Neue Rheinische Zeitung. Nr. 118. Köln, 16. Oktober 1848.Reichstag den Ungarn die Ueberschreitung der Gränze durch dieselben billigen und verlangen wird oder nicht. Dagegen heißt es in der Stadt, daß die Ungarn bei Wieselburg die Gränze schon überschritten haben; andere glaubwürdige Nachrichten melden, daß in Pesth eine Anzahl Dampfböte armirt werden und zum Theil schon auf dem Wege hierher begriffen sind. Der Reichstag, um sich in der so schwierigen Lage sicher zu stellen, hat eine allgemeine Bewaffnung des Volkes beschlossen und damit den Gemeinderath beauftragt. Zu gleicher Zeit sind Studenten aufs Land geeilt, und hat das demokratische Centralkomite durch Boten und Plakate den Landsturm herbeigerufen; mit welchem Erfolg, ist noch ungewiß. Die neuesten Nachrichten vom Kaiser sind, daß er gestern Mittag 12 Uhr von Sieghartkirchen in Krems jenseits der Donau eintraf. Die Bewohner von Stein wollten durch Abbruch einer Brücke seine Reife hemmen, wurden aber durch die Kremser Nationalgarde daran verhindert. Etwa 4-5000 Mann mit 8 Kanonen deckten die Reiseroute, und man will einige böhmische (czechische) Deputirte in der Umgebung des Kaisers gesehen haben. Der Kaiser hat, so heißt es, die Route nach Prag eingeschlagen. * Wien, 11. Oktbr. Wir tragen den Berichten unseres Korrespondenten den Bericht des "Wiener Privattelegraphen" nach: Gestern Abends kriegerische Bewegung in der Stadt; Allarmschlag, Sturmgeläute. Gallopins melden, daß die Kroaten von Meidling gegen Mariahilf ziehen und bereits mit den Garden handgemein geworden; Alles fliegt auf seine Posten, mit dem Wunsche sich schlagen zu können, mit den räuberischen Horden, die der Freiheit und dem Eigenthum drohen. Zwei ungarische Reichstagsdeputirte, der ungarischen Armee unter Messaros beigegeben, erscheinen in dem Studentencomite mit der Meldung, daß 30,000 Magyaren - reguläre Truppen - den Wienern zu Hülfe kommen würden, daß diese sich nur 2 Mal 24 Stunden halten müßten und daß nur Ermattung der Truppen ihr Eintreffen bis jetzt verhindert hätte. Um 11 Uhr gerathen eine Patrouille Mariahilfer Nationalgarde und eine Patrouille Nassau aneinander; die militärische wird arg mitgenommen. Der ephemere Ministerpräsident Reszey wurde aufgehoben und auf die Universität gebracht, wo er vorläufig in Verwahrsam bleibt. Mehrere von der Legion, die von Auersperg als Gefangene zurückgehalten werden, dürfen auf ihr verpfändetes Ehrenwort, zurückzukehren, auf kurze Zeit das Lager verlassen. Das Studentencomite erläßt noch in der Nacht einen Aufruf an die Landleute, welcher sie auffordert, nach Kräften die Stadt mit Lebensmitteln zu versehen. Der Gemeinde-Ausschuß hat ringsumher Kommissionen gesendet, welche den Landsturm in der Art zu organisiren haben, daß er bei einem Angriff auf die Stadt, den feindlichen Truppen in den Rücken falle. In Mariahilf wurde ein Depot mit Munition, bestehend aus Kartätschen und Sensen, entdeckt und der ganze Vorrath von der Nationalgarde genommen. - 800 Brünner Nationalgarden kommen. Abendsitzung des Reichstages. Die Deputation an Auersperg kehrt nach 3 Stunden langem Warten, während dem die Berathung der Generäle stattgefunden, zurück und berichtet, daß Auersperg seine Stellung zu ändern auch diesmal geweigert, weil ihm in den getrennten Kasernen die Sicherheit des Militärs gefährdet erscheine und daß er auf die Frage der Deputirten, wodurch er von seinem Beschlusse abzubringen wäre, geantwortet habe: Durch Entwaffnung des Proletariats und der unberechneten Nationalgarde und durch Beschränkung der zügellosen Presse gegen das Militär; daß ferner der kommandirende General vor einem Angriff auf sein Lager gewarnt, indem 40,000 Männer kaum genügen würden mit Erfolg gegen ihn zu kämpfen. - Die zweite Deputation an Jelachich, Prato und Bilinski berichtet, daß der Ban auf ihre Anfragen und Aufforderungen geantwortet habe, er handle als Diener des Staates und werde immer zur Aufrechthaltung der Monarchie für die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und zur Unterdrückung der Anarchie das Seinige thun. Bilimeki antwortete ihm: wenn Sie zum Aeußersten schreiten, so schreiten auch wir zum Aeußersten. Der Reichstag verordnete, daß das Zeughaus geöffnet und Alles in der Stadt bewaffnet werde. In der heutigen Reichstagssitzung berichtet der Referent der genannten Sicherheitskommission, daß Nationalgarden aus Ollmütz zu erwarten sind, daß er nach Steiermark telegraphirt, um Hülfe aufzubieten, daß der Abgeordnete Löhner von Brünn telegraphirt, daß er den Kaiser noch nicht aufgefunden habe und ihn sofort weiter suchen werde. Er lies't ein Schreiben vom Minister Hornbostel, welcher dem Reichstag anzeigt, daß er seine Demission beim Kaiser eingereicht, weil er nicht dasjenige Vertrauen zu besitzen glauben könne, das nothwendig ist, um die Verantwortung eines Ministers länger zu behalten. - Der Referent liest zugleich die der Kommission zugekommene Abschrift der Demissiooseingabe in ihrer Fassung; als Grund dieser Abdikation ist die Zurückweisung der dringenden Aufforderung des Ministers, den Ban Jellachich unter das österreichische Ministerium zu stellen von Seiten des Kaisers. Zur Zeit, da dieser Brief des Ministers geschrieben ist, war die Demission vom Kaiser noch nicht angekommen. - Der Referent liest den Antrag der Kommission, aus jedem Gouvernement zur Deputation an den Kaiser zu wählen, welche dirsem die Sachlage und Verhältnisse treu und genau zu schildern habe. Der Antrag wird angenommen und zur Wahl geschritten. - Referent berichtet, daß die Kommission dem Oberkommandanten der Nationalgarde den Auftrag gegeben, einen Generalstab um sich zusammenzusetzen. - Soeben wird ein Plakat vom Reichstag veröffentlicht, in welcher dieser die Zumuthung, als betrachte er die Intervention der Magyaren für eine Gebietsverletzung, ablehnt. - Die hier anwesenden Polen sind im Begriffe, sich zu einer besonderen Legion zu bilden. - 80 Kroaten, in Herrenals gefangen genommen, werden soeben hereingebracht. Wien. Wir tragen noch folgende am 9. Und 10. Oktober erlassene Proklamationen nach: An die Bewohner Wiens. Mitbürger! Verschiedene aufregende Gerüchte durchirren die Stadt, erhitzen die Gemüther, und erfüllen die Bewohner mit einer Aengstlichkeit und Bangigkeit, die mit der besonnenen männlichen Haltung, mit dem taktvollen Benehmen, wodurch die Bewohner Wiens sich bisher auszeichneten, im Widerspruche steht. Man befürchtet Ueberfälle, übertreibt jedes Ereigniß, und vergrößert auf diese Weise eine Gefahr, die vor der Hand nur als Wahrscheinlichkeit erscheint. Sicherer uno offizieller Nachricht zu Folge, die der Reichstagsausschuß gestern Abends erhalten hat, ist Baron Jellachich mit beiläufig 2000 Mann gemischter Truppen, welche ganz ermattet und nicht im besten Zustande waren, in Schwadorf angekommen. Der Reichstag wird mit derselben Sorgfalt, mit derselber Energie, wie bisher, auch fortan das Interesse der Gesammtmonarchie, des Thrones, so wie das der Stadt Wien wahren; der Ausschuß desselben hat im Einverständnisse mit dem Ministerium das Oberkommando der Nationalgarde beauftragt, alle Mittel zur Vertheidigung bei etwaigem Angriffe in Bereitschaft zu halten. Bewohner Wiens! Im Namen des Vaterlandes, der Freiheit, und Eures eigenen Wohles beschwören wir Euch, nicht leichtgläubig auf die vielfältigen lügenhaften Gerüchte zu hören, sondern der eigenen erprobten Kraft und den get offen Maßregeln zu vertrauen. Wien, am 9. Oktober 1848. Vom konstituirenden Reichstage. Smolka, erster Vicepräsident. Car. Wiser, Schriftführer. An die Bevölkerung Wiens. Nach einem von dem Comite des hohen Reichstags zur Erhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit genehmigten Beschlusse des Verwaltungsrathes der gesammten Nationalgarde soll die Beerdigung der in den Spitälern liegenden Leichen der am 6. Und 7. Oktober Gefallenen, Dienstag den 10. Oktober 1848, Nachmittags um 3 Uhr, in Begleitung von sechs Compagnien aus allen Waffengattungen der Bürgerwehr stattfinden. Der Leichenzug wird sich von dem allgemeinen Krankenhause in aller Stille nach dem Schmelzer Friedhofe bewegen. Um keinen Anlaß zur Beunruhigung des Publikums zu geben, werden die bei ähnlichen Leichenbegängnissen üblichen Salven unterbleiben. Dagegen soll nachträglich bei geeigneter Zeit eine solenne Leichenfeier abgehalten werden. Wien den 10. Oktober 1848. Vom Verwaltungsrathe der Nationalgarde Wiens. An die hohe Reichsversammlung. Wir Männer des Vereins der Deutschen in Oesterreich legen hiermit einen feierlichen Protest gegen die Ueberschreitung der deutschen Reichsgränze durch irreguläre Croatenbanden unter Führung des Banus beim hohen Reichstage ein. Entschlossen, das deutsche Reichsgebiet gegen solche Verletzung auf dem Rechtsboden zu schützen und diesen Angriff auch mit gewaffneter Hand zurückzuweisen, wenn der feindlich eingedrungene Ban seine Partetgängerschaar nicht augenblicklich vom deutschen Reichsgebiet zurückzieht; erklären wir ferner hier im Namen unsers tagenden Centralvereines und auf Grundlage eingeräumter Vollmacht im Namen der 120 mit uns verbundenen deutsch. Vereine in Oesterreich, daß wir beim Reichsweser Deutschlands und bei der Nationalversammlung in Frankfurt gegen den feindlichen Einfall des Banus von Croatien Baron Jellachich denselben Protest eingelegt haben. Im Namen des Vereines der Deutschen in Oesterreich. Der Ausschuß: Dr. Schrötter. Dr. Kuh. Ernst Hauz. Dr. Sutten. Dr. Schopf. Dr. Wolf. Schaffer. Würth. 61 Wien, 12. Oktober. Es ist mir unmöglich, Ihnen heute ausführlichen Bericht über die Reichstagssitzungen vom 11. und 12. zukommen lassen. Ich bin zu sehr in diese Bewegung aktiv verwickelt, um ruhig referiren zu können. Ich werde Ihnen die ausführlichen Berichte nachschicken. Nur so viel: Held Jellachich, unser "lieber Ban", reißt vor den nachziehenden Ungarn aus,Auersperg ist, wie Schuselka berichtet, aus seiner festen Position abmarschirt und soll abgedankt haben. Die kroatischen Truppen brechen ihr Lager ab. Die Ungarn stehen bei Bruck, gegen 30,000 Mann stark, und werden, sobald es von Wien aus verlangt wird, die österreichische Gränze überschreiten. Von allen Seiten strömen Nationalgarden zur Hülfe herbei. Ein wirkliches tragi-komisches Zwischenspiel bildet die Hetzjagd unserer Reichstagsdeputation auf den Kaiser. Sie reis't ihm beständig nach, und wenn sie ihn an einem Punkte erwischt, wird sie nicht vorgelassen. Wie lange wird die deutsche Langmuth noch ausdauern? * Prag, 11. Okt. Unter diesem Datum bringen die konst. Blätter aus Böhmen die unten nachfolgende Mittheilungen. Sie ist offenbar von Strobach selbst abgefaßt, der seine feige Flucht aus Wien und sein konspiratorisches Einverständniß mit Jellachich natürlich zu beschönigen und zu motiviren suchen muß. Reichstagspräsident Dr. Strobach, und mit ihm die AbgeordnetenDr. Cejka und Hawelka, sind heute Morgens wohlerhalten hier angekommen. Ihre Reise war über Linz und Budweis gegangen. - Schon am 13. Sept. hatte bekanntlich Strobach sich dagegen ausgesprochen, die exekutive Gewalt dem Ministerium zu entziehen und dieselbe dem legislativen Reichstag zu übertragen - und aus demselben Grunde weigerte er sich auch am 6. Okt., als der Aufstand in Wien losbrach, die Reichstagssitzung zu eröffnen. Nur dadurch, daß dem Ministerium volle unbeschränkte Executivgewalt verbleibe, könne der Anarchie vorgebeugt, die Schreckensherrschaft darniedergehalten werden. - Strobach begab sich ins Kriegsministerialgebäude, wo ein Ministerrath gehalten werden sollte, doch mußte er gar bald, weil bewaffnete Massen heranstürmten, sich von da durch unbekannte Gänge und den Pferdestall flüchten. Er eilte in den Reichstagssaal. Auf dem Wege wurde er mehrmal angehalten, und nur dadurch, daß er sich soviel als möglich unkenntlich machte, entging er dem