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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 133. Köln, 3. November 1848.

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[Deutschland]

[Fortsetzung] nige besaß sie einen Blitzableiter für das Volk, in dem Volke einen Blitzableiter für den König.

Indem die "Reforme" die theils heuchlerischen, theils ehrlich gemeinten Einbildungen, die am Tage nach Louis Philippe's Niederlage grassirten, für Realitäten versieht, erscheint ihr die Bewegung nach den Februartagen als eine Reihe von Fehlern und mißlichen Zufällen, die vermieden worden wären durch einen großen Mann, der den Bedürfnissen der Situation entsprochen. Als ob Lamartine, das Irrlicht, nicht der wahre Mann der Situation gewesen wäre!

Immer noch will der wahre Mann, der große Mann nicht erscheinen, klagt die "Reforme" und die Situation verschlechtert sich jeden Tag.

"Einerseits wächst die industrielle und kommerzielle Krise. Andrerseits wächst der Haß und jeder strebt nach entgegengesetztem Ziele. Die, welche vor dem 24. Februar unterdrückt waren, suchen ein Ideal von Glück und Freiheit in der Conception einer ganz neuen Gesellschaft. Die, welche unter der Monarchie herrschten, denken nur daran, ihr Reich wieder zu gewinnen, um es mit verdoppelter Härte auszubeuten."

Wie, nun tritt die "Reforme" zwischen die schroff entgegenstehenden Klassen? Erhebt sie sich auch nur zu der Ahnung, daß die Klassengegensätze und der Klassenkampf erst mit dem Verschwinden der Klassen verschwinden?

Nein! So eben hat sie den Klassengegensatz zugegeben. Die Klassengegensätze aber beruhen auf ökonomischen Grundlagen, auf der bisherigen materiellen Produktionsweise und den daraus hervorgehenden Verkehrsverhältnissen. Die "Reforme" weiß kein besseres Mittel, sie zu verändern und aufzuheben, als von ihrer wirklichen Grundlage, eben von diesen materiellen Verhältnissen, wegzublicken und sich in den blauen Dunsthimmel der republikanischen Joeologie zurückzustürzen, d. h. in die poetische Februarperiode, aus der die Juniereignisse sie gewaltsam herausgeworfen hatten. Man höre nur:

Das Traurigste bei diesen innern Zwistigkeiten ist das Erlöschen, das Verlorengehen der patriotischen, der nationalen Gefühle, das heißt eben jener Schwärmerei, womit beide Klassen ihre bestimmten Interessen, ihre Lebensbedingungen patriotisch und national übertünchten. Als sie das 1789 thaten, war auch ihr wirklicher Gegensatz noch nicht entwickelt. Was damals der entsprechende Ausdruck der Situation war, ist heute nur eine Ausflucht aus der Situation. Was damals Körper, ist heute Reliquie.

"Offenbar" schließt die "Reforme", "ist es ein tiefliegendes Uebel, woran Frankreich leidet; aber es ist nicht unheilbar. Es hat seinen Ursprung in der Verwirrung der Ideen und Sitten, in dem Vergessen der Gerechtigkeit und der Gleichheit in den gesellschaftlichen Verhältnissen, in der Verderbtheit durch einen egoistischen Unterricht. In diesem Zirkel muß man die Mittel der Reorganisation sichern. Statt dessen nimmt man zu materiellen Mitteln seine Zuflucht."

Die "Reforme" schiebt die Sache in's "Gewissen", und nun hilft die moraliche Salbaderei aus aller Noth. Der Gegensatz von Bourgeoisie und Proletariat stammt also von den Ideen dieser beiden Klassen her. Und woher stammen diese Ideen? Aus den gesellschaftlichen Verhältnissen. Und woher diese Verhältnisse? Aus den materiellen, den ökonomischen Lebensbedingungen der feindseligen Klassen. Nach der "Reforme" ist beiden geholfen, wenn sie das Bewußtsein ihrer wirklichen Lage und ihres wirklichen Gegensatzes verlieren und sich in dem Opium der "patriotischen" Gefühle und Redensarten von 1793 berauschen. Welche Rathlosigkeit!

* Köln, 2, November.

Wir haben schon früher unsere Leser darauf aufmerksam gemacht, daß das Reichsministerium gleich dem Ministerium des konstitutionnellen "Musterstaats" lobhudelnde Artikel über seine eigene Thätigkeit anfertigt und höchsteigen an die respektiven Zeitungsredaktionen expedirt.

In ihrer Nummer vom 31. October bringt die "Bremer Zeitung" einen neuen Beitrag zur publicistischen Betriebsamkeit des Reichsministeriums, desselben Ministeriums, das sich gegen die Kritik der Zeitungspresse durch einen eigens zu diesem Zwecke angefertigten Code penal sicher zu stellen sucht.

Herr Unterstaatssekretär Bassermann hat uns einen Artikel über "die bisherige Thätigkeit der provisorischen Centralgewalt" zur Aufnahme in unser Blatt eingesandt. Der Inhalt ist eine Apologie des Reichsministerium, in welcher durchgeführt werden soll, daß dasselbe nach Maßgabe der Verhältnisse nicht mehr und nichts anderes habe thun können, als was bis jetzt von ihm ausgegangen ist. - Wir können einer von uns nicht getheilten Ansicht keinen so großen Raum in unserem Blatte vergönnen; sehr gern aber theilen wir die in jenem Artikel enthaltenen Thatsachen mit, welche noch weniger bekannt geworden sind.

Folgt ein Auszug aus dem endlosen Artikel der "Oberpostamtszeitung" über das "Reich und die Reichsgewalt."

Auch Du Brutus Bassermann!

* Köln, 2. Nov.

Zeitungen und Briefe aus Wien fehlen uns noch immer. Die von den Weinreisenden der "Br. Ztg." und den diplomatischen Commis Boyageurs des "Pr. St. A." verbreiteten Gerüchte haben sich bis jetzt durchaus nicht bestätigt. Daß Wien sich mitten im Kampfe befindet, ist unzweifelhaft. Daß die Kroaten und sonstigen Freunde der "verfassungsmäßigen Freiheit" bisher trotz dem großen Jellachich, dessen Heldenmuth, wie der des tapfern Sipahsalar, so berühmt ist, daß beim Blinken seines Säbels sich der erschrockene Mond in den Wolken verbirgt" - keinen irgendwie entscheidenden Vortheil errungen haben, scheint schon daraus hervorzugehen, daß das preußische Ministerium keine niederdonnernden Depeschen veröffentlicht. Wien ist abgesperrt, aber nicht für das Berliner Ministerium, das "aus der Umgegend von Wien" Berichte erhält.

Die brave "Kölnische Zeitung" bringt ihren Lesern seit dem 6ten October fortlaufend großgedruckte Extrablätter, von denen das eine immer das andere Lügen straft. Heute sieht sie sich in die "traurige" Nothwendigkeit versetzt, ihre "gestrigen höchst traurigen Mittheilungen" zu bestätigen, selbst nach dem "Preuß. Staatsanzeiger", welcher nebst der "Breslauer Zeitung" unserer Nachbarin natürlich als Evangelium gilt.

Unsere Leser finden unten die widersprechenden und haltlosen Gerüchte, die dem "Pr. St. A.", den "C. Bl. a. B.", der "A. D. Z." und Mährischen Blättern entnommen sind. Zur Kritik der von der "Kölnischen Zeitung" so gesinnungsernst acceptirten "neuesten Nachrichten" und zur Kritik dieser ernsten Gesinnung selbst genüge einstweilen Folgendes:

Extrablatt der Kölnischen Zeitung vom 2. Nov.:

(Großgedruckt.) "In der Nacht zum 29. hörte man nur vereinzeltes Feuern, während desselben wurde das Belvedere, sowie die ganze Jägerzeil und Leopoldsvorstadt von den kaiserlichen Truppen, wie es scheint, ohne großen Widerstand besetzt etc. etc.

Dies schreibt man aus der Umgebung von Wien am 29. Nachmittags ein halb 3 Uhr.

Dagegen schreibt ein Reisender, der Florisdorf am 28. Abends 8 Uhr verließ: Das Militär hat den Prater im Besitz, ebenso den Kirchhof Schmelz, dagegen ist die Leopoldstadt noch in den Händen der Wiener, und die Kaiserlichen haben in den Vorstädten noch nicht einen Fuß breit Terrain gewonnen."

Die erste Nachricht bringt der Berliner Staatsanzeiger, die letztere die Allg. Oder-Zeitung. Die Kölnische Zeitung begleitet letztere mit obligaten Fragezeichen. Zu erklären wären indessen beide Mittheilungen, wenn ein Angriff auf die genannten Vorstädte in der Nacht vom 28. auf den 29. stattgefunden hätte.

Lesen wir aber die weiteren Notizen der Dumont'schen Spinnstube:

Breslau, 30. Okt., Abends 10 Uhr. (Breslauer Zeitung.) In 2 Vorstädten Wiens habe der Brand so überhand genommen, daß man am 28. Abends in Floridsdorf bei dem Leuchten des Flammenmeers im Freien lesen konnte.

(Wäre diese Münchhausiade wahr, so könnte diese treffliche Beleuchtung, der geographischen Lage von Floridsdorf gemäß, nur aus der Leopoldstadt gekommen sein.)

Ferner Breslau vom 30. Oktober (Korresp.)

In Florisdorf konnte man vorgestern Abend (also am 28.) deutlich lesen, so hell war der Brand der Vorstädte Wien's.

(Dies konnte man denselben Abend auch in Köln am Rhein.)

Beruhen diese sämmtlichen Nachrichten auf Wahrheit, so standen am 29. die Truppen in dem Theile der Vorstadt, der noch die Nacht vorher so lustig gebrannt, was einen übrigens nicht befremden kann, wenn man in derselben Spalte unseres klassischen Extrablattes aus derselben Breslauer Zeitung die bewunderungswürdige Mittheilung lies't:

"Der Brand, welcher am 28. Abends außerordentlich stark gewesen sein soll, war am 29. Abends fast erloschen."

Von sonstigen Bären, welche die Berichterstatter "aus der Umgegend Wien's", d. h. aus dem kaiserlichen Lager dem preußischen Staatsanzeiger, oder vielmehr dieser seinen Lesern aufzubinden versucht, geben wir nur folgenden als einen der pikantern:

"In der Landstraße hatten die Jäger, wie man sagte, in 9 Stunden 30 Barrikaden genommen."

Macht nach Adam Riese auf die Barricade 6 Minuten, also noch flinker als in Köln am Rhein, am Morgen des 26. September. Bringt man dazu die Länge der Landstraße in Rechnung, so käme dort eine Barricade auf je 20 Schritte, was ein neues erfreuliches Licht auf die Strategik der Wiener Vertheidigung wirft.

Wir lassen nun die "neuesten Nachrichten" folgen. Unsere Leser wissen, welchen Glauben sie verdienen.

Wien.

Mährische Blätter melden über den Kampf am 26sten Folgendes: "Eine Nachricht vom 29sten bestätigt, daß vom 5ten Jägerbataillon, welches sich durch den Prater der Stadt näherte, bis auf einen kleinen Ueberrest, Alles geblieben oder verwundet sei. Der Angriff auf die Nußdorfer Linie soll deshalb ein übelgewählter gewesen sein, weil dort die stärksten Schanzen und Barrikaden gewesen wären; auch soll es, was unglaublich klingt, dem Militär an Munition gefehlt haben, welche ein Separattrain am 27sten von Olmütz zu bringen bestimmt war. Die Stadt wurde mit Brandraketen beworfen. - Das Feuer der Wiener ist ungemein heftig und wohlgezielt, in Florisdorf verbreitete sich das Gerücht, daß unter der Burg, der Nationalbank und der Universität Minen angelegt seien und daß sich Jellachich zurückgezogen habe." - Ein anderes Blatt meldet: "Am 26sten wurde Wien bombardirt; dabei wurde das Jägerhaus im Prater, sowie die zunächstliegende Dampfmühle und Zuckerfabrik ein Raub der Flammen. Ein mährisches Jägerbataillon soll gänzlich vernichtet worden sein." - Ein drittes (mährisches) Blatt meldet von einer fürchterlichen Kanonade am 25sten und von dem außerordentlichen Verluste, den das Regiment Baumgarten erlitten habe. "Die kroatischen Truppen waren bisher halb nackt, sind aus verschiedenen Monturvorräthen equipirt worden und bieten jetzt den buntesten Anblick aller Uniformen dar." Man will auch wissen, daß sich der Reichstag nicht mehr versammelt und die Führer der ultraradikalen Partei nach Pesth entkommen wären.

