Neue Rheinische Zeitung. Nr. 127. Köln, 27. Oktober 1848.[Deutschland] [Fortsetzung] Generalen besser verletzen zu können. Diese Post hat ungeachtet aller Versicherungen ihren Sedlnitzky'schen Charakter seit dem März noch nicht einen Augenblick verloren. - Die Zeitungen zeigen an, daß ein Redakteur des National hier angekommen; alle Juden sind zu ihm gestürzt. Wittert der National die Bourgeios-Republik? - Niemand ist so schlecht über die hiesigen Zustände unterrichtet, als die französischen Blätter im Allgemeinen und besonders die der französischen Bourgeois-Regierung. - Das französische Gesandschafts-Hotel ist durch Bernays zur politischen Synagoge geworden, in welcher die Herren Tausenau und Konsorten ihre Bourgeois-Demokratie abgaunern und von Herrn Bernays, dermalen als Kourier nach Paris, verbessern lassen. Wien. Das neueste Journal des östreichischen Lloyd enthält als "Neueste Nachrichten" Folgendes: Wien, 20. Okt., Abends 6 Uhr. So eben sammeln sich an allen Straßenecken zahlreiche Gruppen vor einer vom Oberkommandanten der Nationalgarde Herrn Messenhauser angeschlagenen Proklamation, worin die Feldherren der ungarischen Armee melden, daß sie mit ihrer Armee Wien zu Hülfe eilen. Die Proklamation ist unterzeichnet von Pazmandy, Moga, Csany und Percel. Der Eindruck ist natürlich wie ein elektrisch-belebender Schlag für unsere Bevölkerung, besonders für die kampflustige Jugend. Ein Kurier überbrachte dieselbe dem Reichstagsausschuß, welcher, weil das Siegel darunter fehlte, anfangs Zweifel an der Echtheit derselben hegte. Jedoch erkannten mehrere Mitglieder die Authenticität der Schrift und Unterschrift von Pazmandy, und die Aussagen des Kuriers selbst beseitigten die anfänglichen Zweifel. Wir hatten Gelegenheit, den Kurier selbst zu sprechen, welcher uns erklärte, daß die ungarische Armee in ihrem Vortreffen 35,000 Mann, im Nachtreffen 15,000 zähle, worunter 8000 irreguläre Truppen. Heute Abend noch sollen nach seiner Versicherung die Ungarn in Fischament eintreffen, und morgen in der Frühe würden sie bei Schwechat und Simmering stehen, wo dann eine Schlacht stattfinden dürfte. Die vielen Täuschungen, welche wir in Bezug auf das Kommen der ungarischen Armee in der verflossenen Woche erlebten, rechtfertigen wohl unsere, wenn auch schwach begründeten Zweifel, die übrigens von einem großen Theile der Bevölkerung getheilt werden. Dan man einen Angriff der Stadt von der Nordseite, von Seiten der Taborbrücke befürchtet, so werden dort die Posten bedeutend verstärkt und riesige Barrikaden ausgeworfen. * Wien, 21. Okt. Wir theilen nachfolgende Erklärung der "ungarischen Armee" mit, den besten Beweis, daß die Verräther nicht die Ungarn sind, sondern die Wiener Reichstagsmitglieder. Erklärung der ungarischen Armee. Dem Nationalgarde-Oberkommando ist so eben das nachstehende Dokument zugekommen, dessen Unterschriften als echt erscheinen. Messenhauser, prov. Oberkommandant. Die ungarische Nation ist seit Jahrhunderten durch die innigsten Bruderbande mit dem Volke Oestreichs verknüpft, nur die konstitutionelle Freiheit, die die Völker der Monarchie in den Märztagen sich erkämpften, und die der Monarch bestätigte, befestigte diese Bande noch mehr. Es ist unsere gemeinsame Pflicht, unsere angepriesene, gesetzlich konstitutionelle Freiheit zu vertheidigen. Es erklärt dieses das ungarische Heer, daß es seinen gefährdeten östreichischen Brüdern zu Hülfe eilt, und mit seiner ganzen Kraft jenes kroatische Heer verfolgen wird, das aus Ungarn vertrieben, jetzt die Fluren Oestreichs verwüstet. Wir sind überzeugt, daß wir durch die Vertreibung der feindlich Jelachichschen Armee aus Oestreich, und durch die Wiederherstellung der freien Zufuhren und Handelsverbindungen der Stadt Wien, sowohl der Freiheit des uns verbrüderten Volkes als der Dynastie und der Gesammtmonarchie den größten Dienst erweisen. Das ungarische Heer ist bereit für die Gesammtinteressen zu leben und zu sterben. Wiener! Vertrauet auf uns! - Gott verläßt unsere gerechte Sache nicht. Aus dem ungarischen Feldlager, den 19. Okt. 1848. Dionys Pazmandi, Präsident der ungarischen Nationalversammlung. Moga m. p., Befehlshaber der ungarischen Armee. §. Berlin, 23. Oktober. Friedrich Wilhelm IV. hat an "Seinem" Geburtstage erhebende Worte gesprochen. Ein Freund schöner Reden und Proklamationen hat aber sehr selten an Einem Male genug. Friedrich Wilhelm IV. fühlte das Bedürfniß, noch mehr zu reden, und siehe da, welch' glücklicher Zufall: die "beklagenswerthen" Ereignisse vom 16. Mit der Contrasignatur des Ministers Eichmann erschien also eine Kabinetsordre, worin der König der Bürgerwehr sagt, daß sie sich am 16. würdig gezeigt habe seines Vertrauens und der "Ehre, die er ihr erzeigte, indem er ihr im März die Waffen zur Vertheidigung des Thrones und zur Herstellung der gestörten Ordnung in die Hände gab." Der König spricht der Bürgerwehr für ihre würdige Haltung seinen Dank aus. - Es ist mit dem Volke wirklich nicht mehr auszuhalten. Das Volk geht so weit, von Allerhöchstdenselben keinen Dank mehr haben zu wollen. Der demokratische Bürgerwehr-Verein "weist den Dank des Königs mit aller Entrüstung von sich" und läßt diesen schnöden Undank noch dazu an allen Straßenecken dem sich die Seiten haltenden Publikum bekannt machen. Will man denn gar nicht lernen, daß - im konstitutionellen Sinne nämlich - die Könige unzurechnungsfähig und die Minister verantwortlich sind? §. Berlin, 23. Oktober. Das Ministerium Pfuel ist unerwarteter Weise gestürzt. Pfuel und Kisker haben ihr Portefeuille niedergelegt. Die Kamarilla war mit ihnen unzufrieden. (Siehe die gestrige Nummer.) Man sagt, daß sie wegen Mangel an Energie den Wühlern gegenüber ihre Stellen hätten niederlegen müssen. Also selbst ein Pfuel noch zu freisinnig! Ein Ministerium, dem das Volk den bezeichnenden Namen "Kartätschen-Ministerium" gab, genügt dem Hofe nicht! Wer bleibt dann noch übrig, als Radowitz und Wrangel, und in der That nennt man diese als Nachfolger Pfuel's. Was gibt dem Hofe solch' plötzlichen Muth? Die Wiener Ereignisse etwa? Was schreckt ihn so sehr? Der Demokratenkongreß? - Jedenfalls können wir einen Coup Seitens der Hofpartei erwarten. Sie wird das Volk gerüstet finden. Einen sehr günstigen Eindruck hat hier ein gestern erschienenes Plakat des Hrn. Rimpler gemacht. Hr. Rimpler, der ein ganz braver, "liberaler", honnetter Bürger, aber jedenfalls ein schwacher Kopf und Charakter, scheint zu merken, wie er von den Schwarz-Weißen über den Löffel barbiert wird; seine Hinneigung zur gemäßigten demokratischen Partei tritt auch in diesem letzten Plakate, worin er das bewaffnete und unbewaffnete Volk (warum gibt es noch immer ein unbewaffnetes?) zur Versöhnung, und zwar dauernden, ermahnt, immer schärfer hervor. Die hiesigen bewaffneten fliegenden Korps (Handwerker, Studenten, Künstler, junge Kaufleute, Maschinenbauer), die zufolge des Bürgerwehrgesetzes aufgelöst und der Bürgerwehr gänzlich einverleibt werden müßten, erstreben eine Vereinigung zu einem einzigen mobilen Korps, das außerhalb der Bourgeois-Garde stehend, seine Selbstständigkeit bewahren soll. Der Konflikt mit der Regierung wird in diesem Falle unausbleiblich, und man ist auf die Abwicklung dieser Angelegenheit sehr gespannt. Zugleich ist sie eine Lebensfrage für die hiesige demokratische Partei, da die genannten Korps in ihrer Mehrheit entschieden demokratisch gesinnt sind. Nun noch eins! Gestern feierte der Student Schlöffel im Kreise einiger Freunde sein Befreiungsfest. Derselbe hat nämlich Gelegenheit gefunden, sich dem "eingezogenen" Leben auf der Magdeburger Citadelle zu entziehen, und ist noch gestern Abend weiter gereist. Auch nicht übel! Dagegen sind in Folge des 16. Okt. eine Anzahl Personen, selbst ganz Unbetheiligte, zur Haft gebracht worden. Der bekannte demokratische Hanswurst, Lindenklub-Müller, war am 16. Abends - wie man sagt, unter einer Tonne steckend, was ihm den Namen Diogenes zugezogen - ebenfalls verhaftet worden, wurde indeß bald wieder in Freiheit gesetzt. 14 Berlin, 24. Oktober. Heute ist folgendes interessante Plakat angeschlagen: "Proklamation des Maschinenbau-Arbeiter-Vereins. - Die Reaktion will Bürgerkrieg; sie trägt Bedenken, die Demokratie mit offener Gewalt von Außen zu bekämpfen, darum will sie dieselbe mit Hinterlist im Innern zerfleischen. Und dieserhalb erklären Wir Maschinenbau-Arbeiter als eherne Stützen des demokratischen Fortschritts offen und fest entschlossen: "Bei dem Ausbruch eines neuen Kampfes zwischen Bürgerwehr und Arbeiter stellen wir uns sämmtlich unbewaffnet als Schutz- und Trutzwehr der brüderlichen Einigkeit zwischen diese kämpfenden Parteien, und nur über diese Leichen führt der unglückliche Weg zum Bruderkampf. Wagt aber die Reaktion einen offenen Kampf gegen die gute Sache der Freiheit, dann Bürger und Arbeiter! stehen wir bewaffnet mit Euch in Einer Reihe!" Die Ministerkrisis ist noch ziemlich unklar. Hr. Pfuel hat seine Demission eingereicht, weil er den "Prinzen" nicht contentiren soll, und für die unkonstitutionellen Launen einer allerhöchsten Person nicht verantwortlich sein will. In Zusammenhang damit mag stehen, daß Se. Majestät das berathene Jagdgesetz nicht sanctioniren will!! wie das Gerücht sagt. General Brandt soll das Portefeuille des Krieges angenommen haben, und der würdige fromme Eichmann Ministerpräsident werden. Gutunterrichtete Leute wollen indeß wissen, daß die ganze Geschichte eine Finte sei und Herr Pfuel vollkommen im Einverständnisse mit den allerhöchsten Herrschaften handle. Die Zeit zur Ausführung des lange meditirten Staatsstreiches sei endlich gekommen, da es aber zu auffällig wäre, wenn das Ministerium Pfuel seine bisherige Sanftmuth plötzlich in Wildheit verkehre, so müsse man zum Scheine das Ministerium Pfuel regeneriren. Bei der gestrigen Abstimmung über das Phillipis'sche Amendement bemerkte man, daß Herr Pfuel sich die Zahl der Abstimmenden genau notirte, und erst als er sah, daß Noth vorhanden sei, dem Präsidenten sein Nein mittheilte. Gestern Abend wurde ein neuer Klub gestiftet: der Militärreform-Verein. Mit der Demokratisirung des Militärs geht es flott von statten. Selbst die Garden vom Kaiser Franz-Regiment sprechen offen von ihrem Haß gegen die Offiziere. Nachträglich eine Anekdote zum 15. Oktober. Vor der Domkirche war eine Kompagnie Bürgerwehr aufgestellt, die nach dem Gottesdienste eine Chaine bis zum Schlosse bildete, weil sie glaubte, der König werde sich dorthin begeben. Dies geschah aber nicht und der Führer der Kompagnie stellte sich dem Könige vor und gratulirte im Namen der Kompagnie. Der König soll ziemlich trocken darauf erwidert haben: "die Herren von der Bürgerwehr hätten sich die Mühe sparen können." Ist diese Antwort gegründet, so dürfte die gestrige Antwort des Bürgerwehrvereins auf die königliche Danksagung für die Heldenthaten am 16. sehr erklärlich sein. Der demokratische Bürgerwehrverein weis't nämlich den Dank mit kraftigen Worten ab. Die Erdarbeiter sind decimirt aber ruhig. Das arme Volk ist so redlich und tugendhaft, sich nicht mehr bestechen zu lassen. Versuche diesrr Art werden von der Kamarilla häufig gemacht. 