition="#g">Präsident</hi> verweist diesen Bericht an den Ausschuß für die österreichischen Angelegenheiten.</p> <p>Hierauf geht man zur Tagesordnung über [1 Uhr] und der Art. VI. der Verfassung [Vom Eisenbahnwesen] wird größtentheils nach den Anträgen des Verfassungsausschusses folgendermaßen angenommen ohne Diskussion.</p> <p>Art. VI. [§. 29-32].</p> <p rendition="#et">§. 29. Die Reichsgewalt hat über das gesammte deutsche Eisenbahnwesen das Recht der Gesetzgebung und Oberaufsicht, soweit sie es zum Schutze des Reichs und im Interesse des allgemeinen deutschen Verkehrs für nothwendig oder zweckmäßig erachtet.<lb/> §. 30. Unter denselben Voraussetzungen hat die Reichsgewalt das Recht, Eisenbahnen anzulegen oder deren Anlage zu bewilligen, sowie vorhandene Eisenbahnen auf dem Wege der Enteignung zu erwerben. Die Benutzung der Eisenbahnen steht der Reichsgewalt jederzeit gegen Entschädigung frei.<lb/> §. 31. Bei der Anlage oder Bewilligung von Eisenbahnen durch die einzelnen Staaten ist die Reichsgewalt befugt, den Schutz des Reichs und das Interesse des allgemeinen deutschen Verkehrs wahrzunehmen. — Der Reichsgewalt steht die Gesetzgebung und Oberaufsicht über die den allgemeinen deutschen Verkehr vermittelnden oder zum Schutz des Reichs nothwendigen Heer- und Landstraßen, ingleichen über die Erhebung von Chaussee- und Wegegeldern und ähnlichen Abgaben auf solchen Straßen zu.<lb/> §. 32. Der Reichsgewalt steht das Recht zu, zum Schutz des Reichs oder im Interesse des allgemeinen deutschen Verkehrs, Landstraßen zu bauen, Kanäle anzulegen, Flüsse schiffbar zu machen oder deren Schiffbarkeit zu erweitern.<lb/> Sie hat für die Unterhaltung der so gewonnenen Verkehrswege zu sorgen.<lb/> Die bei derartigen Fluß- und Kanalbauten gewonnenen Vorladungen gehören dem Reich.<lb/> Schluß der Sitzung nach 2 Uhr.</p> </div> <div xml:id="ar148-1_021" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> München, 13. Novbr.</head> <p>In und um München werden bedeutende Truppenmassen zusammengezogen, angeblich, um den bald zusammentretenden Landtag gegen den Terrorismus „von unten“ zu schützen. Se. baierische Majestät hofft unter ihren Generälen ein Windischgrätz'chen zu finden, um etwaige Freiheitsgelüste der Deputirten abzukühlen. Auch Baiern will seine Restauration machen.</p> </div> <div xml:id="ar148-1_022" type="jArticle"> <head>Stuttgart, 11. Nov.</head> <p>Nach den Berichten der Kammer bezog der König Friedrich vom Jahr 1806-1816, also in zehn Jahren:</p> <p rendition="#et">Fünfzehn Million, vierhundert sechsundvierzigtausend einhundert und acht Gulden aus der Staatskasse.<lb/> Der König Wilhelm von 1817-1848, also seit 31 Jahren:<lb/> Siebenundzwanzig Million, zweimalhunderttausend Gulden.<lb/> Das war für die zwei Herren allein; an Apanage, Witthum und Heirathsgüter zahlte das Volk der Königsfamilie, seit 1806 13,774,565 Gulden.<lb/> Die Abgabe, ohne die der Staat leicht bestehen könnte, macht also seit 42 Jahren allein in Würtemberg, einem Volke von 2 Millionen Einwohner 54,421,053 Gulden.<lb/> Daher die vielen Steuern!?<lb/> Das kleine Land Würtemberg zahlt seit 42 Jahren:<lb/><hi rendition="#b">54,421,053</hi> Gulden.<lb/> für seine <hi rendition="#g">Königsfamilie,</hi> und der Staat Nordamerika, der größer als ganz Europa ist, seinem Präsidenten <hi rendition="#b">63,500</hi> Guld.</p> <bibl>(M. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar148-1_023" type="jArticle"> <head>Karlsruhe im Novbr.</head> <p>Die Kammer der Abgeordneten hat dieser Tage die Amnestiefrage erörtert. Der Antrag der Kommission ging auf Ertheilung von Amnestie mit Ausnahme der Anstifter des ersten Aufruhrs und mit gänzlicher Ausnahme der Leiter des Struveschen Aufruhrs. Kuenzer trug dagegen auf allgemeine Amnestie mit Ausnahme der Leiter des Struveschen Aufruhrs an und wurde von der Linken unterstützt. Der Kommissionsantrag wurde jedoch mit 31 gegen 17 Stimmen angenommen.</p> </div> <div xml:id="ar148-1_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rastatt, 17. Nov.</head> <p>Täglich fallen Prügeleien zwischen der östreichischen und badischen Garnison vor. Der Haß zwischen diesen „Reichstruppen“ ist so stark, daß wir jeden Tag eine förmliche Schlacht erwarten Die Grausamkeiten der k. k. Truppen in Wien sind die Hauptursache dieses Streites, da die badischen Soldaten öffentlich ihren Abscheu gegen den Idioten Ferdinand und seine Henkersknechte an den Tag legen.</p> </div> <div xml:id="ar148-1_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Kassel, 16. Nov.</head> <p>In einer gestern hier gehaltenen, mehrere Tausend starken Volksversammlung wurde beschlossen, daß bei der jetzigen Lage der Dinge unsere Regierung aufgefordert werden solle, alsbald eine durchgreifende Volksbewaffnung ins Leben treten zu lassen, um im Fall der Noth der Reaktion und Contrerevolution mit bewaffneter Hand in den Weg zu treten. Die Versammlung beschloß ferner, die Regierung um sofortige Einberufung der neu gewählten Stände anzugehen, damit das Volk das gesetzliche Organ seines Willens zur Seite habe. Nachdem sodann Windischgrätz als Landesverräther und Mörder erklärt und dem Volkscomite aufgegeben worden war, das Parlament zu Frankfurt aufzufordern, seiner Ehre wegen die Bestrafung dieses Mannes sich am Herzen liegen zu lassen, wurde endlich folgender Zuruf an das preußische Volk einstimmig angenommen:</p> <p> <hi rendition="#g">Preußen, Brüder!</hi> </p> <p>Mit bitterem Schmerz, mit Ingrimm sahen wir seit Monden schon der Revolution unseres Frühjahrs, die der heldenmüthige Kampf Berlins besiegelt hatte, Hohn sprechen. Wir wußten es also zuvor, daß die Saat, welche von den Händen der Volksverräther in Wien gesäet wurde, auch in Berlin, in Preußen, in ganz Deutschland ausgestreut würde.