Neue Rheinische Zeitung. Nr. 135. Köln, 5. November 1848."Seht mal Kinder, die Rechte hat heute so weit links gestimmt, wie sie nur irgend konnte; deswegen aber müssen wir sie gerade todtschlagen, denn das zeigt doch, was es für erbärmliche Lumpen sind." Das liebe Blättchen berichtet weiter: Auch Hr. Uhlich hat beim Verlassen des Sitzungslokals eine Lektion, aber bloß Real erhalten. Er wollte die belagernden Rotten zur Ruhe mahnen, wurde erkannt, und die Freiheitsmänner schrieen: "Ist das nicht der Uhlich, der uns so lange was vorgespiegelt und dennoch immer anders gestimmt hat!"Hr. Uhlich wartete weitere Relationen nicht ab, sondern zog sich zurück. Der Umstand, daß Hr. Uhlich sich in den Sitzungen des demokratischen Centralkongresses in den Raum für die Mitglieder verirrte, ist dadurch erklärlich, daß der Lichtfreund "nicht gut in das Licht sehen kann." - Der Haupteingang zum Sitzungslokal blieb fortwährend in den Händen des belagernden Volks, nur die Seitenausgänge wurden für die Abgeordneten von der Bürgerwehr freigemacht. Mehrere Abgeordnete mußten sogar durch die Latrinen sich entfernen. Verschiedene Thüren hatte man durch Nägel und Einschlagen von Holzpflöcken in die Schlösser zu sperren gesucht, da man nicht eindringen konnte. - Dem Führer der Kompagnie der Dorotheenstraße, welche den Hauptzusammenstoß mit den Maschinenbauarbeitern hatte, wurde noch spät eine Katzenmusik gebracht, die mit einigen Verhaftungen endete. Ferner ersehen wir aus dem Journale des Prinzen von Preußen: In der Bürgerwehr ist eine so große Spaltung, daß man befürchtet, verschiedene Bataillone würden sich in ähnlichen Fällen, wie am 31., feindlich gegenübertreten. Endlich berichtet das Journal des Prinzen von Preußen, ohne den Extrablättern der "Kölnischen Zeitung" vorzugreifen: Ratibor, 1. Nov. Die Ungarn sind geschlagen. Das Bombardement gestern Abend 5 Uhr eingestellt. Kaiserliche Bibliothek und Mineraldepot in Brand. Die Kaiserlichen Truppen bis zum Stephansplatz vorgerückt. Die Proletarier, die als Urheber aller Mordthaten ermittelt worden, sind in Haft. Die Phantasien der "Kölnischen Zeitung"bestätigen sich traurigst. Berlin. Der Minister Eichmann hat folgendes Schreiben an den hiesigen Magistrat gerichtet: An den wohllöblichen Magistrat hiesiger Residenz. Die gestrigen Vorfälle setzen mich in die Lage, Erw. etc. auf die nothwendigen Folgen der ungenügenden Wirksamkeit der Bürgerwehr aufmerksam machen zu müssen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Sturmpetitionen mehrerer tausend aufgeregter Menschen, welche das Versammlungslokal der Volksvertretung umgeben und gewissermaßen in Belagerungszustand versetzen und, theilweise mit Henkerstricken versehen, die heftigsten Drohungen ausstoßen, endlich in das Sitzungsgebäude selbst eindringen u. s. w., gegen die gesetzliche Ordnung sind, welche die Bürgerwehr zu schützen hat. Dennoch hat sich dies Alles gestern hier zugetragen, und es ist erst so spät dagegen eingeschritten worden, daß es leicht zu noch größeren Exzessen hätte kommen können. Dem Kommando der Bürgerwehr war es bekannt, daß sich bereits um Mittag ein großer Zug auf dem Alexanderplatze gesammelt hatte und demnächst auf dem Gendarmenmarkte eine Menge von mehreren tausend Personen zusammengekommen war, welche sich nach einiger Zeit mit dem ausgesprochenen Vorsatze zurückzog, um 5 Uhr Nachmittags wieder einzutreffen und die Antwort der National-Versammlung auf eine Petition zu Gunsten des Wiener Volkes abzuwarten. Von dieser zweiten Versammlung waren die ernstlichsten Störungen der gesetzlichen Ordnung zu fürchten. Um die letztere zu schützen, war die Aufstellung ansehnlicher Abtheilungen der Bürgerwehr auf dem Gendarmenmarkte erforderlich, mit welchem man enweder den Zudrang der Massen zu verhindern oder doch den Platz zu säubern vermochte. Es scheint nun zwar an bewaffneter Macht nicht gefehlt zu haben, denn das Schauspielhaus ist mit 2 Bataillonen besetzt gewesen und außerdem sind 3 oder 4 Bataillone zusammengezogen worden; aber man hat die Menge, welche anfänglich aus etwa tausend Personen bestand und sich an den Eingängen der Abgeordneten zusammendrängte, Fackeln anzündete und sich dann, allmälig zunehmend, auf dem Platze hin und her bewegte, die National-Versammlung durch Drohungen einzuschüchtern suchte, mehrere Stunden hindurch ungehindert gewähren lassen. Inzwischen war die Haltung der Volkshaufen, die von mehreren Rednern angefeuert wurden, nicht zu weichen, bis ihren Forderungen genügt sei, immer bedrohlicher geworden. Schaaren, mit rothen Fahnen, Fackeln und Stricken versehen, hatten die sämmlichen Thüren des Schauspielhauses besetzt und ließen Niemand hinaus. Endlich erschienen die schon lange zusammengezogenen drei oder vier Bataillone vor dem Hause und machten die Eingänge frei. Dies hielt jedoch, wiewohl außerdem noch drei andere Bataillone allarmirt, also im Ganzen acht oder neun Bataillone Bürgerwehr auf den Beinen waren, nicht lange an. Die Abgeordneten, welche um 10 Uhr Abends die Sitzung verließen, mußten sich durch die Menge hindurchdrängen; mehrere derselben sind dem Vernehmen nach dabei insultirt und sogar körperlich mißhandelt worden. Erst als sich hierauf schon ein großer Theil des Volkes verlaufen hatte, schritt die Bürgerwehr mit mehr Energie ein und stellte, nach einem Zusammenstoß mit Maschinenarbeitern, welche dazwischen treten wollten, in später Nacht die Ruhe her. Die Verhinderung oder sofortige Unterdrückung solcher tumultuarischen Auftritte ist nirgend dringender und unerläßlicher als in der Hauptstadt, zumal, wenn sie den Charakter des Terrorismus gegen die Volksvertretung annehmen. Leider sind hier schon mehrere Vorfälle ähnlicher Art vorgekommen, welche dazu führen müssen, das Ansehen der Regierung und die Achtung vor der bewaffneten Macht, welche die gesetzliche Freiheit und Ordnung schützen soll, zu untergraben. Unter diesen Umständen kann die Regierung ihre Verpflichtung, für die Sicherheit der Personen, für die Unabhängigkeit der Volksvertretung und für die öffentliche Ordnung zu sorgen, nicht anders erfüllen, als dadurch, daß bei Ruhestörungen in hiesiger Stadt, sobald die zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung zunächst berufene Bürgerwehr dieser ihrer Aufgabe nicht rechtzeitig und vollständig genügt, sofort militairische Hülfe requirirt und nach §. 87 des Bürgerwehr-Gesetzes in Thätigkeit gesetzt wird Indem ich wünsche, daß der Fall einer solchen stets bedauerlichen Nothwendigkeit nicht eintreten möge, habe ich den Magistrat und das Polizei-Präsidium von diesem Erlasse zur Nachachtung in Kenntniß gesetzt. Berlin, den 1. November 1848. Der Minister des Innern. (gez.) Eichmann. An den Commandeur der Bürgerwehr, Herrn Rimpel Hochwohlgeboren, hier. Bekanntmachung. Die Vorgänge des gestrigen Tages während der beiden Sitzungen der Nationalversammlung legen der Regierung die unabweisbare Pflicht auf, zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung und zur Verhütung und Unterdrückung ähnlicher Exzesse alle ihr zu Gebote stehenden Mittel in Anwendung zu bringen. Es sind demgemäß die betreffenden Behörden angewiesen worden, in allen derartigen Fällen, sobald die zunächst zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung berufene Bürgerwehrwehr dieser ihrer Aufgabe nicht rechtzeitig und vollständig genügt, sofort die bewaffnete Militairmacht zu requiriren und nach §. 78. des Bürgerwehr-Gesetzes vom 17. v. Mts. in Thätigkeit treten zu lassen. - Es wird dies hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Berlin, den 1. November 1848. Der Minister des Innern.Eichmann. Berlin. Auf dem Criminal-Gericht wurde gestern der Prozeß wider den Schriftsteller Thiele (welcher den Pseudo-Namen Leid-Brandt führt und nicht mit dem gleichnahmigen Redakteur des Publicisten zu verwechseln ist), den Buchhändler Schlesinger und Buchdruckereibesitzer und Stadtverordneten Schiemenz wegen Majestätsbeleidigung verhandelt. In einem von Thiele verfaßten Plakat sollten sich verletzende Aeußerungen über die Handlungsweise unseres Königs vorfinden, Schlesinger und Schiemenz sollten hierbei insofern betheiligt sein, als sie den Verlag und beziehungsweise den Druck des Plakats übernommen hatten. Der Gerichtshof erklärte den Hrn. Thiele zwar für schuldig, verurtheilte denselben aber nur zu 6 Monat Festungs-Arrest, weil nach seiner Ansicht die betreffenden Aeußerungen nicht geradezu Beleidigungen, sondern nur im Allgemeinen Verletzungen der Ehrfurcht, welche Jeder dem Könige schuldig sei, enthielten. Die Herren Schlesinger und Schiemenz wurden völlig freigesprochen. Der Gerichtshof schien diesmal abweichend von seiner bisherigen Ansicht von dem Grundsatz ausgegangen zu sein, daß Buchdrucker und Verleger einer verbrecherischen Schrift nicht verantwortlich seien, sobald sie, wie im vorliegenden Falle, im Stande seien, den Verfasser zu stellen. Herr Harassowitz fürhte wiederum den Vorsitz, Hr. Staatsanwalt Blumberg die Anklage, Herr Stieber die Vertheidigung. Der hiesige Buchhändler und Stadtverordnete Hrrr Springer war als Sachverständiger zu dieser für den literarischen Verkehr sehr wichtigen Verhandlung zugezogen worden und gab ein interessantes Gutachten darüber ab, in wiefern Buchhändler und Buchdrucker für den Inhalt von Druckschriften verantwortlich gemacht werden könnten. (B. Ztg.) !!! Frankfurt, 2. November. Sitzung der National-Versammlung. Die heutige Sitzung bietet mehr, denn die Präsidentenwahl füllt den größten Theil der Tagesordnung aus. Vor derselben wird eine Anfrage des Grüneberger Inquisitoriats mitgetheilt, " ob man die gegen den Abgeordneten Lewysohn vor dessen Wahl bereits schwebende Criminal-Untersuchung fortsetzen oder sitiren solle?" Geht an den bekannten Ausschuß, der sich mit all diesen Untersuchungsangelegenheiten beschäftigt. Radowitz ist von Berlin zurückgekehrt, und hat seinen Platz in der Kirche wieder eingenommen. Wiegard verlangt, daß die ganze Correspondenz zwischen den österreichischen Reichskommissären Mosle und Welker und dem Reichsministerium dem Hause vorgelegt werde. Der Ausschuß für die österreichischen Angelegenheiten wird hierüber ein Gutachten abgeben. Ergebniß der Präsidentenwahl. Motto:"Le roi est mort, vive le roi!" v. Gagern war erster Präsident. Er ist es wieder mit 310 Stimmen unter 407. (Bravo Centrum und Rechte. Gagern dankt und nimmt an. Heinrich Simon aus Breslau hatte 82. von Trützschler 7 Stimmen. Simson aus Königsberg war 2. Präsident. Er ist es wieder mit 250 unter 408 Stimmen. (Beifall, Simson dankt. Kirchgessner hatte 143 Stimmen, Radowitz 1. und Jahn 1. - letzterer ist also wieder einstimmig zum Vicepräsidenten gewählt. - ) Riesser aus Hamburg war dritter Präsident - und bleibt es mit 255 unter 418 Stimmen. (Simon von Breslau hatte 149, Kirchgessner 7 Stimmen. Riesser bedankt sich unter dem lauten Beifall beider Centren. Fortsetzung der Tagesordnung: Weitere Berathung über den Verfassungsentwurf. §. 