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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 131. Köln, 1. November 1848.

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[Deutschland]

[Fortsetzung] und einer tödtlich verwundet wurde. Alsbald wurde das Kanonenfeuer beiderseits sehr lebhaft und dehnte sich weiter gegen Nußdorf und den Prater aus. Das Militär demontirte den Gegnern am jenseitigen Ufer einige (man sagt drei) Kanonen, denen Pferde (die allbekannten Schimmel) aus den k. k. Stallungen vorgespannt waren. Wie viele Menschen hierbei umkamen, ist ungewiß. Die Wiener zogen sich hierauf gegen das Kaiserwasser zurück, und an den nächsten Häusern zwischen den Brücken waren weiße Fahnen ausgesteckt. Ungefähr gegen vier Uhr stellte das Militär die schon früher theilweise zerstörte große Brücke wieder her und marschirte auf das rechte Ufer. Da sich hier kein Feind mehr vorfand, rückten die Truppen dem Kaiserwasser zu, fanden aber die kleine ärarische und die kleine Eisenbahnbrücke in Brand, wodurch der Weitermarsch verhindert und die Feindseligkeiten an diesem Tage eingestellt wurden. Gegen Abend wurde von Florisdorf aus an drei Punkten Feuer gesehen, nämlich in der Richtung gegen die Wieden, der Landstraße und gegen Nußdorf hin.

Am 25. gegen 10 Uhr Vormittags begann die Kanonade auf's Neue, und zwar in einer sehr bedeutenden Ausdehnung, welche man dem Gehöre nach von der St. Marxer bis zur Nußdorfer Linie annahm. Einige glaubten auch Kanonendonner in der Gegend von Kaiser-Ebersdorf gehört zu haben. Des Nachmittags stieg das Feuern zu einer schaudervollen Heftigkeit; der Boden erzitterte und einzelne Schüsse waren kaum mehr zu unterscheiden. Gegen Abend stiegen in Florisdorf Leute auf die Dächer, und hörten in der Richtung gegen die Stadt ein furchtbares Geschrei, wie bei einer heftigen Bestürmung. Gegen den Bahnhof hin entstand ein großes Feuer, doch war es nicht möglich, den Ort des Unglücks näher zu bezeichnen. Um ungefähr halb sieben Uhr Abends verstummte der Kanonendonner.

Was im Verlaufe dieser 8 Stunden geschah, wo überall gefeuert oder gemetzelt wurde, wer Sieger oder Besiegter war, wie viele Leben ausgehaucht wurden - wer konnte es diese Nacht, als der Eisenbahntrain abfuhr, schon wissen! Schwerlich dürfte Jemand in so schauerlichem Kugelregen schon damals nähere Details gesammelt haben!

Die Eisenbahn ist bis Florisdorf ganz ungestört, und es finden in Lundenburg keine militärischen Durchsuchungen mehr statt.

Am 25. sollte von Brünn nach Florisdorf ärarisches Pulver auf der Eisenbahn befördert werden. Dieses wollte die Nationalgarde nicht zulassen. Während der Debatten hierüber erfolgte jedoch die Abstellung durch den Telegraphen.

(C. Bl. a. B.)
Prag, 26. Oktober.

Die Cernirung Wiens ist eine so ausschließlich strenge, daß, wie wir aus guter Quelle vernahmen, nicht einmal Briefe und Geldsendungen in die Stadt gelassen werden. Alle Briefschaften, die aus dem Norden, aus Deutschland, Böhmen, Mähren, Polen u. s. w. nach Wien adressirt sind, werden in Lundenburg aufgehalten, und der dortige Postbeamte war schon gezwungen, die Ueberlassung noch einiger Zimmer zur Erweiterung seines Amtslokales zu fordern, da er blos an zurückgehaltenen Geldbeträgen, die für Wien bestimmt sind, schon an die 2 Mill. Gulden aufzubewahren hat. Gegen den Süden zu scheint aber die Kommunikation nicht so arg gehemmt zu sein, und die Sendungen, die über Linz, Grätz u. s. w. gehen, sollen richtig an ihren Bestimmungsort gelangen.

(C. Bl. a. B.)
Prag, 26. Okt.

Erlauben Sie mir, Ihnen eine kleine Parallele aus neuester Zeit mitzutheilen, die vielleicht manches Interesse bieten dürfte und wenn nichts anderes, so doch den Satz beweist, daß sich auch im politischen Leben stets das Alte wiederholt:

17. Mai. Flucht des Kaisers nach Innsbruck.6. Okt. Flucht des Kaisers nach Olmütz.
18. Mai. Deputation der kaufmännischen Ressource an die Bürgerressource.9. Okt. Deputation der kaufmännischen Ressource an die Bürgerressource.
19. Mai. Adresse des Nationalausschusses an den Kaiser, beginnend: "Ein Schrei der Entrüstung etc."9. Oktbr. Proklamation des Stadtverordneten-Kollegiums, beginnend mit den Worten: "Aufruhr, Mord und Gewaltthat etc."
29. Mai. Ankunft eines Schreibens des Ban Jellachich an den Nationalausschuß de dato 20. Mai.24. Okt. Ankunft eines Schreibens des Van Jellachich an die Slowanska lipa, de dato 22. Okt.
16. Juni. Bombardement von Prag.(??) Bombardement (?) von Wien. (???)
(C. Bl. a. B.)
16 Dortmund, 29. Okt.

Es hat sich abermals ein bedeutender Unglücksfall auf der Köln-Mindener Eisenbahn zugetragen. Der Güterzug, welcher hier um Mittag einzutreffen pflegt, fuhr auf dem Bahnhofe von Gelsenkirchen in einen sehr kurzen, todten Seilenstrang, welchen man zum Kiestransport provisorisch gelegt hatte, hinein. Die beiden Maschinen, welche dem Zuge vorgespannt waren, wühlten sich mit ganzer Kraft in den Kies hinein und zehn nachfolgende schwerbeladene Güterwagen wurden gänzlich zertrümmert. Mehrere Bremser wurden mehr oder weniger schwer verwundet. Um's Leben kam Niemand. Der Schaden könnte sich leicht auf 80-100,000 Thlr. belaufen. Nur an den Maschinen und Wagen sind übersichtlich 25,000 Thlr. verloren. Bahnhofsaufseher und Weichensteller sind entflohen. - Nach dem von Hrn. v. Möller bei der Köln-Mindener Bahn eingeführten System sind die Betriebsbeamten, mit Ausnahme der Ingenieure, so gestellt, daß sie mehr zum Hungerleiden als zum Sattessen sich hinneigen. Der Bahnhofsaufseher in Gelsenkirchen hat z. B. 15 Thlr. Gehalt, kann aber für 100,000 Thlr. Schaden verursachen. Ein Weichenzieher, welcher häufig mehrere Weichen gleichzeitig zu stellen hat, so daß er ventre a terre von einer zur andern hinlaufen muß, hat 10-12 Thlr. Um diese Mißverhältnisse zu kompensiren, kann man Aufseher und Weichenzieher ins Zuchthaus sperren. Das Betriebsreglement der Köln-Mindener Eisenbahn verordnet, daß keine provisorischen Seitenstränge an den Hauptstrang angelegt werden sollen. Gleichwohl ist es geschehen, wahrscheinlich aus ökonomischen Gründen. Ob auf dieses Vergehen auch Zuchthausstrafe gesetzt worden ist, wissen wir nicht.

Ueber die Rücksichtslosigkeit der Köln-Mindener Eisenbahn gegen das Publikum sind schon häufig Klagen geführt worden. Ein Beweis dieser Rücksichtslosigkeit ist es schon, daß die Stationsgebäude (aus ökonomischen Gründen) überall zuletzt aufgeführt wurden, während andere Bahnen sie zuerst bauten. Hier in Dortmund hat das reisende Publikum schon ein Jahr lang unter freiem Himmel stehen müssen, weil die Empfangsbaracke zu klein ist und Niemand vor Hitze und Tabaksrauch darin aushalten kann. Eine andere Beschwerde geht gegen das Beamtenpersonal. Hr. v. Möller, der ehemalige allmächtige Kommissarius der Köln-Mind. Eisenbahn stellte vorzugsweise altpreußische Militärpersonen niederen Grades an. Diese Herren Militärs empfehlen sich freilich häufig durch ihre Anspruchslosigkeit, durch ihre Genügsamkeit. Sie "mucksen" nicht, wie man zu sagen pflegt. Je höfischserviler sie aber nach Oben zu sind, desto befehlshaberischer und brutaler sind sie nach Unten zu. Man müßte diese Leute auf einige Jahre nach Frankreich oder nach dem südlichen Deutschland schicken, damit sie dort humanere Sitten annähmen und ihren Zopf verlören, den sie freilich nicht mehr nach Hinten, sondern unter der Nase tragen.

103 Berlin, 29. Oktober.

Die großen Erwartungen, welche ganz Deutschland von der Versammlung der demokratischen Partei verschiedener deutscher konstituirenden und gesetzgebenden Versammlungen, und von dem Kongreß der deutschen Demokraten, welche Versammlungen hier seit einigen Tagen ihre Sitzungen hielten: sind vollständig getäuscht worden. Einen Augenblick erwachte die Versammlung der deutschen Oppositionsmitglieder aus ihrem Schlafe, und beschloß:

1) Die Versammlung macht die Sache Wiens zu der ihrigen.

2) Es wird sofort ein Aufruf im Namen der Versammlung erlassen. Eine Kommission wird ernannt, diesen Aufruf und Vorschläge über die Mittel einzubringen.

Sofort werden Jakobi, D'Ester und Simon (Trier) gewählt, die den Aufruf sogleich verfassen.

Als diese Nachricht im demokratischen Kongreß verkündigt wurde, wird dieselbe mit Begeisterung aufgenommen und man beschließt durch Acclamation sich den obigen Beschlüssen der Oppositionsmänner anzuschließen und stellt denselben die ganze Kraft der demokratischen Partei zur Disposition.

Die Sache endet jedoch ganz anders. Simon und D'Ester entwerfen einen begeisterten Aufruf an das deutsche Volk, Wien und die eigene Freiheit zu retten. Dieser Aufruf ist den gemäßigten Abgeordneten jedoch zu revolutionär. Waldeck, Behrends, Schulz (Wanzleben) und Andere sprachen dagegen. Der kurze Rausch der augenblicklichen Begeisterung war verflogen; man dachte der dadurch unmöglich gewordenen Ministerportefeuilles und der jetzigen Stellung und die Majorität verwarf den meisterhaft abgefaßten Aufruf an das deutsche Volk. Zur Ehre der auswärtigen Oppositionsmitglieder, der Dresdner, Altenburger, Dessauer, Mecklenburger, Frankfurter muß hinzugefügt werden daß sie begeistert für die Wiener und die Freiheit sprachen, was halfs? Die indifferente Masse unter Waldecks Anführung überstimmte.

14 Berlin, 29. Oct.

Der Demokratenkongreß ist in der größten Emsigkeit, sich aufzulösen. Wundern darf man sich eben nicht über diesen Entschluß. Wer die Mehrzahl unserer Berliner großen Klubredner in ihrer unbeschreiblichen Hohlheit kennt, wer ferner weiß, daß drei Viertel der sogenannten Republikaner des Nordens eine entsetzliche Angst hat, den Rechtsboden zu verlassen, der wird begreifen, daß diese "Herren" sich nicht sonderlich befreunden können mit den "blutrothen" Bürgern von Süd- und Mitteldeutschland. Die bisherigen Thaten des Kongresses bestehen darin, daß alle Vereinsmitglieder in Deutschland an den dreiköpfigen Centralausschuß zwei Pfennige per Monat zu entrichten haben, daß eine Adresse an die deutsche Nation erlassen werden soll und heute Nachmittag unter den Zelten eine Volksversammlung stattfindet. Ferner berichte ich Ihnen, daß "Bürger" Oppenheim dem Kongresse die Zumuthung gestellt hat, die Robespierre'schen Menschenrechte zu adoptiren.