</p> <p>Preußen! Euere National-Versammlung hat in diesen Tagen den Gelüsten der Reaktion „Halt!“ zugerufen, die Souveränität des Volks wieder zu Ehren gebracht. Deutschlands Zukunft liegt in ihren Händen.</p> <p>Ihr werdet den Schirm und Herr unserer Freiheit nicht verlassen; der Kampf gegen die Tyrannei muß zu Ende gekämpft werden; wir alle, ganz Deutschland wird auf den Kapfplatz treten.</p> <p>Brüder! Diesmal nur noch eine Losung:</p> <p> <hi rendition="#g">Freiheit oder Tod!</hi> </p> <p>Kassel, am 15. November 1848.</p> <p>Im Namen der Volksversammlung:<lb/><hi rendition="#g">Das Volkscomite</hi>.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar148-1_026" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Bern, 16. Nov.</head> <p>Ich eile, Ihnen das Resultat der heute in gemeinsamer Sitzung des Nationalraths und Ständeraths vorgenommenen Wahl des vollziehenden Bundesraths mitzutheilen. Es wurden erwählt:</p> <p rendition="#et">Zum Präsidenten: Bürgermeister Furrer, von Zürich;<lb/> Zum Vizepräsidenten: Staatsrath Druey, von Waadt;<lb/> Zu Mitgliedern: Oberst Ochsenbein, von Bern;<lb/> Oberst Franscini, von Tessin;<lb/> Herr Munziger, von Solothurn;<lb/> Herr <gap reason="illegible"/>aff, von St. Gallen.<lb/> Herr Steiger, von Luzern.</p> <p>Die gemäßigte Partei, in beiden Räthen in großer Uebermacht, hat also ihre Kandidaten alle durchgesetzt gegen die radikalen Kandidaten: Eytel, Stämpfli, Luvini ect.</p> </div> <div xml:id="ar148-1_027" type="jArticle"> <head>Bern, 15. Nov.</head> <p>Der wichtigste Beschluß, welchen der Nationalrath in seiner gestrigen Sitzung gefaßt hat, ist, daß er sämmtliche Wahlen aus dem Kanton Freiburg mit 44 gegen 43 Stimmen für ungültig erklärt und die dortige Regierung aufgefordert hat, eine Wahlordnung in Uebereinstimmung mit dem Bunde zu erlassen und neue Wahlen anzuordnen. Der Staatsrath von Freiburg hatte nämlich nur Diejenigen für berechtigt erklärt, an den Wahlen Theil zu nehmen, welche die Kantons- und Bundesverfassung beschworen haben, von denen aber keine dem Volke zur Annahme vorgelegt war.</p> </div> <div xml:id="ar148-1_028" type="jArticle"> <head>Bern, 15. Nov.</head> <p>Das Wahlergebniß vom letzten Sonntag ist nun aus allen drei Wahlkreisen, Mittelland, Emmenthal und Seeland, bekannt. An allen drei Orten wurde Hr. General Dufour in Genf gewählt.</p> </div> <div xml:id="ar148-1_029" type="jArticle"> <head>Genf.</head> <p>Die Revue de Geneve gibt ihre Meinung über die Wahl des künftigen Bundesraths ab. Hr. Fazy sagt, die wahrhaft radikale Partei der Schweiz wolle nichts von Ochsenbein, Furrer, Munzinger und Frei-Herose wissen. Hr. Fazy erklärt, wenn Ochsenbein gewählt werde, würden viele Deputirte austreten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar148-1_030" type="jArticle"> <head><bibl><author>19</author></bibl> Paris, 18. Nov.</head> <p>General Cavaignac, der die verzweifeltsten Pygmäensprünge nach der Präsidentschaft der Republik macht, um in Vereinigung mit den kaiserlich-königlichen Mordhunden Windischgrätz, Jellachich, Brandenburg die „wahre Ordnung“ des Säbels in Europa herzustellen, hat sich nach dem Abfall der Armee einen neuen Bundesgenossen zu erwerben gewußt: — das Pfaffenthum. Hat nicht daß Christenthum zu jeder Zeit eine „streitende“ und eine „lehrende“ Kirche gehabt? War nicht der heilige Loyola Soldat und Pfaffe zugleich, als Pfaffe Soldat und als Soldat Pfaffe? Auch ist die „auf den Felsen gebaute“ Christenkirche nicht ganz unabhängig von den Stürmen der profanen Weltpolitik. Seine bischöfliche Gnaden von Orleans, Monseigneur Fayet hat also ganz Recht, wenn er sich für einen Augenblick von dem hohen Sitz seiner „Stellvertreterschaft Gottes“ begibt und als Bettelmönch Allmosen für das weltliche Wohlergehen des General Cavaignac sammelt. Alles im Intrresse der „ewigen Kirche“, welche in der Wahl des General Cavaignac zum Präsidenten der Republik ihre besten „Garantien“ sieht, also durch eine andere Wahl in ihrer heiligen „Ewigkeit“ gefährdet wird. Kann es einen innigeren Bund geben? Der Säbel Cavaignac's schützt die gefährdete „Ewigkeit“ der Kirche, denn die Vergangenheit Cavaignac's, der im Juni die gefangenen Insurgenten massenweise im Dunkel der Nacht abschlachten ließ, gibt die „besten Garantien“ fur die Aufrechthaltung der „heiligen“ christlichen Prinzipien; und die Kirche schafft für die fernere weltliche Herrschaft Cavaignac's, denn die Diktatur seines Säbels steht bereits so tief in der öffentlichen Verachtung, daß ihr nur noch überirdische Mittel aufhelfen können. Einstweilen nehmen wir aus dem Rundschreiben des Bischofs, welches die Geistlichen zur Anwendung ihres „legitimen Einflusses“ für die Kandidatur Cavaignac's auffordert, Akt uber die Thatsache, daß die Junischlächterei die „besten Garantien“ nicht nur fur die „bürgerliche Ordnung“ sondern auch fur die „heilige Religion der Liebe“ bietet. Zugleich aber erklärt Monseigneur Fayet in diesem Rundschreiben, daß die Empfehlung der Wahl Cavaignac's, welcher der „Religion und der Ordnung“ mehr Garantien als irgend ein anderer Kandidat biete, nach reiflicher Berathung von „<hi rendition="#g">sämmtlichen</hi> Bischöfen und Geistlichen der Nationalversammlung“ ausgehe. Diese Behauptung ist eine kleine Unwahrheit, denn der Abbé Leblane erklärt in den heutigen Journalen in seinem und seiner Kollegen Namen, daß sie mit der Kandidatur Cavaignac's <hi rendition="#g">nicht</hi> übereinstimmten und dies in der Wahlversammlung der Geistlichen dem Präsidenten Bischof Fayet selbst ausgedruckt hätten. Indeß hat der ehrwurdige Prälat nicht sowohl als „untrüglicher Stellvertreter Gottes“, sondern als weltlicher Bettelmönch Cavaignac's, diese unschuldige Luge ausgebeutet; gerade wie Hr. Cavaignac nicht als „reiner Republikaner“ die Clique-National, welche unter Louis Philipp gegen den „legitimen Einfluß“ der