angedrohten Schicksale der Schwarzgelben. Um 1/2 5 Uhr sollte auf Verlangen vieler Mitglieder die Sitzung eröffnet werden. Es waren nur etwa 120 Deputirte anwesend, und Strobach erklärte, da die genügende Zahl der Abgeordneten fehle, die Sitzung nicht eröffnen zu können. Es entstand ein gewaltiger Lärm gegen diese seine Weigerung, worauf er ersucht, einer der Herren Vicepräsidenten möge, wenn es ihnen zukömmlich erscheint, dem Wunsche nach Eröffnung entsprechen, seiner Ueberzeugung widerspreche dieselbe und er trete demnach zurück. Vordem schon hatte ihn der Abgeordnete Hawelka gewarnt, nicht den Reichstagssaal zu betreten, oder sich unter die Menge zu begeben, da er auf den Barrikaden und von den tobenden Haufen vielseitig den Ruf vernommen habe: Strobach und die Minister müssen hängen. Trotzdem war Strobach in den Reichstag gekommen. Da erschien der Abgeordnete Borrosch mit einer weißen Fahne, und ungeheurer Jubel empfing ihn. Während des Tumultes entfernte sich Strobach unbemerkt, Hawelka folgte ihm, sie bestiegen einen Fiaker und fuhren gegen Baden. In der Nacht kamen sie in Böslau an, wo Strobach bei einem seiner hier lebenden Verwandten Unterkunft fand. Doch erklärten ihm seine Freunde, daß er hier durchaus nicht sicher sei, die Flüchtlinge begaben sich deshalb am Morgen in die naheliegenden Berge und hielten sich hier den ganzen Tag in den Wäldern verborgen. Des andern Tages schickten sie einen Boten nach Wien, um Nachrichten über den Stand der Dinge zu vernehmen. Dr. Cejka kam mit der Antwort zu ihnen, und als Strobach von den Vorgängen in Wien und im Reichstage hörte, daß das Ministerium gesprengt, und der Reichstag als exekutive Behörde sich permanent erklärt habe, er also seiner Ueberzeugung nach nicht mehr präsidiren konnte, faßte er den Entschluß, sich nach seiner Heimat zu begeben. Unter fingirten Pässen reisten die flüchtigen Abgeordneten gegen Linz, Strobach als kranker pensionirter Oberlieutenant, Cejka als dessen Arzt und Hawelka als ihr Bediente. - Vorgestern Abends kamen sie in Budweis an, wo sie Nachtlager hielten, und von den Civil- und Militärbehörden, als diese die Ankunft des Reichstagspräsidenten vernommen hatten, ehrenvoll und freudig begrüßt wurden. Gestern und heute wurden mehre Wiener Studenten, die hieher gekommen sein sollen, in unserer Aula zu agitiren, verhaftet. Das Nähere ist uns noch unbekannt. - Mit dem gestrigen Nachmittags-oder eigentlich Abendtrain, da er erst um 1/2 9 Uhr ankam,, langten auch zwei von jenen Deputirten hier an, die unser Stadtverordneten-Kollegium im Verein mit der Slowanska lipac und dem Studentenausschusse nach Wien gesandt hat, um über den Gang der dortigen Ereignisse zu berichten. Sie bestätigten alle bisher auf anderem Wege schon bekannt gewordenen Vorfälle, und brachten zugleich die Neuigkeit, daß in der um 7 Uhr Abends anberaumten Reichstagssitzung am 9. Jellachich als Landesverräther erklärt werden sollte. Doch waren bis zur Abreise der Berichterstatter um 1/2 7 Uhr nur erst 11 Abgeordnete (1 von der Rechten, 2 aus dem Centrum und 8 von der Linken) erschienen. Die Alarmtrommel ertönte, - und die Sitzung mag wohl nicht zu Stande gekommen sein. Prag. Kundmachung. Nach einer um 10 Uhr hier eingelangten Nachricht des Telegraphenamtes von Wien an Prag ist der F. M. L. Baron Jellachich gestern Abend mit einer bedeutenden Heeresmacht bei Wien angekommen. In der Stadt stiegen viele Signalraketen unter Sturmgeläute in die Höhe. Zwischen den Vorposten wurden einige Schüsse gewechselt. Vom k. k. böhm. Landes-Präsidium. Prag, am 11. Oktober 1848. Mecsery,k. k. Gubernial-Vice-Präsident. Prag, 11. Okt. Der Abgeordnete Hawljcek fordert in den heutigen Narodni Nowiny die Wähler des Abgeordneten Borrosch auf, diesen durch ein energisch ausgesprochenes Mißtrauensvotum zum Abdanken zu zwingen, und wie es daselbst heißt, einem um Böhmens Wohl besorgten Manne seinen Platz zu räumen. Wir glauben jedoch nicht, daß Borrosch in dem gegenwärtigen Zeitpunkte sich bewegen lassen wird, sein Mandat niederzulegen. - Aus zuverlässigen (?) mündlichen Mittheilungen erfahren wir, daß die Armee Jellachich's bei Schwechat 34,000 Mann stark ist, worunter 7000 Mann Serezaner. Auersperg hält die ganze Linie vom Schwarzenberg'schen Palais bis zum Gloggnitzer Bahnhof besetzt und ist in dieser Stellung fest verschanzt. Sein Korps, etwa 10,000 Mann stark, hat 45 Geschütze, das in Mähren sich koncentrirende Heer ist zur Cernirung Wiens bestimmt. (C. Bl. a. B.)Prag. Wir gefertigten Reichstagsdeputirten ersuchen unsere parlamentarischen Meinnungsgenossen aller im Reichstage vertretenen östreichischen Länder zu einer Besprechung über die zur Sicherung der parlamentarischen Verhandlungsfreiheit und der ungefährdeten Existenz des konstituirenden Reichstags im Interesse der Gesammtmonarchie zu treffenden Maßregeln sich am 20. Oktober d. J. zu Brünn in Mähren zuverlässig einzufinden. Prag, am 10. Oktober 1948. Pelacky. Rieger. Pinkas. Tyl. Stanek. Hamernik. Kral. Kratochwil. Nebesky. R. Hawlicek. Kaubek. Sediwy. Stiebitz. Schönhansl. Wocel. Pulpan. Weznicky. Jelen. Reichert. Dr. Brauner. (C. Bl. a. B)Frankfurt, 14. Okt. Heute Nachmittag hielt der Ausschuß der Dreißig, welcher zur Prüfung der etwa nöthigen Verfassungsänderungen erwählt worden war, seine letzte Sitzung, da sein Antrag auf Berufung einer konstituirenden Versammlung demnächst zur Abstimmung der Bürgerschaft gelangen wird, nachdem Senat und gesetzgebende Versammlung sich damit einverstanden erklärt haben. Bei dieser Gelegenheit stellte Herr Dr. Jucho den Antrag einer Bittschrift an die Reichsversammlung wegen Aufhebung des Belagerungszustandes, indem er zwar anerkannte, daß die Verfügung desselben am 19. September nöthig gewesen sei, auch daß die Reichsversammlung in ihren Beschlüssen hierüber vom allgemeinen Gesichtspunkte geleitet werden müsse, indessen hervorhob, daß sich die Umstände wieder verändert hätten und daß immerhin die Berathungen und Versammlungen der Bürgerschaft in der Verfassungs-Angelegenheit dadurch gehemmt würden. Andererseits wurde bemerkt, daß die speziellen Angelegenheiten von Frankfurt die deutsche Reichsversammlung in ihren Beschlüssen über allgemeine wichtige Gegenstände nicht bestimmen könnten, noch dürften, auch der Belagerungszustand der Entwickelung der Verfassungs-Angelegenheit wenig Eintrag thun werde. Der Antrag des Hrn. Dr. Jucho wurde mit 14 gegen 12 Stimmen angenommen. (Fr. J.) !!! Frankfurt, 13. Oktober. Tagesordnung. 1. Berathung der Anträge der Abgeordneten Schoder, v. Trützschler und Graf Wartensleben, die Art der ferneren Berathung der Grundrechte und des Verfassungsentwurfs betreffend. 2. Berathung über den vom Abgeordneten v. Trützschler, Namens des Prioritäts-und Petitionsausschusses erstatteten Bericht über mehrere an die Reichsversammlung gelangte Adressen. 3. Berathung über den vom Abgeordneten Scheller, Namens des Verfassungsausschusses erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Schober, die Ermäßigung der Civillisten betreffend: 4. Berathung über den vom Abgeordneten Dröge, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Bericht über die von den Vorstehern der Kaufmannschaft in Stettin, Stolp etc. eingegangenen Petitionen. 5. Berathung über den vom Abgeordneten v. Buttel, Namens des Prioritäts-und Petitions-Ausschusses erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Bresgen, die Stellung der Abgeordneten betreffend. 6. Berathung über den vom Abgeordneten Adams, Namens des Prioritäts-und Petitions-Ausschusses erstatteten Bericht über eingekommene Adressen, die Beschlüsse der Reichsversammlung betreffend. 7. Berathung über den Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung, die Abstimmung der Mitglieder betreffend. 8. Berathung über den vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts-und Petitionsausschusses erstatteten Bericht, wegen der Staatsschuld des ehemaligen Königreichs Westphalen. 9. Ersatzwahl in die Ausschüsse für Geschäftsordnung und die österreichisch-slavischen Fragen. Vor der Tagesordnung. Ruge schreibt an den Präsidenten, man möchte seinen Stellvertreter einberufen, weil er bis zum Januar 1849 verhindert sei, die Sitzungen zu besuchen. Präsident will dies als Austritt betrachten. Wiegard: Dies sei noch kein Austritt. Das Bureau müsse Herrn Ruge darauf aufmerksam machen, daß solch zeitweises Einberufen eines Stellvertreters unstatthaft. Schneer: Es müsse Herrn Ruge die Geschäftsordnung bekannt sein, die das Einberufen eines Stellvertreters auf Zeit nicht zuläßt. Die Versammlung genemigt (nach Antrag Wiegards) Hrn. Ruge noch so lange als Mitglied zu betrachten, bis seine Antwort auf das Anschreiben des Bureau angelangt ist. 3/4 der Versammlung genehmigten den Antrag. Der Petitionsausschuß beantragt: " Alle Petitionen und Eingaben, welche in den Geschäftskreis des Reichsministerii einschlagen, ohne weiteren Vortrag in der Versammlung dem Reichsministerium zu überweisen." Mit Ausnuhme der Linken wird der Antrag von der Versammlung genehmigt. Langerfeldt (Namens des Simon-Schlöffel-Zitz-Blum-Güntherschen Verhaftungsausschusses) zeigt an, daß der Bericht fertig ist. Der Antrag lautet auf Erlaubniß zur Fortführung der Untersuchung, aber Richtzulässigkeit der Verhaftung. Jetzt folgt ein Heer von Interpellationen. Vogt interpellirt wegen der Verhältnisse der Centralgewalt zur Schweiz. 1. Es sei eine Note an die Eidgenossenschaft übergeben worden, welche weit früher, als offiziell-möglich, in der Ober: Postamts-Zeitung gestanden. Wie dies möglich? 2. Welche Antwort das Reichsministerium auf die schweizerische Note ertheilt und ob dasselbe Schritte gethan, das gestörte Verhältniß zwischen Deutschland und der Schweiz wieder herzustellen? Ob ferner das Ministerium es künftighin unterlassen würde (Gelächter. Links: Ruhe!), dergleichen Noten zu erlassen, welche mit den Grundsätzen der Humanität nicht im Einklange stehen? (Lautes Bravo!) Wichmann (Assessor aus Preußen) interpellirt ebenso (d. h. gerade entgegengesetzt) über die Schweiz: 1. Ist das Ministerium gesonnen, Genugthuung zu fordern für die durch die schweizerische Note der Centralgewalt angethane Beleidigung. 