Ein Reisender, welcher Wien am 28. October Namittags und Florisdorf um 8 Uhr Abends verlassen hat, macht der Oderzeitung folgende Eröffnungen:

Wien, 26. Oct. Der Kampf hat am 26sten von Nußdorf und Breitensee her begonnen; am 24. und 25. fanden nur Vorpostengefechte statt.

- 27. Oct. Am 27sten erließ Windischgrätz eine Proklamation folgenden Inhalts: "Nachdem die gegebene Frist von 48 Stunden erfolglos abgelaufen, begnüge er sich nicht mehr mit den früher gestellten Bedingungen. Er verlange die Köpfe des General Bem, Pulsky und Dr. Schütte und mache jeden Haus-Eigenthümer für das verantwortlich, was in dessen Hause vorgehe. Fällt ein Schuß daraus oder wird ein Angriff auf die kaiserlichen Truppen gemacht, so solle das Haus sofort niedergebrannt werden und sämmtliche darin befindliche Personen müssen über die Klinge springen. Jeder Wiener, dessen das Militär habhaft wird, soll erschossen werden." Als Erwiederung auf diese Proklamation hat Dr. Schütte, der bekannte Agitator, seinerseits einen Preis auf den Kopf des k. k. Feldmarschalls, Fürsten Windischgrätz gesetzt und für dessen Habhaftwerdung zwei Tausend Dukaten Gold geboten ! *) Auch soll Messenhauser Befehl gegeben haben, jeden Soldaten, der gegen Wien kämpft, so wie Jeden waffenfähigen Wiener, der nicht Waffen trägt, zu erschießen.

- 28. October. Ununterbrochener Kanonendonner bis Abends 6 Uhr; von da bis 8 Uhr war es schwächer. - Der Kampf fand bei dem Belvedere in Lerchenfeld, Brigittenau und in der Richtung der Leopoldstadt statt. Das Militär hat den Prater in Besitz, ebenso den Kirchhof Schmelz; - dagegen ist die Leopoldstadt noch in den Händen der Wiener, und die kaiserlichen haben in den Vorstädten noch nicht einen Fuß breit Terrain gewonnen. Bei Abgang des Zuges, Abends 8 Uhr, brannten die Vorstädte in Folge der von Windischgrätz hereingeworfenen Brandraketen auf fünf bis sechs Stellen. Die in Wien befindlichen französischen Unterthanen sollten gestern unter dem Schutze des französischen Gesandten Wien verlassen. - Die Dampfmühle an der Donau ist abgebrannt, jedoch sind sämmtliche Mehlvorräthe, einige und zwanzigtausend Centner, gerettet worden. Dank der Tapferkeit von etwa 200 Legionärs, welche die Mühle erst verließen, als diese dem Feinde keine Beute mehr zu bieten hatte. - Die Kanoniere der Wiener bestehen meistens aus übergetretenen Militärs und schießen vortrefflich; auch sind sie im Besitze von schwerem Geschütz, meistens 24 Pfd., während der Feind meistens nur leichtes Geschütz hat. - An Bewaffneten zählt Wien jetzt 150,000 Mann, welche mit vollem Vertrauen an Bem hängen; die Ungarn, 10,000 Mann reguläres Militär und 25,000 Mann Landsturm sind von Bruck her im Anmarsch und werden heute erwartet. - An Lebensmitteln ist noch kein Mangel. Auf dem Kohlmarkte befinden sich große Keller, welche bedeutende Vorräthe von Viktualien enthalten, welche General Bem rationenweise vertheilt. Sind diese Vorräthe erschöpft, so wird auf alle im Privatbesitz befindlichen Vorräthe Beschlag gelegt. - Traurig ist dagegen die Lage der kaiserlichen Truppen. Dieselben sind mißmuthig, zweifeln an einem günstigen Erfolge und möchten großen Theils übergehen, wenn die Gelegenheit günstiger wäre. - Die Ruhr grassirt fürchterlich unter ihnen. - Der Reichstag hat erklärt: Er habe weder das Recht noch den Willen, sich aus Wien zu entfernen, und Niemand auf der Welt würde sie zwingen, die Stadt zu verlassen. Bis gestern war der Reichstag noch beschlußfähig!

- So eben erfahren wir, daß 20 Munitionswagen von Prag nach Florisdorf heute Mittags auf der Eisenbahn an Olmütz vorbeipassirt sind, und daß der Finanzminister Krauß sich mittelst Separattrain heute Nachmittags nach Wien zurückbegehen werde. - Laut zuverlässigen Nachrichten ist in Schlesien bei Zuckmantel der Landsturm zu Gunsten der Wiener bereits aufgestanden.

Wien.

Die letzten Nachrichten aus der Umgegend Wiens (denn aus der innern Stadt können natürlich keine Mittheilungen herausgelangen) gehen bis zum 29., Nachmittags halb drei Uhr.

Am 28. war der hauptsächliche Kampf auf der südlichen und östlichen Seite, während auf der westlichen die Batterien nur mit Unterbrechung gehört wurden. Am Abend hatte der Banus die Vorstädte Landstraße und Erdberg vollständig genommen und stand bei der Franzensbrücke und Meiergasse, am Eingang der Leopoldsstadt, dergestalt, daß er diese beherrschte, und seine Batterien die ganze Jägerzeile bestreichen; auch hatte er das neue Mauthgebäude besetzt, welches nach früheren Voraussetzungen General Bem zu [Fortsetzung]

[Fortsetzung] versteht sich von selbst, daß ich diese Liebesgeschichte mit einer besondern Empfehlung an den Prioritäts und Petitions-Ausschuß verweise.

"(1430) Eingabe des Bürgermeisters. Brand und einiger andern Einwohner vom Simpelfeld in Limburg, die Trennung Limburgs von den Niederlanden betreffend."

Wohllöbliche Bürger von Simpelfeld, ihr seid auf der rechten Straße; Bürger von Simpelfeld ich liebe Euch! Der Limburger Käse will sich vom Stockfisch trennen. Wer hätte gedacht, daß solche Idee aus Simpelfeld kommen würde? Ja, wahrlich, lieber wollte ich doch eine Trüffel in der Bratensauce sein, als ein Holländer in seinem wässerichen Clima. Der Limburger Käse muß gegen den holländischen Käse rebelliren. Es lebe die große Käseschlacht! Der moralische Nachdruck der deutschen Central-Gewalt wird den Bürgern von Simpelfeld nicht fehlen.

"(2930) Eingabe des pensionirten Knabenschullehrers Franz Schäfer zu Dettelbach, seine Pensionirung betreffend."

Dieser Mann scheint mit dem Kaminfeger Friedrich Christmann, mit dem Gärtner Bachmann und dem Rabbiner Moses auf derselben Stufe zu stehn. Er geht mit der hochverrätherischen Absicht um, dem deutschen Reichs-Budget auf eine sehr bedauerliche Weise zur Last zu fallen. Aber das ist unmöglich. Wir sollen für die deutsche Flotte sorgen, für die deutschen Reichstruppen und für den Knabenschullehrer aus Dettelbach. Lieber Herr Schäfer, das geht nicht. Das einzige, was ich für Sie thun kann, ist, daß ich Sie einer Reichs-Central-Bemitleidungs-Commission überantworte, die gewiß nach Kräften Ihre fatale Lage bedauern wird.

"(716) Adresse von 374 auf der Wartburg versammelt gewesenen Studenten Deutschlands d. d. 13. Juni, enthaltend eine Begrüßung der National-Versammlung und Verwahrung gegen Republik."

Ach, das ist ein Aktenstück, welches mir das wohlthätigste, comfortabelste Gefühl verursacht! Sollte man es denken, Studenten verwahren sich gegen die Republik? O, diese jungen Leute, die schon im Burschenrock so biedre Denkungsart hegen, von wie trefflichen Gesinnungen werden sie erst beseelt sein, wenn sie dereinst in's Philisterium hinüberschlummern, um als grüne Referendare der Welt von besonderm Nutzen zu sein! Ich sehe es, das verderblich junge Blut der Universitäten fängt an auszubrausen. Diese 374 Studenten der Wartburg haben aus Luther's Dintenfaß die echte Begeisterung getroffen.

"(795) Eingabe von Schlechter in Köln, das Wohl des Arbeiterstandes betreffend."

Wie, auch du Brutus? Auch du, Bürger Schlechter? O, der du der heiligen Stadt Köln berühmtester Autor bist, der du sie alle überragst die stolzen Stadtfänger, der du der Homer der Annoncen bist: sei mir willkommen, willkommen!

"(3016) Eingabe von Bauerschubert und Consorten zu Tulba, in Unterfranken, unter dem Titel: "Einzig wahres, natürliches, kostenfreies Mittel, in der einfachsten, kürzesten und sichersten Weise die deutsche Nation rasch zum mächtigsten, größten und edelsten Volke zu erheben."

Nein, das ist zu toll! Diese Leute in Tulba sind ja wahre Hexenmeister. Kostenfrei, einfach, kurz und sicher, das mächtigste größte und edelste Volk zu werden: Herr Bauerschubert! Herr Bauerschubert! ich zweifle wahrhaft nicht daran, daß Sie ein ausgezeichneter und höchst erfinderischer Mann sind, aber sollte es nicht möglich sein, daß Sie den Werth Ihrer Medizin doch in etwa überschätzten? Geben Sie Ihr Mittel in Pulvern, flüssig oder in Pillen? Und wie viel Eßlöffel voll soll das deutsche Volk stündlich davon nehmen? Heiliger Gott, welch' eine Riesen-Medizin-Flasche und welch' ein Riesenlöffel wäre bei diesem Experimente nöthig! Uebrigens wäre es prächtig, wenn wir plötzlich alle miteinander große, mächtige und edle Menschen würden! Was würden die Herrn Raveaux und Venedey oder der Bürger Schlechter sagen, wenn sie eines Morgens ganz wider alles Erwarten als große Männer aufständen!

Ich werde die Medizin der Herren Bauerschubert und Consorten dem Verfassungs-Ausschuß zu einer speziellen Analyse empfehlen-"

So sprach ich und sinnend stützte ich mein altes erzherzogliches Haupt. Da klopfte es draußen vernehmlich an die Thür. "Es wird eine Deputation von der äußersten Rechten sein - - " Ich öffnete. Da war es einer unsrer Setzer von der äußersten Linken.

"Manuscript!" befahl er in barschem Tone und im Nu entführte er diesen meinen herrlichen Aufsatz.

Blödsinn deutscher Zeitungen.

Die Vossische singt:

Ferdinand Freiligrath.

Erst war's ein Löwe, groß und schön,
Sein Wuchs voll Ebenmaaß,
Als er beherrschte die Palmenhöhn
Der Küsten Afrika's.
Doch als er ließ den tropischen Wald
Und seinen tropischen Golf,
Da ward aus diesem Löwen bald
Ein zähnefletschender Wolf.
*) Diese Nachricht ist offenbar falsch, da der "Aqitator Schütte" sich zu Pesth befindet. (A. d. Red.)
[Deutschland]

[Fortsetzung] nige besaß sie einen Blitzableiter für das Volk, in dem Volke einen Blitzableiter für den König.

Indem die „Reforme“ die theils heuchlerischen, theils ehrlich gemeinten Einbildungen, die am Tage nach Louis Philippe's Niederlage grassirten, für Realitäten versieht, erscheint ihr die Bewegung nach den Februartagen als eine Reihe von Fehlern und mißlichen Zufällen, die vermieden worden wären durch einen großen Mann, der den Bedürfnissen der Situation entsprochen. Als ob Lamartine, das Irrlicht, nicht der wahre Mann der Situation gewesen wäre!

Immer noch will der wahre Mann, der große Mann nicht erscheinen, klagt die „Reforme“ und die Situation verschlechtert sich jeden Tag.