Der berüchtigte hiesige Sicherheitsausschuß läßt sich heute an den Straßenecken von den Herren Stadtverordneten und dem Magistrat wegen seines Benehmens am 16ten vertheidigen.

Von dem Kongreß der Deputirten der Linken mit ihren auswärtigen Collegen, werden Sie sich von besser Unterrichteten Nachricht geben lassen.

Nachschrift. Die Volksversammlung unter den Zelten war ungemein besucht. Es herrschte ein frischer entschiedener Geist unter dem Volke, wozu das Auftreten der fremden Redner beitragen mochte. Das Präsidium hatte Prof. Bayrhofer aus Marburg übernommen. Nach ihm sprach Berlepsch aus Erfurt, der den Berlinern den Zuzug der Thüringer im Fall der Noth zusicherte. Silberstein aus Wien, Mitglied der akademischen Legion, verlor sich aber in Polemik gegen das Czechenthum. Nach ihm trat Brausewetter aus Königsberg auf, der Republik ein ernstes Hoch bringend. In gleichem Sinne sprach Bracklow aus Holstein; Sennin aus Dresden hatte das Glück, nichts zu verderben, und sein Vivat auf die rothe Republik wurde vom Volke äußerst freundlich aufgenommen. Arnold Ruge berichtete darauf von Wien, und forderte wiederholt die Zuhörer durch Händeaufheben zum Schwure auf, mit allen Kräften dahin zu wirken, daß Berlin's Sympathien für Wien durch die Regierungsgewalten manifestirt würden. Nachdem Bayrhofer die Versammlung geschlossen, redete noch der alte Karbe zu seiner Herzenserleichterung, und die vielen Tausende zogen fröhlich zur Stadt zurück.

Demnächst wird der Kongreßtag mit einer Abendsitzung beschlossen, worin die Oppenheim'schen Menschenrechte debattirt werden sollen.

Berlin, 29. Oktober.

Heute sind folgende Bekanntmachungen erschienen:

Bekanntmachung.

Die freiere Bewegung im Volksleben und das allgemein erwachte politische Bewußtsein haben die schnellste und leichteste Verbreitung der Erzeugnisse der Tagesliteratur zum Bedürfniß gemacht. In Folge dessen ist der Handel mit Flugschriften und Bildern auf öffentlichen Straßen und Plätzen am hiesigen Orte zu einem ausgebreiteten Gewerbebetriebe geworden. Hierbei sind, wegen der Neuheit der Sache, häufig noch die allgemeinen Vorschriften der Steuer- und Gewerbepolizeigesetze außer Acht gelassen worden, und deswegen wiederholte Bestrafungen eingetreten. Dies veranlaßt das Polizeipräsidium, darauf hinzuweisen, daß jeder Gewerbebetrieb ohne Ausnahme vor seinem Beginn vorschriftsmäßig angemeldet werden muß; daß jeder Handel der Gewerbsteuer unterliegt und daß der Handel auf öffentlichen Straßen und Plätzen, sofern er kein Markthandel ist, nach Bestimmung in § 59 der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845 außerdem noch eine besondere polizeiliche Erlaubniß bedingt. Um in letzterer Beziehung die bis jetzt vermißte Ordnung einzuführen, wird hierdurch Folgendes zur allgemeinen Nachachtung festgesetzt. § 1. Wer mit Flugschriften und Bildern auf öffentlichen Straßen oder Plätzen Handel treiben will, hat polizeiliche Erlaubniß nachzusuchen und sich deswegen, wenn der Handel im Umherziehen getrieben werden soll, bei seinem Revier-Polizeikommissarius, wenn aber eine feste Verkaufsstelle eingenommen werden soll, bei dem Polizeikommissarius des Reviers, in dem diese belegen ist, unter Vorlegung des Steuer- und Gewerbe-Anmeldungsscheins zu melden. § 2. Die Erlaubniß selbst wird von dem Polizeipräsidium in Form gestempelter Karten, widerruflich ertheilt. § 3. Diese Erlaubnißkarte muß der Gewerbetreibende bei Ausübung seines Gewerbes stets bei sich führen und auf Erfordern jedem Polizeibeamten vorzeigen, auch die darauf vermerkten nähern Bedingungen genau erfüllen. § 4. Wer den Bestimmungen in § 1 und 3 zuwiderhandelt, hat Geldbuße bis zu 20 Thlr. oder verhältnißmäßige Gefängnißstrafe zu gewärtigen. Zugleich sollen alle unbefugte Händler von den Straßen und Plätzen fortgewiesen werden. § 5. Diejenigen Personen, welche beim Erscheinen dieser Verordnung bereits Handel mit Flugschriften und Bildern auf öffentlichen Straßen oder Plätzen betreiben, haben ihre Anträge wegen Ertheilung der polizeilichen Erlaubniß binnen drei Tagen unmittelbar bei dem Polizeipräsidium anzubringen, widrigenfalls die vorstehenden Strafbestimmungen gegen sie zur Anwendung gebracht werden müssen.

Berlin, den 28. Oktober 1848.

Königliches Polizei-Präsidium.

v. Bardeleben.

Bekanntmachung, betreffend den städtischen Sicherheits-Ausschuß.

Das Publikandum vom 29. März 1848, im Auftrage des Königlichen Staatsministerii erlassen, enthält die Bestimmung: "Es versteht sich von selbst, daß die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung lediglich der Bürgerwehr überlassen bleibt, und die mögliche Hülfsleistung des Militairs nur für den äußersten Nothfall, und auch dann nur auf ausdrückliche Anforderung des Commandeurs der Bürgerwehr, oder der städtischen Behörden erfolgen wird." Diese Bestimmung rief den Sicherheits-Ausschuß der Stadt Berlin in das Leben, indem die Unmöglichkeit, die Stadtbehörden für jeden Fall unruhiger Auftritte in der Stadt in der Vollzahl zu versammeln, dazu führte, daß der Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung aus ihrer Mitte Deputirte mit der General-Vollmacht entsendeten, vorkommenden Falles für die Sicherheit der Stadt sorgen zu helfen, und zu diesem Zwecke, im Fall der Noth, die Hülfsleistung des Militairs zu erfordern. Der Sicherheits-Ausschuß tritt zusammen, sobald die Umstände es erfordern, unaufgefordert jedesmal, wenn die Bürgerwehr wegen unruhiger Auftritte in der Stadt in den Bezirken allarmirt wird, in welchem Falle derselbe sich mit dem Bürgerwehr-Commando in einem und demselben Lokale vereinigt, um mit demselben Hand in Hand zu gehen. Da die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten lediglich der Bürgerwehr überlassen ist, das Militär nur für den äußersten Nothfall mitwirken soll und wird, so hatte der Sicherheits-Ausschuß sich mit dem Bürgerwehr-Commando dahin geeinigt, daß letzteres auf seine Verantwortlichkeit, zur rechten Zeit, und unter Mittheilung der Gründe, denselben zur Requisition des Militärs auffordere, da in der Regel der Sicherheits-Ausschuß nur durch das Commando der Bürgerwehr davon zuverlässig unterrichtet werden kann, wenn die Bürgerwehr überhaupt, oder an einzelnen Punkten nicht mehr im Stande ist, die Sicherheit der Stadt zu schirmen. Mit dem städtischen Sicherheits-Ausschusse nicht zu verwechseln ist eine hier zusammengetretene Commission der Königlichen und städtischen Behörden, zu welcher das Ministerium des Innern, das Polizei-Präsidium, der Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung Deputirte schicken, welcher der Commandant von Berlin, so wie der Bürgerwehr-Commandant und eine Anzahl von Bürgerwehrmännern aller Grade beiwohnen. Zweck dieser Commission ist, zur Vermeidung von Schreibereien auf dem kurzen Wege der Besprechung die Mittel zu berathen und für die Bestimmung der gesetzlichen Behördeninstanz vorzubereiten, wodurch die öffentliche Ruhe nach allen Seiten hin zu schützen und zu erhalten sei, und die dabei mitwirkenden Behörden im Einklange des Verfahrens zu erhalten. Durch die unruhigen Auftritte am 16. d. Mts. und die Wendung, welche die Angelegenheiten nach der anderweit durch stenographische Berichte über die National-Versammlung bekannt gewordenen Ereignisse [Fortsetzung]

[Fortsetzung]

Nie lechzt' ein Wandrer in der Hitze so Nach einem Trunk, wie sie nach diesem Kusse;
Dem Heile nah, wird sie des Heils nicht froh,
In Flammen steh'nd, trotz ihrer Thränen Gusse.
"O, Mitleid," ruft sie, "kieselherz'ger Knabe!
Ein Kuß nur ist's, drum ich gebeten habe!"
"Wie ich um Dich, so hat um mich gefreit
Der fürchterliche, rauhe Gott des Krieges,
Der seinen Nacken bog in keinem Streit,
Der, wo er wandelt, sich erfreut des Sieges;
Doch hab' ich ihn zu Füßen mir gesehn,
Erflehend das, was Dir wird ohne Flehn.
"An meinen Altar hängt er seine Lanze,
Sein beulig Schlachtschild und sein Helmgefieder,
Ließ sich herab zu Tändelspiel und Tanze,
Und lernte Lächeln, Schmeichelworte, Lieder,
Verschwörend Fahn' und Trommel ;- sieh, sein Feld
Ward diese Brust, mein Bett ward sein Gezelt.
"So den Besiegenden hab' ich besiegt;
An Rosenketten hielt ich ihn gefangen.
Er, dessen Stärke starker Stahl sich biegt,
Ließ meiner Schönheit dienen sein Verlangen.
O, sei nicht stolz! nicht rühme Deines Sieges
Dich über sie, die schlug den Gott des Krieges.
"Laß Deine Lippen auf den meinen ruhn -
Sie sind ja roth, wenn auch nicht schön, wie Deine! -
Der Kuß soll Dein sein, wie er mein ist! - nun,
Das Haupt empor! was suchst Du auf dem Raine?
Sieh mir ins Aug', sieh Dich auf seinem Grunde!
Wenn Aug' in Aug', warum nicht Mund auf Munde?
"Schämst Du, zu küssen, Dich? o, sprich geschwind!
Ein Wink von mir, und dunkel wird die Helle!
Die Liebe schwärmt, wo Zwei beisammen sind;
Beginne kühn! kein Aug' sieht diese Stelle!
Die blauen Veilchen unsres Lagers wissen
Nicht, was wir thun, und plaudern nicht von Küssen.
"Der zarte Lenz, der Deine Lipp' umweht,
Nennt unreif, doch wohl mag man kosten Dich.
O, daß die Zeit nicht nutzlos Dir vergeht!
Nicht in sich selbst verzehre Schönheit sich!
Die Blum', die man nicht bricht im ersten Schimmern,
Wird in sich selbst vergehn bald und verkümmern.
"Wär' ich verrunzelt, mißgestaltet, alt,
Von rauher Stimme, bucklig, ekelhaft,
Verachtet, kränklich, abgenutzt und kalt,
Tiefäugig, mager, dürr und ohne Saft:
Dann möcht' es sein, dann taugt' ich nicht für Dich!
Doch ohne Mängel, was verschmähst Du mich?
"Nie wird das Alter meiner Stirn gefährlich;
Mein Auge blitzt, und ist im Aeugeln stark;
Dem Lenze gleich, wächst meine Schönheit jährlich;
Mein Fleisch ist weich, und brennend ist mein Mark.
Läg' meine Hand feucht in der feuchten Deinen,
Sie würde schmelzend zu vergehen scheinen.
"Befiehl, und schmeichelnd soll mein Wort Dich locken;
Mich schwingen will ich, leicht wie eine Fee;
Wie eine Nymphe, mit gelös'ten Locken,
Bewandeln will ich dieser Primeln Schnee.
Lieb' ist ein Geist, von Feuer ganz gewoben,
Leicht, nimmer sinkend, strebend nur nach oben.
"Sieh nur mein Lager, diese Blumen, an!
Sie tragen mich, wie starker Bäume Macht;
Ein schwaches Taubenpaar ist mein Gespann,
Und zieht mich leicht, vom Morgen bis zur Nacht.
Wenn also leicht die Liebe sich bewährt,
Wie, Süßer, glaubst Du, daß sie Dich beschwert?
"Versah Dein Herz an Deinen Augen sich?
Kann Deine Linke lieben Deine Rechte?
Wirb um Dich selbst dann, selbst verschmähe Dich,
Und mache Dich zu Deinem eignen Knechte.
So ging Nareiß der eignen Schöne nach,
Und starb vor Sehnsucht, als er stand am Bach.
"Die Fackel ward, das Dunkel zu verjagen,
Gestein zum Schmücken, Schönheit zum Genießen,
Das Kraut zum Duften, wie der Baum zum Tragen;
Die Sprossen sünd'gen, die für sich nur sprießen:
Saat stiftet Saat, Schönheit der Schönheit Licht;
Du wardst gezeugt, und Zeugen ist Dir Pflicht.
"Wie wären Dir der Erde Kinder eigen,
Wenn Deiner Kinder nicht auch sie erworben?
Sieh, die Natur gebietet Dir, zu zeugen,
Daß Dein Geschlecht lebt, wenn Du selbst gestorben:
So wirst Du ganz nicht in den Tod gegeben,
Dein Bild ja lebt, und in ihm wirst Du leben!" -
Und jetzt begann die Lechzende zu schwitzen;
Der Schatten ließ die Stelle, wo sie lagen;
Und Titan, keuchend in des Mittags Hitzen,
Sah heiß herab auf sie aus seinem Wagen:
Wünschend, Adonis säß' im goldnen heute,
Wär' er Adonis und an Venus' Seite.