2. Ob das Reichsministerium seine Note an die Schweiz aufrecht erhalten werde? (Gelächter.) Vogt (mit einer zweiten Interpellation) hat das Ministerium offizielle Nachrichten über die österreichischen Verhältnisse? Hat ferner das Ministerium Vorkehrungen getroffen, Wien in Belagerungszustand zu setzen u. s. w. (Lautes Bravo!) Wagner aus Oesterreich interpellirt, ob es wahr ist, daß das Reichsministerium Reichstruppen gegen Wien entsendet u. s. w. (Bravo!) Venedey interpellirt, wegen der Schweiz wie oben. Schultz aus Freiburg interpellirt, welche Maßregeln das Reichsministerium ergriffen zum Schutz der deutschen Interessen in der Moldau und Wallachei. (Vergnügte Aufregung. Bravo. Gelächter. Alles sieht auf Schmerling, dem dieser Berg von Interpellationen aufgebürdet wird) Wesendonk (Interpellation): 1. Ist es wahr, daß das Reichsministerium unterm 20. September der baierischen Regierung gegenüber erklärt, Reichstag den Ungarn die Ueberschreitung der Gränze durch dieselben billigen und verlangen wird oder nicht. Dagegen heißt es in der Stadt, daß die Ungarn bei Wieselburg die Gränze schon überschritten haben; andere glaubwürdige Nachrichten melden, daß in Pesth eine Anzahl Dampfböte armirt werden und zum Theil schon auf dem Wege hierher begriffen sind. Der Reichstag, um sich in der so schwierigen Lage sicher zu stellen, hat eine allgemeine Bewaffnung des Volkes beschlossen und damit den Gemeinderath beauftragt. Zu gleicher Zeit sind Studenten aufs Land geeilt, und hat das demokratische Centralkomite durch Boten und Plakate den Landsturm herbeigerufen; mit welchem Erfolg, ist noch ungewiß. Die neuesten Nachrichten vom Kaiser sind, daß er gestern Mittag 12 Uhr von Sieghartkirchen in Krems jenseits der Donau eintraf. Die Bewohner von Stein wollten durch Abbruch einer Brücke seine Reife hemmen, wurden aber durch die Kremser Nationalgarde daran verhindert. Etwa 4-5000 Mann mit 8 Kanonen deckten die Reiseroute, und man will einige böhmische (czechische) Deputirte in der Umgebung des Kaisers gesehen haben. Der Kaiser hat, so heißt es, die Route nach Prag eingeschlagen. * Wien, 11. Oktbr. Wir tragen den Berichten unseres Korrespondenten den Bericht des „Wiener Privattelegraphen“ nach: Gestern Abends kriegerische Bewegung in der Stadt; Allarmschlag, Sturmgeläute. Gallopins melden, daß die Kroaten von Meidling gegen Mariahilf ziehen und bereits mit den Garden handgemein geworden; Alles fliegt auf seine Posten, mit dem Wunsche sich schlagen zu können, mit den räuberischen Horden, die der Freiheit und dem Eigenthum drohen. Zwei ungarische Reichstagsdeputirte, der ungarischen Armee unter Messaros beigegeben, erscheinen in dem Studentencomite mit der Meldung, daß 30,000 Magyaren ‒ reguläre Truppen ‒ den Wienern zu Hülfe kommen würden, daß diese sich nur 2 Mal 24 Stunden halten müßten und daß nur Ermattung der Truppen ihr Eintreffen bis jetzt verhindert hätte. Um 11 Uhr gerathen eine Patrouille Mariahilfer Nationalgarde und eine Patrouille Nassau aneinander; die militärische wird arg mitgenommen. Der ephemere Ministerpräsident Reszey wurde aufgehoben und auf die Universität gebracht, wo er vorläufig in Verwahrsam bleibt. Mehrere von der Legion, die von Auersperg als Gefangene zurückgehalten werden, dürfen auf ihr verpfändetes Ehrenwort, zurückzukehren, auf kurze Zeit das Lager verlassen. Das Studentencomite erläßt noch in der Nacht einen Aufruf an die Landleute, welcher sie auffordert, nach Kräften die Stadt mit Lebensmitteln zu versehen. Der Gemeinde-Ausschuß hat ringsumher Kommissionen gesendet, welche den Landsturm in der Art zu organisiren haben, daß er bei einem Angriff auf die Stadt, den feindlichen Truppen in den Rücken falle. In Mariahilf wurde ein Depot mit Munition, bestehend aus Kartätschen und Sensen, entdeckt und der ganze Vorrath von der Nationalgarde genommen. ‒ 800 Brünner Nationalgarden kommen. Abendsitzung des Reichstages. Die Deputation an Auersperg kehrt nach 3 Stunden langem Warten, während dem die Berathung der Generäle stattgefunden, zurück und berichtet, daß Auersperg seine Stellung zu ändern auch diesmal geweigert, weil ihm in den getrennten Kasernen die Sicherheit des Militärs gefährdet erscheine und daß er auf die Frage der Deputirten, wodurch er von seinem Beschlusse abzubringen wäre, geantwortet habe: Durch Entwaffnung des Proletariats und der unberechneten Nationalgarde und durch Beschränkung der zügellosen Presse gegen das Militär; daß ferner der kommandirende General vor einem Angriff auf sein Lager gewarnt, indem 40,000 Männer kaum genügen würden mit Erfolg gegen ihn zu kämpfen. ‒ Die zweite Deputation an Jelachich, Prato und Bilinski berichtet, daß der Ban auf ihre Anfragen und Aufforderungen geantwortet habe, er handle als Diener des Staates und werde immer zur Aufrechthaltung der Monarchie für die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und zur Unterdrückung der Anarchie das Seinige thun. Bilimeki antwortete ihm: wenn Sie zum Aeußersten schreiten, so schreiten auch wir zum Aeußersten. Der Reichstag verordnete, daß das Zeughaus geöffnet und Alles in der Stadt bewaffnet werde. In der heutigen Reichstagssitzung berichtet der Referent der genannten Sicherheitskommission, daß Nationalgarden aus Ollmütz zu erwarten sind, daß er nach Steiermark telegraphirt, um Hülfe aufzubieten, daß der Abgeordnete Löhner von Brünn telegraphirt, daß er den Kaiser noch nicht aufgefunden habe und ihn sofort weiter suchen werde. Er lies't ein Schreiben vom Minister Hornbostel, welcher dem Reichstag anzeigt, daß er seine Demission beim Kaiser eingereicht, weil er nicht dasjenige Vertrauen zu besitzen glauben könne, das nothwendig ist, um die Verantwortung eines Ministers länger zu behalten. ‒ Der Referent liest zugleich die der Kommission zugekommene Abschrift der Demissiooseingabe in ihrer Fassung; als Grund dieser Abdikation ist die Zurückweisung der dringenden Aufforderung des Ministers, den Ban Jellachich unter das österreichische Ministerium zu stellen von Seiten des Kaisers. Zur Zeit, da dieser Brief des Ministers geschrieben ist, war die Demission vom Kaiser noch nicht angekommen. ‒ Der Referent liest den Antrag der Kommission, aus jedem Gouvernement zur Deputation an den Kaiser zu wählen, welche dirsem die Sachlage und Verhältnisse treu und genau zu schildern habe. Der Antrag wird angenommen und zur Wahl geschritten. ‒ Referent berichtet, daß die Kommission dem Oberkommandanten der Nationalgarde den Auftrag gegeben, einen Generalstab um sich zusammenzusetzen. ‒ Soeben wird ein Plakat vom Reichstag veröffentlicht, in welcher dieser die Zumuthung, als betrachte er die Intervention der Magyaren für eine Gebietsverletzung, ablehnt. ‒ Die hier anwesenden Polen sind im Begriffe, sich zu einer besonderen Legion zu bilden. ‒ 80 Kroaten, in Herrenals gefangen genommen, werden soeben hereingebracht. Wien. Wir tragen noch folgende am 9. Und 10. Oktober erlassene Proklamationen nach: An die Bewohner Wiens. Mitbürger! Verschiedene aufregende Gerüchte durchirren die Stadt, erhitzen die Gemüther, und erfüllen die Bewohner mit einer Aengstlichkeit und Bangigkeit, die mit der besonnenen männlichen Haltung, mit dem taktvollen Benehmen, wodurch die Bewohner Wiens sich bisher auszeichneten, im Widerspruche steht. Man befürchtet Ueberfälle, übertreibt jedes Ereigniß, und vergrößert auf diese Weise eine Gefahr, die vor der Hand nur als Wahrscheinlichkeit erscheint. Sicherer uno offizieller Nachricht zu Folge, die der Reichstagsausschuß gestern Abends erhalten hat, ist Baron Jellachich mit beiläufig 2000 Mann gemischter Truppen, welche ganz ermattet und nicht im besten Zustande waren, in Schwadorf angekommen. Der Reichstag wird mit derselben Sorgfalt, mit derselber Energie, wie bisher, auch fortan das Interesse der Gesammtmonarchie, des Thrones, so wie das der Stadt Wien wahren; der Ausschuß desselben hat im Einverständnisse mit dem Ministerium das Oberkommando der Nationalgarde beauftragt, alle Mittel zur Vertheidigung bei etwaigem Angriffe in Bereitschaft zu halten. Bewohner Wiens! Im Namen des Vaterlandes, der Freiheit, und Eures eigenen Wohles beschwören wir Euch, nicht leichtgläubig auf die vielfältigen lügenhaften Gerüchte zu hören, sondern der eigenen erprobten Kraft und den get offen Maßregeln zu vertrauen. Wien, am 9. Oktober 1848. Vom konstituirenden Reichstage. Smolka, erster Vicepräsident. Car. Wiser, Schriftführer. An die Bevölkerung Wiens. Nach einem von dem Comite des hohen Reichstags zur Erhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit genehmigten Beschlusse des Verwaltungsrathes der gesammten Nationalgarde soll die Beerdigung der in den Spitälern liegenden Leichen der am 6. Und 7. Oktober Gefallenen, Dienstag den 10. Oktober 1848, Nachmittags um 3 Uhr, in Begleitung von sechs Compagnien aus allen Waffengattungen der Bürgerwehr stattfinden. Der Leichenzug wird sich von dem allgemeinen Krankenhause in aller Stille nach dem Schmelzer Friedhofe bewegen. Um keinen Anlaß zur Beunruhigung des Publikums zu geben, werden die bei ähnlichen Leichenbegängnissen üblichen Salven unterbleiben. Dagegen soll nachträglich bei geeigneter Zeit eine solenne Leichenfeier abgehalten werden. Wien den 10. Oktober 1848. Vom Verwaltungsrathe der Nationalgarde Wiens. An die hohe Reichsversammlung. Wir Männer des Vereins der Deutschen in Oesterreich legen hiermit einen feierlichen Protest gegen die Ueberschreitung der deutschen Reichsgränze durch irreguläre Croatenbanden unter Führung des Banus beim hohen Reichstage ein. Entschlossen, das deutsche Reichsgebiet gegen solche Verletzung auf dem Rechtsboden zu schützen und diesen Angriff auch mit gewaffneter Hand zurückzuweisen, wenn der feindlich eingedrungene Ban seine Partetgängerschaar nicht augenblicklich vom deutschen Reichsgebiet zurückzieht; erklären wir ferner hier im Namen unsers tagenden Centralvereines und auf Grundlage eingeräumter Vollmacht im Namen der 120 mit uns verbundenen deutsch. Vereine in Oesterreich, daß wir beim Reichsweser Deutschlands und bei der Nationalversammlung in Frankfurt gegen den feindlichen Einfall des Banus von Croatien Baron Jellachich denselben Protest eingelegt haben. Im Namen des Vereines der Deutschen in Oesterreich. Der Ausschuß: Dr. Schrötter. Dr. Kuh. Ernst Hauz. Dr. Sutten. Dr. Schopf. Dr. Wolf. Schaffer. Würth. 61 Wien, 12. Oktober. Es ist mir unmöglich, Ihnen heute ausführlichen Bericht über die Reichstagssitzungen vom 11. und 12. zukommen lassen. Ich bin zu sehr in diese Bewegung aktiv verwickelt, um ruhig referiren zu können. Ich werde Ihnen die ausführlichen Berichte nachschicken. Nur so viel: Held Jellachich, unser „lieber Ban“, reißt vor den nachziehenden Ungarn aus,Auersperg ist, wie Schuselka berichtet, aus seiner festen Position abmarschirt und soll abgedankt haben. Die kroatischen Truppen brechen ihr Lager ab. Die Ungarn stehen bei Bruck, gegen 30,000 Mann stark, und werden, sobald es von Wien aus verlangt wird, die österreichische Gränze überschreiten. Von allen Seiten strömen Nationalgarden zur Hülfe herbei. Ein wirkliches tragi-komisches Zwischenspiel bildet die Hetzjagd unserer Reichstagsdeputation auf den Kaiser. Sie reis't ihm beständig nach, und wenn sie ihn an einem Punkte erwischt, wird sie nicht vorgelassen. Wie lange wird die deutsche Langmuth noch ausdauern? * Prag, 11. Okt. Unter diesem Datum bringen die konst. Blätter aus Böhmen die unten nachfolgende Mittheilungen. Sie ist offenbar von Strobach selbst abgefaßt, der seine feige Flucht aus Wien und sein konspiratorisches Einverständniß mit Jellachich natürlich zu beschönigen und zu motiviren suchen muß. Reichstagspräsident Dr. Strobach, und mit ihm die AbgeordnetenDr. Cejka und Hawelka, sind heute Morgens wohlerhalten hier angekommen. Ihre Reise war über Linz und Budweis gegangen. ‒ Schon am 13. Sept. hatte bekanntlich Strobach sich dagegen ausgesprochen, die exekutive Gewalt dem Ministerium zu entziehen und dieselbe dem legislativen Reichstag zu übertragen ‒ und aus demselben Grunde weigerte er sich auch am 6. Okt., als der Aufstand in Wien losbrach, die Reichstagssitzung zu eröffnen. Nur dadurch, daß dem Ministerium volle unbeschränkte Executivgewalt verbleibe, könne der Anarchie vorgebeugt, die Schreckensherrschaft darniedergehalten werden. ‒ Strobach begab sich ins Kriegsministerialgebäude, wo ein Ministerrath gehalten werden sollte, doch mußte er gar bald, weil bewaffnete Massen heranstürmten, sich von da durch unbekannte Gänge und den Pferdestall flüchten. Er eilte in den Reichstagssaal. Auf dem Wege wurde er mehrmal angehalten, und nur dadurch, daß er sich soviel als möglich unkenntlich machte, entging er dem angedrohten Schicksale der Schwarzgelben. Um 1/2 5 Uhr sollte auf Verlangen vieler Mitglieder die Sitzung eröffnet werden. Es waren nur etwa 120 Deputirte anwesend, und Strobach erklärte, da die genügende Zahl der Abgeordneten fehle, die Sitzung nicht eröffnen zu können. Es entstand ein gewaltiger Lärm gegen diese seine Weigerung, worauf er ersucht, einer der Herren Vicepräsidenten möge, wenn es ihnen zukömmlich erscheint, dem Wunsche nach Eröffnung entsprechen, seiner Ueberzeugung widerspreche dieselbe und er trete demnach zurück. Vordem schon hatte ihn der Abgeordnete Hawelka gewarnt, nicht den Reichstagssaal zu betreten, oder sich unter die Menge zu begeben, da er auf den Barrikaden und von den tobenden Haufen vielseitig den Ruf vernommen habe: Strobach und die