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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 133. Köln, 3. November 1848.

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[Deutschland]

[Fortsetzung] einem hauptsächlichsten Vertheidigungspunkte bestimmt hatte, so daß man für die zahlreichen darin aufgehäuften Güter sehr besorgt gewesen war. Der Gloggnitzer Bahnhof war sehr lebhaft vertheidigt, aber noch im Laufe des 28. von den Truppen genommen, so wie die ganzen äußern Linien der Süd- und Ostseite, auch der Vorstadt Wieden, welche einer der Hauptsitze der Widerstandspartei sein soll. In der Landstraße hatten die Jäger, wie man sagte, in 3 Stunden 30 Barrikaden genommen; besonders soll sich das Regiment Nassau (von dem am 6. Oktober einige Kompagnien Widerstand gezeigt hatten) ausgezeichnet haben. In den Vorstädten Landstraße und Lerchenfeld, erzählte man, seien die Truppen von den Einwohnern selbst begünstigt und von Frauen mit Blumen empfangen worden. Viele Nationalgardisten sollen die Waffen weggeworfen und eine große Anzahl Waffen im Kanale gefunden worden sein; die Arbeiter zeigten dagegen große Tapferkeit; man wollte keine Studenten bemerkt haben, und Manche vermutheten daraus, dieselben hätten nur ihre besondern Kennzeichen, Stürmer und dergleichen, abgelegt, um nicht erkannt zu werden. Bomben waren, allem Anschein nach, nur sehr wenige in die Stadt geworfen, hauptsächlich gegen die Aula, als Vorspiel des Angriffs. Dagegen hatten einige Granaten und Raketen, namentlich in der Vorstadt Wieden, gezündet. Auch sah man die große kostbare Maschinenfabrik am Gloggnitzer Bahnhof in Flammen stehen.

In der Nacht zum 29. hörte man nur vereinzeltes Feuern; während derselben wurde das Belvedere und der Schwarzenbergische Garten, so wie die ganze Jägerzeile und Leopold-Vorstadt, von den kaiserl. Truppen, wie es scheint, ohne großen Widerstand, besetzt, so daß die Städtischen an der südlichen und östlichen Seite beinahe auf die innere Stadt beschränkt waren. In den Vorstädten erklärten die Offiziere, der Fürst habe dieselben hauptsächlich darum besetzen lassen, um sie bei einem etwa nothwendig werdenden Bombardement schonen und bei einem Kampf um die innere Stadt den Bürgern, die am Kampf nicht Theil nehmen wollten, eine Zufluchtsstätte anweisen zu können.

Am Morgen des 29. hatte man eine Deputation von Parlamentären auf drei Wegen aus der Stadt hinaus nach dem Hauptquartier kommen sehen und wollte wissen, daß dieselben noch von da dem Fürsten Windischgrätz nachgeeilt seien, welcher auf eine Rekognoszirung gegen die Ungarn ausgeritten war. Ueber das Resultat war noch nichts bekannt. Erzählt wurde, General Bem und die Studenten hätten erklärt, sie würden sich bis auf den letzten Mann vertheidigen.

Die Ungarn hielten sich fortwährend ruhig; sie waren während des Kampfes in die Nähe der Stadt gerückt, sollen sich aber wieder nach Bruck zurückgezogen haben. Einen Angriff hatten sie jedenfalls nicht gemacht, obgleich eine große, aus der Stadt aufsteigende Rauchsäule als ein Hülferuf angesehen wurde.

Um 2 1/2 Uhr, bei Abgang der letzten Nachricht, hörte man wieder Kanonendonner.

(Preuß. St.-Anz.)
Florisdorf, 27. Oktober.

Im Allgemeinen hat sich im Stande der Feindseligkeiten noch wenig geändert. Vor Allem hat es sich gezeigt, daß die Dampfmühle nicht abgebrannt ist. Eben so soll das k. Luftschloß im Augarten unversehrt, und nur das "Universum" in der Brigittenau abgebrannt sein.

Der Bahnhof ist vom General Wiesner besetzt und gegen die Jägerzeile hin mit den dort eingelagerten Wollballen und Getreidesäcken geschützt. Von der sehr starken Barricade am Ende der Jägerzeile wurde fortwährend ein lebhaftes Feuer gegen den Bahnhof, so wie gegen den gegenüberliegenden, vom Militär besetzten Garten unterhalten. Aus dem großen Eckhause der Jägerzeile und Franzbrücken-Allee wurde von den steyrischen freiwilligen Scharfschützen aus ihren ausgezeichneten Büchsen viel geschossen, wogegen dieses Haus vom Militär ebenfalls mit Kanonen beschossen wurde.

Hauptmann Stocka, Besitzer von Napajedl, parlamentirte mit der Besatzung der genannten Barricade und suchte sie durch allerlei Vorstellungen zum Abzuge zu bewegen, allein vergeblich.

In der Aue zwischen den Brücken ist ein Militärspital eingerichtet.

Die Zuckerfabrik des Hrn. Zinner, in der Nähe des Donaucanals, soll abgebrannt seyn.

In der Stadt herrscht wenig Störung, indem man sich bereits an die täglichen Affairen gewöhnt hat und der festen Meinung ist, derselben könne nichts angehabt werden.

Das Militär soll an Munition Mangel leiden und erwartet mit Ungeduld die neuen Zufuhren von Olmütz und Prag.

Heut wurde von Florisdorf über die ärarische Donaubrücke Proviant in den Bahnhof geführt.

Von der Westseite Wiens erfährt man nichts, doch soll dort noch kein Angriff stattgefunden haben.

Heute kam Pillersdorff, Krauß und Fischhof vom Kaiser, - man sagt, unverrichteter Dinge - zurück.

Jeder Passagier, welcher von hieraus auf der Eisenbahn weiter reisen will, muß sich mit einem von dem hier stationirten Hauptmann ausgestellten Geleitsschein ausweisen. Uebrigens ist der Betrieb nirgends gestört und die ganze Bahn von hier bis Prag - mit Ausnahme der Lundenburg-Brünner Strecke - noch vom Militär bewacht.

Es bestätigt sich, daß das fünfte Jägerbataillon bei Nußdorf sehr gelitten habe.

(C. Bl. a. B.)
Prag, 27. Oktbr.

Für heute steht in Prag die Erstürmung der Buchhandlung des Abg. Borrosch bevor, eine wahrscheinlich durch die gestern von der Lipa Slowanska berufene Volksversammlung ausgeheckte Idee. Das Militär ist in den Kasernen konsignirt. Gestern bemerkte man vom Lorenzberge Feuer in der Gegend der deutsch-böhmischen Kreise, man erzählt von einem Landsturm der Deutschen nach Wien. - Der mährische Landtag beräth in Brünn eine Gemeinde-Ordnung; doch wehren sie sich dort heftig gegen jede Vereinigung Mährens mit Böhmen.

In Olmütz erscheinen täglich Hanaken mit ellenlangen Kuchen, die sie dem Kaiser schenken, sie fallen ihm zu Füßen aus Dankbarkeit für die genehmigte Aufhebung der bäuerlichen Lasten. Nordschlesien ist minder loyal. Bei Johannisberg hat sich das Landvolk mit einer Art Partisanen bewaffnet, um den Wienern beim ersten Rufe zu Hülfe zu eilen. Die Demokraten des angränzenden Preußisch Schlesien haben hierzu viel beigetragen. Vier Gemeinden haben bereits die Steuern verweigert und erklärt, daß bei der künftigen Rekrutirung kein Mann von ihnen gestellt werden wird, bis der Kaiser Wien freigegeben hat. Bielitz, Jägerndorf und Teschen sind die Hauptpunkte dieser Bewegung. - Stadion ist in Kremsier, um die Anordnungen für den Reichstag zu treffen.

Die Ungarn sollen von Bruck aufgebrochen und den linken Flügel von Jellachich angegriffen haben.

Jellachich hat an die Lipa Slowanska ein Schreiben erlassen, worin er sagt, daß er zum Schutze des Slaventhums gegen Wien kämpft.

(A. D.-Z.)
Teplitz, 27. Okt.

Unter den in den umliegenden Ortschaften Bilin, Dur, Kulm, Karbitz, Türmitz etc. stationirten Palatinal husaren sind in den jüngsten Tagen mehrfache Desertionen vorgekommen. Heute Morgen zwischen 3-4 Uhr ritt abermals eine Abtheilung, wohl 30-40 Mann stark, mit gezogenem Säbel und gespanntem Pistol mitten durch Teplitz, um ihren bedrängten Landsleuten zu Hülfe zu ziehen. Bei den Offizieren dieses Regiments, das übrigens fast nur aus Magyaren besteht, scheinen die ungarischen Sympathien weniger stark zu sein, wenigstens sollen bis jetzt unter ihnen nur 2 bis 3 Desertionsfälle vorgekommen sein.

Nachschrift, 7 ein halb Uhr Abends. In diesem Augenblicke ziehen durch Teplitz 120 Husaren, sie kommen von Brür und ziehen in der Richtung von Tetschen weiter. Sie rufen Adieu und Eljen.

In Königseck (an der mährischen Gränze) wurden am 22. Nachts 55 flüchtige Husaren von Soldaten umzingelt und mußten sich ergeben. Ein Offizier (nach andern ein Wachtmeister) wurde erschossen. Auch in Tabor rückten Tags vorher Militär, Garden und Schützen aus, um eine von Mühlhausen her ziehende Husarenabtheilung festzuhalten, man wartete aber vergebens, da die Deserteure wahrscheinlich eine andere Richtung genommen hatten.

(Cst. Bl. a. B.)
!!! Frankfurt, 31. Oktober.

Sitzung der Nationalversammlung. Präsident von Gagern.

Tagesordnung: Berathung über den Entwurf der Verfassung. Abschnitt I. §. 6 und Abschnitt II. §. 7. ff.

Vor der Tagesordnung.

Präsident: Viele Mitglieder der Linken, Nauwerk, Vogt, Scharre, Schaffrath, Rösler von Oels u. s. w., etwa 40-50, erklären schriftlich zu Protokoll, daß sie seit 14 Tagen sich vergebens bemüht haben, die deutsche Nationalversammlung zu den in der österreichischen Angelegenheit wichtigsten Maßregeln zu bewegen, als: Fortweisung der Croaten vom deutschen Boden, Entsetzung Wien's u. s. w. (Viele Mitglieder der Linken treten noch mündlich bei). Folgen Flottenbeiträge, u. a. von den Preußen in Petersburg, von den Deutschen zu Bombay in Westindien (300 Thlr.)

Pagenstecher (für den volkswirthschaftlichen Ausschuß) erstattet einen Bericht über Anträge und Petitionen, für Medizinal- und Apothekenwesen, Homöophatie, allgemeine deutsche Pharmakopoe etc.

Der Ausschuß erkennt diese Angelegenheiten für wichtig, aber nicht zur Beschäftigung für die Nationalversammlung geeignet.

Fuchs (im Namen des Prioritäts Ausschusses) kündigt den Bericht über den Jahn'schen Antrag an: "Die ganze Linke in Anklagezustand zu versetzen, resp. zu excludiren und Neuwahlen vorzunehmen."

Der Ausschuß beantragt in Erwägung der Unstatthaftigkeit und Ungehörigkeit (resp. Erbarmungswürdigkeit) solcher Anträge zur motivirten Tagesordnung überzugehen.

von Vinke (für den Ausschuß der Geschäftsordnung) zeigt an, daß die neue Disciplinarordnung (14 §§.) fertig geworden ist.

Der Ausschuß bittet, dieselbe auf eine der nächsten Tagesordnungen zu setzen, weil leider immer wieder undisziplinarisches Verfahren der Abgeordneten vorkommt.

Biedermann interpellirt den Justiz-Minister wegen partikularistischer Handlungen der sächsischen Kammer und Regierung.

Minister von Mohl hat hierüber bei der sächsischen Regierung schon angefragt und wird wohl nächsten Montag die Sache erledigen können.

Höfken interpellirt den Minister des Aeußern wegen einer Menge von Angelegenheiten, Limburg betreffend. (Die Interpellation geht an den Minister.)

Förster von Lünfeld stellt den dringlichen Antrag, das Ministerium solle so schnell wie möglich ein ausführliches Ministerprogramm vorlegen, wie dies bei konstitutionellen Regierungen Sitte, und auch vom Ministerium längst versprochen ist.

Der Antrag ist von Eisenmann, Günter und etwa 30 andern unterstützt, wird aber nicht als dringlich erkannt. Er geht den bekannten Weg (alles Fleisches) in die Ausschüsse.

Tagesordnung.

§. 6. (Abschnitt I.) lautet: "Die einzelnen deutschen Staaten behalten ihre Selbstständigkeit, soweit dieselbe nicht durch die Reichsverfassung beschränkt ist; sie haben alle staatlichen Hoheiten und Rechte, soweit diese nicht der Reichsgewalt ausdrücklich übertragen sind."

Nachdem hierzu viele Amendements verlesen sind, (von denen doch keines angenommen wird) beginnt die Debatte mit Herrn Moritz Mohl: Er spricht gegen den Entwurf, und hat dem §. 6 eine andere Fassung gegeben. Der Eindruck, sagt er, den der Verfassungsentwurf auf mich gemacht hat, ist der, daß bewußt oder unbewußt der Verfassungsausschuß sich die Aufgabe gestellt, die Einrichtungen der Partikularstaaten soviel als möglich beizubehalten. - So vornehmlich im gegenwärtigen §.

Makowiczka (Oesterreich). Für den §. des Entwurfs mit einigen Verbesserungen, welche formelle Mißverständnisse des §. verhüten sollen. (Bravo!) Schluß! Schluß! Die Debatte hat ja schon so lange gedauert. Hinter den Worten des §. "soweit diese nicht der Reichsgewalt" (S. o.) will er eingeschaltet: "nach der Reichsgesetzgebung." -

Nachdem noch Claussen aus Kiel gegen den Paragraphen des Entwurfs und Schierenberg aus Detmold mit wenigen Worten für die unveränderte Annahme desselben gesprochen, auch noch drei Amendements verlesen, wird diese kühle Debatte geschlossen.

Mittermaier spricht als Berichterstatter für den Entwurf. (Lavatrix parlamentaris nennt ihn die Carrikatur.) Die Mediatisirungsfragen will er alle ausgeschlossen haben.

Herr Demel aus Teschen unter andern beantragt sehr kurz: "Alle Fürsten deren Staaten weniger als 6 Millionen Einwohner haben, sind mediatisirt." (Anhaltendes Gelächter.)