(Fortsetzung folgt.)

[Deutschland]

[Fortsetzung] und einer tödtlich verwundet wurde. Alsbald wurde das Kanonenfeuer beiderseits sehr lebhaft und dehnte sich weiter gegen Nußdorf und den Prater aus. Das Militär demontirte den Gegnern am jenseitigen Ufer einige (man sagt drei) Kanonen, denen Pferde (die allbekannten Schimmel) aus den k. k. Stallungen vorgespannt waren. Wie viele Menschen hierbei umkamen, ist ungewiß. Die Wiener zogen sich hierauf gegen das Kaiserwasser zurück, und an den nächsten Häusern zwischen den Brücken waren weiße Fahnen ausgesteckt. Ungefähr gegen vier Uhr stellte das Militär die schon früher theilweise zerstörte große Brücke wieder her und marschirte auf das rechte Ufer. Da sich hier kein Feind mehr vorfand, rückten die Truppen dem Kaiserwasser zu, fanden aber die kleine ärarische und die kleine Eisenbahnbrücke in Brand, wodurch der Weitermarsch verhindert und die Feindseligkeiten an diesem Tage eingestellt wurden. Gegen Abend wurde von Florisdorf aus an drei Punkten Feuer gesehen, nämlich in der Richtung gegen die Wieden, der Landstraße und gegen Nußdorf hin.

Am 25. gegen 10 Uhr Vormittags begann die Kanonade auf's Neue, und zwar in einer sehr bedeutenden Ausdehnung, welche man dem Gehöre nach von der St. Marxer bis zur Nußdorfer Linie annahm. Einige glaubten auch Kanonendonner in der Gegend von Kaiser-Ebersdorf gehört zu haben. Des Nachmittags stieg das Feuern zu einer schaudervollen Heftigkeit; der Boden erzitterte und einzelne Schüsse waren kaum mehr zu unterscheiden. Gegen Abend stiegen in Florisdorf Leute auf die Dächer, und hörten in der Richtung gegen die Stadt ein furchtbares Geschrei, wie bei einer heftigen Bestürmung. Gegen den Bahnhof hin entstand ein großes Feuer, doch war es nicht möglich, den Ort des Unglücks näher zu bezeichnen. Um ungefähr halb sieben Uhr Abends verstummte der Kanonendonner.

Was im Verlaufe dieser 8 Stunden geschah, wo überall gefeuert oder gemetzelt wurde, wer Sieger oder Besiegter war, wie viele Leben ausgehaucht wurden ‒ wer konnte es diese Nacht, als der Eisenbahntrain abfuhr, schon wissen! Schwerlich dürfte Jemand in so schauerlichem Kugelregen schon damals nähere Details gesammelt haben!

Die Eisenbahn ist bis Florisdorf ganz ungestört, und es finden in Lundenburg keine militärischen Durchsuchungen mehr statt.

Am 25. sollte von Brünn nach Florisdorf ärarisches Pulver auf der Eisenbahn befördert werden. Dieses wollte die Nationalgarde nicht zulassen. Während der Debatten hierüber erfolgte jedoch die Abstellung durch den Telegraphen.

(C. Bl. a. B.)
Prag, 26. Oktober.

Die Cernirung Wiens ist eine so ausschließlich strenge, daß, wie wir aus guter Quelle vernahmen, nicht einmal Briefe und Geldsendungen in die Stadt gelassen werden. Alle Briefschaften, die aus dem Norden, aus Deutschland, Böhmen, Mähren, Polen u. s. w. nach Wien adressirt sind, werden in Lundenburg aufgehalten, und der dortige Postbeamte war schon gezwungen, die Ueberlassung noch einiger Zimmer zur Erweiterung seines Amtslokales zu fordern, da er blos an zurückgehaltenen Geldbeträgen, die für Wien bestimmt sind, schon an die 2 Mill. Gulden aufzubewahren hat. Gegen den Süden zu scheint aber die Kommunikation nicht so arg gehemmt zu sein, und die Sendungen, die über Linz, Grätz u. s. w. gehen, sollen richtig an ihren Bestimmungsort gelangen.

(C. Bl. a. B.)
Prag, 26. Okt.

Erlauben Sie mir, Ihnen eine kleine Parallele aus neuester Zeit mitzutheilen, die vielleicht manches Interesse bieten dürfte und wenn nichts anderes, so doch den Satz beweist, daß sich auch im politischen Leben stets das Alte wiederholt:

17. Mai. Flucht des Kaisers nach Innsbruck.6. Okt. Flucht des Kaisers nach Olmütz.
18. Mai. Deputation der kaufmännischen Ressource an die Bürgerressource.9. Okt. Deputation der kaufmännischen Ressource an die Bürgerressource.
19. Mai. Adresse des Nationalausschusses an den Kaiser, beginnend: „Ein Schrei der Entrüstung etc.“9. Oktbr. Proklamation des Stadtverordneten-Kollegiums, beginnend mit den Worten: „Aufruhr, Mord und Gewaltthat etc.“
29. Mai. Ankunft eines Schreibens des Ban Jellachich an den Nationalausschuß de dato 20. Mai.24. Okt. Ankunft eines Schreibens des Van Jellachich an die Slowanska lipa, de dato 22. Okt.
16. Juni. Bombardement von Prag.(??) Bombardement (?) von Wien. (???)
(C. Bl. a. B.)
16 Dortmund, 29. Okt.

Es hat sich abermals ein bedeutender Unglücksfall auf der Köln-Mindener Eisenbahn zugetragen. Der Güterzug, welcher hier um Mittag einzutreffen pflegt, fuhr auf dem Bahnhofe von Gelsenkirchen in einen sehr kurzen, todten Seilenstrang, welchen man zum Kiestransport provisorisch gelegt hatte, hinein. Die beiden Maschinen, welche dem Zuge vorgespannt waren, wühlten sich mit ganzer Kraft in den Kies hinein und zehn nachfolgende schwerbeladene Güterwagen wurden gänzlich zertrümmert. Mehrere Bremser wurden mehr oder weniger schwer verwundet. Um's Leben kam Niemand. Der Schaden könnte sich leicht auf 80-100,000 Thlr. belaufen. Nur an den Maschinen und Wagen sind übersichtlich 25,000 Thlr. verloren. Bahnhofsaufseher und Weichensteller sind entflohen. ‒ Nach dem von Hrn. v. Möller bei der Köln-Mindener Bahn eingeführten System sind die Betriebsbeamten, mit Ausnahme der Ingenieure, so gestellt, daß sie mehr zum Hungerleiden als zum Sattessen sich hinneigen. Der Bahnhofsaufseher in Gelsenkirchen hat z. B. 15 Thlr. Gehalt, kann aber für 100,000 Thlr. Schaden verursachen. Ein Weichenzieher, welcher häufig mehrere Weichen gleichzeitig zu stellen hat, so daß er ventre á terre von einer zur andern hinlaufen muß, hat 10-12 Thlr. Um diese Mißverhältnisse zu kompensiren, kann man Aufseher und Weichenzieher ins Zuchthaus sperren. Das Betriebsreglement der Köln-Mindener Eisenbahn verordnet, daß keine provisorischen Seitenstränge an den Hauptstrang angelegt werden sollen. Gleichwohl ist es geschehen, wahrscheinlich aus ökonomischen Gründen. Ob auf dieses Vergehen auch Zuchthausstrafe gesetzt worden ist, wissen wir nicht.

Ueber die Rücksichtslosigkeit der Köln-Mindener Eisenbahn gegen das Publikum sind schon häufig Klagen geführt worden. Ein Beweis dieser Rücksichtslosigkeit ist es schon, daß die Stationsgebäude (aus ökonomischen Gründen) überall zuletzt aufgeführt wurden, während andere Bahnen sie zuerst bauten. Hier in Dortmund hat das reisende Publikum schon ein Jahr lang unter freiem Himmel stehen müssen, weil die Empfangsbaracke zu klein ist und Niemand vor Hitze und Tabaksrauch darin aushalten kann. Eine andere Beschwerde geht gegen das Beamtenpersonal. Hr. v. Möller, der ehemalige allmächtige Kommissarius der Köln-Mind. Eisenbahn stellte vorzugsweise altpreußische Militärpersonen niederen Grades an. Diese Herren Militärs empfehlen sich freilich häufig durch ihre Anspruchslosigkeit, durch ihre Genügsamkeit. Sie „mucksen“ nicht, wie man zu sagen pflegt. Je höfischserviler sie aber nach Oben zu sind, desto befehlshaberischer und brutaler sind sie nach Unten zu. Man müßte diese Leute auf einige Jahre nach Frankreich oder nach dem südlichen Deutschland schicken, damit sie dort humanere Sitten annähmen und ihren Zopf verlören, den sie freilich nicht mehr nach Hinten, sondern unter der Nase tragen.

103 Berlin, 29. Oktober.

Die großen Erwartungen, welche ganz Deutschland von der Versammlung der demokratischen Partei verschiedener deutscher konstituirenden und gesetzgebenden Versammlungen, und von dem Kongreß der deutschen Demokraten, welche Versammlungen hier seit einigen Tagen ihre Sitzungen hielten: sind vollständig getäuscht worden. Einen Augenblick erwachte die Versammlung der deutschen Oppositionsmitglieder aus ihrem Schlafe, und beschloß:

1) Die Versammlung macht die Sache Wiens zu der ihrigen.

2) Es wird sofort ein Aufruf im Namen der Versammlung erlassen. Eine Kommission wird ernannt, diesen Aufruf und Vorschläge über die Mittel einzubringen.

Sofort werden Jakobi, D'Ester und Simon (Trier) gewählt, die den Aufruf sogleich verfassen.

Als diese Nachricht im demokratischen Kongreß verkündigt wurde, wird dieselbe mit Begeisterung aufgenommen und man beschließt durch Acclamation sich den obigen Beschlüssen der Oppositionsmänner anzuschließen und stellt denselben die ganze Kraft der demokratischen Partei zur Disposition.