Geistlichen in Wahlintriguen das wuthendste Geschrei erhob, sondern als Grundpfeiler der christlichen Liebes-Religion an die Hülfe des Clerus appellirt. Als Thatsache hinsichtlich der kirchlichen Garantien Cavaignac's kann ich Ihnen mittheilen, daß der Juniheld alle 14 Tage pünktlich zur Beichte und zum „Abendmahl“ geht. Eine andere Thatsache, die ich aus vollkommen zuverlässiger Quelle habe, ist folgende: Sie wissen, daß die Garde mobile nach dem Junisieg uber die Arbeiter von den Bourgeois-Weibern dafur auf ruhrend dankbare Weise belohnt wurden; die Folge davon war, daß sich eines Morgens die halbe Pariser Bourgeois-Welt mit jener berühmten Krankheit vergiftet fand, an welcher Pangloß, der Lehrer Candide's, nach dem Einfall der Panduren litt. Der Mobilen-Chef Cavaignac ist in diesem Augenblick mit demselben keuschen Uebel behaftet, und man versichert mir, daß dies die wahre Veranlassung war, weshalb er das Constitutionsfest so früh verlassen mußte. Pangloß hatte die Krankheit bekanntlich von dem westphalischen Kammermadchen, welches sie von einem Panduren empfing, der sie einer Marquise verdankte, die einen Pagen liebte, der mit einem <hi rendition="#g">Jesuiten</hi> zu thun hatte: In wie weit vielleicht der gegenwartige Zustand des Kirchenritters Cavaignac zu den obenerwahnten „Garantien“ berechtigt, vermag ich Ihnen jedoch nicht ausführlich darzuthun. —</p> <p>In der gestrigen Sitzung des Revolutions-Klubs (Rue Montesquieu) wurde wieder auf das Heftigste über die Kandidatur Ledru-Rollin's und Raspail's gestritten. Die Sitzung sollte um 7 1/2 Uhr beginnen, aber die kleine Straße war schon von 5 Uhr an von Hunderten von Arbeitern belagert. Bürger Hervé präsidirte und ermahnte die Redner vorsorglich zur Mäßigung. Gleich der zweite Redner aber griff den „Sieur“ Ledru-Rollin mit der größten Erbitterung an. Ein Anderer, dessen Namen ich nicht verstand, erklärte sich für einen „persönlichen“ Freund Ledru-Rollin's, versicherte aber unter dem Beifall der Arbeiter, daß er „als Demokrat“ nur Raspail seine Stimme geben könne. Als nach ihm ein Anhänger Ledru-Rollin's mit der Behauptung auftrat, Ledru-Rollin sei „länger Sozialist als Raspail“, entstand wieder der furchtbarste Tumult. Drei Redner führten darauf mit großer Heftigkeit die Sache Raspails, der im Jahre 1834 bei der Assisenverhandlung gegen die Gesellschaft der „Menschenrechte“ mit dem Zeugen Vignerte zu dreijähriger Gefängnißstrafe verurtheilt worden sei, weil er den Generalprokurator einen „elenden Lügner“ nannte, und dessen Schriften von jeher das droit au travail proklamirten. Die Versammlung trennte sich, nachdem ein Redner noch zu einem Vereinigungsversuch des Central-Komite's mit der Montagne aufgefordert hatte; die Arbeiter ließen draußen Raspail und die demokratische Republik hochleben. —</p> <p>Ueber Cavaignac ist ein Blatt: Le général Cavaignac devant la commission d'enquête erschienen und sofort konfiszirt worden. Ich werde Ihnen morgen ausführliche Mittheilung daraus geben.</p> </div> <div xml:id="ar148-1_031" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 16. Nov.</head> <p>Wie man doch so dumm sein kann, den dummen Burschen von Napoleon, zum Präsidenten wählen zu wollen! So klagt der Berg, so klagen die Sozialisten. Daß ein Thiers, daß ein Girardin, daß die Legitimisten einen solchen Strohmann vorläufig anpreisen, um ihn später mit ihrem Götzen zu vertauschen, daß will man gerne gelten lassen. Aber daß fast alle Bauern, daß gutgesinnte Demokraten, daß geborne Republikaner einen kaiserlichen Hanswursten zum Präsidenten der Republik machen wollen, daran werden sie alle irre, die Kammer, die Cavaignac'sche Partei, sowie die Anhänger Ledru-Rollins und Raspails. Nach allen Theilen Frankreichs werden Emissäre ausgeschickt, um die Verirrten zu belehren, aufzuklären; aber da kläre Einer 20 Millionen Bauern auf! Louis Napoleon ist kein Mann, das ist ein Namen, ein verschollener Namen, der keine Bedeutung mehr hat. Das wollen sich die Bauern nicht sagen lassen. Louis Napoleon keine Bedeutung? Ihr wißt nicht, was Napoleon bedeutet. Louis Napoleon, das bedeutet, <hi rendition="#g">keine Steuern mehr,</hi> keine Hypotheken, keine 3 Prozentige; Louis Napoleon ist ein Name? Gut! Der da heißt Louis Napoleon, das will heißen kein Marrast, kein Cavaignac, kein Rothschild, kein Fould. Louis Napoleon bedeutet Alles, nur nicht Louis Napoleon! Louis Napoleon, das ist die Dummheit? Recht! Diese personnifizirte Dummheit setzen wir 20 Millionen Bauern Eurer bürgerlichen Weisheit entgegen. Was habt Ihr mit Eurer bürgerlichen Weisheit zu Wege gebracht? Das schrecklichste Elend im ruhigen, latenten Zustande, in Form von Hypotheken und Staatspapieren. Wir wollen von dieser ruhigen Ausbeutung nichts mehr wissen, gleichviel ob sie sich in das republikanisch-verschossene Gewand von Marrast, oder in den patriarchalischen Mantel des Königthums von Gottes Gnaden hüllt. „Metternich fort mit Dir! Rothschild und Staatspapier …</p> <p>Louis Napoleon ist das Loosungswort, die Parole, welche die Bauern zusammenrottet, und sie in die Bewegung hineinschleudert. Er ist der Mann, der sie von ihrer verschuldeten Scholle losreißen soll, weil er durch seinen Namen, durch den Namen seines Onkels die Landbewohner mobiler macht als alle Mobilgardisten. Was die Andern anbetrifft, die für Louis Napoleon stimmen, so sind sie schon durch die Alternative dazu gezwungen. Weil sie eben nicht für Cavaignac stimmen wollen, müssen sie für Napoleon stimmen, um eben ihre Stimme nicht zu verlieren. Nun kommen noch die Nebenrücksichten der verschiedenen Parteien, von denen jede <hi rendition="#g">eine</hi> Seite in Napoleon auffaßt: die Invaliden die kaiserliche Seite, die Legitimisten die legitimistische, Thiers vielleicht die orleanische, und Girardin die Post- und Ministerseite! (Er soll Postdirektor und Cavaignac Kommandant des Invalidenhauses unter Napoleon werden): Wer weiß? Jedenfalls ist nie ein einseitigerer Mann vielseitiger aufgefaßt und besprochen worden: nie gab es eine einseitigere Vielseitigkeit, und eine vielseitigere Einseitigkeit als die Kandidatur Napoleon.