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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 141. Köln, 12. November 1848.

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Er nimmt sich auf, er wiehert ihr entgegen,
Und jetzo sprengt er seine festen Gurten;
Die Erde dröhnt von seines Hufes Schlägen,
Als ob Gewitter ihr im Schooße murrten.
Sein hart Gebiß zerknirscht er im Entfliehn,
Bewält'gend so, was einst bewältigt ihn.
Er spitzt die Ohren; seiner Mähne Dräun
Wallt auf im Takt, wie seine Füße stampfen.
Mit seinen Nüstern zieht die Luft er ein,
Sie wie ein Ofen wieder auszudampfen.
Sein zorn'ges Auge, voll von wilder Gluth,
Zeigt sein Verlangen, seinen heißen Muth.
Zuweilen trabt er mit bescheidnem Stolz,
Als wollt' er zählen alle sein Schritte;
Dann wieder bäumt er, courbettirt durch's Holz,
Jagt und holt aus, als wär's zum tollsten Ritte;
Als wollt' er sagen: "so thut meine Stärke,
Daß dort die Schöne lüstern auf mich merke!"
Was kümmert jetzt ihn seines Reiters Zorn,
Sein schmeichelnd: Holla, und sein: Willst du stehn?
Was gilt ihm Trense, was der scharfe Sporn,
Was reicher Zäume, lust'ger Decken Wehn?
Er sieht sein Lieb, und Nichts sonst auf der Welt,
Weil seinen Augen gar Nichts sonst gefällt.
Sieh', wollt' ein Maler mehr sein als das Leben,
Verließ' er kühn des Alltags breite Spur,
Wollt' er das Bild uns eines Rosses geben,
Das mehr durch Kunst, als andre durch Natur:
Traun, solch ein Roß wohl gliche diesem Pferde,
So Wuchs und Farbe, Muth, Gang und Geberde!
Leicht auf den Füßen, von gedrungnem Bau,
Kopf klein und zierlich, große Augen drin,
Weitauf die Nüstern, Hufhaar lang und rauh,
Schweif dicht und wallend, Mähne zart und dünn:
So trabt er stolz, und Nichts fehlt seiner Schöne,
Als daß sein Kreuz ein stolzer Reiter kröne.
Oft schnaubt er fort, starrt dann auf eine Stelle.
Fährt wieder auf jetzt, wenn ein Blatt nur fällt,
Enteilt im Flug, beschämt des Windes Schnelle,
Und läßt sie rathen, wo er endlich hält.
Durch seine Mähne pfeift des Windes Singen,
Und Schweif und Mähne wehn ihm nach als Schwingen.
Vor seinem Lieb dann bleibt er wiehernd stehn;
Sie wiehert auch, als freute sie sein Spiel;
Doch bald, wie Weiber: stolz, ihn heiß zu sehn,
Macht sie die Spröde, thut sie fremd und kühl,
Weis't ab sein Werben, stampft in sein Verlangen,
Schlägt mit den Fersen sein verliebt Umfangen.
Dann, wie betrübt und voll von Mißbehagen,
Senkt er den Schweif wie eine fallende Feder,
Läßt ihn der Schenkel weiße Schaumfluth schlagen,
Schnappt nach den Fliegen auf des Riemwerks Leder;
Sein Lieb, gewahrend, wie so wild er thut,
Wird gütiger, und nach läßt seine Wuth.
Sein zorn'ger Reiter naht, daß er ihn fange;
Doch sieh', die Stute faßt ein plötzlich Scheu'n;
Sie eilt von dannen, aufgeschreckt und bange,
Der Hengst ihr nach - Adonis steht allein.
Fort nach dem Walde jagen sie, die Tollen,
Schneller als Kräh'n, die Wette fliegen wollen.
Erschöpft und heiß setzt sich Adonis nieder,
Verwünscht sein Thier und seine Störrigkeit;
Und jetzo kehrt die günst'ge Stunde wieder,
In der sich Venus ihres Redens freut.
Denn dreifach Leiden fühlt ein Herz, das liebt,
Fehlt ihm der Beistand, den die Zunge gibt.
Verhaltne Flamme, zugedämmte Fluth
Flammt auf und fluthet nachher um so freier:
So auch ein Gram, der still im Herzen ruht;
Ein freies Reden stillt der Liebe Feuer;
Doch, ward des Herzens Anwalt stumm einmal,
Dann bricht der Schützling, und vergeht in Qual.