Die Sache endet jedoch ganz anders. Simon und D'Ester entwerfen einen begeisterten Aufruf an das deutsche Volk, Wien und die eigene Freiheit zu retten. Dieser Aufruf ist den gemäßigten Abgeordneten jedoch zu revolutionär. Waldeck, Behrends, Schulz (Wanzleben) und Andere sprachen dagegen. Der kurze Rausch der augenblicklichen Begeisterung war verflogen; man dachte der dadurch unmöglich gewordenen Ministerportefeuilles und der jetzigen Stellung und die Majorität verwarf den meisterhaft abgefaßten Aufruf an das deutsche Volk. Zur Ehre der auswärtigen Oppositionsmitglieder, der Dresdner, Altenburger, Dessauer, Mecklenburger, Frankfurter muß hinzugefügt werden daß sie begeistert für die Wiener und die Freiheit sprachen, was halfs? Die indifferente Masse unter Waldecks Anführung überstimmte.

14 Berlin, 29. Oct.

Der Demokratenkongreß ist in der größten Emsigkeit, sich aufzulösen. Wundern darf man sich eben nicht über diesen Entschluß. Wer die Mehrzahl unserer Berliner großen Klubredner in ihrer unbeschreiblichen Hohlheit kennt, wer ferner weiß, daß drei Viertel der sogenannten Republikaner des Nordens eine entsetzliche Angst hat, den Rechtsboden zu verlassen, der wird begreifen, daß diese „Herren“ sich nicht sonderlich befreunden können mit den „blutrothen“ Bürgern von Süd- und Mitteldeutschland. Die bisherigen Thaten des Kongresses bestehen darin, daß alle Vereinsmitglieder in Deutschland an den dreiköpfigen Centralausschuß zwei Pfennige per Monat zu entrichten haben, daß eine Adresse an die deutsche Nation erlassen werden soll und heute Nachmittag unter den Zelten eine Volksversammlung stattfindet. Ferner berichte ich Ihnen, daß „Bürger“ Oppenheim dem Kongresse die Zumuthung gestellt hat, die Robespierre'schen Menschenrechte zu adoptiren.

Der berüchtigte hiesige Sicherheitsausschuß läßt sich heute an den Straßenecken von den Herren Stadtverordneten und dem Magistrat wegen seines Benehmens am 16ten vertheidigen.

Von dem Kongreß der Deputirten der Linken mit ihren auswärtigen Collegen, werden Sie sich von besser Unterrichteten Nachricht geben lassen.

Nachschrift. Die Volksversammlung unter den Zelten war ungemein besucht. Es herrschte ein frischer entschiedener Geist unter dem Volke, wozu das Auftreten der fremden Redner beitragen mochte. Das Präsidium hatte Prof. Bayrhofer aus Marburg übernommen. Nach ihm sprach Berlepsch aus Erfurt, der den Berlinern den Zuzug der Thüringer im Fall der Noth zusicherte. Silberstein aus Wien, Mitglied der akademischen Legion, verlor sich aber in Polemik gegen das Czechenthum. Nach ihm trat Brausewetter aus Königsberg auf, der Republik ein ernstes Hoch bringend. In gleichem Sinne sprach Bracklow aus Holstein; Sennin aus Dresden hatte das Glück, nichts zu verderben, und sein Vivat auf die rothe Republik wurde vom Volke äußerst freundlich aufgenommen. Arnold Ruge berichtete darauf von Wien, und forderte wiederholt die Zuhörer durch Händeaufheben zum Schwure auf, mit allen Kräften dahin zu wirken, daß Berlin's Sympathien für Wien durch die Regierungsgewalten manifestirt würden. Nachdem Bayrhofer die Versammlung geschlossen, redete noch der alte Karbe zu seiner Herzenserleichterung, und die vielen Tausende zogen fröhlich zur Stadt zurück.

Demnächst wird der Kongreßtag mit einer Abendsitzung beschlossen, worin die Oppenheim'schen Menschenrechte debattirt werden sollen.

Berlin, 29. Oktober.

Heute sind folgende Bekanntmachungen erschienen:

Bekanntmachung.

Die freiere Bewegung im Volksleben und das allgemein erwachte politische Bewußtsein haben die schnellste und leichteste Verbreitung der Erzeugnisse der Tagesliteratur zum Bedürfniß gemacht. In Folge dessen ist der Handel mit Flugschriften und Bildern auf öffentlichen Straßen und Plätzen am hiesigen Orte zu einem ausgebreiteten Gewerbebetriebe geworden. Hierbei sind, wegen der Neuheit der Sache, häufig noch die allgemeinen Vorschriften der Steuer- und Gewerbepolizeigesetze außer Acht gelassen worden, und deswegen wiederholte Bestrafungen eingetreten. Dies veranlaßt das Polizeipräsidium, darauf hinzuweisen, daß jeder Gewerbebetrieb ohne Ausnahme vor seinem Beginn vorschriftsmäßig angemeldet werden muß; daß jeder Handel der Gewerbsteuer unterliegt und daß der Handel auf öffentlichen Straßen und Plätzen, sofern er kein Markthandel ist, nach Bestimmung in § 59 der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845 außerdem noch eine besondere polizeiliche Erlaubniß bedingt. Um in letzterer Beziehung die bis jetzt vermißte Ordnung einzuführen, wird hierdurch Folgendes zur allgemeinen Nachachtung festgesetzt. § 1. Wer mit Flugschriften und Bildern auf öffentlichen Straßen oder Plätzen Handel treiben will, hat polizeiliche Erlaubniß nachzusuchen und sich deswegen, wenn der Handel im Umherziehen getrieben werden soll, bei seinem Revier-Polizeikommissarius, wenn aber eine feste Verkaufsstelle eingenommen werden soll, bei dem Polizeikommissarius des Reviers, in dem diese belegen ist, unter Vorlegung des Steuer- und Gewerbe-Anmeldungsscheins zu melden. § 2. Die Erlaubniß selbst wird von dem Polizeipräsidium in Form gestempelter Karten, widerruflich ertheilt. § 3. Diese Erlaubnißkarte muß der Gewerbetreibende bei Ausübung seines Gewerbes stets bei sich führen und auf Erfordern jedem Polizeibeamten vorzeigen, auch die darauf vermerkten nähern Bedingungen genau erfüllen. § 4. Wer den Bestimmungen in § 1 und 3 zuwiderhandelt, hat Geldbuße bis zu 20 Thlr. oder verhältnißmäßige Gefängnißstrafe zu gewärtigen. Zugleich sollen alle unbefugte Händler von den Straßen und Plätzen fortgewiesen werden. § 5. Diejenigen Personen, welche beim Erscheinen dieser Verordnung bereits Handel mit Flugschriften und Bildern auf öffentlichen Straßen oder Plätzen betreiben, haben ihre Anträge wegen Ertheilung der polizeilichen Erlaubniß binnen drei Tagen unmittelbar bei dem Polizeipräsidium anzubringen, widrigenfalls die vorstehenden Strafbestimmungen gegen sie zur Anwendung gebracht werden müssen.

Berlin, den 28. Oktober 1848.

Königliches Polizei-Präsidium.

v. Bardeleben.

Bekanntmachung, betreffend den städtischen Sicherheits-Ausschuß.

Das Publikandum vom 29. März 1848, im Auftrage des Königlichen Staatsministerii erlassen, enthält die Bestimmung: „Es versteht sich von selbst, daß die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung lediglich der Bürgerwehr überlassen bleibt, und die mögliche Hülfsleistung des Militairs nur für den äußersten Nothfall, und auch dann nur auf ausdrückliche Anforderung des Commandeurs der Bürgerwehr, oder der städtischen Behörden erfolgen wird.“ Diese Bestimmung rief den Sicherheits-Ausschuß der Stadt Berlin in das Leben, indem die Unmöglichkeit, die Stadtbehörden für jeden Fall unruhiger Auftritte in der Stadt in der Vollzahl zu versammeln, dazu führte, daß der Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung aus ihrer Mitte Deputirte mit der General-Vollmacht entsendeten, vorkommenden Falles für die Sicherheit der Stadt sorgen zu helfen, und zu diesem Zwecke, im Fall der Noth, die Hülfsleistung des Militairs zu erfordern. Der Sicherheits-Ausschuß tritt zusammen, sobald die Umstände es erfordern, unaufgefordert jedesmal, wenn die Bürgerwehr wegen unruhiger Auftritte in der Stadt in den Bezirken allarmirt wird, in welchem Falle derselbe sich mit dem Bürgerwehr-Commando in einem und demselben Lokale vereinigt, um mit demselben Hand in Hand zu gehen. Da die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten lediglich der Bürgerwehr überlassen ist, das Militär nur für den äußersten Nothfall mitwirken soll und wird, so hatte der Sicherheits-Ausschuß sich mit dem Bürgerwehr-Commando dahin geeinigt, daß letzteres auf seine Verantwortlichkeit, zur rechten Zeit, und unter Mittheilung der Gründe, denselben zur Requisition des Militärs auffordere, da in der Regel der Sicherheits-Ausschuß nur durch das Commando der Bürgerwehr davon zuverlässig unterrichtet werden kann, wenn die Bürgerwehr überhaupt, oder an einzelnen Punkten nicht mehr im Stande ist, die Sicherheit der Stadt zu schirmen. Mit dem städtischen Sicherheits-Ausschusse nicht zu verwechseln ist eine hier zusammengetretene Commission der Königlichen und städtischen Behörden, zu welcher das Ministerium des Innern, das Polizei-Präsidium, der Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung Deputirte schicken, welcher der Commandant von Berlin, so wie der Bürgerwehr-Commandant und eine Anzahl von Bürgerwehrmännern aller Grade beiwohnen. Zweck dieser Commission ist, zur Vermeidung von Schreibereien auf dem kurzen Wege der Besprechung die Mittel zu berathen und für die Bestimmung der gesetzlichen Behördeninstanz vorzubereiten, wodurch die öffentliche Ruhe nach allen Seiten hin zu schützen und zu erhalten sei, und die dabei mitwirkenden Behörden im Einklange des Verfahrens zu erhalten. Durch die unruhigen Auftritte am 16. d. Mts. und die Wendung, welche die Angelegenheiten nach der anderweit durch stenographische Berichte über die National-Versammlung bekannt gewordenen Ereignisse [Fortsetzung]

[Fortsetzung]