Minister müssen hängen. Trotzdem war Strobach in den Reichstag gekommen. Da erschien der Abgeordnete Borrosch mit einer weißen Fahne, und ungeheurer Jubel empfing ihn. Während des Tumultes entfernte sich Strobach unbemerkt, Hawelka folgte ihm, sie bestiegen einen Fiaker und fuhren gegen Baden. In der Nacht kamen sie in Böslau an, wo Strobach bei einem seiner hier lebenden Verwandten Unterkunft fand. Doch erklärten ihm seine Freunde, daß er hier durchaus nicht sicher sei, die Flüchtlinge begaben sich deshalb am Morgen in die naheliegenden Berge und hielten sich hier den ganzen Tag in den Wäldern verborgen. Des andern Tages schickten sie einen Boten nach Wien, um Nachrichten über den Stand der Dinge zu vernehmen. Dr. Cejka kam mit der Antwort zu ihnen, und als Strobach von den Vorgängen in Wien und im Reichstage hörte, daß das Ministerium gesprengt, und der Reichstag als exekutive Behörde sich permanent erklärt habe, er also seiner Ueberzeugung nach nicht mehr präsidiren konnte, faßte er den Entschluß, sich nach seiner Heimat zu begeben. Unter fingirten Pässen reisten die flüchtigen Abgeordneten gegen Linz, Strobach als kranker pensionirter Oberlieutenant, Cejka als dessen Arzt und Hawelka als ihr Bediente. ‒ Vorgestern Abends kamen sie in Budweis an, wo sie Nachtlager hielten, und von den Civil- und Militärbehörden, als diese die Ankunft des Reichstagspräsidenten vernommen hatten, ehrenvoll und freudig begrüßt wurden. Gestern und heute wurden mehre Wiener Studenten, die hieher gekommen sein sollen, in unserer Aula zu agitiren, verhaftet. Das Nähere ist uns noch unbekannt. ‒ Mit dem gestrigen Nachmittags-oder eigentlich Abendtrain, da er erst um 1/2 9 Uhr ankam,, langten auch zwei von jenen Deputirten hier an, die unser Stadtverordneten-Kollegium im Verein mit der Slowanská lipac und dem Studentenausschusse nach Wien gesandt hat, um über den Gang der dortigen Ereignisse zu berichten. Sie bestätigten alle bisher auf anderem Wege schon bekannt gewordenen Vorfälle, und brachten zugleich die Neuigkeit, daß in der um 7 Uhr Abends anberaumten Reichstagssitzung am 9. Jellachich als Landesverräther erklärt werden sollte. Doch waren bis zur Abreise der Berichterstatter um 1/2 7 Uhr nur erst 11 Abgeordnete (1 von der Rechten, 2 aus dem Centrum und 8 von der Linken) erschienen. Die Alarmtrommel ertönte, ‒ und die Sitzung mag wohl nicht zu Stande gekommen sein. Prag. Kundmachung. Nach einer um 10 Uhr hier eingelangten Nachricht des Telegraphenamtes von Wien an Prag ist der F. M. L. Baron Jellachich gestern Abend mit einer bedeutenden Heeresmacht bei Wien angekommen. In der Stadt stiegen viele Signalraketen unter Sturmgeläute in die Höhe. Zwischen den Vorposten wurden einige Schüsse gewechselt. Vom k. k. böhm. Landes-Präsidium. Prag, am 11. Oktober 1848. Mecséry,k. k. Gubernial-Vice-Präsident. Prag, 11. Okt. Der Abgeordnete Hawljcek fordert in den heutigen Národni Nowiny die Wähler des Abgeordneten Borrosch auf, diesen durch ein energisch ausgesprochenes Mißtrauensvotum zum Abdanken zu zwingen, und wie es daselbst heißt, einem um Böhmens Wohl besorgten Manne seinen Platz zu räumen. Wir glauben jedoch nicht, daß Borrosch in dem gegenwärtigen Zeitpunkte sich bewegen lassen wird, sein Mandat niederzulegen. ‒ Aus zuverlässigen (?) mündlichen Mittheilungen erfahren wir, daß die Armee Jellachich's bei Schwechat 34,000 Mann stark ist, worunter 7000 Mann Serezaner. Auersperg hält die ganze Linie vom Schwarzenberg'schen Palais bis zum Gloggnitzer Bahnhof besetzt und ist in dieser Stellung fest verschanzt. Sein Korps, etwa 10,000 Mann stark, hat 45 Geschütze, das in Mähren sich koncentrirende Heer ist zur Cernirung Wiens bestimmt. (C. Bl. a. B.)Prag. Wir gefertigten Reichstagsdeputirten ersuchen unsere parlamentarischen Meinnungsgenossen aller im Reichstage vertretenen östreichischen Länder zu einer Besprechung über die zur Sicherung der parlamentarischen Verhandlungsfreiheit und der ungefährdeten Existenz des konstituirenden Reichstags im Interesse der Gesammtmonarchie zu treffenden Maßregeln sich am 20. Oktober d. J. zu Brünn in Mähren zuverlässig einzufinden. Prag, am 10. Oktober 1948. Pelacky. Rieger. Pinkas. Tyl. Stanek. Hamernik. Kral. Kratochwil. Nebesky. R. Hawlicek. Kaubek. Sediwy. Stiebitz. Schönhansl. Wocel. Pulpan. Weznicky. Jelen. Reichert. Dr. Brauner. (C. Bl. a. B)Frankfurt, 14. Okt. Heute Nachmittag hielt der Ausschuß der Dreißig, welcher zur Prüfung der etwa nöthigen Verfassungsänderungen erwählt worden war, seine letzte Sitzung, da sein Antrag auf Berufung einer konstituirenden Versammlung demnächst zur Abstimmung der Bürgerschaft gelangen wird, nachdem Senat und gesetzgebende Versammlung sich damit einverstanden erklärt haben. Bei dieser Gelegenheit stellte Herr Dr. Jucho den Antrag einer Bittschrift an die Reichsversammlung wegen Aufhebung des Belagerungszustandes, indem er zwar anerkannte, daß die Verfügung desselben am 19. September nöthig gewesen sei, auch daß die Reichsversammlung in ihren Beschlüssen hierüber vom allgemeinen Gesichtspunkte geleitet werden müsse, indessen hervorhob, daß sich die Umstände wieder verändert hätten und daß immerhin die Berathungen und Versammlungen der Bürgerschaft in der Verfassungs-Angelegenheit dadurch gehemmt würden. Andererseits wurde bemerkt, daß die speziellen Angelegenheiten von Frankfurt die deutsche Reichsversammlung in ihren Beschlüssen über allgemeine wichtige Gegenstände nicht bestimmen könnten, noch dürften, auch der Belagerungszustand der Entwickelung der Verfassungs-Angelegenheit wenig Eintrag thun werde. Der Antrag des Hrn. Dr. Jucho wurde mit 14 gegen 12 Stimmen angenommen. (Fr. J.) !!! Frankfurt, 13. Oktober. Tagesordnung. 1. Berathung der Anträge der Abgeordneten Schoder, v. Trützschler und Graf Wartensleben, die Art der ferneren Berathung der Grundrechte und des Verfassungsentwurfs betreffend. 2. Berathung über den vom Abgeordneten v. Trützschler, Namens des Prioritäts-und Petitionsausschusses erstatteten Bericht über mehrere an die Reichsversammlung gelangte Adressen. 3. Berathung über den vom Abgeordneten Scheller, Namens des Verfassungsausschusses erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Schober, die Ermäßigung der Civillisten betreffend: 4. Berathung über den vom Abgeordneten Dröge, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Bericht über die von den Vorstehern der Kaufmannschaft in Stettin, Stolp etc. eingegangenen Petitionen. 5. Berathung über den vom Abgeordneten v. Buttel, Namens des Prioritäts-und Petitions-Ausschusses erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Bresgen, die Stellung der Abgeordneten betreffend. 6. Berathung über den vom Abgeordneten Adams, Namens des Prioritäts-und Petitions-Ausschusses erstatteten Bericht über eingekommene Adressen, die Beschlüsse der Reichsversammlung betreffend. 7. Berathung über den Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung, die Abstimmung der Mitglieder betreffend. 8. Berathung über den vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts-und Petitionsausschusses erstatteten Bericht, wegen der Staatsschuld des ehemaligen Königreichs Westphalen. 9. Ersatzwahl in die Ausschüsse für Geschäftsordnung und die österreichisch-slavischen Fragen. Vor der Tagesordnung. Ruge schreibt an den Präsidenten, man möchte seinen Stellvertreter einberufen, weil er bis zum Januar 1849 verhindert sei, die Sitzungen zu besuchen. Präsident will dies als Austritt betrachten. Wiegard: Dies sei noch kein Austritt. Das Bureau müsse Herrn Ruge darauf aufmerksam machen, daß solch zeitweises Einberufen eines Stellvertreters unstatthaft. Schneer: Es müsse Herrn Ruge die Geschäftsordnung bekannt sein, die das Einberufen eines Stellvertreters auf Zeit nicht zuläßt. Die Versammlung genemigt (nach Antrag Wiegards) Hrn. Ruge noch so lange als Mitglied zu betrachten, bis seine Antwort auf das Anschreiben des Bureau angelangt ist. 3/4 der Versammlung genehmigten den Antrag. Der Petitionsausschuß beantragt: „ Alle Petitionen und Eingaben, welche in den Geschäftskreis des Reichsministerii einschlagen, ohne weiteren Vortrag in der Versammlung dem Reichsministerium zu überweisen.“ Mit Ausnuhme der Linken wird der Antrag von der Versammlung genehmigt. Langerfeldt (Namens des Simon-Schlöffel-Zitz-Blum-Güntherschen Verhaftungsausschusses) zeigt an, daß der Bericht fertig ist. Der Antrag lautet auf Erlaubniß zur Fortführung der Untersuchung, aber Richtzulässigkeit der Verhaftung. Jetzt folgt ein Heer von Interpellationen. Vógt interpellirt wegen der Verhältnisse der Centralgewalt zur Schweiz. 1. Es sei eine Note an die Eidgenossenschaft übergeben worden, welche weit früher, als offiziell-möglich, in der Ober: Postamts-Zeitung gestanden. Wie dies möglich? 2. Welche Antwort das Reichsministerium auf die schweizerische Note ertheilt und ob dasselbe Schritte gethan, das gestörte Verhältniß zwischen Deutschland und der Schweiz wieder herzustellen? Ob ferner das Ministerium es künftighin unterlassen würde (Gelächter. Links: Ruhe!), dergleichen Noten zu erlassen, welche mit den Grundsätzen der Humanität nicht im Einklange stehen? (Lautes Bravo!) Wichmann (Assessor aus Preußen) interpellirt ebenso (d. h. gerade entgegengesetzt) über die Schweiz: 1. Ist das Ministerium gesonnen, Genugthuung zu fordern für die durch die schweizerische Note der Centralgewalt angethane Beleidigung. 2. Ob das Reichsministerium seine Note an die Schweiz aufrecht erhalten werde? (Gelächter.) Vogt (mit einer zweiten Interpellation) hat das Ministerium offizielle Nachrichten über die österreichischen Verhältnisse? Hat ferner das Ministerium Vorkehrungen getroffen, Wien in Belagerungszustand zu setzen u. s. w. (Lautes Bravo!) Wagner aus Oesterreich interpellirt, ob es wahr ist, daß das Reichsministerium Reichstruppen gegen Wien entsendet u. s. w. (Bravo!) Venedey interpellirt, wegen der Schweiz wie oben. Schultz aus Freiburg interpellirt, welche Maßregeln das Reichsministerium ergriffen zum Schutz der deutschen Interessen in der Moldau und Wallachei. (Vergnügte Aufregung. Bravo. Gelächter. Alles sieht auf Schmerling, dem dieser Berg von Interpellationen aufgebürdet wird) Wesendonk (Interpellation): 1. Ist es wahr, daß das Reichsministerium unterm 20. September der baierischen Regierung gegenüber erklärt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar118_003" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="0590"/> Reichstag den Ungarn die Ueberschreitung der Gränze durch dieselben billigen und verlangen wird oder nicht. Dagegen heißt es in der Stadt, daß die Ungarn bei Wieselburg die Gränze schon überschritten haben; andere glaubwürdige Nachrichten melden, daß in Pesth eine Anzahl Dampfböte armirt werden und zum Theil schon auf dem Wege hierher begriffen sind.</p> <p>Der Reichstag, um sich in der so schwierigen Lage sicher zu stellen, hat eine allgemeine Bewaffnung des Volkes beschlossen und damit den Gemeinderath beauftragt. Zu gleicher Zeit sind Studenten aufs Land geeilt, und hat das demokratische Centralkomite durch Boten und Plakate den Landsturm herbeigerufen; mit welchem Erfolg, ist noch ungewiß.</p> <p>Die neuesten Nachrichten vom Kaiser sind, daß er gestern Mittag 12 Uhr von Sieghartkirchen in Krems jenseits der Donau eintraf. Die Bewohner von Stein wollten durch Abbruch einer Brücke seine Reife hemmen, wurden aber durch die Kremser Nationalgarde daran verhindert. Etwa 4-5000 Mann mit 8 Kanonen deckten die Reiseroute, und man will einige böhmische (czechische) Deputirte in der Umgebung des Kaisers gesehen haben. Der Kaiser hat, so heißt es, die Route nach Prag eingeschlagen.</p> </div> <div xml:id="ar118_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 11. Oktbr.