Neue Rheinische Zeitung. Nr. 121. Köln, 20. Oktober 1848. Beilage.Beilage zu Nr. 121 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag, 20. Oktober 1848. [Deutschland] [Fortsetzung] könnte ein gewaltsamer Zusammenstoß hervorgerufen werden, dem wir durch Verbreitung demokratischer Gesinnung vorzubeugen suchen. Darum können wir unmöglich annehmen, daß uns Demokraten, ob unserer Pflichterfüllung, weder ein Vorwurf gemacht werden kann noch darf. Wir haben allerdings aufgewühlt, aber nur, um den festgetretenen, ausgedörrten Rechtsboden aufzulockern, damit die Saat der Volksfreiheit um so herrlicher gedeihe! Wir Alle, die wir Demokraten sind, und die bedeutend überwiegende Zahl ist dies in Schlesien, geben Ew. Exzellenz die heilige Versicherung, daß wir nichts als unser gutes Recht, unsere Freiheit verlangen, ungeschmälert und unverkürzt! Daß wir aber nie und nimmer vom gesetzlichen Wege abweichen werden, man müßte uns diesen denn gewaltsam sperren! Schließlich sagen wir Ew. Exzellenz nochmals unsern Dank für die gütige Erinnerung, verbitten uns aber in Zukunft die anarchische Verwandschaft. Liegnitz, im Oktober 1848. Der demokratische Verein. (B. Z.-H.)Mannheim, 16. Okt. Ein Theil der seither in unserer Umgegend stationirt gewesenen preußischen Truppen hat so eben, 10 Uhr Morgens, unsre Stadt passirt und wird nach Alzei verlegt werden, woselbst in Folge revolutionärer Umtriebe die Steuern verweigert und die Beamten verjagt worden sind. Die dahin beorderte Exekutionsmannschaft bestand aus: einer halben Batterie Geschütz, einem Bataillon des 28. Infanterieregiments und zwei Schwadronen Husaren. (M. J.)Hildburghausen, 9. Okt. Der auch in Volksversammlungen sehr thätige Redakteur des "deutschen Volksblattes" Dr. Huhn wurde vorgestern verhaftet; die Bauern der Umgegend hatten dies kaum erfahren, als sie sich bewaffnet den hiesigen Volksfreunden beigesellten und stürmisch die Freilassung Huhn's verlangten. Die Behörden zögerten anfangs, aber die aufgebotene Bürgerwehr weigerte sich, polizeidienstlich dem Begehren des Volkes entgegen zu treten, und so genehmigten jene die sofortige Aufhebung des Verhafts. Der Herzog hinkt nun mit einer Proklamation gegen die "Ruhestörer" heraus und verlangt den Schutz der Reichspolizeitruppen, die so eben 1000 Mann baierischer Infanterie stark hier einrücken. (M. A. Z.)Schleswig, 12. Okt. Gestern und heute sind die Abgeordneten von Kiel hier angelangt. Die erste Sitzung wurde im zukünftigen Sitzungslokale des Landtags, dem schleswigschen Rathhause, durch eine kurze Rede des Präsidenten Bargum eröffnet. "Der Ort der Sitzung, aber nicht die Gesinnung noch das Recht des Landes ist irgend verändert. Die Verfassung und die in ihr mitenhaltenen Beschlüsse des Landtags vom 4. Septbr. sind das Recht und der Anker, an dem die Landesversammlung festhält." Dies bildete den Inhalt der Rede. Die Schlußberathung über die Regierungsvorlage in Betreff der Ministerien stand auf der Tagesordnung und ward auf morgen verschoben. Dann folgte die Wahl des Bureau, welche eine Wiedererwählung seiner bisherigen Funktionäre, bis auf Hrn. Samwer, für den Advokat Griebel als Sekretär erwählt wurde, zum Resultat hatte. Darauf wurde der Antrag des Hardesvogt Thomsen, betreffend die Wahl der Prediger in Schleswig, verhandelt. (Schl.-H. Z.)Es scheint, daß in den nächsten Tagen ein Schritt zur Ausführung der Regierungsänderung erwartet werden kann, da wenigstens von deutscher Seite die durch Francke und Stedtmann eingeleiteten Vereinbarungen jetzt genehmigt wurden. Die designirten Mitglieder der neuen Administration (Tb. Reventlow, Heintze, Boysen, Preußer, A. Moltke) befinden sich alle neben der provisorischen Regierung in Schleswig. (A. M.)Schwerin, 12. Okt. Unter der Voraussetzung, daß bei der großen Entfernung Frankfurts es für den Senat zu Lübeck unzulässig war, die Vermittlung des Reichsministeriums anzurufen, durfte man kein Bedenken tragen, auch ohne speciellen Befehl desselben so zu handeln, wie man erwarten durfte, daß es seinen Ansichten und Grundsätzen entspreche. Um über die Ansichten der Centralgewalt eine völlige Gewißheit zu erhalten, ist, neben der erforderlichen Anzeige von der Requisition des Senats zu Lübeck und deren Erledigung an das Reichsministerium, letzteres ersucht worden, sich über die Absendung der Truppen zu äußern. (M. Z.)Ungarn. Pesth, 10. Oktober. Heute erschien das erste Manifest von Ludwig Kossuth. In selbem sind 2 Punkte von großer Wichtigkeit enthalten: 1) daß jeder Festungskommandant beauftragt ist, die National-Tricolor auf seinem Festungsgebäude aufzustellen; 2) daß diejenigen, welche sich diesem Befehle entgegenstellen, als Landesverräther bestraft werden sollen. Die Sitzungen im Repräsentantenhause sind von gestern an auf einige Tage aufgelöst, weil die Majorität des Hauses den Weg nach Wien genommen hat, um dem österreichischen Volke die nöthige Hülfe anzubieten. Noch ehe Sie dieses Schreiben von mir erhalten, werden Sie die grüngeschmückten Scharfschützen, (Mitglieder der Nationalversammlung) in Wien sehen. Das Finanzministerium bringt uns heute zur Nachricht, daß im Laufe dieser Woche die ersten ungarischen "Ein Gulden" Banknoten ausgegeben werden, was hier eine lebhafte Sensation erregt. Aus Gömör kommen auf das Neue gegen 2000 Mann mobil gemachter Garden, die Oesterreich und Ungarn beschützen wollen. Das Regiment Wilhelm-Husaren ist heute früh nach Wien beordert worden. Statt der schwarzgelben Fahne trug es die ungarische Nationalfahne, Offiziere und Gemeine trugen ungarische Cocarden. Pesth, 11. Oktbr. Repräsentantenhaus. Kossuth bestieg die Tribüne, nach dem ein vom k. Kommissär Csanyi verlesenes Schreiben den Jellachich auf östreichischen Gebiete anzeigte. Eine Todtenstille herrschte im Saale. Kossuth verlas eine in deutscher Sprache verfaßte Adresse an den Wiener Reichstag, womit 1) den östreichischen Volksrepräsentanten die Anzeige gemacht wird, daß die ungarischen regulären Truppen und Garden, auf östrreichischen Boden als keine feindliche Invasion anzusehen seien; 2) daß dieselbe ungarische Armee zu Befehl des östreichischem Reichstages bereit stehe, die gemeinschaftliche Sache zu ordnen, und falls der östreichische Reichstag die ungarische Macht nicht mehr benöthige, auf dessen Geheiß das Territorium Oesterreichs zu verlassen habe; 3) daß die ungarische Armee auf österreichischem Boden auf Kosten des ungarischen Staates zu leben habe. Als Kossuth zu Ende war, brach der Sturm los; es ist hiermit den Deutschen jedes Recht zugestanden worden. Weiter wurde im Repräsentantenhause der Beschluß gefaßt, das diejenigen, die sich in dieser sturmbewegten Zeit von hier flüchteten - binnen 15 Tagen hier zu erscheinen haben, widrigenfalls selbe ihres Vermögens vom Staate als verlusttragend erklärt werden. Auch über das hinterlassene Vermögen des Erzherzog Stephan wurde eine Debatte eröffnet; viele wollten es unbedingt konfisziren, aber Kossuth wünschte diese Angelegenheit nicht übereilt zu sehen, und es ward demnach beschlossen, daß die Vollzähligkeit des Hauses entscheiden möge, was vielen Beifall gefunden hat. Auch die Abdankung Recsey's des neuen Ministerpräsidenten wurde vorgetragen, die Angelegenheit ist der Kriegskommission zugewiesen. Der Ex-Cultusminister Eötvös und sein Unterstaatssekretär Treffort haben sich in die Schweiz geflüchtet. Bei Alt-Osen werden die Schanzarbeiten aufs Neue vorgenommen. Soeben erhielt ich die neuesten Nachrichten aus Weißkirchen und Verbaß. Der Oberstlieutenant Maderspach hielt sich sehr tapfer und es steht in Bälde der erfreulichste Sieg der Ungarn über die raizischen Räuber zu erwarten, der österreichische Consul Maierhoffer setzt seine verrätherischen Pläne beständig fort. Donaufürstenthümer. Bukarest, 3 Okt. Magero hat die zwei an ihn abgesendeten Kurriere aufgehalten, und verhindert alle Kommunikation zwischen Rimnik an der Olt, wo er sich befindet, und Bukarest. Gestern sollen 2000 Mann türkische Truppen aus dem hiesigen Lager gegen ihn abgesendet worden sein. Man hält diese Macht für hinreichend, nachdem Magero kaum 1200 Mann schlecht bewaffnet um sich versammelt haben soll. Dieses Fortsetzen des Widerstandes im Gebirge wird den Anlaß geben, das ganze Fürstenthum in Detail zu besetzen, und es ist zu erwarten, daß die russischen Truppen bis zur k. k. Gränze sich ausbreiten werden. Das neue Ministerium ist folgender Maßen gebildet: J. Philippesko, ehemaliger Finanzminister, Minister des Innern; Gradistiano, Justiz; Const. Bellio, Kultus; J. Philippesko, Verwandter des Obigen, Staatssekretär; Aleko Ghika, Finanzminister; Rimpiniano, Controlleur; Obrist Gorbazky, ein seit den Jahren 1830 in wallachischen Diensten gestandener russisch-polnischer Militär, provis. Spatar und Woynesco, Aga der Stadt Bukarest. (M. Z.)Polen. Lemberg, 10. Octbr. Obschon mehrere deutsche Blätter die Nachricht enthielten, es hätten sich die Russen von der gallizischen Gränze zurückgezogen, so kann ich Sie dagegen als Augenze versichern, daß dem nicht so ist, daß im Gegentheile die Russen in neuester Zeit an mehreren Gränzpunkten Galliziens, von wo die Heerstraßen nach dem Innern dieser Provinz führen und wo es einen Ueberfluß an Lebensmitteln gibt, bedeutende Streitmassen aller Waffengattungen versammelt haben. So stehen zwischen Chotym und Kamenetz pedolski (Festung) 60,000 Mann, worunter 7000 Pferde, ohne die Bespannung für fünf Batterien, je zu 12 Piecen, wie sie die Russen haben, zu rechnen. Dienstag, den 26. September, am russischen Kreuzerhöhungsfeste, sind in das russische Gränzstädtchen Radriwilon (bei Brody) 50,000 Russen, worunter 8000 Mann Cavallerie und 4 Batterien mit 48 Geschützen sammt completter Bespannung und zahlreichen Fuhrwerken eingerückt, haben neben der Stadt zum Theil ein Lager bezogen und weil es Vormittag war, der Feldmesse beigewohnt, wobei die zahlreichen Sängerchöre recht deutlich aus der Ferne zu vernehmen waren. Denselben Nachmittag kamen mehrere Stabsoffiziere nach Brody und sprachen sich ganz deutlich aus, daß sie, falls es in Italien zu Gunsten der alt-östreichischen Territorialgränze nicht zum Frieden käme, zur theilweisen Besetzung Galliziens und zum Marsche nach Italien als Oestreichs Alliirte bestimmt. Dies habe ich selbst vernommen, da ich gerade in Brody Geschäfte hatte. Reisende aus dem Fürstenthume Moldau berichten, daß über den beßarabischen Gränzort Skulieny am Pruth zahlreiche russische Heersäulen, worunter sehr viel irreguläre Reiterei, als Kosaken, Tscherkessen, Kalmucken und Baschkiren, sich nach dem Innern der Moldau bewegen, und über Jassy, Iwanestie, Ketreni und Pantscha den Weg nach Fokschan in der Wallachei einschlagen; es soll unter ihnen sehr strenge Mannszucht herrschen und Alles wird gleich mit klingender Münze bezahlt. Italien. * Die Reforme vom 17. Okt. gibt mit folgenden Worten ihre neuesten Nachrichten aus Italien: Wir hatten es vorher gesehen. Die Wiener Ereignisse bringen Italien zum zittern. Die Explosion wird vor sich gehen. Das Folgende ist ein Auszug aus einem Briefe der Madame von Belgiojioso, den sie diesen Morgen aus Turin erhielt: "In dem Augenblick, wo ich Ihnen schreibe, ist die Lombardei in vollständiger Agitation. Die Kroaten und die Ungarn gerathen aneinander. In Mailand sind die Truppen in ihre Kasernen consignirt. Man schreibt mir heute, daß morgen wahrscheinlich die Post von Mailand nicht mehr abgehen können wird. Wir Emigrirten, die wir eine Insurrektions-Association bildeten, werden nicht zögern abzureisen..." Dieser Brief ist von Turin datirt vom 12. Oktbr. Wir wissen aus sicherer Quelle, daß Karl Albert und seine Regierung bei dieser Agitation nicht interessirt sind, und daß es nur die republikanische Partei ist, welche die Insurrektion vorbereitete und die sie dirigiren wird. Lasse sich Karl Albert daher nicht einfallen, die jetzt beginnende Revolution noch einmal forteskamotiren zu wollen! - Die Nachrichten, die wir durch die Zeitungen von Turin, Genua und Modena erhalten, zeugen von großer Bewegung. In Turin, bei einer Revue, die Karl Albert am 11. Okt. abhielt, riefen Volk und Soldaten: Es lebe Italien! Krieg! Krieg! Am 10. Okt. in Genua ließen die Soldaten des Regiments Regina die Stadt von dem Schrei wiedertönen: Es lebe Italien! Es leben die Genuesen! Es lebe Garibaldi! In Modena zog man am 6. mit der rothen Fahne herum und schrie: Es lebe die Republik! Tod dem Herzog! Französische Republik. Paris, 17. Okt.