Nie lechzt' ein Wandrer in der Hitze so Nach einem Trunk, wie sie nach diesem Kusse;
Dem Heile nah, wird sie des Heils nicht froh,
In Flammen steh'nd, trotz ihrer Thränen Gusse.
„O, Mitleid,“ ruft sie, „kieselherz'ger Knabe!
Ein Kuß nur ist's, drum ich gebeten habe!“
„Wie ich um Dich, so hat um mich gefreit
Der fürchterliche, rauhe Gott des Krieges,
Der seinen Nacken bog in keinem Streit,
Der, wo er wandelt, sich erfreut des Sieges;
Doch hab' ich ihn zu Füßen mir gesehn,
Erflehend das, was Dir wird ohne Flehn.
„An meinen Altar hängt er seine Lanze,
Sein beulig Schlachtschild und sein Helmgefieder,
Ließ sich herab zu Tändelspiel und Tanze,
Und lernte Lächeln, Schmeichelworte, Lieder,
Verschwörend Fahn' und Trommel ;‒ sieh, sein Feld
Ward diese Brust, mein Bett ward sein Gezelt.
„So den Besiegenden hab' ich besiegt;
An Rosenketten hielt ich ihn gefangen.
Er, dessen Stärke starker Stahl sich biegt,
Ließ meiner Schönheit dienen sein Verlangen.
O, sei nicht stolz! nicht rühme Deines Sieges
Dich über sie, die schlug den Gott des Krieges.
„Laß Deine Lippen auf den meinen ruhn ‒
Sie sind ja roth, wenn auch nicht schön, wie Deine! ‒
Der Kuß soll Dein sein, wie er mein ist! ‒ nun,
Das Haupt empor! was suchst Du auf dem Raine?
Sieh mir ins Aug', sieh Dich auf seinem Grunde!
Wenn Aug' in Aug', warum nicht Mund auf Munde?
„Schämst Du, zu küssen, Dich? o, sprich geschwind!
Ein Wink von mir, und dunkel wird die Helle!
Die Liebe schwärmt, wo Zwei beisammen sind;
Beginne kühn! kein Aug' sieht diese Stelle!
Die blauen Veilchen unsres Lagers wissen
Nicht, was wir thun, und plaudern nicht von Küssen.
„Der zarte Lenz, der Deine Lipp' umweht,
Nennt unreif, doch wohl mag man kosten Dich.
O, daß die Zeit nicht nutzlos Dir vergeht!
Nicht in sich selbst verzehre Schönheit sich!
Die Blum', die man nicht bricht im ersten Schimmern,
Wird in sich selbst vergehn bald und verkümmern.
„Wär' ich verrunzelt, mißgestaltet, alt,
Von rauher Stimme, bucklig, ekelhaft,
Verachtet, kränklich, abgenutzt und kalt,
Tiefäugig, mager, dürr und ohne Saft:
Dann möcht' es sein, dann taugt' ich nicht für Dich!
Doch ohne Mängel, was verschmähst Du mich?
„Nie wird das Alter meiner Stirn gefährlich;
Mein Auge blitzt, und ist im Aeugeln stark;
Dem Lenze gleich, wächst meine Schönheit jährlich;
Mein Fleisch ist weich, und brennend ist mein Mark.
Läg' meine Hand feucht in der feuchten Deinen,
Sie würde schmelzend zu vergehen scheinen.
„Befiehl, und schmeichelnd soll mein Wort Dich locken;
Mich schwingen will ich, leicht wie eine Fee;
Wie eine Nymphe, mit gelös'ten Locken,
Bewandeln will ich dieser Primeln Schnee.
Lieb' ist ein Geist, von Feuer ganz gewoben,
Leicht, nimmer sinkend, strebend nur nach oben.
„Sieh nur mein Lager, diese Blumen, an!
Sie tragen mich, wie starker Bäume Macht;
Ein schwaches Taubenpaar ist mein Gespann,
Und zieht mich leicht, vom Morgen bis zur Nacht.
Wenn also leicht die Liebe sich bewährt,
Wie, Süßer, glaubst Du, daß sie Dich beschwert?
„Versah Dein Herz an Deinen Augen sich?
Kann Deine Linke lieben Deine Rechte?
Wirb um Dich selbst dann, selbst verschmähe Dich,
Und mache Dich zu Deinem eignen Knechte.
So ging Nareiß der eignen Schöne nach,
Und starb vor Sehnsucht, als er stand am Bach.
„Die Fackel ward, das Dunkel zu verjagen,
Gestein zum Schmücken, Schönheit zum Genießen,
Das Kraut zum Duften, wie der Baum zum Tragen;
Die Sprossen sünd'gen, die für sich nur sprießen:
Saat stiftet Saat, Schönheit der Schönheit Licht;
Du wardst gezeugt, und Zeugen ist Dir Pflicht.
„Wie wären Dir der Erde Kinder eigen,
Wenn Deiner Kinder nicht auch sie erworben?
Sieh, die Natur gebietet Dir, zu zeugen,
Daß Dein Geschlecht lebt, wenn Du selbst gestorben:
So wirst Du ganz nicht in den Tod gegeben,
Dein Bild ja lebt, und in ihm wirst Du leben!“ ‒
Und jetzt begann die Lechzende zu schwitzen;
Der Schatten ließ die Stelle, wo sie lagen;
Und Titan, keuchend in des Mittags Hitzen,
Sah heiß herab auf sie aus seinem Wagen:
Wünschend, Adonis säß' im goldnen heute,
Wär' er Adonis und an Venus' Seite.

(Fortsetzung folgt.)