</p> </div> <div xml:id="ar148-1_032" type="jArticle"> <head>Paris, 17. November.</head> <p>Seit zwei bis drei Abenden hat Paris äusserlich wieder seine Aprilwahlmiene angenommen. Zahlreiche Gruppen bilden sich im Faubourg St. Denis, Faubourg St. Martin, auf dem Börsenplatze und vor den Passagen des Boulevards Montmartre, um sich für oder gegen Cavaignac, für oder gegen den „Prinzen“ heiser zu schreien.</p> <p>Bemerkenswerth für den Charakter dieses Wahlschwindels ist, daß man in all' diesen Haufen keine einzige Blouse erblickt. Man sieht nur Civilröcke und Bürgerwehr-Uniformen lebhaft diskutiren.</p> <p>Das ist der schlagendste Beweis, daß sich das gesammte Proletariat verteufelt wenig um die Präsidentenwahl kümmert.</p> <p>— Die Zusammenrottungen auf Straßen und öffentlichen Plätzen gehen lediglich von den Bonapartisten aus. Das Arbeitsvolk verhält sich passiv. In Folge dieser Zusammenrottungen bleiben für heute Abend einige Regimenter in den Kasernen konsignirt; ebenso ist einigen Legionen der Bürgerwehr vom Oberkommando der Befehl zugegangen, sich auf den Mairieplätzen bereit zu halten. Cavaignac scheint entschlossen, dieser bonapartistischen Propaganda unter freiem Himmel ein Ende zu machen.</p> <p>— Ein Schrei des Entsetzens durchfuhr gestern Abend ganz Paris, als die Abendblätter die Gräuel in Wien mittheilten. Die demokratischen Blätter zeigten in großer Schrift an: „Die europäische Demokratie zählt zwei Martyrer mehr: Robert Blum und Messenhauser.“ Die Entrüstung gegen die Grausamkeiten der östreichischen Hofjustiz ist allgemein. Hoffentlich wird sie den deutschen siegreichen Demokraten zur Lehre dienen — bemerken die Blätter.</p> <p>— Unsere Nationalversammlung ist heute nahe daran, ihre Büdgetdiskussion nicht fortsetzen zu können, weil kaum 500 Glieder noch in Paris sind. 294 sind auf Urlaub und etwa 100 bekleiden Gesandschaftsposten oder werden auf andere Weise dem Dienste entzogen. Darum haben Marrast und die Rue de Poitiers in süßer Uebereinstimmung den Beschluß gefaßt, sämmtliche Glieder die sich seit länger als 14 Tagen auf Urlaub befinden, auf die Kurialbänke zurückzurufen. Der Moniteur enthält heute die diesfällige Note. Ebenso alle größeren Journale.</p> <p>— Der Moniteur widerlegt die Behauptung daß der König von Preußen dem Vertreter der franz. Republik in Berlin, Bürger Emanuel Arago, den schwarzen Adlerorden verliehen habe.</p> <p>— Eine Verordnung des Kriegsministers erklärt alle diejenigen Minen-Conzessionen Algeriens als erloschen, welche Aktiengesellschaften zur Ausbeutung ertheilt wurden, bisher aber nicht Hand ans Werk legten, noch sich verpflichten, dies binnen heute und drei Monaten zu thun.</p> <p>— Gestern wurde ein eilster Zug Emigranten, 852 Köpfe stark, nach Algerien eingeschifft.</p> <p>— Aus dem so eben erschienenen Bankbericht geht ein abermaliges Sinken des Pariser Wechselverkehrs von 62 Millionen auf 58,994,789 Frk. 10 Cent. während der letzten acht Tagen hervor.</p> <p><hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 17 November. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast.</p> <p>Die Bänke sind wieder Erwarten ziemlich besetzt. Mehrere Glieder verzichten großmüthig auf die ihnen bereits bewilligten Urlaube, um dadurch die Versammlung beschlußfahig zu erhalten.</p> <p>Mehrere Ausschußgutachten verschiedener Natur werden dem Präsidenten Marrast überreicht.</p> <p>An der Tagesordnung ist außerordentlicherweise zunächst ein Gesetzentwurf, der die Montereau-Troyes'sche Bahngesellschaft ermächtigt, die vollendete Bahnstrecke von Montereau nach Melun (auf der Hauptlinie von Paris nach Lyon) provisorisch auszubeuten.</p> <p>Eine allgemeine Diskussion findet gar nicht statt. Der Entwurf wird ohne Weiteres genehmigt.</p> <p>Ein zweiter Entwurf wird demnächst vorgenommen. Er hat zum Zweck, die Bahnarbeiten zwischen Vierzon und Bec-d' Allier fortzusetzen, welche in Folge der Zahlungslosigkeit der betreffenden Gesellschaft in's Stocken gerathen waren und viele Arbeiter auf's Pflaster geworfen hatte. Der Finanzminister verlangt den nöthigen Kredit, um die Arbeiten vollenden zu können. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0775/0003]
einen langen, sehr gemäßigten ruhigen Bericht über seine und Blum's Reise nach Wien etc. — Veranlassung der Reise war eine Sendung der Linken (Donnersberg und deutsches Haus) zur Uebergabe einer sympathisirenden Adresse an den Wiener Reichstag, Gemeinderath, Studenten und Oberkommandant. Am 17. Oktober kamen sie in Wien an. — Sie erfullten ihren Auftrag und wollten am 20. abreisen. Frobel bekam keinen Paß vom sachsischen Gesandten. — Sie nahmen Passierscheine, reisten aber nachher nicht ab, weil sie nicht glaubten, ohne Mißhandlungen durch die Soldaten zu kommen, welche gerade solche Passierscheine als Freibriefe der Mißhandlung benutzten. Sie entschlossen sich mitzukämpfen. — Am 26 Oktober wurden sie von der Oberkommandantur, Blum zum Hauptmann der 1., Fröbel zum Hauptmann der 3. Compagnie des Elitenkorps ernannt; mit der Hauptaufgabe die Ruhe in der Stadt zu sichern. Bald wurden sie anders verwendet, auf die gefahrvollsten Punkte gegen die äußeren Feinde gestellt; — in's ärgste Feuer, ohne selbst schießen zu dürfen, — Blum und Fröbel fanden sogar die Patronen, die ihre Leute bekamen, mit Sägespänen gefüllt; — sie glaubten deßhalb daß Verrath im Spiel sei, und nahmen am 29. ihre Dimission. — Von da nahmen sie keinen Antheil mehr am Kampfe. Alle entgegenstehenden Nachrichten erklärt Fr bel fur unwahr.