103 Berlin, 24. Okt. Die gestrige und heutige Abstimmung unserer Vereinbarerversammlung, bilden das allgemeine Tagesgespräch. Der sonderbare Umstand, daß gestern die Linke mit einer Stimme, und heute die Rechte mit einer Stimme den Sieg davontrug, ist schon ein Thema, woran sich eine allgemeine Betrachtung knüpfen läßt. Was soll daraus werden, spricht man, wenn die verschiedenen Artikel der Verfassungsurkunde, der eine im Sinne der Rechten, der andere im Sinne der Linken durchgeht, kann das eine Verfassung aus einem Guß werden? Wird nicht vielmehr geradezu ein Artikel dem andern widersprechen. So oft die Partei Unruh, das Centrum oder linke Centrum, wie es sich selbst gern nennt, mit der Linken stimmt, ist dieser eine Majorität von 70-80 Stimmen gewiß. Wenn diese Partei mit der Rechten stimmt, so wird jedesmal diese Theilung in zwei gleiche Hälften vorkommen. Der Abgeordnete Riebe, ein Landmann aus Pommern, der Partei Rodbertus-Berg angehörend, reichte heute seine motivirte Tagesordnung dahin ein, daß er, seiner Ueberzeugung nach, nur sein gestriges erstes Votum, für das Amendement Philips, gelten lassen wolle. Einige seiner Freunde hatten ihn gestern während der Abstimmung zur Zurücknahme seines Votums bestimmt, indem sie ihm begreiflich machen wollten, daß durch die Annahme des Amendements Mord und Todschlag in der Provinz Posen herbeigerufen wurde. Er hat sich aber nun von dem Ungrunde dieser Ansicht überzeugt und bestätigt sein erstes Votum. Hiermit waren nun der Rechten alle mögliche Einsprüche, die sie schon gestern erhoben hatten, abgeschnitten. Die Abgeordneten aus den deutschen Kreisen des Großherzogthums protestiren jedoch heute gegen das ganze Amendement, indem dieser Theil des Großherzogthums nichts mehr von den Wiener Verträgen wissen wolle, mit den jetzigen Zuständen zufrieden sei und sich dem übrigen Deutschland anschließen wolle. (Notabene: über den Abgeordneten Berg. Diese Karrikatur der "galanten Abbe's" des achtzehnten Jahrhunderts ward endlich hier gebührend gewürdigt - als komische Figur.) Zur morgenden Sitzung sind mehrere Interpellationen an das Staatsministerium angekündigt. Abgeordneter Otto (Trier) wegen der versprochenen Amnestie für die Einwohner Triers. Die Abg. Schöne und Schulze (Delitzsch) wegen der zögernden Veröffentlichung des Jagdgesetzes. Bei diesen Zwischenfällen wird die Berathung des Gesetzes wegen unentgeltlicher Aufhebung der Feudallasten sehr in die Länge gezogen. Man weiß aber jetzt schon, daß der König seine Zustimmung dazu verweigern wird. Was soll daraas werden. Wenn die Bauern in den Zeitungen gelesrn haben, daß die Jagdgerechtigkeit und die Feudallasten unentgeltlich aufgehoben sind, werden sie von nichts anderm mehr wissen wollen. Ttitt ihnen die Reaktion entgegen, so schafft sie uns in der ländlichen Bevölkerung die muthigsten Republikaner. 103 Berlin, 20. October. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. Dringender Antrag der Abgeordneten Waldeck und Esser: Die hohe Versammlung wolle Folgendes beschließen: 1) Kein Erlaß kann als Gesetz gelten und als solches durch die Gesetzsammlung bekannt gemacht werden, welche nicht von der konstituirenden Versammlung in Berlin beschlossen, angenommen, oder genehmigt worden ist. 2) Diejenigen Erlasse der Frankfurter Central-Gewalt oder verfassunggebenden Versammlung, welche innere Angelegenheiten der einzelnen Länder, namentlich Polizeiwesen und Strafgesetzgebung zum Gegenstande haben, können für Preußen erst durch die Genehmigung der Preußischen Volksvertreter gesetzliche Geltung erlangen. Gründe. Zur Geltendmachung dieser beiden Sätze bedarf es nicht der Erlassung eines Gesetzes denn sie ergeben sich schon von selbst aus den bestehenden Gesetzen, insbesondere aus der Stellung der Nationalversammlung hier, und aus den Grenzen, welche der Central-Gewalt schon vermöge der am 28. Juni 1848 in Frankfurt gefaßten Beschlüsse gezogen sind. Da das Ministerium indessen kürzlich Publikationen durch die Gesetzsammlung, ohne die Versammlung vorher zu befragen, vorgenommen hat, so liegt uns dringende Veranlassung vor, die rechtliche Lage der Sache durch einen Beschluß der Versammlung - Resolution, wie es die Engländer nennen, festzustellen. Die große Dringlichkeit dieser Angelegenheit bedarf keiner näheren Begründung. Denn wie das Ministerium fortfährt, Publikationen durch die Gesetzsammlung einseitig vorzunehmen, so ist die größte Gefahr vorhanden, daß die Gerichte irrthümlich solche als Gesetze zur Anwendung bringen, daß insbesondere Frankfurter Erlasse uns ein ganz neues Strafrecht, oder eine Beschränkung unserer gesetzlichen Freiheiten bringen, und ihrer rechtlichen Ungültigkeit ungeachtet, doch vor den Gerichten dieses Landes für gültig erachtet werden. Abg. Waldeck: Was den ersten Theil des Antrags betrifft, so glaube ich nicht, daß er irgend einen Widerspruch finden wird, denn seitdem wir einen konstituonellen König haben, steht es fest, daß alle Erlasse von der gesetzgebenden Versammlung genehmigt sein müssen. Erst in der Verfassung wird festgestellt werden, welchen Einspruch dem König zusteht, ob er ein Veto, ein suspensives oder absolutes erhalte. Ob dem König auch ein Veto gegen die Beschlüsse dieser constituirenden Versammlung zusteht, brauche ich hier nicht zu erwähnen, da dieser Fall noch nicht eingetreten. Es ist eine andere Frage, ob ein Gesetz oder ein Beschluß zur Festsetzung dieser Frage herbeigeführt werden muß. So viel ist aber gewiß, daß kein Erlaß oder Gesetz ohne die Zustimmung dieser Versammlung erlassen werden darf. Ob [Fortsetzung] Weissagungen Napoleons. Ehe fünfzig Jahre vergehen, wird Europa republikanisch oder kosackisch sein. Dann, wenn mein Sohn noch lebt, wird er unter dem Zujauchzen des Volks zum Throne berufen werden. Lebt er nicht mehr, so wird Frankreich abermals Republik; denn keine Hand wird es wagen, sich eines Scepters zu bemächtigen, der ihr zu schwer sein würde. Das Haus Orleans, obgleich beliebt, ist zu schwach. Es hat zu viel von den andern Bourbonen und wird deren Schicksal theilen, wenn es nicht etwa, welche Veränderungen sich auch zutragen mögen, hinfort dem Bürgerstande anzugehören vorzieht. Noch einmal wird Frankreich Republik sein, und die übrigen Länder werden seinem Beispiele folgen. Deutsche, Preußen, Polen, Italiener, Dänen, Schweden und Russen werden sich mit ihm in einem Kreuzzuge zu Gunsten der Freiheit vereinigen. Sie werden sich gegen ihre Fürsten bewaffnen, und diese ihrerseits werden sich beeilen, ihnen Konzessionen zu machen, um wenigstens einen Theil ihrer alten Autorität zu retten; sie werden sich, im Besitz einer beschränkten Gewalt, selbst konstitutionelle Könige nennen. Auf diese Weise wird das Feudalsystem seinen Todesstoß empfangen; gleich dem Nebel auf den Gewässern des Oceans wird es beim ersten Strahl der Sonne der Freiheit zerstoben sein. Aber hierbei wird es nicht bleiben; das Rad der Revolution wird, soweit gekommen, nicht aufzuhalten sein; sein Ungestüm wird sich verfünffachen und seine Schnelligkeit im gleichen Verhältnisse zunehmen. Wenn ein Volk einen Theil seiner Rechte wiedererlangt, so enthusiasmirt es sich durch den Sieg, und wird, nachdem es einmal die Wollust der Freiheit geschmeckt hat, unternehmender, um mehr zu bekommen. Die Staaten Europa's werden vielleicht während einiger Jahre in einem beständigen Zustande der Bewegung sich befinden und dem Boden in dem einem Erdbeben vorhergehenden Momente gleichen; - endlich aber macht sich die Lava frei und mit der Explosion ist Alles zu Ende. Der Bankerott Englands wird die Lava sein, welche die Welt erschüttern, die Könige und die Aristokratien verschlingen, aber durch ihren Ausbruch die Interessen der Demokratie befestigen soll. Glauben Sie mir, Las-Cafes, ebenso wie die Reben, welche man in die Asche des Vesuv und des Aetna pflanzt, die köstlichsten Weine erzeugen - ebenso wird der Baum der Freiheit unerschütterlich werden, wenn er in jener revolutionären Lava Wurzel geschlagen hat, welche alle Monarchien überschwemmen wird. Möge er Jahrhunderte hindurch grünen und blühen! Diese Ansichten kommen Ihnen in meinem Munde vielleicht seltsam vor; nichtsdestoweniger sind es die meinigen. Ich war zum Republikaner geboren, aber das Schicksal und die Opposition Europa's haben mich Kaiser werden lassen. Jetzt erwarte ich die Zukunft. Styl-Proben der Kölnischen Zeitung. Die "Kölnische Zeitung" greift in ihrem Feuilleton Nr. 287 einige demokratische Blätter an von wegen ihres Styles, zu dessen Vertheidigung wir uns in keiner Weise veranlaßt finden. Sie wirft speziell den Journalen der Demokratie vor, dem "Zeitungsstyle Schwung geben" zu wollen. In derselben Nummer bringt die "Kölnische Zeitung" einen "schwunghaften" Leitartikel über die "Kroaten vor Wien," aus dem wir einige Stylproben ästhetelnder Kannegießersprache geben. "Da plötzlich flammten auch am fernen Horizonte Von den Pentametern geben wir keine Proben. Suchet, so werdet ihr finden. Klopfet an, so wird euch aufgethan. Levy steht an der Pforte. [Deutschland] [Fortsetzung] Generalen besser verletzen zu können. Diese Post hat ungeachtet aller Versicherungen ihren Sedlnitzky'schen Charakter seit dem März noch nicht einen Augenblick verloren. ‒ Die Zeitungen zeigen an, daß ein Redakteur des National hier angekommen; alle Juden sind zu ihm gestürzt. Wittert der National die Bourgeios-Republik? ‒ Niemand ist so schlecht über die hiesigen Zustände unterrichtet, als die französischen Blätter im Allgemeinen und besonders die der französischen Bourgeois-Regierung. ‒ Das französische Gesandschafts-Hotel ist durch Bernays zur politischen Synagoge geworden, in welcher die Herren Tausenau und Konsorten ihre Bourgeois-Demokratie abgaunern und von Herrn Bernays, dermalen als Kourier nach Paris, verbessern lassen. Wien. Das neueste Journal des östreichischen Lloyd enthält als „Neueste Nachrichten“ Folgendes: Wien, 20. Okt., Abends 6 Uhr. So eben sammeln sich an allen Straßenecken zahlreiche Gruppen vor einer vom Oberkommandanten der Nationalgarde Herrn Messenhauser angeschlagenen Proklamation, worin die Feldherren der ungarischen Armee