<TEI>
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        <head>[Deutschland]</head>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> und einer tödtlich verwundet wurde. Alsbald wurde das Kanonenfeuer beiderseits sehr lebhaft und dehnte sich weiter gegen Nußdorf und den Prater aus. Das Militär demontirte den Gegnern am jenseitigen Ufer einige (man sagt drei) Kanonen, denen Pferde (die allbekannten Schimmel) aus den k. k. Stallungen vorgespannt waren. Wie viele Menschen hierbei umkamen, ist ungewiß. Die Wiener zogen sich hierauf gegen das Kaiserwasser zurück, und an den nächsten Häusern zwischen den Brücken waren weiße Fahnen ausgesteckt. Ungefähr gegen vier Uhr stellte das Militär die schon früher theilweise zerstörte große Brücke wieder her und marschirte auf das rechte Ufer. Da sich hier kein Feind mehr vorfand, rückten die Truppen dem Kaiserwasser zu, fanden aber die kleine ärarische und die kleine Eisenbahnbrücke in Brand, wodurch der Weitermarsch verhindert und die Feindseligkeiten an diesem Tage eingestellt wurden. Gegen Abend wurde von Florisdorf aus an drei Punkten Feuer gesehen, nämlich in der Richtung gegen die Wieden, der Landstraße und gegen Nußdorf hin.</p>
          <p>Am 25. gegen 10 Uhr Vormittags begann die Kanonade auf's Neue, und zwar in einer sehr bedeutenden Ausdehnung, welche man dem Gehöre nach von der St. Marxer bis zur Nußdorfer Linie annahm. Einige glaubten auch Kanonendonner in der Gegend von Kaiser-Ebersdorf gehört zu haben. Des Nachmittags stieg das Feuern zu einer schaudervollen Heftigkeit; der Boden erzitterte und einzelne Schüsse waren kaum mehr zu unterscheiden. Gegen Abend stiegen in Florisdorf Leute auf die Dächer, und hörten in der Richtung gegen die Stadt ein furchtbares Geschrei, wie bei einer heftigen Bestürmung. Gegen den Bahnhof hin entstand ein großes Feuer, doch war es nicht möglich, den Ort des Unglücks näher zu bezeichnen. Um ungefähr halb sieben Uhr Abends verstummte der Kanonendonner.</p>
          <p>Was im Verlaufe dieser 8 Stunden geschah, wo überall gefeuert oder gemetzelt wurde, wer Sieger oder Besiegter war, wie viele Leben ausgehaucht wurden &#x2012; wer konnte es diese Nacht, als der Eisenbahntrain abfuhr, schon wissen! Schwerlich dürfte Jemand in so schauerlichem Kugelregen schon damals nähere Details gesammelt haben!</p>
          <p>Die Eisenbahn ist bis Florisdorf ganz ungestört, und es finden in Lundenburg keine militärischen Durchsuchungen mehr statt.</p>
          <p>Am 25. sollte von Brünn nach Florisdorf ärarisches Pulver auf der Eisenbahn befördert werden. Dieses wollte die Nationalgarde nicht zulassen. Während der Debatten hierüber erfolgte jedoch die Abstellung durch den Telegraphen.</p>
          <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar131_007" type="jArticle">
          <head>Prag, 26. Oktober.</head>
          <p>Die Cernirung Wiens ist eine so ausschließlich strenge, daß, wie wir aus guter Quelle vernahmen, nicht einmal Briefe und Geldsendungen in die Stadt gelassen werden. Alle Briefschaften, die aus dem Norden, aus Deutschland, Böhmen, Mähren, Polen u. s. w. nach Wien adressirt sind, werden in Lundenburg aufgehalten, und der dortige Postbeamte war schon gezwungen, die Ueberlassung noch einiger Zimmer zur Erweiterung seines Amtslokales zu fordern, da er blos an zurückgehaltenen Geldbeträgen, die für Wien bestimmt sind, schon an die 2 Mill. Gulden aufzubewahren hat. Gegen den Süden zu scheint aber die Kommunikation nicht so arg gehemmt zu sein, und die Sendungen, die über Linz, Grätz u. s. w. gehen, sollen richtig an ihren Bestimmungsort gelangen.</p>
          <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar131_008" type="jArticle">
          <head>Prag, 26. Okt.</head>
          <p>Erlauben Sie mir, Ihnen eine kleine Parallele aus neuester Zeit mitzutheilen, die vielleicht manches Interesse bieten dürfte und wenn nichts anderes, so doch den Satz beweist, daß sich auch im politischen Leben stets das Alte wiederholt:</p>
          <table>
            <row>
              <cell>17. Mai. Flucht des Kaisers nach Innsbruck.</cell>
              <cell>6. Okt. Flucht des Kaisers nach Olmütz.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>18. Mai. Deputation der kaufmännischen Ressource an die Bürgerressource.</cell>
              <cell>9. Okt. Deputation der kaufmännischen Ressource an die Bürgerressource.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>19. Mai. Adresse des Nationalausschusses an den Kaiser, beginnend: &#x201E;Ein Schrei der Entrüstung etc.&#x201C;</cell>
              <cell>9. Oktbr. Proklamation des Stadtverordneten-Kollegiums, beginnend mit den Worten: &#x201E;Aufruhr, Mord und Gewaltthat etc.&#x201C;</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>29. Mai. Ankunft eines Schreibens des Ban Jellachich an den Nationalausschuß de dato 20. Mai.</cell>
              <cell>24. Okt. Ankunft eines Schreibens des Van Jellachich an die Slowanska lipa, de dato 22. Okt.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>16. Juni. Bombardement von Prag.</cell>
              <cell>(??) Bombardement (?) von Wien. (???)</cell>
            </row>
          </table>
          <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar131_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>16</author></bibl> Dortmund, 29. Okt.</head>
          <p>Es hat sich abermals ein bedeutender Unglücksfall auf der Köln-Mindener Eisenbahn zugetragen. Der Güterzug, welcher hier um Mittag einzutreffen pflegt, fuhr auf dem Bahnhofe von Gelsenkirchen in einen sehr kurzen, todten Seilenstrang, welchen man zum Kiestransport provisorisch gelegt hatte, hinein. Die beiden Maschinen, welche dem Zuge vorgespannt waren, wühlten sich mit ganzer Kraft in den Kies hinein und zehn nachfolgende schwerbeladene Güterwagen wurden gänzlich zertrümmert. Mehrere Bremser wurden mehr oder weniger schwer verwundet. Um's Leben kam Niemand. Der Schaden könnte sich leicht auf 80-100,000 Thlr. belaufen. Nur an den Maschinen und Wagen sind übersichtlich 25,000 Thlr. verloren. Bahnhofsaufseher und Weichensteller sind entflohen. &#x2012; Nach dem von Hrn. v. Möller bei der Köln-Mindener Bahn eingeführten System sind die Betriebsbeamten, mit Ausnahme der Ingenieure, so gestellt, daß sie mehr zum Hungerleiden als zum Sattessen sich hinneigen. Der Bahnhofsaufseher in Gelsenkirchen hat z. B. 15 Thlr. Gehalt, kann aber für 100,000 Thlr. Schaden verursachen. Ein Weichenzieher, welcher häufig mehrere Weichen gleichzeitig zu stellen hat, so daß er ventre á terre von einer zur andern hinlaufen muß, hat 10-12 Thlr. Um diese Mißverhältnisse zu kompensiren, kann man Aufseher und Weichenzieher ins Zuchthaus sperren. Das Betriebsreglement der Köln-Mindener Eisenbahn verordnet, daß keine provisorischen Seitenstränge an den Hauptstrang angelegt werden sollen. Gleichwohl ist es geschehen, wahrscheinlich aus ökonomischen Gründen. Ob auf dieses Vergehen auch Zuchthausstrafe gesetzt worden ist, wissen wir nicht.</p>
          <p>Ueber die Rücksichtslosigkeit der Köln-Mindener Eisenbahn gegen das Publikum sind schon häufig Klagen geführt worden. Ein Beweis dieser Rücksichtslosigkeit ist es schon, daß die Stationsgebäude (aus ökonomischen Gründen) überall zuletzt aufgeführt wurden, während andere Bahnen sie zuerst bauten. Hier in Dortmund hat das reisende Publikum schon ein Jahr lang unter freiem Himmel stehen müssen, weil die Empfangsbaracke zu klein ist und Niemand vor Hitze und Tabaksrauch darin aushalten kann. Eine andere Beschwerde geht gegen das Beamtenpersonal. Hr. v. Möller, der ehemalige allmächtige Kommissarius der Köln-Mind. Eisenbahn stellte vorzugsweise altpreußische Militärpersonen niederen Grades an. Diese Herren Militärs empfehlen sich freilich häufig durch ihre Anspruchslosigkeit, durch ihre Genügsamkeit. Sie &#x201E;mucksen&#x201C; nicht, wie man zu sagen pflegt. Je höfischserviler sie aber nach Oben zu sind, desto befehlshaberischer und brutaler sind sie nach Unten zu. Man müßte diese Leute auf einige Jahre nach Frankreich oder nach dem südlichen Deutschland schicken, damit sie dort humanere Sitten annähmen und ihren Zopf verlören, den sie freilich nicht mehr nach Hinten, sondern unter der Nase tragen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar131_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 29. Oktober.</head>
          <p>Die großen Erwartungen, welche ganz Deutschland von der Versammlung der demokratischen Partei verschiedener deutscher konstituirenden und gesetzgebenden Versammlungen, und von dem Kongreß der deutschen Demokraten, welche Versammlungen hier seit einigen Tagen ihre Sitzungen hielten: sind vollständig getäuscht worden. Einen Augenblick erwachte die Versammlung der deutschen Oppositionsmitglieder aus ihrem Schlafe, und beschloß:</p>
          <p>1) Die Versammlung macht die Sache Wiens zu der ihrigen.</p>
          <p>2) Es wird sofort ein Aufruf im Namen der Versammlung erlassen. Eine Kommission wird ernannt, diesen Aufruf und Vorschläge über die Mittel einzubringen.</p>
          <p>Sofort werden Jakobi, D'Ester und Simon (Trier) gewählt, die den Aufruf sogleich verfassen.</p>
          <p>Als diese Nachricht im demokratischen Kongreß verkündigt wurde, wird dieselbe mit Begeisterung aufgenommen und man beschließt durch Acclamation sich den obigen Beschlüssen der Oppositionsmänner anzuschließen und stellt denselben die ganze Kraft der demokratischen Partei zur Disposition.</p>
          <p>Die Sache endet jedoch ganz anders. Simon und D'Ester entwerfen einen begeisterten Aufruf an das deutsche Volk, Wien und die eigene Freiheit zu retten. Dieser Aufruf ist den gemäßigten Abgeordneten jedoch zu revolutionär. Waldeck, Behrends, Schulz (Wanzleben) und Andere sprachen dagegen. Der kurze Rausch der augenblicklichen Begeisterung war verflogen; man dachte der dadurch unmöglich gewordenen Ministerportefeuilles und der jetzigen Stellung und die Majorität verwarf den meisterhaft abgefaßten Aufruf an das deutsche Volk. Zur Ehre der auswärtigen Oppositionsmitglieder, der Dresdner, Altenburger, Dessauer, Mecklenburger, Frankfurter muß hinzugefügt werden daß sie begeistert für die Wiener und die Freiheit sprachen, was halfs? Die indifferente Masse unter Waldecks Anführung überstimmte.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar131_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>14</author></bibl> Berlin, 29. Oct.</head>
          <p>Der Demokratenkongreß ist in der größten Emsigkeit, sich aufzulösen. Wundern darf man sich eben nicht über diesen Entschluß. Wer die Mehrzahl unserer Berliner großen Klubredner in ihrer unbeschreiblichen Hohlheit kennt, wer ferner weiß, daß drei Viertel der sogenannten Republikaner des Nordens eine entsetzliche Angst hat, den <hi rendition="#g">Rechtsboden</hi> zu verlassen, der wird begreifen, daß diese &#x201E;Herren&#x201C; sich nicht sonderlich befreunden können mit den &#x201E;blutrothen&#x201C; Bürgern von Süd- und Mitteldeutschland. Die bisherigen Thaten des Kongresses bestehen darin, daß alle Vereinsmitglieder in Deutschland an den dreiköpfigen Centralausschuß zwei Pfennige per Monat zu entrichten haben, daß eine Adresse an die deutsche Nation erlassen werden soll und heute Nachmittag unter den Zelten eine Volksversammlung stattfindet. Ferner berichte ich Ihnen, daß &#x201E;Bürger&#x201C; Oppenheim dem Kongresse die Zumuthung gestellt hat, die Robespierre'schen Menschenrechte zu adoptiren.</p>
          <p>Der berüchtigte hiesige Sicherheitsausschuß läßt sich heute an den Straßenecken von den Herren Stadtverordneten und dem Magistrat wegen seines Benehmens am 16ten vertheidigen.</p>
          <p>Von dem Kongreß der Deputirten der Linken mit ihren auswärtigen Collegen, werden Sie sich von besser Unterrichteten Nachricht geben lassen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Nachschrift.</hi> Die Volksversammlung unter den Zelten war ungemein besucht. Es herrschte ein frischer entschiedener Geist unter dem Volke, wozu das Auftreten der <hi rendition="#g">fremden</hi> Redner beitragen mochte. Das Präsidium hatte Prof. Bayrhofer aus Marburg übernommen. Nach ihm sprach Berlepsch aus Erfurt, der den Berlinern den Zuzug der Thüringer im Fall der Noth zusicherte. Silberstein aus Wien, Mitglied der akademischen Legion, verlor sich aber in Polemik gegen das Czechenthum. Nach ihm trat Brausewetter aus Königsberg auf, der Republik ein ernstes Hoch bringend. In gleichem Sinne sprach Bracklow aus Holstein; Sennin aus Dresden hatte das Glück, nichts zu verderben, und sein Vivat auf die <hi rendition="#g">rothe</hi> Republik wurde vom Volke äußerst freundlich aufgenommen. Arnold Ruge berichtete darauf von Wien, und forderte wiederholt die Zuhörer durch Händeaufheben zum Schwure auf, mit allen Kräften dahin zu wirken, daß Berlin's Sympathien für Wien durch die Regierungsgewalten manifestirt würden. Nachdem Bayrhofer die Versammlung geschlossen, redete noch der alte Karbe zu seiner Herzenserleichterung, und die vielen Tausende zogen fröhlich zur Stadt zurück.</p>