11 (Art. II. Abschn. II.) wird ohne Diskussion angenommen. Er heißt:"Der Reichsgewalt steht ausschließlich das Recht des Krieges und Friedens zu." - Vor der Diskussion über die folgenden Paragraphen, welche von der Wehrverfassung handeln, werden zwei Anträge gestellt. Einer von Vogt:"Die Paragraphen von der Wehrverfassung selbstständig zusammenzufassen, und zum Schluß des Entwurfs von der Reichsgewalt zur Berathung zu bringen." Ein ähnlicher Antrag ist vom Grafen Schwerin gestellt. Ueber diese Vorfrage entspinnt sich eine längere Debatte, an der Mittermaier, Vogt, Wigard, Graf Schwerin Holland und Stavenhagen sich betheiligen. Röder beantragt diese aufschiebenden Anträge (von Vogt und Schwerin etc.) zur schleunigsten Begutachtung an den Verfassungsausschuß zurückzuweisen. Dieser Antrag wird angenommen und hierdurch zu schleunigstem Bericht die Anträge von Vogt, Schwerin, Schubert, Holland, Fuchs (alle formellen und verschiebenden Inhalts über die Geschäftsbehandlung des Art. III. (Wehrverfassung) an den Verfassungsausschuß zurückverwiesen. - Morgen ist darüber zu berichten. Hierdurch ist die heutige Tagesordnung unterbrochen und beendet. Schluß der Sitzung 1/2 2 Uhr. Morgen um 9 Uhr Sitzung. Inspruck, 20. Okt. Tyrol ist in seinem Inneren gespalten und zerrissen, wie kaum eine andere Provinz. In Ungarn, in den slawischen Landen, stehen sich doch nur je zwei Parteien einander gegenüber, bei uns dagegen, auf dem verhältnismäßig kleinen Areale Tyrols, tritt eine dreifache Spaltung in den Wünschen und Sympathien des Volkes, scharf schneidend zu Tage. Der Nordtyroler, durch das Pfaffenregiment geknechtet, fröhnt entschieden reaktionären Tendenzen. Es wäre zu wetten, daß 3 Biertheile der Bevölkerung Deutschtyrols die Errungenschaften der März-und noch vielmehr die der Maitage als etwas Verwerfliches ansehen, daß ihnen namentlich die Preßfreiheit ein Gräuel ist, und daß sie mit Vergnügen die Rückkehr des alten Absolutismus mit seinem Gefolge von Jesuiten und Liguorianern begrüßen würden. Vergebens bemüht sich eine kleine Anzahl frei denkender Männer, dieser im Volke laut hervortretenden Gesinnung entgegen zu arbeiten. Der Einfluß der klerikalischen Partei, die der Unfreiheit offen das Wort redet, und das ungetheilte Vertrauen des Landvolkes genießt, überwiegt Alles. - Eben jetzt wird in Tausenden von Exemplaren eine Druckschrift in allen Thälern des Landes verbreitet, deren in mannigfaltigen Variationen durchgeführtes Thema wörtlich lautet: "Die radikale (schlechte) Partei hat in den Märztagen zu Wien durch Revolution unserem gütigen Kaiser Religionsfreiheit, Konstitution und Preßfreiheit abgezwungen, und jetzt will sie dieselben auch uns Tyrolern aufzwingen." Unter dem nächsten Einflusse dieses an fanatischer Wuth alle Gränzen übersteigenden Pamphlets werden die Wahlen der neuen Vertrauensmänner zum Provinziallandtag in unseren Thälern stattfinden. Man kann sich denken, wie sie ausfallen werden. Eine ganz entgegensetzte ist die Stimmung des kleinen Ländchens Vorarlberg. Hier herrscht Liberalismus in starker, beinahe radikaler Färbung, und dabei entschiedene Hinneigung zu Deutschland. Vorarlberg hatte bisher eine von Tyrol abgesonderte provinzielle Vertretung, auf die es stolz ist, und es scheint daher zweifelhaft, ob es der dahin ergangenen Einladung, unter den obwaltenden außerordentlichen Verhältnissen sich auch seinerseits dem Innsprucker Landtage anzuschließen, und ihn mit sechszehn Deputirten aus seiner Mitte zu beschicken, Folge leisten wird. Die dritte Fraktion ist die der Südtyroler, die zunächst weder deutsch noch österreichisch, weder liberal noch servil, sondern allein und ausschließlich wälsch gesinnt, und dabei von einer unbesiegbaren Abneigung gegen Nordtyrol und besonders gegen das Innsprucker Gubernialregiment durchdrungen ist. Die Südtyroler haben sich schon von dem am letzten Mai d. J. zusammenberufenen Innsprucker Landtag fern gehalten, und es ist daher mit Gewißheit vorauszusehen, daß sie auch den jetzigen nicht beschicken werden. (Oesterr. Z.)Ungarn. Pesth, 26. Oktober. "Jeder, der den etwaigen Befehlen Windischgrätz's Folge leistet, ist als Landesverräther zu behandeln", so beschloß vorgestern das Repräsentantenhaus, in welchem die Ernennung des erwähnten Fürsten zum Generalissimus aller außeritalienischen Truppen Oesterreichs bedeutende Sensation erregte. Um die Bewohner der ungarischen Kronländer, namentlich die Siebenbürger, über den Stand der Dinge in Pestofen aufzuklären, und sie insbesondere zu belehren, daß kein Schreckenstribunal in Pest dominire, wurde Kemeny mit der Abfassung einer Proklamation beauftragt. Auch von einem Manifest an Europa war die Rede, doch wurde dasselbe wieder ad acta gelegt, da es nichts nützen würde; man würde die Ungarn wohl bedauern, aber ihnen nicht beistehen. Ueber die Leythaarmee wurde berichtet, sie habe den Feind angegriffen. Man spricht von bedeutenden Epurationen in diesem Officierkorps. Moga hat an einem Tage 122 Officiere entlassen, ja, ein Obrist hat einen Officier wegen Meuterei mit dem Degen erstochen. - In Preßburg ist der cassirte Lieutenant Hagenbruck arretirt worden, der - wie es heißt, nach seinem eigenen Geständniß - von dem Temesvarer Festungskommandanten Rukawina gedungen worden seyn soll, Kossuth zu ermorden. - Am Tage des neuen Bombardements von Arad (22. Oktober, wobei 7 Menschen beschädigt wurden) kam es bei Neu-Arab zu einem Gefechte zwischen Magyaren und Uhlanen; letztere sollen mit einem Verlust von 57 Mann geschlagen worden seyn, während magyarischer Seits nur 12 Todte angegeben werden. (Bl. a. B.)Polen. Krakau, 28 Okt. Unsere Garnison hat sich bedeutend vermindert. - Auf den Festungswerken der Burg sind numerirte Mörser und Kanonen in einer gewissen Richtung aufgepflanzt. - So zielt Nr. 1 auf die Kirche und das Dominikanerkloster; Nr. 2 auf das Potockische Palais; Nr. 3 auf Stradom u. dgl. Auf den Wällen stehen 12 pfundige Kanonen; die Mörser sollen 60.-90pfündig sein. Französische Republik. 19 Paris, 1. Nov. Der "reine Republikaner" Cavaignac fährt auch nach Aufhebung des Belagerungsstandes ungestört in der Unterdrückung der "Februar-Errungenschaften" fort. Vor einigen Tagen wurde "La Republique" im Bureau der Zeitung und auf der Post kaisrt, und gestern Abend beliebte es dem tugendhaften Diktator, das Associationsrecht durch Schließung eines socialistischen Klubs zu cassiren. Wenn man, wie Hr. Cavaignac, das Ende seiner schönen Glorie so dicht vor der Thüre weiß, so ist es freilich nicht zum Erstaunen, daß der thatendurstige Beduinenjäger wenigstens noch die letzten Tage in der vollen Herrlichkeit seiner Macht zu genießen sucht. Der Klub in der Rue Grenelle St. Honore, der gestern geschlossen wurde, ist derselbe, der kürzlich eine begeisterte Adresse an die Wiener schickte; der Mediziner Banard präsidirte ihm. Es war vorher nichts von dem Beschluß Cavaignac's bekannt geworden, aber an der Saalthüre hing ein weißes Tuch mit der Inschrift: "Le club est ferme provisoirement. Reunion electorale preparatoire." Nach der Sitzung machte der Präsident die Mittheilung, daß der Klub nicht mehr existire, daß aber das Bureau eine Reunion zur Besprechung der Wahl des Präsidenten der Republik gegründet habe. Ein Polizeikommissär war anwesend, um sich zu überzeugen, daß der Klub "nicht mehr" derselbe sei; Banard schlug sich selbst zum Präsidenten, und die bisherigen Mitglieder wieder für das Bureau vor, was natürlich angenommen wurde. Der Präsident sprach darauf über die Frage, ob die Demokraten sich an der Wahl des Präsidenten der Republik betheiligen sollten oder nicht. Es sei nicht im Interesse, vielmehr sogar von Gefahr für die demokratischen "Prinzipien." die Sache des Volkes in die Hände Eines Individuums zu legen; die demokratisch-socialistische Partei verlange einen Konvent! Auf der andern Seite aber sei die Betheiligung an der Wahl eine Gelegenheit, die Stärke der Partei zu zählen, und die Reaktionäre, welche von einer demokratischen Minorität sprachen, eines Andern zu belehren. Die Versammlung entschied sich einstimmig für die Betheiligung. Darauf trat ein Redner auf, der mit vieler Satire die Kandidatur Louis Napoleon Bonapartes kritisirte. Als er sich des Ausdrucks "Prinz"bediente, entstand in der Versammlung ein furchtbarer Tumult, der dem Präsidenten Gelegenheit gab, zu erklären, daß es allerdings noch "Prinzen"gebe, da ein Schneider in der Rue Poitiers sich "Leibschneider Sr. kaiserl. Hoheit des Prinzen Louis Napoleon" nenne; übrigens schlage er vor, die Bezeichnung: Prinz als Brandmarkung beizubehalten. Unter großem Jubel angenommen. Nach einigen andern Rednern, die sich die Nothwendigkeit aussprachen, daß alle Demokraten Frankreichs sich zu Einer bestimmten Wahl vereinigten, erschien noch ein Geistlicher auf der Tribühne. Der ehrenwerthe Pater sprach sehr salbungsvoll über die Leiden des Volks, über die "Heiligkeit" der demokratischen Prinzipien, und deducirte sodann, daß die Wahl eines Präsidenten gegen das Interesse des Volkes sei. Einige Stimmen riefen Bravo, aber von den Gallerien erscholl auf einmal der tobende Ruf der Arbeiter: "A la porte, le jesuit! A la porte!"Der Tumult legte sich erst, als der schwarze Biedermann seinen runden Hut nahm und demüthig die Thür suchte. Gleichzeitig fand auch in der Rue Montesquieu eine Wahlreunion zur "Kritik der Kandidatur des Prinzen Louis Bonaparte"statt, der nach seinem letzten Auftreten in der Assemble in Maueranschlägen und Karrikaturen dem Pariser Volk zum Gespött dient. In Paris werden wahrscheinlich nur die Bourgeois stimmen, und Hr. v. Girardin, dem der Prätendent ein Ministerium zugesagt, und in Korsika die Wahl in die Versammlung vorbereitet haben soll, unterstützt ihn in dieser Hinsicht auf das Eifrigste; von den Arbeitern, welche ihn in der Versammlung gewählt haben, um ihn desto schneller als imbecille zu erkennen, hat der kleine Mann mit dem "großen Namen" nichts mehr zu erwarten. Die Demokraten bilden bereits Komites, welche sich über die Wahl einer Person einigen sollen, welchen dann alle Klubs ihre Stimmen geben; das Land wird ebenfalls dazugezogen. Wenn sich die Stimmen trotzdem nicht zersplittern, ist es möglich, daß die Arbeiter in der Wahl noch siegen; am wahrscheinlichsten jedoch ist, wie ich bereits geschrieben, daß die Wahl an die Versammlung zurückfallen wird, und diese Aussicht veranlaßt auch Leute wie Hr. Bugeaud, der in der Urwahl gar keine Chancen hat, als Kandidaten aufzutreten. Für wen sich die demokratischen Komites entscheiden werden, ist noch nicht vorherzusagen; in diesem Augenblicke spricht man weniger von Ledru-Rollin, als von Raspail, Cabet und - Lamenais! Jedenfalls sind die Arbeiter entschlossen, mit jedem reaktionären Präsidenten "fertig zu werden." In der oben erwähnten Reunion der Rue Grenelle St. Honore sagte ein Redner, der auf den verunglückten Jesuiten folgte, offen im Beisein des Polizeikommissärs: "Wenn das Land im reaktionären Sinne wählt, so ist Paris da, um sich wie Ein Mann, mit Feuer und Schwert für die Sache des Volkes zu erheben." Das Geld, welches in den Klubs eingeht, und angeblich für die Juni. Insurgenten bestimmt ist, soll, wie man behauptet, zum Ankauf von Waffen verwendet werden. An mehreren Orten (zwei derselben könnte ich Ihnen bezeichnen,) kauft man in der That schon seit einigen Tagen Gewehre und Schießbedarf aller Art an. Was ich Ihnen endlich über die feindselige Stimmung zwischen der Linie und den Mobilen schrieb, beginnt bereits durch die That bestätigt zu werden. Vorgestern und gestern Abend fand zwischen diesen Truppentheilen an der Barriere Rochechouard ein blutiger Kampf statt. Alle Versuche der Offiziere, die Streitenden zu trennen, waren vergebens. Die Liniensoldaten rannten in ihre Kaserne, um Waffen und Beistand herbeizuholen; an die Barriere zurückgekommen, riefen sie: A bas Cavaignac! A bas la garde mobile! Vive la republique democratique et sociale! Die Arbeiter sahen dem Kampfe zu, ohne für einen der Streitenden Partei zu nehmen. Heute ist der Garde mobile der Besuch der Bartier eRochechouard verboten worden. Handelsnachrichten. [irrelevantes Material] Der Gerant: Korff. Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher 17. “Seht mal Kinder, die Rechte hat heute so weit links gestimmt, wie sie nur irgend konnte; deswegen aber müssen wir sie gerade todtschlagen, denn das zeigt doch, was es für erbärmliche Lumpen sind.“ Das liebe Blättchen berichtet weiter: Auch Hr. Uhlich hat beim Verlassen des Sitzungslokals eine Lektion, aber bloß Real erhalten. Er wollte die belagernden Rotten zur Ruhe mahnen, wurde erkannt, und die Freiheitsmänner schrieen: “Ist das nicht der Uhlich, der uns so lange was vorgespiegelt und dennoch immer anders gestimmt hat!„Hr. Uhlich wartete weitere Relationen nicht ab, sondern zog sich zurück. Der Umstand, daß Hr. Uhlich sich in den Sitzungen des demokratischen Centralkongresses in den Raum für die Mitglieder verirrte, ist dadurch erklärlich, daß der Lichtfreund “nicht gut in das Licht sehen kann.