Er sieht sie kommen, und beginnt zu glühn -
So glüht im Wind erstorbner Kohlen Hitze! -
Den wirren Blick, zu Boden schlägt er ihn;
Die zorn'ge Stirn verbirgt er mit der Mütze;
Was kümmert's ihn, daß sie so nah sich stellt,
Weil er sie seitwärts nur im Auge hält?
O, welch' ein Anblick, mit verstohl'nem Gange
Dem finstern Knaben sie sich nahn zu sehn;
Den Streit zu schaun auf ihrer süßen Wange,
Den Weiß und Purpur wechselnd jetzt begehn!
Erst war sie bleich, doch bald in wilder Hitze,
Entfuhr ihr Feuer, wie dem Himmel Blitze.
Nun steht sie vor ihm, grade wo er ruht;
Kniet dann voll Demuth auf den Grund, den kühlen;
Mit einer Hand erhebt sie seinen Hut;
Die andre läßt sie sanft sein Antlitz fühlen.
Es fühlt entbrannt den leisen Druck der weichen,
Und hält ihn fest, Schneeflocken zu vergleichen.
O, welch' ein Krieg von Blicken nun beginnt!
Ihr Auge, schwimmend, schaut in sein's mit Flehen;
Sein Auge thut, als wär' es für sie blind.
Ihr Auge wirbt, sein Auge will's nicht sehen;
Und durch den Chorus ihrer heißen Zähren
Läßt seine Akte dieses Spiel erklären.

(Fortsetzung folgt.)

Er nimmt sich auf, er wiehert ihr entgegen,
Und jetzo sprengt er seine festen Gurten;
Die Erde dröhnt von seines Hufes Schlägen,
Als ob Gewitter ihr im Schooße murrten.
Sein hart Gebiß zerknirscht er im Entfliehn,
Bewält'gend so, was einst bewältigt ihn.
Er spitzt die Ohren; seiner Mähne Dräun
Wallt auf im Takt, wie seine Füße stampfen.
Mit seinen Nüstern zieht die Luft er ein,
Sie wie ein Ofen wieder auszudampfen.
Sein zorn'ges Auge, voll von wilder Gluth,
Zeigt sein Verlangen, seinen heißen Muth.
Zuweilen trabt er mit bescheidnem Stolz,
Als wollt' er zählen alle sein Schritte;
Dann wieder bäumt er, courbettirt durch's Holz,
Jagt und holt aus, als wär's zum tollsten Ritte;
Als wollt' er sagen: „so thut meine Stärke,
Daß dort die Schöne lüstern auf mich merke!“
Was kümmert jetzt ihn seines Reiters Zorn,
Sein schmeichelnd: Holla, und sein: Willst du stehn?
Was gilt ihm Trense, was der scharfe Sporn,
Was reicher Zäume, lust'ger Decken Wehn?
Er sieht sein Lieb, und Nichts sonst auf der Welt,
Weil seinen Augen gar Nichts sonst gefällt.
Sieh', wollt' ein Maler mehr sein als das Leben,
Verließ' er kühn des Alltags breite Spur,
Wollt' er das Bild uns eines Rosses geben,
Das mehr durch Kunst, als andre durch Natur:
Traun, solch ein Roß wohl gliche diesem Pferde,
So Wuchs und Farbe, Muth, Gang und Geberde!
Leicht auf den Füßen, von gedrungnem Bau,
Kopf klein und zierlich, große Augen drin,
Weitauf die Nüstern, Hufhaar lang und rauh,
Schweif dicht und wallend, Mähne zart und dünn:
So trabt er stolz, und Nichts fehlt seiner Schöne,
Als daß sein Kreuz ein stolzer Reiter kröne.
Oft schnaubt er fort, starrt dann auf eine Stelle.
Fährt wieder auf jetzt, wenn ein Blatt nur fällt,
Enteilt im Flug, beschämt des Windes Schnelle,
Und läßt sie rathen, wo er endlich hält.
Durch seine Mähne pfeift des Windes Singen,
Und Schweif und Mähne wehn ihm nach als Schwingen.
Vor seinem Lieb dann bleibt er wiehernd stehn;
Sie wiehert auch, als freute sie sein Spiel;
Doch bald, wie Weiber: stolz, ihn heiß zu sehn,
Macht sie die Spröde, thut sie fremd und kühl,
Weis't ab sein Werben, stampft in sein Verlangen,
Schlägt mit den Fersen sein verliebt Umfangen.