melden, daß sie mit ihrer Armee Wien zu Hülfe eilen. Die Proklamation ist unterzeichnet von Pazmandy, Moga, Csany und Percel. Der Eindruck ist natürlich wie ein elektrisch-belebender Schlag für unsere Bevölkerung, besonders für die kampflustige Jugend. Ein Kurier überbrachte dieselbe dem Reichstagsausschuß, welcher, weil das Siegel darunter fehlte, anfangs Zweifel an der Echtheit derselben hegte. Jedoch erkannten mehrere Mitglieder die Authenticität der Schrift und Unterschrift von Pazmandy, und die Aussagen des Kuriers selbst beseitigten die anfänglichen Zweifel. Wir hatten Gelegenheit, den Kurier selbst zu sprechen, welcher uns erklärte, daß die ungarische Armee in ihrem Vortreffen 35,000 Mann, im Nachtreffen 15,000 zähle, worunter 8000 irreguläre Truppen. Heute Abend noch sollen nach seiner Versicherung die Ungarn in Fischament eintreffen, und morgen in der Frühe würden sie bei Schwechat und Simmering stehen, wo dann eine Schlacht stattfinden dürfte. Die vielen Täuschungen, welche wir in Bezug auf das Kommen der ungarischen Armee in der verflossenen Woche erlebten, rechtfertigen wohl unsere, wenn auch schwach begründeten Zweifel, die übrigens von einem großen Theile der Bevölkerung getheilt werden. Dan man einen Angriff der Stadt von der Nordseite, von Seiten der Taborbrücke befürchtet, so werden dort die Posten bedeutend verstärkt und riesige Barrikaden ausgeworfen. * Wien, 21. Okt. Wir theilen nachfolgende Erklärung der „ungarischen Armee“ mit, den besten Beweis, daß die Verräther nicht die Ungarn sind, sondern die Wiener Reichstagsmitglieder. Erklärung der ungarischen Armee. Dem Nationalgarde-Oberkommando ist so eben das nachstehende Dokument zugekommen, dessen Unterschriften als echt erscheinen. Messenhauser, prov. Oberkommandant. Die ungarische Nation ist seit Jahrhunderten durch die innigsten Bruderbande mit dem Volke Oestreichs verknüpft, nur die konstitutionelle Freiheit, die die Völker der Monarchie in den Märztagen sich erkämpften, und die der Monarch bestätigte, befestigte diese Bande noch mehr. Es ist unsere gemeinsame Pflicht, unsere angepriesene, gesetzlich konstitutionelle Freiheit zu vertheidigen. Es erklärt dieses das ungarische Heer, daß es seinen gefährdeten östreichischen Brüdern zu Hülfe eilt, und mit seiner ganzen Kraft jenes kroatische Heer verfolgen wird, das aus Ungarn vertrieben, jetzt die Fluren Oestreichs verwüstet. Wir sind überzeugt, daß wir durch die Vertreibung der feindlich Jelachichschen Armee aus Oestreich, und durch die Wiederherstellung der freien Zufuhren und Handelsverbindungen der Stadt Wien, sowohl der Freiheit des uns verbrüderten Volkes als der Dynastie und der Gesammtmonarchie den größten Dienst erweisen. Das ungarische Heer ist bereit für die Gesammtinteressen zu leben und zu sterben. Wiener! Vertrauet auf uns! ‒ Gott verläßt unsere gerechte Sache nicht. Aus dem ungarischen Feldlager, den 19. Okt. 1848. Dionys Pazmandi, Präsident der ungarischen Nationalversammlung. Moga m. p., Befehlshaber der ungarischen Armee. §. Berlin, 23. Oktober. Friedrich Wilhelm IV. hat an „Seinem“ Geburtstage erhebende Worte gesprochen. Ein Freund schöner Reden und Proklamationen hat aber sehr selten an Einem Male genug. Friedrich Wilhelm IV. fühlte das Bedürfniß, noch mehr zu reden, und siehe da, welch' glücklicher Zufall: die „beklagenswerthen“ Ereignisse vom 16. Mit der Contrasignatur des Ministers Eichmann erschien also eine Kabinetsordre, worin der König der Bürgerwehr sagt, daß sie sich am 16. würdig gezeigt habe seines Vertrauens und der „Ehre, die er ihr erzeigte, indem er ihr im März die Waffen zur Vertheidigung des Thrones und zur Herstellung der gestörten Ordnung in die Hände gab.“ Der König spricht der Bürgerwehr für ihre würdige Haltung seinen Dank aus. ‒ Es ist mit dem Volke wirklich nicht mehr auszuhalten. Das Volk geht so weit, von Allerhöchstdenselben keinen Dank mehr haben zu wollen. Der demokratische Bürgerwehr-Verein „weist den Dank des Königs mit aller Entrüstung von sich“ und läßt diesen schnöden Undank noch dazu an allen Straßenecken dem sich die Seiten haltenden Publikum bekannt machen. Will man denn gar nicht lernen, daß ‒ im konstitutionellen Sinne nämlich ‒ die Könige unzurechnungsfähig und die Minister verantwortlich sind? §. Berlin, 23. Oktober. Das Ministerium Pfuel ist unerwarteter Weise gestürzt. Pfuel und Kisker haben ihr Portefeuille niedergelegt. Die Kamarilla war mit ihnen unzufrieden. (Siehe die gestrige Nummer.) Man sagt, daß sie wegen Mangel an Energie den Wühlern gegenüber ihre Stellen hätten niederlegen müssen. Also selbst ein Pfuel noch zu freisinnig! Ein Ministerium, dem das Volk den bezeichnenden Namen „Kartätschen-Ministerium“ gab, genügt dem Hofe nicht! Wer bleibt dann noch übrig, als Radowitz und Wrangel, und in der That nennt man diese als Nachfolger Pfuel's. Was gibt dem Hofe solch' plötzlichen Muth? Die Wiener Ereignisse etwa? Was schreckt ihn so sehr? Der Demokratenkongreß? ‒ Jedenfalls können wir einen Coup Seitens der Hofpartei erwarten. Sie wird das Volk gerüstet finden. Einen sehr günstigen Eindruck hat hier ein gestern erschienenes Plakat des Hrn. Rimpler gemacht. Hr. Rimpler, der ein ganz braver, „liberaler“, honnetter Bürger, aber jedenfalls ein schwacher Kopf und Charakter, scheint zu merken, wie er von den Schwarz-Weißen über den Löffel barbiert wird; seine Hinneigung zur gemäßigten demokratischen Partei tritt auch in diesem letzten Plakate, worin er das bewaffnete und unbewaffnete Volk (warum gibt es noch immer ein unbewaffnetes?) zur Versöhnung, und zwar dauernden, ermahnt, immer schärfer hervor. Die hiesigen bewaffneten fliegenden Korps (Handwerker, Studenten, Künstler, junge Kaufleute, Maschinenbauer), die zufolge des Bürgerwehrgesetzes aufgelöst und der Bürgerwehr gänzlich einverleibt werden müßten, erstreben eine Vereinigung zu einem einzigen mobilen Korps, das außerhalb der Bourgeois-Garde stehend, seine Selbstständigkeit bewahren soll. Der Konflikt mit der Regierung wird in diesem Falle unausbleiblich, und man ist auf die Abwicklung dieser Angelegenheit sehr gespannt. Zugleich ist sie eine Lebensfrage für die hiesige demokratische Partei, da die genannten Korps in ihrer Mehrheit entschieden demokratisch gesinnt sind. Nun noch eins! Gestern feierte der Student Schlöffel im Kreise einiger Freunde sein Befreiungsfest. Derselbe hat nämlich Gelegenheit gefunden, sich dem „eingezogenen“ Leben auf der Magdeburger Citadelle zu entziehen, und ist noch gestern Abend weiter gereist. Auch nicht übel! Dagegen sind in Folge des 16. Okt. eine Anzahl Personen, selbst ganz Unbetheiligte, zur Haft gebracht worden. Der bekannte demokratische Hanswurst, Lindenklub-Müller, war am 16. Abends ‒ wie man sagt, unter einer Tonne steckend, was ihm den Namen Diogenes zugezogen ‒ ebenfalls verhaftet worden, wurde indeß bald wieder in Freiheit gesetzt. 14 Berlin, 24. Oktober. Heute ist folgendes interessante Plakat angeschlagen: „Proklamation des Maschinenbau-Arbeiter-Vereins. ‒ Die Reaktion will Bürgerkrieg; sie trägt Bedenken, die Demokratie mit offener Gewalt von Außen zu bekämpfen, darum will sie dieselbe mit Hinterlist im Innern zerfleischen. Und dieserhalb erklären Wir Maschinenbau-Arbeiter als eherne Stützen des demokratischen Fortschritts offen und fest entschlossen: „Bei dem Ausbruch eines neuen Kampfes zwischen Bürgerwehr und Arbeiter stellen wir uns sämmtlich unbewaffnet als Schutz- und Trutzwehr der brüderlichen Einigkeit zwischen diese kämpfenden Parteien, und nur über diese Leichen führt der unglückliche Weg zum Bruderkampf. Wagt aber die Reaktion einen offenen Kampf gegen die gute Sache der Freiheit, dann Bürger und Arbeiter! stehen wir bewaffnet mit Euch in Einer Reihe!“ Die Ministerkrisis ist noch ziemlich unklar. Hr. Pfuel hat seine Demission eingereicht, weil er den „Prinzen“ nicht contentiren soll, und für die unkonstitutionellen Launen einer allerhöchsten Person nicht verantwortlich sein will. In Zusammenhang damit mag stehen, daß Se. Majestät das berathene Jagdgesetz nicht sanctioniren will!! wie das Gerücht sagt. General Brandt soll das Portefeuille des Krieges angenommen haben, und der würdige fromme Eichmann Ministerpräsident werden. Gutunterrichtete Leute wollen indeß wissen, daß die ganze Geschichte eine Finte sei und Herr Pfuel vollkommen im Einverständnisse mit den allerhöchsten Herrschaften handle. Die Zeit zur Ausführung des lange meditirten Staatsstreiches sei endlich gekommen, da es aber zu auffällig wäre, wenn das Ministerium Pfuel seine bisherige Sanftmuth plötzlich in Wildheit verkehre, so müsse man zum Scheine das Ministerium Pfuel regeneriren. Bei der gestrigen Abstimmung über das Phillipis'sche Amendement bemerkte man, daß Herr Pfuel sich die Zahl der Abstimmenden genau notirte, und erst als er sah, daß Noth vorhanden sei, dem Präsidenten sein Nein mittheilte. Gestern Abend wurde ein neuer Klub gestiftet: der Militärreform-Verein. Mit der Demokratisirung des Militärs geht es flott von statten. Selbst die Garden vom Kaiser Franz-Regiment sprechen offen von ihrem Haß gegen die Offiziere. Nachträglich eine Anekdote zum 15. Oktober. Vor der Domkirche war eine Kompagnie Bürgerwehr aufgestellt, die nach dem Gottesdienste eine Chaine bis zum Schlosse bildete, weil sie glaubte, der König werde sich dorthin begeben. Dies geschah aber nicht und der Führer der Kompagnie stellte sich dem Könige vor und gratulirte im Namen der Kompagnie. Der König soll ziemlich trocken darauf erwidert haben: „die Herren von der Bürgerwehr hätten sich die Mühe sparen können.“ Ist diese Antwort gegründet, so dürfte die gestrige Antwort des Bürgerwehrvereins auf die königliche Danksagung für die Heldenthaten am 16. sehr erklärlich sein. Der demokratische Bürgerwehrverein weis't nämlich den Dank mit kraftigen Worten ab. Die Erdarbeiter sind decimirt aber ruhig. Das arme Volk ist so redlich und tugendhaft, sich nicht mehr bestechen zu lassen. Versuche diesrr Art werden von der Kamarilla häufig gemacht. 