Marrast und seine Partei, liegen zu Boden - hörte man schon gestern Abend ausrufen und man war auf den "National" sehr gespannt. Er ist erschienen und - er kriecht folgendermaßen zu Kreuze: "Wir haben stets gedacht - sagt er - "daß, sei erst die erste Aufwallung vorüber, das natürliche Gleichgewicht wieder Platz greifen werde. Diejenigen (soll heißen, wir die Nationalpartei), welche unter der Monarchie, nicht ohne Ehre und Ruhm die Rolle durchführten, die Republik vorausgesehen, gewünscht und vorbereitet zu haben, machen auf keine andere Ehre, auf keinen andern Ruhm Anspruch, als der Republik zu dienen und zwar auf der Stufe, so niedrig sie auch sei, die ihnen die öffentliche Meinung anweist. Sie sind die Ersten, selbst die gefürchtetsten Mitbewerber (Thiers, Mole etc.) rücksichtlich ihres Talents, ihrer Aufrichtigkeit und ihrer Aufklärung, unter die republikanische Fahne zu rufen, denn sie haben mehr ihren Grundsatz als ihre Personen im Auge. Urheber der Revolution, beanspruchen sie keineswegs ihr Monopol. Die Aussöhnung liegt also nicht nur in unserem Wunsch, sondern in der Nothwendigkeit selbst." - Die sozialistisch-kommunistische Partei, mit Ledru-Rollin und Proudhon an ihrer Spitze, nimmt das gestrige Votum keineswegs so gelassen auf wie der National, sondern sie entwickelt eine ungeheure Thätigkeit, um den Sturz der weißen Republik vollends zu beschleunigen. In Paris, Lyon, Dijon, Macon, Nimes und einer Menge anderer Städte bereiten sich Monsterbankette vor, in denen auf die rothe Republik gegessen, gesungen und getrunken (das ist nach dem neuen Klubgesetze unerläßlich) aber noch mehr gesprochen wird. Wohin wird das Alles führen? - seufzt die besitzende Klasse und vergräbt ihre Thaler. - Heute Nachmittags 2 Uhr findet an der Barriere Passonniere ein sozialistisch-kommunistisches Bankett von Zweitausend Gedecken statt. Ledru-Rollin, Proudhon und Lamenais führen den Vorsitz. - Die Seine-Assisen haben ihre Sitzung eröffnet. Am 24. wird der Proudhonsche Representant du Peuple und am 26. der Lamenaissche Peuple constituant von ihnen gerichtet und hoffentlich freigesprochen. - Diesen Morgen verbreitete sich im Operngange das Gerücht, mehrere sardinische Korps hätten den Ticinofluß überschritten und die Feindseligkeiten gegen Radetzki begonnen. - Im Ministerium des Auswärtigen sind einige sehr ernste Klagen gegen die Härte der russischen Gränzämter eingelaufen. Französische Bürger, die in Geschäften oder zum Vergnügen reisten, haben sich über die Unverschämtheiten und Maßregeln beschwert, die ihnen, obwohl mit geregelten Pässen versehen, an den russischen Gränzen widerfuhren. Es scheint, daß die Pässe jetzt keine außerordentliche Ermächtigungsformel von den hiesigen russ. Geschäftskonsuln tragen sollen; ein bloßes Visum ist nicht mehr hinreichend, General Leflo thäte gut, seine günstige Aufnahme beim Kaiser Nikolaus zu baldiger Abhülfe dieses Paßunfugs zu benützen. - Aus dem Meurthedepartement haben die Bauern bei der Nationalversammlung petitionirt, ihnen Kreditinstitute zu eröffnen, bei denen sie gegen 3 1/2 pCt. Gelder entlehnen können, um nicht länger gezwungen zu sein, in die Krallen der Wucherer zu fallen. - Im Theater francais gab es gestern eine kleine Emeute. Die Familie Felix, die dort seit der Rachel wie Pfarrenkraut wuchert, hat sich gegen den neuen Kommissarius Sereste, den Senard auf Blancs Antrag an Lakroys Stelle setzte, empört und der große Koulissenkampf hat mit dem Rückzuge des Fräulein Rachel (dessen neuester Ehemann der Sohn des Generals Bertrand ist) geendet. Rachel wird nach Petersburg wandern; eine furchtbare Verschwörung ist unter allen Löwen und Löwinnen des Boulevard du Gand gegen diese Strenge der Kommissarien der Republik ihrem Ausbruche nahe. - National-Versammlung. Sitzung vom 17. Okt. Anfang 12 ein halb Uhr. Präsident Marrast. An der Tagesordnung ist die Verfassungsdebatte, die bis zum Artikel von der richterlichen Gewalt, Artikel 82 inbegriffen, vorgerückt war. Art. 83 lautet: "Die Richter des Kassationstribunals werden von der Nationalversammlung in geheimer Abstimmung durch absolutes Stimmen-mehr ernannt." Hierbei ist zu bemerken, daß ein großer Theil der Versammlung darauf hinarbeitet, dem Präsidenten der Republik, als Chef des Staates, so wenig Ernennungen als möglich zu überlassen, um dem Favoritismus vorzubeugen und die Bureaukratie zu untergraben. Laporte beantragt: "die Glieder des Oberrechnungshofes können ohne Genehmigung des Staatsrathes weder ernannt, noch zu höheren Graden befördert werden." Stourm, Barroche, Etienne und Lacrosse unterstützen, theils bekämpfen sie ihn, weil man die Nationalversammlung nicht zu sehr mit Ernennungen überlassen müsse. Aus dem konstituirenden Körper könnte sonst ein politischer werden. Der Antrag wird verworfen. Artikel 83 angenommen. Art. 84. "Die Beamten der Staatsanwaltschaft sind vom Präsidenten der Republik zu ernennen." Boussi schlägt den Zusatz vor: "und nach Gutbefinden absetzbar." Tranchard macht ebenfalls einen beschränkenden Zusatz. Dupin und Cremieux bekämpfen diese Zusätze. Sie fänden ihren Platz bei der Berathung der organischen Gesetze. Die Zusätze fallen durch. Art. 84 wird angenommen. Die Verfassungsdebatte wird hier eine Weile durch eine Wahlprüfung unterbrochen. Charamaule stattet Bericht über die Wahl Bissette's auf der Insel Martinique ab. Zum ersten Male waren hier die Negersklaven berufen, ihr Stimmrecht auszuüben! Die Details sind überaus interessant; doch zu weitläufig, um sie hier mitzutheilen. Die Beschwerdepunkte gegen diese Wahl laufen vorzüglich darauf hinaus, daß viele Weiße nicht in die Wahlkommission zugelassen und einige Unterschleife verübt wurden. In Rücksicht auf das eigene Entlassungsgesuch Bissette's beantragt der Ausschuß Annulation. Base, vorzüglich aber Bory Papy, einer der Vertreter Martinique's, bekämpft die Annulirung; eine abermalige Wahl würde die ganze Kolonie in Aufregung versetzen, kein Mensch wisse von den Protestationen auf der Insel etwas, er habe sie erst bei seiner Ankunft in Frankreich erfahren, es seien offenbar Partei-Kniffe im Spiele. Hier unterbricht ihn die Ungeduld der Rechten und ein kleines Gefecht entspinnt sich zwischen Flocon, Vavasters, Deslongrais und dem Präsidenten über den Schluß der Debatte über die Wahlprüfung. Endlich wird entschieden, daß man den Landsmann des Angefochtenen noch weiter sprechen lasse. Bory Papy besteigt von Neuem die Bühne und da sein Vortrag lebhaft und sein Negerkopf mit dem rollenden weißen Auge und den lebhaften Gebehrden sich ganz originell ausnimmt, so wird er aufmerksam angehört und erntet sogar Beifall, als er die Liebe Martinique's zur Republik betheuert. Bissette's Wahl wird annulirt und zwar wegen incapacite personelle, so sehr ihn auch sein Landsmann Bory Papy vertheidigt. Diese persönliche Unfähigkeit soll ihren Grund in einer kriminalgerichtlichen Verurtheilung haben. Man sagt, Bissette sei gebrandmarkt. Wir bemerken dies, um die Moralität dieses Votums hervorzuheben. Die Nationalversammlung will keinen Galeerensträfling in ihrer Mitte. Die übrigen Repräsentanten aus Martinique werden zugelassen. Marie, Justizminister, legt den Gesetzentwurf vor, der das französische Justizwesen organisirt. Wir werden später auf diesen Contre-Entwurf zurückkommen. Wird nicht, wie beantragt, an den Justizausschuß, sondern an die Abtheilung gewiesen. Mehrere Gutachten über andere Gegenstände, Agrikultur u. s. w. werden vorgelegt. Die Versammlung kehrt zur Verfassungsdebatte zurück. Artikel 85, von Ernennung der Richter, der Obergerichts- und Oberrechnungshöfe auf Lebenszeit handelnd, wird lange besprochen, dann angenommen. Artikel 87, 88, 89 und 90, von den Verwaltungstribunalen handelnd, werden unterdrückt, weil das ganze sechste Kapitel bekanntlich weggefallen ist und der Berathung der organischen Gesetze vorbehalten bleibt. Artikel 91 setzt eine Art Schiedsrichteramt aus den höchsten richterlichen und administrativen Beamten unter dem Vorsitze des Justizministers ein, um die Konflikte zwischen den Behörden zu schlichten etc. Wird nach einem Vortrage Dupins angenommen und um 6 Uhr die Sitzung aufgehoben. Beilage zu Nr. 121 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag, 20. Oktober 1848. [Deutschland] [Fortsetzung] könnte ein gewaltsamer Zusammenstoß hervorgerufen werden, dem wir durch Verbreitung demokratischer Gesinnung vorzubeugen suchen. Darum können wir unmöglich annehmen, daß uns Demokraten, ob unserer Pflichterfüllung, weder ein Vorwurf gemacht werden kann noch darf. Wir haben allerdings aufgewühlt, aber nur, um den festgetretenen, ausgedörrten Rechtsboden aufzulockern, damit die Saat der Volksfreiheit um so herrlicher gedeihe! Wir Alle, die wir Demokraten sind, und die bedeutend überwiegende Zahl ist dies in Schlesien, geben Ew. Exzellenz die heilige Versicherung, daß wir nichts als unser gutes Recht, unsere Freiheit verlangen, ungeschmälert und unverkürzt! Daß wir aber nie und nimmer vom gesetzlichen Wege abweichen werden, man müßte uns diesen denn gewaltsam sperren! Schließlich sagen wir Ew. Exzellenz nochmals unsern Dank für die gütige Erinnerung, verbitten uns aber in Zukunft die anarchische Verwandschaft. Liegnitz, im Oktober 1848. Der demokratische Verein. (B. Z.-H.)Mannheim, 16. Okt. Ein Theil der seither in unserer Umgegend stationirt gewesenen preußischen Truppen hat so eben, 10 Uhr Morgens, unsre Stadt passirt und wird nach Alzei verlegt werden, woselbst in Folge revolutionärer Umtriebe die Steuern verweigert und die Beamten verjagt worden sind. Die dahin beorderte Exekutionsmannschaft bestand aus: einer halben Batterie Geschütz, einem Bataillon des 28. Infanterieregiments und zwei Schwadronen Husaren. (M. J.)Hildburghausen, 9. Okt. Der auch in Volksversammlungen sehr thätige Redakteur des „deutschen Volksblattes“ Dr. Huhn wurde vorgestern verhaftet; die Bauern der Umgegend hatten dies kaum erfahren, als sie sich bewaffnet den hiesigen Volksfreunden beigesellten und stürmisch die Freilassung Huhn's verlangten. Die Behörden zögerten anfangs, aber die aufgebotene Bürgerwehr weigerte sich, polizeidienstlich dem Begehren des Volkes entgegen zu treten, und so genehmigten jene die sofortige Aufhebung des Verhafts. Der Herzog hinkt nun mit einer Proklamation gegen die „Ruhestörer“ heraus und verlangt den Schutz der Reichspolizeitruppen, die so eben 1000 Mann baierischer Infanterie stark hier einrücken. (M. A. Z.)Schleswig, 12. Okt. Gestern und heute sind die Abgeordneten von Kiel hier angelangt. Die erste Sitzung wurde im zukünftigen Sitzungslokale des Landtags, dem schleswigschen Rathhause, durch eine kurze Rede des Präsidenten Bargum eröffnet. „Der Ort der Sitzung, aber nicht die Gesinnung noch das Recht des Landes ist irgend verändert. Die Verfassung und die in ihr mitenhaltenen Beschlüsse des Landtags vom 4. Septbr. sind das Recht und der Anker, an dem die Landesversammlung festhält.