„Einerseits wächst die industrielle und kommerzielle Krise. Andrerseits wächst der Haß und jeder strebt nach entgegengesetztem Ziele. Die, welche vor dem 24. Februar unterdrückt waren, suchen ein Ideal von Glück und Freiheit in der Conception einer ganz neuen Gesellschaft. Die, welche unter der Monarchie herrschten, denken nur daran, ihr Reich wieder zu gewinnen, um es mit verdoppelter Härte auszubeuten.“

Wie, nun tritt die „Reforme“ zwischen die schroff entgegenstehenden Klassen? Erhebt sie sich auch nur zu der Ahnung, daß die Klassengegensätze und der Klassenkampf erst mit dem Verschwinden der Klassen verschwinden?

Nein! So eben hat sie den Klassengegensatz zugegeben. Die Klassengegensätze aber beruhen auf ökonomischen Grundlagen, auf der bisherigen materiellen Produktionsweise und den daraus hervorgehenden Verkehrsverhältnissen. Die „Reforme“ weiß kein besseres Mittel, sie zu verändern und aufzuheben, als von ihrer wirklichen Grundlage, eben von diesen materiellen Verhältnissen, wegzublicken und sich in den blauen Dunsthimmel der republikanischen Joeologie zurückzustürzen, d. h. in die poetische Februarperiode, aus der die Juniereignisse sie gewaltsam herausgeworfen hatten. Man höre nur:

Das Traurigste bei diesen innern Zwistigkeiten ist das Erlöschen, das Verlorengehen der patriotischen, der nationalen Gefühle, das heißt eben jener Schwärmerei, womit beide Klassen ihre bestimmten Interessen, ihre Lebensbedingungen patriotisch und national übertünchten. Als sie das 1789 thaten, war auch ihr wirklicher Gegensatz noch nicht entwickelt. Was damals der entsprechende Ausdruck der Situation war, ist heute nur eine Ausflucht aus der Situation. Was damals Körper, ist heute Reliquie.

„Offenbar“ schließt die „Reforme“, „ist es ein tiefliegendes Uebel, woran Frankreich leidet; aber es ist nicht unheilbar. Es hat seinen Ursprung in der Verwirrung der Ideen und Sitten, in dem Vergessen der Gerechtigkeit und der Gleichheit in den gesellschaftlichen Verhältnissen, in der Verderbtheit durch einen egoistischen Unterricht. In diesem Zirkel muß man die Mittel der Reorganisation sichern. Statt dessen nimmt man zu materiellen Mitteln seine Zuflucht.“

Die „Reforme“ schiebt die Sache in's „Gewissen“, und nun hilft die moraliche Salbaderei aus aller Noth. Der Gegensatz von Bourgeoisie und Proletariat stammt also von den Ideen dieser beiden Klassen her. Und woher stammen diese Ideen? Aus den gesellschaftlichen Verhältnissen. Und woher diese Verhältnisse? Aus den materiellen, den ökonomischen Lebensbedingungen der feindseligen Klassen. Nach der „Reforme“ ist beiden geholfen, wenn sie das Bewußtsein ihrer wirklichen Lage und ihres wirklichen Gegensatzes verlieren und sich in dem Opium der „patriotischen“ Gefühle und Redensarten von 1793 berauschen. Welche Rathlosigkeit!

* Köln, 2, November.

Wir haben schon früher unsere Leser darauf aufmerksam gemacht, daß das Reichsministerium gleich dem Ministerium des konstitutionnellen „Musterstaats“ lobhudelnde Artikel über seine eigene Thätigkeit anfertigt und höchsteigen an die respektiven Zeitungsredaktionen expedirt.

In ihrer Nummer vom 31. October bringt die „Bremer Zeitung“ einen neuen Beitrag zur publicistischen Betriebsamkeit des Reichsministeriums, desselben Ministeriums, das sich gegen die Kritik der Zeitungspresse durch einen eigens zu diesem Zwecke angefertigten Code pènal sicher zu stellen sucht.

Herr Unterstaatssekretär Bassermann hat uns einen Artikel über „die bisherige Thätigkeit der provisorischen Centralgewalt“ zur Aufnahme in unser Blatt eingesandt. Der Inhalt ist eine Apologie des Reichsministerium, in welcher durchgeführt werden soll, daß dasselbe nach Maßgabe der Verhältnisse nicht mehr und nichts anderes habe thun können, als was bis jetzt von ihm ausgegangen ist. ‒ Wir können einer von uns nicht getheilten Ansicht keinen so großen Raum in unserem Blatte vergönnen; sehr gern aber theilen wir die in jenem Artikel enthaltenen Thatsachen mit, welche noch weniger bekannt geworden sind.

Folgt ein Auszug aus dem endlosen Artikel der „Oberpostamtszeitung“ über das „Reich und die Reichsgewalt.“

Auch Du Brutus Bassermann!

* Köln, 2. Nov.

Zeitungen und Briefe aus Wien fehlen uns noch immer. Die von den Weinreisenden der „Br. Ztg.“ und den diplomatischen Commis Boyageurs des „Pr. St. A.“ verbreiteten Gerüchte haben sich bis jetzt durchaus nicht bestätigt. Daß Wien sich mitten im Kampfe befindet, ist unzweifelhaft. Daß die Kroaten und sonstigen Freunde der „verfassungsmäßigen Freiheit“ bisher trotz dem großen Jellachich, dessen Heldenmuth, wie der des tapfern Sipahsalar, so berühmt ist, daß beim Blinken seines Säbels sich der erschrockene Mond in den Wolken verbirgt“ ‒ keinen irgendwie entscheidenden Vortheil errungen haben, scheint schon daraus hervorzugehen, daß das preußische Ministerium keine niederdonnernden Depeschen veröffentlicht. Wien ist abgesperrt, aber nicht für das Berliner Ministerium, das „aus der Umgegend von Wien“ Berichte erhält.

Die brave „Kölnische Zeitung“ bringt ihren Lesern seit dem 6ten October fortlaufend großgedruckte Extrablätter, von denen das eine immer das andere Lügen straft. Heute sieht sie sich in die „traurige“ Nothwendigkeit versetzt, ihre „gestrigen höchst traurigen Mittheilungen“ zu bestätigen, selbst nach dem „Preuß. Staatsanzeiger“, welcher nebst der „Breslauer Zeitung“ unserer Nachbarin natürlich als Evangelium gilt.

Unsere Leser finden unten die widersprechenden und haltlosen Gerüchte, die dem „Pr. St. A.“, den „C. Bl. a. B.“, der „A. D. Z.“ und Mährischen Blättern entnommen sind. Zur Kritik der von der „Kölnischen Zeitung“ so gesinnungsernst acceptirten „neuesten Nachrichten“ und zur Kritik dieser ernsten Gesinnung selbst genüge einstweilen Folgendes:

Extrablatt der Kölnischen Zeitung vom 2. Nov.:

(Großgedruckt.) „In der Nacht zum 29. hörte man nur vereinzeltes Feuern, während desselben wurde das Belvedere, sowie die ganze Jägerzeil und Leopoldsvorstadt von den kaiserlichen Truppen, wie es scheint, ohne großen Widerstand besetzt etc. etc.

Dies schreibt man aus der Umgebung von Wien am 29. Nachmittags ein halb 3 Uhr.

Dagegen schreibt ein Reisender, der Florisdorf am 28. Abends 8 Uhr verließ: Das Militär hat den Prater im Besitz, ebenso den Kirchhof Schmelz, dagegen ist die Leopoldstadt noch in den Händen der Wiener, und die Kaiserlichen haben in den Vorstädten noch nicht einen Fuß breit Terrain gewonnen.“

Die erste Nachricht bringt der Berliner Staatsanzeiger, die letztere die Allg. Oder-Zeitung. Die Kölnische Zeitung begleitet letztere mit obligaten Fragezeichen. Zu erklären wären indessen beide Mittheilungen, wenn ein Angriff auf die genannten Vorstädte in der Nacht vom 28. auf den 29. stattgefunden hätte.

Lesen wir aber die weiteren Notizen der Dumont'schen Spinnstube:

Breslau, 30. Okt., Abends 10 Uhr. (Breslauer Zeitung.) In 2 Vorstädten Wiens habe der Brand so überhand genommen, daß man am 28. Abends in Floridsdorf bei dem Leuchten des Flammenmeers im Freien lesen konnte.

(Wäre diese Münchhausiade wahr, so könnte diese treffliche Beleuchtung, der geographischen Lage von Floridsdorf gemäß, nur aus der Leopoldstadt gekommen sein.)

Ferner Breslau vom 30. Oktober (Korresp.)

In Florisdorf konnte man vorgestern Abend (also am 28.) deutlich lesen, so hell war der Brand der Vorstädte Wien's.

(Dies konnte man denselben Abend auch in Köln am Rhein.)

Beruhen diese sämmtlichen Nachrichten auf Wahrheit, so standen am 29. die Truppen in dem Theile der Vorstadt, der noch die Nacht vorher so lustig gebrannt, was einen übrigens nicht befremden kann, wenn man in derselben Spalte unseres klassischen Extrablattes aus derselben Breslauer Zeitung die bewunderungswürdige Mittheilung lies't:

„Der Brand, welcher am 28. Abends außerordentlich stark gewesen sein soll, war am 29. Abends fast erloschen.“

Von sonstigen Bären, welche die Berichterstatter „aus der Umgegend Wien's“, d. h. aus dem kaiserlichen Lager dem preußischen Staatsanzeiger, oder vielmehr dieser seinen Lesern aufzubinden versucht, geben wir nur folgenden als einen der pikantern:

„In der Landstraße hatten die Jäger, wie man sagte, in 9 Stunden 30 Barrikaden genommen.“

Macht nach Adam Riese auf die Barricade 6 Minuten, also noch flinker als in Köln am Rhein, am Morgen des 26. September. Bringt man dazu die Länge der Landstraße in Rechnung, so käme dort eine Barricade auf je 20 Schritte, was ein neues erfreuliches Licht auf die Strategik der Wiener Vertheidigung wirft.

Wir lassen nun die „neuesten Nachrichten“ folgen. Unsere Leser wissen, welchen Glauben sie verdienen.

Wien.

Mährische Blätter melden über den Kampf am 26sten Folgendes: „Eine Nachricht vom 29sten bestätigt, daß vom 5ten Jägerbataillon, welches sich durch den Prater der Stadt näherte, bis auf einen kleinen Ueberrest, Alles geblieben oder verwundet sei. Der Angriff auf die Nußdorfer Linie soll deshalb ein übelgewählter gewesen sein, weil dort die stärksten Schanzen und Barrikaden gewesen wären; auch soll es, was unglaublich klingt, dem Militär an Munition gefehlt haben, welche ein Separattrain am 27sten von Olmütz zu bringen bestimmt war. Die Stadt wurde mit Brandraketen beworfen. ‒ Das Feuer der Wiener ist ungemein heftig und wohlgezielt, in Florisdorf verbreitete sich das Gerücht, daß unter der Burg, der Nationalbank und der Universität Minen angelegt seien und daß sich Jellachich zurückgezogen habe.“ ‒ Ein anderes Blatt meldet: „Am 26sten wurde Wien bombardirt; dabei wurde das Jägerhaus im Prater, sowie die zunächstliegende Dampfmühle und Zuckerfabrik ein Raub der Flammen. Ein mährisches Jägerbataillon soll gänzlich vernichtet worden sein.“ ‒ Ein drittes (mährisches) Blatt meldet von einer fürchterlichen Kanonade am 25sten und von dem außerordentlichen Verluste, den das Regiment Baumgarten erlitten habe. „Die kroatischen Truppen waren bisher halb nackt, sind aus verschiedenen Monturvorräthen equipirt worden und bieten jetzt den buntesten Anblick aller Uniformen dar.“ Man will auch wissen, daß sich der Reichstag nicht mehr versammelt und die Führer der ultraradikalen Partei nach Pesth entkommen wären.

Ein Reisender, welcher Wien am 28. October Namittags und Florisdorf um 8 Uhr Abends verlassen hat, macht der Oderzeitung folgende Eröffnungen:

Wien, 26. Oct. Der Kampf hat am 26sten von Nußdorf und Breitensee her begonnen; am 24. und 25. fanden nur Vorpostengefechte statt.