Vom 29. Oktober bis 4. November verhielten sie sich ganz passiv. — Am 2. November verlangten sie vom Commandanten von Wien General Tschoritsch einen Geleitschein zur Abreise. — Dieser wies sie an den General Cordon. Am 3. schrieben sie an Cordon. — Als Antwort verhaftete man sie den 4. früh in den Betten. Auf der Rückseite ihres Schreibens an Cordon war der Verhaftsbefehl ausgestellt. — Sie protestirten als Abgeordnete. — Umsonst. —
Vom 4. bis 8. wurden sie eingesperrt, aber nachsichtsvoll behandelt Sie schrieben nach Frankfurt an den Präsidenten der Nationalversammlung [wo ist der Brief?]. Mit ihnen sperrte man einen Spion ein unter der Firma eines Mitgefangenen, der ihnen alle Details entlockte, und sie zu einem energischen Protest an Windischgrätz überredete, als das einzige Mittel ihrer Rettung. Sie erließen diesen Protest den 8. Abends. Die Antwort darauf war am 9. früh die Erschießung Blum's. Zwei Stunden hatte man ihn verhört. — Folgen die Einzelheiten des Frobel'schen Verhörs und seiner gefänglichen Behandlung bis zum 11. Abends. Am 11. Abends wurde er zum Strick verurtheilt — in ein und demselben Dekret aber völlig begnadigt [???] Von der Polizei wurde er sofort aus Wien und bis zur sächsischen Grenze eskortirt
Präsident verweist diesen Bericht an den Ausschuß für die österreichischen Angelegenheiten.
Hierauf geht man zur Tagesordnung über [1 Uhr] und der Art. VI. der Verfassung [Vom Eisenbahnwesen] wird größtentheils nach den Anträgen des Verfassungsausschusses folgendermaßen angenommen ohne Diskussion.
Art. VI. [§. 29-32].
§. 29. Die Reichsgewalt hat über das gesammte deutsche Eisenbahnwesen das Recht der Gesetzgebung und Oberaufsicht, soweit sie es zum Schutze des Reichs und im Interesse des allgemeinen deutschen Verkehrs für nothwendig oder zweckmäßig erachtet.
§. 30. Unter denselben Voraussetzungen hat die Reichsgewalt das Recht, Eisenbahnen anzulegen oder deren Anlage zu bewilligen, sowie vorhandene Eisenbahnen auf dem Wege der Enteignung zu erwerben. Die Benutzung der Eisenbahnen steht der Reichsgewalt jederzeit gegen Entschädigung frei.
§. 31. Bei der Anlage oder Bewilligung von Eisenbahnen durch die einzelnen Staaten ist die Reichsgewalt befugt, den Schutz des Reichs und das Interesse des allgemeinen deutschen Verkehrs wahrzunehmen. — Der Reichsgewalt steht die Gesetzgebung und Oberaufsicht über die den allgemeinen deutschen Verkehr vermittelnden oder zum Schutz des Reichs nothwendigen Heer- und Landstraßen, ingleichen über die Erhebung von Chaussee- und Wegegeldern und ähnlichen Abgaben auf solchen Straßen zu.
§. 32. Der Reichsgewalt steht das Recht zu, zum Schutz des Reichs oder im Interesse des allgemeinen deutschen Verkehrs, Landstraßen zu bauen, Kanäle anzulegen, Flüsse schiffbar zu machen oder deren Schiffbarkeit zu erweitern.
Sie hat für die Unterhaltung der so gewonnenen Verkehrswege zu sorgen.
Die bei derartigen Fluß- und Kanalbauten gewonnenen Vorladungen gehören dem Reich.
Schluß der Sitzung nach 2 Uhr.
* München, 13. Novbr. In und um München werden bedeutende Truppenmassen zusammengezogen, angeblich, um den bald zusammentretenden Landtag gegen den Terrorismus „von unten“ zu schützen. Se. baierische Majestät hofft unter ihren Generälen ein Windischgrätz'chen zu finden, um etwaige Freiheitsgelüste der Deputirten abzukühlen. Auch Baiern will seine Restauration machen.
Stuttgart, 11. Nov. Nach den Berichten der Kammer bezog der König Friedrich vom Jahr 1806-1816, also in zehn Jahren:
Fünfzehn Million, vierhundert sechsundvierzigtausend einhundert und acht Gulden aus der Staatskasse.
Der König Wilhelm von 1817-1848, also seit 31 Jahren:
Siebenundzwanzig Million, zweimalhunderttausend Gulden.
Das war für die zwei Herren allein; an Apanage, Witthum und Heirathsgüter zahlte das Volk der Königsfamilie, seit 1806 13,774,565 Gulden.
Die Abgabe, ohne die der Staat leicht bestehen könnte, macht also seit 42 Jahren allein in Würtemberg, einem Volke von 2 Millionen Einwohner 54,421,053 Gulden.
Daher die vielen Steuern!?
Das kleine Land Würtemberg zahlt seit 42 Jahren:
54,421,053 Gulden.
für seine Königsfamilie, und der Staat Nordamerika, der größer als ganz Europa ist, seinem Präsidenten 63,500 Guld.
(M. A. Z.) Karlsruhe im Novbr. Die Kammer der Abgeordneten hat dieser Tage die Amnestiefrage erörtert. Der Antrag der Kommission ging auf Ertheilung von Amnestie mit Ausnahme der Anstifter des ersten Aufruhrs und mit gänzlicher Ausnahme der Leiter des Struveschen Aufruhrs. Kuenzer trug dagegen auf allgemeine Amnestie mit Ausnahme der Leiter des Struveschen Aufruhrs an und wurde von der Linken unterstützt. Der Kommissionsantrag wurde jedoch mit 31 gegen 17 Stimmen angenommen.