“ Dies bildete den Inhalt der Rede. Die Schlußberathung über die Regierungsvorlage in Betreff der Ministerien stand auf der Tagesordnung und ward auf morgen verschoben. Dann folgte die Wahl des Bureau, welche eine Wiedererwählung seiner bisherigen Funktionäre, bis auf Hrn. Samwer, für den Advokat Griebel als Sekretär erwählt wurde, zum Resultat hatte. Darauf wurde der Antrag des Hardesvogt Thomsen, betreffend die Wahl der Prediger in Schleswig, verhandelt. (Schl.-H. Z.)Es scheint, daß in den nächsten Tagen ein Schritt zur Ausführung der Regierungsänderung erwartet werden kann, da wenigstens von deutscher Seite die durch Francke und Stedtmann eingeleiteten Vereinbarungen jetzt genehmigt wurden. Die designirten Mitglieder der neuen Administration (Tb. Reventlow, Heintze, Boysen, Preußer, A. Moltke) befinden sich alle neben der provisorischen Regierung in Schleswig. (A. M.)Schwerin, 12. Okt. Unter der Voraussetzung, daß bei der großen Entfernung Frankfurts es für den Senat zu Lübeck unzulässig war, die Vermittlung des Reichsministeriums anzurufen, durfte man kein Bedenken tragen, auch ohne speciellen Befehl desselben so zu handeln, wie man erwarten durfte, daß es seinen Ansichten und Grundsätzen entspreche. Um über die Ansichten der Centralgewalt eine völlige Gewißheit zu erhalten, ist, neben der erforderlichen Anzeige von der Requisition des Senats zu Lübeck und deren Erledigung an das Reichsministerium, letzteres ersucht worden, sich über die Absendung der Truppen zu äußern. (M. Z.)Ungarn. Pesth, 10. Oktober. Heute erschien das erste Manifest von Ludwig Kossuth. In selbem sind 2 Punkte von großer Wichtigkeit enthalten: 1) daß jeder Festungskommandant beauftragt ist, die National-Tricolor auf seinem Festungsgebäude aufzustellen; 2) daß diejenigen, welche sich diesem Befehle entgegenstellen, als Landesverräther bestraft werden sollen. Die Sitzungen im Repräsentantenhause sind von gestern an auf einige Tage aufgelöst, weil die Majorität des Hauses den Weg nach Wien genommen hat, um dem österreichischen Volke die nöthige Hülfe anzubieten. Noch ehe Sie dieses Schreiben von mir erhalten, werden Sie die grüngeschmückten Scharfschützen, (Mitglieder der Nationalversammlung) in Wien sehen. Das Finanzministerium bringt uns heute zur Nachricht, daß im Laufe dieser Woche die ersten ungarischen „Ein Gulden“ Banknoten ausgegeben werden, was hier eine lebhafte Sensation erregt. Aus Gömör kommen auf das Neue gegen 2000 Mann mobil gemachter Garden, die Oesterreich und Ungarn beschützen wollen. Das Regiment Wilhelm-Husaren ist heute früh nach Wien beordert worden. Statt der schwarzgelben Fahne trug es die ungarische Nationalfahne, Offiziere und Gemeine trugen ungarische Cocarden. Pesth, 11. Oktbr. Repräsentantenhaus. Kossuth bestieg die Tribüne, nach dem ein vom k. Kommissär Csanyi verlesenes Schreiben den Jellachich auf östreichischen Gebiete anzeigte. Eine Todtenstille herrschte im Saale. Kossuth verlas eine in deutscher Sprache verfaßte Adresse an den Wiener Reichstag, womit 1) den östreichischen Volksrepräsentanten die Anzeige gemacht wird, daß die ungarischen regulären Truppen und Garden, auf östrreichischen Boden als keine feindliche Invasion anzusehen seien; 2) daß dieselbe ungarische Armee zu Befehl des östreichischem Reichstages bereit stehe, die gemeinschaftliche Sache zu ordnen, und falls der östreichische Reichstag die ungarische Macht nicht mehr benöthige, auf dessen Geheiß das Territorium Oesterreichs zu verlassen habe; 3) daß die ungarische Armee auf österreichischem Boden auf Kosten des ungarischen Staates zu leben habe. Als Kossuth zu Ende war, brach der Sturm los; es ist hiermit den Deutschen jedes Recht zugestanden worden. Weiter wurde im Repräsentantenhause der Beschluß gefaßt, das diejenigen, die sich in dieser sturmbewegten Zeit von hier flüchteten ‒ binnen 15 Tagen hier zu erscheinen haben, widrigenfalls selbe ihres Vermögens vom Staate als verlusttragend erklärt werden. Auch über das hinterlassene Vermögen des Erzherzog Stephan wurde eine Debatte eröffnet; viele wollten es unbedingt konfisziren, aber Kossuth wünschte diese Angelegenheit nicht übereilt zu sehen, und es ward demnach beschlossen, daß die Vollzähligkeit des Hauses entscheiden möge, was vielen Beifall gefunden hat. Auch die Abdankung Recsey's des neuen Ministerpräsidenten wurde vorgetragen, die Angelegenheit ist der Kriegskommission zugewiesen. Der Ex-Cultusminister Eötvös und sein Unterstaatssekretär Treffort haben sich in die Schweiz geflüchtet. Bei Alt-Osen werden die Schanzarbeiten aufs Neue vorgenommen. Soeben erhielt ich die neuesten Nachrichten aus Weißkirchen und Verbaß. Der Oberstlieutenant Maderspach hielt sich sehr tapfer und es steht in Bälde der erfreulichste Sieg der Ungarn über die raizischen Räuber zu erwarten, der österreichische Consul Maierhoffer setzt seine verrätherischen Pläne beständig fort. Donaufürstenthümer. Bukarest, 3 Okt. Magero hat die zwei an ihn abgesendeten Kurriere aufgehalten, und verhindert alle Kommunikation zwischen Rimnik an der Olt, wo er sich befindet, und Bukarest. Gestern sollen 2000 Mann türkische Truppen aus dem hiesigen Lager gegen ihn abgesendet worden sein. Man hält diese Macht für hinreichend, nachdem Magero kaum 1200 Mann schlecht bewaffnet um sich versammelt haben soll. Dieses Fortsetzen des Widerstandes im Gebirge wird den Anlaß geben, das ganze Fürstenthum in Detail zu besetzen, und es ist zu erwarten, daß die russischen Truppen bis zur k. k. Gränze sich ausbreiten werden. Das neue Ministerium ist folgender Maßen gebildet: J. Philippesko, ehemaliger Finanzminister, Minister des Innern; Gradistiano, Justiz; Const. Bellio, Kultus; J. Philippesko, Verwandter des Obigen, Staatssekretär; Aleko Ghika, Finanzminister; Rimpiniano, Controlleur; Obrist Gorbazky, ein seit den Jahren 1830 in wallachischen Diensten gestandener russisch-polnischer Militär, provis. Spatar und Woynesco, Aga der Stadt Bukarest. (M. Z.)Polen. Lemberg, 10. Octbr. Obschon mehrere deutsche Blätter die Nachricht enthielten, es hätten sich die Russen von der gallizischen Gränze zurückgezogen, so kann ich Sie dagegen als Augenze versichern, daß dem nicht so ist, daß im Gegentheile die Russen in neuester Zeit an mehreren Gränzpunkten Galliziens, von wo die Heerstraßen nach dem Innern dieser Provinz führen und wo es einen Ueberfluß an Lebensmitteln gibt, bedeutende Streitmassen aller Waffengattungen versammelt haben. So stehen zwischen Chotym und Kamenetz pedolski (Festung) 60,000 Mann, worunter 7000 Pferde, ohne die Bespannung für fünf Batterien, je zu 12 Piecen, wie sie die Russen haben, zu rechnen. Dienstag, den 26. September, am russischen Kreuzerhöhungsfeste, sind in das russische Gränzstädtchen Radriwilon (bei Brody) 50,000 Russen, worunter 8000 Mann Cavallerie und 4 Batterien mit 48 Geschützen sammt completter Bespannung und zahlreichen Fuhrwerken eingerückt, haben neben der Stadt zum Theil ein Lager bezogen und weil es Vormittag war, der Feldmesse beigewohnt, wobei die zahlreichen Sängerchöre recht deutlich aus der Ferne zu vernehmen waren. Denselben Nachmittag kamen mehrere Stabsoffiziere nach Brody und sprachen sich ganz deutlich aus, daß sie, falls es in Italien zu Gunsten der alt-östreichischen Territorialgränze nicht zum Frieden käme, zur theilweisen Besetzung Galliziens und zum Marsche nach Italien als Oestreichs Alliirte bestimmt. Dies habe ich selbst vernommen, da ich gerade in Brody Geschäfte hatte. Reisende aus dem Fürstenthume Moldau berichten, daß über den beßarabischen Gränzort Skulieny am Pruth zahlreiche russische Heersäulen, worunter sehr viel irreguläre Reiterei, als Kosaken, Tscherkessen, Kalmucken und Baschkiren, sich nach dem Innern der Moldau bewegen, und über Jassy, Iwanestie, Ketreni und Pantscha den Weg nach Fokschan in der Wallachei einschlagen; es soll unter ihnen sehr strenge Mannszucht herrschen und Alles wird gleich mit klingender Münze bezahlt. Italien. * Die Reforme vom 17. Okt. gibt mit folgenden Worten ihre neuesten Nachrichten aus Italien: Wir hatten es vorher gesehen. Die Wiener Ereignisse bringen Italien zum zittern. Die Explosion wird vor sich gehen. Das Folgende ist ein Auszug aus einem Briefe der Madame von Belgiojioso, den sie diesen Morgen aus Turin erhielt: „In dem Augenblick, wo ich Ihnen schreibe, ist die Lombardei in vollständiger Agitation. Die Kroaten und die Ungarn gerathen aneinander. In Mailand sind die Truppen in ihre Kasernen consignirt. Man schreibt mir heute, daß morgen wahrscheinlich die Post von Mailand nicht mehr abgehen können wird. Wir Emigrirten, die wir eine Insurrektions-Association bildeten, werden nicht zögern abzureisen…“ Dieser Brief ist von Turin datirt vom 12. Oktbr. Wir wissen aus sicherer Quelle, daß Karl Albert und seine Regierung bei dieser Agitation nicht interessirt sind, und daß es nur die republikanische Partei ist, welche die Insurrektion vorbereitete und die sie dirigiren wird. Lasse sich Karl Albert daher nicht einfallen, die jetzt beginnende Revolution noch einmal forteskamotiren zu wollen! ‒ Die Nachrichten, die wir durch die Zeitungen von Turin, Genua und Modena erhalten, zeugen von großer Bewegung. In Turin, bei einer Revue, die Karl Albert am 11. Okt. abhielt, riefen Volk und Soldaten: Es lebe Italien! Krieg! Krieg! Am 10. Okt. in Genua ließen die Soldaten des Regiments Regina die Stadt von dem Schrei wiedertönen: Es lebe Italien! Es leben die Genuesen! Es lebe Garibaldi! In Modena zog man am 6. mit der rothen Fahne herum und schrie: Es lebe die Republik! Tod dem Herzog! Französische Republik. Paris, 17. Okt.