103 Berlin, 24. Okt. Die gestrige und heutige Abstimmung unserer Vereinbarerversammlung, bilden das allgemeine Tagesgespräch. Der sonderbare Umstand, daß gestern die Linke mit einer Stimme, und heute die Rechte mit einer Stimme den Sieg davontrug, ist schon ein Thema, woran sich eine allgemeine Betrachtung knüpfen läßt. Was soll daraus werden, spricht man, wenn die verschiedenen Artikel der Verfassungsurkunde, der eine im Sinne der Rechten, der andere im Sinne der Linken durchgeht, kann das eine Verfassung aus einem Guß werden? Wird nicht vielmehr geradezu ein Artikel dem andern widersprechen. So oft die Partei Unruh, das Centrum oder linke Centrum, wie es sich selbst gern nennt, mit der Linken stimmt, ist dieser eine Majorität von 70-80 Stimmen gewiß. Wenn diese Partei mit der Rechten stimmt, so wird jedesmal diese Theilung in zwei gleiche Hälften vorkommen. Der Abgeordnete Riebe, ein Landmann aus Pommern, der Partei Rodbertus-Berg angehörend, reichte heute seine motivirte Tagesordnung dahin ein, daß er, seiner Ueberzeugung nach, nur sein gestriges erstes Votum, für das Amendement Philips, gelten lassen wolle. Einige seiner Freunde hatten ihn gestern während der Abstimmung zur Zurücknahme seines Votums bestimmt, indem sie ihm begreiflich machen wollten, daß durch die Annahme des Amendements Mord und Todschlag in der Provinz Posen herbeigerufen wurde. Er hat sich aber nun von dem Ungrunde dieser Ansicht überzeugt und bestätigt sein erstes Votum. Hiermit waren nun der Rechten alle mögliche Einsprüche, die sie schon gestern erhoben hatten, abgeschnitten. Die Abgeordneten aus den deutschen Kreisen des Großherzogthums protestiren jedoch heute gegen das ganze Amendement, indem dieser Theil des Großherzogthums nichts mehr von den Wiener Verträgen wissen wolle, mit den jetzigen Zuständen zufrieden sei und sich dem übrigen Deutschland anschließen wolle. (Notabene: über den Abgeordneten Berg. Diese Karrikatur der „galanten Abbe's“ des achtzehnten Jahrhunderts ward endlich hier gebührend gewürdigt ‒ als komische Figur.) Zur morgenden Sitzung sind mehrere Interpellationen an das Staatsministerium angekündigt. Abgeordneter Otto (Trier) wegen der versprochenen Amnestie für die Einwohner Triers. Die Abg. Schöne und Schulze (Delitzsch) wegen der zögernden Veröffentlichung des Jagdgesetzes. Bei diesen Zwischenfällen wird die Berathung des Gesetzes wegen unentgeltlicher Aufhebung der Feudallasten sehr in die Länge gezogen. Man weiß aber jetzt schon, daß der König seine Zustimmung dazu verweigern wird. Was soll daraas werden. Wenn die Bauern in den Zeitungen gelesrn haben, daß die Jagdgerechtigkeit und die Feudallasten unentgeltlich aufgehoben sind, werden sie von nichts anderm mehr wissen wollen. Ttitt ihnen die Reaktion entgegen, so schafft sie uns in der ländlichen Bevölkerung die muthigsten Republikaner. 103 Berlin, 20. October. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. Dringender Antrag der Abgeordneten Waldeck und Esser: Die hohe Versammlung wolle Folgendes beschließen: 1) Kein Erlaß kann als Gesetz gelten und als solches durch die Gesetzsammlung bekannt gemacht werden, welche nicht von der konstituirenden Versammlung in Berlin beschlossen, angenommen, oder genehmigt worden ist. 2) Diejenigen Erlasse der Frankfurter Central-Gewalt oder verfassunggebenden Versammlung, welche innere Angelegenheiten der einzelnen Länder, namentlich Polizeiwesen und Strafgesetzgebung zum Gegenstande haben, können für Preußen erst durch die Genehmigung der Preußischen Volksvertreter gesetzliche Geltung erlangen. Gründe. Zur Geltendmachung dieser beiden Sätze bedarf es nicht der Erlassung eines Gesetzes denn sie ergeben sich schon von selbst aus den bestehenden Gesetzen, insbesondere aus der Stellung der Nationalversammlung hier, und aus den Grenzen, welche der Central-Gewalt schon vermöge der am 28. Juni 1848 in Frankfurt gefaßten Beschlüsse gezogen sind. Da das Ministerium indessen kürzlich Publikationen durch die Gesetzsammlung, ohne die Versammlung vorher zu befragen, vorgenommen hat, so liegt uns dringende Veranlassung vor, die rechtliche Lage der Sache durch einen Beschluß der Versammlung ‒ Resolution, wie es die Engländer nennen, festzustellen. Die große Dringlichkeit dieser Angelegenheit bedarf keiner näheren Begründung. Denn wie das Ministerium fortfährt, Publikationen durch die Gesetzsammlung einseitig vorzunehmen, so ist die größte Gefahr vorhanden, daß die Gerichte irrthümlich solche als Gesetze zur Anwendung bringen, daß insbesondere Frankfurter Erlasse uns ein ganz neues Strafrecht, oder eine Beschränkung unserer gesetzlichen Freiheiten bringen, und ihrer rechtlichen Ungültigkeit ungeachtet, doch vor den Gerichten dieses Landes für gültig erachtet werden. Abg. Waldeck: Was den ersten Theil des Antrags betrifft, so glaube ich nicht, daß er irgend einen Widerspruch finden wird, denn seitdem wir einen konstituonellen König haben, steht es fest, daß alle Erlasse von der gesetzgebenden Versammlung genehmigt sein müssen. Erst in der Verfassung wird festgestellt werden, welchen Einspruch dem König zusteht, ob er ein Veto, ein suspensives oder absolutes erhalte. Ob dem König auch ein Veto gegen die Beschlüsse dieser constituirenden Versammlung zusteht, brauche ich hier nicht zu erwähnen, da dieser Fall noch nicht eingetreten. Es ist eine andere Frage, ob ein Gesetz oder ein Beschluß zur Festsetzung dieser Frage herbeigeführt werden muß. So viel ist aber gewiß, daß kein Erlaß oder Gesetz ohne die Zustimmung dieser Versammlung erlassen werden darf. Ob [Fortsetzung] Weissagungen Napoleons. Ehe fünfzig Jahre vergehen, wird Europa republikanisch oder kosackisch sein. Dann, wenn mein Sohn noch lebt, wird er unter dem Zujauchzen des Volks zum Throne berufen werden. Lebt er nicht mehr, so wird Frankreich abermals Republik; denn keine Hand wird es wagen, sich eines Scepters zu bemächtigen, der ihr zu schwer sein würde. Das Haus Orleans, obgleich beliebt, ist zu schwach. Es hat zu viel von den andern Bourbonen und wird deren Schicksal theilen, wenn es nicht etwa, welche Veränderungen sich auch zutragen mögen, hinfort dem Bürgerstande anzugehören vorzieht. Noch einmal wird Frankreich Republik sein, und die übrigen Länder werden seinem Beispiele folgen. Deutsche, Preußen, Polen, Italiener, Dänen, Schweden und Russen werden sich mit ihm in einem Kreuzzuge zu Gunsten der Freiheit vereinigen. Sie werden sich gegen ihre Fürsten bewaffnen, und diese ihrerseits werden sich beeilen, ihnen Konzessionen zu machen, um wenigstens einen Theil ihrer alten Autorität zu retten; sie werden sich, im Besitz einer beschränkten Gewalt, selbst konstitutionelle Könige nennen. Auf diese Weise wird das Feudalsystem seinen Todesstoß empfangen; gleich dem Nebel auf den Gewässern des Oceans wird es beim ersten Strahl der Sonne der Freiheit zerstoben sein. Aber hierbei wird es nicht bleiben; das Rad der Revolution wird, soweit gekommen, nicht aufzuhalten sein; sein Ungestüm wird sich verfünffachen und seine Schnelligkeit im gleichen Verhältnisse zunehmen. Wenn ein Volk einen Theil seiner Rechte wiedererlangt, so enthusiasmirt es sich durch den Sieg, und wird, nachdem es einmal die Wollust der Freiheit geschmeckt hat, unternehmender, um mehr zu bekommen. Die Staaten Europa's werden vielleicht während einiger Jahre in einem beständigen Zustande der Bewegung sich befinden und dem Boden in dem einem Erdbeben vorhergehenden Momente gleichen; ‒ endlich aber macht sich die Lava frei und mit der Explosion ist Alles zu Ende. Der Bankerott Englands wird die Lava sein, welche die Welt erschüttern, die Könige und die Aristokratien verschlingen, aber durch ihren Ausbruch die Interessen der Demokratie befestigen soll. Glauben Sie mir, Las-Cafes, ebenso wie die Reben, welche man in die Asche des Vesuv und des Aetna pflanzt, die köstlichsten Weine erzeugen ‒ ebenso wird der Baum der Freiheit unerschütterlich werden, wenn er in jener revolutionären Lava Wurzel geschlagen hat, welche alle Monarchien überschwemmen wird. Möge er Jahrhunderte hindurch grünen und blühen! Diese Ansichten kommen Ihnen in meinem Munde vielleicht seltsam vor; nichtsdestoweniger sind es die meinigen. Ich war zum Republikaner geboren, aber das Schicksal und die Opposition Europa's haben mich Kaiser werden lassen. Jetzt erwarte ich die Zukunft. Styl-Proben der Kölnischen Zeitung. Die „Kölnische Zeitung“ greift in ihrem Feuilleton Nr. 287 einige demokratische Blätter an von wegen ihres Styles, zu dessen Vertheidigung wir uns in keiner Weise veranlaßt finden. Sie wirft speziell den Journalen der Demokratie vor, dem „Zeitungsstyle Schwung geben“ zu wollen. In derselben Nummer bringt die „Kölnische Zeitung“ einen „schwunghaften“ Leitartikel über die „Kroaten vor Wien,“ aus dem wir einige Stylproben ästhetelnder Kannegießersprache geben. „Da plötzlich flammten auch am fernen Horizonte Von den Pentametern geben wir keine Proben. Suchet, so werdet ihr finden. Klopfet an, so wird euch aufgethan. Levy steht an der Pforte. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="0638"/> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar127_003" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Generalen besser verletzen zu können. Diese Post hat ungeachtet aller Versicherungen ihren Sedlnitzky'schen Charakter seit dem März noch nicht einen Augenblick verloren. ‒ Die Zeitungen zeigen an, daß ein Redakteur des National hier angekommen; alle Juden sind zu ihm gestürzt. Wittert der National die Bourgeios-Republik? ‒ Niemand ist so schlecht über die hiesigen Zustände unterrichtet, als die französischen Blätter im Allgemeinen und besonders die der französischen Bourgeois-Regierung. ‒ Das französische Gesandschafts-Hotel ist durch Bernays zur politischen Synagoge geworden, in welcher die Herren Tausenau und Konsorten ihre Bourgeois-Demokratie abgaunern und von Herrn Bernays, dermalen als Kourier nach Paris, verbessern lassen.</p> </div> <div xml:id="ar127_004" type="jArticle"> <head>Wien.</head> <p>Das neueste Journal des östreichischen Lloyd enthält als „Neueste Nachrichten“ Folgendes: <hi rendition="#g">Wien,</hi> 20. Okt., Abends 6 Uhr. So eben sammeln sich an allen Straßenecken zahlreiche Gruppen vor einer vom Oberkommandanten der Nationalgarde Herrn Messenhauser angeschlagenen Proklamation, worin die Feldherren der ungarischen Armee melden, daß sie mit ihrer Armee Wien zu Hülfe eilen. Die Proklamation ist unterzeichnet von Pazmandy, Moga, Csany und Percel. Der Eindruck ist natürlich wie ein elektrisch-belebender Schlag für unsere Bevölkerung, besonders für die kampflustige Jugend. Ein Kurier überbrachte dieselbe dem Reichstagsausschuß, welcher, weil das Siegel darunter fehlte, anfangs Zweifel an der Echtheit derselben hegte. Jedoch erkannten mehrere Mitglieder die Authenticität der Schrift und Unterschrift von Pazmandy, und die Aussagen des Kuriers selbst beseitigten die anfänglichen Zweifel. Wir hatten Gelegenheit, den Kurier selbst zu sprechen, welcher uns erklärte, daß die ungarische Armee in ihrem Vortreffen 35,000 Mann, im Nachtreffen 15,000 zähle, worunter 8000 irreguläre Truppen. Heute Abend noch sollen nach seiner Versicherung die Ungarn in Fischament eintreffen, und morgen in der Frühe würden sie bei Schwechat und Simmering stehen, wo dann eine Schlacht stattfinden dürfte. Die vielen Täuschungen, welche wir in Bezug auf das Kommen der ungarischen Armee in der verflossenen Woche erlebten, rechtfertigen wohl unsere, wenn auch schwach begründeten Zweifel, die übrigens von einem großen Theile der Bevölkerung getheilt werden. Dan man einen Angriff der Stadt von der Nordseite, von Seiten der Taborbrücke befürchtet, so werden dort die Posten bedeutend verstärkt und riesige Barrikaden ausgeworfen.