* Rastatt, 17. Nov. Täglich fallen Prügeleien zwischen der östreichischen und badischen Garnison vor. Der Haß zwischen diesen „Reichstruppen“ ist so stark, daß wir jeden Tag eine förmliche Schlacht erwarten Die Grausamkeiten der k. k. Truppen in Wien sind die Hauptursache dieses Streites, da die badischen Soldaten öffentlich ihren Abscheu gegen den Idioten Ferdinand und seine Henkersknechte an den Tag legen.
* Kassel, 16. Nov. In einer gestern hier gehaltenen, mehrere Tausend starken Volksversammlung wurde beschlossen, daß bei der jetzigen Lage der Dinge unsere Regierung aufgefordert werden solle, alsbald eine durchgreifende Volksbewaffnung ins Leben treten zu lassen, um im Fall der Noth der Reaktion und Contrerevolution mit bewaffneter Hand in den Weg zu treten. Die Versammlung beschloß ferner, die Regierung um sofortige Einberufung der neu gewählten Stände anzugehen, damit das Volk das gesetzliche Organ seines Willens zur Seite habe. Nachdem sodann Windischgrätz als Landesverräther und Mörder erklärt und dem Volkscomite aufgegeben worden war, das Parlament zu Frankfurt aufzufordern, seiner Ehre wegen die Bestrafung dieses Mannes sich am Herzen liegen zu lassen, wurde endlich folgender Zuruf an das preußische Volk einstimmig angenommen:
Preußen, Brüder!
Mit bitterem Schmerz, mit Ingrimm sahen wir seit Monden schon der Revolution unseres Frühjahrs, die der heldenmüthige Kampf Berlins besiegelt hatte, Hohn sprechen. Wir wußten es also zuvor, daß die Saat, welche von den Händen der Volksverräther in Wien gesäet wurde, auch in Berlin, in Preußen, in ganz Deutschland ausgestreut würde.
Preußen! Euere National-Versammlung hat in diesen Tagen den Gelüsten der Reaktion „Halt!“ zugerufen, die Souveränität des Volks wieder zu Ehren gebracht. Deutschlands Zukunft liegt in ihren Händen.
Ihr werdet den Schirm und Herr unserer Freiheit nicht verlassen; der Kampf gegen die Tyrannei muß zu Ende gekämpft werden; wir alle, ganz Deutschland wird auf den Kapfplatz treten.
Brüder! Diesmal nur noch eine Losung:
Freiheit oder Tod!
Kassel, am 15. November 1848.
Im Namen der Volksversammlung:
Das Volkscomite.
Schweiz. ** Bern, 16. Nov. Ich eile, Ihnen das Resultat der heute in gemeinsamer Sitzung des Nationalraths und Ständeraths vorgenommenen Wahl des vollziehenden Bundesraths mitzutheilen. Es wurden erwählt:
Zum Präsidenten: Bürgermeister Furrer, von Zürich;
Zum Vizepräsidenten: Staatsrath Druey, von Waadt;
Zu Mitgliedern: Oberst Ochsenbein, von Bern;
Oberst Franscini, von Tessin;
Herr Munziger, von Solothurn;
Herr _ aff, von St. Gallen.
Herr Steiger, von Luzern.
Die gemäßigte Partei, in beiden Räthen in großer Uebermacht, hat also ihre Kandidaten alle durchgesetzt gegen die radikalen Kandidaten: Eytel, Stämpfli, Luvini ect.
Bern, 15. Nov. Der wichtigste Beschluß, welchen der Nationalrath in seiner gestrigen Sitzung gefaßt hat, ist, daß er sämmtliche Wahlen aus dem Kanton Freiburg mit 44 gegen 43 Stimmen für ungültig erklärt und die dortige Regierung aufgefordert hat, eine Wahlordnung in Uebereinstimmung mit dem Bunde zu erlassen und neue Wahlen anzuordnen. Der Staatsrath von Freiburg hatte nämlich nur Diejenigen für berechtigt erklärt, an den Wahlen Theil zu nehmen, welche die Kantons- und Bundesverfassung beschworen haben, von denen aber keine dem Volke zur Annahme vorgelegt war.
Bern, 15. Nov. Das Wahlergebniß vom letzten Sonntag ist nun aus allen drei Wahlkreisen, Mittelland, Emmenthal und Seeland, bekannt. An allen drei Orten wurde Hr. General Dufour in Genf gewählt.
Genf. Die Revue de Geneve gibt ihre Meinung über die Wahl des künftigen Bundesraths ab. Hr. Fazy sagt, die wahrhaft radikale Partei der Schweiz wolle nichts von Ochsenbein, Furrer, Munzinger und Frei-Herose wissen. Hr. Fazy erklärt, wenn Ochsenbein gewählt werde, würden viele Deputirte austreten.