Marrast und seine Partei, liegen zu Boden ‒ hörte man schon gestern Abend ausrufen und man war auf den „National“ sehr gespannt. Er ist erschienen und ‒ er kriecht folgendermaßen zu Kreuze: „Wir haben stets gedacht ‒ sagt er ‒ „daß, sei erst die erste Aufwallung vorüber, das natürliche Gleichgewicht wieder Platz greifen werde. Diejenigen (soll heißen, wir die Nationalpartei), welche unter der Monarchie, nicht ohne Ehre und Ruhm die Rolle durchführten, die Republik vorausgesehen, gewünscht und vorbereitet zu haben, machen auf keine andere Ehre, auf keinen andern Ruhm Anspruch, als der Republik zu dienen und zwar auf der Stufe, so niedrig sie auch sei, die ihnen die öffentliche Meinung anweist. Sie sind die Ersten, selbst die gefürchtetsten Mitbewerber (Thiers, Molé etc.) rücksichtlich ihres Talents, ihrer Aufrichtigkeit und ihrer Aufklärung, unter die republikanische Fahne zu rufen, denn sie haben mehr ihren Grundsatz als ihre Personen im Auge. Urheber der Revolution, beanspruchen sie keineswegs ihr Monopol. Die Aussöhnung liegt also nicht nur in unserem Wunsch, sondern in der Nothwendigkeit selbst.“ ‒ Die sozialistisch-kommunistische Partei, mit Ledru-Rollin und Proudhon an ihrer Spitze, nimmt das gestrige Votum keineswegs so gelassen auf wie der National, sondern sie entwickelt eine ungeheure Thätigkeit, um den Sturz der weißen Republik vollends zu beschleunigen. In Paris, Lyon, Dijon, Macon, Nimes und einer Menge anderer Städte bereiten sich Monsterbankette vor, in denen auf die rothe Republik gegessen, gesungen und getrunken (das ist nach dem neuen Klubgesetze unerläßlich) aber noch mehr gesprochen wird. Wohin wird das Alles führen? ‒ seufzt die besitzende Klasse und vergräbt ihre Thaler. ‒ Heute Nachmittags 2 Uhr findet an der Barriere Passonniere ein sozialistisch-kommunistisches Bankett von Zweitausend Gedecken statt. Ledru-Rollin, Proudhon und Lamenais führen den Vorsitz. ‒ Die Seine-Assisen haben ihre Sitzung eröffnet. Am 24. wird der Proudhonsche Representant du Peuple und am 26. der Lamenaissche Peuple constituant von ihnen gerichtet und hoffentlich freigesprochen. ‒ Diesen Morgen verbreitete sich im Operngange das Gerücht, mehrere sardinische Korps hätten den Ticinofluß überschritten und die Feindseligkeiten gegen Radetzki begonnen. ‒ Im Ministerium des Auswärtigen sind einige sehr ernste Klagen gegen die Härte der russischen Gränzämter eingelaufen. Französische Bürger, die in Geschäften oder zum Vergnügen reisten, haben sich über die Unverschämtheiten und Maßregeln beschwert, die ihnen, obwohl mit geregelten Pässen versehen, an den russischen Gränzen widerfuhren. Es scheint, daß die Pässe jetzt keine außerordentliche Ermächtigungsformel von den hiesigen russ. Geschäftskonsuln tragen sollen; ein bloßes Visum ist nicht mehr hinreichend, General Leflô thäte gut, seine günstige Aufnahme beim Kaiser Nikolaus zu baldiger Abhülfe dieses Paßunfugs zu benützen. ‒ Aus dem Meurthedepartement haben die Bauern bei der Nationalversammlung petitionirt, ihnen Kreditinstitute zu eröffnen, bei denen sie gegen 3 1/2 pCt. Gelder entlehnen können, um nicht länger gezwungen zu sein, in die Krallen der Wucherer zu fallen. ‒ Im Theater francais gab es gestern eine kleine Emeute. Die Familie Felix, die dort seit der Rachel wie Pfarrenkraut wuchert, hat sich gegen den neuen Kommissarius Sereste, den Senard auf Blancs Antrag an Lakroys Stelle setzte, empört und der große Koulissenkampf hat mit dem Rückzuge des Fräulein Rachel (dessen neuester Ehemann der Sohn des Generals Bertrand ist) geendet. Rachel wird nach Petersburg wandern; eine furchtbare Verschwörung ist unter allen Löwen und Löwinnen des Boulevard du Gand gegen diese Strenge der Kommissarien der Republik ihrem Ausbruche nahe. ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 17. Okt. Anfang 12 ein halb Uhr. Präsident Marrast. An der Tagesordnung ist die Verfassungsdebatte, die bis zum Artikel von der richterlichen Gewalt, Artikel 82 inbegriffen, vorgerückt war. Art. 83 lautet: „Die Richter des Kassationstribunals werden von der Nationalversammlung in geheimer Abstimmung durch absolutes Stimmen-mehr ernannt.“ Hierbei ist zu bemerken, daß ein großer Theil der Versammlung darauf hinarbeitet, dem Präsidenten der Republik, als Chef des Staates, so wenig Ernennungen als möglich zu überlassen, um dem Favoritismus vorzubeugen und die Bureaukratie zu untergraben. Laporte beantragt: „die Glieder des Oberrechnungshofes können ohne Genehmigung des Staatsrathes weder ernannt, noch zu höheren Graden befördert werden.“ Stourm, Barroche, Etienne und Lacrosse unterstützen, theils bekämpfen sie ihn, weil man die Nationalversammlung nicht zu sehr mit Ernennungen überlassen müsse. Aus dem konstituirenden Körper könnte sonst ein politischer werden. Der Antrag wird verworfen. Artikel 83 angenommen. Art. 84. „Die Beamten der Staatsanwaltschaft sind vom Präsidenten der Republik zu ernennen.“ Boussi schlägt den Zusatz vor: „und nach Gutbefinden absetzbar.“ Tranchard macht ebenfalls einen beschränkenden Zusatz. Dupin und Cremieux bekämpfen diese Zusätze. Sie fänden ihren Platz bei der Berathung der organischen Gesetze. Die Zusätze fallen durch. Art. 84 wird angenommen. Die Verfassungsdebatte wird hier eine Weile durch eine Wahlprüfung unterbrochen. Charamaule stattet Bericht über die Wahl Bissette's auf der Insel Martinique ab. Zum ersten Male waren hier die Negersklaven berufen, ihr Stimmrecht auszuüben! Die Details sind überaus interessant; doch zu weitläufig, um sie hier mitzutheilen. Die Beschwerdepunkte gegen diese Wahl laufen vorzüglich darauf hinaus, daß viele Weiße nicht in die Wahlkommission zugelassen und einige Unterschleife verübt wurden. In Rücksicht auf das eigene Entlassungsgesuch Bissette's beantragt der Ausschuß Annulation. Base, vorzüglich aber Bory Papy, einer der Vertreter Martinique's, bekämpft die Annulirung; eine abermalige Wahl würde die ganze Kolonie in Aufregung versetzen, kein Mensch wisse von den Protestationen auf der Insel etwas, er habe sie erst bei seiner Ankunft in Frankreich erfahren, es seien offenbar Partei-Kniffe im Spiele. Hier unterbricht ihn die Ungeduld der Rechten und ein kleines Gefecht entspinnt sich zwischen Flocon, Vavasters, Deslongrais und dem Präsidenten über den Schluß der Debatte über die Wahlprüfung. Endlich wird entschieden, daß man den Landsmann des Angefochtenen noch weiter sprechen lasse. Bory Papy besteigt von Neuem die Bühne und da sein Vortrag lebhaft und sein Negerkopf mit dem rollenden weißen Auge und den lebhaften Gebehrden sich ganz originell ausnimmt, so wird er aufmerksam angehört und erntet sogar Beifall, als er die Liebe Martinique's zur Republik betheuert. Bissette's Wahl wird annulirt und zwar wegen incapacité personelle, so sehr ihn auch sein Landsmann Bory Papy vertheidigt. Diese persönliche Unfähigkeit soll ihren Grund in einer kriminalgerichtlichen Verurtheilung haben. Man sagt, Bissette sei gebrandmarkt. Wir bemerken dies, um die Moralität dieses Votums hervorzuheben. Die Nationalversammlung will keinen Galeerensträfling in ihrer Mitte. Die übrigen Repräsentanten aus Martinique werden zugelassen. Marie, Justizminister, legt den Gesetzentwurf vor, der das französische Justizwesen organisirt. Wir werden später auf diesen Contre-Entwurf zurückkommen. Wird nicht, wie beantragt, an den Justizausschuß, sondern an die Abtheilung gewiesen. Mehrere Gutachten über andere Gegenstände, Agrikultur u. s. w. werden vorgelegt. Die Versammlung kehrt zur Verfassungsdebatte zurück. Artikel 85, von Ernennung der Richter, der Obergerichts- und Oberrechnungshöfe auf Lebenszeit handelnd, wird lange besprochen, dann angenommen. Artikel 87, 88, 89 und 90, von den Verwaltungstribunalen handelnd, werden unterdrückt, weil das ganze sechste Kapitel bekanntlich weggefallen ist und der Berathung der organischen Gesetze vorbehalten bleibt. Artikel 91 setzt eine Art Schiedsrichteramt aus den höchsten richterlichen und administrativen Beamten unter dem Vorsitze des Justizministers ein, um die Konflikte zwischen den Behörden zu schlichten etc. Wird nach einem Vortrage Dupins angenommen und um 6 Uhr die Sitzung aufgehoben. <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0611"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 121 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Freitag, 20. Oktober 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar121b_001" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> könnte ein gewaltsamer Zusammenstoß hervorgerufen werden, dem wir durch Verbreitung demokratischer Gesinnung vorzubeugen suchen. Darum können wir unmöglich annehmen, daß uns Demokraten, ob unserer Pflichterfüllung, weder ein Vorwurf gemacht werden kann noch darf. Wir haben allerdings aufgewühlt, aber nur, um den festgetretenen, ausgedörrten Rechtsboden aufzulockern, damit die Saat der Volksfreiheit um so herrlicher gedeihe! Wir Alle, die wir Demokraten sind, und die bedeutend überwiegende Zahl ist dies in Schlesien, geben Ew. Exzellenz die heilige Versicherung, daß wir nichts als unser gutes Recht, unsere Freiheit verlangen, ungeschmälert und unverkürzt! Daß wir aber nie und nimmer vom gesetzlichen Wege abweichen werden, man müßte uns diesen denn gewaltsam sperren! Schließlich sagen wir Ew. Exzellenz nochmals unsern Dank für die gütige Erinnerung, verbitten uns aber in Zukunft die anarchische Verwandschaft. Liegnitz, im Oktober 1848. <hi rendition="#g">Der demokratische Verein.</hi> </p> <bibl>(B. Z.-H.)</bibl> </div> <div xml:id="ar121b_002" type="jArticle"> <head>Mannheim, 16. Okt.</head> <p>Ein Theil der seither in unserer Umgegend stationirt gewesenen preußischen Truppen hat so eben, 10 Uhr Morgens, unsre Stadt passirt und wird nach <hi rendition="#g">Alzei</hi> verlegt werden, woselbst in Folge revolutionärer Umtriebe die Steuern verweigert und die Beamten verjagt worden sind. Die dahin beorderte Exekutionsmannschaft bestand aus: einer halben Batterie Geschütz, einem Bataillon des 28. Infanterieregiments und zwei Schwadronen Husaren.</p> <bibl>(M. J.)</bibl> </div> <div xml:id="ar121b_003" type="jArticle"> <head>Hildburghausen, 9. Okt.</head> <p>Der auch in Volksversammlungen sehr thätige Redakteur des „deutschen Volksblattes“ Dr. Huhn wurde vorgestern verhaftet; die Bauern der Umgegend hatten dies kaum erfahren, als sie sich bewaffnet den hiesigen Volksfreunden beigesellten und stürmisch die Freilassung Huhn's verlangten. Die Behörden zögerten anfangs, aber die aufgebotene Bürgerwehr weigerte sich, polizeidienstlich dem Begehren des Volkes entgegen zu treten, und so genehmigten jene die sofortige Aufhebung des Verhafts. Der Herzog hinkt nun mit einer Proklamation gegen die „Ruhestörer“ heraus und verlangt den Schutz der Reichspolizeitruppen, die so eben 1000 Mann baierischer Infanterie stark hier einrücken.