„ ‒ Der Haupteingang zum Sitzungslokal blieb fortwährend in den Händen des belagernden Volks, nur die Seitenausgänge wurden für die Abgeordneten von der Bürgerwehr freigemacht. Mehrere Abgeordnete mußten sogar durch die Latrinen sich entfernen. Verschiedene Thüren hatte man durch Nägel und Einschlagen von Holzpflöcken in die Schlösser zu sperren gesucht, da man nicht eindringen konnte. ‒ Dem Führer der Kompagnie der Dorotheenstraße, welche den Hauptzusammenstoß mit den Maschinenbauarbeitern hatte, wurde noch spät eine Katzenmusik gebracht, die mit einigen Verhaftungen endete. Ferner ersehen wir aus dem Journale des Prinzen von Preußen: In der Bürgerwehr ist eine so große Spaltung, daß man befürchtet, verschiedene Bataillone würden sich in ähnlichen Fällen, wie am 31., feindlich gegenübertreten. Endlich berichtet das Journal des Prinzen von Preußen, ohne den Extrablättern der “Kölnischen Zeitung„ vorzugreifen: Ratibor, 1. Nov. Die Ungarn sind geschlagen. Das Bombardement gestern Abend 5 Uhr eingestellt. Kaiserliche Bibliothek und Mineraldepot in Brand. Die Kaiserlichen Truppen bis zum Stephansplatz vorgerückt. Die Proletarier, die als Urheber aller Mordthaten ermittelt worden, sind in Haft. Die Phantasien der “Kölnischen Zeitung“bestätigen sich traurigst. Berlin. Der Minister Eichmann hat folgendes Schreiben an den hiesigen Magistrat gerichtet: An den wohllöblichen Magistrat hiesiger Residenz. Die gestrigen Vorfälle setzen mich in die Lage, Erw. etc. auf die nothwendigen Folgen der ungenügenden Wirksamkeit der Bürgerwehr aufmerksam machen zu müssen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Sturmpetitionen mehrerer tausend aufgeregter Menschen, welche das Versammlungslokal der Volksvertretung umgeben und gewissermaßen in Belagerungszustand versetzen und, theilweise mit Henkerstricken versehen, die heftigsten Drohungen ausstoßen, endlich in das Sitzungsgebäude selbst eindringen u. s. w., gegen die gesetzliche Ordnung sind, welche die Bürgerwehr zu schützen hat. Dennoch hat sich dies Alles gestern hier zugetragen, und es ist erst so spät dagegen eingeschritten worden, daß es leicht zu noch größeren Exzessen hätte kommen können. Dem Kommando der Bürgerwehr war es bekannt, daß sich bereits um Mittag ein großer Zug auf dem Alexanderplatze gesammelt hatte und demnächst auf dem Gendarmenmarkte eine Menge von mehreren tausend Personen zusammengekommen war, welche sich nach einiger Zeit mit dem ausgesprochenen Vorsatze zurückzog, um 5 Uhr Nachmittags wieder einzutreffen und die Antwort der National-Versammlung auf eine Petition zu Gunsten des Wiener Volkes abzuwarten. Von dieser zweiten Versammlung waren die ernstlichsten Störungen der gesetzlichen Ordnung zu fürchten. Um die letztere zu schützen, war die Aufstellung ansehnlicher Abtheilungen der Bürgerwehr auf dem Gendarmenmarkte erforderlich, mit welchem man enweder den Zudrang der Massen zu verhindern oder doch den Platz zu säubern vermochte. Es scheint nun zwar an bewaffneter Macht nicht gefehlt zu haben, denn das Schauspielhaus ist mit 2 Bataillonen besetzt gewesen und außerdem sind 3 oder 4 Bataillone zusammengezogen worden; aber man hat die Menge, welche anfänglich aus etwa tausend Personen bestand und sich an den Eingängen der Abgeordneten zusammendrängte, Fackeln anzündete und sich dann, allmälig zunehmend, auf dem Platze hin und her bewegte, die National-Versammlung durch Drohungen einzuschüchtern suchte, mehrere Stunden hindurch ungehindert gewähren lassen. Inzwischen war die Haltung der Volkshaufen, die von mehreren Rednern angefeuert wurden, nicht zu weichen, bis ihren Forderungen genügt sei, immer bedrohlicher geworden. Schaaren, mit rothen Fahnen, Fackeln und Stricken versehen, hatten die sämmlichen Thüren des Schauspielhauses besetzt und ließen Niemand hinaus. Endlich erschienen die schon lange zusammengezogenen drei oder vier Bataillone vor dem Hause und machten die Eingänge frei. Dies hielt jedoch, wiewohl außerdem noch drei andere Bataillone allarmirt, also im Ganzen acht oder neun Bataillone Bürgerwehr auf den Beinen waren, nicht lange an. Die Abgeordneten, welche um 10 Uhr Abends die Sitzung verließen, mußten sich durch die Menge hindurchdrängen; mehrere derselben sind dem Vernehmen nach dabei insultirt und sogar körperlich mißhandelt worden. Erst als sich hierauf schon ein großer Theil des Volkes verlaufen hatte, schritt die Bürgerwehr mit mehr Energie ein und stellte, nach einem Zusammenstoß mit Maschinenarbeitern, welche dazwischen treten wollten, in später Nacht die Ruhe her. Die Verhinderung oder sofortige Unterdrückung solcher tumultuarischen Auftritte ist nirgend dringender und unerläßlicher als in der Hauptstadt, zumal, wenn sie den Charakter des Terrorismus gegen die Volksvertretung annehmen. Leider sind hier schon mehrere Vorfälle ähnlicher Art vorgekommen, welche dazu führen müssen, das Ansehen der Regierung und die Achtung vor der bewaffneten Macht, welche die gesetzliche Freiheit und Ordnung schützen soll, zu untergraben. Unter diesen Umständen kann die Regierung ihre Verpflichtung, für die Sicherheit der Personen, für die Unabhängigkeit der Volksvertretung und für die öffentliche Ordnung zu sorgen, nicht anders erfüllen, als dadurch, daß bei Ruhestörungen in hiesiger Stadt, sobald die zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung zunächst berufene Bürgerwehr dieser ihrer Aufgabe nicht rechtzeitig und vollständig genügt, sofort militairische Hülfe requirirt und nach §. 87 des Bürgerwehr-Gesetzes in Thätigkeit gesetzt wird Indem ich wünsche, daß der Fall einer solchen stets bedauerlichen Nothwendigkeit nicht eintreten möge, habe ich den Magistrat und das Polizei-Präsidium von diesem Erlasse zur Nachachtung in Kenntniß gesetzt. Berlin, den 1. November 1848. Der Minister des Innern. (gez.) Eichmann. An den Commandeur der Bürgerwehr, Herrn Rimpel Hochwohlgeboren, hier. Bekanntmachung. Die Vorgänge des gestrigen Tages während der beiden Sitzungen der Nationalversammlung legen der Regierung die unabweisbare Pflicht auf, zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung und zur Verhütung und Unterdrückung ähnlicher Exzesse alle ihr zu Gebote stehenden Mittel in Anwendung zu bringen. Es sind demgemäß die betreffenden Behörden angewiesen worden, in allen derartigen Fällen, sobald die zunächst zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung berufene Bürgerwehrwehr dieser ihrer Aufgabe nicht rechtzeitig und vollständig genügt, sofort die bewaffnete Militairmacht zu requiriren und nach §. 78. des Bürgerwehr-Gesetzes vom 17. v. Mts. in Thätigkeit treten zu lassen. ‒ Es wird dies hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Berlin, den 1. November 1848. Der Minister des Innern.Eichmann. Berlin. Auf dem Criminal-Gericht wurde gestern der Prozeß wider den Schriftsteller Thiele (welcher den Pseudo-Namen Leid-Brandt führt und nicht mit dem gleichnahmigen Redakteur des Publicisten zu verwechseln ist), den Buchhändler Schlesinger und Buchdruckereibesitzer und Stadtverordneten Schiemenz wegen Majestätsbeleidigung verhandelt. In einem von Thiele verfaßten Plakat sollten sich verletzende Aeußerungen über die Handlungsweise unseres Königs vorfinden, Schlesinger und Schiemenz sollten hierbei insofern betheiligt sein, als sie den Verlag und beziehungsweise den Druck des Plakats übernommen hatten. Der Gerichtshof erklärte den Hrn. Thiele zwar für schuldig, verurtheilte denselben aber nur zu 6 Monat Festungs-Arrest, weil nach seiner Ansicht die betreffenden Aeußerungen nicht geradezu Beleidigungen, sondern nur im Allgemeinen Verletzungen der Ehrfurcht, welche Jeder dem Könige schuldig sei, enthielten. Die Herren Schlesinger und Schiemenz wurden völlig freigesprochen. Der Gerichtshof schien diesmal abweichend von seiner bisherigen Ansicht von dem Grundsatz ausgegangen zu sein, daß Buchdrucker und Verleger einer verbrecherischen Schrift nicht verantwortlich seien, sobald sie, wie im vorliegenden Falle, im Stande seien, den Verfasser zu stellen. Herr Harassowitz fürhte wiederum den Vorsitz, Hr. Staatsanwalt Blumberg die Anklage, Herr Stieber die Vertheidigung. Der hiesige Buchhändler und Stadtverordnete Hrrr Springer war als Sachverständiger zu dieser für den literarischen Verkehr sehr wichtigen Verhandlung zugezogen worden und gab ein interessantes Gutachten darüber ab, in wiefern Buchhändler und Buchdrucker für den Inhalt von Druckschriften verantwortlich gemacht werden könnten. (B. Ztg.) !!! Frankfurt, 2. November. Sitzung der National-Versammlung. Die heutige Sitzung bietet mehr, denn die Präsidentenwahl füllt den größten Theil der Tagesordnung aus. Vor derselben wird eine Anfrage des Grüneberger Inquisitoriats mitgetheilt, „ ob man die gegen den Abgeordneten Lewysohn vor dessen Wahl bereits schwebende Criminal-Untersuchung fortsetzen oder sitiren solle?“ Geht an den bekannten Ausschuß, der sich mit all diesen Untersuchungsangelegenheiten beschäftigt. Radowitz ist von Berlin zurückgekehrt, und hat seinen Platz in der Kirche wieder eingenommen. Wiegard verlangt, daß die ganze Correspondenz zwischen den österreichischen Reichskommissären Mosle und Welker und dem Reichsministerium dem Hause vorgelegt werde. Der Ausschuß für die österreichischen Angelegenheiten wird hierüber ein Gutachten abgeben. Ergebniß der Präsidentenwahl. Motto:„Le roi est mort, vive le roi!“ v. Gagern war erster Präsident. Er ist es wieder mit 310 Stimmen unter 407. (Bravo Centrum und Rechte. Gagern dankt und nimmt an. Heinrich Simon aus Breslau hatte 82. von Trützschler 7 Stimmen. Simson aus Königsberg war 2. Präsident. Er ist es wieder mit 250 unter 408 Stimmen. (Beifall, Simson dankt. Kirchgessner hatte 143 Stimmen, Radowitz 1. und Jahn 1. ‒ letzterer ist also wieder einstimmig zum Vicepräsidenten gewählt. ‒ ) Riesser aus Hamburg war dritter Präsident ‒ und bleibt es mit 255 unter 418 Stimmen. (Simon von Breslau hatte 149, Kirchgessner 7 Stimmen. Riesser bedankt sich unter dem lauten Beifall beider Centren. Fortsetzung der Tagesordnung: Weitere Berathung über den Verfassungsentwurf. §. 11 (Art. II. Abschn. II.) wird ohne Diskussion angenommen. Er heißt:„Der Reichsgewalt steht ausschließlich das Recht des Krieges und Friedens zu.“ ‒ Vor der Diskussion über die folgenden Paragraphen, welche von der Wehrverfassung handeln, werden zwei Anträge gestellt. Einer von Vogt:„Die Paragraphen von der Wehrverfassung selbstständig zusammenzufassen, und zum Schluß des Entwurfs von der Reichsgewalt zur Berathung zu bringen.“ Ein ähnlicher Antrag ist vom Grafen Schwerin gestellt. Ueber diese Vorfrage entspinnt sich eine längere Debatte, an der Mittermaier, Vogt, Wigard, Graf Schwerin Holland und Stavenhagen sich betheiligen. Röder beantragt diese aufschiebenden Anträge (von Vogt und Schwerin etc.) zur schleunigsten Begutachtung an den Verfassungsausschuß zurückzuweisen. Dieser Antrag wird angenommen und hierdurch zu schleunigstem Bericht die Anträge von Vogt, Schwerin, Schubert, Holland, Fuchs (alle formellen und verschiebenden Inhalts über die Geschäftsbehandlung des Art. III. (Wehrverfassung) an den Verfassungsausschuß zurückverwiesen. ‒ Morgen ist darüber zu berichten. Hierdurch ist die heutige Tagesordnung unterbrochen und beendet. Schluß der Sitzung 1/2 2 Uhr. Morgen um 9 Uhr Sitzung. Inspruck, 20. Okt. Tyrol ist in seinem Inneren gespalten und zerrissen, wie kaum eine andere Provinz. In Ungarn, in den slawischen Landen, stehen sich doch nur je zwei Parteien einander gegenüber, bei uns dagegen, auf dem verhältnismäßig kleinen Areale Tyrols, tritt eine dreifache Spaltung in den Wünschen und Sympathien des Volkes, scharf schneidend zu Tage. Der Nordtyroler, durch das Pfaffenregiment geknechtet, fröhnt entschieden reaktionären Tendenzen. Es wäre zu wetten, daß 3 Biertheile der Bevölkerung Deutschtyrols die Errungenschaften der März-und noch vielmehr die der Maitage als etwas Verwerfliches ansehen, daß ihnen namentlich die Preßfreiheit ein Gräuel ist, und daß sie mit Vergnügen die Rückkehr des alten Absolutismus mit seinem Gefolge von Jesuiten und Liguorianern begrüßen würden. Vergebens bemüht sich eine kleine Anzahl frei denkender Männer, dieser im Volke laut hervortretenden Gesinnung entgegen zu arbeiten. Der Einfluß der klerikalischen Partei, die der Unfreiheit offen das Wort redet, und das ungetheilte Vertrauen des Landvolkes genießt, überwiegt Alles. ‒ Eben jetzt wird in Tausenden von Exemplaren eine Druckschrift in allen Thälern des Landes verbreitet, deren in mannigfaltigen Variationen durchgeführtes Thema wörtlich lautet: „Die radikale (schlechte) Partei hat in den Märztagen zu Wien durch Revolution unserem gütigen Kaiser Religionsfreiheit, Konstitution und Preßfreiheit abgezwungen, und jetzt will sie dieselben auch uns Tyrolern aufzwingen.