</p> </div> <div xml:id="ar127_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 21. Okt.</head> <p>Wir theilen nachfolgende Erklärung der <hi rendition="#g">„ungarischen Armee“</hi> mit, den besten Beweis, daß die Verräther nicht die Ungarn sind, sondern die Wiener Reichstagsmitglieder.</p> <p> <hi rendition="#g">Erklärung der ungarischen Armee.</hi> </p> <p>Dem Nationalgarde-Oberkommando ist so eben das nachstehende Dokument zugekommen, dessen Unterschriften als echt erscheinen. Messenhauser, prov. Oberkommandant.</p> <p>Die ungarische Nation ist seit Jahrhunderten durch die innigsten Bruderbande mit dem Volke Oestreichs verknüpft, nur die konstitutionelle Freiheit, die die Völker der Monarchie in den Märztagen sich erkämpften, und die der Monarch bestätigte, befestigte diese Bande noch mehr.</p> <p>Es ist unsere gemeinsame Pflicht, unsere angepriesene, gesetzlich konstitutionelle Freiheit zu vertheidigen.</p> <p>Es erklärt dieses das ungarische Heer, daß es seinen gefährdeten östreichischen Brüdern zu Hülfe eilt, und mit seiner ganzen Kraft jenes kroatische Heer verfolgen wird, das aus Ungarn vertrieben, jetzt die Fluren Oestreichs verwüstet.</p> <p>Wir sind überzeugt, daß wir durch die Vertreibung der feindlich Jelachichschen Armee aus Oestreich, und durch die Wiederherstellung der freien Zufuhren und Handelsverbindungen der Stadt Wien, sowohl der Freiheit des uns verbrüderten Volkes als der Dynastie und der Gesammtmonarchie den größten Dienst erweisen.</p> <p>Das ungarische Heer ist bereit für die Gesammtinteressen zu leben und zu sterben. Wiener! Vertrauet auf uns! ‒ Gott verläßt unsere gerechte Sache nicht.</p> <p>Aus dem ungarischen Feldlager, den 19. Okt. 1848.</p> <p> <hi rendition="#g">Dionys Pazmandi,</hi> </p> <p>Präsident der ungarischen Nationalversammlung.</p> <p> <hi rendition="#g">Moga m. p.,</hi> </p> <p>Befehlshaber der ungarischen Armee.</p> </div> <div xml:id="ar127_006" type="jArticle"> <head>§. Berlin, 23. Oktober.</head> <p>Friedrich Wilhelm IV. hat an „Seinem“ Geburtstage erhebende Worte gesprochen. Ein Freund schöner Reden und Proklamationen hat aber sehr selten an Einem Male genug. Friedrich Wilhelm IV. fühlte das Bedürfniß, noch mehr zu reden, und siehe da, welch' glücklicher Zufall: die „beklagenswerthen“ Ereignisse vom 16. Mit der Contrasignatur des Ministers Eichmann erschien also eine Kabinetsordre, worin der König der Bürgerwehr sagt, daß sie sich am 16. würdig gezeigt habe seines Vertrauens und der „Ehre, die er ihr erzeigte, indem er ihr im März die Waffen zur Vertheidigung des Thrones und zur Herstellung der gestörten Ordnung in die Hände gab.“ Der König spricht der Bürgerwehr für ihre würdige Haltung seinen Dank aus. ‒ Es ist mit dem Volke wirklich nicht mehr auszuhalten. Das Volk geht so weit, von Allerhöchstdenselben keinen Dank mehr haben zu wollen. Der demokratische Bürgerwehr-Verein „weist den Dank des Königs mit aller Entrüstung von sich“ und läßt diesen schnöden Undank noch dazu an allen Straßenecken dem sich die Seiten haltenden Publikum bekannt machen.</p> <p>Will man denn gar nicht lernen, daß ‒ im konstitutionellen Sinne nämlich ‒ die Könige unzurechnungsfähig und die Minister verantwortlich sind?</p> </div> <div xml:id="ar127_007" type="jArticle"> <head>§. Berlin, 23. Oktober.</head> <p><hi rendition="#g">Das Ministerium Pfuel ist unerwarteter Weise gestürzt.</hi> Pfuel und Kisker haben ihr Portefeuille niedergelegt. Die Kamarilla war mit ihnen unzufrieden. (Siehe die gestrige Nummer.) Man sagt, daß sie wegen Mangel an Energie den Wühlern gegenüber ihre Stellen hätten niederlegen müssen. Also selbst ein Pfuel noch zu freisinnig! Ein Ministerium, dem das Volk den bezeichnenden Namen „Kartätschen-Ministerium“ gab, genügt dem Hofe nicht! Wer bleibt dann noch übrig, als Radowitz und Wrangel, und in der That nennt man diese als Nachfolger Pfuel's. Was gibt dem Hofe solch' plötzlichen Muth? Die Wiener Ereignisse etwa? Was schreckt ihn so sehr? Der Demokratenkongreß? ‒ Jedenfalls können wir einen Coup Seitens der Hofpartei erwarten. Sie wird das Volk gerüstet finden.</p> <p>Einen sehr günstigen Eindruck hat hier ein gestern erschienenes Plakat des Hrn. Rimpler gemacht. Hr. Rimpler, der ein ganz braver, „liberaler“, honnetter Bürger, aber jedenfalls ein schwacher Kopf und Charakter, scheint zu merken, wie er von den Schwarz-Weißen über den Löffel barbiert wird; seine Hinneigung zur gemäßigten demokratischen Partei tritt auch in diesem letzten Plakate, worin er das bewaffnete und unbewaffnete Volk (warum gibt es noch immer ein unbewaffnetes?) zur Versöhnung, und zwar dauernden, ermahnt, immer schärfer hervor.</p> <p>Die hiesigen bewaffneten fliegenden Korps (Handwerker, Studenten, Künstler, junge Kaufleute, Maschinenbauer), die zufolge des Bürgerwehrgesetzes aufgelöst und der Bürgerwehr gänzlich einverleibt werden müßten, erstreben eine Vereinigung zu einem einzigen mobilen Korps, das außerhalb der Bourgeois-Garde stehend, seine Selbstständigkeit bewahren soll. Der Konflikt mit der Regierung wird in diesem Falle unausbleiblich, und man ist auf die Abwicklung dieser Angelegenheit sehr gespannt. Zugleich ist sie eine Lebensfrage für die hiesige demokratische Partei, da die genannten Korps in ihrer Mehrheit entschieden demokratisch gesinnt sind.</p> <p>Nun noch eins! Gestern feierte der Student Schlöffel im Kreise einiger Freunde sein Befreiungsfest. Derselbe hat nämlich Gelegenheit gefunden, sich dem „eingezogenen“ Leben auf der Magdeburger Citadelle zu entziehen, und ist noch gestern Abend weiter gereist. Auch nicht übel! Dagegen sind in Folge des 16. Okt. eine Anzahl Personen, selbst ganz Unbetheiligte, zur Haft gebracht worden. Der bekannte demokratische Hanswurst, Lindenklub-Müller, war am 16. Abends ‒ <hi rendition="#g">wie man sagt,</hi> unter einer Tonne steckend, was ihm den Namen Diogenes zugezogen ‒ ebenfalls verhaftet worden, wurde indeß bald wieder in Freiheit gesetzt.</p> </div> <div xml:id="ar127_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Berlin, 24. Oktober.</head> <p>Heute ist folgendes interessante Plakat angeschlagen: „<hi rendition="#g">Proklamation</hi> des Maschinenbau-Arbeiter-Vereins. ‒ Die Reaktion will Bürgerkrieg; sie trägt Bedenken, die Demokratie mit offener Gewalt von Außen zu bekämpfen, darum will sie dieselbe mit Hinterlist im Innern zerfleischen. Und dieserhalb erklären <hi rendition="#g">Wir Maschinenbau-Arbeiter als eherne Stützen des demokratischen Fortschritts</hi> offen und fest entschlossen: „Bei dem Ausbruch eines neuen Kampfes zwischen Bürgerwehr und Arbeiter stellen wir uns sämmtlich <hi rendition="#g">unbewaffnet</hi> als Schutz- und Trutzwehr der brüderlichen Einigkeit zwischen diese kämpfenden Parteien, und nur über diese Leichen führt der unglückliche Weg zum Bruderkampf. Wagt aber die Reaktion einen offenen Kampf gegen die gute Sache der Freiheit, dann Bürger und Arbeiter! stehen wir <hi rendition="#g">bewaffnet</hi> mit Euch <hi rendition="#g">in Einer Reihe!“</hi> </p> <p>Die Ministerkrisis ist noch ziemlich unklar. Hr. Pfuel hat seine Demission eingereicht, weil er den „Prinzen“ nicht contentiren soll, und für die unkonstitutionellen Launen einer allerhöchsten Person nicht verantwortlich sein will. In Zusammenhang damit mag stehen, daß Se. Majestät das berathene Jagdgesetz <hi rendition="#g">nicht</hi> sanctioniren will!! wie das Gerücht sagt. General Brandt soll das Portefeuille des Krieges angenommen haben, und der würdige fromme Eichmann Ministerpräsident werden. Gutunterrichtete Leute wollen indeß wissen, daß die ganze Geschichte eine Finte sei und Herr Pfuel vollkommen im Einverständnisse mit den allerhöchsten Herrschaften handle. Die Zeit zur Ausführung des lange meditirten Staatsstreiches sei endlich gekommen, da es aber zu auffällig wäre, wenn das Ministerium Pfuel seine bisherige Sanftmuth plötzlich in Wildheit verkehre, so müsse man zum Scheine das Ministerium Pfuel regeneriren.</p> <p>Bei der gestrigen Abstimmung über das Phillipis'sche Amendement bemerkte man, daß Herr Pfuel sich die Zahl der Abstimmenden genau notirte, und erst als er sah, daß Noth vorhanden sei, dem Präsidenten sein Nein mittheilte.</p> <p>Gestern Abend wurde ein neuer Klub gestiftet: der Militärreform-Verein. Mit der Demokratisirung des Militärs geht es flott von statten. Selbst die Garden vom Kaiser Franz-Regiment sprechen offen von ihrem Haß gegen die Offiziere.</p> <p>Nachträglich eine Anekdote zum 15. Oktober. Vor der Domkirche war eine Kompagnie Bürgerwehr aufgestellt, die nach dem Gottesdienste eine Chaine bis zum Schlosse bildete, weil sie glaubte, der König werde sich dorthin begeben. Dies geschah aber nicht und der Führer der Kompagnie stellte sich dem Könige vor und gratulirte im Namen der Kompagnie. Der König soll ziemlich trocken darauf erwidert haben: „die Herren von der Bürgerwehr hätten sich die Mühe sparen können.“ Ist diese Antwort gegründet, so dürfte die gestrige Antwort des Bürgerwehrvereins auf die königliche Danksagung für die Heldenthaten am 16. sehr erklärlich sein. Der demokratische Bürgerwehrverein weis't nämlich den Dank mit kraftigen Worten ab.</p> <p>Die Erdarbeiter sind decimirt aber ruhig. Das arme Volk ist so redlich und tugendhaft, sich nicht mehr bestechen zu lassen. Versuche diesrr Art werden von der Kamarilla häufig gemacht.</p> </div> <div xml:id="ar127_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 24. Okt.</head> <p>Die gestrige und heutige Abstimmung unserer Vereinbarerversammlung, bilden das allgemeine Tagesgespräch. Der sonderbare Umstand, daß gestern die Linke mit <hi rendition="#g">einer</hi> Stimme, und heute die Rechte mit <hi rendition="#g">einer</hi> Stimme den Sieg davontrug, ist schon ein Thema, woran sich eine allgemeine Betrachtung knüpfen läßt. Was soll daraus werden, spricht man, wenn die verschiedenen Artikel der Verfassungsurkunde, der eine im Sinne der Rechten, der andere im Sinne der Linken durchgeht, kann das eine Verfassung aus einem Guß werden? Wird nicht vielmehr geradezu ein Artikel dem andern widersprechen. So oft die Partei Unruh, das Centrum oder linke Centrum, wie es sich selbst gern nennt, mit der Linken stimmt, ist dieser eine Majorität von 70-80 Stimmen gewiß. Wenn diese Partei mit der Rechten stimmt, so wird jedesmal diese Theilung in zwei gleiche Hälften vorkommen.