‒ 27. Oct. Am 27sten erließ Windischgrätz eine Proklamation folgenden Inhalts: „Nachdem die gegebene Frist von 48 Stunden erfolglos abgelaufen, begnüge er sich nicht mehr mit den früher gestellten Bedingungen. Er verlange die Köpfe des General Bem, Pulsky und Dr. Schütte und mache jeden Haus-Eigenthümer für das verantwortlich, was in dessen Hause vorgehe. Fällt ein Schuß daraus oder wird ein Angriff auf die kaiserlichen Truppen gemacht, so solle das Haus sofort niedergebrannt werden und sämmtliche darin befindliche Personen müssen über die Klinge springen. Jeder Wiener, dessen das Militär habhaft wird, soll erschossen werden.“ Als Erwiederung auf diese Proklamation hat Dr. Schütte, der bekannte Agitator, seinerseits einen Preis auf den Kopf des k. k. Feldmarschalls, Fürsten Windischgrätz gesetzt und für dessen Habhaftwerdung zwei Tausend Dukaten Gold geboten ! *) Auch soll Messenhauser Befehl gegeben haben, jeden Soldaten, der gegen Wien kämpft, so wie Jeden waffenfähigen Wiener, der nicht Waffen trägt, zu erschießen.

‒ 28. October. Ununterbrochener Kanonendonner bis Abends 6 Uhr; von da bis 8 Uhr war es schwächer. ‒ Der Kampf fand bei dem Belvedere in Lerchenfeld, Brigittenau und in der Richtung der Leopoldstadt statt. Das Militär hat den Prater in Besitz, ebenso den Kirchhof Schmelz; ‒ dagegen ist die Leopoldstadt noch in den Händen der Wiener, und die kaiserlichen haben in den Vorstädten noch nicht einen Fuß breit Terrain gewonnen. Bei Abgang des Zuges, Abends 8 Uhr, brannten die Vorstädte in Folge der von Windischgrätz hereingeworfenen Brandraketen auf fünf bis sechs Stellen. Die in Wien befindlichen französischen Unterthanen sollten gestern unter dem Schutze des französischen Gesandten Wien verlassen. ‒ Die Dampfmühle an der Donau ist abgebrannt, jedoch sind sämmtliche Mehlvorräthe, einige und zwanzigtausend Centner, gerettet worden. Dank der Tapferkeit von etwa 200 Legionärs, welche die Mühle erst verließen, als diese dem Feinde keine Beute mehr zu bieten hatte. ‒ Die Kanoniere der Wiener bestehen meistens aus übergetretenen Militärs und schießen vortrefflich; auch sind sie im Besitze von schwerem Geschütz, meistens 24 Pfd., während der Feind meistens nur leichtes Geschütz hat. ‒ An Bewaffneten zählt Wien jetzt 150,000 Mann, welche mit vollem Vertrauen an Bem hängen; die Ungarn, 10,000 Mann reguläres Militär und 25,000 Mann Landsturm sind von Bruck her im Anmarsch und werden heute erwartet. ‒ An Lebensmitteln ist noch kein Mangel. Auf dem Kohlmarkte befinden sich große Keller, welche bedeutende Vorräthe von Viktualien enthalten, welche General Bem rationenweise vertheilt. Sind diese Vorräthe erschöpft, so wird auf alle im Privatbesitz befindlichen Vorräthe Beschlag gelegt. ‒ Traurig ist dagegen die Lage der kaiserlichen Truppen. Dieselben sind mißmuthig, zweifeln an einem günstigen Erfolge und möchten großen Theils übergehen, wenn die Gelegenheit günstiger wäre. ‒ Die Ruhr grassirt fürchterlich unter ihnen. ‒ Der Reichstag hat erklärt: Er habe weder das Recht noch den Willen, sich aus Wien zu entfernen, und Niemand auf der Welt würde sie zwingen, die Stadt zu verlassen. Bis gestern war der Reichstag noch beschlußfähig!

‒ So eben erfahren wir, daß 20 Munitionswagen von Prag nach Florisdorf heute Mittags auf der Eisenbahn an Olmütz vorbeipassirt sind, und daß der Finanzminister Krauß sich mittelst Separattrain heute Nachmittags nach Wien zurückbegehen werde. ‒ Laut zuverlässigen Nachrichten ist in Schlesien bei Zuckmantel der Landsturm zu Gunsten der Wiener bereits aufgestanden.

Wien.

Die letzten Nachrichten aus der Umgegend Wiens (denn aus der innern Stadt können natürlich keine Mittheilungen herausgelangen) gehen bis zum 29., Nachmittags halb drei Uhr.

Am 28. war der hauptsächliche Kampf auf der südlichen und östlichen Seite, während auf der westlichen die Batterien nur mit Unterbrechung gehört wurden. Am Abend hatte der Banus die Vorstädte Landstraße und Erdberg vollständig genommen und stand bei der Franzensbrücke und Meiergasse, am Eingang der Leopoldsstadt, dergestalt, daß er diese beherrschte, und seine Batterien die ganze Jägerzeile bestreichen; auch hatte er das neue Mauthgebäude besetzt, welches nach früheren Voraussetzungen General Bem zu [Fortsetzung]

[Fortsetzung] versteht sich von selbst, daß ich diese Liebesgeschichte mit einer besondern Empfehlung an den Prioritäts und Petitions-Ausschuß verweise.

„(1430) Eingabe des Bürgermeisters. Brand und einiger andern Einwohner vom Simpelfeld in Limburg, die Trennung Limburgs von den Niederlanden betreffend.“

Wohllöbliche Bürger von Simpelfeld, ihr seid auf der rechten Straße; Bürger von Simpelfeld ich liebe Euch! Der Limburger Käse will sich vom Stockfisch trennen. Wer hätte gedacht, daß solche Idee aus Simpelfeld kommen würde? Ja, wahrlich, lieber wollte ich doch eine Trüffel in der Bratensauce sein, als ein Holländer in seinem wässerichen Clima. Der Limburger Käse muß gegen den holländischen Käse rebelliren. Es lebe die große Käseschlacht! Der moralische Nachdruck der deutschen Central-Gewalt wird den Bürgern von Simpelfeld nicht fehlen.

„(2930) Eingabe des pensionirten Knabenschullehrers Franz Schäfer zu Dettelbach, seine Pensionirung betreffend.“

Dieser Mann scheint mit dem Kaminfeger Friedrich Christmann, mit dem Gärtner Bachmann und dem Rabbiner Moses auf derselben Stufe zu stehn. Er geht mit der hochverrätherischen Absicht um, dem deutschen Reichs-Budget auf eine sehr bedauerliche Weise zur Last zu fallen. Aber das ist unmöglich. Wir sollen für die deutsche Flotte sorgen, für die deutschen Reichstruppen und für den Knabenschullehrer aus Dettelbach. Lieber Herr Schäfer, das geht nicht. Das einzige, was ich für Sie thun kann, ist, daß ich Sie einer Reichs-Central-Bemitleidungs-Commission überantworte, die gewiß nach Kräften Ihre fatale Lage bedauern wird.

„(716) Adresse von 374 auf der Wartburg versammelt gewesenen Studenten Deutschlands d. d. 13. Juni, enthaltend eine Begrüßung der National-Versammlung und Verwahrung gegen Republik.“

Ach, das ist ein Aktenstück, welches mir das wohlthätigste, comfortabelste Gefühl verursacht! Sollte man es denken, Studenten verwahren sich gegen die Republik? O, diese jungen Leute, die schon im Burschenrock so biedre Denkungsart hegen, von wie trefflichen Gesinnungen werden sie erst beseelt sein, wenn sie dereinst in's Philisterium hinüberschlummern, um als grüne Referendare der Welt von besonderm Nutzen zu sein! Ich sehe es, das verderblich junge Blut der Universitäten fängt an auszubrausen. Diese 374 Studenten der Wartburg haben aus Luther's Dintenfaß die echte Begeisterung getroffen.

„(795) Eingabe von Schlechter in Köln, das Wohl des Arbeiterstandes betreffend.“

Wie, auch du Brutus? Auch du, Bürger Schlechter? O, der du der heiligen Stadt Köln berühmtester Autor bist, der du sie alle überragst die stolzen Stadtfänger, der du der Homer der Annoncen bist: sei mir willkommen, willkommen!

„(3016) Eingabe von Bauerschubert und Consorten zu Tulba, in Unterfranken, unter dem Titel: „Einzig wahres, natürliches, kostenfreies Mittel, in der einfachsten, kürzesten und sichersten Weise die deutsche Nation rasch zum mächtigsten, größten und edelsten Volke zu erheben.“

Nein, das ist zu toll! Diese Leute in Tulba sind ja wahre Hexenmeister. Kostenfrei, einfach, kurz und sicher, das mächtigste größte und edelste Volk zu werden: Herr Bauerschubert! Herr Bauerschubert! ich zweifle wahrhaft nicht daran, daß Sie ein ausgezeichneter und höchst erfinderischer Mann sind, aber sollte es nicht möglich sein, daß Sie den Werth Ihrer Medizin doch in etwa überschätzten? Geben Sie Ihr Mittel in Pulvern, flüssig oder in Pillen? Und wie viel Eßlöffel voll soll das deutsche Volk stündlich davon nehmen? Heiliger Gott, welch' eine Riesen-Medizin-Flasche und welch' ein Riesenlöffel wäre bei diesem Experimente nöthig! Uebrigens wäre es prächtig, wenn wir plötzlich alle miteinander große, mächtige und edle Menschen würden! Was würden die Herrn Raveaux und Venedey oder der Bürger Schlechter sagen, wenn sie eines Morgens ganz wider alles Erwarten als große Männer aufständen!

Ich werde die Medizin der Herren Bauerschubert und Consorten dem Verfassungs-Ausschuß zu einer speziellen Analyse empfehlen‒“

So sprach ich und sinnend stützte ich mein altes erzherzogliches Haupt. Da klopfte es draußen vernehmlich an die Thür. „Es wird eine Deputation von der äußersten Rechten sein ‒ ‒ “ Ich öffnete. Da war es einer unsrer Setzer von der äußersten Linken.

„Manuscript!“ befahl er in barschem Tone und im Nu entführte er diesen meinen herrlichen Aufsatz.

Blödsinn deutscher Zeitungen.

Die Vossische singt:

Ferdinand Freiligrath.