Dann, wie betrübt und voll von Mißbehagen,
Senkt er den Schweif wie eine fallende Feder,
Läßt ihn der Schenkel weiße Schaumfluth schlagen,
Schnappt nach den Fliegen auf des Riemwerks Leder;
Sein Lieb, gewahrend, wie so wild er thut,
Wird gütiger, und nach läßt seine Wuth.
Sein zorn'ger Reiter naht, daß er ihn fange;
Doch sieh', die Stute faßt ein plötzlich Scheu'n;
Sie eilt von dannen, aufgeschreckt und bange,
Der Hengst ihr nach ‒ Adonis steht allein.
Fort nach dem Walde jagen sie, die Tollen,
Schneller als Kräh'n, die Wette fliegen wollen.
Erschöpft und heiß setzt sich Adonis nieder,
Verwünscht sein Thier und seine Störrigkeit;
Und jetzo kehrt die günst'ge Stunde wieder,
In der sich Venus ihres Redens freut.
Denn dreifach Leiden fühlt ein Herz, das liebt,
Fehlt ihm der Beistand, den die Zunge gibt.
Verhaltne Flamme, zugedämmte Fluth
Flammt auf und fluthet nachher um so freier:
So auch ein Gram, der still im Herzen ruht;
Ein freies Reden stillt der Liebe Feuer;
Doch, ward des Herzens Anwalt stumm einmal,
Dann bricht der Schützling, und vergeht in Qual.
Er sieht sie kommen, und beginnt zu glühn ‒
So glüht im Wind erstorbner Kohlen Hitze! ‒
Den wirren Blick, zu Boden schlägt er ihn;
Die zorn'ge Stirn verbirgt er mit der Mütze;
Was kümmert's ihn, daß sie so nah sich stellt,
Weil er sie seitwärts nur im Auge hält?
O, welch' ein Anblick, mit verstohl'nem Gange
Dem finstern Knaben sie sich nahn zu sehn;
Den Streit zu schaun auf ihrer süßen Wange,
Den Weiß und Purpur wechselnd jetzt begehn!
Erst war sie bleich, doch bald in wilder Hitze,
Entfuhr ihr Feuer, wie dem Himmel Blitze.
Nun steht sie vor ihm, grade wo er ruht;
Kniet dann voll Demuth auf den Grund, den kühlen;
Mit einer Hand erhebt sie seinen Hut;
Die andre läßt sie sanft sein Antlitz fühlen.
Es fühlt entbrannt den leisen Druck der weichen,
Und hält ihn fest, Schneeflocken zu vergleichen.
O, welch' ein Krieg von Blicken nun beginnt!
Ihr Auge, schwimmend, schaut in sein's mit Flehen;
Sein Auge thut, als wär' es für sie blind.
Ihr Auge wirbt, sein Auge will's nicht sehen;
Und durch den Chorus ihrer heißen Zähren
Läßt seine Akte dieses Spiel erklären.

(Fortsetzung folgt.)

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[0724/0002] Er nimmt sich auf, er wiehert ihr entgegen, Und jetzo sprengt er seine festen Gurten; Die Erde dröhnt von seines Hufes Schlägen, Als ob Gewitter ihr im Schooße murrten. Sein hart Gebiß zerknirscht er im Entfliehn, Bewält'gend so, was einst bewältigt ihn. Er spitzt die Ohren; seiner Mähne Dräun Wallt auf im Takt, wie seine Füße stampfen. Mit seinen Nüstern zieht die Luft er ein, Sie wie ein Ofen wieder auszudampfen. Sein zorn'ges Auge, voll von wilder Gluth, Zeigt sein Verlangen, seinen heißen Muth. Zuweilen trabt er mit bescheidnem Stolz, Als wollt' er zählen alle sein Schritte; Dann wieder bäumt er, courbettirt durch's Holz, Jagt und holt aus, als wär's zum tollsten Ritte; Als wollt' er sagen: „so thut meine Stärke, Daß dort die Schöne lüstern auf mich merke!