“ Unter dem nächsten Einflusse dieses an fanatischer Wuth alle Gränzen übersteigenden Pamphlets werden die Wahlen der neuen Vertrauensmänner zum Provinziallandtag in unseren Thälern stattfinden. Man kann sich denken, wie sie ausfallen werden. Eine ganz entgegensetzte ist die Stimmung des kleinen Ländchens Vorarlberg. Hier herrscht Liberalismus in starker, beinahe radikaler Färbung, und dabei entschiedene Hinneigung zu Deutschland. Vorarlberg hatte bisher eine von Tyrol abgesonderte provinzielle Vertretung, auf die es stolz ist, und es scheint daher zweifelhaft, ob es der dahin ergangenen Einladung, unter den obwaltenden außerordentlichen Verhältnissen sich auch seinerseits dem Innsprucker Landtage anzuschließen, und ihn mit sechszehn Deputirten aus seiner Mitte zu beschicken, Folge leisten wird. Die dritte Fraktion ist die der Südtyroler, die zunächst weder deutsch noch österreichisch, weder liberal noch servil, sondern allein und ausschließlich wälsch gesinnt, und dabei von einer unbesiegbaren Abneigung gegen Nordtyrol und besonders gegen das Innsprucker Gubernialregiment durchdrungen ist. Die Südtyroler haben sich schon von dem am letzten Mai d. J. zusammenberufenen Innsprucker Landtag fern gehalten, und es ist daher mit Gewißheit vorauszusehen, daß sie auch den jetzigen nicht beschicken werden. (Oesterr. Z.)Ungarn. Pesth, 26. Oktober. “Jeder, der den etwaigen Befehlen Windischgrätz's Folge leistet, ist als Landesverräther zu behandeln“, so beschloß vorgestern das Repräsentantenhaus, in welchem die Ernennung des erwähnten Fürsten zum Generalissimus aller außeritalienischen Truppen Oesterreichs bedeutende Sensation erregte. Um die Bewohner der ungarischen Kronländer, namentlich die Siebenbürger, über den Stand der Dinge in Pestofen aufzuklären, und sie insbesondere zu belehren, daß kein Schreckenstribunal in Pest dominire, wurde Kemeny mit der Abfassung einer Proklamation beauftragt. Auch von einem Manifest an Europa war die Rede, doch wurde dasselbe wieder ad acta gelegt, da es nichts nützen würde; man würde die Ungarn wohl bedauern, aber ihnen nicht beistehen. Ueber die Leythaarmee wurde berichtet, sie habe den Feind angegriffen. Man spricht von bedeutenden Epurationen in diesem Officierkorps. Moga hat an einem Tage 122 Officiere entlassen, ja, ein Obrist hat einen Officier wegen Meuterei mit dem Degen erstochen. ‒ In Preßburg ist der cassirte Lieutenant Hagenbruck arretirt worden, der ‒ wie es heißt, nach seinem eigenen Geständniß ‒ von dem Temesvarer Festungskommandanten Rukawina gedungen worden seyn soll, Kossuth zu ermorden. ‒ Am Tage des neuen Bombardements von Arad (22. Oktober, wobei 7 Menschen beschädigt wurden) kam es bei Neu-Arab zu einem Gefechte zwischen Magyaren und Uhlanen; letztere sollen mit einem Verlust von 57 Mann geschlagen worden seyn, während magyarischer Seits nur 12 Todte angegeben werden. (Bl. a. B.)Polen. Krakau, 28 Okt. Unsere Garnison hat sich bedeutend vermindert. ‒ Auf den Festungswerken der Burg sind numerirte Mörser und Kanonen in einer gewissen Richtung aufgepflanzt. ‒ So zielt Nr. 1 auf die Kirche und das Dominikanerkloster; Nr. 2 auf das Potockische Palais; Nr. 3 auf Stradom u. dgl. Auf den Wällen stehen 12 pfundige Kanonen; die Mörser sollen 60.‒90pfündig sein. Französische Republik. 19 Paris, 1. Nov. Der „reine Republikaner“ Cavaignac fährt auch nach Aufhebung des Belagerungsstandes ungestört in der Unterdrückung der „Februar-Errungenschaften“ fort. Vor einigen Tagen wurde „La Republique“ im Bureau der Zeitung und auf der Post kaisrt, und gestern Abend beliebte es dem tugendhaften Diktator, das Associationsrecht durch Schließung eines socialistischen Klubs zu cassiren. Wenn man, wie Hr. Cavaignac, das Ende seiner schönen Glorie so dicht vor der Thüre weiß, so ist es freilich nicht zum Erstaunen, daß der thatendurstige Beduinenjäger wenigstens noch die letzten Tage in der vollen Herrlichkeit seiner Macht zu genießen sucht. Der Klub in der Rue Grenelle St. Honoré, der gestern geschlossen wurde, ist derselbe, der kürzlich eine begeisterte Adresse an die Wiener schickte; der Mediziner Banard präsidirte ihm. Es war vorher nichts von dem Beschluß Cavaignac's bekannt geworden, aber an der Saalthüre hing ein weißes Tuch mit der Inschrift: „Le club est fermé provisoirement. Réunion électorale préparatoire.“ Nach der Sitzung machte der Präsident die Mittheilung, daß der Klub nicht mehr existire, daß aber das Bureau eine Réunion zur Besprechung der Wahl des Präsidenten der Republik gegründet habe. Ein Polizeikommissär war anwesend, um sich zu überzeugen, daß der Klub „nicht mehr“ derselbe sei; Banard schlug sich selbst zum Präsidenten, und die bisherigen Mitglieder wieder für das Bureau vor, was natürlich angenommen wurde. Der Präsident sprach darauf über die Frage, ob die Demokraten sich an der Wahl des Präsidenten der Republik betheiligen sollten oder nicht. Es sei nicht im Interesse, vielmehr sogar von Gefahr für die demokratischen „Prinzipien.“ die Sache des Volkes in die Hände Eines Individuums zu legen; die demokratisch-socialistische Partei verlange einen Konvent! Auf der andern Seite aber sei die Betheiligung an der Wahl eine Gelegenheit, die Stärke der Partei zu zählen, und die Reaktionäre, welche von einer demokratischen Minorität sprachen, eines Andern zu belehren. Die Versammlung entschied sich einstimmig für die Betheiligung. Darauf trat ein Redner auf, der mit vieler Satire die Kandidatur Louis Napoleon Bonapartes kritisirte. Als er sich des Ausdrucks „Prinz“bediente, entstand in der Versammlung ein furchtbarer Tumult, der dem Präsidenten Gelegenheit gab, zu erklären, daß es allerdings noch „Prinzen“gebe, da ein Schneider in der Rue Poitiers sich „Leibschneider Sr. kaiserl. Hoheit des Prinzen Louis Napoleon“ nenne; übrigens schlage er vor, die Bezeichnung: Prinz als Brandmarkung beizubehalten. Unter großem Jubel angenommen. Nach einigen andern Rednern, die sich die Nothwendigkeit aussprachen, daß alle Demokraten Frankreichs sich zu Einer bestimmten Wahl vereinigten, erschien noch ein Geistlicher auf der Tribühne. Der ehrenwerthe Pater sprach sehr salbungsvoll über die Leiden des Volks, über die „Heiligkeit“ der demokratischen Prinzipien, und deducirte sodann, daß die Wahl eines Präsidenten gegen das Interesse des Volkes sei. Einige Stimmen riefen Bravo, aber von den Gallerien erscholl auf einmal der tobende Ruf der Arbeiter: „A la porte, le jesuit! A la porte!“Der Tumult legte sich erst, als der schwarze Biedermann seinen runden Hut nahm und demüthig die Thür suchte. Gleichzeitig fand auch in der Rue Montesquieu eine Wahlreunion zur “Kritik der Kandidatur des Prinzen Louis Bonaparte„statt, der nach seinem letzten Auftreten in der Assemble in Maueranschlägen und Karrikaturen dem Pariser Volk zum Gespött dient. In Paris werden wahrscheinlich nur die Bourgeois stimmen, und Hr. v. Girardin, dem der Prätendent ein Ministerium zugesagt, und in Korsika die Wahl in die Versammlung vorbereitet haben soll, unterstützt ihn in dieser Hinsicht auf das Eifrigste; von den Arbeitern, welche ihn in der Versammlung gewählt haben, um ihn desto schneller als imbécille zu erkennen, hat der kleine Mann mit dem „großen Namen“ nichts mehr zu erwarten. Die Demokraten bilden bereits Komites, welche sich über die Wahl einer Person einigen sollen, welchen dann alle Klubs ihre Stimmen geben; das Land wird ebenfalls dazugezogen. Wenn sich die Stimmen trotzdem nicht zersplittern, ist es möglich, daß die Arbeiter in der Wahl noch siegen; am wahrscheinlichsten jedoch ist, wie ich bereits geschrieben, daß die Wahl an die Versammlung zurückfallen wird, und diese Aussicht veranlaßt auch Leute wie Hr. Bugeaud, der in der Urwahl gar keine Chancen hat, als Kandidaten aufzutreten. Für wen sich die demokratischen Komites entscheiden werden, ist noch nicht vorherzusagen; in diesem Augenblicke spricht man weniger von Ledru-Rollin, als von Raspail, Cabet und ‒ Lamenais! Jedenfalls sind die Arbeiter entschlossen, mit jedem reaktionären Präsidenten „fertig zu werden.“ In der oben erwähnten Reunion der Rue Grenelle St. Honore sagte ein Redner, der auf den verunglückten Jesuiten folgte, offen im Beisein des Polizeikommissärs: „Wenn das Land im reaktionären Sinne wählt, so ist Paris da, um sich wie Ein Mann, mit Feuer und Schwert für die Sache des Volkes zu erheben.“ Das Geld, welches in den Klubs eingeht, und angeblich für die Juni. Insurgenten bestimmt ist, soll, wie man behauptet, zum Ankauf von Waffen verwendet werden. An mehreren Orten (zwei derselben könnte ich Ihnen bezeichnen,) kauft man in der That schon seit einigen Tagen Gewehre und Schießbedarf aller Art an. Was ich Ihnen endlich über die feindselige Stimmung zwischen der Linie und den Mobilen schrieb, beginnt bereits durch die That bestätigt zu werden. Vorgestern und gestern Abend fand zwischen diesen Truppentheilen an der Barriere Rochechouard ein blutiger Kampf statt. Alle Versuche der Offiziere, die Streitenden zu trennen, waren vergebens. Die Liniensoldaten rannten in ihre Kaserne, um Waffen und Beistand herbeizuholen; an die Barriere zurückgekommen, riefen sie: A bas Cavaignac! A bas la garde mobile! Vive la république democratique et sociale! Die Arbeiter sahen dem Kampfe zu, ohne für einen der Streitenden Partei zu nehmen. Heute ist der Garde mobile der Besuch der Bartier eRochechouard verboten worden. Handelsnachrichten. [irrelevantes Material] Der Gerant: Korff. Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher 17. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar135_021" type="jArticle"> <pb facs="#f0004" n="0686"/> <p>“Seht mal Kinder, die Rechte hat heute so weit links gestimmt, wie sie nur irgend konnte; deswegen aber müssen wir sie gerade todtschlagen, denn das zeigt doch, was es für erbärmliche Lumpen sind.“</p> <p>Das liebe Blättchen berichtet weiter: Auch Hr. Uhlich hat beim Verlassen des Sitzungslokals eine Lektion, aber bloß Real erhalten. Er wollte die belagernden Rotten zur Ruhe mahnen, wurde erkannt, und die Freiheitsmänner schrieen: “Ist das nicht der Uhlich, der uns so lange was vorgespiegelt und dennoch immer anders gestimmt hat!„Hr. Uhlich wartete weitere Relationen nicht ab, sondern zog sich zurück. Der Umstand, daß Hr. Uhlich sich in den Sitzungen des demokratischen Centralkongresses in den Raum für die Mitglieder verirrte, ist dadurch erklärlich, daß der Lichtfreund “nicht gut in das Licht sehen kann.„ ‒ Der Haupteingang zum Sitzungslokal blieb fortwährend in den Händen des belagernden Volks, nur die Seitenausgänge wurden für die Abgeordneten von der Bürgerwehr freigemacht. Mehrere Abgeordnete mußten sogar durch die Latrinen sich entfernen. Verschiedene Thüren hatte man durch Nägel und Einschlagen von Holzpflöcken in die Schlösser zu sperren gesucht, da man nicht eindringen konnte. ‒ Dem Führer der Kompagnie der Dorotheenstraße, welche den Hauptzusammenstoß mit den Maschinenbauarbeitern hatte, wurde noch spät eine Katzenmusik gebracht, die mit einigen Verhaftungen endete.</p> <p>Ferner ersehen wir aus dem Journale des <hi rendition="#g">Prinzen von Preußen:</hi> In der Bürgerwehr ist eine so große Spaltung, daß man befürchtet, verschiedene Bataillone würden sich in ähnlichen Fällen, wie am 31., feindlich gegenübertreten.</p> <p>Endlich berichtet das <hi rendition="#g">Journal des Prinzen von Preußen,</hi> ohne den <hi rendition="#g">Extrablättern der “Kölnischen Zeitung„</hi> vorzugreifen:</p> </div> <div xml:id="ar135_022" type="jArticle"> <head>Ratibor, 1. Nov.</head> <p>Die Ungarn sind geschlagen.</p> <p>Das Bombardement gestern Abend 5 Uhr eingestellt.