</p> <bibl>(M. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar121b_004" type="jArticle"> <head>Schleswig, 12. Okt.</head> <p>Gestern und heute sind die Abgeordneten von Kiel hier angelangt. Die erste Sitzung wurde im zukünftigen Sitzungslokale des Landtags, dem schleswigschen Rathhause, durch eine kurze Rede des Präsidenten Bargum eröffnet. „Der Ort der Sitzung, aber nicht die Gesinnung noch das Recht des Landes ist irgend verändert. Die Verfassung und die in ihr mitenhaltenen Beschlüsse des Landtags vom 4. Septbr. sind das Recht und der Anker, an dem die Landesversammlung festhält.“ Dies bildete den Inhalt der Rede. Die Schlußberathung über die Regierungsvorlage in Betreff der Ministerien stand auf der Tagesordnung und ward auf morgen verschoben. Dann folgte die Wahl des Bureau, welche eine Wiedererwählung seiner bisherigen Funktionäre, bis auf Hrn. Samwer, für den Advokat Griebel als Sekretär erwählt wurde, zum Resultat hatte. Darauf wurde der Antrag des Hardesvogt Thomsen, betreffend die Wahl der Prediger in Schleswig, verhandelt.</p> <bibl>(Schl.-H. Z.)</bibl> <p>Es scheint, daß in den nächsten Tagen ein Schritt zur Ausführung der Regierungsänderung erwartet werden kann, da wenigstens von deutscher Seite die durch Francke und Stedtmann eingeleiteten Vereinbarungen jetzt genehmigt wurden. Die designirten Mitglieder der neuen Administration (Tb. Reventlow, Heintze, Boysen, Preußer, A. Moltke) befinden sich alle neben der provisorischen Regierung in Schleswig.</p> <bibl>(A. M.)</bibl> </div> <div xml:id="ar121b_005" type="jArticle"> <head>Schwerin, 12. Okt.</head> <p>Unter der Voraussetzung, daß bei der großen Entfernung Frankfurts es für den Senat zu Lübeck unzulässig war, die Vermittlung des Reichsministeriums anzurufen, durfte man kein Bedenken tragen, auch ohne speciellen Befehl desselben so zu handeln, wie man erwarten durfte, daß es seinen Ansichten und Grundsätzen entspreche. Um über die Ansichten der Centralgewalt eine völlige Gewißheit zu erhalten, ist, neben der erforderlichen Anzeige von der Requisition des Senats zu Lübeck und deren Erledigung an das Reichsministerium, letzteres ersucht worden, sich über die Absendung der Truppen zu äußern.</p> <bibl>(M. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar121b_006" type="jArticle"> <head>Pesth, 10. Oktober.</head> <p>Heute erschien das erste Manifest von Ludwig Kossuth. In selbem sind 2 Punkte von großer Wichtigkeit enthalten: 1) daß jeder Festungskommandant beauftragt ist, die National-Tricolor auf seinem Festungsgebäude aufzustellen; 2) daß diejenigen, welche sich diesem Befehle entgegenstellen, als <hi rendition="#g">Landesverräther</hi> bestraft werden sollen.</p> <p>Die Sitzungen im Repräsentantenhause sind von gestern an auf einige Tage aufgelöst, weil die Majorität des Hauses den Weg nach Wien genommen hat, um dem österreichischen Volke die nöthige Hülfe anzubieten. Noch ehe Sie dieses Schreiben von mir erhalten, werden Sie die grüngeschmückten Scharfschützen, (Mitglieder der Nationalversammlung) in Wien sehen.</p> <p>Das Finanzministerium bringt uns heute zur Nachricht, daß im Laufe dieser Woche die ersten ungarischen „Ein Gulden“ Banknoten ausgegeben werden, was hier eine lebhafte Sensation erregt.</p> <p>Aus Gömör kommen auf das Neue gegen 2000 Mann mobil gemachter Garden, die Oesterreich und Ungarn beschützen wollen.</p> <p>Das Regiment Wilhelm-Husaren ist heute früh nach Wien beordert worden. Statt der schwarzgelben Fahne trug es die ungarische Nationalfahne, Offiziere und Gemeine trugen ungarische Cocarden.</p> </div> <div xml:id="ar121b_007" type="jArticle"> <head>Pesth, 11. Oktbr.</head> <p>Repräsentantenhaus. Kossuth bestieg die Tribüne, nach dem ein vom k. Kommissär Csanyi verlesenes Schreiben den Jellachich auf östreichischen Gebiete anzeigte. Eine Todtenstille herrschte im Saale. Kossuth verlas eine in deutscher Sprache verfaßte Adresse an den Wiener Reichstag, womit 1) den östreichischen Volksrepräsentanten die Anzeige gemacht wird, daß die ungarischen regulären Truppen und Garden, auf östrreichischen Boden als keine feindliche Invasion anzusehen seien; 2) daß dieselbe ungarische Armee zu Befehl des östreichischem Reichstages bereit stehe, die gemeinschaftliche Sache zu ordnen, und falls der östreichische Reichstag die ungarische Macht nicht mehr benöthige, auf dessen Geheiß das Territorium Oesterreichs zu verlassen habe; 3) daß die ungarische Armee auf österreichischem Boden auf Kosten des ungarischen Staates zu leben habe. Als Kossuth zu Ende war, brach der Sturm los; es ist hiermit den Deutschen jedes Recht zugestanden worden. Weiter wurde im Repräsentantenhause der Beschluß gefaßt, das diejenigen, <hi rendition="#g">die sich in dieser sturmbewegten Zeit von hier flüchteten ‒ binnen 15 Tagen hier zu erscheinen haben, widrigenfalls selbe ihres Vermögens vom Staate als verlusttragend erklärt werden.</hi> Auch über das hinterlassene Vermögen des Erzherzog Stephan wurde eine Debatte eröffnet; viele wollten es unbedingt konfisziren, aber Kossuth wünschte diese Angelegenheit nicht übereilt zu sehen, und es ward demnach beschlossen, daß die Vollzähligkeit des Hauses entscheiden möge, was vielen Beifall gefunden hat.</p> <p>Auch die Abdankung Recsey's des neuen Ministerpräsidenten wurde vorgetragen, die Angelegenheit ist der Kriegskommission zugewiesen.</p> <p>Der Ex-Cultusminister Eötvös und sein Unterstaatssekretär Treffort haben sich in die Schweiz geflüchtet.</p> <p>Bei Alt-Osen werden die Schanzarbeiten aufs Neue vorgenommen.</p> <p>Soeben erhielt ich die neuesten Nachrichten aus Weißkirchen und Verbaß. Der Oberstlieutenant Maderspach hielt sich sehr tapfer und es steht in Bälde der erfreulichste Sieg der Ungarn über die raizischen Räuber zu erwarten, der österreichische Consul Maierhoffer setzt seine verrätherischen Pläne beständig fort.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Donaufürstenthümer.</head> <div xml:id="ar121b_008" type="jArticle"> <head>Bukarest, 3 Okt.</head> <p>Magero hat die zwei an ihn abgesendeten Kurriere aufgehalten, und verhindert alle Kommunikation zwischen Rimnik an der Olt, wo er sich befindet, und Bukarest. Gestern sollen 2000 Mann türkische Truppen aus dem hiesigen Lager gegen ihn abgesendet worden sein. Man hält diese Macht für hinreichend, nachdem Magero kaum 1200 Mann schlecht bewaffnet um sich versammelt haben soll. Dieses Fortsetzen des Widerstandes im Gebirge wird den Anlaß geben, das ganze Fürstenthum in Detail zu besetzen, und es ist zu erwarten, daß die russischen Truppen bis zur k. k. Gränze sich ausbreiten werden.</p> <p>Das neue Ministerium ist folgender Maßen gebildet: J. Philippesko, ehemaliger Finanzminister, Minister des Innern; Gradistiano, Justiz; Const. Bellio, Kultus; J. Philippesko, Verwandter des Obigen, Staatssekretär; Aleko Ghika, Finanzminister; Rimpiniano, Controlleur; Obrist Gorbazky, ein seit den Jahren 1830 in wallachischen Diensten gestandener russisch-polnischer Militär, provis. Spatar und Woynesco, Aga der Stadt Bukarest.</p> <bibl>(M. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Polen.</head> <div xml:id="ar121b_009" type="jArticle"> <head>Lemberg, 10. Octbr.</head> <p>Obschon mehrere deutsche Blätter die Nachricht enthielten, es hätten sich die Russen von der gallizischen Gränze zurückgezogen, so kann ich Sie dagegen als Augenze versichern, daß dem nicht so ist, daß im Gegentheile die Russen in neuester Zeit an mehreren Gränzpunkten Galliziens, von wo die Heerstraßen nach dem Innern dieser Provinz führen und wo es einen Ueberfluß an Lebensmitteln gibt, bedeutende Streitmassen aller Waffengattungen versammelt haben. So stehen zwischen Chotym und Kamenetz pedolski (Festung) 60,000 Mann, worunter 7000 Pferde, ohne die Bespannung für fünf Batterien, je zu 12 Piecen, wie sie die Russen haben, zu rechnen. Dienstag, den 26. September, am russischen Kreuzerhöhungsfeste, sind in das russische Gränzstädtchen Radriwilon (bei Brody) 50,000 Russen, worunter 8000 Mann Cavallerie und 4 Batterien mit 48 Geschützen sammt completter Bespannung und zahlreichen Fuhrwerken eingerückt, haben neben der Stadt zum Theil ein Lager bezogen und weil es Vormittag war, der Feldmesse beigewohnt, wobei die zahlreichen Sängerchöre recht deutlich aus der Ferne zu vernehmen waren. Denselben Nachmittag kamen mehrere Stabsoffiziere nach Brody und sprachen sich ganz deutlich aus, daß sie, falls es in Italien zu Gunsten der alt-östreichischen Territorialgränze nicht zum Frieden käme, zur theilweisen Besetzung Galliziens und zum Marsche nach Italien als Oestreichs Alliirte bestimmt. Dies habe ich selbst vernommen, da ich gerade in Brody Geschäfte hatte. Reisende aus dem Fürstenthume Moldau berichten, daß über den beßarabischen Gränzort Skulieny am Pruth zahlreiche russische Heersäulen, worunter sehr viel irreguläre Reiterei, als Kosaken, Tscherkessen, Kalmucken und Baschkiren, sich nach dem Innern der Moldau bewegen, und über Jassy, Iwanestie, Ketreni und Pantscha den Weg nach Fokschan in der Wallachei einschlagen; es soll unter ihnen sehr strenge Mannszucht herrschen und Alles wird gleich mit klingender Münze bezahlt.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar121b_010" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Die Reforme vom 17. Okt. gibt mit folgenden Worten ihre neuesten Nachrichten aus Italien: Wir hatten es vorher gesehen. Die Wiener Ereignisse bringen Italien zum zittern. Die Explosion wird vor sich gehen. Das Folgende ist ein Auszug aus einem Briefe der Madame von Belgiojioso, den sie diesen Morgen aus Turin erhielt: „In dem Augenblick, wo ich Ihnen schreibe, ist die Lombardei in vollständiger Agitation. Die Kroaten und die Ungarn gerathen aneinander. In Mailand sind die Truppen in ihre Kasernen consignirt. Man schreibt mir heute, daß morgen wahrscheinlich die Post von Mailand nicht mehr abgehen können wird. Wir Emigrirten, die wir eine Insurrektions-Association bildeten, werden nicht zögern abzureisen…“ Dieser Brief ist von Turin datirt vom 12. Oktbr.