</p> <p>Der Abgeordnete Riebe, ein Landmann aus Pommern, der Partei Rodbertus-Berg angehörend, reichte heute seine motivirte Tagesordnung dahin ein, daß er, seiner Ueberzeugung nach, nur sein gestriges erstes Votum, für das Amendement Philips, gelten lassen wolle. Einige seiner Freunde hatten ihn gestern während der Abstimmung zur Zurücknahme seines Votums bestimmt, indem sie ihm begreiflich machen wollten, daß durch die Annahme des Amendements Mord und Todschlag in der Provinz Posen herbeigerufen wurde. Er hat sich aber nun von dem Ungrunde dieser Ansicht überzeugt und bestätigt sein erstes Votum. Hiermit waren nun der Rechten alle mögliche Einsprüche, die sie schon gestern erhoben hatten, abgeschnitten. Die Abgeordneten aus den deutschen Kreisen des Großherzogthums protestiren jedoch heute gegen das ganze Amendement, indem dieser Theil des Großherzogthums nichts mehr von den Wiener Verträgen wissen wolle, mit den jetzigen Zuständen zufrieden sei und sich dem übrigen Deutschland anschließen wolle. (Notabene: über den Abgeordneten Berg. Diese Karrikatur der „galanten Abbe's“ des achtzehnten Jahrhunderts ward endlich hier gebührend gewürdigt ‒ als <hi rendition="#g">komische Figur.)</hi> </p> <p>Zur morgenden Sitzung sind mehrere Interpellationen an das Staatsministerium angekündigt. Abgeordneter Otto (Trier) wegen der versprochenen Amnestie für die Einwohner Triers. Die Abg. Schöne und Schulze (Delitzsch) wegen der zögernden Veröffentlichung des Jagdgesetzes. Bei diesen Zwischenfällen wird die Berathung des Gesetzes wegen unentgeltlicher Aufhebung der Feudallasten sehr in die Länge gezogen. Man weiß aber jetzt schon, daß der <hi rendition="#g">König</hi> seine Zustimmung dazu <hi rendition="#g">verweigern</hi> wird. Was soll daraas werden. Wenn die Bauern in den Zeitungen gelesrn haben, daß die Jagdgerechtigkeit und die Feudallasten unentgeltlich aufgehoben sind, werden sie von nichts anderm mehr wissen wollen. Ttitt ihnen die Reaktion entgegen, so schafft sie uns in der ländlichen Bevölkerung die muthigsten Republikaner.</p> </div> <div xml:id="ar127_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 20. October.</head> <p>Sitzung der Vereinbarer-Versammlung.</p> <p>Dringender Antrag der Abgeordneten <hi rendition="#g">Waldeck</hi> und <hi rendition="#g">Esser:</hi> </p> <p>Die hohe Versammlung wolle Folgendes beschließen:</p> <p>1) Kein Erlaß kann als Gesetz gelten und als solches durch die Gesetzsammlung bekannt gemacht werden, welche nicht von der konstituirenden Versammlung in Berlin beschlossen, angenommen, oder genehmigt worden ist.</p> <p>2) Diejenigen Erlasse der Frankfurter Central-Gewalt oder verfassunggebenden Versammlung, welche innere Angelegenheiten der einzelnen Länder, namentlich Polizeiwesen und Strafgesetzgebung zum Gegenstande haben, können für Preußen erst durch die Genehmigung der Preußischen Volksvertreter gesetzliche Geltung erlangen.</p> <p><hi rendition="#g">Gründe.</hi> Zur Geltendmachung dieser beiden Sätze bedarf es nicht der Erlassung eines Gesetzes denn sie ergeben sich schon von selbst aus den bestehenden Gesetzen, insbesondere aus der Stellung der Nationalversammlung hier, und aus den Grenzen, welche der Central-Gewalt schon vermöge der am 28. Juni 1848 in Frankfurt gefaßten Beschlüsse gezogen sind. Da das Ministerium indessen kürzlich Publikationen durch die Gesetzsammlung, ohne die Versammlung vorher zu befragen, vorgenommen hat, so liegt uns dringende Veranlassung vor, die rechtliche Lage der Sache durch einen Beschluß der Versammlung ‒ <hi rendition="#g">Resolution,</hi> wie es die Engländer nennen, festzustellen. Die große Dringlichkeit dieser Angelegenheit bedarf keiner näheren Begründung. Denn wie das Ministerium fortfährt, Publikationen durch die Gesetzsammlung einseitig vorzunehmen, so ist die größte Gefahr vorhanden, daß die Gerichte irrthümlich solche als Gesetze zur Anwendung bringen, daß insbesondere Frankfurter Erlasse uns ein ganz neues Strafrecht, oder eine Beschränkung unserer gesetzlichen Freiheiten bringen, und ihrer rechtlichen Ungültigkeit ungeachtet, doch vor den Gerichten dieses Landes für gültig erachtet werden.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Waldeck:</hi> Was den ersten Theil des Antrags betrifft, so glaube ich nicht, daß er irgend einen Widerspruch finden wird, denn seitdem wir einen konstituonellen König haben, steht es fest, daß alle Erlasse von der gesetzgebenden Versammlung genehmigt sein müssen. Erst in der Verfassung wird festgestellt werden, welchen Einspruch dem König zusteht, ob er ein Veto, ein suspensives oder absolutes erhalte. Ob dem König auch ein Veto gegen die Beschlüsse dieser constituirenden Versammlung zusteht, brauche ich hier nicht zu erwähnen, da dieser Fall noch nicht eingetreten. Es ist eine andere Frage, ob ein Gesetz oder ein Beschluß zur Festsetzung dieser Frage herbeigeführt werden muß. So viel ist aber gewiß, daß kein Erlaß oder Gesetz ohne die Zustimmung dieser Versammlung erlassen werden darf. Ob <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> </p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar127_011" type="jArticle"> <head>Weissagungen Napoleons.</head> <p>Ehe fünfzig Jahre vergehen, wird Europa republikanisch oder kosackisch sein.</p> <p>Dann, wenn mein Sohn noch lebt, wird er unter dem Zujauchzen des Volks zum Throne berufen werden. Lebt er nicht mehr, so wird Frankreich abermals <hi rendition="#g">Republik;</hi> denn keine Hand wird es wagen, sich eines Scepters zu bemächtigen, der ihr zu schwer sein würde.</p> <p>Das Haus Orleans, obgleich beliebt, ist zu schwach. Es hat zu viel von den andern Bourbonen und wird deren Schicksal theilen, wenn es nicht etwa, welche Veränderungen sich auch zutragen mögen, hinfort dem Bürgerstande anzugehören vorzieht.</p> <p>Noch einmal wird Frankreich Republik sein, und die übrigen Länder werden seinem Beispiele folgen. Deutsche, Preußen, Polen, Italiener, Dänen, Schweden und Russen werden sich mit ihm in einem Kreuzzuge zu Gunsten der Freiheit vereinigen. Sie werden sich gegen ihre Fürsten bewaffnen, und diese ihrerseits werden sich beeilen, ihnen Konzessionen zu machen, um wenigstens einen Theil ihrer alten Autorität zu retten; sie werden sich, im Besitz einer beschränkten Gewalt, selbst konstitutionelle Könige nennen. Auf diese Weise wird das Feudalsystem seinen Todesstoß empfangen; gleich dem Nebel auf den Gewässern des Oceans wird es beim ersten Strahl der Sonne der Freiheit zerstoben sein.</p> <p>Aber hierbei wird es nicht bleiben; das Rad der Revolution wird, soweit gekommen, nicht aufzuhalten sein; sein Ungestüm wird sich verfünffachen und seine Schnelligkeit im gleichen Verhältnisse zunehmen. Wenn ein Volk einen Theil seiner Rechte wiedererlangt, so enthusiasmirt es sich durch den Sieg, und wird, nachdem es einmal die Wollust der Freiheit geschmeckt hat, unternehmender, um mehr zu bekommen. Die Staaten Europa's werden vielleicht während einiger Jahre in einem beständigen Zustande der Bewegung sich befinden und dem Boden in dem einem Erdbeben vorhergehenden Momente gleichen; ‒ endlich aber macht sich die Lava frei und mit der Explosion ist Alles zu Ende.</p> <p>Der Bankerott Englands wird die Lava sein, welche die Welt erschüttern, die Könige und die Aristokratien verschlingen, aber durch ihren Ausbruch die Interessen der Demokratie befestigen soll. Glauben Sie mir, Las-Cafes, ebenso wie die Reben, welche man in die Asche des Vesuv und des Aetna pflanzt, die köstlichsten Weine erzeugen ‒ ebenso wird der Baum der Freiheit unerschütterlich werden, wenn er in jener revolutionären Lava Wurzel geschlagen hat, welche alle Monarchien überschwemmen wird. Möge er Jahrhunderte hindurch grünen und blühen!</p> <p>Diese Ansichten kommen Ihnen in meinem Munde vielleicht seltsam vor; nichtsdestoweniger sind es die meinigen.</p> <p>Ich war zum Republikaner geboren, aber das Schicksal und die Opposition Europa's haben mich Kaiser werden lassen. Jetzt erwarte ich die Zukunft.</p> </div> <div xml:id="ar127_012" type="jArticle"> <head>Styl-Proben der Kölnischen Zeitung.</head> <p>Die <hi rendition="#g">„Kölnische Zeitung“</hi> greift in ihrem Feuilleton Nr. 287 einige demokratische Blätter an von wegen ihres <hi rendition="#g">Styles,</hi> zu dessen Vertheidigung wir uns in keiner Weise veranlaßt finden. Sie wirft speziell den Journalen der Demokratie vor, dem „Zeitungsstyle <hi rendition="#g">Schwung</hi> geben“ zu wollen.</p> <p>In <hi rendition="#g">derselben</hi> Nummer bringt die <hi rendition="#g">„Kölnische Zeitung“</hi> einen „schwunghaften“ Leitartikel über die <hi rendition="#g">„Kroaten vor Wien,“</hi> aus dem wir einige Stylproben ästhetelnder Kannegießersprache geben.</p> <p>„Da plötzlich flammten auch am fernen Horizonte<lb/> die Signale des rettenden Heeres zum nächtlichen Himmel.“ „Nichts<lb/> fehlt dem Vergleiche mit damals als die rettende Antwort.“<lb/> „Mochten die wildesten Stürme des Aufruhrs toben, der<lb/> Kaiser<lb/> u. s. w.“<lb/> Seine sinkende schwarzroth goldene Fahne er hebt, ein<lb/> „Ein deutscher Volksstamm, der hoch<lb/> Reichstag u. s. w.“<lb/> „Aber ver-<lb/> kennen wir es auch nicht bei all' dem glänzenden Schimmer<lb/> u. s. w.“<lb/> „Jene seligen Jugendträume u. s. w., wie sie<lb/> bei dem ersten Dämmern der Freiheit die Herzen durch bebten.“<lb/> In Herrn Dümonts Hotel macht man Hexameter wie die,<lb/> Aber die Pentameter sind noch erbärmlicher.</p> <p>Von den Pentametern geben wir keine Proben. Suchet, so werdet ihr finden. Klopfet an, so wird euch aufgethan. Levy steht an der Pforte.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0638/0002]
[Deutschland] [Fortsetzung] Generalen besser verletzen zu können. Diese Post hat ungeachtet aller Versicherungen ihren Sedlnitzky'schen Charakter seit dem März noch nicht einen Augenblick verloren. ‒ Die Zeitungen zeigen an, daß ein Redakteur des National hier angekommen; alle Juden sind zu ihm gestürzt. Wittert der National die Bourgeios-Republik? ‒ Niemand ist so schlecht über die hiesigen Zustände unterrichtet, als die französischen Blätter im Allgemeinen und besonders die der französischen Bourgeois-Regierung. ‒ Das französische Gesandschafts-Hotel ist durch Bernays zur politischen Synagoge geworden, in welcher die Herren Tausenau und Konsorten ihre Bourgeois-Demokratie abgaunern und von Herrn Bernays, dermalen als Kourier nach Paris, verbessern lassen.