</head> <p>Wir tragen den Berichten unseres Korrespondenten den Bericht des „Wiener Privattelegraphen“ nach:</p> <p>Gestern Abends kriegerische Bewegung in der Stadt; Allarmschlag, Sturmgeläute. Gallopins melden, daß die Kroaten von Meidling gegen Mariahilf ziehen und bereits mit den Garden handgemein geworden; Alles fliegt auf seine Posten, mit dem Wunsche sich schlagen zu können, mit den räuberischen Horden, die der Freiheit und dem Eigenthum drohen. Zwei ungarische Reichstagsdeputirte, der ungarischen Armee unter Messaros beigegeben, erscheinen in dem Studentencomite mit der Meldung, daß 30,000 Magyaren ‒ reguläre Truppen ‒ den Wienern zu Hülfe kommen würden, daß diese sich nur 2 Mal 24 Stunden halten müßten und daß nur Ermattung der Truppen ihr Eintreffen bis jetzt verhindert hätte. Um 11 Uhr gerathen eine Patrouille Mariahilfer Nationalgarde und eine Patrouille Nassau aneinander; die militärische wird arg mitgenommen. Der ephemere Ministerpräsident Reszey wurde aufgehoben und auf die Universität gebracht, wo er vorläufig in Verwahrsam bleibt. Mehrere von der Legion, die von Auersperg als Gefangene zurückgehalten werden, dürfen auf ihr verpfändetes Ehrenwort, zurückzukehren, auf kurze Zeit das Lager verlassen. Das Studentencomite erläßt noch in der Nacht einen Aufruf an die Landleute, welcher sie auffordert, nach Kräften die Stadt mit Lebensmitteln zu versehen. Der Gemeinde-Ausschuß hat ringsumher Kommissionen gesendet, welche den Landsturm in der Art zu organisiren haben, daß er bei einem Angriff auf die Stadt, den feindlichen Truppen in den Rücken falle.</p> <p>In Mariahilf wurde ein Depot mit Munition, bestehend aus Kartätschen und Sensen, entdeckt und der ganze Vorrath von der Nationalgarde genommen. ‒ 800 Brünner Nationalgarden kommen.</p> <p><hi rendition="#g">Abendsitzung des Reichstages.</hi> Die Deputation an Auersperg kehrt nach 3 Stunden langem Warten, während dem die Berathung der Generäle stattgefunden, zurück und berichtet, daß Auersperg seine Stellung zu ändern auch diesmal geweigert, weil ihm in den getrennten Kasernen die Sicherheit des Militärs gefährdet erscheine und daß er auf die Frage der Deputirten, wodurch er von seinem Beschlusse abzubringen wäre, geantwortet habe: Durch Entwaffnung des Proletariats und der unberechneten Nationalgarde und durch Beschränkung der zügellosen Presse gegen das Militär; daß ferner der kommandirende General vor einem Angriff auf sein Lager gewarnt, indem 40,000 Männer kaum genügen würden mit Erfolg gegen ihn zu kämpfen. ‒ Die zweite Deputation an Jelachich, Prato und Bilinski berichtet, daß der Ban auf ihre Anfragen und Aufforderungen geantwortet habe, er handle als Diener des Staates und werde immer zur Aufrechthaltung der Monarchie für die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und zur Unterdrückung der Anarchie das Seinige thun. Bilimeki antwortete ihm: wenn Sie zum Aeußersten schreiten, so schreiten auch wir zum Aeußersten. Der Reichstag verordnete, daß das Zeughaus geöffnet und Alles in der Stadt bewaffnet werde.</p> <p>In der heutigen Reichstagssitzung berichtet der Referent der genannten Sicherheitskommission, daß Nationalgarden aus Ollmütz zu erwarten sind, daß er nach Steiermark telegraphirt, um Hülfe aufzubieten, daß der Abgeordnete Löhner von Brünn telegraphirt, daß er den Kaiser noch nicht aufgefunden habe und ihn sofort weiter suchen werde. Er lies't ein Schreiben vom Minister Hornbostel, welcher dem Reichstag anzeigt, daß er seine Demission beim Kaiser eingereicht, weil er nicht dasjenige Vertrauen zu besitzen glauben könne, das nothwendig ist, um die Verantwortung eines Ministers länger zu behalten. ‒ Der Referent liest zugleich die der Kommission zugekommene Abschrift der Demissiooseingabe in ihrer Fassung; als Grund dieser Abdikation ist die Zurückweisung der dringenden Aufforderung des Ministers, den Ban Jellachich unter das österreichische Ministerium zu stellen von Seiten des Kaisers. Zur Zeit, da dieser Brief des Ministers geschrieben ist, war die Demission vom Kaiser noch nicht angekommen. ‒ Der Referent liest den Antrag der Kommission, aus jedem Gouvernement zur Deputation an den Kaiser zu wählen, welche dirsem die Sachlage und Verhältnisse treu und genau zu schildern habe. Der Antrag wird angenommen und zur Wahl geschritten. ‒ Referent berichtet, daß die Kommission dem Oberkommandanten der Nationalgarde den Auftrag gegeben, einen Generalstab um sich zusammenzusetzen. ‒ Soeben wird ein Plakat vom Reichstag veröffentlicht, in welcher dieser die Zumuthung, als betrachte er die Intervention der Magyaren für eine Gebietsverletzung, ablehnt. ‒ Die hier anwesenden Polen sind im Begriffe, sich zu einer besonderen Legion zu bilden. ‒ 80 Kroaten, in Herrenals gefangen genommen, werden soeben hereingebracht.</p> </div> <div xml:id="ar118_005" type="jArticle"> <head>Wien.</head> <p>Wir tragen noch folgende am 9. Und 10. Oktober erlassene Proklamationen nach:</p> <p>An die Bewohner Wiens.</p> <p>Mitbürger!</p> <p>Verschiedene aufregende Gerüchte durchirren die Stadt, erhitzen die Gemüther, und erfüllen die Bewohner mit einer Aengstlichkeit und Bangigkeit, die mit der besonnenen männlichen Haltung, mit dem taktvollen Benehmen, wodurch die Bewohner Wiens sich bisher auszeichneten, im Widerspruche steht. Man befürchtet Ueberfälle, übertreibt jedes Ereigniß, und vergrößert auf diese Weise eine Gefahr, die vor der Hand nur als Wahrscheinlichkeit erscheint.</p> <p>Sicherer uno offizieller Nachricht zu Folge, die der Reichstagsausschuß gestern Abends erhalten hat, ist Baron Jellachich mit beiläufig 2000 Mann gemischter Truppen, welche ganz ermattet und nicht im besten Zustande waren, in Schwadorf angekommen.</p> <p>Der Reichstag wird mit derselben Sorgfalt, mit derselber Energie, wie bisher, auch fortan das Interesse der Gesammtmonarchie, des Thrones, so wie das der Stadt Wien wahren; der Ausschuß desselben hat im Einverständnisse mit dem Ministerium das Oberkommando der Nationalgarde beauftragt, alle Mittel zur Vertheidigung bei etwaigem Angriffe in Bereitschaft zu halten.</p> <p>Bewohner Wiens! Im Namen des Vaterlandes, der Freiheit, und Eures eigenen Wohles beschwören wir Euch, nicht leichtgläubig auf die vielfältigen lügenhaften Gerüchte zu hören, sondern der eigenen erprobten Kraft und den get offen Maßregeln zu vertrauen.</p> <p>Wien, am 9. Oktober 1848.</p> <p>Vom konstituirenden Reichstage.</p> <p>Smolka, erster Vicepräsident.</p> <p>Car. Wiser, Schriftführer.</p> <p>An die Bevölkerung Wiens.</p> <p>Nach einem von dem Comite des hohen Reichstags zur Erhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit genehmigten Beschlusse des Verwaltungsrathes der gesammten Nationalgarde soll die Beerdigung der in den Spitälern liegenden Leichen der am 6. Und 7. Oktober Gefallenen, Dienstag den 10. Oktober 1848, Nachmittags um 3 Uhr, in Begleitung von sechs Compagnien aus allen Waffengattungen der Bürgerwehr stattfinden.</p> <p>Der Leichenzug wird sich von dem allgemeinen Krankenhause in aller Stille nach dem Schmelzer Friedhofe bewegen.</p> <p>Um keinen Anlaß zur Beunruhigung des Publikums zu geben, werden die bei ähnlichen Leichenbegängnissen üblichen Salven unterbleiben.</p> <p>Dagegen soll nachträglich bei geeigneter Zeit eine solenne Leichenfeier abgehalten werden.</p> <p>Wien den 10. Oktober 1848.</p> <p>Vom Verwaltungsrathe der Nationalgarde Wiens.</p> <p>An die hohe Reichsversammlung. Wir Männer des Vereins der Deutschen in Oesterreich legen hiermit einen feierlichen Protest gegen die Ueberschreitung der deutschen Reichsgränze durch irreguläre Croatenbanden unter Führung des Banus beim hohen Reichstage ein.</p> <p>Entschlossen, das deutsche Reichsgebiet gegen solche Verletzung auf dem Rechtsboden zu schützen und diesen Angriff auch mit gewaffneter Hand zurückzuweisen, wenn der feindlich eingedrungene Ban seine Partetgängerschaar nicht augenblicklich vom deutschen Reichsgebiet zurückzieht; erklären wir ferner hier im Namen unsers tagenden Centralvereines und auf Grundlage eingeräumter Vollmacht im Namen der 120 mit uns verbundenen deutsch. Vereine in Oesterreich, daß wir beim Reichsweser Deutschlands und bei der Nationalversammlung in Frankfurt gegen den feindlichen Einfall des Banus von Croatien Baron Jellachich denselben Protest eingelegt haben.</p> <p>Im Namen des Vereines der Deutschen in Oesterreich.</p> <p>Der Ausschuß:</p> <p>Dr. Schrötter. Dr. Kuh. Ernst Hauz. Dr. Sutten. Dr. Schopf. Dr. Wolf. Schaffer. Würth.</p> </div> <div xml:id="ar118_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 12. Oktober.</head> <p>Es ist mir unmöglich, Ihnen heute ausführlichen Bericht über die Reichstagssitzungen vom 11. und 12. zukommen lassen. Ich bin zu sehr in diese Bewegung aktiv verwickelt, um ruhig referiren zu können. Ich werde Ihnen die ausführlichen Berichte nachschicken. Nur so viel: <hi rendition="#g">Held Jellachich,</hi> unser „lieber Ban“, reißt vor den nachziehenden Ungarn aus,<hi rendition="#g">Auersperg</hi> ist, wie Schuselka berichtet, <hi rendition="#g"> aus seiner festen Position abmarschirt</hi> und soll abgedankt haben. Die kroatischen Truppen brechen ihr Lager ab. Die Ungarn stehen bei Bruck, gegen 30,000 Mann stark, und werden, sobald es von Wien aus verlangt wird, die österreichische Gränze überschreiten. Von allen Seiten strömen Nationalgarden zur Hülfe herbei. Ein wirkliches tragi-komisches Zwischenspiel bildet die Hetzjagd unserer Reichstagsdeputation auf den Kaiser. Sie reis't ihm beständig nach, und wenn sie ihn an einem Punkte erwischt, wird sie nicht vorgelassen. Wie lange wird die deutsche Langmuth noch ausdauern?</p> </div> <div xml:id="ar118_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Prag, 11. Okt.</head> <p>Unter diesem Datum bringen die konst. Blätter aus Böhmen die unten nachfolgende Mittheilungen. Sie ist offenbar von <hi rendition="#g">Strobach</hi> selbst abgefaßt, der seine feige Flucht aus Wien und sein konspiratorisches Einverständniß mit Jellachich natürlich zu beschönigen und zu motiviren suchen muß.</p> <p>Reichstagspräsident <hi rendition="#g">Dr. Strobach,</hi> und mit ihm die Abgeordneten<hi rendition="#g">Dr. Cejka</hi> und <hi rendition="#g">Hawelka,</hi> sind heute Morgens wohlerhalten hier angekommen. Ihre Reise war über Linz und Budweis gegangen. ‒ Schon am 13. Sept. hatte bekanntlich Strobach sich dagegen ausgesprochen, die exekutive Gewalt dem Ministerium zu entziehen und dieselbe dem legislativen Reichstag zu übertragen ‒ und aus demselben Grunde weigerte er sich auch am 6. Okt., als der Aufstand in Wien losbrach, die Reichstagssitzung zu eröffnen. Nur dadurch, daß dem Ministerium volle unbeschränkte Executivgewalt verbleibe, könne der Anarchie vorgebeugt, die Schreckensherrschaft darniedergehalten werden. ‒ Strobach begab sich ins Kriegsministerialgebäude, wo ein Ministerrath gehalten werden sollte, doch mußte er gar bald, weil bewaffnete Massen heranstürmten, sich von da durch unbekannte Gänge und den Pferdestall flüchten. Er eilte in den Reichstagssaal. Auf dem Wege wurde er mehrmal angehalten, und nur dadurch, daß er sich soviel als möglich unkenntlich machte, entging er dem angedrohten Schicksale der Schwarzgelben. Um 1/2 5 Uhr sollte auf Verlangen vieler Mitglieder die Sitzung eröffnet werden. Es waren nur etwa 120 Deputirte anwesend, und Strobach erklärte, da die genügende Zahl der Abgeordneten fehle, die Sitzung nicht eröffnen zu können. Es entstand ein gewaltiger Lärm gegen diese seine Weigerung, worauf er ersucht, einer der Herren Vicepräsidenten möge, wenn es ihnen zukömmlich erscheint, dem Wunsche nach Eröffnung entsprechen, seiner Ueberzeugung widerspreche dieselbe und er trete demnach zurück. Vordem schon hatte ihn der Abgeordnete Hawelka gewarnt, nicht den Reichstagssaal zu betreten, oder sich unter die Menge zu begeben, da er auf den Barrikaden und von den tobenden Haufen vielseitig den Ruf vernommen habe: Strobach und die Minister müssen hängen. Trotzdem war Strobach in den Reichstag gekommen. Da erschien der Abgeordnete Borrosch mit einer weißen Fahne, und ungeheurer Jubel empfing ihn. Während des Tumultes entfernte sich Strobach unbemerkt, Hawelka folgte ihm, sie bestiegen einen Fiaker und fuhren gegen Baden. In der Nacht kamen sie in Böslau an, wo Strobach bei einem seiner hier lebenden Verwandten Unterkunft fand. Doch erklärten ihm seine Freunde, daß er hier durchaus nicht sicher sei, die Flüchtlinge begaben sich deshalb am Morgen in die naheliegenden Berge und hielten sich hier den ganzen Tag in den Wäldern verborgen. Des andern Tages schickten sie einen Boten nach Wien, um Nachrichten über den Stand der Dinge zu vernehmen. Dr. Cejka kam mit der Antwort zu ihnen, und als Strobach von den Vorgängen in Wien und im Reichstage hörte, daß das Ministerium gesprengt, und der Reichstag als exekutive Behörde sich permanent erklärt habe, er also seiner Ueberzeugung nach nicht mehr präsidiren konnte, faßte er den Entschluß, sich nach seiner Heimat zu begeben. Unter fingirten Pässen reisten die flüchtigen Abgeordneten gegen Linz, Strobach als kranker pensionirter Oberlieutenant, Cejka als dessen Arzt und Hawelka als ihr Bediente. ‒ Vorgestern Abends kamen sie in Budweis an, wo sie Nachtlager hielten, und von den Civil- und Militärbehörden, als diese die Ankunft des Reichstagspräsidenten vernommen hatten, ehrenvoll und freudig begrüßt wurden.