</p> <p>Wir wissen aus sicherer Quelle, daß Karl Albert und seine Regierung bei dieser Agitation nicht interessirt sind, und daß es nur die republikanische Partei ist, welche die Insurrektion vorbereitete und die sie dirigiren wird. Lasse sich Karl Albert daher nicht einfallen, die jetzt beginnende Revolution noch einmal forteskamotiren zu wollen! ‒ Die Nachrichten, die wir durch die Zeitungen von Turin, Genua und Modena erhalten, zeugen von großer Bewegung. In Turin, bei einer Revue, die Karl Albert am 11. Okt. abhielt, riefen Volk und Soldaten: Es lebe Italien! Krieg! Krieg! Am 10. Okt. in Genua ließen die Soldaten des Regiments Regina die Stadt von dem Schrei wiedertönen: Es lebe Italien! Es leben die Genuesen! Es lebe Garibaldi! In Modena zog man am 6. mit der rothen Fahne herum und schrie: Es lebe die Republik! Tod dem Herzog!</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar121b_011" type="jArticle"> <head>Paris, 17. Okt.</head> <p>Marrast und seine Partei, liegen zu Boden ‒ hörte man schon gestern Abend ausrufen und man war auf den „National“ sehr gespannt. Er ist erschienen und ‒ er kriecht folgendermaßen zu Kreuze:</p> <p>„Wir haben stets gedacht ‒ sagt er ‒ „daß, sei erst die erste Aufwallung vorüber, das natürliche Gleichgewicht wieder Platz greifen werde. Diejenigen (soll heißen, wir die Nationalpartei), welche unter der Monarchie, nicht ohne Ehre und Ruhm die Rolle durchführten, die Republik vorausgesehen, gewünscht und vorbereitet zu haben, machen auf keine andere Ehre, auf keinen andern Ruhm Anspruch, als der Republik zu dienen und zwar auf der Stufe, so niedrig sie auch sei, die ihnen die öffentliche Meinung anweist. Sie sind die Ersten, selbst die gefürchtetsten Mitbewerber (Thiers, Molé etc.) rücksichtlich ihres Talents, ihrer Aufrichtigkeit und ihrer Aufklärung, unter die republikanische Fahne zu rufen, denn sie haben mehr ihren Grundsatz als ihre Personen im Auge. Urheber der Revolution, beanspruchen sie keineswegs ihr Monopol. Die Aussöhnung liegt also nicht nur in unserem Wunsch, sondern in der Nothwendigkeit selbst.“</p> <p>‒ Die sozialistisch-kommunistische Partei, mit Ledru-Rollin und Proudhon an ihrer Spitze, nimmt das gestrige Votum keineswegs so gelassen auf wie der National, sondern sie entwickelt eine ungeheure Thätigkeit, um den Sturz der weißen Republik vollends zu beschleunigen. In Paris, Lyon, Dijon, Macon, Nimes und einer Menge anderer Städte bereiten sich Monsterbankette vor, in denen auf die rothe Republik gegessen, gesungen und getrunken (das ist nach dem neuen Klubgesetze unerläßlich) aber noch mehr gesprochen wird. Wohin wird das Alles führen? ‒ seufzt die besitzende Klasse und vergräbt ihre Thaler.</p> <p>‒ Heute Nachmittags 2 Uhr findet an der Barriere Passonniere ein sozialistisch-kommunistisches Bankett von Zweitausend Gedecken statt. Ledru-Rollin, Proudhon und Lamenais führen den Vorsitz.</p> <p>‒ Die Seine-Assisen haben ihre Sitzung eröffnet. Am 24. wird der Proudhonsche Representant du Peuple und am 26. der Lamenaissche Peuple constituant von ihnen gerichtet und hoffentlich freigesprochen.</p> <p>‒ Diesen Morgen verbreitete sich im Operngange das Gerücht, mehrere sardinische Korps hätten den Ticinofluß überschritten und die Feindseligkeiten gegen Radetzki begonnen.</p> <p>‒ Im Ministerium des Auswärtigen sind einige sehr ernste Klagen gegen die Härte der russischen Gränzämter eingelaufen. Französische Bürger, die in Geschäften oder zum Vergnügen reisten, haben sich über die Unverschämtheiten und Maßregeln beschwert, die ihnen, obwohl mit geregelten Pässen versehen, an den russischen Gränzen widerfuhren. Es scheint, daß die Pässe jetzt keine außerordentliche Ermächtigungsformel von den hiesigen russ. Geschäftskonsuln tragen sollen; ein bloßes Visum ist nicht mehr hinreichend, General Leflô thäte gut, seine günstige Aufnahme beim Kaiser Nikolaus zu baldiger Abhülfe dieses Paßunfugs zu benützen.</p> <p>‒ Aus dem Meurthedepartement haben die Bauern bei der Nationalversammlung petitionirt, ihnen Kreditinstitute zu eröffnen, bei denen sie gegen 3 1/2 pCt. Gelder entlehnen können, um nicht länger gezwungen zu sein, in die Krallen der Wucherer zu fallen.</p> <p>‒ Im Theater francais gab es gestern eine kleine Emeute. Die Familie Felix, die dort seit der Rachel wie Pfarrenkraut wuchert, hat sich gegen den neuen Kommissarius Sereste, den Senard auf Blancs Antrag an Lakroys Stelle setzte, empört und der große Koulissenkampf hat mit dem Rückzuge des Fräulein Rachel (dessen neuester Ehemann der Sohn des Generals Bertrand ist) geendet. Rachel wird nach Petersburg wandern; eine furchtbare Verschwörung ist unter allen Löwen und Löwinnen des Boulevard du Gand gegen diese Strenge der Kommissarien der Republik ihrem Ausbruche nahe.</p> <p>‒ <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 17. Okt. Anfang 12 ein halb Uhr. Präsident <hi rendition="#g">Marrast.</hi> </p> <p>An der Tagesordnung ist die Verfassungsdebatte, die bis zum Artikel von der richterlichen Gewalt, Artikel 82 inbegriffen, vorgerückt war.</p> <p>Art. 83 lautet: „Die Richter des Kassationstribunals werden von der Nationalversammlung in geheimer Abstimmung durch absolutes Stimmen-mehr ernannt.“</p> <p>Hierbei ist zu bemerken, daß ein großer Theil der Versammlung darauf hinarbeitet, dem Präsidenten der Republik, als Chef des Staates, so wenig Ernennungen als möglich zu überlassen, um dem Favoritismus vorzubeugen und die Bureaukratie zu untergraben.</p> <p><hi rendition="#g">Laporte</hi> beantragt: „die Glieder des Oberrechnungshofes können ohne Genehmigung des Staatsrathes weder ernannt, noch zu höheren Graden befördert werden.“</p> <p><hi rendition="#g">Stourm, Barroche, Etienne</hi> und <hi rendition="#g">Lacrosse</hi> unterstützen, theils bekämpfen sie ihn, weil man die Nationalversammlung nicht zu sehr mit Ernennungen überlassen müsse. Aus dem konstituirenden Körper könnte sonst ein politischer werden.</p> <p>Der Antrag wird verworfen.</p> <p>Artikel 83 angenommen.</p> <p>Art. 84. „Die Beamten der Staatsanwaltschaft sind vom Präsidenten der Republik zu ernennen.“</p> <p><hi rendition="#g">Boussi</hi> schlägt den Zusatz vor: „und nach Gutbefinden absetzbar.“</p> <p><hi rendition="#g">Tranchard</hi> macht ebenfalls einen beschränkenden Zusatz.</p> <p><hi rendition="#g">Dupin</hi> und <hi rendition="#g">Cremieux</hi> bekämpfen diese Zusätze. Sie fänden ihren Platz bei der Berathung der organischen Gesetze.</p> <p>Die Zusätze fallen durch.</p> <p>Art. 84 wird angenommen.</p> <p>Die Verfassungsdebatte wird hier eine Weile durch eine Wahlprüfung unterbrochen.</p> <p><hi rendition="#g">Charamaule</hi> stattet Bericht über die Wahl Bissette's auf der Insel Martinique ab. Zum ersten Male waren hier die Negersklaven berufen, ihr Stimmrecht auszuüben! Die Details sind überaus interessant; doch zu weitläufig, um sie hier mitzutheilen. Die Beschwerdepunkte gegen diese Wahl laufen vorzüglich darauf hinaus, daß viele Weiße nicht in die Wahlkommission zugelassen und einige Unterschleife verübt wurden. In Rücksicht auf das eigene Entlassungsgesuch Bissette's beantragt der Ausschuß Annulation.</p> <p><hi rendition="#g">Base,</hi> vorzüglich aber <hi rendition="#g">Bory Papy,</hi> einer der Vertreter Martinique's, bekämpft die Annulirung; eine abermalige Wahl würde die ganze Kolonie in Aufregung versetzen, kein Mensch wisse von den Protestationen auf der Insel etwas, er habe sie erst bei seiner Ankunft in Frankreich erfahren, es seien offenbar Partei-Kniffe im Spiele.</p> <p>Hier unterbricht ihn die Ungeduld der Rechten und ein kleines Gefecht entspinnt sich zwischen <hi rendition="#g">Flocon, Vavasters, Deslongrais</hi> und dem Präsidenten über den Schluß der Debatte über die Wahlprüfung. Endlich wird entschieden, daß man den Landsmann des Angefochtenen noch weiter sprechen lasse.</p> <p><hi rendition="#g">Bory Papy</hi> besteigt von Neuem die Bühne und da sein Vortrag lebhaft und sein Negerkopf mit dem rollenden weißen Auge und den lebhaften Gebehrden sich ganz originell ausnimmt, so wird er aufmerksam angehört und erntet sogar Beifall, als er die Liebe Martinique's zur Republik betheuert.</p> <p><hi rendition="#g">Bissette's</hi> Wahl wird annulirt und zwar wegen incapacité personelle, so sehr ihn auch sein Landsmann Bory Papy vertheidigt. Diese persönliche Unfähigkeit soll ihren Grund in einer kriminalgerichtlichen Verurtheilung haben. Man sagt, Bissette sei gebrandmarkt. Wir bemerken dies, um die Moralität dieses Votums hervorzuheben. Die Nationalversammlung will keinen Galeerensträfling in ihrer Mitte.</p> <p>Die übrigen Repräsentanten aus Martinique werden zugelassen.</p> <p><hi rendition="#g">Marie,</hi> Justizminister, legt den Gesetzentwurf vor, der das französische Justizwesen organisirt. Wir werden später auf diesen Contre-Entwurf zurückkommen.</p> <p>Wird nicht, wie beantragt, an den Justizausschuß, sondern an die Abtheilung gewiesen.</p> <p>Mehrere Gutachten über andere Gegenstände, Agrikultur u. s. w. werden vorgelegt.</p> <p>Die Versammlung kehrt zur Verfassungsdebatte zurück.</p> <p>Artikel 85, von Ernennung der Richter, der Obergerichts- und Oberrechnungshöfe auf Lebenszeit handelnd, wird lange besprochen, dann angenommen.</p> <p>Artikel 87, 88, 89 und 90, von den Verwaltungstribunalen handelnd, werden unterdrückt, weil das ganze sechste Kapitel bekanntlich weggefallen ist und der Berathung der organischen Gesetze vorbehalten bleibt.</p> <p>Artikel 91 setzt eine Art Schiedsrichteramt aus den höchsten richterlichen und administrativen Beamten unter dem Vorsitze des Justizministers ein, um die Konflikte zwischen den Behörden zu schlichten etc. Wird nach einem Vortrage Dupins angenommen und um 6 Uhr die Sitzung aufgehoben.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0611/0001]
Beilage zu Nr. 121 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag, 20. Oktober 1848. [Deutschland] [Fortsetzung] könnte ein gewaltsamer Zusammenstoß hervorgerufen werden, dem wir durch Verbreitung demokratischer Gesinnung vorzubeugen suchen. Darum können wir unmöglich annehmen, daß uns Demokraten, ob unserer Pflichterfüllung, weder ein Vorwurf gemacht werden kann noch darf. Wir haben allerdings aufgewühlt, aber nur, um den festgetretenen, ausgedörrten Rechtsboden aufzulockern, damit die Saat der Volksfreiheit um so herrlicher gedeihe! Wir Alle, die wir Demokraten sind, und die bedeutend überwiegende Zahl ist dies in Schlesien, geben Ew. Exzellenz die heilige Versicherung, daß wir nichts als unser gutes Recht, unsere Freiheit verlangen, ungeschmälert und unverkürzt! Daß wir aber nie und nimmer vom gesetzlichen Wege abweichen werden, man müßte uns diesen denn gewaltsam sperren! Schließlich sagen wir Ew. Exzellenz nochmals unsern Dank für die gütige Erinnerung, verbitten uns aber in Zukunft die anarchische Verwandschaft. Liegnitz, im Oktober 1848. Der demokratische Verein.