          <p>Demnächst wird der Kongreßtag mit einer Abendsitzung beschlossen, worin die Oppenheim'schen Menschenrechte debattirt werden sollen.</p>
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          <head>Berlin, 29. Oktober.</head>
          <p>Heute sind folgende Bekanntmachungen erschienen:</p>
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          <p>Berlin, den 28. Oktober 1848.</p>
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          <p> <hi rendition="#g">v. Bardeleben.</hi> </p>
          <p> <hi rendition="#g">Bekanntmachung, betreffend den städtischen Sicherheits-Ausschuß.</hi> </p>
          <p>Das Publikandum vom 29. März 1848, im Auftrage des Königlichen Staatsministerii erlassen, enthält die Bestimmung: &#x201E;Es versteht sich von selbst, daß die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung lediglich der Bürgerwehr überlassen bleibt, und die mögliche Hülfsleistung des Militairs nur für den äußersten Nothfall, und auch dann nur auf ausdrückliche Anforderung des Commandeurs der Bürgerwehr, oder der städtischen Behörden erfolgen wird.&#x201C; Diese Bestimmung rief den Sicherheits-Ausschuß der Stadt Berlin in das Leben, indem die Unmöglichkeit, die Stadtbehörden für jeden Fall unruhiger Auftritte in der Stadt in der Vollzahl zu versammeln, dazu führte, daß der Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung aus ihrer Mitte Deputirte mit der General-Vollmacht entsendeten, vorkommenden Falles für die Sicherheit der Stadt sorgen zu helfen, und zu diesem Zwecke, im Fall der Noth, die Hülfsleistung des Militairs zu erfordern. Der Sicherheits-Ausschuß tritt zusammen, sobald die Umstände es erfordern, unaufgefordert jedesmal, wenn die Bürgerwehr wegen unruhiger Auftritte in der Stadt in den Bezirken allarmirt wird, in welchem Falle derselbe sich mit dem Bürgerwehr-Commando in einem und demselben Lokale vereinigt, um mit demselben Hand in Hand zu gehen. Da die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten lediglich der Bürgerwehr überlassen ist, das Militär nur für den äußersten Nothfall mitwirken soll und wird, so hatte der Sicherheits-Ausschuß sich mit dem Bürgerwehr-Commando dahin geeinigt, daß letzteres auf seine Verantwortlichkeit, zur rechten Zeit, und unter Mittheilung der Gründe, denselben zur Requisition des Militärs auffordere, da in der Regel der Sicherheits-Ausschuß nur durch das Commando der Bürgerwehr davon zuverlässig unterrichtet werden kann, wenn die Bürgerwehr überhaupt, oder an einzelnen Punkten nicht mehr im Stande ist, die Sicherheit der Stadt zu schirmen. Mit dem städtischen Sicherheits-Ausschusse nicht zu verwechseln ist eine hier zusammengetretene Commission der Königlichen und städtischen Behörden, zu welcher das Ministerium des Innern, das Polizei-Präsidium, der Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung Deputirte schicken, welcher der Commandant von Berlin, so wie der Bürgerwehr-Commandant und eine Anzahl von Bürgerwehrmännern aller Grade beiwohnen. Zweck dieser Commission ist, zur Vermeidung von Schreibereien auf dem kurzen Wege der Besprechung die Mittel zu berathen und für die Bestimmung der gesetzlichen Behördeninstanz vorzubereiten, wodurch die öffentliche Ruhe nach allen Seiten hin zu schützen und zu erhalten sei, und die dabei mitwirkenden Behörden im Einklange des Verfahrens zu erhalten. Durch die unruhigen Auftritte am 16. d. Mts. und die Wendung, welche die Angelegenheiten nach der anderweit durch stenographische Berichte über die National-Versammlung bekannt gewordenen Ereignisse <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                </p>
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[0662/0002] [Deutschland] [Fortsetzung] und einer tödtlich verwundet wurde. Alsbald wurde das Kanonenfeuer beiderseits sehr lebhaft und dehnte sich weiter gegen Nußdorf und den Prater aus. Das Militär demontirte den Gegnern am jenseitigen Ufer einige (man sagt drei) Kanonen, denen Pferde (die allbekannten Schimmel) aus den k. k. Stallungen vorgespannt waren. Wie viele Menschen hierbei umkamen, ist ungewiß. Die Wiener zogen sich hierauf gegen das Kaiserwasser zurück, und an den nächsten Häusern zwischen den Brücken waren weiße Fahnen ausgesteckt. Ungefähr gegen vier Uhr stellte das Militär die schon früher theilweise zerstörte große Brücke wieder her und marschirte auf das rechte Ufer. Da sich hier kein Feind mehr vorfand, rückten die Truppen dem Kaiserwasser zu, fanden aber die kleine ärarische und die kleine Eisenbahnbrücke in Brand, wodurch der Weitermarsch verhindert und die Feindseligkeiten an diesem Tage eingestellt wurden. Gegen Abend wurde von Florisdorf aus an drei Punkten Feuer gesehen, nämlich in der Richtung gegen die Wieden, der Landstraße und gegen Nußdorf hin. Am 25. gegen 10 Uhr Vormittags begann die Kanonade auf's Neue, und zwar in einer sehr bedeutenden Ausdehnung, welche man dem Gehöre nach von der St. Marxer bis zur Nußdorfer Linie annahm. Einige glaubten auch Kanonendonner in der Gegend von Kaiser-Ebersdorf gehört zu haben. Des Nachmittags stieg das Feuern zu einer schaudervollen Heftigkeit; der Boden erzitterte und einzelne Schüsse waren kaum mehr zu unterscheiden. Gegen Abend stiegen in Florisdorf Leute auf die Dächer, und hörten in der Richtung gegen die Stadt ein furchtbares Geschrei, wie bei einer heftigen Bestürmung. Gegen den Bahnhof hin entstand ein großes Feuer, doch war es nicht möglich, den Ort des Unglücks näher zu bezeichnen. Um ungefähr halb sieben Uhr Abends verstummte der Kanonendonner. Was im Verlaufe dieser 8 Stunden geschah, wo überall gefeuert oder gemetzelt wurde, wer Sieger oder Besiegter war, wie viele Leben ausgehaucht wurden ‒ wer konnte es diese Nacht, als der Eisenbahntrain abfuhr, schon wissen! Schwerlich dürfte Jemand in so schauerlichem Kugelregen schon damals nähere Details gesammelt haben! Die Eisenbahn ist bis Florisdorf ganz ungestört, und es finden in Lundenburg keine militärischen Durchsuchungen mehr statt. Am 25. sollte von Brünn nach Florisdorf ärarisches Pulver auf der Eisenbahn befördert werden. Dieses wollte die Nationalgarde nicht zulassen. Während der Debatten hierüber erfolgte jedoch die Abstellung durch den Telegraphen. (C. Bl. a. B.) Prag, 26. Oktober. Die Cernirung Wiens ist eine so ausschließlich strenge, daß, wie wir aus guter Quelle vernahmen, nicht einmal Briefe und Geldsendungen in die Stadt gelassen werden. Alle Briefschaften, die aus dem Norden, aus Deutschland, Böhmen, Mähren, Polen u. s. w. nach Wien adressirt sind, werden in Lundenburg aufgehalten, und der dortige Postbeamte war schon gezwungen, die Ueberlassung noch einiger Zimmer zur Erweiterung seines Amtslokales zu fordern, da er blos an zurückgehaltenen Geldbeträgen, die für Wien bestimmt sind, schon an die 2 Mill. Gulden aufzubewahren hat. Gegen den Süden zu scheint aber die Kommunikation nicht so arg gehemmt zu sein, und die Sendungen, die über Linz, Grätz u. s. w. gehen, sollen richtig an ihren Bestimmungsort gelangen. (C. Bl. a. B.) Prag, 26. Okt. Erlauben Sie mir, Ihnen eine kleine Parallele aus neuester Zeit mitzutheilen, die vielleicht manches Interesse bieten dürfte und wenn nichts anderes, so doch den Satz beweist, daß sich auch im politischen Leben stets das Alte wiederholt: 17. Mai. Flucht des Kaisers nach Innsbruck. 6. Okt. Flucht des Kaisers nach Olmütz. 18. Mai. Deputation der kaufmännischen Ressource an die Bürgerressource. 9. Okt. Deputation der kaufmännischen Ressource an die Bürgerressource. 19. Mai. Adresse des Nationalausschusses an den Kaiser, beginnend: „Ein Schrei der Entrüstung etc.“ 9. Oktbr. Proklamation des Stadtverordneten-Kollegiums, beginnend mit den Worten: „Aufruhr, Mord und Gewaltthat etc.“ 29. Mai. Ankunft eines Schreibens des Ban Jellachich an den Nationalausschuß de dato 20. Mai. 24. Okt. Ankunft eines Schreibens des Van Jellachich an die Slowanska lipa, de dato 22. Okt. 16. Juni. Bombardement von Prag. (??) Bombardement (?) von Wien. (???) (C. Bl. a. B.) 16 Dortmund, 29. Okt. Es hat sich abermals ein bedeutender Unglücksfall auf der Köln-Mindener Eisenbahn zugetragen. Der Güterzug, welcher hier um Mittag einzutreffen pflegt, fuhr auf dem Bahnhofe von Gelsenkirchen in einen sehr kurzen, todten Seilenstrang, welchen man zum Kiestransport provisorisch gelegt hatte, hinein. Die beiden Maschinen, welche dem Zuge vorgespannt waren, wühlten sich mit ganzer Kraft in den Kies hinein und zehn nachfolgende schwerbeladene Güterwagen wurden gänzlich zertrümmert. Mehrere Bremser wurden mehr oder weniger schwer verwundet. Um's Leben kam Niemand. Der Schaden könnte sich leicht auf 80-100,000 Thlr. belaufen. Nur an den Maschinen und Wagen sind übersichtlich 25,000 Thlr. verloren. Bahnhofsaufseher und Weichensteller sind entflohen. ‒ Nach dem von Hrn. v. Möller bei der Köln-Mindener Bahn eingeführten System sind die Betriebsbeamten, mit Ausnahme der Ingenieure, so gestellt, daß sie mehr zum Hungerleiden als zum Sattessen sich hinneigen. Der Bahnhofsaufseher in Gelsenkirchen hat z. B. 15 Thlr. Gehalt, kann aber für 100,000 Thlr. Schaden verursachen. Ein Weichenzieher, welcher häufig mehrere Weichen gleichzeitig zu stellen hat, so daß er ventre á terre von einer zur andern hinlaufen muß, hat 10-12 Thlr. Um diese Mißverhältnisse zu kompensiren, kann man Aufseher und Weichenzieher ins Zuchthaus sperren. Das Betriebsreglement der Köln-Mindener Eisenbahn verordnet, daß keine provisorischen Seitenstränge an den Hauptstrang angelegt werden sollen. Gleichwohl ist es geschehen, wahrscheinlich aus ökonomischen Gründen. Ob auf dieses Vergehen auch Zuchthausstrafe gesetzt worden ist, wissen wir nicht. Ueber die Rücksichtslosigkeit der Köln-Mindener Eisenbahn gegen das Publikum sind schon häufig Klagen geführt worden. Ein Beweis dieser Rücksichtslosigkeit ist es schon, daß die Stationsgebäude (aus ökonomischen Gründen) überall zuletzt aufgeführt wurden, während andere Bahnen sie zuerst bauten. Hier in Dortmund hat das reisende Publikum schon ein Jahr lang unter freiem Himmel stehen müssen, weil die Empfangsbaracke zu klein ist und Niemand vor Hitze und Tabaksrauch darin aushalten kann. Eine andere Beschwerde geht gegen das Beamtenpersonal. Hr. v. Möller, der ehemalige allmächtige Kommissarius der Köln-Mind. Eisenbahn stellte vorzugsweise altpreußische Militärpersonen niederen Grades an. Diese Herren Militärs empfehlen sich freilich häufig durch ihre Anspruchslosigkeit, durch ihre Genügsamkeit. Sie „mucksen“ nicht, wie man zu sagen pflegt. Je höfischserviler sie aber nach Oben zu sind, desto befehlshaberischer und brutaler sind sie nach Unten zu. Man müßte diese Leute auf einige Jahre nach Frankreich oder nach dem südlichen Deutschland schicken, damit sie dort humanere Sitten annähmen und ihren Zopf verlören, den sie freilich nicht mehr nach Hinten, sondern unter der Nase tragen. 103 Berlin, 29. Oktober. Die großen Erwartungen, welche ganz Deutschland von der Versammlung der demokratischen Partei verschiedener deutscher konstituirenden und gesetzgebenden Versammlungen, und von dem Kongreß der deutschen Demokraten, welche Versammlungen hier seit einigen Tagen ihre Sitzungen hielten: sind vollständig getäuscht worden. Einen Augenblick erwachte die Versammlung der deutschen Oppositionsmitglieder aus ihrem Schlafe, und beschloß: 1) Die Versammlung macht die Sache Wiens zu der ihrigen. 2) Es wird sofort ein Aufruf im Namen der Versammlung erlassen. Eine Kommission wird ernannt, diesen Aufruf und Vorschläge über die Mittel einzubringen. Sofort werden Jakobi, D'Ester und Simon (Trier) gewählt, die den Aufruf sogleich verfassen. Als diese Nachricht im demokratischen Kongreß verkündigt wurde, wird dieselbe mit Begeisterung aufgenommen und man beschließt durch Acclamation sich den obigen Beschlüssen der Oppositionsmänner anzuschließen und stellt denselben die ganze Kraft der demokratischen Partei zur Disposition. Die Sache endet jedoch ganz anders. Simon und D'Ester entwerfen einen begeisterten Aufruf an das deutsche Volk, Wien und die eigene Freiheit zu retten. Dieser Aufruf ist den gemäßigten Abgeordneten jedoch zu revolutionär. Waldeck, Behrends, Schulz (Wanzleben) und Andere sprachen dagegen. Der kurze Rausch der augenblicklichen Begeisterung war verflogen; man dachte der dadurch unmöglich gewordenen Ministerportefeuilles und der jetzigen Stellung und die Majorität verwarf den meisterhaft abgefaßten Aufruf an das deutsche Volk. Zur Ehre der auswärtigen Oppositionsmitglieder, der Dresdner, Altenburger, Dessauer, Mecklenburger, Frankfurter muß hinzugefügt werden daß sie begeistert für die Wiener und die Freiheit sprachen, was halfs? Die indifferente Masse unter Waldecks Anführung überstimmte. 