Wien. Das neueste Journal des östreichischen Lloyd enthält als „Neueste Nachrichten“ Folgendes: Wien, 20. Okt., Abends 6 Uhr. So eben sammeln sich an allen Straßenecken zahlreiche Gruppen vor einer vom Oberkommandanten der Nationalgarde Herrn Messenhauser angeschlagenen Proklamation, worin die Feldherren der ungarischen Armee melden, daß sie mit ihrer Armee Wien zu Hülfe eilen. Die Proklamation ist unterzeichnet von Pazmandy, Moga, Csany und Percel. Der Eindruck ist natürlich wie ein elektrisch-belebender Schlag für unsere Bevölkerung, besonders für die kampflustige Jugend. Ein Kurier überbrachte dieselbe dem Reichstagsausschuß, welcher, weil das Siegel darunter fehlte, anfangs Zweifel an der Echtheit derselben hegte. Jedoch erkannten mehrere Mitglieder die Authenticität der Schrift und Unterschrift von Pazmandy, und die Aussagen des Kuriers selbst beseitigten die anfänglichen Zweifel. Wir hatten Gelegenheit, den Kurier selbst zu sprechen, welcher uns erklärte, daß die ungarische Armee in ihrem Vortreffen 35,000 Mann, im Nachtreffen 15,000 zähle, worunter 8000 irreguläre Truppen. Heute Abend noch sollen nach seiner Versicherung die Ungarn in Fischament eintreffen, und morgen in der Frühe würden sie bei Schwechat und Simmering stehen, wo dann eine Schlacht stattfinden dürfte. Die vielen Täuschungen, welche wir in Bezug auf das Kommen der ungarischen Armee in der verflossenen Woche erlebten, rechtfertigen wohl unsere, wenn auch schwach begründeten Zweifel, die übrigens von einem großen Theile der Bevölkerung getheilt werden. Dan man einen Angriff der Stadt von der Nordseite, von Seiten der Taborbrücke befürchtet, so werden dort die Posten bedeutend verstärkt und riesige Barrikaden ausgeworfen.
* Wien, 21. Okt. Wir theilen nachfolgende Erklärung der „ungarischen Armee“ mit, den besten Beweis, daß die Verräther nicht die Ungarn sind, sondern die Wiener Reichstagsmitglieder.
Erklärung der ungarischen Armee.
Dem Nationalgarde-Oberkommando ist so eben das nachstehende Dokument zugekommen, dessen Unterschriften als echt erscheinen. Messenhauser, prov. Oberkommandant.
Die ungarische Nation ist seit Jahrhunderten durch die innigsten Bruderbande mit dem Volke Oestreichs verknüpft, nur die konstitutionelle Freiheit, die die Völker der Monarchie in den Märztagen sich erkämpften, und die der Monarch bestätigte, befestigte diese Bande noch mehr.
Es ist unsere gemeinsame Pflicht, unsere angepriesene, gesetzlich konstitutionelle Freiheit zu vertheidigen.
Es erklärt dieses das ungarische Heer, daß es seinen gefährdeten östreichischen Brüdern zu Hülfe eilt, und mit seiner ganzen Kraft jenes kroatische Heer verfolgen wird, das aus Ungarn vertrieben, jetzt die Fluren Oestreichs verwüstet.
Wir sind überzeugt, daß wir durch die Vertreibung der feindlich Jelachichschen Armee aus Oestreich, und durch die Wiederherstellung der freien Zufuhren und Handelsverbindungen der Stadt Wien, sowohl der Freiheit des uns verbrüderten Volkes als der Dynastie und der Gesammtmonarchie den größten Dienst erweisen.
Das ungarische Heer ist bereit für die Gesammtinteressen zu leben und zu sterben. Wiener! Vertrauet auf uns! ‒ Gott verläßt unsere gerechte Sache nicht.
Aus dem ungarischen Feldlager, den 19. Okt. 1848.
Dionys Pazmandi,
Präsident der ungarischen Nationalversammlung.
Moga m. p.,
Befehlshaber der ungarischen Armee.
§. Berlin, 23. Oktober. Friedrich Wilhelm IV. hat an „Seinem“ Geburtstage erhebende Worte gesprochen. Ein Freund schöner Reden und Proklamationen hat aber sehr selten an Einem Male genug. Friedrich Wilhelm IV. fühlte das Bedürfniß, noch mehr zu reden, und siehe da, welch' glücklicher Zufall: die „beklagenswerthen“ Ereignisse vom 16. Mit der Contrasignatur des Ministers Eichmann erschien also eine Kabinetsordre, worin der König der Bürgerwehr sagt, daß sie sich am 16. würdig gezeigt habe seines Vertrauens und der „Ehre, die er ihr erzeigte, indem er ihr im März die Waffen zur Vertheidigung des Thrones und zur Herstellung der gestörten Ordnung in die Hände gab.“ Der König spricht der Bürgerwehr für ihre würdige Haltung seinen Dank aus. ‒ Es ist mit dem Volke wirklich nicht mehr auszuhalten. Das Volk geht so weit, von Allerhöchstdenselben keinen Dank mehr haben zu wollen. Der demokratische Bürgerwehr-Verein „weist den Dank des Königs mit aller Entrüstung von sich“ und läßt diesen schnöden Undank noch dazu an allen Straßenecken dem sich die Seiten haltenden Publikum bekannt machen.
Will man denn gar nicht lernen, daß ‒ im konstitutionellen Sinne nämlich ‒ die Könige unzurechnungsfähig und die Minister verantwortlich sind?
§. Berlin, 23. Oktober. Das Ministerium Pfuel ist unerwarteter Weise gestürzt. Pfuel und Kisker haben ihr Portefeuille niedergelegt. Die Kamarilla war mit ihnen unzufrieden. (Siehe die gestrige Nummer.) Man sagt, daß sie wegen Mangel an Energie den Wühlern gegenüber ihre Stellen hätten niederlegen müssen. Also selbst ein Pfuel noch zu freisinnig! Ein Ministerium, dem das Volk den bezeichnenden Namen „Kartätschen-Ministerium“ gab, genügt dem Hofe nicht! Wer bleibt dann noch übrig, als Radowitz und Wrangel, und in der That nennt man diese als Nachfolger Pfuel's. Was gibt dem Hofe solch' plötzlichen Muth? Die Wiener Ereignisse etwa? Was schreckt ihn so sehr? Der Demokratenkongreß? ‒ Jedenfalls können wir einen Coup Seitens der Hofpartei erwarten. Sie wird das Volk gerüstet finden.
Einen sehr günstigen Eindruck hat hier ein gestern erschienenes Plakat des Hrn. Rimpler gemacht. Hr. Rimpler, der ein ganz braver, „liberaler“, honnetter Bürger, aber jedenfalls ein schwacher Kopf und Charakter, scheint zu merken, wie er von den Schwarz-Weißen über den Löffel barbiert wird; seine Hinneigung zur gemäßigten demokratischen Partei tritt auch in diesem letzten Plakate, worin er das bewaffnete und unbewaffnete Volk (warum gibt es noch immer ein unbewaffnetes?) zur Versöhnung, und zwar dauernden, ermahnt, immer schärfer hervor.
Die hiesigen bewaffneten fliegenden Korps (Handwerker, Studenten, Künstler, junge Kaufleute, Maschinenbauer), die zufolge des Bürgerwehrgesetzes aufgelöst und der Bürgerwehr gänzlich einverleibt werden müßten, erstreben eine Vereinigung zu einem einzigen mobilen Korps, das außerhalb der Bourgeois-Garde stehend, seine Selbstständigkeit bewahren soll. Der Konflikt mit der Regierung wird in diesem Falle unausbleiblich, und man ist auf die Abwicklung dieser Angelegenheit sehr gespannt. Zugleich ist sie eine Lebensfrage für die hiesige demokratische Partei, da die genannten Korps in ihrer Mehrheit entschieden demokratisch gesinnt sind.
Nun noch eins! Gestern feierte der Student Schlöffel im Kreise einiger Freunde sein Befreiungsfest. Derselbe hat nämlich Gelegenheit gefunden, sich dem „eingezogenen“ Leben auf der Magdeburger Citadelle zu entziehen, und ist noch gestern Abend weiter gereist. Auch nicht übel! Dagegen sind in Folge des 16. Okt. eine Anzahl Personen, selbst ganz Unbetheiligte, zur Haft gebracht worden. Der bekannte demokratische Hanswurst, Lindenklub-Müller, war am 16. Abends ‒ wie man sagt, unter einer Tonne steckend, was ihm den Namen Diogenes zugezogen ‒ ebenfalls verhaftet worden, wurde indeß bald wieder in Freiheit gesetzt.
14 Berlin, 24. Oktober. Heute ist folgendes interessante Plakat angeschlagen: „Proklamation des Maschinenbau-Arbeiter-Vereins. ‒ Die Reaktion will Bürgerkrieg; sie trägt Bedenken, die Demokratie mit offener Gewalt von Außen zu bekämpfen, darum will sie dieselbe mit Hinterlist im Innern zerfleischen. Und dieserhalb erklären Wir Maschinenbau-Arbeiter als eherne Stützen des demokratischen Fortschritts offen und fest entschlossen: „Bei dem Ausbruch eines neuen Kampfes zwischen Bürgerwehr und Arbeiter stellen wir uns sämmtlich unbewaffnet als Schutz- und Trutzwehr der brüderlichen Einigkeit zwischen diese kämpfenden Parteien, und nur über diese Leichen führt der unglückliche Weg zum Bruderkampf. Wagt aber die Reaktion einen offenen Kampf gegen die gute Sache der Freiheit, dann Bürger und Arbeiter! stehen wir bewaffnet mit Euch in Einer Reihe!“
Die Ministerkrisis ist noch ziemlich unklar. Hr. Pfuel hat seine Demission eingereicht, weil er den „Prinzen“ nicht contentiren soll, und für die unkonstitutionellen Launen einer allerhöchsten Person nicht verantwortlich sein will. In Zusammenhang damit mag stehen, daß Se. Majestät das berathene Jagdgesetz nicht sanctioniren will!! wie das Gerücht sagt. General Brandt soll das Portefeuille des Krieges angenommen haben, und der würdige fromme Eichmann Ministerpräsident werden. Gutunterrichtete Leute wollen indeß wissen, daß die ganze Geschichte eine Finte sei und Herr Pfuel vollkommen im Einverständnisse mit den allerhöchsten Herrschaften handle. Die Zeit zur Ausführung des lange meditirten Staatsstreiches sei endlich gekommen, da es aber zu auffällig wäre, wenn das Ministerium Pfuel seine bisherige Sanftmuth plötzlich in Wildheit verkehre, so müsse man zum Scheine das Ministerium Pfuel regeneriren.
Bei der gestrigen Abstimmung über das Phillipis'sche Amendement bemerkte man, daß Herr Pfuel sich die Zahl der Abstimmenden genau notirte, und erst als er sah, daß Noth vorhanden sei, dem Präsidenten sein Nein mittheilte.
Gestern Abend wurde ein neuer Klub gestiftet: der Militärreform-Verein. Mit der Demokratisirung des Militärs geht es flott von statten. Selbst die Garden vom Kaiser Franz-Regiment sprechen offen von ihrem Haß gegen die Offiziere.