Vor der Abstimmung über §. 6. wird eine Erklärung zu Protokoll angenommen, nach welcher durch die Beschlüsse des §. 6 die Mediatisirungs-Fragen (die einer nochmaligen Begutachtung des Ausschusses zugewiesen) nicht ausgeschlossen sind, sondern später noch zur Berathung kommen.

Der §. 6 nach der Fassung des Ausschusses (S. o.) wird angenommen.

Abschnitt II. (Art. I.) §. 7.

"Die Reichsgewalt übt dem Auslande gegenüber die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten ausschließlich aus."

"Die Reichsgewalt stellt Gesandte und Consuln an. Sie führt den diplomatischen Verkehr, schließt die Bündnisse und Verträge mit dem Auslande, namentlich auch die Handels- und Schiffahrtsverträge, so wie die Auslieferungsverträge ab. - Sie ordnet alle völkerrechtlichen Maßregeln an."

§. 8. "Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen oder solche zu halten, mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupte."

Hierzu das Minoritätserachten: "Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, Gesandte zu empfangen, oder solche zu halten. (Ahrens. Blum. Schüler. Wigard.)

Hierzu die übliche Anzahl Amendements. Ueber §. 7 und 8 zusammen beschließt man die Diskussion. Die Diskussion beginnt mit

Wigard, der gegen die Paragraphen des Entwurfs spricht. (Die Vertreter verlassen colonnenweise das Haus). Wigard spricht für das Minoritätserachten zu §. 8, welches radikaler als der §. ist, und den Einzelstaaten alle und jeden Gesandten abspricht. Die Gesandtschaften sollen nicht mehr Versorgungsanstalten für adlige Sprößlinge sein (Bravo).

von Linde (der berühmte Staatsrath aus Mainz) für die Paragraphen. (Das Haus wird noch leerer. Linde leert die Galerien auf die friedlichste Art, er spricht - und es wird leer.)

Wurm aus Hamburg spricht für das Minoritätserachten wie Wigard. Ich habe keinen Begriff von einem Bundesstaat, meint er, in welchem Gesandte bei der Reichsgewalt (wie §. 8 will) nöthig sind. Dies wäre nichts anders als der Bundestag. Den Ausdruck "ständige Gesandte" im §. 8 nennt er einen unglücklichen (Bravo! Schluß!)

Schubert (Professor aus Königsberg) für die §.§. des Entwurfs. Geht auf eine historische Entwickelung der Gesandtschaften ein. Die Selbstständigkeit der einzelnen Staaten (welche anerkannt ist) erfordert die Annahme des §. 8; das ist die Beibehaltung der Gesandtschaften der Einzelstaaten bei der Centralgewalt. In unsern diplomatischen Verhältnissen haben wir Rücksichten aufs Ausland zu nehmen. (Rechts: Sehr richtig!) Schluß! - Schluß wird heftig verlangt.

Jordan aus Gollnov. Meine Herren, ich will Sie nicht ermüden, ich bin für den Wegfall der Worte (§. 8) "mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupt", dagegen bitte ich Sie den Ausdruck: "ständige Gesandte" beizubehalten.

Schluß der Debatte. - Berichterstatter Mittermaier für den Ausschuß. Bei der Abstimmung wird zuvörderst §. 7 (wie oben) einstimmig angenommen. Bei §. 8 wird das Minoritätserachten durch Zettelabstimmung mit 197 Stimmen gegen 194 verworfen. (Sensation links. 3 Stimmen Majorität.)

Hierauf wird der erste Theil des §. 8, "die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen, und solche zu halten" angenommen; dagegen der zweite Theil: "mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupt" verworfen.

Ein Amendement dafür von Rösler aus Oels: "mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten bei der Reichsgewalt", soll zur Abstimmung kommen. (Rösler zieht es unter großer Heiterkeit zurück, und somit wäre das eben verworfene Minoritätserachten mit einigen Umständen doch angenommen, oder Graf Wartensleben verdirbt die Freude, indem er das Rösler'sche Amendement wieder aufnimmt. Es wird aber nun in der Abstimmung dennoch verworfen. (Großes Gelächter links). Ein 2tes Amendement Rösler's von Oels: "Auch dürfen sie (die Einzelstaaten) keine besondern Consuln halten. Die auswärtigen Consuln erhalten ihr Exsequatur nur von der Reichsgewalt" wird mit 239 Stimmen gegen 155 verworfen.

§. 8. lautet demnach: "Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen, oder solche zu halten" Es ist 3/42 Uhr.

Einzelne Stimmen rufen Vertagung. Die große Mehrheit verwirft die Vertagung, - man hat zu gut gefrühstückt. - Man geht zu §. 9.

§. 9. "Die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, Verträge mit andern deutschen Regierungen abzuschließen.

Ihre Befugniß zu Verträgen mit nicht deutschen Regierungen beschränkt sich auf Gegenstände des Privatrechts, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei."

Minoritäts-Erachten. "Vor dem Worte Polizei im 2. Satz ist das Wort niederen einzuschalten." (Wigard, Blum, Schüler.)

§. 10. "Alle nicht rein privatrechtlichen Verträge, welche eine deutsche Regierung mit einer andern deutschen oder nichtdeutschen abschließt, sind der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen."

Minoritäts-Erachten. Statt der §§. 9 und 10 heiße es: "die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, bezüglich der sie betreffenden territorialen und landesherrlichen Angelegenheiten, Verträge mit andern deutschen oder auswärtigen Regierungen abzuschließen. Solche Verträge sind jedoch der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen. (Scheller, Detmold etc.

Auf die Diskussion wird verzichtet, und beide §§. (wie oben) ohne die Minoritäts-Erachten angenommen. (Hierauf vertagt man sich bis Donnerstag 9 Uhr.)

Schluß der Sitzung 2 1/4 Uhr.

103 Berlin, 31. Okt.

Sitzung der Vereinbarerversammlung.

Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des Verfassungsentwurfs. Der Präsident Unruh eröffnet die Sitzung um 91/2 Uhr. Die Versammlung fährt in der gestern unterbrochenen Abstimmung über den Artikel 4 fort. Zuerst kommt das Amendement des Abg. Kiel, lautend: Statt des 2. Absatzes zu setzen:

"Es giebt im Staate weder einen besonderen Adel-, Bürger- oder Bauernstand, noch sonst Standesunterschiede oder Standesvorrechte."

Dieses Amendement ist eine Beschränkung des Entwurfs und die Linke stimmt daher dagegen. Nach namentlicher Abstimmung wird dasselbe mit 208 gegen 144 Stimmen verworfen.

Alsdann wird das Amendement Walter, lautend: Statt des 1. und 2. Satzes ist zu setzen:

"Es giebt vor dem Gesetze keine Vorrechte der Geburt, des Ranges oder Standes,"

verworfen.

Hierauf wird der Satz des Entwurfs:

"Es giebt im Staate weder Standesunterschiede, noch Standesvorrechte,"

einstimmig angenommen.

Das Amendement Berends, lautend:

"Der Adel ist abgeschafft,"

wird nach namentlicher Abstimmung mit 200 gegen 153 Stimmen angenommen. (Bravo links).

Das Zusatzamendement Borchardt-Mathaei, lautend:

"Der Gebrauch adeliger Titel und Prädikate in öffentlichen Urkunden ist untersagt,"

wird nach namentlicher Abstimmung mit 208 gegen 150 Stimmen angenommen.

Hierauf wird über die Einleitungsworte der Verfassungsurkunde zum zweiten Male abgestimmt und mit großer Majorität angenommen.

Ueber das Amendement des Abg. Jung:

"Orden, so wie Titel, die nicht blos das Amt bezeichnen, können nicht mehr ertheilt werden,"

wird die Debatte eröffnet.

Jung: Von den Orden sollte eigentlich an einer andern Stelle die Rede sein. Wir konnten aber keinen besseren Platz auffinden und bringen es deshalb zum Artikel 4. In einem freien Staate trägt der Bürger seinen Werth im freien Bewußtsein, und wie lächerlich ist es da, das Verdienst durch Orden zu bezeichnen. Wir sehen das Ordenssystem in China am Weitesten ausgeführt. Dort bringt der Orden, die Auszeichnung, den Mann erst zum Ansehen. So ist es in allen barbarischen Staaten. Wenn wir aber bei uns einen Mann im Lande mit Orden behängt herumgehen sehen, so zeigen die Orden nur an, daß dieser Mann mit vielen Höfen zu thun gehabt, daß er viele Vermählungen von Prinzen und Prinzessinnen zu Stande gebracht hat. Zeigt etwa der Orden ein sittliches oder staatliches Verdienst an ? Wenn man sieht, wie die Orden vertheilt werden, wird diese Illusion verloren gehen. Wenn ein reicher Kaufmann viele Diners giebt und den kommandirenden General dazu einladet, so wird er zum Commerzienrath vorgeschlagen und erhält den rothen Adlerorden. Auch vom konstitutionellen, sogar vom Vereinbarungsstandpunkte aus, muß man sich gegen die Ordensverleihungen erklären, denn diese Orden haben noch Statuten im ritterlichen Sinne, obgleich die Ordensinhaber, wenn sie versammelt wären, wohl kein ritterliches Ansehen haben möchten, und diese Ritter sollen zum Schutze des Königs dienen. Der König eines konstitutionellen Staats bedarf aber nicht des Schutzes Einzelner. Auch für die Heldenthaten im Kampfe für das Vaterland können die Orden abgeschafft werden; denn durch einen solchen Orden wird eine große That nicht nach Gebühr belohnt. Thaten, welche die Anerkennung des ganzen Staas verdienen, können ganz anders durch Denksäulen oder öffentliche Aussprüche der Volksvertretung belohnt werden.

Riedel spricht theilweise gegen das Amendement. Er will die Orden beibehalten wissen, weil sie Ehrenzeichen sind, welche wenig kosten. Schon die Alten hätten Ehrenkränze u. dgl. vertheilt. Dagegen ist er damit einverstanden, daß Titel, die nicht blos das Amt bezeichnen, nicht mehr ertheilt werden.

D'Ester: Ich will nicht mehr darauf zurückgehen, auf den Mißbrauch, der mit den Orden und Titeln getrieben wurde, denn dieser Mißbrauch ist von dem Institute selbst nicht zu trennen. Orden und Titel stammen aus einer frühern romantischen Zeit, die nicht mehr zu unserm Staate paßt. Gegen die Hausorden will ich nicht sprechen; denn die Hausorden werden den Kindern in der Wiege ertheilt. Das können wir Niemandem absprechen. Jeder kann in seinem Hause einen Orden ertheilen. Aber gegen die Verdienstorden des Staats will ich sprechen. Giebt man mit dem Orden eine Belohnung? Keinesfalls. Hat sich Jemand ein wahrhaftes Verdienst erworben, so giebt es wohl keine größere Anerkennung, als wenn eine gesetzgebende Versammlung erklärt: "er hat sich um das Vaterland wohl verdient gemacht." Eine solche Anerkennung wird größeren und allgemeineren Eindruck machen als ein Orden, den man nach Belieben anlegen oder bei Seite legen kann. Und wenn die Nationalvertretung eine Geldbelohnung dekretirt, so ist diese Anerkennung gewiß ehrenhaft. Ich bitte Sie daher, das Amendement Jung mit meinem Zusatz, daß Nationalbelohnungen nur durch ein Gesetz ertheilt werden dürfen, anzunehmen.

Baumstark schwätzt wieder stundenlang und erklärt sich gegen das Amendement. Die französische Republik hätte auch den Orden der Ehrenlegion beibehalten. Der Redner wird sehr witzig, citirt Stellen aus dem "gestiefelten Kater," und erzählt, daß man in China den Vater desjenigen, der sich ein Verdienst erwirbt, in den Adelstand erhebt.

Minister Eichmann: Ich will Sie nicht aufhalten mit einer Geschichte der Orden, aber es ist bekannt, daß die Orden schon seit Jahren an alle Stände vertheilt wurden. Ich kann die Versicherung geben, daß die früher bei Vertheilung der Orden stattgefundenen Mißbräuche nicht mehr vorkommen werden. Deshalb greifen Sie nicht nach einer Prärogative der Krone. Wir sehen ja, daß andere demokratische Staaten die Orden beibehalten haben. Ich bitte Sie daher, lassen Sie es beim Alten.

Schramm: Wenn der Herr Minister von demokratischen Staaten gesprochen und dabei auf Frankreich hinwies, so muß ich mir die Berichtigung erlauben, daß weder Frankreich unter Ludwig Philipp, noch die jetzige französische Republik demokratische Staaten sind. Der Redner spricht gegen alle Orden und Titel, sogar gegen die Doktortitel, da er ebenso das "Dr." als das "von," welches vor die Namen gesetzt wird, abgeschafft wissen will. Auch die "Excellenzen" werden vom Redner gehörig gewürdigt.

Baumstark berichtigt, daß "Doktor" kein Titel, sondern eine Würde sei.

Pieper: Es wird Ihnen bekannt sein, daß unter drei Personen schon eine Meinungsverschiedenheit herrscht, wie viel mehr unter 400. Ich bin gegen die Orden, denn ich habe selbst gehört und gesehen, wie die Soldaten ausmarschirten und sagten: entweder den Orden oder den Tod. Es giebt viele hier (auf die Rechte zeigend), die gern einen Orden haben möchten. Gestern erhielt Einer von ihnen einen blauen Brief (königl. Kabinetsordre) und als er ihn freudig eröffnet, findet er einen Zettel mit einem Esel darin. (Großes Gelächter. Pieper ist ein Schlächter).

Reichenbach: Wenn der Herr Minister für die Beibehaltung der Orden spricht, das verstehe ich. Wie aber die Versammlung so viel Worte darüber macht, das verstehe ich nicht. Ist das Gelüste nach den rothen Adlerorden vierter Klasse noch so groß, daß man für die Orden spricht?

Einige gegenseitige Zwischenbemerkungen der Abg. Baumstark und Berg erregen allgemeine Heiterkeit ihres humoristischen und satyrischen Inhalts wegen.

Endlich kommt man zur Abstimmung über das Amendement des Abg. Jung. Man beliebt eine Theilung. Der erste Theil: "Orden können nicht mehr ertheilt werden," wird nach namentlicher Abstimmung mit 196 gegen 140 Stimmen, und der zweite Theil fast einstimmig angenommen.

(Siehe den Verfolg in der Beilage).