(B. Z.-H.) Mannheim, 16. Okt. Ein Theil der seither in unserer Umgegend stationirt gewesenen preußischen Truppen hat so eben, 10 Uhr Morgens, unsre Stadt passirt und wird nach Alzei verlegt werden, woselbst in Folge revolutionärer Umtriebe die Steuern verweigert und die Beamten verjagt worden sind. Die dahin beorderte Exekutionsmannschaft bestand aus: einer halben Batterie Geschütz, einem Bataillon des 28. Infanterieregiments und zwei Schwadronen Husaren.
(M. J.) Hildburghausen, 9. Okt. Der auch in Volksversammlungen sehr thätige Redakteur des „deutschen Volksblattes“ Dr. Huhn wurde vorgestern verhaftet; die Bauern der Umgegend hatten dies kaum erfahren, als sie sich bewaffnet den hiesigen Volksfreunden beigesellten und stürmisch die Freilassung Huhn's verlangten. Die Behörden zögerten anfangs, aber die aufgebotene Bürgerwehr weigerte sich, polizeidienstlich dem Begehren des Volkes entgegen zu treten, und so genehmigten jene die sofortige Aufhebung des Verhafts. Der Herzog hinkt nun mit einer Proklamation gegen die „Ruhestörer“ heraus und verlangt den Schutz der Reichspolizeitruppen, die so eben 1000 Mann baierischer Infanterie stark hier einrücken.
(M. A. Z.) Schleswig, 12. Okt. Gestern und heute sind die Abgeordneten von Kiel hier angelangt. Die erste Sitzung wurde im zukünftigen Sitzungslokale des Landtags, dem schleswigschen Rathhause, durch eine kurze Rede des Präsidenten Bargum eröffnet. „Der Ort der Sitzung, aber nicht die Gesinnung noch das Recht des Landes ist irgend verändert. Die Verfassung und die in ihr mitenhaltenen Beschlüsse des Landtags vom 4. Septbr. sind das Recht und der Anker, an dem die Landesversammlung festhält.“ Dies bildete den Inhalt der Rede. Die Schlußberathung über die Regierungsvorlage in Betreff der Ministerien stand auf der Tagesordnung und ward auf morgen verschoben. Dann folgte die Wahl des Bureau, welche eine Wiedererwählung seiner bisherigen Funktionäre, bis auf Hrn. Samwer, für den Advokat Griebel als Sekretär erwählt wurde, zum Resultat hatte. Darauf wurde der Antrag des Hardesvogt Thomsen, betreffend die Wahl der Prediger in Schleswig, verhandelt.
(Schl.-H. Z.) Es scheint, daß in den nächsten Tagen ein Schritt zur Ausführung der Regierungsänderung erwartet werden kann, da wenigstens von deutscher Seite die durch Francke und Stedtmann eingeleiteten Vereinbarungen jetzt genehmigt wurden. Die designirten Mitglieder der neuen Administration (Tb. Reventlow, Heintze, Boysen, Preußer, A. Moltke) befinden sich alle neben der provisorischen Regierung in Schleswig.
(A. M.) Schwerin, 12. Okt. Unter der Voraussetzung, daß bei der großen Entfernung Frankfurts es für den Senat zu Lübeck unzulässig war, die Vermittlung des Reichsministeriums anzurufen, durfte man kein Bedenken tragen, auch ohne speciellen Befehl desselben so zu handeln, wie man erwarten durfte, daß es seinen Ansichten und Grundsätzen entspreche. Um über die Ansichten der Centralgewalt eine völlige Gewißheit zu erhalten, ist, neben der erforderlichen Anzeige von der Requisition des Senats zu Lübeck und deren Erledigung an das Reichsministerium, letzteres ersucht worden, sich über die Absendung der Truppen zu äußern.
(M. Z.) Ungarn. Pesth, 10. Oktober. Heute erschien das erste Manifest von Ludwig Kossuth. In selbem sind 2 Punkte von großer Wichtigkeit enthalten: 1) daß jeder Festungskommandant beauftragt ist, die National-Tricolor auf seinem Festungsgebäude aufzustellen; 2) daß diejenigen, welche sich diesem Befehle entgegenstellen, als Landesverräther bestraft werden sollen.
Die Sitzungen im Repräsentantenhause sind von gestern an auf einige Tage aufgelöst, weil die Majorität des Hauses den Weg nach Wien genommen hat, um dem österreichischen Volke die nöthige Hülfe anzubieten. Noch ehe Sie dieses Schreiben von mir erhalten, werden Sie die grüngeschmückten Scharfschützen, (Mitglieder der Nationalversammlung) in Wien sehen.
Das Finanzministerium bringt uns heute zur Nachricht, daß im Laufe dieser Woche die ersten ungarischen „Ein Gulden“ Banknoten ausgegeben werden, was hier eine lebhafte Sensation erregt.
Aus Gömör kommen auf das Neue gegen 2000 Mann mobil gemachter Garden, die Oesterreich und Ungarn beschützen wollen.
Das Regiment Wilhelm-Husaren ist heute früh nach Wien beordert worden. Statt der schwarzgelben Fahne trug es die ungarische Nationalfahne, Offiziere und Gemeine trugen ungarische Cocarden.
Pesth, 11. Oktbr. Repräsentantenhaus. Kossuth bestieg die Tribüne, nach dem ein vom k. Kommissär Csanyi verlesenes Schreiben den Jellachich auf östreichischen Gebiete anzeigte. Eine Todtenstille herrschte im Saale. Kossuth verlas eine in deutscher Sprache verfaßte Adresse an den Wiener Reichstag, womit 1) den östreichischen Volksrepräsentanten die Anzeige gemacht wird, daß die ungarischen regulären Truppen und Garden, auf östrreichischen Boden als keine feindliche Invasion anzusehen seien; 2) daß dieselbe ungarische Armee zu Befehl des östreichischem Reichstages bereit stehe, die gemeinschaftliche Sache zu ordnen, und falls der östreichische Reichstag die ungarische Macht nicht mehr benöthige, auf dessen Geheiß das Territorium Oesterreichs zu verlassen habe; 3) daß die ungarische Armee auf österreichischem Boden auf Kosten des ungarischen Staates zu leben habe. Als Kossuth zu Ende war, brach der Sturm los; es ist hiermit den Deutschen jedes Recht zugestanden worden. Weiter wurde im Repräsentantenhause der Beschluß gefaßt, das diejenigen, die sich in dieser sturmbewegten Zeit von hier flüchteten ‒ binnen 15 Tagen hier zu erscheinen haben, widrigenfalls selbe ihres Vermögens vom Staate als verlusttragend erklärt werden. Auch über das hinterlassene Vermögen des Erzherzog Stephan wurde eine Debatte eröffnet; viele wollten es unbedingt konfisziren, aber Kossuth wünschte diese Angelegenheit nicht übereilt zu sehen, und es ward demnach beschlossen, daß die Vollzähligkeit des Hauses entscheiden möge, was vielen Beifall gefunden hat.
Auch die Abdankung Recsey's des neuen Ministerpräsidenten wurde vorgetragen, die Angelegenheit ist der Kriegskommission zugewiesen.
Der Ex-Cultusminister Eötvös und sein Unterstaatssekretär Treffort haben sich in die Schweiz geflüchtet.
Bei Alt-Osen werden die Schanzarbeiten aufs Neue vorgenommen.
Soeben erhielt ich die neuesten Nachrichten aus Weißkirchen und Verbaß. Der Oberstlieutenant Maderspach hielt sich sehr tapfer und es steht in Bälde der erfreulichste Sieg der Ungarn über die raizischen Räuber zu erwarten, der österreichische Consul Maierhoffer setzt seine verrätherischen Pläne beständig fort.
Donaufürstenthümer. Bukarest, 3 Okt. Magero hat die zwei an ihn abgesendeten Kurriere aufgehalten, und verhindert alle Kommunikation zwischen Rimnik an der Olt, wo er sich befindet, und Bukarest. Gestern sollen 2000 Mann türkische Truppen aus dem hiesigen Lager gegen ihn abgesendet worden sein. Man hält diese Macht für hinreichend, nachdem Magero kaum 1200 Mann schlecht bewaffnet um sich versammelt haben soll. Dieses Fortsetzen des Widerstandes im Gebirge wird den Anlaß geben, das ganze Fürstenthum in Detail zu besetzen, und es ist zu erwarten, daß die russischen Truppen bis zur k. k. Gränze sich ausbreiten werden.
Das neue Ministerium ist folgender Maßen gebildet: J. Philippesko, ehemaliger Finanzminister, Minister des Innern; Gradistiano, Justiz; Const. Bellio, Kultus; J. Philippesko, Verwandter des Obigen, Staatssekretär; Aleko Ghika, Finanzminister; Rimpiniano, Controlleur; Obrist Gorbazky, ein seit den Jahren 1830 in wallachischen Diensten gestandener russisch-polnischer Militär, provis. Spatar und Woynesco, Aga der Stadt Bukarest.
(M. Z.) Polen. Lemberg, 10. Octbr. Obschon mehrere deutsche Blätter die Nachricht enthielten, es hätten sich die Russen von der gallizischen Gränze zurückgezogen, so kann ich Sie dagegen als Augenze versichern, daß dem nicht so ist, daß im Gegentheile die Russen in neuester Zeit an mehreren Gränzpunkten Galliziens, von wo die Heerstraßen nach dem Innern dieser Provinz führen und wo es einen Ueberfluß an Lebensmitteln gibt, bedeutende Streitmassen aller Waffengattungen versammelt haben. So stehen zwischen Chotym und Kamenetz pedolski (Festung) 60,000 Mann, worunter 7000 Pferde, ohne die Bespannung für fünf Batterien, je zu 12 Piecen, wie sie die Russen haben, zu rechnen. Dienstag, den 26. September, am russischen Kreuzerhöhungsfeste, sind in das russische Gränzstädtchen Radriwilon (bei Brody) 50,000 Russen, worunter 8000 Mann Cavallerie und 4 Batterien mit 48 Geschützen sammt completter Bespannung und zahlreichen Fuhrwerken eingerückt, haben neben der Stadt zum Theil ein Lager bezogen und weil es Vormittag war, der Feldmesse beigewohnt, wobei die zahlreichen Sängerchöre recht deutlich aus der Ferne zu vernehmen waren. Denselben Nachmittag kamen mehrere Stabsoffiziere nach Brody und sprachen sich ganz deutlich aus, daß sie, falls es in Italien zu Gunsten der alt-östreichischen Territorialgränze nicht zum Frieden käme, zur theilweisen Besetzung Galliziens und zum Marsche nach Italien als Oestreichs Alliirte bestimmt. Dies habe ich selbst vernommen, da ich gerade in Brody Geschäfte hatte. Reisende aus dem Fürstenthume Moldau berichten, daß über den beßarabischen Gränzort Skulieny am Pruth zahlreiche russische Heersäulen, worunter sehr viel irreguläre Reiterei, als Kosaken, Tscherkessen, Kalmucken und Baschkiren, sich nach dem Innern der Moldau bewegen, und über Jassy, Iwanestie, Ketreni und Pantscha den Weg nach Fokschan in der Wallachei einschlagen; es soll unter ihnen sehr strenge Mannszucht herrschen und Alles wird gleich mit klingender Münze bezahlt.