Nachträglich eine Anekdote zum 15. Oktober. Vor der Domkirche war eine Kompagnie Bürgerwehr aufgestellt, die nach dem Gottesdienste eine Chaine bis zum Schlosse bildete, weil sie glaubte, der König werde sich dorthin begeben. Dies geschah aber nicht und der Führer der Kompagnie stellte sich dem Könige vor und gratulirte im Namen der Kompagnie. Der König soll ziemlich trocken darauf erwidert haben: „die Herren von der Bürgerwehr hätten sich die Mühe sparen können.“ Ist diese Antwort gegründet, so dürfte die gestrige Antwort des Bürgerwehrvereins auf die königliche Danksagung für die Heldenthaten am 16. sehr erklärlich sein. Der demokratische Bürgerwehrverein weis't nämlich den Dank mit kraftigen Worten ab.
Die Erdarbeiter sind decimirt aber ruhig. Das arme Volk ist so redlich und tugendhaft, sich nicht mehr bestechen zu lassen. Versuche diesrr Art werden von der Kamarilla häufig gemacht.
103 Berlin, 24. Okt. Die gestrige und heutige Abstimmung unserer Vereinbarerversammlung, bilden das allgemeine Tagesgespräch. Der sonderbare Umstand, daß gestern die Linke mit einer Stimme, und heute die Rechte mit einer Stimme den Sieg davontrug, ist schon ein Thema, woran sich eine allgemeine Betrachtung knüpfen läßt. Was soll daraus werden, spricht man, wenn die verschiedenen Artikel der Verfassungsurkunde, der eine im Sinne der Rechten, der andere im Sinne der Linken durchgeht, kann das eine Verfassung aus einem Guß werden? Wird nicht vielmehr geradezu ein Artikel dem andern widersprechen. So oft die Partei Unruh, das Centrum oder linke Centrum, wie es sich selbst gern nennt, mit der Linken stimmt, ist dieser eine Majorität von 70-80 Stimmen gewiß. Wenn diese Partei mit der Rechten stimmt, so wird jedesmal diese Theilung in zwei gleiche Hälften vorkommen.
Der Abgeordnete Riebe, ein Landmann aus Pommern, der Partei Rodbertus-Berg angehörend, reichte heute seine motivirte Tagesordnung dahin ein, daß er, seiner Ueberzeugung nach, nur sein gestriges erstes Votum, für das Amendement Philips, gelten lassen wolle. Einige seiner Freunde hatten ihn gestern während der Abstimmung zur Zurücknahme seines Votums bestimmt, indem sie ihm begreiflich machen wollten, daß durch die Annahme des Amendements Mord und Todschlag in der Provinz Posen herbeigerufen wurde. Er hat sich aber nun von dem Ungrunde dieser Ansicht überzeugt und bestätigt sein erstes Votum. Hiermit waren nun der Rechten alle mögliche Einsprüche, die sie schon gestern erhoben hatten, abgeschnitten. Die Abgeordneten aus den deutschen Kreisen des Großherzogthums protestiren jedoch heute gegen das ganze Amendement, indem dieser Theil des Großherzogthums nichts mehr von den Wiener Verträgen wissen wolle, mit den jetzigen Zuständen zufrieden sei und sich dem übrigen Deutschland anschließen wolle. (Notabene: über den Abgeordneten Berg. Diese Karrikatur der „galanten Abbe's“ des achtzehnten Jahrhunderts ward endlich hier gebührend gewürdigt ‒ als komische Figur.)
Zur morgenden Sitzung sind mehrere Interpellationen an das Staatsministerium angekündigt. Abgeordneter Otto (Trier) wegen der versprochenen Amnestie für die Einwohner Triers. Die Abg. Schöne und Schulze (Delitzsch) wegen der zögernden Veröffentlichung des Jagdgesetzes. Bei diesen Zwischenfällen wird die Berathung des Gesetzes wegen unentgeltlicher Aufhebung der Feudallasten sehr in die Länge gezogen. Man weiß aber jetzt schon, daß der König seine Zustimmung dazu verweigern wird. Was soll daraas werden. Wenn die Bauern in den Zeitungen gelesrn haben, daß die Jagdgerechtigkeit und die Feudallasten unentgeltlich aufgehoben sind, werden sie von nichts anderm mehr wissen wollen. Ttitt ihnen die Reaktion entgegen, so schafft sie uns in der ländlichen Bevölkerung die muthigsten Republikaner.
103 Berlin, 20. October. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung.
Dringender Antrag der Abgeordneten Waldeck und Esser:
Die hohe Versammlung wolle Folgendes beschließen:
1) Kein Erlaß kann als Gesetz gelten und als solches durch die Gesetzsammlung bekannt gemacht werden, welche nicht von der konstituirenden Versammlung in Berlin beschlossen, angenommen, oder genehmigt worden ist.
2) Diejenigen Erlasse der Frankfurter Central-Gewalt oder verfassunggebenden Versammlung, welche innere Angelegenheiten der einzelnen Länder, namentlich Polizeiwesen und Strafgesetzgebung zum Gegenstande haben, können für Preußen erst durch die Genehmigung der Preußischen Volksvertreter gesetzliche Geltung erlangen.
Gründe. Zur Geltendmachung dieser beiden Sätze bedarf es nicht der Erlassung eines Gesetzes denn sie ergeben sich schon von selbst aus den bestehenden Gesetzen, insbesondere aus der Stellung der Nationalversammlung hier, und aus den Grenzen, welche der Central-Gewalt schon vermöge der am 28. Juni 1848 in Frankfurt gefaßten Beschlüsse gezogen sind. Da das Ministerium indessen kürzlich Publikationen durch die Gesetzsammlung, ohne die Versammlung vorher zu befragen, vorgenommen hat, so liegt uns dringende Veranlassung vor, die rechtliche Lage der Sache durch einen Beschluß der Versammlung ‒ Resolution, wie es die Engländer nennen, festzustellen. Die große Dringlichkeit dieser Angelegenheit bedarf keiner näheren Begründung. Denn wie das Ministerium fortfährt, Publikationen durch die Gesetzsammlung einseitig vorzunehmen, so ist die größte Gefahr vorhanden, daß die Gerichte irrthümlich solche als Gesetze zur Anwendung bringen, daß insbesondere Frankfurter Erlasse uns ein ganz neues Strafrecht, oder eine Beschränkung unserer gesetzlichen Freiheiten bringen, und ihrer rechtlichen Ungültigkeit ungeachtet, doch vor den Gerichten dieses Landes für gültig erachtet werden.
Abg. Waldeck: Was den ersten Theil des Antrags betrifft, so glaube ich nicht, daß er irgend einen Widerspruch finden wird, denn seitdem wir einen konstituonellen König haben, steht es fest, daß alle Erlasse von der gesetzgebenden Versammlung genehmigt sein müssen. Erst in der Verfassung wird festgestellt werden, welchen Einspruch dem König zusteht, ob er ein Veto, ein suspensives oder absolutes erhalte. Ob dem König auch ein Veto gegen die Beschlüsse dieser constituirenden Versammlung zusteht, brauche ich hier nicht zu erwähnen, da dieser Fall noch nicht eingetreten. Es ist eine andere Frage, ob ein Gesetz oder ein Beschluß zur Festsetzung dieser Frage herbeigeführt werden muß. So viel ist aber gewiß, daß kein Erlaß oder Gesetz ohne die Zustimmung dieser Versammlung erlassen werden darf. Ob [Fortsetzung]
Weissagungen Napoleons. Ehe fünfzig Jahre vergehen, wird Europa republikanisch oder kosackisch sein.
Dann, wenn mein Sohn noch lebt, wird er unter dem Zujauchzen des Volks zum Throne berufen werden. Lebt er nicht mehr, so wird Frankreich abermals Republik; denn keine Hand wird es wagen, sich eines Scepters zu bemächtigen, der ihr zu schwer sein würde.
Das Haus Orleans, obgleich beliebt, ist zu schwach. Es hat zu viel von den andern Bourbonen und wird deren Schicksal theilen, wenn es nicht etwa, welche Veränderungen sich auch zutragen mögen, hinfort dem Bürgerstande anzugehören vorzieht.
Noch einmal wird Frankreich Republik sein, und die übrigen Länder werden seinem Beispiele folgen. Deutsche, Preußen, Polen, Italiener, Dänen, Schweden und Russen werden sich mit ihm in einem Kreuzzuge zu Gunsten der Freiheit vereinigen. Sie werden sich gegen ihre Fürsten bewaffnen, und diese ihrerseits werden sich beeilen, ihnen Konzessionen zu machen, um wenigstens einen Theil ihrer alten Autorität zu retten; sie werden sich, im Besitz einer beschränkten Gewalt, selbst konstitutionelle Könige nennen. Auf diese Weise wird das Feudalsystem seinen Todesstoß empfangen; gleich dem Nebel auf den Gewässern des Oceans wird es beim ersten Strahl der Sonne der Freiheit zerstoben sein.
Aber hierbei wird es nicht bleiben; das Rad der Revolution wird, soweit gekommen, nicht aufzuhalten sein; sein Ungestüm wird sich verfünffachen und seine Schnelligkeit im gleichen Verhältnisse zunehmen. Wenn ein Volk einen Theil seiner Rechte wiedererlangt, so enthusiasmirt es sich durch den Sieg, und wird, nachdem es einmal die Wollust der Freiheit geschmeckt hat, unternehmender, um mehr zu bekommen. Die Staaten Europa's werden vielleicht während einiger Jahre in einem beständigen Zustande der Bewegung sich befinden und dem Boden in dem einem Erdbeben vorhergehenden Momente gleichen; ‒ endlich aber macht sich die Lava frei und mit der Explosion ist Alles zu Ende.
Der Bankerott Englands wird die Lava sein, welche die Welt erschüttern, die Könige und die Aristokratien verschlingen, aber durch ihren Ausbruch die Interessen der Demokratie befestigen soll. Glauben Sie mir, Las-Cafes, ebenso wie die Reben, welche man in die Asche des Vesuv und des Aetna pflanzt, die köstlichsten Weine erzeugen ‒ ebenso wird der Baum der Freiheit unerschütterlich werden, wenn er in jener revolutionären Lava Wurzel geschlagen hat, welche alle Monarchien überschwemmen wird. Möge er Jahrhunderte hindurch grünen und blühen!
Diese Ansichten kommen Ihnen in meinem Munde vielleicht seltsam vor; nichtsdestoweniger sind es die meinigen.
Ich war zum Republikaner geboren, aber das Schicksal und die Opposition Europa's haben mich Kaiser werden lassen. Jetzt erwarte ich die Zukunft.
Styl-Proben der Kölnischen Zeitung. Die „Kölnische Zeitung“ greift in ihrem Feuilleton Nr. 287 einige demokratische Blätter an von wegen ihres Styles, zu dessen Vertheidigung wir uns in keiner Weise veranlaßt finden. Sie wirft speziell den Journalen der Demokratie vor, dem „Zeitungsstyle Schwung geben“ zu wollen.
In derselben Nummer bringt die „Kölnische Zeitung“ einen „schwunghaften“ Leitartikel über die „Kroaten vor Wien,“ aus dem wir einige Stylproben ästhetelnder Kannegießersprache geben.
„Da plötzlich flammten auch am fernen Horizonte
die Signale des rettenden Heeres zum nächtlichen Himmel.“ „Nichts
fehlt dem Vergleiche mit damals als die rettende Antwort.“
„Mochten die wildesten Stürme des Aufruhrs toben, der
Kaiser
u. s. w.“
Seine sinkende schwarzroth goldene Fahne er hebt, ein
„Ein deutscher Volksstamm, der hoch
Reichstag u. s. w.“
„Aber ver-
kennen wir es auch nicht bei all' dem glänzenden Schimmer
u. s. w.“
„Jene seligen Jugendträume u. s. w., wie sie
bei dem ersten Dämmern der Freiheit die Herzen durch bebten.“
In Herrn Dümonts Hotel macht man Hexameter wie die,
Aber die Pentameter sind noch erbärmlicher.
Von den Pentametern geben wir keine Proben. Suchet, so werdet ihr finden. Klopfet an, so wird euch aufgethan. Levy steht an der Pforte.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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