</p> <p>Gestern und heute wurden mehre Wiener Studenten, die hieher gekommen sein sollen, in unserer Aula zu agitiren, verhaftet. Das Nähere ist uns noch unbekannt. ‒ Mit dem gestrigen Nachmittags-oder eigentlich Abendtrain, da er erst um 1/2 9 Uhr ankam,, langten auch zwei von jenen Deputirten hier an, die unser Stadtverordneten-Kollegium im Verein mit der Slowanská lipac und dem Studentenausschusse nach Wien gesandt hat, um über den Gang der dortigen Ereignisse zu berichten. Sie bestätigten alle bisher auf anderem Wege schon bekannt gewordenen Vorfälle, und brachten zugleich die Neuigkeit, daß in der um 7 Uhr Abends anberaumten Reichstagssitzung am 9. Jellachich als Landesverräther erklärt werden sollte. Doch waren bis zur Abreise der Berichterstatter um 1/2 7 Uhr nur erst 11 Abgeordnete (1 von der Rechten, 2 aus dem Centrum und 8 <hi rendition="#g">von der</hi> Linken) erschienen. Die Alarmtrommel ertönte, ‒ und die Sitzung mag wohl nicht zu Stande gekommen sein.</p> </div> <div xml:id="ar118_008" type="jArticle"> <head>Prag.</head> <p><hi rendition="#g">Kundmachung.</hi> Nach einer um 10 Uhr hier eingelangten Nachricht des Telegraphenamtes von Wien an Prag ist der F. M. L. Baron Jellachich gestern Abend mit einer bedeutenden Heeresmacht bei Wien angekommen. In der Stadt stiegen viele Signalraketen unter Sturmgeläute in die Höhe. Zwischen den Vorposten wurden einige Schüsse gewechselt. Vom k. k. böhm. Landes-Präsidium. Prag, am 11. Oktober 1848. Mecséry,k. k. Gubernial-Vice-Präsident.</p> </div> <div xml:id="ar118_009" type="jArticle"> <head>Prag, 11. Okt.</head> <p>Der Abgeordnete Hawljcek fordert in den heutigen Národni Nowiny die Wähler des Abgeordneten Borrosch auf, diesen durch ein energisch ausgesprochenes Mißtrauensvotum zum Abdanken zu zwingen, und wie es daselbst heißt, einem um Böhmens Wohl besorgten Manne seinen Platz zu räumen. Wir glauben jedoch nicht, daß Borrosch in dem gegenwärtigen Zeitpunkte sich bewegen lassen wird, sein Mandat niederzulegen.</p> <p>‒ Aus zuverlässigen (?) mündlichen Mittheilungen erfahren wir, daß die Armee Jellachich's bei Schwechat 34,000 Mann stark ist, worunter 7000 Mann Serezaner. Auersperg hält die ganze Linie vom Schwarzenberg'schen Palais bis zum Gloggnitzer Bahnhof besetzt und ist in dieser Stellung fest verschanzt. Sein Korps, etwa 10,000 Mann stark, hat 45 Geschütze, das in Mähren sich koncentrirende Heer ist zur Cernirung Wiens bestimmt.</p> <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl> </div> <div xml:id="ar118_010" type="jArticle"> <head>Prag.</head> <p>Wir gefertigten Reichstagsdeputirten ersuchen unsere parlamentarischen Meinnungsgenossen aller im Reichstage vertretenen östreichischen Länder zu einer Besprechung über die zur Sicherung der parlamentarischen Verhandlungsfreiheit und der ungefährdeten Existenz des konstituirenden Reichstags im Interesse der Gesammtmonarchie zu treffenden Maßregeln sich am 20. Oktober d. J. zu <hi rendition="#g">Brünn in Mähren</hi> zuverlässig einzufinden.</p> <p>Prag, am 10. Oktober 1948.</p> <p>Pelacky. Rieger. Pinkas. Tyl. Stanek. Hamernik. Kral. Kratochwil. Nebesky. R. Hawlicek. Kaubek. Sediwy. Stiebitz. Schönhansl. Wocel. Pulpan. Weznicky. Jelen. Reichert. Dr. Brauner.</p> <bibl>(C. Bl. a. B)</bibl> </div> <div xml:id="ar118_011" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 14. Okt.</head> <p>Heute Nachmittag hielt der Ausschuß der Dreißig, welcher zur Prüfung der etwa nöthigen Verfassungsänderungen erwählt worden war, seine letzte Sitzung, da sein Antrag auf Berufung einer konstituirenden Versammlung demnächst zur Abstimmung der Bürgerschaft gelangen wird, nachdem Senat und gesetzgebende Versammlung sich damit einverstanden erklärt haben. Bei dieser Gelegenheit stellte Herr Dr. Jucho den Antrag einer Bittschrift an die Reichsversammlung wegen Aufhebung des Belagerungszustandes, indem er zwar anerkannte, daß die Verfügung desselben am 19. September nöthig gewesen sei, auch daß die Reichsversammlung in ihren Beschlüssen hierüber vom allgemeinen Gesichtspunkte geleitet werden müsse, indessen hervorhob, daß sich die Umstände wieder verändert hätten und daß immerhin die Berathungen und Versammlungen der Bürgerschaft in der Verfassungs-Angelegenheit dadurch gehemmt würden. Andererseits wurde bemerkt, daß die speziellen Angelegenheiten von Frankfurt die deutsche Reichsversammlung in ihren Beschlüssen über allgemeine wichtige Gegenstände nicht bestimmen könnten, noch dürften, auch der Belagerungszustand der Entwickelung der Verfassungs-Angelegenheit wenig Eintrag thun werde. Der Antrag des Hrn. Dr. Jucho wurde mit 14 gegen 12 Stimmen angenommen.</p> <bibl>(Fr. J.)</bibl> </div> <div xml:id="ar118_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 13. Oktober.</head> <p>Tagesordnung.</p> <p>1. Berathung der Anträge der Abgeordneten Schoder, v. Trützschler und Graf Wartensleben, die Art der ferneren Berathung der Grundrechte und des Verfassungsentwurfs betreffend.</p> <p>2. Berathung über den vom Abgeordneten v. Trützschler, Namens des Prioritäts-und Petitionsausschusses erstatteten Bericht über mehrere an die Reichsversammlung gelangte Adressen.</p> <p>3. Berathung über den vom Abgeordneten Scheller, Namens des Verfassungsausschusses erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Schober, die Ermäßigung der Civillisten betreffend:</p> <p>4. Berathung über den vom Abgeordneten Dröge, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Bericht über die von den Vorstehern der Kaufmannschaft in Stettin, Stolp etc. eingegangenen Petitionen.</p> <p>5. Berathung über den vom Abgeordneten v. Buttel, Namens des Prioritäts-und Petitions-Ausschusses erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Bresgen, die Stellung der Abgeordneten betreffend.</p> <p>6. Berathung über den vom Abgeordneten Adams, Namens des Prioritäts-und Petitions-Ausschusses erstatteten Bericht über eingekommene Adressen, die Beschlüsse der Reichsversammlung betreffend.</p> <p>7. Berathung über den Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung, die Abstimmung der Mitglieder betreffend.</p> <p>8. Berathung über den vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts-und Petitionsausschusses erstatteten Bericht, wegen der Staatsschuld des ehemaligen Königreichs Westphalen.</p> <p>9. Ersatzwahl in die Ausschüsse für Geschäftsordnung und die österreichisch-slavischen Fragen.</p> <p>Vor der Tagesordnung.</p> <p>Ruge schreibt an den Präsidenten, man möchte seinen Stellvertreter einberufen, weil er bis zum Januar 1849 verhindert sei, die Sitzungen zu besuchen.</p> <p><hi rendition="#g">Präsident</hi> will dies als Austritt betrachten.</p> <p><hi rendition="#g">Wiegard:</hi> Dies sei noch kein Austritt. Das Bureau müsse Herrn Ruge darauf aufmerksam machen, daß solch zeitweises Einberufen eines Stellvertreters unstatthaft.</p> <p><hi rendition="#g">Schneer:</hi> Es müsse Herrn Ruge die Geschäftsordnung bekannt sein, die das Einberufen eines Stellvertreters auf Zeit nicht zuläßt.</p> <p>Die Versammlung genemigt (nach Antrag Wiegards) Hrn. Ruge noch so lange als Mitglied zu betrachten, bis seine Antwort auf das Anschreiben des Bureau angelangt ist. 3/4 der Versammlung genehmigten den Antrag.</p> <p>Der Petitionsausschuß beantragt:</p> <p>„ Alle Petitionen und Eingaben, welche in den Geschäftskreis des Reichsministerii einschlagen, ohne weiteren Vortrag in der Versammlung dem Reichsministerium zu überweisen.“</p> <p>Mit Ausnuhme der Linken wird der Antrag von der Versammlung genehmigt.</p> <p><hi rendition="#g">Langerfeldt</hi> (Namens des Simon-Schlöffel-Zitz-Blum-Güntherschen Verhaftungsausschusses) zeigt an, daß der Bericht fertig ist. Der Antrag lautet auf Erlaubniß zur Fortführung der Untersuchung, aber Richtzulässigkeit der Verhaftung.</p> <p>Jetzt folgt ein Heer von Interpellationen.</p> <p><hi rendition="#g">Vógt</hi> interpellirt wegen der Verhältnisse der Centralgewalt zur Schweiz.</p> <p>1. Es sei eine Note an die Eidgenossenschaft übergeben worden, welche weit früher, als offiziell-möglich, in der Ober: Postamts-Zeitung gestanden. Wie dies möglich? 2. Welche Antwort das Reichsministerium auf die schweizerische Note ertheilt und ob dasselbe Schritte gethan, das gestörte Verhältniß zwischen Deutschland und der Schweiz wieder herzustellen? Ob ferner das Ministerium es künftighin unterlassen würde (Gelächter. Links: Ruhe!), dergleichen Noten zu erlassen, welche mit den Grundsätzen der Humanität nicht im Einklange stehen? (Lautes Bravo!)</p> <p><hi rendition="#g">Wichmann</hi> (Assessor aus Preußen) interpellirt ebenso (d. h. gerade entgegengesetzt) über die Schweiz: 1. Ist das Ministerium gesonnen, Genugthuung zu fordern für die durch die schweizerische Note der Centralgewalt angethane Beleidigung. 2. Ob das Reichsministerium seine Note an die Schweiz aufrecht erhalten werde? (Gelächter.)</p> <p><hi rendition="#g">Vogt</hi> (mit einer zweiten Interpellation) hat das Ministerium offizielle Nachrichten über die österreichischen Verhältnisse? Hat ferner das Ministerium Vorkehrungen getroffen, Wien in Belagerungszustand zu setzen u. s. w. (Lautes Bravo!)</p> <p><hi rendition="#g">Wagner</hi> aus Oesterreich interpellirt, ob es wahr ist, daß das Reichsministerium Reichstruppen gegen Wien entsendet u. s. w. (Bravo!)</p> <p><hi rendition="#g">Venedey</hi> interpellirt, wegen der Schweiz wie oben.</p> <p><hi rendition="#g">Schultz</hi> aus Freiburg interpellirt, welche Maßregeln das Reichsministerium ergriffen zum Schutz der deutschen Interessen in der Moldau und Wallachei. (Vergnügte Aufregung. Bravo. Gelächter. Alles sieht auf Schmerling, dem dieser Berg von Interpellationen aufgebürdet wird)</p> <p><hi rendition="#g">Wesendonk</hi> (Interpellation): 1. Ist es wahr, daß das Reichsministerium unterm 20. September der baierischen Regierung gegenüber erklärt, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0590/0002]
Reichstag den Ungarn die Ueberschreitung der Gränze durch dieselben billigen und verlangen wird oder nicht. Dagegen heißt es in der Stadt, daß die Ungarn bei Wieselburg die Gränze schon überschritten haben; andere glaubwürdige Nachrichten melden, daß in Pesth eine Anzahl Dampfböte armirt werden und zum Theil schon auf dem Wege hierher begriffen sind.