Erst war's ein Löwe, groß und schön,
Sein Wuchs voll Ebenmaaß,
Als er beherrschte die Palmenhöhn
Der Küsten Afrika's.
Doch als er ließ den tropischen Wald
Und seinen tropischen Golf,
Da ward aus diesem Löwen bald
Ein zähnefletschender Wolf.
*) Diese Nachricht ist offenbar falsch, da der „Aqitator Schütte“ sich zu Pesth befindet. (A. d. Red.)
<TEI>
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        <head>[Deutschland]</head>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> nige besaß sie einen Blitzableiter für das Volk, in dem Volke einen Blitzableiter für den König.</p>
          <p>Indem die &#x201E;Reforme&#x201C; die theils heuchlerischen, theils ehrlich gemeinten Einbildungen, die am Tage nach Louis Philippe's Niederlage grassirten, für Realitäten versieht, erscheint ihr die Bewegung <hi rendition="#g">nach</hi> den Februartagen als eine Reihe von Fehlern und mißlichen Zufällen, die vermieden worden wären durch einen großen Mann, der den Bedürfnissen der Situation entsprochen. Als ob Lamartine, das Irrlicht, nicht der wahre Mann der Situation gewesen wäre!</p>
          <p>Immer noch will der wahre Mann, der große Mann nicht erscheinen, klagt die &#x201E;Reforme&#x201C; und die Situation verschlechtert sich jeden Tag.</p>
          <p>&#x201E;Einerseits wächst die industrielle und kommerzielle Krise. Andrerseits wächst der Haß und jeder strebt nach entgegengesetztem Ziele. Die, welche vor dem 24. Februar unterdrückt waren, suchen ein Ideal von Glück und Freiheit in der Conception einer ganz neuen Gesellschaft. Die, welche unter der Monarchie herrschten, denken nur daran, ihr Reich wieder zu gewinnen, um es mit verdoppelter Härte auszubeuten.&#x201C;</p>
          <p>Wie, nun tritt die &#x201E;Reforme&#x201C; zwischen die schroff entgegenstehenden Klassen? Erhebt sie sich auch nur zu der Ahnung, daß die Klassengegensätze und der Klassenkampf erst mit dem Verschwinden der Klassen verschwinden?</p>
          <p>Nein! So eben hat sie den Klassengegensatz zugegeben. Die Klassengegensätze aber beruhen auf ökonomischen Grundlagen, auf der bisherigen materiellen Produktionsweise und den daraus hervorgehenden Verkehrsverhältnissen. Die &#x201E;Reforme&#x201C; weiß kein besseres Mittel, sie zu verändern und aufzuheben, als von ihrer wirklichen Grundlage, eben von diesen materiellen Verhältnissen, wegzublicken und sich in den blauen Dunsthimmel der republikanischen Joeologie zurückzustürzen, d. h. in die poetische Februarperiode, aus der die Juniereignisse sie gewaltsam herausgeworfen hatten. Man höre nur:</p>
          <p>Das Traurigste bei diesen innern Zwistigkeiten ist das Erlöschen, das Verlorengehen der patriotischen, der nationalen Gefühle, das heißt eben jener Schwärmerei, womit beide Klassen ihre bestimmten Interessen, ihre Lebensbedingungen patriotisch und national übertünchten. Als sie das 1789 thaten, war auch ihr wirklicher Gegensatz noch nicht entwickelt. Was damals der entsprechende Ausdruck der Situation war, ist heute nur eine Ausflucht aus der Situation. Was damals Körper, ist heute Reliquie.</p>
          <p>&#x201E;Offenbar&#x201C; schließt die &#x201E;Reforme&#x201C;, &#x201E;ist es ein tiefliegendes Uebel, woran Frankreich leidet; aber es ist nicht unheilbar. Es hat seinen Ursprung in der Verwirrung der Ideen und Sitten, in dem Vergessen der Gerechtigkeit und der Gleichheit in den gesellschaftlichen Verhältnissen, in der Verderbtheit durch einen egoistischen Unterricht. In diesem Zirkel muß man die Mittel der Reorganisation sichern. Statt dessen nimmt man zu materiellen Mitteln seine Zuflucht.&#x201C;</p>
          <p>Die &#x201E;Reforme&#x201C; schiebt die Sache in's &#x201E;Gewissen&#x201C;, und nun hilft die moraliche Salbaderei aus aller Noth. Der Gegensatz von Bourgeoisie und Proletariat stammt also von den Ideen dieser beiden Klassen her. Und woher stammen diese Ideen? Aus den gesellschaftlichen Verhältnissen. Und woher diese Verhältnisse? Aus den materiellen, den ökonomischen Lebensbedingungen der feindseligen Klassen. Nach der &#x201E;Reforme&#x201C; ist beiden geholfen, wenn sie das <hi rendition="#g">Bewußtsein</hi> ihrer wirklichen Lage und ihres wirklichen Gegensatzes <hi rendition="#g">verlieren</hi> und sich in dem Opium der &#x201E;patriotischen&#x201C; Gefühle und Redensarten von 1793 berauschen. Welche Rathlosigkeit!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar133_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 2, November.</head>
          <p>Wir haben schon früher unsere Leser darauf aufmerksam gemacht, daß das Reichsministerium gleich dem Ministerium des konstitutionnellen &#x201E;Musterstaats&#x201C; lobhudelnde Artikel über seine eigene Thätigkeit anfertigt und höchsteigen an die respektiven Zeitungsredaktionen expedirt.</p>
          <p>In ihrer Nummer vom 31. October bringt die <hi rendition="#g">&#x201E;Bremer Zeitung&#x201C;</hi> einen neuen Beitrag zur publicistischen Betriebsamkeit des Reichsministeriums, desselben Ministeriums, das sich gegen die Kritik der Zeitungspresse durch einen eigens zu diesem Zwecke angefertigten Code pènal sicher zu stellen sucht.</p>
          <p>Herr Unterstaatssekretär Bassermann hat uns einen Artikel über <hi rendition="#g">&#x201E;die bisherige Thätigkeit der provisorischen Centralgewalt&#x201C;</hi> zur Aufnahme in unser Blatt eingesandt. Der Inhalt ist eine Apologie des Reichsministerium, in welcher durchgeführt werden soll, daß dasselbe nach Maßgabe der Verhältnisse nicht mehr und nichts anderes habe thun können, als was bis jetzt von ihm ausgegangen ist. &#x2012; Wir können einer von uns nicht getheilten <hi rendition="#g">Ansicht</hi> keinen so großen Raum in unserem Blatte vergönnen; sehr gern aber theilen wir die in jenem Artikel enthaltenen <hi rendition="#g">Thatsachen</hi> mit, welche noch weniger bekannt geworden sind.</p>
          <p>Folgt ein Auszug aus dem endlosen Artikel der &#x201E;Oberpostamtszeitung&#x201C; über das &#x201E;Reich und die Reichsgewalt.&#x201C;</p>
          <p> <hi rendition="#g">Auch Du Brutus Bassermann!</hi> </p>
        </div>
        <div xml:id="ar133_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 2. Nov.</head>
          <p>Zeitungen und Briefe aus Wien fehlen uns noch immer. Die von den Weinreisenden der &#x201E;Br. Ztg.&#x201C; und den diplomatischen Commis Boyageurs des &#x201E;Pr. St. A.&#x201C; verbreiteten Gerüchte haben sich bis jetzt <hi rendition="#g">durchaus nicht</hi> bestätigt. Daß Wien sich mitten im Kampfe befindet, ist unzweifelhaft. Daß die Kroaten und sonstigen Freunde der &#x201E;verfassungsmäßigen Freiheit&#x201C; bisher trotz dem großen <hi rendition="#g">Jellachich,</hi> dessen Heldenmuth, wie der des tapfern <hi rendition="#g">Sipahsalar,</hi> so berühmt ist, daß beim <hi rendition="#g">Blinken seines Säbels sich der erschrockene Mond in den Wolken verbirgt&#x201C;</hi> &#x2012; keinen irgendwie entscheidenden Vortheil errungen haben, scheint schon daraus hervorzugehen, daß das preußische Ministerium keine niederdonnernden Depeschen veröffentlicht. Wien ist abgesperrt, aber nicht für das Berliner Ministerium, das &#x201E;aus der Umgegend von Wien&#x201C; Berichte erhält.</p>
          <p>Die brave &#x201E;Kölnische Zeitung&#x201C; bringt ihren Lesern seit dem 6ten October fortlaufend <hi rendition="#g">großgedruckte</hi> Extrablätter, von denen das eine immer das andere Lügen straft. Heute sieht sie sich in die &#x201E;traurige&#x201C; Nothwendigkeit versetzt, ihre &#x201E;gestrigen höchst traurigen Mittheilungen&#x201C; zu bestätigen, selbst nach dem <hi rendition="#g">&#x201E;Preuß. Staatsanzeiger&#x201C;,</hi> welcher nebst der <hi rendition="#g">&#x201E;Breslauer Zeitung&#x201C;</hi> unserer Nachbarin natürlich als Evangelium gilt.</p>
          <p>Unsere Leser finden unten die widersprechenden und haltlosen Gerüchte, die dem &#x201E;Pr. St. A.&#x201C;, den &#x201E;C. Bl. a. B.&#x201C;, der &#x201E;A. D. Z.&#x201C; und Mährischen Blättern entnommen sind. Zur Kritik der von der &#x201E;Kölnischen Zeitung&#x201C; so gesinnungsernst acceptirten &#x201E;neuesten Nachrichten&#x201C; und zur Kritik dieser ernsten Gesinnung selbst genüge einstweilen Folgendes:</p>
          <p>Extrablatt der Kölnischen Zeitung vom 2. Nov.:</p>
          <p>(Großgedruckt.) &#x201E;In <hi rendition="#g">der Nacht</hi> zum 29. hörte man nur vereinzeltes Feuern, während desselben wurde das Belvedere, sowie die ganze Jägerzeil und Leopoldsvorstadt von den kaiserlichen Truppen, wie es scheint, ohne großen Widerstand besetzt etc. etc.</p>
          <p>Dies schreibt man aus der Umgebung von Wien am 29. Nachmittags ein halb 3 Uhr.</p>
          <p>Dagegen schreibt ein Reisender, der Florisdorf am 28. Abends 8 Uhr verließ: Das Militär hat den Prater im Besitz, ebenso den Kirchhof Schmelz, dagegen ist die Leopoldstadt noch in den Händen der Wiener, und die Kaiserlichen haben in den Vorstädten noch nicht einen Fuß breit Terrain gewonnen.&#x201C;</p>
          <p>Die erste Nachricht bringt der Berliner Staatsanzeiger, die letztere die Allg. Oder-Zeitung. Die Kölnische Zeitung begleitet letztere mit obligaten Fragezeichen. Zu erklären wären indessen beide Mittheilungen, wenn ein Angriff auf die genannten Vorstädte in der Nacht vom 28. auf den 29. stattgefunden hätte.</p>
          <p>Lesen wir aber die weiteren Notizen der Dumont'schen Spinnstube:</p>
          <p>Breslau, 30. Okt., Abends 10 Uhr. (Breslauer Zeitung.) In 2 Vorstädten Wiens habe der Brand so überhand genommen, daß man am 28. Abends in Floridsdorf bei dem Leuchten des Flammenmeers im Freien lesen konnte.</p>
          <p>(Wäre diese Münchhausiade wahr, so könnte diese treffliche Beleuchtung, der geographischen Lage von Floridsdorf gemäß, nur aus der Leopoldstadt gekommen sein.)</p>
          <p>Ferner Breslau vom 30. Oktober (Korresp.)</p>
          <p>In Florisdorf konnte man vorgestern Abend (also am 28.) deutlich lesen, so hell war der Brand der Vorstädte Wien's.</p>
          <p>(Dies konnte man denselben Abend auch in Köln am Rhein.)</p>
          <p>Beruhen diese sämmtlichen Nachrichten auf Wahrheit, so standen am 29. die Truppen in dem Theile der Vorstadt, der noch die Nacht vorher so lustig gebrannt, was einen übrigens nicht befremden kann, wenn man in derselben Spalte unseres klassischen Extrablattes aus derselben Breslauer Zeitung die bewunderungswürdige Mittheilung lies't:</p>
          <p>&#x201E;Der Brand, welcher am 28. Abends außerordentlich stark gewesen sein soll, war am 29. Abends fast erloschen.&#x201C;</p>
          <p>Von sonstigen Bären, welche die Berichterstatter &#x201E;aus der Umgegend Wien's&#x201C;, d. h. aus dem kaiserlichen Lager dem preußischen Staatsanzeiger, oder vielmehr dieser seinen Lesern aufzubinden versucht, geben wir nur folgenden als einen der pikantern:</p>