[Deutschland]

[Fortsetzung] einem hauptsächlichsten Vertheidigungspunkte bestimmt hatte, so daß man für die zahlreichen darin aufgehäuften Güter sehr besorgt gewesen war. Der Gloggnitzer Bahnhof war sehr lebhaft vertheidigt, aber noch im Laufe des 28. von den Truppen genommen, so wie die ganzen äußern Linien der Süd- und Ostseite, auch der Vorstadt Wieden, welche einer der Hauptsitze der Widerstandspartei sein soll. In der Landstraße hatten die Jäger, wie man sagte, in 3 Stunden 30 Barrikaden genommen; besonders soll sich das Regiment Nassau (von dem am 6. Oktober einige Kompagnien Widerstand gezeigt hatten) ausgezeichnet haben. In den Vorstädten Landstraße und Lerchenfeld, erzählte man, seien die Truppen von den Einwohnern selbst begünstigt und von Frauen mit Blumen empfangen worden. Viele Nationalgardisten sollen die Waffen weggeworfen und eine große Anzahl Waffen im Kanale gefunden worden sein; die Arbeiter zeigten dagegen große Tapferkeit; man wollte keine Studenten bemerkt haben, und Manche vermutheten daraus, dieselben hätten nur ihre besondern Kennzeichen, Stürmer und dergleichen, abgelegt, um nicht erkannt zu werden. Bomben waren, allem Anschein nach, nur sehr wenige in die Stadt geworfen, hauptsächlich gegen die Aula, als Vorspiel des Angriffs. Dagegen hatten einige Granaten und Raketen, namentlich in der Vorstadt Wieden, gezündet. Auch sah man die große kostbare Maschinenfabrik am Gloggnitzer Bahnhof in Flammen stehen.

In der Nacht zum 29. hörte man nur vereinzeltes Feuern; während derselben wurde das Belvedere und der Schwarzenbergische Garten, so wie die ganze Jägerzeile und Leopold-Vorstadt, von den kaiserl. Truppen, wie es scheint, ohne großen Widerstand, besetzt, so daß die Städtischen an der südlichen und östlichen Seite beinahe auf die innere Stadt beschränkt waren. In den Vorstädten erklärten die Offiziere, der Fürst habe dieselben hauptsächlich darum besetzen lassen, um sie bei einem etwa nothwendig werdenden Bombardement schonen und bei einem Kampf um die innere Stadt den Bürgern, die am Kampf nicht Theil nehmen wollten, eine Zufluchtsstätte anweisen zu können.

Am Morgen des 29. hatte man eine Deputation von Parlamentären auf drei Wegen aus der Stadt hinaus nach dem Hauptquartier kommen sehen und wollte wissen, daß dieselben noch von da dem Fürsten Windischgrätz nachgeeilt seien, welcher auf eine Rekognoszirung gegen die Ungarn ausgeritten war. Ueber das Resultat war noch nichts bekannt. Erzählt wurde, General Bem und die Studenten hätten erklärt, sie würden sich bis auf den letzten Mann vertheidigen.

Die Ungarn hielten sich fortwährend ruhig; sie waren während des Kampfes in die Nähe der Stadt gerückt, sollen sich aber wieder nach Bruck zurückgezogen haben. Einen Angriff hatten sie jedenfalls nicht gemacht, obgleich eine große, aus der Stadt aufsteigende Rauchsäule als ein Hülferuf angesehen wurde.

Um 2 1/2 Uhr, bei Abgang der letzten Nachricht, hörte man wieder Kanonendonner.

(Preuß. St.-Anz.)
Florisdorf, 27. Oktober.

Im Allgemeinen hat sich im Stande der Feindseligkeiten noch wenig geändert. Vor Allem hat es sich gezeigt, daß die Dampfmühle nicht abgebrannt ist. Eben so soll das k. Luftschloß im Augarten unversehrt, und nur das „Universum“ in der Brigittenau abgebrannt sein.

Der Bahnhof ist vom General Wiesner besetzt und gegen die Jägerzeile hin mit den dort eingelagerten Wollballen und Getreidesäcken geschützt. Von der sehr starken Barricade am Ende der Jägerzeile wurde fortwährend ein lebhaftes Feuer gegen den Bahnhof, so wie gegen den gegenüberliegenden, vom Militär besetzten Garten unterhalten. Aus dem großen Eckhause der Jägerzeile und Franzbrücken-Allee wurde von den steyrischen freiwilligen Scharfschützen aus ihren ausgezeichneten Büchsen viel geschossen, wogegen dieses Haus vom Militär ebenfalls mit Kanonen beschossen wurde.

Hauptmann Stocka, Besitzer von Napajedl, parlamentirte mit der Besatzung der genannten Barricade und suchte sie durch allerlei Vorstellungen zum Abzuge zu bewegen, allein vergeblich.

In der Aue zwischen den Brücken ist ein Militärspital eingerichtet.

Die Zuckerfabrik des Hrn. Zinner, in der Nähe des Donaucanals, soll abgebrannt seyn.

In der Stadt herrscht wenig Störung, indem man sich bereits an die täglichen Affairen gewöhnt hat und der festen Meinung ist, derselben könne nichts angehabt werden.

Das Militär soll an Munition Mangel leiden und erwartet mit Ungeduld die neuen Zufuhren von Olmütz und Prag.

Heut wurde von Florisdorf über die ärarische Donaubrücke Proviant in den Bahnhof geführt.

Von der Westseite Wiens erfährt man nichts, doch soll dort noch kein Angriff stattgefunden haben.

Heute kam Pillersdorff, Krauß und Fischhof vom Kaiser, ‒ man sagt, unverrichteter Dinge ‒ zurück.

Jeder Passagier, welcher von hieraus auf der Eisenbahn weiter reisen will, muß sich mit einem von dem hier stationirten Hauptmann ausgestellten Geleitsschein ausweisen. Uebrigens ist der Betrieb nirgends gestört und die ganze Bahn von hier bis Prag ‒ mit Ausnahme der Lundenburg-Brünner Strecke ‒ noch vom Militär bewacht.

Es bestätigt sich, daß das fünfte Jägerbataillon bei Nußdorf sehr gelitten habe.

(C. Bl. a. B.)
Prag, 27. Oktbr.

Für heute steht in Prag die Erstürmung der Buchhandlung des Abg. Borrosch bevor, eine wahrscheinlich durch die gestern von der Lipa Slowanska berufene Volksversammlung ausgeheckte Idee. Das Militär ist in den Kasernen konsignirt. Gestern bemerkte man vom Lorenzberge Feuer in der Gegend der deutsch-böhmischen Kreise, man erzählt von einem Landsturm der Deutschen nach Wien. ‒ Der mährische Landtag beräth in Brünn eine Gemeinde-Ordnung; doch wehren sie sich dort heftig gegen jede Vereinigung Mährens mit Böhmen.

In Olmütz erscheinen täglich Hanaken mit ellenlangen Kuchen, die sie dem Kaiser schenken, sie fallen ihm zu Füßen aus Dankbarkeit für die genehmigte Aufhebung der bäuerlichen Lasten. Nordschlesien ist minder loyal. Bei Johannisberg hat sich das Landvolk mit einer Art Partisanen bewaffnet, um den Wienern beim ersten Rufe zu Hülfe zu eilen. Die Demokraten des angränzenden Preußisch Schlesien haben hierzu viel beigetragen. Vier Gemeinden haben bereits die Steuern verweigert und erklärt, daß bei der künftigen Rekrutirung kein Mann von ihnen gestellt werden wird, bis der Kaiser Wien freigegeben hat. Bielitz, Jägerndorf und Teschen sind die Hauptpunkte dieser Bewegung. ‒ Stadion ist in Kremsier, um die Anordnungen für den Reichstag zu treffen.

Die Ungarn sollen von Bruck aufgebrochen und den linken Flügel von Jellachich angegriffen haben.

Jellachich hat an die Lipa Slowanska ein Schreiben erlassen, worin er sagt, daß er zum Schutze des Slaventhums gegen Wien kämpft.

(A. D.-Z.)
Teplitz, 27. Okt.

Unter den in den umliegenden Ortschaften Bilin, Dur, Kulm, Karbitz, Türmitz etc. stationirten Palatinal husaren sind in den jüngsten Tagen mehrfache Desertionen vorgekommen. Heute Morgen zwischen 3-4 Uhr ritt abermals eine Abtheilung, wohl 30-40 Mann stark, mit gezogenem Säbel und gespanntem Pistol mitten durch Teplitz, um ihren bedrängten Landsleuten zu Hülfe zu ziehen. Bei den Offizieren dieses Regiments, das übrigens fast nur aus Magyaren besteht, scheinen die ungarischen Sympathien weniger stark zu sein, wenigstens sollen bis jetzt unter ihnen nur 2 bis 3 Desertionsfälle vorgekommen sein.

Nachschrift, 7 ein halb Uhr Abends. In diesem Augenblicke ziehen durch Teplitz 120 Husaren, sie kommen von Brür und ziehen in der Richtung von Tetschen weiter. Sie rufen Adieu und Eljen.

In Königseck (an der mährischen Gränze) wurden am 22. Nachts 55 flüchtige Husaren von Soldaten umzingelt und mußten sich ergeben. Ein Offizier (nach andern ein Wachtmeister) wurde erschossen. Auch in Tabor rückten Tags vorher Militär, Garden und Schützen aus, um eine von Mühlhausen her ziehende Husarenabtheilung festzuhalten, man wartete aber vergebens, da die Deserteure wahrscheinlich eine andere Richtung genommen hatten.

(Cst. Bl. a. B.)
!!! Frankfurt, 31. Oktober.

Sitzung der Nationalversammlung. Präsident von Gagern.

Tagesordnung: Berathung über den Entwurf der Verfassung. Abschnitt I. §. 6 und Abschnitt II. §. 7. ff.

Vor der Tagesordnung.

Präsident: Viele Mitglieder der Linken, Nauwerk, Vogt, Scharre, Schaffrath, Rösler von Oels u. s. w., etwa 40-50, erklären schriftlich zu Protokoll, daß sie seit 14 Tagen sich vergebens bemüht haben, die deutsche Nationalversammlung zu den in der österreichischen Angelegenheit wichtigsten Maßregeln zu bewegen, als: Fortweisung der Croaten vom deutschen Boden, Entsetzung Wien's u. s. w. (Viele Mitglieder der Linken treten noch mündlich bei). Folgen Flottenbeiträge, u. a. von den Preußen in Petersburg, von den Deutschen zu Bombay in Westindien (300 Thlr.)

Pagenstecher (für den volkswirthschaftlichen Ausschuß) erstattet einen Bericht über Anträge und Petitionen, für Medizinal- und Apothekenwesen, Homöophatie, allgemeine deutsche Pharmakopoe etc.

Der Ausschuß erkennt diese Angelegenheiten für wichtig, aber nicht zur Beschäftigung für die Nationalversammlung geeignet.

Fuchs (im Namen des Prioritäts Ausschusses) kündigt den Bericht über den Jahn'schen Antrag an: „Die ganze Linke in Anklagezustand zu versetzen, resp. zu excludiren und Neuwahlen vorzunehmen.“

Der Ausschuß beantragt in Erwägung der Unstatthaftigkeit und Ungehörigkeit (resp. Erbarmungswürdigkeit) solcher Anträge zur motivirten Tagesordnung überzugehen.

von Vinke (für den Ausschuß der Geschäftsordnung) zeigt an, daß die neue Disciplinarordnung (14 §§.) fertig geworden ist.

Der Ausschuß bittet, dieselbe auf eine der nächsten Tagesordnungen zu setzen, weil leider immer wieder undisziplinarisches Verfahren der Abgeordneten vorkommt.

Biedermann interpellirt den Justiz-Minister wegen partikularistischer Handlungen der sächsischen Kammer und Regierung.

Minister von Mohl hat hierüber bei der sächsischen Regierung schon angefragt und wird wohl nächsten Montag die Sache erledigen können.

Höfken interpellirt den Minister des Aeußern wegen einer Menge von Angelegenheiten, Limburg betreffend. (Die Interpellation geht an den Minister.)

Förster von Lünfeld stellt den dringlichen Antrag, das Ministerium solle so schnell wie möglich ein ausführliches Ministerprogramm vorlegen, wie dies bei konstitutionellen Regierungen Sitte, und auch vom Ministerium längst versprochen ist.

Der Antrag ist von Eisenmann, Günter und etwa 30 andern unterstützt, wird aber nicht als dringlich erkannt. Er geht den bekannten Weg (alles Fleisches) in die Ausschüsse.

Tagesordnung.

§. 6. (Abschnitt I.) lautet: „Die einzelnen deutschen Staaten behalten ihre Selbstständigkeit, soweit dieselbe nicht durch die Reichsverfassung beschränkt ist; sie haben alle staatlichen Hoheiten und Rechte, soweit diese nicht der Reichsgewalt ausdrücklich übertragen sind.“

Nachdem hierzu viele Amendements verlesen sind, (von denen doch keines angenommen wird) beginnt die Debatte mit Herrn Moritz Mohl: Er spricht gegen den Entwurf, und hat dem §. 6 eine andere Fassung gegeben. Der Eindruck, sagt er, den der Verfassungsentwurf auf mich gemacht hat, ist der, daß bewußt oder unbewußt der Verfassungsausschuß sich die Aufgabe gestellt, die Einrichtungen der Partikularstaaten soviel als möglich beizubehalten. ‒ So vornehmlich im gegenwärtigen §.

Makowiczka (Oesterreich). Für den §. des Entwurfs mit einigen Verbesserungen, welche formelle Mißverständnisse des §. verhüten sollen. (Bravo!) Schluß! Schluß! Die Debatte hat ja schon so lange gedauert. Hinter den Worten des §. „soweit diese nicht der Reichsgewalt“ (S. o.) will er eingeschaltet: „nach der Reichsgesetzgebung.“ ‒

Nachdem noch Claussen aus Kiel gegen den Paragraphen des Entwurfs und Schierenberg aus Detmold mit wenigen Worten für die unveränderte Annahme desselben gesprochen, auch noch drei Amendements verlesen, wird diese kühle Debatte geschlossen.

Mittermaier spricht als Berichterstatter für den Entwurf. (Lavatrix parlamentaris nennt ihn die Carrikatur.) Die Mediatisirungsfragen will er alle ausgeschlossen haben.

Herr Demel aus Teschen unter andern beantragt sehr kurz: „Alle Fürsten deren Staaten weniger als 6 Millionen Einwohner haben, sind mediatisirt.“ (Anhaltendes Gelächter.)

Vor der Abstimmung über §. 6. wird eine Erklärung zu Protokoll angenommen, nach welcher durch die Beschlüsse des §. 6 die Mediatisirungs-Fragen (die einer nochmaligen Begutachtung des Ausschusses zugewiesen) nicht ausgeschlossen sind, sondern später noch zur Berathung kommen.