Italien. * Die Reforme vom 17. Okt. gibt mit folgenden Worten ihre neuesten Nachrichten aus Italien: Wir hatten es vorher gesehen. Die Wiener Ereignisse bringen Italien zum zittern. Die Explosion wird vor sich gehen. Das Folgende ist ein Auszug aus einem Briefe der Madame von Belgiojioso, den sie diesen Morgen aus Turin erhielt: „In dem Augenblick, wo ich Ihnen schreibe, ist die Lombardei in vollständiger Agitation. Die Kroaten und die Ungarn gerathen aneinander. In Mailand sind die Truppen in ihre Kasernen consignirt. Man schreibt mir heute, daß morgen wahrscheinlich die Post von Mailand nicht mehr abgehen können wird. Wir Emigrirten, die wir eine Insurrektions-Association bildeten, werden nicht zögern abzureisen…“ Dieser Brief ist von Turin datirt vom 12. Oktbr.
Wir wissen aus sicherer Quelle, daß Karl Albert und seine Regierung bei dieser Agitation nicht interessirt sind, und daß es nur die republikanische Partei ist, welche die Insurrektion vorbereitete und die sie dirigiren wird. Lasse sich Karl Albert daher nicht einfallen, die jetzt beginnende Revolution noch einmal forteskamotiren zu wollen! ‒ Die Nachrichten, die wir durch die Zeitungen von Turin, Genua und Modena erhalten, zeugen von großer Bewegung. In Turin, bei einer Revue, die Karl Albert am 11. Okt. abhielt, riefen Volk und Soldaten: Es lebe Italien! Krieg! Krieg! Am 10. Okt. in Genua ließen die Soldaten des Regiments Regina die Stadt von dem Schrei wiedertönen: Es lebe Italien! Es leben die Genuesen! Es lebe Garibaldi! In Modena zog man am 6. mit der rothen Fahne herum und schrie: Es lebe die Republik! Tod dem Herzog!
Französische Republik. Paris, 17. Okt. Marrast und seine Partei, liegen zu Boden ‒ hörte man schon gestern Abend ausrufen und man war auf den „National“ sehr gespannt. Er ist erschienen und ‒ er kriecht folgendermaßen zu Kreuze:
„Wir haben stets gedacht ‒ sagt er ‒ „daß, sei erst die erste Aufwallung vorüber, das natürliche Gleichgewicht wieder Platz greifen werde. Diejenigen (soll heißen, wir die Nationalpartei), welche unter der Monarchie, nicht ohne Ehre und Ruhm die Rolle durchführten, die Republik vorausgesehen, gewünscht und vorbereitet zu haben, machen auf keine andere Ehre, auf keinen andern Ruhm Anspruch, als der Republik zu dienen und zwar auf der Stufe, so niedrig sie auch sei, die ihnen die öffentliche Meinung anweist. Sie sind die Ersten, selbst die gefürchtetsten Mitbewerber (Thiers, Molé etc.) rücksichtlich ihres Talents, ihrer Aufrichtigkeit und ihrer Aufklärung, unter die republikanische Fahne zu rufen, denn sie haben mehr ihren Grundsatz als ihre Personen im Auge. Urheber der Revolution, beanspruchen sie keineswegs ihr Monopol. Die Aussöhnung liegt also nicht nur in unserem Wunsch, sondern in der Nothwendigkeit selbst.“
‒ Die sozialistisch-kommunistische Partei, mit Ledru-Rollin und Proudhon an ihrer Spitze, nimmt das gestrige Votum keineswegs so gelassen auf wie der National, sondern sie entwickelt eine ungeheure Thätigkeit, um den Sturz der weißen Republik vollends zu beschleunigen. In Paris, Lyon, Dijon, Macon, Nimes und einer Menge anderer Städte bereiten sich Monsterbankette vor, in denen auf die rothe Republik gegessen, gesungen und getrunken (das ist nach dem neuen Klubgesetze unerläßlich) aber noch mehr gesprochen wird. Wohin wird das Alles führen? ‒ seufzt die besitzende Klasse und vergräbt ihre Thaler.
‒ Heute Nachmittags 2 Uhr findet an der Barriere Passonniere ein sozialistisch-kommunistisches Bankett von Zweitausend Gedecken statt. Ledru-Rollin, Proudhon und Lamenais führen den Vorsitz.
‒ Die Seine-Assisen haben ihre Sitzung eröffnet. Am 24. wird der Proudhonsche Representant du Peuple und am 26. der Lamenaissche Peuple constituant von ihnen gerichtet und hoffentlich freigesprochen.
‒ Diesen Morgen verbreitete sich im Operngange das Gerücht, mehrere sardinische Korps hätten den Ticinofluß überschritten und die Feindseligkeiten gegen Radetzki begonnen.
‒ Im Ministerium des Auswärtigen sind einige sehr ernste Klagen gegen die Härte der russischen Gränzämter eingelaufen. Französische Bürger, die in Geschäften oder zum Vergnügen reisten, haben sich über die Unverschämtheiten und Maßregeln beschwert, die ihnen, obwohl mit geregelten Pässen versehen, an den russischen Gränzen widerfuhren. Es scheint, daß die Pässe jetzt keine außerordentliche Ermächtigungsformel von den hiesigen russ. Geschäftskonsuln tragen sollen; ein bloßes Visum ist nicht mehr hinreichend, General Leflô thäte gut, seine günstige Aufnahme beim Kaiser Nikolaus zu baldiger Abhülfe dieses Paßunfugs zu benützen.
‒ Aus dem Meurthedepartement haben die Bauern bei der Nationalversammlung petitionirt, ihnen Kreditinstitute zu eröffnen, bei denen sie gegen 3 1/2 pCt. Gelder entlehnen können, um nicht länger gezwungen zu sein, in die Krallen der Wucherer zu fallen.
‒ Im Theater francais gab es gestern eine kleine Emeute. Die Familie Felix, die dort seit der Rachel wie Pfarrenkraut wuchert, hat sich gegen den neuen Kommissarius Sereste, den Senard auf Blancs Antrag an Lakroys Stelle setzte, empört und der große Koulissenkampf hat mit dem Rückzuge des Fräulein Rachel (dessen neuester Ehemann der Sohn des Generals Bertrand ist) geendet. Rachel wird nach Petersburg wandern; eine furchtbare Verschwörung ist unter allen Löwen und Löwinnen des Boulevard du Gand gegen diese Strenge der Kommissarien der Republik ihrem Ausbruche nahe.
‒ National-Versammlung. Sitzung vom 17. Okt. Anfang 12 ein halb Uhr. Präsident Marrast.
An der Tagesordnung ist die Verfassungsdebatte, die bis zum Artikel von der richterlichen Gewalt, Artikel 82 inbegriffen, vorgerückt war.
Art. 83 lautet: „Die Richter des Kassationstribunals werden von der Nationalversammlung in geheimer Abstimmung durch absolutes Stimmen-mehr ernannt.“
Hierbei ist zu bemerken, daß ein großer Theil der Versammlung darauf hinarbeitet, dem Präsidenten der Republik, als Chef des Staates, so wenig Ernennungen als möglich zu überlassen, um dem Favoritismus vorzubeugen und die Bureaukratie zu untergraben.
Laporte beantragt: „die Glieder des Oberrechnungshofes können ohne Genehmigung des Staatsrathes weder ernannt, noch zu höheren Graden befördert werden.“
Stourm, Barroche, Etienne und Lacrosse unterstützen, theils bekämpfen sie ihn, weil man die Nationalversammlung nicht zu sehr mit Ernennungen überlassen müsse. Aus dem konstituirenden Körper könnte sonst ein politischer werden.
Der Antrag wird verworfen.
Artikel 83 angenommen.
Art. 84. „Die Beamten der Staatsanwaltschaft sind vom Präsidenten der Republik zu ernennen.“
Boussi schlägt den Zusatz vor: „und nach Gutbefinden absetzbar.“
Tranchard macht ebenfalls einen beschränkenden Zusatz.
Dupin und Cremieux bekämpfen diese Zusätze. Sie fänden ihren Platz bei der Berathung der organischen Gesetze.
Die Zusätze fallen durch.
Art. 84 wird angenommen.
Die Verfassungsdebatte wird hier eine Weile durch eine Wahlprüfung unterbrochen.
Charamaule stattet Bericht über die Wahl Bissette's auf der Insel Martinique ab. Zum ersten Male waren hier die Negersklaven berufen, ihr Stimmrecht auszuüben! Die Details sind überaus interessant; doch zu weitläufig, um sie hier mitzutheilen. Die Beschwerdepunkte gegen diese Wahl laufen vorzüglich darauf hinaus, daß viele Weiße nicht in die Wahlkommission zugelassen und einige Unterschleife verübt wurden. In Rücksicht auf das eigene Entlassungsgesuch Bissette's beantragt der Ausschuß Annulation.
Base, vorzüglich aber Bory Papy, einer der Vertreter Martinique's, bekämpft die Annulirung; eine abermalige Wahl würde die ganze Kolonie in Aufregung versetzen, kein Mensch wisse von den Protestationen auf der Insel etwas, er habe sie erst bei seiner Ankunft in Frankreich erfahren, es seien offenbar Partei-Kniffe im Spiele.
Hier unterbricht ihn die Ungeduld der Rechten und ein kleines Gefecht entspinnt sich zwischen Flocon, Vavasters, Deslongrais und dem Präsidenten über den Schluß der Debatte über die Wahlprüfung. Endlich wird entschieden, daß man den Landsmann des Angefochtenen noch weiter sprechen lasse.
Bory Papy besteigt von Neuem die Bühne und da sein Vortrag lebhaft und sein Negerkopf mit dem rollenden weißen Auge und den lebhaften Gebehrden sich ganz originell ausnimmt, so wird er aufmerksam angehört und erntet sogar Beifall, als er die Liebe Martinique's zur Republik betheuert.
Bissette's Wahl wird annulirt und zwar wegen incapacité personelle, so sehr ihn auch sein Landsmann Bory Papy vertheidigt. Diese persönliche Unfähigkeit soll ihren Grund in einer kriminalgerichtlichen Verurtheilung haben. Man sagt, Bissette sei gebrandmarkt. Wir bemerken dies, um die Moralität dieses Votums hervorzuheben. Die Nationalversammlung will keinen Galeerensträfling in ihrer Mitte.
Die übrigen Repräsentanten aus Martinique werden zugelassen.
Marie, Justizminister, legt den Gesetzentwurf vor, der das französische Justizwesen organisirt. Wir werden später auf diesen Contre-Entwurf zurückkommen.
Wird nicht, wie beantragt, an den Justizausschuß, sondern an die Abtheilung gewiesen.
Mehrere Gutachten über andere Gegenstände, Agrikultur u. s. w. werden vorgelegt.
Die Versammlung kehrt zur Verfassungsdebatte zurück.
Artikel 85, von Ernennung der Richter, der Obergerichts- und Oberrechnungshöfe auf Lebenszeit handelnd, wird lange besprochen, dann angenommen.
Artikel 87, 88, 89 und 90, von den Verwaltungstribunalen handelnd, werden unterdrückt, weil das ganze sechste Kapitel bekanntlich weggefallen ist und der Berathung der organischen Gesetze vorbehalten bleibt.
Artikel 91 setzt eine Art Schiedsrichteramt aus den höchsten richterlichen und administrativen Beamten unter dem Vorsitze des Justizministers ein, um die Konflikte zwischen den Behörden zu schlichten etc. Wird nach einem Vortrage Dupins angenommen und um 6 Uhr die Sitzung aufgehoben.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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