Französische Republik. 19 Paris, 18. Nov. General Cavaignac, der die verzweifeltsten Pygmäensprünge nach der Präsidentschaft der Republik macht, um in Vereinigung mit den kaiserlich-königlichen Mordhunden Windischgrätz, Jellachich, Brandenburg die „wahre Ordnung“ des Säbels in Europa herzustellen, hat sich nach dem Abfall der Armee einen neuen Bundesgenossen zu erwerben gewußt: — das Pfaffenthum. Hat nicht daß Christenthum zu jeder Zeit eine „streitende“ und eine „lehrende“ Kirche gehabt? War nicht der heilige Loyola Soldat und Pfaffe zugleich, als Pfaffe Soldat und als Soldat Pfaffe? Auch ist die „auf den Felsen gebaute“ Christenkirche nicht ganz unabhängig von den Stürmen der profanen Weltpolitik. Seine bischöfliche Gnaden von Orleans, Monseigneur Fayet hat also ganz Recht, wenn er sich für einen Augenblick von dem hohen Sitz seiner „Stellvertreterschaft Gottes“ begibt und als Bettelmönch Allmosen für das weltliche Wohlergehen des General Cavaignac sammelt. Alles im Intrresse der „ewigen Kirche“, welche in der Wahl des General Cavaignac zum Präsidenten der Republik ihre besten „Garantien“ sieht, also durch eine andere Wahl in ihrer heiligen „Ewigkeit“ gefährdet wird. Kann es einen innigeren Bund geben? Der Säbel Cavaignac's schützt die gefährdete „Ewigkeit“ der Kirche, denn die Vergangenheit Cavaignac's, der im Juni die gefangenen Insurgenten massenweise im Dunkel der Nacht abschlachten ließ, gibt die „besten Garantien“ fur die Aufrechthaltung der „heiligen“ christlichen Prinzipien; und die Kirche schafft für die fernere weltliche Herrschaft Cavaignac's, denn die Diktatur seines Säbels steht bereits so tief in der öffentlichen Verachtung, daß ihr nur noch überirdische Mittel aufhelfen können. Einstweilen nehmen wir aus dem Rundschreiben des Bischofs, welches die Geistlichen zur Anwendung ihres „legitimen Einflusses“ für die Kandidatur Cavaignac's auffordert, Akt uber die Thatsache, daß die Junischlächterei die „besten Garantien“ nicht nur fur die „bürgerliche Ordnung“ sondern auch fur die „heilige Religion der Liebe“ bietet. Zugleich aber erklärt Monseigneur Fayet in diesem Rundschreiben, daß die Empfehlung der Wahl Cavaignac's, welcher der „Religion und der Ordnung“ mehr Garantien als irgend ein anderer Kandidat biete, nach reiflicher Berathung von „sämmtlichen Bischöfen und Geistlichen der Nationalversammlung“ ausgehe. Diese Behauptung ist eine kleine Unwahrheit, denn der Abbé Leblane erklärt in den heutigen Journalen in seinem und seiner Kollegen Namen, daß sie mit der Kandidatur Cavaignac's nicht übereinstimmten und dies in der Wahlversammlung der Geistlichen dem Präsidenten Bischof Fayet selbst ausgedruckt hätten. Indeß hat der ehrwurdige Prälat nicht sowohl als „untrüglicher Stellvertreter Gottes“, sondern als weltlicher Bettelmönch Cavaignac's, diese unschuldige Luge ausgebeutet; gerade wie Hr. Cavaignac nicht als „reiner Republikaner“ die Clique-National, welche unter Louis Philipp gegen den „legitimen Einfluß“ der Geistlichen in Wahlintriguen das wuthendste Geschrei erhob, sondern als Grundpfeiler der christlichen Liebes-Religion an die Hülfe des Clerus appellirt. Als Thatsache hinsichtlich der kirchlichen Garantien Cavaignac's kann ich Ihnen mittheilen, daß der Juniheld alle 14 Tage pünktlich zur Beichte und zum „Abendmahl“ geht. Eine andere Thatsache, die ich aus vollkommen zuverlässiger Quelle habe, ist folgende: Sie wissen, daß die Garde mobile nach dem Junisieg uber die Arbeiter von den Bourgeois-Weibern dafur auf ruhrend dankbare Weise belohnt wurden; die Folge davon war, daß sich eines Morgens die halbe Pariser Bourgeois-Welt mit jener berühmten Krankheit vergiftet fand, an welcher Pangloß, der Lehrer Candide's, nach dem Einfall der Panduren litt. Der Mobilen-Chef Cavaignac ist in diesem Augenblick mit demselben keuschen Uebel behaftet, und man versichert mir, daß dies die wahre Veranlassung war, weshalb er das Constitutionsfest so früh verlassen mußte. Pangloß hatte die Krankheit bekanntlich von dem westphalischen Kammermadchen, welches sie von einem Panduren empfing, der sie einer Marquise verdankte, die einen Pagen liebte, der mit einem Jesuiten zu thun hatte: In wie weit vielleicht der gegenwartige Zustand des Kirchenritters Cavaignac zu den obenerwahnten „Garantien“ berechtigt, vermag ich Ihnen jedoch nicht ausführlich darzuthun. —
In der gestrigen Sitzung des Revolutions-Klubs (Rue Montesquieu) wurde wieder auf das Heftigste über die Kandidatur Ledru-Rollin's und Raspail's gestritten. Die Sitzung sollte um 7 1/2 Uhr beginnen, aber die kleine Straße war schon von 5 Uhr an von Hunderten von Arbeitern belagert. Bürger Hervé präsidirte und ermahnte die Redner vorsorglich zur Mäßigung. Gleich der zweite Redner aber griff den „Sieur“ Ledru-Rollin mit der größten Erbitterung an. Ein Anderer, dessen Namen ich nicht verstand, erklärte sich für einen „persönlichen“ Freund Ledru-Rollin's, versicherte aber unter dem Beifall der Arbeiter, daß er „als Demokrat“ nur Raspail seine Stimme geben könne. Als nach ihm ein Anhänger Ledru-Rollin's mit der Behauptung auftrat, Ledru-Rollin sei „länger Sozialist als Raspail“, entstand wieder der furchtbarste Tumult. Drei Redner führten darauf mit großer Heftigkeit die Sache Raspails, der im Jahre 1834 bei der Assisenverhandlung gegen die Gesellschaft der „Menschenrechte“ mit dem Zeugen Vignerte zu dreijähriger Gefängnißstrafe verurtheilt worden sei, weil er den Generalprokurator einen „elenden Lügner“ nannte, und dessen Schriften von jeher das droit au travail proklamirten. Die Versammlung trennte sich, nachdem ein Redner noch zu einem Vereinigungsversuch des Central-Komite's mit der Montagne aufgefordert hatte; die Arbeiter ließen draußen Raspail und die demokratische Republik hochleben. —
Ueber Cavaignac ist ein Blatt: Le général Cavaignac devant la commission d'enquête erschienen und sofort konfiszirt worden. Ich werde Ihnen morgen ausführliche Mittheilung daraus geben.