Der §. 6 nach der Fassung des Ausschusses (S. o.) wird angenommen.

Abschnitt II. (Art. I.) §. 7.

„Die Reichsgewalt übt dem Auslande gegenüber die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten ausschließlich aus.“

„Die Reichsgewalt stellt Gesandte und Consuln an. Sie führt den diplomatischen Verkehr, schließt die Bündnisse und Verträge mit dem Auslande, namentlich auch die Handels- und Schiffahrtsverträge, so wie die Auslieferungsverträge ab. ‒ Sie ordnet alle völkerrechtlichen Maßregeln an.“

§. 8. „Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen oder solche zu halten, mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupte.“

Hierzu das Minoritätserachten: „Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, Gesandte zu empfangen, oder solche zu halten. (Ahrens. Blum. Schüler. Wigard.)

Hierzu die übliche Anzahl Amendements. Ueber §. 7 und 8 zusammen beschließt man die Diskussion. Die Diskussion beginnt mit

Wigard, der gegen die Paragraphen des Entwurfs spricht. (Die Vertreter verlassen colonnenweise das Haus). Wigard spricht für das Minoritätserachten zu §. 8, welches radikaler als der §. ist, und den Einzelstaaten alle und jeden Gesandten abspricht. Die Gesandtschaften sollen nicht mehr Versorgungsanstalten für adlige Sprößlinge sein (Bravo).

von Linde (der berühmte Staatsrath aus Mainz) für die Paragraphen. (Das Haus wird noch leerer. Linde leert die Galerien auf die friedlichste Art, er spricht ‒ und es wird leer.)

Wurm aus Hamburg spricht für das Minoritätserachten wie Wigard. Ich habe keinen Begriff von einem Bundesstaat, meint er, in welchem Gesandte bei der Reichsgewalt (wie §. 8 will) nöthig sind. Dies wäre nichts anders als der Bundestag. Den Ausdruck „ständige Gesandte“ im §. 8 nennt er einen unglücklichen (Bravo! Schluß!)

Schubert (Professor aus Königsberg) für die §.§. des Entwurfs. Geht auf eine historische Entwickelung der Gesandtschaften ein. Die Selbstständigkeit der einzelnen Staaten (welche anerkannt ist) erfordert die Annahme des §. 8; das ist die Beibehaltung der Gesandtschaften der Einzelstaaten bei der Centralgewalt. In unsern diplomatischen Verhältnissen haben wir Rücksichten aufs Ausland zu nehmen. (Rechts: Sehr richtig!) Schluß! ‒ Schluß wird heftig verlangt.

Jordan aus Gollnov. Meine Herren, ich will Sie nicht ermüden, ich bin für den Wegfall der Worte (§. 8) „mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupt“, dagegen bitte ich Sie den Ausdruck: „ständige Gesandte“ beizubehalten.

Schluß der Debatte. ‒ Berichterstatter Mittermaier für den Ausschuß. Bei der Abstimmung wird zuvörderst §. 7 (wie oben) einstimmig angenommen. Bei §. 8 wird das Minoritätserachten durch Zettelabstimmung mit 197 Stimmen gegen 194 verworfen. (Sensation links. 3 Stimmen Majorität.)

Hierauf wird der erste Theil des §. 8, „die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen, und solche zu halten“ angenommen; dagegen der zweite Theil: „mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupt“ verworfen.

Ein Amendement dafür von Rösler aus Oels: „mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten bei der Reichsgewalt“, soll zur Abstimmung kommen. (Rösler zieht es unter großer Heiterkeit zurück, und somit wäre das eben verworfene Minoritätserachten mit einigen Umständen doch angenommen, oder Graf Wartensleben verdirbt die Freude, indem er das Rösler'sche Amendement wieder aufnimmt. Es wird aber nun in der Abstimmung dennoch verworfen. (Großes Gelächter links). Ein 2tes Amendement Rösler's von Oels: „Auch dürfen sie (die Einzelstaaten) keine besondern Consuln halten. Die auswärtigen Consuln erhalten ihr Exsequatur nur von der Reichsgewalt“ wird mit 239 Stimmen gegen 155 verworfen.

§. 8. lautet demnach: „Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen, oder solche zu halten“ Es ist 3/42 Uhr.

Einzelne Stimmen rufen Vertagung. Die große Mehrheit verwirft die Vertagung, ‒ man hat zu gut gefrühstückt. ‒ Man geht zu §. 9.

§. 9. „Die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, Verträge mit andern deutschen Regierungen abzuschließen.

Ihre Befugniß zu Verträgen mit nicht deutschen Regierungen beschränkt sich auf Gegenstände des Privatrechts, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei.“

Minoritäts-Erachten. „Vor dem Worte Polizei im 2. Satz ist das Wort niederen einzuschalten.“ (Wigard, Blum, Schüler.)

§. 10. „Alle nicht rein privatrechtlichen Verträge, welche eine deutsche Regierung mit einer andern deutschen oder nichtdeutschen abschließt, sind der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen.“

Minoritäts-Erachten. Statt der §§. 9 und 10 heiße es: „die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, bezüglich der sie betreffenden territorialen und landesherrlichen Angelegenheiten, Verträge mit andern deutschen oder auswärtigen Regierungen abzuschließen. Solche Verträge sind jedoch der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen. (Scheller, Detmold etc.

Auf die Diskussion wird verzichtet, und beide §§. (wie oben) ohne die Minoritäts-Erachten angenommen. (Hierauf vertagt man sich bis Donnerstag 9 Uhr.)

Schluß der Sitzung 2 1/4 Uhr.

103 Berlin, 31. Okt.

Sitzung der Vereinbarerversammlung.

Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des Verfassungsentwurfs. Der Präsident Unruh eröffnet die Sitzung um 91/2 Uhr. Die Versammlung fährt in der gestern unterbrochenen Abstimmung über den Artikel 4 fort. Zuerst kommt das Amendement des Abg. Kiel, lautend: Statt des 2. Absatzes zu setzen:

„Es giebt im Staate weder einen besonderen Adel-, Bürger- oder Bauernstand, noch sonst Standesunterschiede oder Standesvorrechte.“

Dieses Amendement ist eine Beschränkung des Entwurfs und die Linke stimmt daher dagegen. Nach namentlicher Abstimmung wird dasselbe mit 208 gegen 144 Stimmen verworfen.

Alsdann wird das Amendement Walter, lautend: Statt des 1. und 2. Satzes ist zu setzen:

„Es giebt vor dem Gesetze keine Vorrechte der Geburt, des Ranges oder Standes,“

verworfen.

Hierauf wird der Satz des Entwurfs:

„Es giebt im Staate weder Standesunterschiede, noch Standesvorrechte,“

einstimmig angenommen.

Das Amendement Berends, lautend:

„Der Adel ist abgeschafft,“

wird nach namentlicher Abstimmung mit 200 gegen 153 Stimmen angenommen. (Bravo links).

Das Zusatzamendement Borchardt-Mathaei, lautend:

„Der Gebrauch adeliger Titel und Prädikate in öffentlichen Urkunden ist untersagt,“

wird nach namentlicher Abstimmung mit 208 gegen 150 Stimmen angenommen.

Hierauf wird über die Einleitungsworte der Verfassungsurkunde zum zweiten Male abgestimmt und mit großer Majorität angenommen.

Ueber das Amendement des Abg. Jung:

„Orden, so wie Titel, die nicht blos das Amt bezeichnen, können nicht mehr ertheilt werden,“

wird die Debatte eröffnet.

Jung: Von den Orden sollte eigentlich an einer andern Stelle die Rede sein. Wir konnten aber keinen besseren Platz auffinden und bringen es deshalb zum Artikel 4. In einem freien Staate trägt der Bürger seinen Werth im freien Bewußtsein, und wie lächerlich ist es da, das Verdienst durch Orden zu bezeichnen. Wir sehen das Ordenssystem in China am Weitesten ausgeführt. Dort bringt der Orden, die Auszeichnung, den Mann erst zum Ansehen. So ist es in allen barbarischen Staaten. Wenn wir aber bei uns einen Mann im Lande mit Orden behängt herumgehen sehen, so zeigen die Orden nur an, daß dieser Mann mit vielen Höfen zu thun gehabt, daß er viele Vermählungen von Prinzen und Prinzessinnen zu Stande gebracht hat. Zeigt etwa der Orden ein sittliches oder staatliches Verdienst an ? Wenn man sieht, wie die Orden vertheilt werden, wird diese Illusion verloren gehen. Wenn ein reicher Kaufmann viele Diners giebt und den kommandirenden General dazu einladet, so wird er zum Commerzienrath vorgeschlagen und erhält den rothen Adlerorden. Auch vom konstitutionellen, sogar vom Vereinbarungsstandpunkte aus, muß man sich gegen die Ordensverleihungen erklären, denn diese Orden haben noch Statuten im ritterlichen Sinne, obgleich die Ordensinhaber, wenn sie versammelt wären, wohl kein ritterliches Ansehen haben möchten, und diese Ritter sollen zum Schutze des Königs dienen. Der König eines konstitutionellen Staats bedarf aber nicht des Schutzes Einzelner. Auch für die Heldenthaten im Kampfe für das Vaterland können die Orden abgeschafft werden; denn durch einen solchen Orden wird eine große That nicht nach Gebühr belohnt. Thaten, welche die Anerkennung des ganzen Staas verdienen, können ganz anders durch Denksäulen oder öffentliche Aussprüche der Volksvertretung belohnt werden.

Riedel spricht theilweise gegen das Amendement. Er will die Orden beibehalten wissen, weil sie Ehrenzeichen sind, welche wenig kosten. Schon die Alten hätten Ehrenkränze u. dgl. vertheilt. Dagegen ist er damit einverstanden, daß Titel, die nicht blos das Amt bezeichnen, nicht mehr ertheilt werden.

D'Ester: Ich will nicht mehr darauf zurückgehen, auf den Mißbrauch, der mit den Orden und Titeln getrieben wurde, denn dieser Mißbrauch ist von dem Institute selbst nicht zu trennen. Orden und Titel stammen aus einer frühern romantischen Zeit, die nicht mehr zu unserm Staate paßt. Gegen die Hausorden will ich nicht sprechen; denn die Hausorden werden den Kindern in der Wiege ertheilt. Das können wir Niemandem absprechen. Jeder kann in seinem Hause einen Orden ertheilen. Aber gegen die Verdienstorden des Staats will ich sprechen. Giebt man mit dem Orden eine Belohnung? Keinesfalls. Hat sich Jemand ein wahrhaftes Verdienst erworben, so giebt es wohl keine größere Anerkennung, als wenn eine gesetzgebende Versammlung erklärt: „er hat sich um das Vaterland wohl verdient gemacht.“ Eine solche Anerkennung wird größeren und allgemeineren Eindruck machen als ein Orden, den man nach Belieben anlegen oder bei Seite legen kann. Und wenn die Nationalvertretung eine Geldbelohnung dekretirt, so ist diese Anerkennung gewiß ehrenhaft. Ich bitte Sie daher, das Amendement Jung mit meinem Zusatz, daß Nationalbelohnungen nur durch ein Gesetz ertheilt werden dürfen, anzunehmen.

Baumstark schwätzt wieder stundenlang und erklärt sich gegen das Amendement. Die französische Republik hätte auch den Orden der Ehrenlegion beibehalten. Der Redner wird sehr witzig, citirt Stellen aus dem „gestiefelten Kater,“ und erzählt, daß man in China den Vater desjenigen, der sich ein Verdienst erwirbt, in den Adelstand erhebt.

Minister Eichmann: Ich will Sie nicht aufhalten mit einer Geschichte der Orden, aber es ist bekannt, daß die Orden schon seit Jahren an alle Stände vertheilt wurden. Ich kann die Versicherung geben, daß die früher bei Vertheilung der Orden stattgefundenen Mißbräuche nicht mehr vorkommen werden. Deshalb greifen Sie nicht nach einer Prärogative der Krone. Wir sehen ja, daß andere demokratische Staaten die Orden beibehalten haben. Ich bitte Sie daher, lassen Sie es beim Alten.

Schramm: Wenn der Herr Minister von demokratischen Staaten gesprochen und dabei auf Frankreich hinwies, so muß ich mir die Berichtigung erlauben, daß weder Frankreich unter Ludwig Philipp, noch die jetzige französische Republik demokratische Staaten sind. Der Redner spricht gegen alle Orden und Titel, sogar gegen die Doktortitel, da er ebenso das „Dr.“ als das „von,“ welches vor die Namen gesetzt wird, abgeschafft wissen will. Auch die „Excellenzen“ werden vom Redner gehörig gewürdigt.

Baumstark berichtigt, daß „Doktor“ kein Titel, sondern eine Würde sei.

Pieper: Es wird Ihnen bekannt sein, daß unter drei Personen schon eine Meinungsverschiedenheit herrscht, wie viel mehr unter 400. Ich bin gegen die Orden, denn ich habe selbst gehört und gesehen, wie die Soldaten ausmarschirten und sagten: entweder den Orden oder den Tod. Es giebt viele hier (auf die Rechte zeigend), die gern einen Orden haben möchten. Gestern erhielt Einer von ihnen einen blauen Brief (königl. Kabinetsordre) und als er ihn freudig eröffnet, findet er einen Zettel mit einem Esel darin. (Großes Gelächter. Pieper ist ein Schlächter).

Reichenbach: Wenn der Herr Minister für die Beibehaltung der Orden spricht, das verstehe ich. Wie aber die Versammlung so viel Worte darüber macht, das verstehe ich nicht. Ist das Gelüste nach den rothen Adlerorden vierter Klasse noch so groß, daß man für die Orden spricht?

Einige gegenseitige Zwischenbemerkungen der Abg. Baumstark und Berg erregen allgemeine Heiterkeit ihres humoristischen und satyrischen Inhalts wegen.

Endlich kommt man zur Abstimmung über das Amendement des Abg. Jung. Man beliebt eine Theilung. Der erste Theil: „Orden können nicht mehr ertheilt werden,“ wird nach namentlicher Abstimmung mit 196 gegen 140 Stimmen, und der zweite Theil fast einstimmig angenommen.

(Siehe den Verfolg in der Beilage).