“ Was kümmert jetzt ihn seines Reiters Zorn, Sein schmeichelnd: Holla, und sein: Willst du stehn? Was gilt ihm Trense, was der scharfe Sporn, Was reicher Zäume, lust'ger Decken Wehn? Er sieht sein Lieb, und Nichts sonst auf der Welt, Weil seinen Augen gar Nichts sonst gefällt. Sieh', wollt' ein Maler mehr sein als das Leben, Verließ' er kühn des Alltags breite Spur, Wollt' er das Bild uns eines Rosses geben, Das mehr durch Kunst, als andre durch Natur: Traun, solch ein Roß wohl gliche diesem Pferde, So Wuchs und Farbe, Muth, Gang und Geberde! Leicht auf den Füßen, von gedrungnem Bau, Kopf klein und zierlich, große Augen drin, Weitauf die Nüstern, Hufhaar lang und rauh, Schweif dicht und wallend, Mähne zart und dünn: So trabt er stolz, und Nichts fehlt seiner Schöne, Als daß sein Kreuz ein stolzer Reiter kröne. Oft schnaubt er fort, starrt dann auf eine Stelle. Fährt wieder auf jetzt, wenn ein Blatt nur fällt, Enteilt im Flug, beschämt des Windes Schnelle, Und läßt sie rathen, wo er endlich hält. Durch seine Mähne pfeift des Windes Singen, Und Schweif und Mähne wehn ihm nach als Schwingen. Vor seinem Lieb dann bleibt er wiehernd stehn; Sie wiehert auch, als freute sie sein Spiel; Doch bald, wie Weiber: stolz, ihn heiß zu sehn, Macht sie die Spröde, thut sie fremd und kühl, Weis't ab sein Werben, stampft in sein Verlangen, Schlägt mit den Fersen sein verliebt Umfangen. Dann, wie betrübt und voll von Mißbehagen, Senkt er den Schweif wie eine fallende Feder, Läßt ihn der Schenkel weiße Schaumfluth schlagen, Schnappt nach den Fliegen auf des Riemwerks Leder; Sein Lieb, gewahrend, wie so wild er thut, Wird gütiger, und nach läßt seine Wuth. Sein zorn'ger Reiter naht, daß er ihn fange; Doch sieh', die Stute faßt ein plötzlich Scheu'n; Sie eilt von dannen, aufgeschreckt und bange, Der Hengst ihr nach ‒ Adonis steht allein. Fort nach dem Walde jagen sie, die Tollen, Schneller als Kräh'n, die Wette fliegen wollen. Erschöpft und heiß setzt sich Adonis nieder, Verwünscht sein Thier und seine Störrigkeit; Und jetzo kehrt die günst'ge Stunde wieder, In der sich Venus ihres Redens freut. Denn dreifach Leiden fühlt ein Herz, das liebt, Fehlt ihm der Beistand, den die Zunge gibt. Verhaltne Flamme, zugedämmte Fluth Flammt auf und fluthet nachher um so freier: So auch ein Gram, der still im Herzen ruht; Ein freies Reden stillt der Liebe Feuer; Doch, ward des Herzens Anwalt stumm einmal, Dann bricht der Schützling, und vergeht in Qual. Er sieht sie kommen, und beginnt zu glühn ‒ So glüht im Wind erstorbner Kohlen Hitze! ‒ Den wirren Blick, zu Boden schlägt er ihn; Die zorn'ge Stirn verbirgt er mit der Mütze; Was kümmert's ihn, daß sie so nah sich stellt, Weil er sie seitwärts nur im Auge hält? O, welch' ein Anblick, mit verstohl'nem Gange Dem finstern Knaben sie sich nahn zu sehn; Den Streit zu schaun auf ihrer süßen Wange, Den Weiß und Purpur wechselnd jetzt begehn! Erst war sie bleich, doch bald in wilder Hitze, Entfuhr ihr Feuer, wie dem Himmel Blitze. Nun steht sie vor ihm, grade wo er ruht; Kniet dann voll Demuth auf den Grund, den kühlen; Mit einer Hand erhebt sie seinen Hut; Die andre läßt sie sanft sein Antlitz fühlen. Es fühlt entbrannt den leisen Druck der weichen, Und hält ihn fest, Schneeflocken zu vergleichen. O, welch' ein Krieg von Blicken nun beginnt! Ihr Auge, schwimmend, schaut in sein's mit Flehen; Sein Auge thut, als wär' es für sie blind. Ihr Auge wirbt, sein Auge will's nicht sehen; Und durch den Chorus ihrer heißen Zähren Läßt seine Akte dieses Spiel erklären. (Fortsetzung folgt.)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 141. Köln, 12. November 1848, S. 0724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz141i_1848/2>, abgerufen am 03.12.2024.