          <p>&#x201E;In der Landstraße hatten die Jäger, wie man sagte, in 9 Stunden 30 Barrikaden genommen.&#x201C;</p>
          <p>Macht nach Adam Riese auf die Barricade 6 Minuten, also noch flinker als in Köln am Rhein, am Morgen des 26. September. Bringt man dazu die Länge der Landstraße in Rechnung, so käme dort eine Barricade auf je 20 Schritte, was ein neues erfreuliches Licht auf die Strategik der Wiener Vertheidigung wirft.</p>
          <p>Wir lassen nun die &#x201E;neuesten Nachrichten&#x201C; folgen. Unsere Leser wissen, welchen Glauben sie verdienen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar133_007" type="jArticle">
          <head>Wien.</head>
          <p>Mährische Blätter melden über den Kampf am 26sten Folgendes: &#x201E;Eine Nachricht vom 29sten bestätigt, daß vom 5ten Jägerbataillon, welches sich durch den Prater der Stadt näherte, bis auf einen kleinen Ueberrest, Alles geblieben oder verwundet sei. Der Angriff auf die Nußdorfer Linie soll deshalb ein übelgewählter gewesen sein, weil dort die stärksten Schanzen und Barrikaden gewesen wären; auch soll es, was unglaublich klingt, dem Militär an Munition gefehlt haben, welche ein Separattrain am 27sten von Olmütz zu bringen bestimmt war. Die Stadt wurde mit Brandraketen beworfen. &#x2012; Das Feuer der Wiener ist ungemein heftig und wohlgezielt, in Florisdorf verbreitete sich das Gerücht, daß unter der Burg, der Nationalbank und der Universität Minen angelegt seien und daß sich Jellachich zurückgezogen habe.&#x201C; &#x2012; Ein anderes Blatt meldet: &#x201E;Am 26sten wurde Wien bombardirt; dabei wurde das Jägerhaus im Prater, sowie die zunächstliegende Dampfmühle und Zuckerfabrik ein Raub der Flammen. Ein mährisches Jägerbataillon soll gänzlich vernichtet worden sein.&#x201C; &#x2012; Ein drittes (mährisches) Blatt meldet von einer fürchterlichen Kanonade am 25sten und von dem außerordentlichen Verluste, den das Regiment Baumgarten erlitten habe. &#x201E;Die kroatischen Truppen waren bisher halb nackt, sind aus verschiedenen Monturvorräthen equipirt worden und bieten jetzt den buntesten Anblick aller Uniformen dar.&#x201C; Man will auch wissen, daß sich der Reichstag nicht mehr versammelt und die Führer der ultraradikalen Partei nach Pesth entkommen wären.</p>
          <p>Ein Reisender, welcher Wien am 28. October Namittags und Florisdorf um 8 Uhr Abends verlassen hat, macht der Oderzeitung folgende Eröffnungen:</p>
          <p><hi rendition="#g">Wien,</hi> 26. Oct. Der Kampf hat am 26sten von Nußdorf und Breitensee her begonnen; am 24. und 25. fanden nur Vorpostengefechte statt.</p>
          <p>&#x2012; 27. Oct. Am 27sten erließ Windischgrätz eine Proklamation folgenden Inhalts: &#x201E;Nachdem die gegebene Frist von 48 Stunden erfolglos abgelaufen, begnüge er sich nicht mehr mit den früher gestellten Bedingungen. <hi rendition="#g">Er verlange die Köpfe des General Bem, Pulsky und Dr. Schütte</hi> und mache jeden Haus-Eigenthümer für <hi rendition="#g">das</hi> verantwortlich, was in dessen Hause vorgehe. Fällt ein Schuß daraus oder wird ein Angriff auf die kaiserlichen Truppen gemacht, so solle das Haus sofort niedergebrannt werden und sämmtliche darin befindliche Personen müssen über die Klinge springen. Jeder Wiener, dessen das Militär habhaft wird, soll erschossen werden.&#x201C; Als Erwiederung auf diese Proklamation hat Dr. Schütte, der bekannte Agitator, seinerseits einen Preis auf den Kopf des k. k. Feldmarschalls, Fürsten Windischgrätz gesetzt und für dessen Habhaftwerdung <hi rendition="#g">zwei Tausend Dukaten Gold geboten ! <note place="foot" n="*)"><p>Diese Nachricht ist offenbar falsch, da der &#x201E;Aqitator <hi rendition="#g">Schütte&#x201C;</hi> sich zu Pesth befindet. (A. d. Red.)</p></note></hi> Auch soll Messenhauser Befehl gegeben haben, jeden Soldaten, der gegen Wien kämpft, so wie Jeden waffenfähigen Wiener, der nicht Waffen trägt, zu erschießen.</p>
          <p>&#x2012; 28. October. Ununterbrochener Kanonendonner bis Abends 6 Uhr; von da bis 8 Uhr war es schwächer. &#x2012; Der Kampf fand bei dem Belvedere in Lerchenfeld, Brigittenau und in der Richtung der Leopoldstadt statt. Das Militär hat den Prater in Besitz, ebenso den Kirchhof Schmelz; &#x2012; <hi rendition="#g">dagegen ist die Leopoldstadt noch in den Händen der Wiener, und die kaiserlichen haben in den Vorstädten noch nicht einen Fuß breit Terrain gewonnen.</hi> Bei Abgang des Zuges, Abends 8 Uhr, brannten die Vorstädte in Folge der von Windischgrätz hereingeworfenen Brandraketen auf fünf bis sechs Stellen. Die in Wien befindlichen französischen Unterthanen sollten gestern unter dem Schutze des französischen Gesandten Wien verlassen. &#x2012; Die Dampfmühle an der Donau ist abgebrannt, jedoch sind sämmtliche Mehlvorräthe, einige und zwanzigtausend Centner, gerettet worden. Dank der Tapferkeit von etwa 200 Legionärs, welche die Mühle erst verließen, als diese dem Feinde keine Beute mehr zu bieten hatte. &#x2012; Die Kanoniere der Wiener bestehen meistens aus übergetretenen Militärs und schießen vortrefflich; auch sind sie im Besitze von schwerem Geschütz, meistens 24 Pfd., während der Feind meistens nur leichtes Geschütz hat. &#x2012; An Bewaffneten zählt Wien jetzt 150,000 Mann, welche mit vollem Vertrauen an Bem hängen; die Ungarn, 10,000 Mann reguläres Militär und 25,000 Mann Landsturm sind von Bruck her im Anmarsch und werden heute erwartet. &#x2012; An Lebensmitteln ist noch kein Mangel. Auf dem Kohlmarkte befinden sich große Keller, welche bedeutende Vorräthe von Viktualien enthalten, welche General Bem rationenweise vertheilt. Sind diese Vorräthe erschöpft, so wird auf alle im Privatbesitz befindlichen Vorräthe Beschlag gelegt. &#x2012; Traurig ist dagegen die Lage der kaiserlichen Truppen. Dieselben sind mißmuthig, zweifeln an einem günstigen Erfolge und möchten großen Theils übergehen, wenn die Gelegenheit günstiger wäre. &#x2012; Die Ruhr grassirt fürchterlich unter ihnen. &#x2012; Der Reichstag hat erklärt: <hi rendition="#g">Er habe weder das Recht noch den Willen, sich aus Wien zu entfernen,</hi> und Niemand auf der Welt würde sie zwingen, die Stadt zu verlassen. Bis gestern war der Reichstag noch beschlußfähig!</p>
          <p>&#x2012; So eben erfahren wir, daß 20 Munitionswagen von Prag nach Florisdorf heute Mittags auf der Eisenbahn an Olmütz vorbeipassirt sind, und daß der Finanzminister Krauß sich mittelst Separattrain heute Nachmittags nach Wien zurückbegehen werde. &#x2012; Laut zuverlässigen Nachrichten ist in Schlesien bei Zuckmantel der Landsturm zu Gunsten der Wiener bereits aufgestanden.</p>
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        <div xml:id="ar133_008" type="jArticle">
          <head>Wien.</head>
          <p>Die letzten Nachrichten aus der Umgegend Wiens (denn aus der innern Stadt können natürlich keine Mittheilungen herausgelangen) gehen bis zum 29., Nachmittags halb drei Uhr.</p>
          <p>Am 28. war der hauptsächliche Kampf auf der südlichen und östlichen Seite, während auf der westlichen die Batterien nur mit Unterbrechung gehört wurden. Am Abend hatte der Banus die Vorstädte Landstraße und Erdberg vollständig genommen und stand bei der Franzensbrücke und Meiergasse, am Eingang der Leopoldsstadt, dergestalt, daß er diese beherrschte, und seine Batterien die ganze Jägerzeile bestreichen; auch hatte er das neue Mauthgebäude besetzt, welches nach früheren Voraussetzungen General Bem zu <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                 </p>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> versteht sich von selbst, daß ich diese Liebesgeschichte mit einer besondern Empfehlung an den Prioritäts und Petitions-Ausschuß verweise.</p>
          <p>&#x201E;(1430) Eingabe des Bürgermeisters. Brand und einiger andern Einwohner vom Simpelfeld in Limburg, die Trennung Limburgs von den Niederlanden betreffend.&#x201C;</p>
          <p>Wohllöbliche Bürger von Simpelfeld, ihr seid auf der rechten Straße; Bürger von Simpelfeld ich liebe Euch! Der Limburger Käse will sich vom Stockfisch trennen. Wer hätte gedacht, daß solche Idee aus Simpelfeld kommen würde? Ja, wahrlich, lieber wollte ich doch eine Trüffel in der Bratensauce sein, als ein Holländer in seinem wässerichen Clima. Der Limburger Käse muß gegen den holländischen Käse rebelliren. Es lebe die große Käseschlacht! Der moralische Nachdruck der deutschen Central-Gewalt wird den Bürgern von Simpelfeld nicht fehlen.</p>
          <p>&#x201E;(2930) Eingabe des pensionirten Knabenschullehrers Franz Schäfer zu Dettelbach, seine Pensionirung betreffend.&#x201C;</p>
          <p>Dieser Mann scheint mit dem Kaminfeger Friedrich Christmann, mit dem Gärtner Bachmann und dem Rabbiner Moses auf derselben Stufe zu stehn. Er geht mit der hochverrätherischen Absicht um, dem deutschen Reichs-Budget auf eine sehr bedauerliche Weise zur Last zu fallen. Aber das ist unmöglich. Wir sollen für die deutsche Flotte sorgen, für die deutschen Reichstruppen und für den Knabenschullehrer aus Dettelbach. Lieber Herr Schäfer, das geht nicht. Das einzige, was ich für Sie thun kann, ist, daß ich Sie einer Reichs-Central-Bemitleidungs-Commission überantworte, die gewiß nach Kräften Ihre fatale Lage bedauern wird.</p>
          <p>&#x201E;(716) Adresse von 374 auf der Wartburg versammelt gewesenen Studenten Deutschlands d. d. 13. Juni, enthaltend eine Begrüßung der National-Versammlung und Verwahrung gegen Republik.&#x201C;</p>
          <p>Ach, das ist ein Aktenstück, welches mir das wohlthätigste, comfortabelste Gefühl verursacht! Sollte man es denken, Studenten verwahren sich gegen die Republik? O, diese jungen Leute, die schon im Burschenrock so biedre Denkungsart hegen, von wie trefflichen Gesinnungen werden sie erst beseelt sein, wenn sie dereinst in's Philisterium hinüberschlummern, um als grüne Referendare der Welt von besonderm Nutzen zu sein! Ich sehe es, das verderblich junge Blut der Universitäten fängt an auszubrausen. Diese 374 Studenten der Wartburg haben aus Luther's Dintenfaß die echte Begeisterung getroffen.</p>
          <p>&#x201E;(795) Eingabe von Schlechter in Köln, das Wohl des Arbeiterstandes betreffend.&#x201C;</p>
          <p>Wie, auch du Brutus? Auch du, Bürger Schlechter? O, der du der heiligen Stadt Köln berühmtester Autor bist, der du sie alle überragst die stolzen Stadtfänger, der du der Homer der Annoncen bist: sei mir willkommen, willkommen!</p>
          <p>&#x201E;(3016) Eingabe von Bauerschubert und Consorten zu Tulba, in Unterfranken, unter dem Titel: &#x201E;Einzig wahres, natürliches, kostenfreies Mittel, in der einfachsten, kürzesten und sichersten Weise die deutsche Nation rasch zum mächtigsten, größten und edelsten Volke zu erheben.&#x201C;</p>