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        <head>[Deutschland]</head>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> einem hauptsächlichsten Vertheidigungspunkte bestimmt hatte, so daß man für die zahlreichen darin aufgehäuften Güter sehr besorgt gewesen war. Der Gloggnitzer Bahnhof war sehr lebhaft vertheidigt, aber noch im Laufe des 28. von den Truppen genommen, so wie die ganzen äußern Linien der Süd- und Ostseite, auch der Vorstadt Wieden, welche einer der Hauptsitze der Widerstandspartei sein soll. In der Landstraße hatten die Jäger, wie man sagte, in 3 Stunden 30 Barrikaden genommen; besonders soll sich das Regiment Nassau (von dem am 6. Oktober einige Kompagnien Widerstand gezeigt hatten) ausgezeichnet haben. In den Vorstädten Landstraße und Lerchenfeld, erzählte man, seien die Truppen von den Einwohnern selbst begünstigt und von Frauen mit Blumen empfangen worden. Viele Nationalgardisten sollen die Waffen weggeworfen und eine große Anzahl Waffen im Kanale gefunden worden sein; die Arbeiter zeigten dagegen große Tapferkeit; man wollte keine Studenten bemerkt haben, und Manche vermutheten daraus, dieselben hätten nur ihre besondern Kennzeichen, Stürmer und dergleichen, abgelegt, um nicht erkannt zu werden. Bomben waren, allem Anschein nach, nur sehr wenige in die Stadt geworfen, hauptsächlich gegen die Aula, als Vorspiel des Angriffs. Dagegen hatten einige Granaten und Raketen, namentlich in der Vorstadt Wieden, gezündet. Auch sah man die große kostbare Maschinenfabrik am Gloggnitzer Bahnhof in Flammen stehen.</p>
          <p>In der Nacht zum 29. hörte man nur vereinzeltes Feuern; während derselben wurde das Belvedere und der Schwarzenbergische Garten, so wie die ganze Jägerzeile und Leopold-Vorstadt, von den kaiserl. Truppen, wie es scheint, ohne großen Widerstand, besetzt, so daß die Städtischen an der südlichen und östlichen Seite beinahe auf die innere Stadt beschränkt waren. In den Vorstädten erklärten die Offiziere, der Fürst habe dieselben hauptsächlich darum besetzen lassen, um sie bei einem etwa nothwendig werdenden Bombardement schonen und bei einem Kampf um die innere Stadt den Bürgern, die am Kampf nicht Theil nehmen wollten, eine Zufluchtsstätte anweisen zu können.</p>
          <p>Am Morgen des 29. hatte man eine Deputation von Parlamentären auf drei Wegen aus der Stadt hinaus nach dem Hauptquartier kommen sehen und wollte wissen, daß dieselben noch von da dem Fürsten Windischgrätz nachgeeilt seien, welcher auf eine Rekognoszirung gegen die Ungarn ausgeritten war. Ueber das Resultat war noch nichts bekannt. Erzählt wurde, General Bem und die Studenten hätten erklärt, sie würden sich bis auf den letzten Mann vertheidigen.</p>
          <p>Die Ungarn hielten sich fortwährend ruhig; sie waren während des Kampfes in die Nähe der Stadt gerückt, sollen sich aber wieder nach Bruck zurückgezogen haben. Einen Angriff hatten sie jedenfalls nicht gemacht, obgleich eine große, aus der Stadt aufsteigende Rauchsäule als ein Hülferuf angesehen wurde.</p>
          <p>Um 2 1/2 Uhr, bei Abgang der letzten Nachricht, hörte man wieder Kanonendonner.</p>
          <bibl>(Preuß. St.-Anz.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar133_011" type="jArticle">
          <head>Florisdorf, 27. Oktober.</head>
          <p>Im Allgemeinen hat sich im Stande der Feindseligkeiten noch wenig geändert. Vor Allem hat es sich gezeigt, daß die Dampfmühle nicht abgebrannt ist. Eben so soll das k. Luftschloß im Augarten unversehrt, und nur das &#x201E;Universum&#x201C; in der Brigittenau abgebrannt sein.</p>
          <p>Der Bahnhof ist vom General Wiesner besetzt und gegen die Jägerzeile hin mit den dort eingelagerten Wollballen und Getreidesäcken geschützt. Von der sehr starken Barricade am Ende der Jägerzeile wurde fortwährend ein lebhaftes Feuer gegen den Bahnhof, so wie gegen den gegenüberliegenden, vom Militär besetzten Garten unterhalten. Aus dem großen Eckhause der Jägerzeile und Franzbrücken-Allee wurde von den steyrischen freiwilligen Scharfschützen aus ihren ausgezeichneten Büchsen viel geschossen, wogegen dieses Haus vom Militär ebenfalls mit Kanonen beschossen wurde.</p>
          <p>Hauptmann Stocka, Besitzer von Napajedl, parlamentirte mit der Besatzung der genannten Barricade und suchte sie durch allerlei Vorstellungen zum Abzuge zu bewegen, allein vergeblich.</p>
          <p>In der Aue zwischen den Brücken ist ein Militärspital eingerichtet.</p>
          <p>Die Zuckerfabrik des Hrn. Zinner, in der Nähe des Donaucanals, soll abgebrannt seyn.</p>
          <p>In der Stadt herrscht wenig Störung, indem man sich bereits an die täglichen Affairen gewöhnt hat und der festen Meinung ist, derselben könne nichts angehabt werden.</p>
          <p>Das Militär soll an Munition Mangel leiden und erwartet mit Ungeduld die neuen Zufuhren von Olmütz und Prag.</p>
          <p>Heut wurde von Florisdorf über die ärarische Donaubrücke Proviant in den Bahnhof geführt.</p>
          <p>Von der Westseite Wiens erfährt man nichts, doch soll dort noch kein Angriff stattgefunden haben.</p>
          <p>Heute kam Pillersdorff, Krauß und Fischhof vom Kaiser, &#x2012; man sagt, unverrichteter Dinge &#x2012; zurück.</p>
          <p>Jeder Passagier, welcher von hieraus auf der Eisenbahn weiter reisen will, muß sich mit einem von dem hier stationirten Hauptmann ausgestellten Geleitsschein ausweisen. Uebrigens ist der Betrieb nirgends gestört und die ganze Bahn von hier bis Prag &#x2012; mit Ausnahme der Lundenburg-Brünner Strecke &#x2012; noch vom Militär bewacht.</p>
          <p>Es bestätigt sich, daß das fünfte Jägerbataillon bei Nußdorf sehr gelitten habe.</p>
          <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar133_012" type="jArticle">
          <head>Prag, 27. Oktbr.</head>
          <p>Für heute steht in Prag die Erstürmung der Buchhandlung des Abg. Borrosch bevor, eine wahrscheinlich durch die gestern von der Lipa Slowanska berufene Volksversammlung ausgeheckte Idee. Das Militär ist in den Kasernen konsignirt. Gestern bemerkte man vom Lorenzberge Feuer in der Gegend der deutsch-böhmischen Kreise, man erzählt von einem Landsturm der Deutschen nach Wien. &#x2012; Der mährische Landtag beräth in Brünn eine Gemeinde-Ordnung; doch wehren sie sich dort heftig gegen jede Vereinigung Mährens mit Böhmen.</p>
          <p>In Olmütz erscheinen täglich Hanaken mit ellenlangen Kuchen, die sie dem Kaiser schenken, sie fallen ihm zu Füßen aus Dankbarkeit für die genehmigte Aufhebung der bäuerlichen Lasten. Nordschlesien ist minder loyal. Bei Johannisberg hat sich das Landvolk mit einer Art Partisanen bewaffnet, um den Wienern beim ersten Rufe zu Hülfe zu eilen. Die Demokraten des angränzenden Preußisch Schlesien haben hierzu viel beigetragen. Vier Gemeinden haben bereits die Steuern verweigert und erklärt, daß bei der künftigen Rekrutirung kein Mann von ihnen gestellt werden wird, bis der Kaiser Wien freigegeben hat. Bielitz, Jägerndorf und Teschen sind die Hauptpunkte dieser Bewegung. &#x2012; Stadion ist in Kremsier, um die Anordnungen für den Reichstag zu treffen.</p>
          <p>Die Ungarn sollen von Bruck aufgebrochen und den linken Flügel von Jellachich angegriffen haben.</p>
          <p>Jellachich hat an die Lipa Slowanska ein Schreiben erlassen, worin er sagt, daß er zum Schutze des Slaventhums gegen Wien kämpft.</p>
          <bibl>(A. D.-Z.)</bibl>
        </div>
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          <head>Teplitz, 27. Okt.</head>
          <p>Unter den in den umliegenden Ortschaften Bilin, Dur, Kulm, Karbitz, Türmitz etc. stationirten Palatinal husaren sind in den jüngsten Tagen mehrfache Desertionen vorgekommen. Heute Morgen zwischen 3-4 Uhr ritt abermals eine Abtheilung, wohl 30-40 Mann stark, mit gezogenem Säbel und gespanntem Pistol mitten durch Teplitz, um ihren bedrängten Landsleuten zu Hülfe zu ziehen. Bei den Offizieren dieses Regiments, das übrigens fast nur aus Magyaren besteht, scheinen die ungarischen Sympathien weniger stark zu sein, wenigstens sollen bis jetzt unter ihnen nur 2 bis 3 Desertionsfälle vorgekommen sein.</p>
          <p>Nachschrift, 7 ein halb Uhr Abends. In diesem Augenblicke ziehen durch Teplitz 120 Husaren, sie kommen von Brür und ziehen in der Richtung von Tetschen weiter. Sie rufen Adieu und Eljen.</p>
          <p>In <hi rendition="#g">Königseck</hi> (an der mährischen Gränze) wurden am 22. Nachts 55 flüchtige Husaren von Soldaten umzingelt und mußten sich ergeben. Ein Offizier (nach andern ein Wachtmeister) wurde erschossen. Auch in Tabor rückten Tags vorher Militär, Garden und Schützen aus, um eine von Mühlhausen her ziehende Husarenabtheilung festzuhalten, man wartete aber vergebens, da die Deserteure wahrscheinlich eine andere Richtung genommen hatten.</p>
          <bibl>(Cst. Bl. a. B.)</bibl>
        </div>
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          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 31. Oktober.</head>
          <p>Sitzung der Nationalversammlung. Präsident <hi rendition="#g">von Gagern.</hi> </p>
          <p><hi rendition="#g">Tagesordnung:</hi> Berathung über den Entwurf der Verfassung. Abschnitt I. §. 6 und Abschnitt II. §. 7. ff.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Vor der Tagesordnung.</hi> </p>
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          <p><hi rendition="#g">Pagenstecher</hi> (für den volkswirthschaftlichen Ausschuß) erstattet einen Bericht über Anträge und Petitionen, für Medizinal- und Apothekenwesen, Homöophatie, allgemeine deutsche Pharmakopoe etc.</p>
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          <p>Der Antrag ist von Eisenmann, Günter und etwa 30 andern unterstützt, wird aber nicht als dringlich erkannt. Er geht den bekannten Weg (alles Fleisches) in die Ausschüsse.</p>
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          <p>§. 6. (Abschnitt I.) lautet: &#x201E;Die einzelnen deutschen Staaten behalten ihre Selbstständigkeit, soweit dieselbe nicht durch die Reichsverfassung beschränkt ist; sie haben alle staatlichen Hoheiten und Rechte, soweit diese nicht der Reichsgewalt ausdrücklich übertragen sind.&#x201C;</p>
          <p>Nachdem hierzu viele Amendements verlesen sind, (von denen doch keines angenommen wird) beginnt die Debatte mit Herrn <hi rendition="#g">Moritz Mohl:</hi> Er spricht gegen den Entwurf, und hat dem §. 6 eine andere Fassung gegeben. Der Eindruck, sagt er, den der Verfassungsentwurf auf mich gemacht hat, ist der, daß bewußt oder unbewußt der Verfassungsausschuß sich die Aufgabe gestellt, die Einrichtungen der Partikularstaaten soviel als möglich beizubehalten. &#x2012; So vornehmlich im gegenwärtigen §.</p>
          <p><hi rendition="#g">Makowiczka</hi> (Oesterreich). Für den §. des Entwurfs mit einigen Verbesserungen, welche formelle Mißverständnisse des §. verhüten sollen. (Bravo!) Schluß! Schluß! Die Debatte hat ja schon so lange gedauert. Hinter den Worten des §. &#x201E;soweit diese nicht der Reichsgewalt&#x201C; (S. o.) will er eingeschaltet: &#x201E;nach der Reichsgesetzgebung.&#x201C; &#x2012;</p>
          <p>Nachdem noch <hi rendition="#g">Claussen</hi> aus Kiel gegen den Paragraphen des Entwurfs und <hi rendition="#g">Schierenberg</hi> aus Detmold mit wenigen Worten für die unveränderte Annahme desselben gesprochen, auch noch drei Amendements verlesen, wird diese kühle Debatte geschlossen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Mittermaier</hi> spricht als Berichterstatter für den Entwurf. (Lavatrix parlamentaris nennt ihn die Carrikatur.) Die Mediatisirungsfragen will er alle ausgeschlossen haben.</p>
          <p>Herr <hi rendition="#g">Demel</hi> aus Teschen unter andern beantragt sehr kurz: &#x201E;Alle Fürsten deren Staaten weniger als 6 Millionen Einwohner haben, sind mediatisirt.&#x201C; (Anhaltendes Gelächter.)</p>
          <p>Vor der Abstimmung über §. 6. wird eine Erklärung zu Protokoll angenommen, nach welcher durch die Beschlüsse des §. 6 die Mediatisirungs-Fragen (die einer nochmaligen Begutachtung des Ausschusses zugewiesen) nicht ausgeschlossen sind, sondern später noch zur Berathung kommen.</p>
          <p>Der §. 6 nach der Fassung des Ausschusses (S. o.) wird angenommen.</p>
          <p>Abschnitt II. (Art. I.) §. 7.</p>
          <p>&#x201E;Die Reichsgewalt übt dem Auslande gegenüber die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten ausschließlich aus.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Die Reichsgewalt stellt Gesandte und Consuln an. Sie führt den diplomatischen Verkehr, schließt die Bündnisse und Verträge mit dem Auslande, namentlich auch die Handels- und Schiffahrtsverträge, so wie die Auslieferungsverträge ab. &#x2012; Sie ordnet alle völkerrechtlichen Maßregeln an.&#x201C;</p>
          <p>§. 8. &#x201E;Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen oder solche zu halten, mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupte.&#x201C;</p>