14 Berlin, 29. Oct. Der Demokratenkongreß ist in der größten Emsigkeit, sich aufzulösen. Wundern darf man sich eben nicht über diesen Entschluß. Wer die Mehrzahl unserer Berliner großen Klubredner in ihrer unbeschreiblichen Hohlheit kennt, wer ferner weiß, daß drei Viertel der sogenannten Republikaner des Nordens eine entsetzliche Angst hat, den Rechtsboden zu verlassen, der wird begreifen, daß diese „Herren“ sich nicht sonderlich befreunden können mit den „blutrothen“ Bürgern von Süd- und Mitteldeutschland. Die bisherigen Thaten des Kongresses bestehen darin, daß alle Vereinsmitglieder in Deutschland an den dreiköpfigen Centralausschuß zwei Pfennige per Monat zu entrichten haben, daß eine Adresse an die deutsche Nation erlassen werden soll und heute Nachmittag unter den Zelten eine Volksversammlung stattfindet. Ferner berichte ich Ihnen, daß „Bürger“ Oppenheim dem Kongresse die Zumuthung gestellt hat, die Robespierre'schen Menschenrechte zu adoptiren. Der berüchtigte hiesige Sicherheitsausschuß läßt sich heute an den Straßenecken von den Herren Stadtverordneten und dem Magistrat wegen seines Benehmens am 16ten vertheidigen. Von dem Kongreß der Deputirten der Linken mit ihren auswärtigen Collegen, werden Sie sich von besser Unterrichteten Nachricht geben lassen. Nachschrift. Die Volksversammlung unter den Zelten war ungemein besucht. Es herrschte ein frischer entschiedener Geist unter dem Volke, wozu das Auftreten der fremden Redner beitragen mochte. Das Präsidium hatte Prof. Bayrhofer aus Marburg übernommen. Nach ihm sprach Berlepsch aus Erfurt, der den Berlinern den Zuzug der Thüringer im Fall der Noth zusicherte. Silberstein aus Wien, Mitglied der akademischen Legion, verlor sich aber in Polemik gegen das Czechenthum. Nach ihm trat Brausewetter aus Königsberg auf, der Republik ein ernstes Hoch bringend. In gleichem Sinne sprach Bracklow aus Holstein; Sennin aus Dresden hatte das Glück, nichts zu verderben, und sein Vivat auf die rothe Republik wurde vom Volke äußerst freundlich aufgenommen. Arnold Ruge berichtete darauf von Wien, und forderte wiederholt die Zuhörer durch Händeaufheben zum Schwure auf, mit allen Kräften dahin zu wirken, daß Berlin's Sympathien für Wien durch die Regierungsgewalten manifestirt würden. Nachdem Bayrhofer die Versammlung geschlossen, redete noch der alte Karbe zu seiner Herzenserleichterung, und die vielen Tausende zogen fröhlich zur Stadt zurück. Demnächst wird der Kongreßtag mit einer Abendsitzung beschlossen, worin die Oppenheim'schen Menschenrechte debattirt werden sollen. Berlin, 29. Oktober. Heute sind folgende Bekanntmachungen erschienen: Bekanntmachung. Die freiere Bewegung im Volksleben und das allgemein erwachte politische Bewußtsein haben die schnellste und leichteste Verbreitung der Erzeugnisse der Tagesliteratur zum Bedürfniß gemacht. In Folge dessen ist der Handel mit Flugschriften und Bildern auf öffentlichen Straßen und Plätzen am hiesigen Orte zu einem ausgebreiteten Gewerbebetriebe geworden. Hierbei sind, wegen der Neuheit der Sache, häufig noch die allgemeinen Vorschriften der Steuer- und Gewerbepolizeigesetze außer Acht gelassen worden, und deswegen wiederholte Bestrafungen eingetreten. Dies veranlaßt das Polizeipräsidium, darauf hinzuweisen, daß jeder Gewerbebetrieb ohne Ausnahme vor seinem Beginn vorschriftsmäßig angemeldet werden muß; daß jeder Handel der Gewerbsteuer unterliegt und daß der Handel auf öffentlichen Straßen und Plätzen, sofern er kein Markthandel ist, nach Bestimmung in § 59 der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845 außerdem noch eine besondere polizeiliche Erlaubniß bedingt. Um in letzterer Beziehung die bis jetzt vermißte Ordnung einzuführen, wird hierdurch Folgendes zur allgemeinen Nachachtung festgesetzt. § 1. Wer mit Flugschriften und Bildern auf öffentlichen Straßen oder Plätzen Handel treiben will, hat polizeiliche Erlaubniß nachzusuchen und sich deswegen, wenn der Handel im Umherziehen getrieben werden soll, bei seinem Revier-Polizeikommissarius, wenn aber eine feste Verkaufsstelle eingenommen werden soll, bei dem Polizeikommissarius des Reviers, in dem diese belegen ist, unter Vorlegung des Steuer- und Gewerbe-Anmeldungsscheins zu melden. § 2. Die Erlaubniß selbst wird von dem Polizeipräsidium in Form gestempelter Karten, widerruflich ertheilt. § 3. Diese Erlaubnißkarte muß der Gewerbetreibende bei Ausübung seines Gewerbes stets bei sich führen und auf Erfordern jedem Polizeibeamten vorzeigen, auch die darauf vermerkten nähern Bedingungen genau erfüllen. § 4. Wer den Bestimmungen in § 1 und 3 zuwiderhandelt, hat Geldbuße bis zu 20 Thlr. oder verhältnißmäßige Gefängnißstrafe zu gewärtigen. Zugleich sollen alle unbefugte Händler von den Straßen und Plätzen fortgewiesen werden. § 5. Diejenigen Personen, welche beim Erscheinen dieser Verordnung bereits Handel mit Flugschriften und Bildern auf öffentlichen Straßen oder Plätzen betreiben, haben ihre Anträge wegen Ertheilung der polizeilichen Erlaubniß binnen drei Tagen unmittelbar bei dem Polizeipräsidium anzubringen, widrigenfalls die vorstehenden Strafbestimmungen gegen sie zur Anwendung gebracht werden müssen. Berlin, den 28. Oktober 1848. Königliches Polizei-Präsidium. v. Bardeleben. Bekanntmachung, betreffend den städtischen Sicherheits-Ausschuß. Das Publikandum vom 29. März 1848, im Auftrage des Königlichen Staatsministerii erlassen, enthält die Bestimmung: „Es versteht sich von selbst, daß die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung lediglich der Bürgerwehr überlassen bleibt, und die mögliche Hülfsleistung des Militairs nur für den äußersten Nothfall, und auch dann nur auf ausdrückliche Anforderung des Commandeurs der Bürgerwehr, oder der städtischen Behörden erfolgen wird.“ Diese Bestimmung rief den Sicherheits-Ausschuß der Stadt Berlin in das Leben, indem die Unmöglichkeit, die Stadtbehörden für jeden Fall unruhiger Auftritte in der Stadt in der Vollzahl zu versammeln, dazu führte, daß der Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung aus ihrer Mitte Deputirte mit der General-Vollmacht entsendeten, vorkommenden Falles für die Sicherheit der Stadt sorgen zu helfen, und zu diesem Zwecke, im Fall der Noth, die Hülfsleistung des Militairs zu erfordern. Der Sicherheits-Ausschuß tritt zusammen, sobald die Umstände es erfordern, unaufgefordert jedesmal, wenn die Bürgerwehr wegen unruhiger Auftritte in der Stadt in den Bezirken allarmirt wird, in welchem Falle derselbe sich mit dem Bürgerwehr-Commando in einem und demselben Lokale vereinigt, um mit demselben Hand in Hand zu gehen. Da die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten lediglich der Bürgerwehr überlassen ist, das Militär nur für den äußersten Nothfall mitwirken soll und wird, so hatte der Sicherheits-Ausschuß sich mit dem Bürgerwehr-Commando dahin geeinigt, daß letzteres auf seine Verantwortlichkeit, zur rechten Zeit, und unter Mittheilung der Gründe, denselben zur Requisition des Militärs auffordere, da in der Regel der Sicherheits-Ausschuß nur durch das Commando der Bürgerwehr davon zuverlässig unterrichtet werden kann, wenn die Bürgerwehr überhaupt, oder an einzelnen Punkten nicht mehr im Stande ist, die Sicherheit der Stadt zu schirmen. Mit dem städtischen Sicherheits-Ausschusse nicht zu verwechseln ist eine hier zusammengetretene Commission der Königlichen und städtischen Behörden, zu welcher das Ministerium des Innern, das Polizei-Präsidium, der Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung Deputirte schicken, welcher der Commandant von Berlin, so wie der Bürgerwehr-Commandant und eine Anzahl von Bürgerwehrmännern aller Grade beiwohnen. Zweck dieser Commission ist, zur Vermeidung von Schreibereien auf dem kurzen Wege der Besprechung die Mittel zu berathen und für die Bestimmung der gesetzlichen Behördeninstanz vorzubereiten, wodurch die öffentliche Ruhe nach allen Seiten hin zu schützen und zu erhalten sei, und die dabei mitwirkenden Behörden im Einklange des Verfahrens zu erhalten. Durch die unruhigen Auftritte am 16. d. Mts. und die Wendung, welche die Angelegenheiten nach der anderweit durch stenographische Berichte über die National-Versammlung bekannt gewordenen Ereignisse [Fortsetzung] [Fortsetzung] Nie lechzt' ein Wandrer in der Hitze so Nach einem Trunk, wie sie nach diesem Kusse; Dem Heile nah, wird sie des Heils nicht froh, In Flammen steh'nd, trotz ihrer Thränen Gusse. „O, Mitleid,“ ruft sie, „kieselherz'ger Knabe! Ein Kuß nur ist's, drum ich gebeten habe!“ „Wie ich um Dich, so hat um mich gefreit Der fürchterliche, rauhe Gott des Krieges, Der seinen Nacken bog in keinem Streit, Der, wo er wandelt, sich erfreut des Sieges; Doch hab' ich ihn zu Füßen mir gesehn, Erflehend das, was Dir wird ohne Flehn. „An meinen Altar hängt er seine Lanze, Sein beulig Schlachtschild und sein Helmgefieder, Ließ sich herab zu Tändelspiel und Tanze, Und lernte Lächeln, Schmeichelworte, Lieder, Verschwörend Fahn' und Trommel ;‒ sieh, sein Feld Ward diese Brust, mein Bett ward sein Gezelt. „So den Besiegenden hab' ich besiegt; An Rosenketten hielt ich ihn gefangen. Er, dessen Stärke starker Stahl sich biegt, Ließ meiner Schönheit dienen sein Verlangen. O, sei nicht stolz! nicht rühme Deines Sieges Dich über sie, die schlug den Gott des Krieges. „Laß Deine Lippen auf den meinen ruhn ‒ Sie sind ja roth, wenn auch nicht schön, wie Deine! ‒ Der Kuß soll Dein sein, wie er mein ist! ‒ nun, Das Haupt empor! was suchst Du auf dem Raine? Sieh mir ins Aug', sieh Dich auf seinem Grunde! Wenn Aug' in Aug', warum nicht Mund auf Munde? „Schämst Du, zu küssen, Dich? o, sprich geschwind! Ein Wink von mir, und dunkel wird die Helle! Die Liebe schwärmt, wo Zwei beisammen sind; Beginne kühn! kein Aug' sieht diese Stelle! Die blauen Veilchen unsres Lagers wissen Nicht, was wir thun, und plaudern nicht von Küssen. „Der zarte Lenz, der Deine Lipp' umweht, Nennt unreif, doch wohl mag man kosten Dich. O, daß die Zeit nicht nutzlos Dir vergeht! Nicht in sich selbst verzehre Schönheit sich! Die Blum', die man nicht bricht im ersten Schimmern, Wird in sich selbst vergehn bald und verkümmern. „Wär' ich verrunzelt, mißgestaltet, alt, Von rauher Stimme, bucklig, ekelhaft, Verachtet, kränklich, abgenutzt und kalt, Tiefäugig, mager, dürr und ohne Saft: Dann möcht' es sein, dann taugt' ich nicht für Dich! Doch ohne Mängel, was verschmähst Du mich? „Nie wird das Alter meiner Stirn gefährlich; Mein Auge blitzt, und ist im Aeugeln stark; Dem Lenze gleich, wächst meine Schönheit jährlich; Mein Fleisch ist weich, und brennend ist mein Mark. Läg' meine Hand feucht in der feuchten Deinen, Sie würde schmelzend zu vergehen scheinen. „Befiehl, und schmeichelnd soll mein Wort Dich locken; Mich schwingen will ich, leicht wie eine Fee; Wie eine Nymphe, mit gelös'ten Locken, Bewandeln will ich dieser Primeln Schnee. Lieb' ist ein Geist, von Feuer ganz gewoben, Leicht, nimmer sinkend, strebend nur nach oben. „Sieh nur mein Lager, diese Blumen, an! Sie tragen mich, wie starker Bäume Macht; Ein schwaches Taubenpaar ist mein Gespann, Und zieht mich leicht, vom Morgen bis zur Nacht. Wenn also leicht die Liebe sich bewährt, Wie, Süßer, glaubst Du, daß sie Dich beschwert? „Versah Dein Herz an Deinen Augen sich? Kann Deine Linke lieben Deine Rechte? Wirb um Dich selbst dann, selbst verschmähe Dich, Und mache Dich zu Deinem eignen Knechte. So ging Nareiß der eignen Schöne nach, Und starb vor Sehnsucht, als er stand am Bach. „Die Fackel ward, das Dunkel zu verjagen, Gestein zum Schmücken, Schönheit zum Genießen, Das Kraut zum Duften, wie der Baum zum Tragen; Die Sprossen sünd'gen, die für sich nur sprießen: Saat stiftet Saat, Schönheit der Schönheit Licht; Du wardst gezeugt, und Zeugen ist Dir Pflicht. „Wie wären Dir der Erde Kinder eigen, Wenn Deiner Kinder nicht auch sie erworben? Sieh, die Natur gebietet Dir, zu zeugen, Daß Dein Geschlecht lebt, wenn Du selbst gestorben: So wirst Du ganz nicht in den Tod gegeben, Dein Bild ja lebt, und in ihm wirst Du leben!“ ‒ Und jetzt begann die Lechzende zu schwitzen; Der Schatten ließ die Stelle, wo sie lagen; Und Titan, keuchend in des Mittags Hitzen, Sah heiß herab auf sie aus seinem Wagen: Wünschend, Adonis säß' im goldnen heute, Wär' er Adonis und an Venus' Seite. (Fortsetzung folgt.)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 131. Köln, 1. November 1848, S. 0662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz131_1848/2>, abgerufen am 24.11.2024.