</p> <p>Kaiserliche Bibliothek und Mineraldepot in Brand.</p> <p>Die Kaiserlichen Truppen bis zum Stephansplatz vorgerückt.</p> <p>Die Proletarier, die als Urheber aller Mordthaten ermittelt worden, sind in Haft.</p> <p>Die Phantasien der <hi rendition="#g">“Kölnischen Zeitung“</hi>bestätigen sich traurigst.</p> </div> <div xml:id="ar135_023" type="jArticle"> <head>Berlin.</head> <p>Der Minister Eichmann hat folgendes Schreiben an den hiesigen Magistrat gerichtet:</p> <p>An den wohllöblichen Magistrat hiesiger Residenz.</p> <p>Die gestrigen Vorfälle setzen mich in die Lage, Erw. etc. auf die nothwendigen Folgen der ungenügenden Wirksamkeit der Bürgerwehr aufmerksam machen zu müssen.</p> <p>Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Sturmpetitionen mehrerer tausend aufgeregter Menschen, welche das Versammlungslokal der Volksvertretung umgeben und gewissermaßen in Belagerungszustand versetzen und, theilweise mit Henkerstricken versehen, die heftigsten Drohungen ausstoßen, endlich in das Sitzungsgebäude selbst eindringen u. s. w., gegen die gesetzliche Ordnung sind, welche die Bürgerwehr zu schützen hat. Dennoch hat sich dies Alles gestern hier zugetragen, und es ist erst so spät dagegen eingeschritten worden, daß es leicht zu noch größeren Exzessen hätte kommen können.</p> <p>Dem Kommando der Bürgerwehr war es bekannt, daß sich bereits um Mittag ein großer Zug auf dem Alexanderplatze gesammelt hatte und demnächst auf dem Gendarmenmarkte eine Menge von mehreren tausend Personen zusammengekommen war, welche sich nach einiger Zeit mit dem ausgesprochenen Vorsatze zurückzog, um 5 Uhr Nachmittags wieder einzutreffen und die Antwort der National-Versammlung auf eine Petition zu Gunsten des Wiener Volkes abzuwarten. Von dieser zweiten Versammlung waren die ernstlichsten Störungen der gesetzlichen Ordnung zu fürchten. Um die letztere zu schützen, war die Aufstellung ansehnlicher Abtheilungen der Bürgerwehr auf dem Gendarmenmarkte erforderlich, mit welchem man enweder den Zudrang der Massen zu verhindern oder doch den Platz zu säubern vermochte. Es scheint nun zwar an bewaffneter Macht nicht gefehlt zu haben, denn das Schauspielhaus ist mit 2 Bataillonen besetzt gewesen und außerdem sind 3 oder 4 Bataillone zusammengezogen worden; aber man hat die Menge, welche anfänglich aus etwa tausend Personen bestand und sich an den Eingängen der Abgeordneten zusammendrängte, Fackeln anzündete und sich dann, allmälig zunehmend, auf dem Platze hin und her bewegte, die National-Versammlung durch Drohungen einzuschüchtern suchte, mehrere Stunden hindurch ungehindert gewähren lassen. Inzwischen war die Haltung der Volkshaufen, die von mehreren Rednern angefeuert wurden, nicht zu weichen, bis ihren Forderungen genügt sei, immer bedrohlicher geworden. Schaaren, mit rothen Fahnen, Fackeln und Stricken versehen, hatten die sämmlichen Thüren des Schauspielhauses besetzt und ließen Niemand hinaus. Endlich erschienen die schon lange zusammengezogenen drei oder vier Bataillone vor dem Hause und machten die Eingänge frei. Dies hielt jedoch, wiewohl außerdem noch drei andere Bataillone allarmirt, also im Ganzen acht oder neun Bataillone Bürgerwehr auf den Beinen waren, nicht lange an. Die Abgeordneten, welche um 10 Uhr Abends die Sitzung verließen, mußten sich durch die Menge hindurchdrängen; mehrere derselben sind dem Vernehmen nach dabei insultirt und sogar körperlich mißhandelt worden.</p> <p>Erst als sich hierauf schon ein großer Theil des Volkes verlaufen hatte, schritt die Bürgerwehr mit mehr Energie ein und stellte, nach einem Zusammenstoß mit Maschinenarbeitern, welche dazwischen treten wollten, in später Nacht die Ruhe her.</p> <p>Die Verhinderung oder sofortige Unterdrückung solcher tumultuarischen Auftritte ist nirgend dringender und unerläßlicher als in der Hauptstadt, zumal, wenn sie den Charakter des Terrorismus gegen die Volksvertretung annehmen. Leider sind hier schon mehrere Vorfälle ähnlicher Art vorgekommen, welche dazu führen müssen, das Ansehen der Regierung und die Achtung vor der bewaffneten Macht, welche die gesetzliche Freiheit und Ordnung schützen soll, zu untergraben.</p> <p>Unter diesen Umständen kann die Regierung ihre Verpflichtung, für die Sicherheit der Personen, für die Unabhängigkeit der Volksvertretung und für die öffentliche Ordnung zu sorgen, nicht anders erfüllen, als dadurch, daß bei Ruhestörungen in hiesiger Stadt, sobald die zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung zunächst berufene Bürgerwehr dieser ihrer Aufgabe nicht rechtzeitig und vollständig genügt, sofort militairische Hülfe requirirt und nach §. 87 des Bürgerwehr-Gesetzes in Thätigkeit gesetzt wird</p> <p>Indem ich wünsche, daß der Fall einer solchen stets bedauerlichen Nothwendigkeit nicht eintreten möge, habe ich den Magistrat und das Polizei-Präsidium von diesem Erlasse zur Nachachtung in Kenntniß gesetzt.</p> <p>Berlin, den 1. November 1848.</p> <p>Der Minister des Innern. (gez.) Eichmann.</p> <p>An den Commandeur der Bürgerwehr, Herrn Rimpel Hochwohlgeboren, hier.</p> <p> <hi rendition="#g">Bekanntmachung.</hi> </p> <p>Die Vorgänge des gestrigen Tages während der beiden Sitzungen der Nationalversammlung legen der Regierung die unabweisbare Pflicht auf, zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung und zur Verhütung und Unterdrückung ähnlicher Exzesse alle ihr zu Gebote stehenden Mittel in Anwendung zu bringen.</p> <p>Es sind demgemäß die betreffenden Behörden angewiesen worden, in allen derartigen Fällen, sobald die zunächst zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung berufene Bürgerwehrwehr dieser ihrer Aufgabe nicht rechtzeitig und vollständig genügt, sofort die bewaffnete Militairmacht zu requiriren und nach §. 78. des Bürgerwehr-Gesetzes vom 17. v. Mts. in Thätigkeit treten zu lassen. ‒ Es wird dies hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht.</p> <p>Berlin, den 1. November 1848.</p> <p>Der Minister des Innern.<hi rendition="#g">Eichmann.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar135_024" type="jArticle"> <head>Berlin.</head> <p>Auf dem Criminal-Gericht wurde gestern der Prozeß wider den Schriftsteller <hi rendition="#g">Thiele</hi> (welcher den Pseudo-Namen Leid-Brandt führt und nicht mit dem gleichnahmigen Redakteur des Publicisten zu verwechseln ist), den Buchhändler <hi rendition="#g">Schlesinger</hi> und Buchdruckereibesitzer und Stadtverordneten <hi rendition="#g">Schiemenz</hi> wegen Majestätsbeleidigung verhandelt. In einem von Thiele verfaßten Plakat sollten sich verletzende Aeußerungen über die Handlungsweise unseres Königs vorfinden, Schlesinger und Schiemenz sollten hierbei insofern betheiligt sein, als sie den Verlag und beziehungsweise den Druck des Plakats übernommen hatten. Der Gerichtshof erklärte den Hrn. Thiele zwar für schuldig, verurtheilte denselben aber nur zu 6 Monat Festungs-Arrest, weil nach seiner Ansicht die betreffenden Aeußerungen nicht geradezu Beleidigungen, sondern nur im Allgemeinen Verletzungen der Ehrfurcht, welche Jeder dem Könige schuldig sei, enthielten. Die Herren Schlesinger und Schiemenz wurden völlig freigesprochen. Der Gerichtshof schien diesmal abweichend von seiner bisherigen Ansicht von dem Grundsatz ausgegangen zu sein, daß Buchdrucker und Verleger einer verbrecherischen Schrift nicht verantwortlich seien, sobald sie, wie im vorliegenden Falle, im Stande seien, den Verfasser zu stellen. Herr Harassowitz fürhte wiederum den Vorsitz, Hr. Staatsanwalt Blumberg die Anklage, Herr <hi rendition="#g">Stieber</hi> die Vertheidigung. Der hiesige Buchhändler und Stadtverordnete Hrrr <hi rendition="#g">Springer</hi> war als Sachverständiger zu dieser für den literarischen Verkehr sehr wichtigen Verhandlung zugezogen worden und gab ein interessantes Gutachten darüber ab, in wiefern Buchhändler und Buchdrucker für den Inhalt von Druckschriften verantwortlich gemacht werden könnten.</p> <bibl>(B. Ztg.)</bibl> </div> <div xml:id="ar135_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 2. November.</head> <p>Sitzung der National-Versammlung.</p> <p>Die heutige Sitzung bietet mehr, denn die Präsidentenwahl füllt den größten Theil der Tagesordnung aus. Vor derselben wird eine Anfrage des Grüneberger Inquisitoriats mitgetheilt, „ ob man die gegen den Abgeordneten Lewysohn vor dessen Wahl bereits schwebende Criminal-Untersuchung fortsetzen oder sitiren solle?“ Geht an den bekannten Ausschuß, der sich mit all diesen Untersuchungsangelegenheiten beschäftigt.</p> <p><hi rendition="#g">Radowitz</hi> ist von Berlin zurückgekehrt, und hat seinen Platz in der Kirche wieder eingenommen.</p> <p><hi rendition="#g">Wiegard</hi> verlangt, daß die ganze Correspondenz zwischen den österreichischen Reichskommissären Mosle und Welker und dem Reichsministerium dem Hause vorgelegt werde. Der Ausschuß für die österreichischen Angelegenheiten wird hierüber ein Gutachten abgeben.</p> <p> <hi rendition="#g">Ergebniß der Präsidentenwahl.</hi> </p> <p>Motto:„Le roi est mort, vive le roi!“</p> <p>v. <hi rendition="#g">Gagern</hi> war erster Präsident. Er ist es wieder mit 310 Stimmen unter 407. (Bravo Centrum und Rechte. Gagern dankt und nimmt an. Heinrich Simon aus Breslau hatte 82. von Trützschler 7 Stimmen.</p> <p><hi rendition="#g">Simson</hi> aus Königsberg war 2. Präsident. Er ist es wieder mit 250 unter 408 Stimmen. (Beifall, Simson dankt. Kirchgessner hatte 143 Stimmen, Radowitz 1. und Jahn 1. ‒ letzterer ist also wieder einstimmig zum Vicepräsidenten gewählt. ‒ )</p> <p><hi rendition="#g">Riesser</hi> aus Hamburg war dritter Präsident ‒ und bleibt es mit 255 unter 418 Stimmen. (Simon von Breslau hatte 149, Kirchgessner 7 Stimmen. Riesser bedankt sich unter dem lauten Beifall beider Centren.</p> <p>Fortsetzung der Tagesordnung: Weitere Berathung über den Verfassungsentwurf.</p> <p>§. 11 (Art. II. Abschn. II.) wird ohne Diskussion angenommen. Er heißt:„Der Reichsgewalt steht ausschließlich das Recht des Krieges und Friedens zu.“ ‒ </p> <p>Vor der Diskussion über die folgenden Paragraphen, welche von der Wehrverfassung handeln, werden zwei Anträge gestellt. Einer von Vogt:„Die Paragraphen von der Wehrverfassung selbstständig zusammenzufassen, und zum Schluß des Entwurfs von der Reichsgewalt zur Berathung zu bringen.“ Ein ähnlicher Antrag ist vom Grafen Schwerin gestellt.</p> <p>Ueber diese Vorfrage entspinnt sich eine längere Debatte, an der Mittermaier, Vogt, Wigard, Graf Schwerin Holland und Stavenhagen sich betheiligen.</p> <p><hi rendition="#g">Röder</hi> beantragt diese aufschiebenden Anträge (von Vogt und Schwerin etc.) zur schleunigsten Begutachtung an den Verfassungsausschuß zurückzuweisen. Dieser Antrag wird angenommen und hierdurch zu schleunigstem Bericht die Anträge von Vogt, Schwerin, Schubert, Holland, Fuchs (alle formellen und verschiebenden Inhalts über die Geschäftsbehandlung des Art. III. (Wehrverfassung) an den Verfassungsausschuß zurückverwiesen. ‒ Morgen ist darüber zu berichten.</p> <p>Hierdurch ist die heutige Tagesordnung unterbrochen und beendet. Schluß der Sitzung 1/2 2 Uhr.</p> <p>Morgen um 9 Uhr Sitzung.</p> </div> <div xml:id="ar135_026" type="jArticle"> <head>Inspruck, 20. Okt.</head> <p>Tyrol ist in seinem Inneren gespalten und zerrissen, wie kaum eine andere Provinz. In Ungarn, in den slawischen Landen, stehen sich doch nur je zwei Parteien einander gegenüber, bei uns dagegen, auf dem verhältnismäßig kleinen Areale Tyrols, tritt eine dreifache Spaltung in den Wünschen und Sympathien des Volkes, scharf schneidend zu Tage. Der Nordtyroler, durch das Pfaffenregiment geknechtet, fröhnt entschieden reaktionären Tendenzen. Es wäre zu wetten, daß 3 Biertheile der Bevölkerung Deutschtyrols die Errungenschaften der März-und noch vielmehr die der Maitage als etwas Verwerfliches ansehen, daß ihnen namentlich die Preßfreiheit ein Gräuel ist, und daß sie mit Vergnügen die Rückkehr des alten Absolutismus mit seinem Gefolge von Jesuiten und Liguorianern begrüßen würden. Vergebens bemüht sich eine kleine Anzahl frei denkender Männer, dieser im Volke laut hervortretenden Gesinnung entgegen zu arbeiten. Der Einfluß der klerikalischen Partei, die der Unfreiheit offen das Wort redet, und das ungetheilte Vertrauen des Landvolkes genießt, überwiegt Alles. ‒ Eben jetzt wird in Tausenden von Exemplaren eine Druckschrift in allen Thälern des Landes verbreitet, deren in mannigfaltigen Variationen durchgeführtes Thema wörtlich lautet: „Die radikale (schlechte) Partei hat in den Märztagen zu Wien durch Revolution unserem gütigen Kaiser Religionsfreiheit, Konstitution und Preßfreiheit abgezwungen, und jetzt will sie dieselben auch uns Tyrolern aufzwingen.