          <p>Hierzu das Minoritätserachten: &#x201E;Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, Gesandte zu empfangen, oder solche zu halten. (Ahrens. Blum. Schüler. Wigard.)</p>
          <p>Hierzu die übliche Anzahl Amendements. Ueber §. 7 und 8 zusammen beschließt man die Diskussion. Die Diskussion beginnt mit</p>
          <p><hi rendition="#g">Wigard,</hi> der gegen die Paragraphen des Entwurfs spricht. (Die Vertreter verlassen colonnenweise das Haus). Wigard spricht für das Minoritätserachten zu §. 8, welches radikaler als der §. ist, und den Einzelstaaten alle und jeden Gesandten abspricht. Die Gesandtschaften sollen nicht mehr Versorgungsanstalten für adlige Sprößlinge sein (Bravo).</p>
          <p><hi rendition="#g">von Linde</hi> (der berühmte Staatsrath aus Mainz) für die Paragraphen. (Das Haus wird noch leerer. Linde leert die Galerien auf die friedlichste Art, er spricht &#x2012; und es wird leer.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Wurm</hi> aus Hamburg spricht für das Minoritätserachten wie Wigard. Ich habe keinen Begriff von einem Bundesstaat, meint er, in welchem Gesandte bei der Reichsgewalt (wie §. 8 will) nöthig sind. Dies wäre nichts anders als der Bundestag. Den Ausdruck &#x201E;ständige Gesandte&#x201C; im §. 8 nennt er einen unglücklichen (Bravo! Schluß!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Schubert</hi> (Professor aus Königsberg) für die §.§. des Entwurfs. Geht auf eine historische Entwickelung der Gesandtschaften ein. Die Selbstständigkeit der einzelnen Staaten (welche anerkannt ist) erfordert die Annahme des §. 8; das ist die Beibehaltung der Gesandtschaften der Einzelstaaten bei der Centralgewalt. In unsern diplomatischen Verhältnissen haben wir Rücksichten aufs Ausland zu nehmen. (Rechts: Sehr richtig!) Schluß! &#x2012; Schluß wird heftig verlangt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jordan</hi> aus Gollnov. Meine Herren, ich will Sie nicht ermüden, ich bin für den Wegfall der Worte (§. 8) &#x201E;mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupt&#x201C;, dagegen bitte ich Sie den Ausdruck: &#x201E;ständige Gesandte&#x201C; beizubehalten.</p>
          <p>Schluß der Debatte. &#x2012; Berichterstatter Mittermaier für den Ausschuß. Bei der Abstimmung wird zuvörderst §. 7 (wie oben) einstimmig angenommen. Bei §. 8 wird das Minoritätserachten durch Zettelabstimmung mit 197 Stimmen gegen 194 verworfen. (Sensation links. 3 Stimmen Majorität.)</p>
          <p>Hierauf wird der erste Theil des §. 8, &#x201E;die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen, und solche zu halten&#x201C; angenommen; dagegen der zweite Theil: &#x201E;mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupt&#x201C; verworfen.</p>
          <p>Ein Amendement dafür von <hi rendition="#g">Rösler</hi> aus Oels: &#x201E;mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten bei der Reichsgewalt&#x201C;, soll zur Abstimmung kommen. (Rösler zieht es unter großer Heiterkeit zurück, und somit wäre das eben verworfene Minoritätserachten mit einigen Umständen doch angenommen, oder Graf Wartensleben verdirbt die Freude, indem er das Rösler'sche Amendement wieder aufnimmt. Es wird aber nun in der Abstimmung dennoch verworfen. (Großes Gelächter links). Ein 2tes Amendement Rösler's von Oels: &#x201E;Auch dürfen sie (die Einzelstaaten) keine besondern Consuln halten. Die auswärtigen Consuln erhalten ihr Exsequatur nur von der Reichsgewalt&#x201C; wird mit 239 Stimmen gegen 155 verworfen.</p>
          <p>§. 8. lautet demnach: &#x201E;Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen, oder solche zu halten&#x201C; Es ist 3/42 Uhr.</p>
          <p>Einzelne Stimmen rufen Vertagung. Die große Mehrheit verwirft die Vertagung, &#x2012; man hat zu gut gefrühstückt. &#x2012; Man geht zu §. 9.</p>
          <p>§. 9. &#x201E;Die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, Verträge mit andern deutschen Regierungen abzuschließen.</p>
          <p>Ihre Befugniß zu Verträgen mit nicht deutschen Regierungen beschränkt sich auf Gegenstände des Privatrechts, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Minoritäts-Erachten.</hi> &#x201E;Vor dem Worte <hi rendition="#g">Polizei</hi> im 2. Satz ist das Wort <hi rendition="#g">niederen</hi> einzuschalten.&#x201C; (Wigard, Blum, Schüler.)</p>
          <p>§. 10. &#x201E;Alle nicht rein privatrechtlichen Verträge, welche eine deutsche Regierung mit einer andern deutschen oder nichtdeutschen abschließt, sind der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Minoritäts-Erachten.</hi> Statt der §§. 9 und 10 heiße es: &#x201E;die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, bezüglich der sie betreffenden territorialen und landesherrlichen Angelegenheiten, Verträge mit andern deutschen oder auswärtigen Regierungen abzuschließen. Solche Verträge sind jedoch der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen. (Scheller, Detmold etc.</p>
          <p>Auf die Diskussion wird verzichtet, und beide §§. (wie oben) ohne die Minoritäts-Erachten angenommen. (Hierauf vertagt man sich bis Donnerstag 9 Uhr.)</p>
          <p>Schluß der Sitzung 2 1/4 Uhr.</p>
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          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 31. Okt.</head>
          <p>Sitzung der Vereinbarerversammlung.</p>
          <p>Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des Verfassungsentwurfs. Der Präsident Unruh eröffnet die Sitzung um 91/2 Uhr. Die Versammlung fährt in der gestern unterbrochenen Abstimmung über den Artikel 4 fort. Zuerst kommt das Amendement des Abg. Kiel, lautend: Statt des 2. Absatzes zu setzen:</p>
          <p>&#x201E;Es giebt im Staate weder einen besonderen Adel-, Bürger- oder Bauernstand, noch sonst Standesunterschiede oder Standesvorrechte.&#x201C;</p>
          <p>Dieses Amendement ist eine Beschränkung des Entwurfs und die Linke stimmt daher dagegen. Nach namentlicher Abstimmung wird dasselbe mit 208 gegen 144 Stimmen verworfen.</p>
          <p>Alsdann wird das Amendement Walter, lautend: Statt des 1. und 2. Satzes ist zu setzen:</p>
          <p>&#x201E;Es giebt vor dem Gesetze keine Vorrechte der Geburt, des Ranges oder Standes,&#x201C;</p>
          <p>verworfen.</p>
          <p>Hierauf wird der Satz des Entwurfs:</p>
          <p>&#x201E;Es giebt im Staate weder Standesunterschiede, noch Standesvorrechte,&#x201C;</p>
          <p>einstimmig angenommen.</p>
          <p>Das Amendement Berends, lautend:</p>
          <p>&#x201E;Der Adel ist abgeschafft,&#x201C;</p>
          <p>wird nach namentlicher Abstimmung mit 200 gegen 153 Stimmen angenommen. (Bravo links).</p>
          <p>Das Zusatzamendement Borchardt-Mathaei, lautend:</p>
          <p>&#x201E;Der Gebrauch adeliger Titel und Prädikate in öffentlichen Urkunden ist untersagt,&#x201C;</p>
          <p>wird nach namentlicher Abstimmung mit 208 gegen 150 Stimmen angenommen.</p>
          <p>Hierauf wird über die Einleitungsworte der Verfassungsurkunde zum zweiten Male abgestimmt und mit großer Majorität angenommen.</p>
          <p>Ueber das Amendement des Abg. Jung:</p>
          <p>&#x201E;Orden, so wie Titel, die nicht blos das Amt bezeichnen, können nicht mehr ertheilt werden,&#x201C;</p>
          <p>wird die Debatte eröffnet.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jung:</hi> Von den Orden sollte eigentlich an einer andern Stelle die Rede sein. Wir konnten aber keinen besseren Platz auffinden und bringen es deshalb zum Artikel 4. In einem freien Staate trägt der Bürger seinen Werth im freien Bewußtsein, und wie lächerlich ist es da, das Verdienst durch Orden zu bezeichnen. Wir sehen das Ordenssystem in China am Weitesten ausgeführt. Dort bringt der Orden, die Auszeichnung, den Mann erst zum Ansehen. So ist es in allen barbarischen Staaten. Wenn wir aber bei uns einen Mann im Lande mit Orden behängt herumgehen sehen, so zeigen die Orden nur an, daß dieser Mann mit vielen Höfen zu thun gehabt, daß er viele Vermählungen von Prinzen und Prinzessinnen zu Stande gebracht hat. Zeigt etwa der Orden ein sittliches oder staatliches Verdienst an ? Wenn man sieht, wie die Orden vertheilt werden, wird diese Illusion verloren gehen. Wenn ein reicher Kaufmann viele Diners giebt und den kommandirenden General dazu einladet, so wird er zum Commerzienrath vorgeschlagen und erhält den rothen Adlerorden. Auch vom konstitutionellen, sogar vom Vereinbarungsstandpunkte aus, muß man sich gegen die Ordensverleihungen erklären, denn diese Orden haben noch Statuten im ritterlichen Sinne, obgleich die Ordensinhaber, wenn sie versammelt wären, wohl kein ritterliches Ansehen haben möchten, und diese Ritter sollen zum Schutze des Königs dienen. Der König eines konstitutionellen Staats bedarf aber nicht des Schutzes Einzelner. Auch für die Heldenthaten im Kampfe für das Vaterland können die Orden abgeschafft werden; denn durch einen solchen Orden wird eine große That nicht nach Gebühr belohnt. Thaten, welche die Anerkennung des ganzen Staas verdienen, können ganz anders durch Denksäulen oder öffentliche Aussprüche der Volksvertretung belohnt werden.</p>
          <p><hi rendition="#g">Riedel</hi> spricht theilweise gegen das Amendement. Er will die Orden beibehalten wissen, weil sie Ehrenzeichen sind, welche wenig kosten. Schon die Alten hätten Ehrenkränze u. dgl. vertheilt. Dagegen ist er damit einverstanden, daß Titel, die nicht blos das Amt bezeichnen, nicht mehr ertheilt werden.</p>
          <p><hi rendition="#g">D'Ester:</hi> Ich will nicht mehr darauf zurückgehen, auf den Mißbrauch, der mit den Orden und Titeln getrieben wurde, denn dieser Mißbrauch ist von dem Institute selbst nicht zu trennen. Orden und Titel stammen aus einer frühern romantischen Zeit, die nicht mehr zu unserm Staate paßt. Gegen die Hausorden will ich nicht sprechen; denn die Hausorden werden den Kindern in der Wiege ertheilt. Das können wir Niemandem absprechen. Jeder kann in seinem Hause einen Orden ertheilen. Aber gegen die Verdienstorden des Staats will ich sprechen. Giebt man mit dem Orden eine Belohnung? Keinesfalls. Hat sich Jemand ein wahrhaftes Verdienst erworben, so giebt es wohl keine größere Anerkennung, als wenn eine gesetzgebende Versammlung erklärt: &#x201E;er hat sich um das Vaterland wohl verdient gemacht.&#x201C; Eine solche Anerkennung wird größeren und allgemeineren Eindruck machen als ein Orden, den man nach Belieben anlegen oder bei Seite legen kann. Und wenn die Nationalvertretung eine Geldbelohnung dekretirt, so ist diese Anerkennung gewiß ehrenhaft. Ich bitte Sie daher, das Amendement Jung mit meinem Zusatz, daß Nationalbelohnungen nur durch ein Gesetz ertheilt werden dürfen, anzunehmen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Baumstark</hi> schwätzt wieder stundenlang und erklärt sich gegen das Amendement. Die französische Republik hätte auch den Orden der Ehrenlegion beibehalten. Der Redner wird sehr witzig, citirt Stellen aus dem &#x201E;gestiefelten Kater,&#x201C; und erzählt, daß man in China den Vater desjenigen, der sich ein Verdienst erwirbt, in den Adelstand erhebt.</p>
          <p>Minister <hi rendition="#g">Eichmann:</hi> Ich will Sie nicht aufhalten mit einer Geschichte der Orden, aber es ist bekannt, daß die Orden schon seit Jahren an alle Stände vertheilt wurden. Ich kann die Versicherung geben, daß die früher bei Vertheilung der Orden stattgefundenen Mißbräuche nicht mehr vorkommen werden. Deshalb greifen Sie nicht nach einer Prärogative der Krone. Wir sehen ja, daß andere demokratische Staaten die Orden beibehalten haben. Ich bitte Sie daher, lassen Sie es beim Alten.</p>
          <p><hi rendition="#g">Schramm:</hi> Wenn der Herr Minister von demokratischen Staaten gesprochen und dabei auf Frankreich hinwies, so muß ich mir die Berichtigung erlauben, daß weder Frankreich unter Ludwig Philipp, noch die jetzige französische Republik demokratische Staaten sind. Der Redner spricht gegen alle Orden und Titel, sogar gegen die Doktortitel, da er ebenso das &#x201E;Dr.&#x201C; als das &#x201E;von,&#x201C; welches vor die Namen gesetzt wird, abgeschafft wissen will. Auch die &#x201E;Excellenzen&#x201C; werden vom Redner gehörig gewürdigt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Baumstark</hi> berichtigt, daß &#x201E;Doktor&#x201C; kein Titel, sondern eine Würde sei.</p>
          <p><hi rendition="#g">Pieper:</hi> Es wird Ihnen bekannt sein, daß unter drei Personen schon eine Meinungsverschiedenheit herrscht, wie viel mehr unter 400. Ich bin gegen die Orden, denn ich habe selbst gehört und gesehen, wie die Soldaten ausmarschirten und sagten: entweder den Orden oder den Tod. Es giebt viele hier (auf die Rechte zeigend), die gern einen Orden haben möchten. Gestern erhielt Einer von ihnen einen blauen Brief (königl. Kabinetsordre) und als er ihn freudig eröffnet, findet er einen Zettel mit einem Esel darin. (Großes Gelächter. Pieper ist ein Schlächter).</p>