          <p>Nein, das ist zu toll! Diese Leute in Tulba sind ja wahre Hexenmeister. Kostenfrei, einfach, kurz und sicher, das mächtigste größte und edelste Volk zu werden: Herr Bauerschubert! Herr Bauerschubert! ich zweifle wahrhaft nicht daran, daß Sie ein ausgezeichneter und höchst erfinderischer Mann sind, aber sollte es nicht möglich sein, daß Sie den Werth Ihrer Medizin doch in etwa überschätzten? Geben Sie Ihr Mittel in Pulvern, flüssig oder in Pillen? Und wie viel Eßlöffel voll soll das deutsche Volk stündlich davon nehmen? Heiliger Gott, welch' eine Riesen-Medizin-Flasche und welch' ein Riesenlöffel wäre bei diesem Experimente nöthig! Uebrigens wäre es prächtig, wenn wir plötzlich alle miteinander große, mächtige und edle Menschen würden! Was würden die Herrn Raveaux und Venedey oder der Bürger Schlechter sagen, wenn sie eines Morgens ganz wider alles Erwarten als große Männer aufständen!</p>
          <p>Ich werde die Medizin der Herren Bauerschubert und Consorten dem Verfassungs-Ausschuß zu einer speziellen Analyse empfehlen&#x2012;&#x201C;</p>
          <p>So sprach ich und sinnend stützte ich mein altes erzherzogliches Haupt. Da klopfte es draußen vernehmlich an die Thür. &#x201E;Es wird eine Deputation von der äußersten Rechten sein &#x2012; &#x2012; &#x201C; Ich öffnete. Da war es einer unsrer Setzer von der äußersten Linken.</p>
          <p>&#x201E;Manuscript!&#x201C; befahl er in barschem Tone und im Nu entführte er diesen meinen herrlichen Aufsatz.</p>
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          <head>Blödsinn deutscher Zeitungen.</head>
          <p>Die Vossische singt:</p>
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[0670/0002] [Deutschland] [Fortsetzung] nige besaß sie einen Blitzableiter für das Volk, in dem Volke einen Blitzableiter für den König. Indem die „Reforme“ die theils heuchlerischen, theils ehrlich gemeinten Einbildungen, die am Tage nach Louis Philippe's Niederlage grassirten, für Realitäten versieht, erscheint ihr die Bewegung nach den Februartagen als eine Reihe von Fehlern und mißlichen Zufällen, die vermieden worden wären durch einen großen Mann, der den Bedürfnissen der Situation entsprochen. Als ob Lamartine, das Irrlicht, nicht der wahre Mann der Situation gewesen wäre! Immer noch will der wahre Mann, der große Mann nicht erscheinen, klagt die „Reforme“ und die Situation verschlechtert sich jeden Tag. „Einerseits wächst die industrielle und kommerzielle Krise. Andrerseits wächst der Haß und jeder strebt nach entgegengesetztem Ziele. Die, welche vor dem 24. Februar unterdrückt waren, suchen ein Ideal von Glück und Freiheit in der Conception einer ganz neuen Gesellschaft. Die, welche unter der Monarchie herrschten, denken nur daran, ihr Reich wieder zu gewinnen, um es mit verdoppelter Härte auszubeuten.“ Wie, nun tritt die „Reforme“ zwischen die schroff entgegenstehenden Klassen? Erhebt sie sich auch nur zu der Ahnung, daß die Klassengegensätze und der Klassenkampf erst mit dem Verschwinden der Klassen verschwinden? Nein! So eben hat sie den Klassengegensatz zugegeben. Die Klassengegensätze aber beruhen auf ökonomischen Grundlagen, auf der bisherigen materiellen Produktionsweise und den daraus hervorgehenden Verkehrsverhältnissen. Die „Reforme“ weiß kein besseres Mittel, sie zu verändern und aufzuheben, als von ihrer wirklichen Grundlage, eben von diesen materiellen Verhältnissen, wegzublicken und sich in den blauen Dunsthimmel der republikanischen Joeologie zurückzustürzen, d. h. in die poetische Februarperiode, aus der die Juniereignisse sie gewaltsam herausgeworfen hatten. Man höre nur: Das Traurigste bei diesen innern Zwistigkeiten ist das Erlöschen, das Verlorengehen der patriotischen, der nationalen Gefühle, das heißt eben jener Schwärmerei, womit beide Klassen ihre bestimmten Interessen, ihre Lebensbedingungen patriotisch und national übertünchten. Als sie das 1789 thaten, war auch ihr wirklicher Gegensatz noch nicht entwickelt. Was damals der entsprechende Ausdruck der Situation war, ist heute nur eine Ausflucht aus der Situation. Was damals Körper, ist heute Reliquie. „Offenbar“ schließt die „Reforme“, „ist es ein tiefliegendes Uebel, woran Frankreich leidet; aber es ist nicht unheilbar. Es hat seinen Ursprung in der Verwirrung der Ideen und Sitten, in dem Vergessen der Gerechtigkeit und der Gleichheit in den gesellschaftlichen Verhältnissen, in der Verderbtheit durch einen egoistischen Unterricht. In diesem Zirkel muß man die Mittel der Reorganisation sichern. Statt dessen nimmt man zu materiellen Mitteln seine Zuflucht.“ Die „Reforme“ schiebt die Sache in's „Gewissen“, und nun hilft die moraliche Salbaderei aus aller Noth. Der Gegensatz von Bourgeoisie und Proletariat stammt also von den Ideen dieser beiden Klassen her. Und woher stammen diese Ideen? Aus den gesellschaftlichen Verhältnissen. Und woher diese Verhältnisse? Aus den materiellen, den ökonomischen Lebensbedingungen der feindseligen Klassen. Nach der „Reforme“ ist beiden geholfen, wenn sie das Bewußtsein ihrer wirklichen Lage und ihres wirklichen Gegensatzes verlieren und sich in dem Opium der „patriotischen“ Gefühle und Redensarten von 1793 berauschen. Welche Rathlosigkeit! * Köln, 2, November. Wir haben schon früher unsere Leser darauf aufmerksam gemacht, daß das Reichsministerium gleich dem Ministerium des konstitutionnellen „Musterstaats“ lobhudelnde Artikel über seine eigene Thätigkeit anfertigt und höchsteigen an die respektiven Zeitungsredaktionen expedirt. In ihrer Nummer vom 31. October bringt die „Bremer Zeitung“ einen neuen Beitrag zur publicistischen Betriebsamkeit des Reichsministeriums, desselben Ministeriums, das sich gegen die Kritik der Zeitungspresse durch einen eigens zu diesem Zwecke angefertigten Code pènal sicher zu stellen sucht. Herr Unterstaatssekretär Bassermann hat uns einen Artikel über „die bisherige Thätigkeit der provisorischen Centralgewalt“ zur Aufnahme in unser Blatt eingesandt. Der Inhalt ist eine Apologie des Reichsministerium, in welcher durchgeführt werden soll, daß dasselbe nach Maßgabe der Verhältnisse nicht mehr und nichts anderes habe thun können, als was bis jetzt von ihm ausgegangen ist. ‒ Wir können einer von uns nicht getheilten Ansicht keinen so großen Raum in unserem Blatte vergönnen; sehr gern aber theilen wir die in jenem Artikel enthaltenen Thatsachen mit, welche noch weniger bekannt geworden sind. Folgt ein Auszug aus dem endlosen Artikel der „Oberpostamtszeitung“ über das „Reich und die Reichsgewalt.“ Auch Du Brutus Bassermann! * Köln, 2. Nov. Zeitungen und Briefe aus Wien fehlen uns noch immer. Die von den Weinreisenden der „Br. Ztg.“ und den diplomatischen Commis Boyageurs des „Pr. St. A.“ verbreiteten Gerüchte haben sich bis jetzt durchaus nicht bestätigt. Daß Wien sich mitten im Kampfe befindet, ist unzweifelhaft. Daß die Kroaten und sonstigen Freunde der „verfassungsmäßigen Freiheit“ bisher trotz dem großen Jellachich, dessen Heldenmuth, wie der des tapfern Sipahsalar, so berühmt ist, daß beim Blinken seines Säbels sich der erschrockene Mond in den Wolken verbirgt“ ‒ keinen irgendwie entscheidenden Vortheil errungen haben, scheint schon daraus hervorzugehen, daß das preußische Ministerium keine niederdonnernden Depeschen veröffentlicht. Wien ist abgesperrt, aber nicht für das Berliner Ministerium, das „aus der Umgegend von Wien“ Berichte erhält. Die brave „Kölnische Zeitung“ bringt ihren Lesern seit dem 6ten October fortlaufend großgedruckte Extrablätter, von denen das eine immer das andere Lügen straft. Heute sieht sie sich in die „traurige“ Nothwendigkeit versetzt, ihre „gestrigen höchst traurigen Mittheilungen“ zu bestätigen, selbst nach dem „Preuß. Staatsanzeiger“, welcher nebst der „Breslauer Zeitung“ unserer Nachbarin natürlich als Evangelium gilt. Unsere Leser finden unten die widersprechenden und haltlosen Gerüchte, die dem „Pr. St. A.“, den „C. Bl. a. B.“, der „A. D. Z.“ und Mährischen Blättern entnommen sind. Zur Kritik der von der „Kölnischen Zeitung“ so gesinnungsernst acceptirten „neuesten Nachrichten“ und zur Kritik dieser ernsten Gesinnung selbst genüge einstweilen Folgendes: Extrablatt der Kölnischen Zeitung vom 2. Nov.: (Großgedruckt.) „In der Nacht zum 29. hörte man nur vereinzeltes Feuern, während desselben wurde das Belvedere, sowie die ganze Jägerzeil und Leopoldsvorstadt von den kaiserlichen Truppen, wie es scheint, ohne großen Widerstand besetzt etc. etc. Dies schreibt man aus der Umgebung von Wien am 29. Nachmittags ein halb 3 Uhr. Dagegen schreibt ein Reisender, der Florisdorf am 28. Abends 8 Uhr verließ: Das Militär hat den Prater im Besitz, ebenso den Kirchhof Schmelz, dagegen ist die Leopoldstadt noch in den Händen der Wiener, und die Kaiserlichen haben in den Vorstädten noch nicht einen Fuß breit Terrain gewonnen.“ Die erste Nachricht bringt der Berliner Staatsanzeiger, die letztere die Allg. Oder-Zeitung. Die Kölnische Zeitung begleitet letztere mit obligaten Fragezeichen. Zu erklären wären indessen beide Mittheilungen, wenn ein Angriff auf die genannten Vorstädte in der Nacht vom 28. auf den 29. stattgefunden hätte. Lesen wir aber die weiteren Notizen der Dumont'schen Spinnstube: Breslau, 30. Okt., Abends 10 Uhr. (Breslauer Zeitung.) In 2 Vorstädten Wiens habe der Brand so überhand genommen, daß man am 28. Abends in Floridsdorf bei dem Leuchten des Flammenmeers im Freien lesen konnte. (Wäre diese Münchhausiade wahr, so könnte diese treffliche Beleuchtung, der geographischen Lage von Floridsdorf gemäß, nur aus der Leopoldstadt gekommen sein.) Ferner Breslau vom 30. Oktober (Korresp.) In Florisdorf konnte man vorgestern Abend (also am 28.) deutlich lesen, so hell war der Brand der Vorstädte Wien's. (Dies konnte man denselben Abend auch in Köln am Rhein.) Beruhen diese sämmtlichen Nachrichten auf Wahrheit, so standen am 29. die Truppen in dem Theile der Vorstadt, der noch die Nacht vorher so lustig gebrannt, was einen übrigens nicht befremden kann, wenn man in derselben Spalte unseres klassischen Extrablattes aus derselben Breslauer Zeitung die bewunderungswürdige Mittheilung lies't: „Der Brand, welcher am 28. Abends außerordentlich stark gewesen sein soll, war am 29. Abends fast erloschen.“ Von sonstigen Bären, welche die Berichterstatter „aus der Umgegend Wien's“, d. h. aus dem kaiserlichen Lager dem preußischen Staatsanzeiger, oder vielmehr dieser seinen Lesern aufzubinden versucht, geben wir nur folgenden als einen der pikantern: „In der Landstraße hatten die Jäger, wie man sagte, in 9 Stunden 30 Barrikaden genommen.