“ Unter dem nächsten Einflusse dieses an fanatischer Wuth alle Gränzen übersteigenden Pamphlets werden die Wahlen der neuen Vertrauensmänner zum Provinziallandtag in unseren Thälern stattfinden. Man kann sich denken, wie sie ausfallen werden. Eine ganz entgegensetzte ist die Stimmung des kleinen Ländchens Vorarlberg. Hier herrscht Liberalismus in starker, beinahe radikaler Färbung, und dabei entschiedene Hinneigung zu Deutschland. Vorarlberg hatte bisher eine von Tyrol abgesonderte provinzielle Vertretung, auf die es stolz ist, und es scheint daher zweifelhaft, ob es der dahin ergangenen Einladung, unter den obwaltenden außerordentlichen Verhältnissen sich auch seinerseits dem Innsprucker Landtage anzuschließen, und ihn mit sechszehn Deputirten aus seiner Mitte zu beschicken, Folge leisten wird. Die dritte Fraktion ist die der Südtyroler, die zunächst weder deutsch noch österreichisch, weder liberal noch servil, sondern allein und ausschließlich wälsch gesinnt, und dabei von einer unbesiegbaren Abneigung gegen Nordtyrol und besonders gegen das Innsprucker Gubernialregiment durchdrungen ist. Die Südtyroler haben sich schon von dem am letzten Mai d. J. zusammenberufenen Innsprucker Landtag fern gehalten, und es ist daher mit Gewißheit vorauszusehen, daß sie auch den jetzigen nicht beschicken werden.</p> <bibl>(Oesterr. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar135_027" type="jArticle"> <head>Pesth, 26. Oktober.</head> <p>“Jeder, der den etwaigen Befehlen Windischgrätz's Folge leistet, ist als Landesverräther zu behandeln“, so beschloß vorgestern das Repräsentantenhaus, in welchem die Ernennung des erwähnten Fürsten zum Generalissimus aller außeritalienischen Truppen Oesterreichs bedeutende Sensation erregte. Um die Bewohner der ungarischen Kronländer, namentlich die Siebenbürger, über den Stand der Dinge in Pestofen aufzuklären, und sie insbesondere zu belehren, daß kein Schreckenstribunal in Pest dominire, wurde Kemeny mit der Abfassung einer Proklamation beauftragt. Auch von einem Manifest an Europa war die Rede, doch wurde dasselbe wieder ad acta gelegt, da es nichts nützen würde; man würde die Ungarn wohl bedauern, aber ihnen nicht beistehen. Ueber die Leythaarmee wurde berichtet, sie habe den Feind angegriffen. Man spricht von bedeutenden Epurationen in diesem Officierkorps. Moga hat an einem Tage 122 Officiere entlassen, ja, ein Obrist hat einen Officier wegen Meuterei mit dem Degen erstochen. ‒ In Preßburg ist der cassirte Lieutenant Hagenbruck arretirt worden, der ‒ wie es heißt, nach seinem eigenen Geständniß ‒ von dem Temesvarer Festungskommandanten Rukawina gedungen worden seyn soll, Kossuth zu ermorden. ‒ Am Tage des neuen Bombardements von Arad (22. Oktober, wobei 7 Menschen beschädigt wurden) kam es bei Neu-Arab zu einem Gefechte zwischen Magyaren und Uhlanen; letztere sollen mit einem Verlust von 57 Mann geschlagen worden seyn, während magyarischer Seits nur 12 Todte angegeben werden.</p> <bibl>(Bl. a. B.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Polen.</head> <div xml:id="ar135_028" type="jArticle"> <head>Krakau, 28 Okt.</head> <p>Unsere Garnison hat sich bedeutend vermindert. ‒ Auf den Festungswerken der Burg sind numerirte Mörser und Kanonen in einer gewissen Richtung aufgepflanzt. ‒ So zielt Nr. 1 auf die Kirche und das Dominikanerkloster; Nr. 2 auf das Potockische Palais; Nr. 3 auf Stradom u. dgl. Auf den Wällen stehen 12 pfundige Kanonen; die Mörser sollen 60.‒90pfündig sein.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar135_029" type="jArticle"> <head><bibl><author>19</author></bibl> Paris, 1. Nov.</head> <p>Der „reine Republikaner“ Cavaignac fährt auch nach Aufhebung des Belagerungsstandes ungestört in der Unterdrückung der „Februar-Errungenschaften“ fort. Vor einigen Tagen wurde „La Republique“ im Bureau der Zeitung und auf der Post kaisrt, und gestern Abend beliebte es dem tugendhaften Diktator, das Associationsrecht durch Schließung eines socialistischen Klubs zu cassiren. Wenn man, wie Hr. Cavaignac, das Ende seiner schönen Glorie so dicht vor der Thüre weiß, so ist es freilich nicht zum Erstaunen, daß der thatendurstige Beduinenjäger wenigstens noch die letzten Tage in der vollen Herrlichkeit seiner Macht zu genießen sucht.</p> <p>Der Klub in der Rue Grenelle St. Honoré, der gestern geschlossen wurde, ist derselbe, der kürzlich eine begeisterte Adresse an die Wiener schickte; der Mediziner Banard präsidirte ihm. Es war vorher nichts von dem Beschluß Cavaignac's bekannt geworden, aber an der Saalthüre hing ein weißes Tuch mit der Inschrift: „Le club est fermé provisoirement. Réunion électorale préparatoire.“ Nach der Sitzung machte der Präsident die Mittheilung, daß der Klub nicht mehr existire, daß aber das Bureau eine Réunion zur Besprechung der Wahl des Präsidenten der Republik gegründet habe. Ein Polizeikommissär war anwesend, um sich zu überzeugen, daß der Klub „nicht mehr“ derselbe sei; Banard schlug sich selbst zum Präsidenten, und die bisherigen Mitglieder wieder für das Bureau vor, was natürlich angenommen wurde.</p> <p>Der Präsident sprach darauf über die Frage, ob die Demokraten sich an der Wahl des Präsidenten der Republik betheiligen sollten oder nicht. Es sei nicht im Interesse, vielmehr sogar von Gefahr für die demokratischen „Prinzipien.“ die Sache des Volkes in die Hände Eines Individuums zu legen; die demokratisch-socialistische Partei verlange einen Konvent! Auf der andern Seite aber sei die Betheiligung an der Wahl eine Gelegenheit, die Stärke der Partei zu zählen, und die Reaktionäre, welche von einer demokratischen Minorität sprachen, eines Andern zu belehren. Die Versammlung entschied sich einstimmig für die Betheiligung.</p> <p>Darauf trat ein Redner auf, der mit vieler Satire die Kandidatur Louis Napoleon Bonapartes kritisirte. Als er sich des Ausdrucks „Prinz“bediente, entstand in der Versammlung ein furchtbarer Tumult, der dem Präsidenten Gelegenheit gab, zu erklären, daß es allerdings noch „Prinzen“gebe, da ein Schneider in der Rue Poitiers sich „Leibschneider Sr. <hi rendition="#g">kaiserl. Hoheit</hi> des Prinzen Louis Napoleon“ nenne; übrigens schlage er vor, die Bezeichnung: Prinz als <hi rendition="#g">Brandmarkung</hi> beizubehalten. Unter großem Jubel angenommen.</p> <p>Nach einigen andern Rednern, die sich die Nothwendigkeit aussprachen, daß alle Demokraten Frankreichs sich zu Einer bestimmten Wahl vereinigten, erschien noch ein Geistlicher auf der Tribühne. Der ehrenwerthe Pater sprach sehr salbungsvoll über die Leiden des Volks, über die „Heiligkeit“ der demokratischen Prinzipien, und deducirte sodann, daß die Wahl eines Präsidenten gegen das Interesse des Volkes sei. Einige Stimmen riefen Bravo, aber von den Gallerien erscholl auf einmal der tobende Ruf der Arbeiter: „A la porte, le jesuit! A la porte!“Der Tumult legte sich erst, als der schwarze Biedermann seinen runden Hut nahm und demüthig die Thür suchte.</p> <p>Gleichzeitig fand auch in der Rue Montesquieu eine Wahlreunion zur “Kritik der Kandidatur des Prinzen Louis Bonaparte„statt, der nach seinem letzten Auftreten in der Assemble in Maueranschlägen und Karrikaturen dem Pariser Volk zum Gespött dient. In Paris werden wahrscheinlich nur die Bourgeois stimmen, und Hr. v. Girardin, dem der Prätendent ein Ministerium zugesagt, und in Korsika die Wahl in die Versammlung vorbereitet haben soll, unterstützt ihn in dieser Hinsicht auf das Eifrigste; von den Arbeitern, welche ihn in der Versammlung gewählt haben, um ihn desto schneller als imbécille zu erkennen, hat der kleine Mann mit dem „großen Namen“ nichts mehr zu erwarten.</p> <p>Die Demokraten bilden bereits Komites, welche sich über die Wahl einer Person einigen sollen, welchen dann alle Klubs ihre Stimmen geben; das Land wird ebenfalls dazugezogen. Wenn sich die Stimmen trotzdem nicht zersplittern, ist es möglich, daß die Arbeiter in der Wahl noch siegen; am wahrscheinlichsten jedoch ist, wie ich bereits geschrieben, daß die Wahl an die Versammlung zurückfallen wird, und diese Aussicht veranlaßt auch Leute wie Hr. Bugeaud, der in der Urwahl gar keine Chancen hat, als Kandidaten aufzutreten. Für wen sich die demokratischen Komites entscheiden werden, ist noch nicht vorherzusagen; in diesem Augenblicke spricht man weniger von Ledru-Rollin, als von Raspail, Cabet und ‒ Lamenais! Jedenfalls sind die Arbeiter entschlossen, mit jedem reaktionären Präsidenten „fertig zu werden.“ In der oben erwähnten Reunion der Rue Grenelle St. Honore sagte ein Redner, der auf den verunglückten Jesuiten folgte, offen im Beisein des Polizeikommissärs: „Wenn das Land im reaktionären Sinne wählt, so ist Paris da, um sich wie Ein Mann, mit Feuer und Schwert für die Sache des Volkes zu erheben.“</p> <p>Das Geld, welches in den Klubs eingeht, und angeblich für die Juni. Insurgenten bestimmt ist, soll, wie man behauptet, zum Ankauf von Waffen verwendet werden. An mehreren Orten (zwei derselben könnte ich Ihnen bezeichnen,) kauft man in der That schon seit einigen Tagen Gewehre und Schießbedarf aller Art an.</p> <p>Was ich Ihnen endlich über die feindselige Stimmung zwischen der Linie und den Mobilen schrieb, beginnt bereits durch die That bestätigt zu werden. Vorgestern und gestern Abend fand zwischen diesen Truppentheilen an der Barriere Rochechouard ein blutiger Kampf statt. Alle Versuche der Offiziere, die Streitenden zu trennen, waren vergebens. Die Liniensoldaten rannten in ihre Kaserne, um Waffen und Beistand herbeizuholen; an die Barriere zurückgekommen, riefen sie: A bas Cavaignac! A bas la garde mobile! Vive la république democratique et sociale! Die Arbeiter sahen dem Kampfe zu, ohne für einen der Streitenden Partei zu nehmen. Heute ist der Garde mobile der Besuch der Bartier eRochechouard verboten worden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Handelsnachrichten.</head> <gap reason="insignificant"/> </div> <div type="imprint"> <p>Der Gerant: <hi rendition="#g">Korff.</hi> Druck von <hi rendition="#g">J. W. Dietz,</hi> unter Hutmacher 17.</p> </div> </body> </text> </TEI> [0686/0004]
“Seht mal Kinder, die Rechte hat heute so weit links gestimmt, wie sie nur irgend konnte; deswegen aber müssen wir sie gerade todtschlagen, denn das zeigt doch, was es für erbärmliche Lumpen sind.“
Das liebe Blättchen berichtet weiter: Auch Hr. Uhlich hat beim Verlassen des Sitzungslokals eine Lektion, aber bloß Real erhalten. Er wollte die belagernden Rotten zur Ruhe mahnen, wurde erkannt, und die Freiheitsmänner schrieen: “Ist das nicht der Uhlich, der uns so lange was vorgespiegelt und dennoch immer anders gestimmt hat!„Hr. Uhlich wartete weitere Relationen nicht ab, sondern zog sich zurück. Der Umstand, daß Hr. Uhlich sich in den Sitzungen des demokratischen Centralkongresses in den Raum für die Mitglieder verirrte, ist dadurch erklärlich, daß der Lichtfreund “nicht gut in das Licht sehen kann.„ ‒ Der Haupteingang zum Sitzungslokal blieb fortwährend in den Händen des belagernden Volks, nur die Seitenausgänge wurden für die Abgeordneten von der Bürgerwehr freigemacht. Mehrere Abgeordnete mußten sogar durch die Latrinen sich entfernen. Verschiedene Thüren hatte man durch Nägel und Einschlagen von Holzpflöcken in die Schlösser zu sperren gesucht, da man nicht eindringen konnte. ‒ Dem Führer der Kompagnie der Dorotheenstraße, welche den Hauptzusammenstoß mit den Maschinenbauarbeitern hatte, wurde noch spät eine Katzenmusik gebracht, die mit einigen Verhaftungen endete.