Der Reichstag, um sich in der so schwierigen Lage sicher zu stellen, hat eine allgemeine Bewaffnung des Volkes beschlossen und damit den Gemeinderath beauftragt. Zu gleicher Zeit sind Studenten aufs Land geeilt, und hat das demokratische Centralkomite durch Boten und Plakate den Landsturm herbeigerufen; mit welchem Erfolg, ist noch ungewiß.
Die neuesten Nachrichten vom Kaiser sind, daß er gestern Mittag 12 Uhr von Sieghartkirchen in Krems jenseits der Donau eintraf. Die Bewohner von Stein wollten durch Abbruch einer Brücke seine Reife hemmen, wurden aber durch die Kremser Nationalgarde daran verhindert. Etwa 4-5000 Mann mit 8 Kanonen deckten die Reiseroute, und man will einige böhmische (czechische) Deputirte in der Umgebung des Kaisers gesehen haben. Der Kaiser hat, so heißt es, die Route nach Prag eingeschlagen.
* Wien, 11. Oktbr. Wir tragen den Berichten unseres Korrespondenten den Bericht des „Wiener Privattelegraphen“ nach:
Gestern Abends kriegerische Bewegung in der Stadt; Allarmschlag, Sturmgeläute. Gallopins melden, daß die Kroaten von Meidling gegen Mariahilf ziehen und bereits mit den Garden handgemein geworden; Alles fliegt auf seine Posten, mit dem Wunsche sich schlagen zu können, mit den räuberischen Horden, die der Freiheit und dem Eigenthum drohen. Zwei ungarische Reichstagsdeputirte, der ungarischen Armee unter Messaros beigegeben, erscheinen in dem Studentencomite mit der Meldung, daß 30,000 Magyaren ‒ reguläre Truppen ‒ den Wienern zu Hülfe kommen würden, daß diese sich nur 2 Mal 24 Stunden halten müßten und daß nur Ermattung der Truppen ihr Eintreffen bis jetzt verhindert hätte. Um 11 Uhr gerathen eine Patrouille Mariahilfer Nationalgarde und eine Patrouille Nassau aneinander; die militärische wird arg mitgenommen. Der ephemere Ministerpräsident Reszey wurde aufgehoben und auf die Universität gebracht, wo er vorläufig in Verwahrsam bleibt. Mehrere von der Legion, die von Auersperg als Gefangene zurückgehalten werden, dürfen auf ihr verpfändetes Ehrenwort, zurückzukehren, auf kurze Zeit das Lager verlassen. Das Studentencomite erläßt noch in der Nacht einen Aufruf an die Landleute, welcher sie auffordert, nach Kräften die Stadt mit Lebensmitteln zu versehen. Der Gemeinde-Ausschuß hat ringsumher Kommissionen gesendet, welche den Landsturm in der Art zu organisiren haben, daß er bei einem Angriff auf die Stadt, den feindlichen Truppen in den Rücken falle.
In Mariahilf wurde ein Depot mit Munition, bestehend aus Kartätschen und Sensen, entdeckt und der ganze Vorrath von der Nationalgarde genommen. ‒ 800 Brünner Nationalgarden kommen.
Abendsitzung des Reichstages. Die Deputation an Auersperg kehrt nach 3 Stunden langem Warten, während dem die Berathung der Generäle stattgefunden, zurück und berichtet, daß Auersperg seine Stellung zu ändern auch diesmal geweigert, weil ihm in den getrennten Kasernen die Sicherheit des Militärs gefährdet erscheine und daß er auf die Frage der Deputirten, wodurch er von seinem Beschlusse abzubringen wäre, geantwortet habe: Durch Entwaffnung des Proletariats und der unberechneten Nationalgarde und durch Beschränkung der zügellosen Presse gegen das Militär; daß ferner der kommandirende General vor einem Angriff auf sein Lager gewarnt, indem 40,000 Männer kaum genügen würden mit Erfolg gegen ihn zu kämpfen. ‒ Die zweite Deputation an Jelachich, Prato und Bilinski berichtet, daß der Ban auf ihre Anfragen und Aufforderungen geantwortet habe, er handle als Diener des Staates und werde immer zur Aufrechthaltung der Monarchie für die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und zur Unterdrückung der Anarchie das Seinige thun. Bilimeki antwortete ihm: wenn Sie zum Aeußersten schreiten, so schreiten auch wir zum Aeußersten. Der Reichstag verordnete, daß das Zeughaus geöffnet und Alles in der Stadt bewaffnet werde.
In der heutigen Reichstagssitzung berichtet der Referent der genannten Sicherheitskommission, daß Nationalgarden aus Ollmütz zu erwarten sind, daß er nach Steiermark telegraphirt, um Hülfe aufzubieten, daß der Abgeordnete Löhner von Brünn telegraphirt, daß er den Kaiser noch nicht aufgefunden habe und ihn sofort weiter suchen werde. Er lies't ein Schreiben vom Minister Hornbostel, welcher dem Reichstag anzeigt, daß er seine Demission beim Kaiser eingereicht, weil er nicht dasjenige Vertrauen zu besitzen glauben könne, das nothwendig ist, um die Verantwortung eines Ministers länger zu behalten. ‒ Der Referent liest zugleich die der Kommission zugekommene Abschrift der Demissiooseingabe in ihrer Fassung; als Grund dieser Abdikation ist die Zurückweisung der dringenden Aufforderung des Ministers, den Ban Jellachich unter das österreichische Ministerium zu stellen von Seiten des Kaisers. Zur Zeit, da dieser Brief des Ministers geschrieben ist, war die Demission vom Kaiser noch nicht angekommen. ‒ Der Referent liest den Antrag der Kommission, aus jedem Gouvernement zur Deputation an den Kaiser zu wählen, welche dirsem die Sachlage und Verhältnisse treu und genau zu schildern habe. Der Antrag wird angenommen und zur Wahl geschritten. ‒ Referent berichtet, daß die Kommission dem Oberkommandanten der Nationalgarde den Auftrag gegeben, einen Generalstab um sich zusammenzusetzen. ‒ Soeben wird ein Plakat vom Reichstag veröffentlicht, in welcher dieser die Zumuthung, als betrachte er die Intervention der Magyaren für eine Gebietsverletzung, ablehnt. ‒ Die hier anwesenden Polen sind im Begriffe, sich zu einer besonderen Legion zu bilden. ‒ 80 Kroaten, in Herrenals gefangen genommen, werden soeben hereingebracht.
Wien. Wir tragen noch folgende am 9. Und 10. Oktober erlassene Proklamationen nach:
An die Bewohner Wiens.
Mitbürger!
Verschiedene aufregende Gerüchte durchirren die Stadt, erhitzen die Gemüther, und erfüllen die Bewohner mit einer Aengstlichkeit und Bangigkeit, die mit der besonnenen männlichen Haltung, mit dem taktvollen Benehmen, wodurch die Bewohner Wiens sich bisher auszeichneten, im Widerspruche steht. Man befürchtet Ueberfälle, übertreibt jedes Ereigniß, und vergrößert auf diese Weise eine Gefahr, die vor der Hand nur als Wahrscheinlichkeit erscheint.
Sicherer uno offizieller Nachricht zu Folge, die der Reichstagsausschuß gestern Abends erhalten hat, ist Baron Jellachich mit beiläufig 2000 Mann gemischter Truppen, welche ganz ermattet und nicht im besten Zustande waren, in Schwadorf angekommen.
Der Reichstag wird mit derselben Sorgfalt, mit derselber Energie, wie bisher, auch fortan das Interesse der Gesammtmonarchie, des Thrones, so wie das der Stadt Wien wahren; der Ausschuß desselben hat im Einverständnisse mit dem Ministerium das Oberkommando der Nationalgarde beauftragt, alle Mittel zur Vertheidigung bei etwaigem Angriffe in Bereitschaft zu halten.
Bewohner Wiens! Im Namen des Vaterlandes, der Freiheit, und Eures eigenen Wohles beschwören wir Euch, nicht leichtgläubig auf die vielfältigen lügenhaften Gerüchte zu hören, sondern der eigenen erprobten Kraft und den get offen Maßregeln zu vertrauen.
Wien, am 9. Oktober 1848.
Vom konstituirenden Reichstage.
Smolka, erster Vicepräsident.
Car. Wiser, Schriftführer.
An die Bevölkerung Wiens.
Nach einem von dem Comite des hohen Reichstags zur Erhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit genehmigten Beschlusse des Verwaltungsrathes der gesammten Nationalgarde soll die Beerdigung der in den Spitälern liegenden Leichen der am 6. Und 7. Oktober Gefallenen, Dienstag den 10. Oktober 1848, Nachmittags um 3 Uhr, in Begleitung von sechs Compagnien aus allen Waffengattungen der Bürgerwehr stattfinden.
Der Leichenzug wird sich von dem allgemeinen Krankenhause in aller Stille nach dem Schmelzer Friedhofe bewegen.
Um keinen Anlaß zur Beunruhigung des Publikums zu geben, werden die bei ähnlichen Leichenbegängnissen üblichen Salven unterbleiben.
Dagegen soll nachträglich bei geeigneter Zeit eine solenne Leichenfeier abgehalten werden.
Wien den 10. Oktober 1848.
Vom Verwaltungsrathe der Nationalgarde Wiens.
An die hohe Reichsversammlung. Wir Männer des Vereins der Deutschen in Oesterreich legen hiermit einen feierlichen Protest gegen die Ueberschreitung der deutschen Reichsgränze durch irreguläre Croatenbanden unter Führung des Banus beim hohen Reichstage ein.
Entschlossen, das deutsche Reichsgebiet gegen solche Verletzung auf dem Rechtsboden zu schützen und diesen Angriff auch mit gewaffneter Hand zurückzuweisen, wenn der feindlich eingedrungene Ban seine Partetgängerschaar nicht augenblicklich vom deutschen Reichsgebiet zurückzieht; erklären wir ferner hier im Namen unsers tagenden Centralvereines und auf Grundlage eingeräumter Vollmacht im Namen der 120 mit uns verbundenen deutsch. Vereine in Oesterreich, daß wir beim Reichsweser Deutschlands und bei der Nationalversammlung in Frankfurt gegen den feindlichen Einfall des Banus von Croatien Baron Jellachich denselben Protest eingelegt haben.
Im Namen des Vereines der Deutschen in Oesterreich.
Der Ausschuß:
Dr. Schrötter. Dr. Kuh. Ernst Hauz. Dr. Sutten. Dr. Schopf. Dr. Wolf. Schaffer. Würth.
61 Wien, 12. Oktober. Es ist mir unmöglich, Ihnen heute ausführlichen Bericht über die Reichstagssitzungen vom 11. und 12. zukommen lassen. Ich bin zu sehr in diese Bewegung aktiv verwickelt, um ruhig referiren zu können. Ich werde Ihnen die ausführlichen Berichte nachschicken. Nur so viel: Held Jellachich, unser „lieber Ban“, reißt vor den nachziehenden Ungarn aus,Auersperg ist, wie Schuselka berichtet, aus seiner festen Position abmarschirt und soll abgedankt haben. Die kroatischen Truppen brechen ihr Lager ab. Die Ungarn stehen bei Bruck, gegen 30,000 Mann stark, und werden, sobald es von Wien aus verlangt wird, die österreichische Gränze überschreiten. Von allen Seiten strömen Nationalgarden zur Hülfe herbei. Ein wirkliches tragi-komisches Zwischenspiel bildet die Hetzjagd unserer Reichstagsdeputation auf den Kaiser. Sie reis't ihm beständig nach, und wenn sie ihn an einem Punkte erwischt, wird sie nicht vorgelassen. Wie lange wird die deutsche Langmuth noch ausdauern?
* Prag, 11. Okt. Unter diesem Datum bringen die konst. Blätter aus Böhmen die unten nachfolgende Mittheilungen. Sie ist offenbar von Strobach selbst abgefaßt, der seine feige Flucht aus Wien und sein konspiratorisches Einverständniß mit Jellachich natürlich zu beschönigen und zu motiviren suchen muß.