          <p><hi rendition="#g">Reichenbach:</hi> Wenn der Herr Minister für die Beibehaltung der Orden spricht, das verstehe ich. Wie aber die Versammlung so viel Worte darüber macht, das verstehe ich nicht. Ist das Gelüste nach den rothen Adlerorden vierter Klasse noch so groß, daß man für die Orden spricht?</p>
          <p>Einige gegenseitige Zwischenbemerkungen der Abg. Baumstark und Berg erregen allgemeine Heiterkeit ihres humoristischen und satyrischen Inhalts wegen.</p>
          <p>Endlich kommt man zur Abstimmung über das Amendement des Abg. Jung. Man beliebt eine Theilung. Der erste Theil: &#x201E;Orden können nicht mehr ertheilt werden,&#x201C; wird nach namentlicher Abstimmung mit 196 gegen 140 Stimmen, und der zweite Theil fast einstimmig angenommen.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Siehe den Verfolg in der Beilage).</ref>
          </p>
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      </div>
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</TEI>
[0671/0003] [Deutschland] [Fortsetzung] einem hauptsächlichsten Vertheidigungspunkte bestimmt hatte, so daß man für die zahlreichen darin aufgehäuften Güter sehr besorgt gewesen war. Der Gloggnitzer Bahnhof war sehr lebhaft vertheidigt, aber noch im Laufe des 28. von den Truppen genommen, so wie die ganzen äußern Linien der Süd- und Ostseite, auch der Vorstadt Wieden, welche einer der Hauptsitze der Widerstandspartei sein soll. In der Landstraße hatten die Jäger, wie man sagte, in 3 Stunden 30 Barrikaden genommen; besonders soll sich das Regiment Nassau (von dem am 6. Oktober einige Kompagnien Widerstand gezeigt hatten) ausgezeichnet haben. In den Vorstädten Landstraße und Lerchenfeld, erzählte man, seien die Truppen von den Einwohnern selbst begünstigt und von Frauen mit Blumen empfangen worden. Viele Nationalgardisten sollen die Waffen weggeworfen und eine große Anzahl Waffen im Kanale gefunden worden sein; die Arbeiter zeigten dagegen große Tapferkeit; man wollte keine Studenten bemerkt haben, und Manche vermutheten daraus, dieselben hätten nur ihre besondern Kennzeichen, Stürmer und dergleichen, abgelegt, um nicht erkannt zu werden. Bomben waren, allem Anschein nach, nur sehr wenige in die Stadt geworfen, hauptsächlich gegen die Aula, als Vorspiel des Angriffs. Dagegen hatten einige Granaten und Raketen, namentlich in der Vorstadt Wieden, gezündet. Auch sah man die große kostbare Maschinenfabrik am Gloggnitzer Bahnhof in Flammen stehen. In der Nacht zum 29. hörte man nur vereinzeltes Feuern; während derselben wurde das Belvedere und der Schwarzenbergische Garten, so wie die ganze Jägerzeile und Leopold-Vorstadt, von den kaiserl. Truppen, wie es scheint, ohne großen Widerstand, besetzt, so daß die Städtischen an der südlichen und östlichen Seite beinahe auf die innere Stadt beschränkt waren. In den Vorstädten erklärten die Offiziere, der Fürst habe dieselben hauptsächlich darum besetzen lassen, um sie bei einem etwa nothwendig werdenden Bombardement schonen und bei einem Kampf um die innere Stadt den Bürgern, die am Kampf nicht Theil nehmen wollten, eine Zufluchtsstätte anweisen zu können. Am Morgen des 29. hatte man eine Deputation von Parlamentären auf drei Wegen aus der Stadt hinaus nach dem Hauptquartier kommen sehen und wollte wissen, daß dieselben noch von da dem Fürsten Windischgrätz nachgeeilt seien, welcher auf eine Rekognoszirung gegen die Ungarn ausgeritten war. Ueber das Resultat war noch nichts bekannt. Erzählt wurde, General Bem und die Studenten hätten erklärt, sie würden sich bis auf den letzten Mann vertheidigen. Die Ungarn hielten sich fortwährend ruhig; sie waren während des Kampfes in die Nähe der Stadt gerückt, sollen sich aber wieder nach Bruck zurückgezogen haben. Einen Angriff hatten sie jedenfalls nicht gemacht, obgleich eine große, aus der Stadt aufsteigende Rauchsäule als ein Hülferuf angesehen wurde. Um 2 1/2 Uhr, bei Abgang der letzten Nachricht, hörte man wieder Kanonendonner. (Preuß. St.-Anz.) Florisdorf, 27. Oktober. Im Allgemeinen hat sich im Stande der Feindseligkeiten noch wenig geändert. Vor Allem hat es sich gezeigt, daß die Dampfmühle nicht abgebrannt ist. Eben so soll das k. Luftschloß im Augarten unversehrt, und nur das „Universum“ in der Brigittenau abgebrannt sein. Der Bahnhof ist vom General Wiesner besetzt und gegen die Jägerzeile hin mit den dort eingelagerten Wollballen und Getreidesäcken geschützt. Von der sehr starken Barricade am Ende der Jägerzeile wurde fortwährend ein lebhaftes Feuer gegen den Bahnhof, so wie gegen den gegenüberliegenden, vom Militär besetzten Garten unterhalten. Aus dem großen Eckhause der Jägerzeile und Franzbrücken-Allee wurde von den steyrischen freiwilligen Scharfschützen aus ihren ausgezeichneten Büchsen viel geschossen, wogegen dieses Haus vom Militär ebenfalls mit Kanonen beschossen wurde. Hauptmann Stocka, Besitzer von Napajedl, parlamentirte mit der Besatzung der genannten Barricade und suchte sie durch allerlei Vorstellungen zum Abzuge zu bewegen, allein vergeblich. In der Aue zwischen den Brücken ist ein Militärspital eingerichtet. Die Zuckerfabrik des Hrn. Zinner, in der Nähe des Donaucanals, soll abgebrannt seyn. In der Stadt herrscht wenig Störung, indem man sich bereits an die täglichen Affairen gewöhnt hat und der festen Meinung ist, derselben könne nichts angehabt werden. Das Militär soll an Munition Mangel leiden und erwartet mit Ungeduld die neuen Zufuhren von Olmütz und Prag. Heut wurde von Florisdorf über die ärarische Donaubrücke Proviant in den Bahnhof geführt. Von der Westseite Wiens erfährt man nichts, doch soll dort noch kein Angriff stattgefunden haben. Heute kam Pillersdorff, Krauß und Fischhof vom Kaiser, ‒ man sagt, unverrichteter Dinge ‒ zurück. Jeder Passagier, welcher von hieraus auf der Eisenbahn weiter reisen will, muß sich mit einem von dem hier stationirten Hauptmann ausgestellten Geleitsschein ausweisen. Uebrigens ist der Betrieb nirgends gestört und die ganze Bahn von hier bis Prag ‒ mit Ausnahme der Lundenburg-Brünner Strecke ‒ noch vom Militär bewacht. Es bestätigt sich, daß das fünfte Jägerbataillon bei Nußdorf sehr gelitten habe. (C. Bl. a. B.) Prag, 27. Oktbr. Für heute steht in Prag die Erstürmung der Buchhandlung des Abg. Borrosch bevor, eine wahrscheinlich durch die gestern von der Lipa Slowanska berufene Volksversammlung ausgeheckte Idee. Das Militär ist in den Kasernen konsignirt. Gestern bemerkte man vom Lorenzberge Feuer in der Gegend der deutsch-böhmischen Kreise, man erzählt von einem Landsturm der Deutschen nach Wien. ‒ Der mährische Landtag beräth in Brünn eine Gemeinde-Ordnung; doch wehren sie sich dort heftig gegen jede Vereinigung Mährens mit Böhmen. In Olmütz erscheinen täglich Hanaken mit ellenlangen Kuchen, die sie dem Kaiser schenken, sie fallen ihm zu Füßen aus Dankbarkeit für die genehmigte Aufhebung der bäuerlichen Lasten. Nordschlesien ist minder loyal. Bei Johannisberg hat sich das Landvolk mit einer Art Partisanen bewaffnet, um den Wienern beim ersten Rufe zu Hülfe zu eilen. Die Demokraten des angränzenden Preußisch Schlesien haben hierzu viel beigetragen. Vier Gemeinden haben bereits die Steuern verweigert und erklärt, daß bei der künftigen Rekrutirung kein Mann von ihnen gestellt werden wird, bis der Kaiser Wien freigegeben hat. Bielitz, Jägerndorf und Teschen sind die Hauptpunkte dieser Bewegung. ‒ Stadion ist in Kremsier, um die Anordnungen für den Reichstag zu treffen. Die Ungarn sollen von Bruck aufgebrochen und den linken Flügel von Jellachich angegriffen haben. Jellachich hat an die Lipa Slowanska ein Schreiben erlassen, worin er sagt, daß er zum Schutze des Slaventhums gegen Wien kämpft. (A. D.-Z.) Teplitz, 27. Okt. Unter den in den umliegenden Ortschaften Bilin, Dur, Kulm, Karbitz, Türmitz etc. stationirten Palatinal husaren sind in den jüngsten Tagen mehrfache Desertionen vorgekommen. Heute Morgen zwischen 3-4 Uhr ritt abermals eine Abtheilung, wohl 30-40 Mann stark, mit gezogenem Säbel und gespanntem Pistol mitten durch Teplitz, um ihren bedrängten Landsleuten zu Hülfe zu ziehen. Bei den Offizieren dieses Regiments, das übrigens fast nur aus Magyaren besteht, scheinen die ungarischen Sympathien weniger stark zu sein, wenigstens sollen bis jetzt unter ihnen nur 2 bis 3 Desertionsfälle vorgekommen sein. Nachschrift, 7 ein halb Uhr Abends. In diesem Augenblicke ziehen durch Teplitz 120 Husaren, sie kommen von Brür und ziehen in der Richtung von Tetschen weiter. Sie rufen Adieu und Eljen. In Königseck (an der mährischen Gränze) wurden am 22. Nachts 55 flüchtige Husaren von Soldaten umzingelt und mußten sich ergeben. Ein Offizier (nach andern ein Wachtmeister) wurde erschossen. Auch in Tabor rückten Tags vorher Militär, Garden und Schützen aus, um eine von Mühlhausen her ziehende Husarenabtheilung festzuhalten, man wartete aber vergebens, da die Deserteure wahrscheinlich eine andere Richtung genommen hatten. (Cst. Bl. a. B.) !!! Frankfurt, 31. Oktober. Sitzung der Nationalversammlung. Präsident von Gagern. Tagesordnung: Berathung über den Entwurf der Verfassung. Abschnitt I. §. 6 und Abschnitt II. §. 7. ff. Vor der Tagesordnung. Präsident: Viele Mitglieder der Linken, Nauwerk, Vogt, Scharre, Schaffrath, Rösler von Oels u. s. w., etwa 40-50, erklären schriftlich zu Protokoll, daß sie seit 14 Tagen sich vergebens bemüht haben, die deutsche Nationalversammlung zu den in der österreichischen Angelegenheit wichtigsten Maßregeln zu bewegen, als: Fortweisung der Croaten vom deutschen Boden, Entsetzung Wien's u. s. w. (Viele Mitglieder der Linken treten noch mündlich bei). Folgen Flottenbeiträge, u. a. von den Preußen in Petersburg, von den Deutschen zu Bombay in Westindien (300 Thlr.) Pagenstecher (für den volkswirthschaftlichen Ausschuß) erstattet einen Bericht über Anträge und Petitionen, für Medizinal- und Apothekenwesen, Homöophatie, allgemeine deutsche Pharmakopoe etc. Der Ausschuß erkennt diese Angelegenheiten für wichtig, aber nicht zur Beschäftigung für die Nationalversammlung geeignet. Fuchs (im Namen des Prioritäts Ausschusses) kündigt den Bericht über den Jahn'schen Antrag an: „Die ganze Linke in Anklagezustand zu versetzen, resp. zu excludiren und Neuwahlen vorzunehmen.“ Der Ausschuß beantragt in Erwägung der Unstatthaftigkeit und Ungehörigkeit (resp. Erbarmungswürdigkeit) solcher Anträge zur motivirten Tagesordnung überzugehen. von Vinke (für den Ausschuß der Geschäftsordnung) zeigt an, daß die neue Disciplinarordnung (14 §§.) fertig geworden ist. Der Ausschuß bittet, dieselbe auf eine der nächsten Tagesordnungen zu setzen, weil leider immer wieder undisziplinarisches Verfahren der Abgeordneten vorkommt. Biedermann interpellirt den Justiz-Minister wegen partikularistischer Handlungen der sächsischen Kammer und Regierung. Minister von Mohl hat hierüber bei der sächsischen Regierung schon angefragt und wird wohl nächsten Montag die Sache erledigen können. Höfken interpellirt den Minister des Aeußern wegen einer Menge von Angelegenheiten, Limburg betreffend. (Die Interpellation geht an den Minister.) Förster von Lünfeld stellt den dringlichen Antrag, das Ministerium solle so schnell wie möglich ein ausführliches Ministerprogramm vorlegen, wie dies bei konstitutionellen Regierungen Sitte, und auch vom Ministerium längst versprochen ist. Der Antrag ist von Eisenmann, Günter und etwa 30 andern unterstützt, wird aber nicht als dringlich erkannt. Er geht den bekannten Weg (alles Fleisches) in die Ausschüsse. Tagesordnung. §. 6. (Abschnitt I.) lautet: „Die einzelnen deutschen Staaten behalten ihre Selbstständigkeit, soweit dieselbe nicht durch die Reichsverfassung beschränkt ist; sie haben alle staatlichen Hoheiten und Rechte, soweit diese nicht der Reichsgewalt ausdrücklich übertragen sind.“ Nachdem hierzu viele Amendements verlesen sind, (von denen doch keines angenommen wird) beginnt die Debatte mit Herrn Moritz Mohl: Er spricht gegen den Entwurf, und hat dem §. 6 eine andere Fassung gegeben. Der Eindruck, sagt er, den der Verfassungsentwurf auf mich gemacht hat, ist der, daß bewußt oder unbewußt der Verfassungsausschuß sich die Aufgabe gestellt, die Einrichtungen der Partikularstaaten soviel als möglich beizubehalten. ‒ So vornehmlich im gegenwärtigen §. Makowiczka (Oesterreich). Für den §. des Entwurfs mit einigen Verbesserungen, welche formelle Mißverständnisse des §. verhüten sollen. (Bravo!) Schluß! Schluß! Die Debatte hat ja schon so lange gedauert. Hinter den Worten des §. „soweit diese nicht der Reichsgewalt“ (S. o.) will er eingeschaltet: „nach der Reichsgesetzgebung.“ ‒ Nachdem noch Claussen aus Kiel gegen den Paragraphen des Entwurfs und Schierenberg aus Detmold mit wenigen Worten für die unveränderte Annahme desselben gesprochen, auch noch drei Amendements verlesen, wird diese kühle Debatte geschlossen. Mittermaier spricht als Berichterstatter für den Entwurf. (Lavatrix parlamentaris nennt ihn die Carrikatur.) Die Mediatisirungsfragen will er alle ausgeschlossen haben. Herr Demel aus Teschen unter andern beantragt sehr kurz: „Alle Fürsten deren Staaten weniger als 6 Millionen Einwohner haben, sind mediatisirt.“ (Anhaltendes Gelächter.) Vor der Abstimmung über §. 