Ferner ersehen wir aus dem Journale des Prinzen von Preußen: In der Bürgerwehr ist eine so große Spaltung, daß man befürchtet, verschiedene Bataillone würden sich in ähnlichen Fällen, wie am 31., feindlich gegenübertreten.
Endlich berichtet das Journal des Prinzen von Preußen, ohne den Extrablättern der “Kölnischen Zeitung„ vorzugreifen:
Ratibor, 1. Nov. Die Ungarn sind geschlagen.
Das Bombardement gestern Abend 5 Uhr eingestellt.
Kaiserliche Bibliothek und Mineraldepot in Brand.
Die Kaiserlichen Truppen bis zum Stephansplatz vorgerückt.
Die Proletarier, die als Urheber aller Mordthaten ermittelt worden, sind in Haft.
Die Phantasien der “Kölnischen Zeitung“bestätigen sich traurigst.
Berlin. Der Minister Eichmann hat folgendes Schreiben an den hiesigen Magistrat gerichtet:
An den wohllöblichen Magistrat hiesiger Residenz.
Die gestrigen Vorfälle setzen mich in die Lage, Erw. etc. auf die nothwendigen Folgen der ungenügenden Wirksamkeit der Bürgerwehr aufmerksam machen zu müssen.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Sturmpetitionen mehrerer tausend aufgeregter Menschen, welche das Versammlungslokal der Volksvertretung umgeben und gewissermaßen in Belagerungszustand versetzen und, theilweise mit Henkerstricken versehen, die heftigsten Drohungen ausstoßen, endlich in das Sitzungsgebäude selbst eindringen u. s. w., gegen die gesetzliche Ordnung sind, welche die Bürgerwehr zu schützen hat. Dennoch hat sich dies Alles gestern hier zugetragen, und es ist erst so spät dagegen eingeschritten worden, daß es leicht zu noch größeren Exzessen hätte kommen können.
Dem Kommando der Bürgerwehr war es bekannt, daß sich bereits um Mittag ein großer Zug auf dem Alexanderplatze gesammelt hatte und demnächst auf dem Gendarmenmarkte eine Menge von mehreren tausend Personen zusammengekommen war, welche sich nach einiger Zeit mit dem ausgesprochenen Vorsatze zurückzog, um 5 Uhr Nachmittags wieder einzutreffen und die Antwort der National-Versammlung auf eine Petition zu Gunsten des Wiener Volkes abzuwarten. Von dieser zweiten Versammlung waren die ernstlichsten Störungen der gesetzlichen Ordnung zu fürchten. Um die letztere zu schützen, war die Aufstellung ansehnlicher Abtheilungen der Bürgerwehr auf dem Gendarmenmarkte erforderlich, mit welchem man enweder den Zudrang der Massen zu verhindern oder doch den Platz zu säubern vermochte. Es scheint nun zwar an bewaffneter Macht nicht gefehlt zu haben, denn das Schauspielhaus ist mit 2 Bataillonen besetzt gewesen und außerdem sind 3 oder 4 Bataillone zusammengezogen worden; aber man hat die Menge, welche anfänglich aus etwa tausend Personen bestand und sich an den Eingängen der Abgeordneten zusammendrängte, Fackeln anzündete und sich dann, allmälig zunehmend, auf dem Platze hin und her bewegte, die National-Versammlung durch Drohungen einzuschüchtern suchte, mehrere Stunden hindurch ungehindert gewähren lassen. Inzwischen war die Haltung der Volkshaufen, die von mehreren Rednern angefeuert wurden, nicht zu weichen, bis ihren Forderungen genügt sei, immer bedrohlicher geworden. Schaaren, mit rothen Fahnen, Fackeln und Stricken versehen, hatten die sämmlichen Thüren des Schauspielhauses besetzt und ließen Niemand hinaus. Endlich erschienen die schon lange zusammengezogenen drei oder vier Bataillone vor dem Hause und machten die Eingänge frei. Dies hielt jedoch, wiewohl außerdem noch drei andere Bataillone allarmirt, also im Ganzen acht oder neun Bataillone Bürgerwehr auf den Beinen waren, nicht lange an. Die Abgeordneten, welche um 10 Uhr Abends die Sitzung verließen, mußten sich durch die Menge hindurchdrängen; mehrere derselben sind dem Vernehmen nach dabei insultirt und sogar körperlich mißhandelt worden.
Erst als sich hierauf schon ein großer Theil des Volkes verlaufen hatte, schritt die Bürgerwehr mit mehr Energie ein und stellte, nach einem Zusammenstoß mit Maschinenarbeitern, welche dazwischen treten wollten, in später Nacht die Ruhe her.
Die Verhinderung oder sofortige Unterdrückung solcher tumultuarischen Auftritte ist nirgend dringender und unerläßlicher als in der Hauptstadt, zumal, wenn sie den Charakter des Terrorismus gegen die Volksvertretung annehmen. Leider sind hier schon mehrere Vorfälle ähnlicher Art vorgekommen, welche dazu führen müssen, das Ansehen der Regierung und die Achtung vor der bewaffneten Macht, welche die gesetzliche Freiheit und Ordnung schützen soll, zu untergraben.
Unter diesen Umständen kann die Regierung ihre Verpflichtung, für die Sicherheit der Personen, für die Unabhängigkeit der Volksvertretung und für die öffentliche Ordnung zu sorgen, nicht anders erfüllen, als dadurch, daß bei Ruhestörungen in hiesiger Stadt, sobald die zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung zunächst berufene Bürgerwehr dieser ihrer Aufgabe nicht rechtzeitig und vollständig genügt, sofort militairische Hülfe requirirt und nach §. 87 des Bürgerwehr-Gesetzes in Thätigkeit gesetzt wird
Indem ich wünsche, daß der Fall einer solchen stets bedauerlichen Nothwendigkeit nicht eintreten möge, habe ich den Magistrat und das Polizei-Präsidium von diesem Erlasse zur Nachachtung in Kenntniß gesetzt.
Berlin, den 1. November 1848.
Der Minister des Innern. (gez.) Eichmann.
An den Commandeur der Bürgerwehr, Herrn Rimpel Hochwohlgeboren, hier.
Bekanntmachung.
Die Vorgänge des gestrigen Tages während der beiden Sitzungen der Nationalversammlung legen der Regierung die unabweisbare Pflicht auf, zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung und zur Verhütung und Unterdrückung ähnlicher Exzesse alle ihr zu Gebote stehenden Mittel in Anwendung zu bringen.
Es sind demgemäß die betreffenden Behörden angewiesen worden, in allen derartigen Fällen, sobald die zunächst zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung berufene Bürgerwehrwehr dieser ihrer Aufgabe nicht rechtzeitig und vollständig genügt, sofort die bewaffnete Militairmacht zu requiriren und nach §. 78. des Bürgerwehr-Gesetzes vom 17. v. Mts. in Thätigkeit treten zu lassen. ‒ Es wird dies hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
Berlin, den 1. November 1848.
Der Minister des Innern.Eichmann.
Berlin. Auf dem Criminal-Gericht wurde gestern der Prozeß wider den Schriftsteller Thiele (welcher den Pseudo-Namen Leid-Brandt führt und nicht mit dem gleichnahmigen Redakteur des Publicisten zu verwechseln ist), den Buchhändler Schlesinger und Buchdruckereibesitzer und Stadtverordneten Schiemenz wegen Majestätsbeleidigung verhandelt. In einem von Thiele verfaßten Plakat sollten sich verletzende Aeußerungen über die Handlungsweise unseres Königs vorfinden, Schlesinger und Schiemenz sollten hierbei insofern betheiligt sein, als sie den Verlag und beziehungsweise den Druck des Plakats übernommen hatten. Der Gerichtshof erklärte den Hrn. Thiele zwar für schuldig, verurtheilte denselben aber nur zu 6 Monat Festungs-Arrest, weil nach seiner Ansicht die betreffenden Aeußerungen nicht geradezu Beleidigungen, sondern nur im Allgemeinen Verletzungen der Ehrfurcht, welche Jeder dem Könige schuldig sei, enthielten. Die Herren Schlesinger und Schiemenz wurden völlig freigesprochen. Der Gerichtshof schien diesmal abweichend von seiner bisherigen Ansicht von dem Grundsatz ausgegangen zu sein, daß Buchdrucker und Verleger einer verbrecherischen Schrift nicht verantwortlich seien, sobald sie, wie im vorliegenden Falle, im Stande seien, den Verfasser zu stellen. Herr Harassowitz fürhte wiederum den Vorsitz, Hr. Staatsanwalt Blumberg die Anklage, Herr Stieber die Vertheidigung. Der hiesige Buchhändler und Stadtverordnete Hrrr Springer war als Sachverständiger zu dieser für den literarischen Verkehr sehr wichtigen Verhandlung zugezogen worden und gab ein interessantes Gutachten darüber ab, in wiefern Buchhändler und Buchdrucker für den Inhalt von Druckschriften verantwortlich gemacht werden könnten.
(B. Ztg.) !!! Frankfurt, 2. November. Sitzung der National-Versammlung.
Die heutige Sitzung bietet mehr, denn die Präsidentenwahl füllt den größten Theil der Tagesordnung aus. Vor derselben wird eine Anfrage des Grüneberger Inquisitoriats mitgetheilt, „ ob man die gegen den Abgeordneten Lewysohn vor dessen Wahl bereits schwebende Criminal-Untersuchung fortsetzen oder sitiren solle?“ Geht an den bekannten Ausschuß, der sich mit all diesen Untersuchungsangelegenheiten beschäftigt.
Radowitz ist von Berlin zurückgekehrt, und hat seinen Platz in der Kirche wieder eingenommen.
Wiegard verlangt, daß die ganze Correspondenz zwischen den österreichischen Reichskommissären Mosle und Welker und dem Reichsministerium dem Hause vorgelegt werde. Der Ausschuß für die österreichischen Angelegenheiten wird hierüber ein Gutachten abgeben.
Ergebniß der Präsidentenwahl.
Motto:„Le roi est mort, vive le roi!“
v. Gagern war erster Präsident. Er ist es wieder mit 310 Stimmen unter 407. (Bravo Centrum und Rechte. Gagern dankt und nimmt an. Heinrich Simon aus Breslau hatte 82. von Trützschler 7 Stimmen.
Simson aus Königsberg war 2. Präsident. Er ist es wieder mit 250 unter 408 Stimmen. (Beifall, Simson dankt. Kirchgessner hatte 143 Stimmen, Radowitz 1. und Jahn 1. ‒ letzterer ist also wieder einstimmig zum Vicepräsidenten gewählt. ‒ )
Riesser aus Hamburg war dritter Präsident ‒ und bleibt es mit 255 unter 418 Stimmen. (Simon von Breslau hatte 149, Kirchgessner 7 Stimmen. Riesser bedankt sich unter dem lauten Beifall beider Centren.
Fortsetzung der Tagesordnung: Weitere Berathung über den Verfassungsentwurf.
§. 11 (Art. II. Abschn. II.) wird ohne Diskussion angenommen. Er heißt:„Der Reichsgewalt steht ausschließlich das Recht des Krieges und Friedens zu.“ ‒
Vor der Diskussion über die folgenden Paragraphen, welche von der Wehrverfassung handeln, werden zwei Anträge gestellt. Einer von Vogt:„Die Paragraphen von der Wehrverfassung selbstständig zusammenzufassen, und zum Schluß des Entwurfs von der Reichsgewalt zur Berathung zu bringen.“ Ein ähnlicher Antrag ist vom Grafen Schwerin gestellt.