Reichstagspräsident Dr. Strobach, und mit ihm die AbgeordnetenDr. Cejka und Hawelka, sind heute Morgens wohlerhalten hier angekommen. Ihre Reise war über Linz und Budweis gegangen. ‒ Schon am 13. Sept. hatte bekanntlich Strobach sich dagegen ausgesprochen, die exekutive Gewalt dem Ministerium zu entziehen und dieselbe dem legislativen Reichstag zu übertragen ‒ und aus demselben Grunde weigerte er sich auch am 6. Okt., als der Aufstand in Wien losbrach, die Reichstagssitzung zu eröffnen. Nur dadurch, daß dem Ministerium volle unbeschränkte Executivgewalt verbleibe, könne der Anarchie vorgebeugt, die Schreckensherrschaft darniedergehalten werden. ‒ Strobach begab sich ins Kriegsministerialgebäude, wo ein Ministerrath gehalten werden sollte, doch mußte er gar bald, weil bewaffnete Massen heranstürmten, sich von da durch unbekannte Gänge und den Pferdestall flüchten. Er eilte in den Reichstagssaal. Auf dem Wege wurde er mehrmal angehalten, und nur dadurch, daß er sich soviel als möglich unkenntlich machte, entging er dem angedrohten Schicksale der Schwarzgelben. Um 1/2 5 Uhr sollte auf Verlangen vieler Mitglieder die Sitzung eröffnet werden. Es waren nur etwa 120 Deputirte anwesend, und Strobach erklärte, da die genügende Zahl der Abgeordneten fehle, die Sitzung nicht eröffnen zu können. Es entstand ein gewaltiger Lärm gegen diese seine Weigerung, worauf er ersucht, einer der Herren Vicepräsidenten möge, wenn es ihnen zukömmlich erscheint, dem Wunsche nach Eröffnung entsprechen, seiner Ueberzeugung widerspreche dieselbe und er trete demnach zurück. Vordem schon hatte ihn der Abgeordnete Hawelka gewarnt, nicht den Reichstagssaal zu betreten, oder sich unter die Menge zu begeben, da er auf den Barrikaden und von den tobenden Haufen vielseitig den Ruf vernommen habe: Strobach und die Minister müssen hängen. Trotzdem war Strobach in den Reichstag gekommen. Da erschien der Abgeordnete Borrosch mit einer weißen Fahne, und ungeheurer Jubel empfing ihn. Während des Tumultes entfernte sich Strobach unbemerkt, Hawelka folgte ihm, sie bestiegen einen Fiaker und fuhren gegen Baden. In der Nacht kamen sie in Böslau an, wo Strobach bei einem seiner hier lebenden Verwandten Unterkunft fand. Doch erklärten ihm seine Freunde, daß er hier durchaus nicht sicher sei, die Flüchtlinge begaben sich deshalb am Morgen in die naheliegenden Berge und hielten sich hier den ganzen Tag in den Wäldern verborgen. Des andern Tages schickten sie einen Boten nach Wien, um Nachrichten über den Stand der Dinge zu vernehmen. Dr. Cejka kam mit der Antwort zu ihnen, und als Strobach von den Vorgängen in Wien und im Reichstage hörte, daß das Ministerium gesprengt, und der Reichstag als exekutive Behörde sich permanent erklärt habe, er also seiner Ueberzeugung nach nicht mehr präsidiren konnte, faßte er den Entschluß, sich nach seiner Heimat zu begeben. Unter fingirten Pässen reisten die flüchtigen Abgeordneten gegen Linz, Strobach als kranker pensionirter Oberlieutenant, Cejka als dessen Arzt und Hawelka als ihr Bediente. ‒ Vorgestern Abends kamen sie in Budweis an, wo sie Nachtlager hielten, und von den Civil- und Militärbehörden, als diese die Ankunft des Reichstagspräsidenten vernommen hatten, ehrenvoll und freudig begrüßt wurden.
Gestern und heute wurden mehre Wiener Studenten, die hieher gekommen sein sollen, in unserer Aula zu agitiren, verhaftet. Das Nähere ist uns noch unbekannt. ‒ Mit dem gestrigen Nachmittags-oder eigentlich Abendtrain, da er erst um 1/2 9 Uhr ankam,, langten auch zwei von jenen Deputirten hier an, die unser Stadtverordneten-Kollegium im Verein mit der Slowanská lipac und dem Studentenausschusse nach Wien gesandt hat, um über den Gang der dortigen Ereignisse zu berichten. Sie bestätigten alle bisher auf anderem Wege schon bekannt gewordenen Vorfälle, und brachten zugleich die Neuigkeit, daß in der um 7 Uhr Abends anberaumten Reichstagssitzung am 9. Jellachich als Landesverräther erklärt werden sollte. Doch waren bis zur Abreise der Berichterstatter um 1/2 7 Uhr nur erst 11 Abgeordnete (1 von der Rechten, 2 aus dem Centrum und 8 von der Linken) erschienen. Die Alarmtrommel ertönte, ‒ und die Sitzung mag wohl nicht zu Stande gekommen sein.
Prag. Kundmachung. Nach einer um 10 Uhr hier eingelangten Nachricht des Telegraphenamtes von Wien an Prag ist der F. M. L. Baron Jellachich gestern Abend mit einer bedeutenden Heeresmacht bei Wien angekommen. In der Stadt stiegen viele Signalraketen unter Sturmgeläute in die Höhe. Zwischen den Vorposten wurden einige Schüsse gewechselt. Vom k. k. böhm. Landes-Präsidium. Prag, am 11. Oktober 1848. Mecséry,k. k. Gubernial-Vice-Präsident.
Prag, 11. Okt. Der Abgeordnete Hawljcek fordert in den heutigen Národni Nowiny die Wähler des Abgeordneten Borrosch auf, diesen durch ein energisch ausgesprochenes Mißtrauensvotum zum Abdanken zu zwingen, und wie es daselbst heißt, einem um Böhmens Wohl besorgten Manne seinen Platz zu räumen. Wir glauben jedoch nicht, daß Borrosch in dem gegenwärtigen Zeitpunkte sich bewegen lassen wird, sein Mandat niederzulegen.
‒ Aus zuverlässigen (?) mündlichen Mittheilungen erfahren wir, daß die Armee Jellachich's bei Schwechat 34,000 Mann stark ist, worunter 7000 Mann Serezaner. Auersperg hält die ganze Linie vom Schwarzenberg'schen Palais bis zum Gloggnitzer Bahnhof besetzt und ist in dieser Stellung fest verschanzt. Sein Korps, etwa 10,000 Mann stark, hat 45 Geschütze, das in Mähren sich koncentrirende Heer ist zur Cernirung Wiens bestimmt.
(C. Bl. a. B.) Prag. Wir gefertigten Reichstagsdeputirten ersuchen unsere parlamentarischen Meinnungsgenossen aller im Reichstage vertretenen östreichischen Länder zu einer Besprechung über die zur Sicherung der parlamentarischen Verhandlungsfreiheit und der ungefährdeten Existenz des konstituirenden Reichstags im Interesse der Gesammtmonarchie zu treffenden Maßregeln sich am 20. Oktober d. J. zu Brünn in Mähren zuverlässig einzufinden.
Prag, am 10. Oktober 1948.
Pelacky. Rieger. Pinkas. Tyl. Stanek. Hamernik. Kral. Kratochwil. Nebesky. R. Hawlicek. Kaubek. Sediwy. Stiebitz. Schönhansl. Wocel. Pulpan. Weznicky. Jelen. Reichert. Dr. Brauner.
(C. Bl. a. B) Frankfurt, 14. Okt. Heute Nachmittag hielt der Ausschuß der Dreißig, welcher zur Prüfung der etwa nöthigen Verfassungsänderungen erwählt worden war, seine letzte Sitzung, da sein Antrag auf Berufung einer konstituirenden Versammlung demnächst zur Abstimmung der Bürgerschaft gelangen wird, nachdem Senat und gesetzgebende Versammlung sich damit einverstanden erklärt haben. Bei dieser Gelegenheit stellte Herr Dr. Jucho den Antrag einer Bittschrift an die Reichsversammlung wegen Aufhebung des Belagerungszustandes, indem er zwar anerkannte, daß die Verfügung desselben am 19. September nöthig gewesen sei, auch daß die Reichsversammlung in ihren Beschlüssen hierüber vom allgemeinen Gesichtspunkte geleitet werden müsse, indessen hervorhob, daß sich die Umstände wieder verändert hätten und daß immerhin die Berathungen und Versammlungen der Bürgerschaft in der Verfassungs-Angelegenheit dadurch gehemmt würden. Andererseits wurde bemerkt, daß die speziellen Angelegenheiten von Frankfurt die deutsche Reichsversammlung in ihren Beschlüssen über allgemeine wichtige Gegenstände nicht bestimmen könnten, noch dürften, auch der Belagerungszustand der Entwickelung der Verfassungs-Angelegenheit wenig Eintrag thun werde. Der Antrag des Hrn. Dr. Jucho wurde mit 14 gegen 12 Stimmen angenommen.
(Fr. J.) !!! Frankfurt, 13. Oktober. Tagesordnung.
1. Berathung der Anträge der Abgeordneten Schoder, v. Trützschler und Graf Wartensleben, die Art der ferneren Berathung der Grundrechte und des Verfassungsentwurfs betreffend.
2. Berathung über den vom Abgeordneten v. Trützschler, Namens des Prioritäts-und Petitionsausschusses erstatteten Bericht über mehrere an die Reichsversammlung gelangte Adressen.
3. Berathung über den vom Abgeordneten Scheller, Namens des Verfassungsausschusses erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Schober, die Ermäßigung der Civillisten betreffend:
4. Berathung über den vom Abgeordneten Dröge, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Bericht über die von den Vorstehern der Kaufmannschaft in Stettin, Stolp etc. eingegangenen Petitionen.
5. Berathung über den vom Abgeordneten v. Buttel, Namens des Prioritäts-und Petitions-Ausschusses erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Bresgen, die Stellung der Abgeordneten betreffend.
6. Berathung über den vom Abgeordneten Adams, Namens des Prioritäts-und Petitions-Ausschusses erstatteten Bericht über eingekommene Adressen, die Beschlüsse der Reichsversammlung betreffend.
7. Berathung über den Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung, die Abstimmung der Mitglieder betreffend.
8. Berathung über den vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts-und Petitionsausschusses erstatteten Bericht, wegen der Staatsschuld des ehemaligen Königreichs Westphalen.
9. Ersatzwahl in die Ausschüsse für Geschäftsordnung und die österreichisch-slavischen Fragen.
Vor der Tagesordnung.
Ruge schreibt an den Präsidenten, man möchte seinen Stellvertreter einberufen, weil er bis zum Januar 1849 verhindert sei, die Sitzungen zu besuchen.
Präsident will dies als Austritt betrachten.
Wiegard: Dies sei noch kein Austritt. Das Bureau müsse Herrn Ruge darauf aufmerksam machen, daß solch zeitweises Einberufen eines Stellvertreters unstatthaft.
Schneer: Es müsse Herrn Ruge die Geschäftsordnung bekannt sein, die das Einberufen eines Stellvertreters auf Zeit nicht zuläßt.
Die Versammlung genemigt (nach Antrag Wiegards) Hrn. Ruge noch so lange als Mitglied zu betrachten, bis seine Antwort auf das Anschreiben des Bureau angelangt ist. 3/4 der Versammlung genehmigten den Antrag.
Der Petitionsausschuß beantragt:
„ Alle Petitionen und Eingaben, welche in den Geschäftskreis des Reichsministerii einschlagen, ohne weiteren Vortrag in der Versammlung dem Reichsministerium zu überweisen.“
Mit Ausnuhme der Linken wird der Antrag von der Versammlung genehmigt.
Langerfeldt (Namens des Simon-Schlöffel-Zitz-Blum-Güntherschen Verhaftungsausschusses) zeigt an, daß der Bericht fertig ist. Der Antrag lautet auf Erlaubniß zur Fortführung der Untersuchung, aber Richtzulässigkeit der Verhaftung.
Jetzt folgt ein Heer von Interpellationen.
Vógt interpellirt wegen der Verhältnisse der Centralgewalt zur Schweiz.
1. Es sei eine Note an die Eidgenossenschaft übergeben worden, welche weit früher, als offiziell-möglich, in der Ober: Postamts-Zeitung gestanden. Wie dies möglich? 2. Welche Antwort das Reichsministerium auf die schweizerische Note ertheilt und ob dasselbe Schritte gethan, das gestörte Verhältniß zwischen Deutschland und der Schweiz wieder herzustellen? Ob ferner das Ministerium es künftighin unterlassen würde (Gelächter. Links: Ruhe!), dergleichen Noten zu erlassen, welche mit den Grundsätzen der Humanität nicht im Einklange stehen? (Lautes Bravo!)
Wichmann (Assessor aus Preußen) interpellirt ebenso (d. h. gerade entgegengesetzt) über die Schweiz: 1. Ist das Ministerium gesonnen, Genugthuung zu fordern für die durch die schweizerische Note der Centralgewalt angethane Beleidigung. 2. Ob das Reichsministerium seine Note an die Schweiz aufrecht erhalten werde? (Gelächter.)
Vogt (mit einer zweiten Interpellation) hat das Ministerium offizielle Nachrichten über die österreichischen Verhältnisse? Hat ferner das Ministerium Vorkehrungen getroffen, Wien in Belagerungszustand zu setzen u. s. w. (Lautes Bravo!)
Wagner aus Oesterreich interpellirt, ob es wahr ist, daß das Reichsministerium Reichstruppen gegen Wien entsendet u. s. w. (Bravo!)
Venedey interpellirt, wegen der Schweiz wie oben.
Schultz aus Freiburg interpellirt, welche Maßregeln das Reichsministerium ergriffen zum Schutz der deutschen Interessen in der Moldau und Wallachei. (Vergnügte Aufregung. Bravo. Gelächter. Alles sieht auf Schmerling, dem dieser Berg von Interpellationen aufgebürdet wird)
Wesendonk (Interpellation): 1. Ist es wahr, daß das Reichsministerium unterm 20. September der baierischen Regierung gegenüber erklärt,
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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