12 Paris, 16. Nov. Wie man doch so dumm sein kann, den dummen Burschen von Napoleon, zum Präsidenten wählen zu wollen! So klagt der Berg, so klagen die Sozialisten. Daß ein Thiers, daß ein Girardin, daß die Legitimisten einen solchen Strohmann vorläufig anpreisen, um ihn später mit ihrem Götzen zu vertauschen, daß will man gerne gelten lassen. Aber daß fast alle Bauern, daß gutgesinnte Demokraten, daß geborne Republikaner einen kaiserlichen Hanswursten zum Präsidenten der Republik machen wollen, daran werden sie alle irre, die Kammer, die Cavaignac'sche Partei, sowie die Anhänger Ledru-Rollins und Raspails. Nach allen Theilen Frankreichs werden Emissäre ausgeschickt, um die Verirrten zu belehren, aufzuklären; aber da kläre Einer 20 Millionen Bauern auf! Louis Napoleon ist kein Mann, das ist ein Namen, ein verschollener Namen, der keine Bedeutung mehr hat. Das wollen sich die Bauern nicht sagen lassen. Louis Napoleon keine Bedeutung? Ihr wißt nicht, was Napoleon bedeutet. Louis Napoleon, das bedeutet, keine Steuern mehr, keine Hypotheken, keine 3 Prozentige; Louis Napoleon ist ein Name? Gut! Der da heißt Louis Napoleon, das will heißen kein Marrast, kein Cavaignac, kein Rothschild, kein Fould. Louis Napoleon bedeutet Alles, nur nicht Louis Napoleon! Louis Napoleon, das ist die Dummheit? Recht! Diese personnifizirte Dummheit setzen wir 20 Millionen Bauern Eurer bürgerlichen Weisheit entgegen. Was habt Ihr mit Eurer bürgerlichen Weisheit zu Wege gebracht? Das schrecklichste Elend im ruhigen, latenten Zustande, in Form von Hypotheken und Staatspapieren. Wir wollen von dieser ruhigen Ausbeutung nichts mehr wissen, gleichviel ob sie sich in das republikanisch-verschossene Gewand von Marrast, oder in den patriarchalischen Mantel des Königthums von Gottes Gnaden hüllt. „Metternich fort mit Dir! Rothschild und Staatspapier …
Louis Napoleon ist das Loosungswort, die Parole, welche die Bauern zusammenrottet, und sie in die Bewegung hineinschleudert. Er ist der Mann, der sie von ihrer verschuldeten Scholle losreißen soll, weil er durch seinen Namen, durch den Namen seines Onkels die Landbewohner mobiler macht als alle Mobilgardisten. Was die Andern anbetrifft, die für Louis Napoleon stimmen, so sind sie schon durch die Alternative dazu gezwungen. Weil sie eben nicht für Cavaignac stimmen wollen, müssen sie für Napoleon stimmen, um eben ihre Stimme nicht zu verlieren. Nun kommen noch die Nebenrücksichten der verschiedenen Parteien, von denen jede eine Seite in Napoleon auffaßt: die Invaliden die kaiserliche Seite, die Legitimisten die legitimistische, Thiers vielleicht die orleanische, und Girardin die Post- und Ministerseite! (Er soll Postdirektor und Cavaignac Kommandant des Invalidenhauses unter Napoleon werden): Wer weiß? Jedenfalls ist nie ein einseitigerer Mann vielseitiger aufgefaßt und besprochen worden: nie gab es eine einseitigere Vielseitigkeit, und eine vielseitigere Einseitigkeit als die Kandidatur Napoleon.
Paris, 17. November. Seit zwei bis drei Abenden hat Paris äusserlich wieder seine Aprilwahlmiene angenommen. Zahlreiche Gruppen bilden sich im Faubourg St. Denis, Faubourg St. Martin, auf dem Börsenplatze und vor den Passagen des Boulevards Montmartre, um sich für oder gegen Cavaignac, für oder gegen den „Prinzen“ heiser zu schreien.
Bemerkenswerth für den Charakter dieses Wahlschwindels ist, daß man in all' diesen Haufen keine einzige Blouse erblickt. Man sieht nur Civilröcke und Bürgerwehr-Uniformen lebhaft diskutiren.
Das ist der schlagendste Beweis, daß sich das gesammte Proletariat verteufelt wenig um die Präsidentenwahl kümmert.
— Die Zusammenrottungen auf Straßen und öffentlichen Plätzen gehen lediglich von den Bonapartisten aus. Das Arbeitsvolk verhält sich passiv. In Folge dieser Zusammenrottungen bleiben für heute Abend einige Regimenter in den Kasernen konsignirt; ebenso ist einigen Legionen der Bürgerwehr vom Oberkommando der Befehl zugegangen, sich auf den Mairieplätzen bereit zu halten. Cavaignac scheint entschlossen, dieser bonapartistischen Propaganda unter freiem Himmel ein Ende zu machen.
— Ein Schrei des Entsetzens durchfuhr gestern Abend ganz Paris, als die Abendblätter die Gräuel in Wien mittheilten. Die demokratischen Blätter zeigten in großer Schrift an: „Die europäische Demokratie zählt zwei Martyrer mehr: Robert Blum und Messenhauser.“ Die Entrüstung gegen die Grausamkeiten der östreichischen Hofjustiz ist allgemein. Hoffentlich wird sie den deutschen siegreichen Demokraten zur Lehre dienen — bemerken die Blätter.
— Unsere Nationalversammlung ist heute nahe daran, ihre Büdgetdiskussion nicht fortsetzen zu können, weil kaum 500 Glieder noch in Paris sind. 294 sind auf Urlaub und etwa 100 bekleiden Gesandschaftsposten oder werden auf andere Weise dem Dienste entzogen. Darum haben Marrast und die Rue de Poitiers in süßer Uebereinstimmung den Beschluß gefaßt, sämmtliche Glieder die sich seit länger als 14 Tagen auf Urlaub befinden, auf die Kurialbänke zurückzurufen. Der Moniteur enthält heute die diesfällige Note. Ebenso alle größeren Journale.
— Der Moniteur widerlegt die Behauptung daß der König von Preußen dem Vertreter der franz. Republik in Berlin, Bürger Emanuel Arago, den schwarzen Adlerorden verliehen habe.
— Eine Verordnung des Kriegsministers erklärt alle diejenigen Minen-Conzessionen Algeriens als erloschen, welche Aktiengesellschaften zur Ausbeutung ertheilt wurden, bisher aber nicht Hand ans Werk legten, noch sich verpflichten, dies binnen heute und drei Monaten zu thun.
— Gestern wurde ein eilster Zug Emigranten, 852 Köpfe stark, nach Algerien eingeschifft.
— Aus dem so eben erschienenen Bankbericht geht ein abermaliges Sinken des Pariser Wechselverkehrs von 62 Millionen auf 58,994,789 Frk. 10 Cent. während der letzten acht Tagen hervor.
National-Versammlung. Sitzung vom 17 November. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast.
Die Bänke sind wieder Erwarten ziemlich besetzt. Mehrere Glieder verzichten großmüthig auf die ihnen bereits bewilligten Urlaube, um dadurch die Versammlung beschlußfahig zu erhalten.
Mehrere Ausschußgutachten verschiedener Natur werden dem Präsidenten Marrast überreicht.
An der Tagesordnung ist außerordentlicherweise zunächst ein Gesetzentwurf, der die Montereau-Troyes'sche Bahngesellschaft ermächtigt, die vollendete Bahnstrecke von Montereau nach Melun (auf der Hauptlinie von Paris nach Lyon) provisorisch auszubeuten.
Eine allgemeine Diskussion findet gar nicht statt. Der Entwurf wird ohne Weiteres genehmigt.
Ein zweiter Entwurf wird demnächst vorgenommen. Er hat zum Zweck, die Bahnarbeiten zwischen Vierzon und Bec-d' Allier fortzusetzen, welche in Folge der Zahlungslosigkeit der betreffenden Gesellschaft in's Stocken gerathen waren und viele Arbeiter auf's Pflaster geworfen hatte. Der Finanzminister verlangt den nöthigen Kredit, um die Arbeiten vollenden zu können.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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