“ Macht nach Adam Riese auf die Barricade 6 Minuten, also noch flinker als in Köln am Rhein, am Morgen des 26. September. Bringt man dazu die Länge der Landstraße in Rechnung, so käme dort eine Barricade auf je 20 Schritte, was ein neues erfreuliches Licht auf die Strategik der Wiener Vertheidigung wirft. Wir lassen nun die „neuesten Nachrichten“ folgen. Unsere Leser wissen, welchen Glauben sie verdienen. Wien. Mährische Blätter melden über den Kampf am 26sten Folgendes: „Eine Nachricht vom 29sten bestätigt, daß vom 5ten Jägerbataillon, welches sich durch den Prater der Stadt näherte, bis auf einen kleinen Ueberrest, Alles geblieben oder verwundet sei. Der Angriff auf die Nußdorfer Linie soll deshalb ein übelgewählter gewesen sein, weil dort die stärksten Schanzen und Barrikaden gewesen wären; auch soll es, was unglaublich klingt, dem Militär an Munition gefehlt haben, welche ein Separattrain am 27sten von Olmütz zu bringen bestimmt war. Die Stadt wurde mit Brandraketen beworfen. ‒ Das Feuer der Wiener ist ungemein heftig und wohlgezielt, in Florisdorf verbreitete sich das Gerücht, daß unter der Burg, der Nationalbank und der Universität Minen angelegt seien und daß sich Jellachich zurückgezogen habe.“ ‒ Ein anderes Blatt meldet: „Am 26sten wurde Wien bombardirt; dabei wurde das Jägerhaus im Prater, sowie die zunächstliegende Dampfmühle und Zuckerfabrik ein Raub der Flammen. Ein mährisches Jägerbataillon soll gänzlich vernichtet worden sein.“ ‒ Ein drittes (mährisches) Blatt meldet von einer fürchterlichen Kanonade am 25sten und von dem außerordentlichen Verluste, den das Regiment Baumgarten erlitten habe. „Die kroatischen Truppen waren bisher halb nackt, sind aus verschiedenen Monturvorräthen equipirt worden und bieten jetzt den buntesten Anblick aller Uniformen dar.“ Man will auch wissen, daß sich der Reichstag nicht mehr versammelt und die Führer der ultraradikalen Partei nach Pesth entkommen wären. Ein Reisender, welcher Wien am 28. October Namittags und Florisdorf um 8 Uhr Abends verlassen hat, macht der Oderzeitung folgende Eröffnungen: Wien, 26. Oct. Der Kampf hat am 26sten von Nußdorf und Breitensee her begonnen; am 24. und 25. fanden nur Vorpostengefechte statt. ‒ 27. Oct. Am 27sten erließ Windischgrätz eine Proklamation folgenden Inhalts: „Nachdem die gegebene Frist von 48 Stunden erfolglos abgelaufen, begnüge er sich nicht mehr mit den früher gestellten Bedingungen. Er verlange die Köpfe des General Bem, Pulsky und Dr. Schütte und mache jeden Haus-Eigenthümer für das verantwortlich, was in dessen Hause vorgehe. Fällt ein Schuß daraus oder wird ein Angriff auf die kaiserlichen Truppen gemacht, so solle das Haus sofort niedergebrannt werden und sämmtliche darin befindliche Personen müssen über die Klinge springen. Jeder Wiener, dessen das Militär habhaft wird, soll erschossen werden.“ Als Erwiederung auf diese Proklamation hat Dr. Schütte, der bekannte Agitator, seinerseits einen Preis auf den Kopf des k. k. Feldmarschalls, Fürsten Windischgrätz gesetzt und für dessen Habhaftwerdung zwei Tausend Dukaten Gold geboten ! *) Auch soll Messenhauser Befehl gegeben haben, jeden Soldaten, der gegen Wien kämpft, so wie Jeden waffenfähigen Wiener, der nicht Waffen trägt, zu erschießen. ‒ 28. October. Ununterbrochener Kanonendonner bis Abends 6 Uhr; von da bis 8 Uhr war es schwächer. ‒ Der Kampf fand bei dem Belvedere in Lerchenfeld, Brigittenau und in der Richtung der Leopoldstadt statt. Das Militär hat den Prater in Besitz, ebenso den Kirchhof Schmelz; ‒ dagegen ist die Leopoldstadt noch in den Händen der Wiener, und die kaiserlichen haben in den Vorstädten noch nicht einen Fuß breit Terrain gewonnen. Bei Abgang des Zuges, Abends 8 Uhr, brannten die Vorstädte in Folge der von Windischgrätz hereingeworfenen Brandraketen auf fünf bis sechs Stellen. Die in Wien befindlichen französischen Unterthanen sollten gestern unter dem Schutze des französischen Gesandten Wien verlassen. ‒ Die Dampfmühle an der Donau ist abgebrannt, jedoch sind sämmtliche Mehlvorräthe, einige und zwanzigtausend Centner, gerettet worden. Dank der Tapferkeit von etwa 200 Legionärs, welche die Mühle erst verließen, als diese dem Feinde keine Beute mehr zu bieten hatte. ‒ Die Kanoniere der Wiener bestehen meistens aus übergetretenen Militärs und schießen vortrefflich; auch sind sie im Besitze von schwerem Geschütz, meistens 24 Pfd., während der Feind meistens nur leichtes Geschütz hat. ‒ An Bewaffneten zählt Wien jetzt 150,000 Mann, welche mit vollem Vertrauen an Bem hängen; die Ungarn, 10,000 Mann reguläres Militär und 25,000 Mann Landsturm sind von Bruck her im Anmarsch und werden heute erwartet. ‒ An Lebensmitteln ist noch kein Mangel. Auf dem Kohlmarkte befinden sich große Keller, welche bedeutende Vorräthe von Viktualien enthalten, welche General Bem rationenweise vertheilt. Sind diese Vorräthe erschöpft, so wird auf alle im Privatbesitz befindlichen Vorräthe Beschlag gelegt. ‒ Traurig ist dagegen die Lage der kaiserlichen Truppen. Dieselben sind mißmuthig, zweifeln an einem günstigen Erfolge und möchten großen Theils übergehen, wenn die Gelegenheit günstiger wäre. ‒ Die Ruhr grassirt fürchterlich unter ihnen. ‒ Der Reichstag hat erklärt: Er habe weder das Recht noch den Willen, sich aus Wien zu entfernen, und Niemand auf der Welt würde sie zwingen, die Stadt zu verlassen. Bis gestern war der Reichstag noch beschlußfähig! ‒ So eben erfahren wir, daß 20 Munitionswagen von Prag nach Florisdorf heute Mittags auf der Eisenbahn an Olmütz vorbeipassirt sind, und daß der Finanzminister Krauß sich mittelst Separattrain heute Nachmittags nach Wien zurückbegehen werde. ‒ Laut zuverlässigen Nachrichten ist in Schlesien bei Zuckmantel der Landsturm zu Gunsten der Wiener bereits aufgestanden. Wien. Die letzten Nachrichten aus der Umgegend Wiens (denn aus der innern Stadt können natürlich keine Mittheilungen herausgelangen) gehen bis zum 29., Nachmittags halb drei Uhr. Am 28. war der hauptsächliche Kampf auf der südlichen und östlichen Seite, während auf der westlichen die Batterien nur mit Unterbrechung gehört wurden. Am Abend hatte der Banus die Vorstädte Landstraße und Erdberg vollständig genommen und stand bei der Franzensbrücke und Meiergasse, am Eingang der Leopoldsstadt, dergestalt, daß er diese beherrschte, und seine Batterien die ganze Jägerzeile bestreichen; auch hatte er das neue Mauthgebäude besetzt, welches nach früheren Voraussetzungen General Bem zu [Fortsetzung] [Fortsetzung] versteht sich von selbst, daß ich diese Liebesgeschichte mit einer besondern Empfehlung an den Prioritäts und Petitions-Ausschuß verweise. „(1430) Eingabe des Bürgermeisters. Brand und einiger andern Einwohner vom Simpelfeld in Limburg, die Trennung Limburgs von den Niederlanden betreffend.“ Wohllöbliche Bürger von Simpelfeld, ihr seid auf der rechten Straße; Bürger von Simpelfeld ich liebe Euch! Der Limburger Käse will sich vom Stockfisch trennen. Wer hätte gedacht, daß solche Idee aus Simpelfeld kommen würde? Ja, wahrlich, lieber wollte ich doch eine Trüffel in der Bratensauce sein, als ein Holländer in seinem wässerichen Clima. Der Limburger Käse muß gegen den holländischen Käse rebelliren. Es lebe die große Käseschlacht! Der moralische Nachdruck der deutschen Central-Gewalt wird den Bürgern von Simpelfeld nicht fehlen. „(2930) Eingabe des pensionirten Knabenschullehrers Franz Schäfer zu Dettelbach, seine Pensionirung betreffend.“ Dieser Mann scheint mit dem Kaminfeger Friedrich Christmann, mit dem Gärtner Bachmann und dem Rabbiner Moses auf derselben Stufe zu stehn. Er geht mit der hochverrätherischen Absicht um, dem deutschen Reichs-Budget auf eine sehr bedauerliche Weise zur Last zu fallen. Aber das ist unmöglich. Wir sollen für die deutsche Flotte sorgen, für die deutschen Reichstruppen und für den Knabenschullehrer aus Dettelbach. Lieber Herr Schäfer, das geht nicht. Das einzige, was ich für Sie thun kann, ist, daß ich Sie einer Reichs-Central-Bemitleidungs-Commission überantworte, die gewiß nach Kräften Ihre fatale Lage bedauern wird. „(716) Adresse von 374 auf der Wartburg versammelt gewesenen Studenten Deutschlands d. d. 13. Juni, enthaltend eine Begrüßung der National-Versammlung und Verwahrung gegen Republik.“ Ach, das ist ein Aktenstück, welches mir das wohlthätigste, comfortabelste Gefühl verursacht! Sollte man es denken, Studenten verwahren sich gegen die Republik? O, diese jungen Leute, die schon im Burschenrock so biedre Denkungsart hegen, von wie trefflichen Gesinnungen werden sie erst beseelt sein, wenn sie dereinst in's Philisterium hinüberschlummern, um als grüne Referendare der Welt von besonderm Nutzen zu sein! Ich sehe es, das verderblich junge Blut der Universitäten fängt an auszubrausen. Diese 374 Studenten der Wartburg haben aus Luther's Dintenfaß die echte Begeisterung getroffen. „(795) Eingabe von Schlechter in Köln, das Wohl des Arbeiterstandes betreffend.“ Wie, auch du Brutus? Auch du, Bürger Schlechter? O, der du der heiligen Stadt Köln berühmtester Autor bist, der du sie alle überragst die stolzen Stadtfänger, der du der Homer der Annoncen bist: sei mir willkommen, willkommen! „(3016) Eingabe von Bauerschubert und Consorten zu Tulba, in Unterfranken, unter dem Titel: „Einzig wahres, natürliches, kostenfreies Mittel, in der einfachsten, kürzesten und sichersten Weise die deutsche Nation rasch zum mächtigsten, größten und edelsten Volke zu erheben.“ Nein, das ist zu toll! Diese Leute in Tulba sind ja wahre Hexenmeister. Kostenfrei, einfach, kurz und sicher, das mächtigste größte und edelste Volk zu werden: Herr Bauerschubert! Herr Bauerschubert! ich zweifle wahrhaft nicht daran, daß Sie ein ausgezeichneter und höchst erfinderischer Mann sind, aber sollte es nicht möglich sein, daß Sie den Werth Ihrer Medizin doch in etwa überschätzten? Geben Sie Ihr Mittel in Pulvern, flüssig oder in Pillen? Und wie viel Eßlöffel voll soll das deutsche Volk stündlich davon nehmen? Heiliger Gott, welch' eine Riesen-Medizin-Flasche und welch' ein Riesenlöffel wäre bei diesem Experimente nöthig! Uebrigens wäre es prächtig, wenn wir plötzlich alle miteinander große, mächtige und edle Menschen würden! Was würden die Herrn Raveaux und Venedey oder der Bürger Schlechter sagen, wenn sie eines Morgens ganz wider alles Erwarten als große Männer aufständen! Ich werde die Medizin der Herren Bauerschubert und Consorten dem Verfassungs-Ausschuß zu einer speziellen Analyse empfehlen‒“ So sprach ich und sinnend stützte ich mein altes erzherzogliches Haupt. Da klopfte es draußen vernehmlich an die Thür. „Es wird eine Deputation von der äußersten Rechten sein ‒ ‒ “ Ich öffnete. Da war es einer unsrer Setzer von der äußersten Linken. „Manuscript!“ befahl er in barschem Tone und im Nu entführte er diesen meinen herrlichen Aufsatz. Blödsinn deutscher Zeitungen. Die Vossische singt: Ferdinand Freiligrath. Erst war's ein Löwe, groß und schön, Sein Wuchs voll Ebenmaaß, Als er beherrschte die Palmenhöhn Der Küsten Afrika's. Doch als er ließ den tropischen Wald Und seinen tropischen Golf, Da ward aus diesem Löwen bald Ein zähnefletschender Wolf. *) Diese Nachricht ist offenbar falsch, da der „Aqitator Schütte“ sich zu Pesth befindet. (A. d. Red.)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 133. Köln, 3. November 1848, S. 0670. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz133_1848/2>, abgerufen am 21.11.2024.