6. wird eine Erklärung zu Protokoll angenommen, nach welcher durch die Beschlüsse des §. 6 die Mediatisirungs-Fragen (die einer nochmaligen Begutachtung des Ausschusses zugewiesen) nicht ausgeschlossen sind, sondern später noch zur Berathung kommen. Der §. 6 nach der Fassung des Ausschusses (S. o.) wird angenommen. Abschnitt II. (Art. I.) §. 7. „Die Reichsgewalt übt dem Auslande gegenüber die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten ausschließlich aus.“ „Die Reichsgewalt stellt Gesandte und Consuln an. Sie führt den diplomatischen Verkehr, schließt die Bündnisse und Verträge mit dem Auslande, namentlich auch die Handels- und Schiffahrtsverträge, so wie die Auslieferungsverträge ab. ‒ Sie ordnet alle völkerrechtlichen Maßregeln an.“ §. 8. „Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen oder solche zu halten, mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupte.“ Hierzu das Minoritätserachten: „Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, Gesandte zu empfangen, oder solche zu halten. (Ahrens. Blum. Schüler. Wigard.) Hierzu die übliche Anzahl Amendements. Ueber §. 7 und 8 zusammen beschließt man die Diskussion. Die Diskussion beginnt mit Wigard, der gegen die Paragraphen des Entwurfs spricht. (Die Vertreter verlassen colonnenweise das Haus). Wigard spricht für das Minoritätserachten zu §. 8, welches radikaler als der §. ist, und den Einzelstaaten alle und jeden Gesandten abspricht. Die Gesandtschaften sollen nicht mehr Versorgungsanstalten für adlige Sprößlinge sein (Bravo). von Linde (der berühmte Staatsrath aus Mainz) für die Paragraphen. (Das Haus wird noch leerer. Linde leert die Galerien auf die friedlichste Art, er spricht ‒ und es wird leer.) Wurm aus Hamburg spricht für das Minoritätserachten wie Wigard. Ich habe keinen Begriff von einem Bundesstaat, meint er, in welchem Gesandte bei der Reichsgewalt (wie §. 8 will) nöthig sind. Dies wäre nichts anders als der Bundestag. Den Ausdruck „ständige Gesandte“ im §. 8 nennt er einen unglücklichen (Bravo! Schluß!) Schubert (Professor aus Königsberg) für die §.§. des Entwurfs. Geht auf eine historische Entwickelung der Gesandtschaften ein. Die Selbstständigkeit der einzelnen Staaten (welche anerkannt ist) erfordert die Annahme des §. 8; das ist die Beibehaltung der Gesandtschaften der Einzelstaaten bei der Centralgewalt. In unsern diplomatischen Verhältnissen haben wir Rücksichten aufs Ausland zu nehmen. (Rechts: Sehr richtig!) Schluß! ‒ Schluß wird heftig verlangt. Jordan aus Gollnov. Meine Herren, ich will Sie nicht ermüden, ich bin für den Wegfall der Worte (§. 8) „mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupt“, dagegen bitte ich Sie den Ausdruck: „ständige Gesandte“ beizubehalten. Schluß der Debatte. ‒ Berichterstatter Mittermaier für den Ausschuß. Bei der Abstimmung wird zuvörderst §. 7 (wie oben) einstimmig angenommen. Bei §. 8 wird das Minoritätserachten durch Zettelabstimmung mit 197 Stimmen gegen 194 verworfen. (Sensation links. 3 Stimmen Majorität.) Hierauf wird der erste Theil des §. 8, „die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen, und solche zu halten“ angenommen; dagegen der zweite Theil: „mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten beim Reichsoberhaupt“ verworfen. Ein Amendement dafür von Rösler aus Oels: „mit Ausnahme ihrer Bevollmächtigten bei der Reichsgewalt“, soll zur Abstimmung kommen. (Rösler zieht es unter großer Heiterkeit zurück, und somit wäre das eben verworfene Minoritätserachten mit einigen Umständen doch angenommen, oder Graf Wartensleben verdirbt die Freude, indem er das Rösler'sche Amendement wieder aufnimmt. Es wird aber nun in der Abstimmung dennoch verworfen. (Großes Gelächter links). Ein 2tes Amendement Rösler's von Oels: „Auch dürfen sie (die Einzelstaaten) keine besondern Consuln halten. Die auswärtigen Consuln erhalten ihr Exsequatur nur von der Reichsgewalt“ wird mit 239 Stimmen gegen 155 verworfen. §. 8. lautet demnach: „Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen, oder solche zu halten“ Es ist 3/42 Uhr. Einzelne Stimmen rufen Vertagung. Die große Mehrheit verwirft die Vertagung, ‒ man hat zu gut gefrühstückt. ‒ Man geht zu §. 9. §. 9. „Die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, Verträge mit andern deutschen Regierungen abzuschließen. Ihre Befugniß zu Verträgen mit nicht deutschen Regierungen beschränkt sich auf Gegenstände des Privatrechts, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei.“ Minoritäts-Erachten. „Vor dem Worte Polizei im 2. Satz ist das Wort niederen einzuschalten.“ (Wigard, Blum, Schüler.) §. 10. „Alle nicht rein privatrechtlichen Verträge, welche eine deutsche Regierung mit einer andern deutschen oder nichtdeutschen abschließt, sind der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen.“ Minoritäts-Erachten. Statt der §§. 9 und 10 heiße es: „die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, bezüglich der sie betreffenden territorialen und landesherrlichen Angelegenheiten, Verträge mit andern deutschen oder auswärtigen Regierungen abzuschließen. Solche Verträge sind jedoch der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen. (Scheller, Detmold etc. Auf die Diskussion wird verzichtet, und beide §§. (wie oben) ohne die Minoritäts-Erachten angenommen. (Hierauf vertagt man sich bis Donnerstag 9 Uhr.) Schluß der Sitzung 2 1/4 Uhr. 103 Berlin, 31. Okt. Sitzung der Vereinbarerversammlung. Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des Verfassungsentwurfs. Der Präsident Unruh eröffnet die Sitzung um 91/2 Uhr. Die Versammlung fährt in der gestern unterbrochenen Abstimmung über den Artikel 4 fort. Zuerst kommt das Amendement des Abg. Kiel, lautend: Statt des 2. Absatzes zu setzen: „Es giebt im Staate weder einen besonderen Adel-, Bürger- oder Bauernstand, noch sonst Standesunterschiede oder Standesvorrechte.“ Dieses Amendement ist eine Beschränkung des Entwurfs und die Linke stimmt daher dagegen. Nach namentlicher Abstimmung wird dasselbe mit 208 gegen 144 Stimmen verworfen. Alsdann wird das Amendement Walter, lautend: Statt des 1. und 2. Satzes ist zu setzen: „Es giebt vor dem Gesetze keine Vorrechte der Geburt, des Ranges oder Standes,“ verworfen. Hierauf wird der Satz des Entwurfs: „Es giebt im Staate weder Standesunterschiede, noch Standesvorrechte,“ einstimmig angenommen. Das Amendement Berends, lautend: „Der Adel ist abgeschafft,“ wird nach namentlicher Abstimmung mit 200 gegen 153 Stimmen angenommen. (Bravo links). Das Zusatzamendement Borchardt-Mathaei, lautend: „Der Gebrauch adeliger Titel und Prädikate in öffentlichen Urkunden ist untersagt,“ wird nach namentlicher Abstimmung mit 208 gegen 150 Stimmen angenommen. Hierauf wird über die Einleitungsworte der Verfassungsurkunde zum zweiten Male abgestimmt und mit großer Majorität angenommen. Ueber das Amendement des Abg. Jung: „Orden, so wie Titel, die nicht blos das Amt bezeichnen, können nicht mehr ertheilt werden,“ wird die Debatte eröffnet. Jung: Von den Orden sollte eigentlich an einer andern Stelle die Rede sein. Wir konnten aber keinen besseren Platz auffinden und bringen es deshalb zum Artikel 4. In einem freien Staate trägt der Bürger seinen Werth im freien Bewußtsein, und wie lächerlich ist es da, das Verdienst durch Orden zu bezeichnen. Wir sehen das Ordenssystem in China am Weitesten ausgeführt. Dort bringt der Orden, die Auszeichnung, den Mann erst zum Ansehen. So ist es in allen barbarischen Staaten. Wenn wir aber bei uns einen Mann im Lande mit Orden behängt herumgehen sehen, so zeigen die Orden nur an, daß dieser Mann mit vielen Höfen zu thun gehabt, daß er viele Vermählungen von Prinzen und Prinzessinnen zu Stande gebracht hat. Zeigt etwa der Orden ein sittliches oder staatliches Verdienst an ? Wenn man sieht, wie die Orden vertheilt werden, wird diese Illusion verloren gehen. Wenn ein reicher Kaufmann viele Diners giebt und den kommandirenden General dazu einladet, so wird er zum Commerzienrath vorgeschlagen und erhält den rothen Adlerorden. Auch vom konstitutionellen, sogar vom Vereinbarungsstandpunkte aus, muß man sich gegen die Ordensverleihungen erklären, denn diese Orden haben noch Statuten im ritterlichen Sinne, obgleich die Ordensinhaber, wenn sie versammelt wären, wohl kein ritterliches Ansehen haben möchten, und diese Ritter sollen zum Schutze des Königs dienen. Der König eines konstitutionellen Staats bedarf aber nicht des Schutzes Einzelner. Auch für die Heldenthaten im Kampfe für das Vaterland können die Orden abgeschafft werden; denn durch einen solchen Orden wird eine große That nicht nach Gebühr belohnt. Thaten, welche die Anerkennung des ganzen Staas verdienen, können ganz anders durch Denksäulen oder öffentliche Aussprüche der Volksvertretung belohnt werden. Riedel spricht theilweise gegen das Amendement. Er will die Orden beibehalten wissen, weil sie Ehrenzeichen sind, welche wenig kosten. Schon die Alten hätten Ehrenkränze u. dgl. vertheilt. Dagegen ist er damit einverstanden, daß Titel, die nicht blos das Amt bezeichnen, nicht mehr ertheilt werden. D'Ester: Ich will nicht mehr darauf zurückgehen, auf den Mißbrauch, der mit den Orden und Titeln getrieben wurde, denn dieser Mißbrauch ist von dem Institute selbst nicht zu trennen. Orden und Titel stammen aus einer frühern romantischen Zeit, die nicht mehr zu unserm Staate paßt. Gegen die Hausorden will ich nicht sprechen; denn die Hausorden werden den Kindern in der Wiege ertheilt. Das können wir Niemandem absprechen. Jeder kann in seinem Hause einen Orden ertheilen. Aber gegen die Verdienstorden des Staats will ich sprechen. Giebt man mit dem Orden eine Belohnung? Keinesfalls. Hat sich Jemand ein wahrhaftes Verdienst erworben, so giebt es wohl keine größere Anerkennung, als wenn eine gesetzgebende Versammlung erklärt: „er hat sich um das Vaterland wohl verdient gemacht.“ Eine solche Anerkennung wird größeren und allgemeineren Eindruck machen als ein Orden, den man nach Belieben anlegen oder bei Seite legen kann. Und wenn die Nationalvertretung eine Geldbelohnung dekretirt, so ist diese Anerkennung gewiß ehrenhaft. Ich bitte Sie daher, das Amendement Jung mit meinem Zusatz, daß Nationalbelohnungen nur durch ein Gesetz ertheilt werden dürfen, anzunehmen. Baumstark schwätzt wieder stundenlang und erklärt sich gegen das Amendement. Die französische Republik hätte auch den Orden der Ehrenlegion beibehalten. Der Redner wird sehr witzig, citirt Stellen aus dem „gestiefelten Kater,“ und erzählt, daß man in China den Vater desjenigen, der sich ein Verdienst erwirbt, in den Adelstand erhebt. Minister Eichmann: Ich will Sie nicht aufhalten mit einer Geschichte der Orden, aber es ist bekannt, daß die Orden schon seit Jahren an alle Stände vertheilt wurden. Ich kann die Versicherung geben, daß die früher bei Vertheilung der Orden stattgefundenen Mißbräuche nicht mehr vorkommen werden. Deshalb greifen Sie nicht nach einer Prärogative der Krone. Wir sehen ja, daß andere demokratische Staaten die Orden beibehalten haben. Ich bitte Sie daher, lassen Sie es beim Alten. Schramm: Wenn der Herr Minister von demokratischen Staaten gesprochen und dabei auf Frankreich hinwies, so muß ich mir die Berichtigung erlauben, daß weder Frankreich unter Ludwig Philipp, noch die jetzige französische Republik demokratische Staaten sind. Der Redner spricht gegen alle Orden und Titel, sogar gegen die Doktortitel, da er ebenso das „Dr.“ als das „von,“ welches vor die Namen gesetzt wird, abgeschafft wissen will. Auch die „Excellenzen“ werden vom Redner gehörig gewürdigt. Baumstark berichtigt, daß „Doktor“ kein Titel, sondern eine Würde sei. Pieper: Es wird Ihnen bekannt sein, daß unter drei Personen schon eine Meinungsverschiedenheit herrscht, wie viel mehr unter 400. Ich bin gegen die Orden, denn ich habe selbst gehört und gesehen, wie die Soldaten ausmarschirten und sagten: entweder den Orden oder den Tod. Es giebt viele hier (auf die Rechte zeigend), die gern einen Orden haben möchten. Gestern erhielt Einer von ihnen einen blauen Brief (königl. Kabinetsordre) und als er ihn freudig eröffnet, findet er einen Zettel mit einem Esel darin. (Großes Gelächter. Pieper ist ein Schlächter). Reichenbach: Wenn der Herr Minister für die Beibehaltung der Orden spricht, das verstehe ich. Wie aber die Versammlung so viel Worte darüber macht, das verstehe ich nicht. Ist das Gelüste nach den rothen Adlerorden vierter Klasse noch so groß, daß man für die Orden spricht? Einige gegenseitige Zwischenbemerkungen der Abg. Baumstark und Berg erregen allgemeine Heiterkeit ihres humoristischen und satyrischen Inhalts wegen. Endlich kommt man zur Abstimmung über das Amendement des Abg. Jung. Man beliebt eine Theilung. Der erste Theil: „Orden können nicht mehr ertheilt werden,“ wird nach namentlicher Abstimmung mit 196 gegen 140 Stimmen, und der zweite Theil fast einstimmig angenommen. (Siehe den Verfolg in der Beilage).

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 133. Köln, 3. November 1848, S. 0671. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz133_1848/3>, abgerufen am 03.12.2024.