Ueber diese Vorfrage entspinnt sich eine längere Debatte, an der Mittermaier, Vogt, Wigard, Graf Schwerin Holland und Stavenhagen sich betheiligen.
Röder beantragt diese aufschiebenden Anträge (von Vogt und Schwerin etc.) zur schleunigsten Begutachtung an den Verfassungsausschuß zurückzuweisen. Dieser Antrag wird angenommen und hierdurch zu schleunigstem Bericht die Anträge von Vogt, Schwerin, Schubert, Holland, Fuchs (alle formellen und verschiebenden Inhalts über die Geschäftsbehandlung des Art. III. (Wehrverfassung) an den Verfassungsausschuß zurückverwiesen. ‒ Morgen ist darüber zu berichten.
Hierdurch ist die heutige Tagesordnung unterbrochen und beendet. Schluß der Sitzung 1/2 2 Uhr.
Morgen um 9 Uhr Sitzung.
Inspruck, 20. Okt. Tyrol ist in seinem Inneren gespalten und zerrissen, wie kaum eine andere Provinz. In Ungarn, in den slawischen Landen, stehen sich doch nur je zwei Parteien einander gegenüber, bei uns dagegen, auf dem verhältnismäßig kleinen Areale Tyrols, tritt eine dreifache Spaltung in den Wünschen und Sympathien des Volkes, scharf schneidend zu Tage. Der Nordtyroler, durch das Pfaffenregiment geknechtet, fröhnt entschieden reaktionären Tendenzen. Es wäre zu wetten, daß 3 Biertheile der Bevölkerung Deutschtyrols die Errungenschaften der März-und noch vielmehr die der Maitage als etwas Verwerfliches ansehen, daß ihnen namentlich die Preßfreiheit ein Gräuel ist, und daß sie mit Vergnügen die Rückkehr des alten Absolutismus mit seinem Gefolge von Jesuiten und Liguorianern begrüßen würden. Vergebens bemüht sich eine kleine Anzahl frei denkender Männer, dieser im Volke laut hervortretenden Gesinnung entgegen zu arbeiten. Der Einfluß der klerikalischen Partei, die der Unfreiheit offen das Wort redet, und das ungetheilte Vertrauen des Landvolkes genießt, überwiegt Alles. ‒ Eben jetzt wird in Tausenden von Exemplaren eine Druckschrift in allen Thälern des Landes verbreitet, deren in mannigfaltigen Variationen durchgeführtes Thema wörtlich lautet: „Die radikale (schlechte) Partei hat in den Märztagen zu Wien durch Revolution unserem gütigen Kaiser Religionsfreiheit, Konstitution und Preßfreiheit abgezwungen, und jetzt will sie dieselben auch uns Tyrolern aufzwingen.“ Unter dem nächsten Einflusse dieses an fanatischer Wuth alle Gränzen übersteigenden Pamphlets werden die Wahlen der neuen Vertrauensmänner zum Provinziallandtag in unseren Thälern stattfinden. Man kann sich denken, wie sie ausfallen werden. Eine ganz entgegensetzte ist die Stimmung des kleinen Ländchens Vorarlberg. Hier herrscht Liberalismus in starker, beinahe radikaler Färbung, und dabei entschiedene Hinneigung zu Deutschland. Vorarlberg hatte bisher eine von Tyrol abgesonderte provinzielle Vertretung, auf die es stolz ist, und es scheint daher zweifelhaft, ob es der dahin ergangenen Einladung, unter den obwaltenden außerordentlichen Verhältnissen sich auch seinerseits dem Innsprucker Landtage anzuschließen, und ihn mit sechszehn Deputirten aus seiner Mitte zu beschicken, Folge leisten wird. Die dritte Fraktion ist die der Südtyroler, die zunächst weder deutsch noch österreichisch, weder liberal noch servil, sondern allein und ausschließlich wälsch gesinnt, und dabei von einer unbesiegbaren Abneigung gegen Nordtyrol und besonders gegen das Innsprucker Gubernialregiment durchdrungen ist. Die Südtyroler haben sich schon von dem am letzten Mai d. J. zusammenberufenen Innsprucker Landtag fern gehalten, und es ist daher mit Gewißheit vorauszusehen, daß sie auch den jetzigen nicht beschicken werden.
(Oesterr. Z.) Ungarn. Pesth, 26. Oktober. “Jeder, der den etwaigen Befehlen Windischgrätz's Folge leistet, ist als Landesverräther zu behandeln“, so beschloß vorgestern das Repräsentantenhaus, in welchem die Ernennung des erwähnten Fürsten zum Generalissimus aller außeritalienischen Truppen Oesterreichs bedeutende Sensation erregte. Um die Bewohner der ungarischen Kronländer, namentlich die Siebenbürger, über den Stand der Dinge in Pestofen aufzuklären, und sie insbesondere zu belehren, daß kein Schreckenstribunal in Pest dominire, wurde Kemeny mit der Abfassung einer Proklamation beauftragt. Auch von einem Manifest an Europa war die Rede, doch wurde dasselbe wieder ad acta gelegt, da es nichts nützen würde; man würde die Ungarn wohl bedauern, aber ihnen nicht beistehen. Ueber die Leythaarmee wurde berichtet, sie habe den Feind angegriffen. Man spricht von bedeutenden Epurationen in diesem Officierkorps. Moga hat an einem Tage 122 Officiere entlassen, ja, ein Obrist hat einen Officier wegen Meuterei mit dem Degen erstochen. ‒ In Preßburg ist der cassirte Lieutenant Hagenbruck arretirt worden, der ‒ wie es heißt, nach seinem eigenen Geständniß ‒ von dem Temesvarer Festungskommandanten Rukawina gedungen worden seyn soll, Kossuth zu ermorden. ‒ Am Tage des neuen Bombardements von Arad (22. Oktober, wobei 7 Menschen beschädigt wurden) kam es bei Neu-Arab zu einem Gefechte zwischen Magyaren und Uhlanen; letztere sollen mit einem Verlust von 57 Mann geschlagen worden seyn, während magyarischer Seits nur 12 Todte angegeben werden.
(Bl. a. B.) Polen. Krakau, 28 Okt. Unsere Garnison hat sich bedeutend vermindert. ‒ Auf den Festungswerken der Burg sind numerirte Mörser und Kanonen in einer gewissen Richtung aufgepflanzt. ‒ So zielt Nr. 1 auf die Kirche und das Dominikanerkloster; Nr. 2 auf das Potockische Palais; Nr. 3 auf Stradom u. dgl. Auf den Wällen stehen 12 pfundige Kanonen; die Mörser sollen 60.‒90pfündig sein.
Französische Republik. 19 Paris, 1. Nov. Der „reine Republikaner“ Cavaignac fährt auch nach Aufhebung des Belagerungsstandes ungestört in der Unterdrückung der „Februar-Errungenschaften“ fort. Vor einigen Tagen wurde „La Republique“ im Bureau der Zeitung und auf der Post kaisrt, und gestern Abend beliebte es dem tugendhaften Diktator, das Associationsrecht durch Schließung eines socialistischen Klubs zu cassiren. Wenn man, wie Hr. Cavaignac, das Ende seiner schönen Glorie so dicht vor der Thüre weiß, so ist es freilich nicht zum Erstaunen, daß der thatendurstige Beduinenjäger wenigstens noch die letzten Tage in der vollen Herrlichkeit seiner Macht zu genießen sucht.
Der Klub in der Rue Grenelle St. Honoré, der gestern geschlossen wurde, ist derselbe, der kürzlich eine begeisterte Adresse an die Wiener schickte; der Mediziner Banard präsidirte ihm. Es war vorher nichts von dem Beschluß Cavaignac's bekannt geworden, aber an der Saalthüre hing ein weißes Tuch mit der Inschrift: „Le club est fermé provisoirement. Réunion électorale préparatoire.“ Nach der Sitzung machte der Präsident die Mittheilung, daß der Klub nicht mehr existire, daß aber das Bureau eine Réunion zur Besprechung der Wahl des Präsidenten der Republik gegründet habe. Ein Polizeikommissär war anwesend, um sich zu überzeugen, daß der Klub „nicht mehr“ derselbe sei; Banard schlug sich selbst zum Präsidenten, und die bisherigen Mitglieder wieder für das Bureau vor, was natürlich angenommen wurde.
Der Präsident sprach darauf über die Frage, ob die Demokraten sich an der Wahl des Präsidenten der Republik betheiligen sollten oder nicht. Es sei nicht im Interesse, vielmehr sogar von Gefahr für die demokratischen „Prinzipien.“ die Sache des Volkes in die Hände Eines Individuums zu legen; die demokratisch-socialistische Partei verlange einen Konvent! Auf der andern Seite aber sei die Betheiligung an der Wahl eine Gelegenheit, die Stärke der Partei zu zählen, und die Reaktionäre, welche von einer demokratischen Minorität sprachen, eines Andern zu belehren. Die Versammlung entschied sich einstimmig für die Betheiligung.
Darauf trat ein Redner auf, der mit vieler Satire die Kandidatur Louis Napoleon Bonapartes kritisirte. Als er sich des Ausdrucks „Prinz“bediente, entstand in der Versammlung ein furchtbarer Tumult, der dem Präsidenten Gelegenheit gab, zu erklären, daß es allerdings noch „Prinzen“gebe, da ein Schneider in der Rue Poitiers sich „Leibschneider Sr. kaiserl. Hoheit des Prinzen Louis Napoleon“ nenne; übrigens schlage er vor, die Bezeichnung: Prinz als Brandmarkung beizubehalten. Unter großem Jubel angenommen.
Nach einigen andern Rednern, die sich die Nothwendigkeit aussprachen, daß alle Demokraten Frankreichs sich zu Einer bestimmten Wahl vereinigten, erschien noch ein Geistlicher auf der Tribühne. Der ehrenwerthe Pater sprach sehr salbungsvoll über die Leiden des Volks, über die „Heiligkeit“ der demokratischen Prinzipien, und deducirte sodann, daß die Wahl eines Präsidenten gegen das Interesse des Volkes sei. Einige Stimmen riefen Bravo, aber von den Gallerien erscholl auf einmal der tobende Ruf der Arbeiter: „A la porte, le jesuit! A la porte!“Der Tumult legte sich erst, als der schwarze Biedermann seinen runden Hut nahm und demüthig die Thür suchte.
Gleichzeitig fand auch in der Rue Montesquieu eine Wahlreunion zur “Kritik der Kandidatur des Prinzen Louis Bonaparte„statt, der nach seinem letzten Auftreten in der Assemble in Maueranschlägen und Karrikaturen dem Pariser Volk zum Gespött dient. In Paris werden wahrscheinlich nur die Bourgeois stimmen, und Hr. v. Girardin, dem der Prätendent ein Ministerium zugesagt, und in Korsika die Wahl in die Versammlung vorbereitet haben soll, unterstützt ihn in dieser Hinsicht auf das Eifrigste; von den Arbeitern, welche ihn in der Versammlung gewählt haben, um ihn desto schneller als imbécille zu erkennen, hat der kleine Mann mit dem „großen Namen“ nichts mehr zu erwarten.
Die Demokraten bilden bereits Komites, welche sich über die Wahl einer Person einigen sollen, welchen dann alle Klubs ihre Stimmen geben; das Land wird ebenfalls dazugezogen. Wenn sich die Stimmen trotzdem nicht zersplittern, ist es möglich, daß die Arbeiter in der Wahl noch siegen; am wahrscheinlichsten jedoch ist, wie ich bereits geschrieben, daß die Wahl an die Versammlung zurückfallen wird, und diese Aussicht veranlaßt auch Leute wie Hr. Bugeaud, der in der Urwahl gar keine Chancen hat, als Kandidaten aufzutreten. Für wen sich die demokratischen Komites entscheiden werden, ist noch nicht vorherzusagen; in diesem Augenblicke spricht man weniger von Ledru-Rollin, als von Raspail, Cabet und ‒ Lamenais! Jedenfalls sind die Arbeiter entschlossen, mit jedem reaktionären Präsidenten „fertig zu werden.“ In der oben erwähnten Reunion der Rue Grenelle St. Honore sagte ein Redner, der auf den verunglückten Jesuiten folgte, offen im Beisein des Polizeikommissärs: „Wenn das Land im reaktionären Sinne wählt, so ist Paris da, um sich wie Ein Mann, mit Feuer und Schwert für die Sache des Volkes zu erheben.“
Das Geld, welches in den Klubs eingeht, und angeblich für die Juni. Insurgenten bestimmt ist, soll, wie man behauptet, zum Ankauf von Waffen verwendet werden. An mehreren Orten (zwei derselben könnte ich Ihnen bezeichnen,) kauft man in der That schon seit einigen Tagen Gewehre und Schießbedarf aller Art an.
Was ich Ihnen endlich über die feindselige Stimmung zwischen der Linie und den Mobilen schrieb, beginnt bereits durch die That bestätigt zu werden. Vorgestern und gestern Abend fand zwischen diesen Truppentheilen an der Barriere Rochechouard ein blutiger Kampf statt. Alle Versuche der Offiziere, die Streitenden zu trennen, waren vergebens. Die Liniensoldaten rannten in ihre Kaserne, um Waffen und Beistand herbeizuholen; an die Barriere zurückgekommen, riefen sie: A bas Cavaignac! A bas la garde mobile! Vive la république democratique et sociale! Die Arbeiter sahen dem Kampfe zu, ohne für einen der Streitenden Partei zu nehmen. Heute ist der Garde mobile der Besuch der Bartier eRochechouard verboten worden.
Handelsnachrichten. _ Der Gerant: Korff. Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher 17.
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